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Produktion | Materialfluss Markus Weinländer M. Sc. ist Leiter Produktmanage- ment Simatic Ident bei der Siemens AG, Industry Sector in 90475 Nürnberg. Weitere Informationen: Karin Kaljumäe, Tel. (09 11) 6 54-22 56, karin.kalju- [email protected] Wie kann ein unternehmen ein möglichst breites Produktangebot fertigen, ohne sich in der Variantenvielfalt zu verlieren? Das Konzept der Mass Customization mit flexiblen, rfiD-gesteuerten fertigungsmaschinen und logistiksystemen macht es möglich. technik oder am Maschineneinlauf – befin- den sich RFID-Lesegeräte, die die Daten aus dem Chip drahtlos und im Vorbeifahren le- sen oder ihn beschreiben können. Welches RFID-System ist das richtige? Was will dieses Konzept bezwecken? Auf den Datenspeichern – den sogenannten Trans- pondern – können einem Werkstück alle Informationen mitgegeben werden, die zur Bearbeitung notwendig sind. Es wird dazu mit einer eindeutigen Identifikation und mit seinem Bauplan versehen. Die RFID-Lese- geräte an den Maschinen lesen dann genau die Informationen aus, die für einen be- stimmten Bearbeitungsschritt benötigt wer- den. Das kann die Nummer eines Bauteils sein, das in ein Gerät montiert wird, die In- formation für die Belaserung oder das Pro- gramm für die automatische Prüfung. Ähn- lich in der Logistik: Hier kann einem Trans- portobjekt, zum Beispiel einem Container, der gesamte Fahrplan mitgegeben werden – vom Start bis zum Endpunkt wird jede Abzweigung auf der Förderanlage einpro- grammiert. Erreicht der Transportbehälter einen Abzweigpunkt, so steuert die Informa- tion des RFID-Transponders die Logistikan- lage entsprechend dem Zielpunkt. Bei RFID-Systemen ist die genutzte Trä- gerfrequenz der wichtigste technische Para- meter, der über wesentliche Eigenschaften entscheidet. Üblich sind drei Frequenzberei- che: 13,56 MHz (High Frequency, HF), 865 MHz (Ultra-High Frequency, UHF) so- wie 2,45 GHz. HF-Systeme erreichen nur geringe Reichweiten, sind aber besonders robust gegen Störungen und bieten hohe Speicherkapazitäten. UHF-Systeme hinge- gen erzielen hohe Reichweiten (mehrere Meter), verfügen jedoch nur über geringe Speichergröße in den Transpondern. Die Systeme um 2,45 GHz vereinen die Vorteile der HF- und UHF-Technik, das heißt große Speicher und große Reichweiten. Allerdings HF-RFID-Systeme – leistungsstarke Werkzeuge in der Automatisierung D er technische Kern des Konzepts ist vergleichsweise einfach: Ein per Funk auslesbarer Speicherchip wird an den Werkstückträgern, Transporteinheiten oder den eigentlichen Erzeugnissen befestigt. An den Entscheidungsstellen im Prozess – zum Beispiel an einer Verzweigung in der Förder- MarKus WeinlänDer Bild: siemens Bild 1: Besonders klein, besonders leistungs- stark: rFid-Systeme im HF-Bereich über- zeugen durch hohe Geschwindigkeit, große Speicher und äußerste robustheit in der kommunikation. MM

HF-RFID-Systeme–leistungsstarke WerkzeugeinderAutomatisierung · 2019-12-13 · che: 13,56 MHz(High Frequency,HF), 865MHz(Ultra-HighFrequency,UHF)so-wie2,45GHz.HF-Systeme erreichennur

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Produkt ion | Mater ialfluss

MarkusWeinländerM. Sc. ist Leiter Produktmanage-ment Simatic Ident bei der Siemens AG, IndustrySector in 90475 Nürnberg. Weitere Informationen:Karin Kaljumäe, Tel. (09 11) 6 54-22 56, [email protected]

Wie kann ein unternehmen ein möglichst breites Produktangebot fertigen,ohne sich in der Variantenvielfalt zu verlieren? Das Konzept der Mass Customizationmit flexiblen, rfiD-gesteuerten fertigungsmaschinen und logistiksystemenmacht es möglich.

technik oder amMaschineneinlauf – befin-den sich RFID-Lesegeräte, die die Daten ausdem Chip drahtlos und im Vorbeifahren le-sen oder ihn beschreiben können.

Welches RFID-System ist das richtige?

Waswill dieses Konzept bezwecken? Auf denDatenspeichern – den sogenannten Trans-pondern – können einem Werkstück alleInformationen mitgegeben werden, die zurBearbeitung notwendig sind. Es wird dazumit einer eindeutigen Identifikation undmit

seinem Bauplan versehen. Die RFID-Lese-geräte an den Maschinen lesen dann genaudie Informationen aus, die für einen be-stimmten Bearbeitungsschritt benötigt wer-den. Das kann die Nummer eines Bauteilssein, das in ein Gerät montiert wird, die In-formation für die Belaserung oder das Pro-gramm für die automatische Prüfung. Ähn-lich in der Logistik: Hier kann einem Trans-portobjekt, zum Beispiel einem Container,der gesamte Fahrplan mitgegeben werden– vom Start bis zum Endpunkt wird jedeAbzweigung auf der Förderanlage einpro-grammiert. Erreicht der Transportbehältereinen Abzweigpunkt, so steuert die Informa-tion des RFID-Transponders die Logistikan-lage entsprechend dem Zielpunkt.

Bei RFID-Systemen ist die genutzte Trä-gerfrequenz der wichtigste technische Para-meter, der über wesentliche Eigenschaftenentscheidet. Üblich sind drei Frequenzberei-che: 13,56 MHz (High Frequency, HF),865MHz (Ultra-High Frequency, UHF) so-wie 2,45 GHz. HF-Systeme erreichen nurgeringe Reichweiten, sind aber besondersrobust gegen Störungen und bieten hoheSpeicherkapazitäten. UHF-Systeme hinge-gen erzielen hohe Reichweiten (mehrereMeter), verfügen jedoch nur über geringeSpeichergröße in den Transpondern. DieSysteme um 2,45 GHz vereinen die Vorteileder HF- und UHF-Technik, das heißt großeSpeicher und große Reichweiten. Allerdings

HF-RFID-Systeme – leistungsstarkeWerkzeuge in der Automatisierung

Der technische Kern des Konzepts istvergleichsweise einfach: Ein per Funkauslesbarer Speicherchip wird an den

Werkstückträgern, Transporteinheiten oderden eigentlichen Erzeugnissen befestigt. Anden Entscheidungsstellen im Prozess – zumBeispiel an einer Verzweigung in der Förder-

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Bild 1: Besonders klein, besonders leistungs-stark: rFid-Systeme im HF-Bereich über-zeugen durch hohe Geschwindigkeit, großeSpeicher und äußerste robustheit in derkommunikation.

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sind hier batteriegestützte Transponder erforderlich, die regel-mäßigerWartung bedürfen. Für Anwendungen in der Produk-tionssteuerung sind meist die HF-Systeme besonders geeignet(Bild 1), vor allem, wenn eine genaue Spurführung der Trans-pondermöglich ist – in diesem Fall sind die geringen Reichwei-ten der HF-Systeme völlig ausreichend, sodass ausschließlichdie Vorteile der HF-Technik zum Tragen kommen.

Zwei Varianten im HF-Bereich

Siemens bietet gleich zwei Produktfamilien im HF-Bereich.Simatic RF300 ist ein besonders leistungsfähiges System, dasein speziell von Siemens entwickeltes Funkprotokoll verwendet.Der Vorteil: Die Kommunikation ist achtmal schneller als beiStandardsystemen und die Datenträger können bis zu 32 kByteDaten speichern, das heißt, selbst umfangreiche Datensätzekönnen äußerst schnell ausgelesen werden, oft sogar ohne denTransponder (und damit dasWerkstück) vor der Antenne stop-pen zu müssen. Simatic RF200 hingegen ist ein einfach einzu-setzendes, kostengünstiges RFID-System, das die Standardda-tenträger nach ISO 15693 unterstützt. Damit sind Anwendungenmit normalen Anforderungen an Speichergröße undGeschwin-digkeit realisierbar. Das System gibt es auch in einer Variantefür IO-Link, was die Nutzung der Daten im SPS-Programmnochmals deutlich vereinfacht. Damit die RFID-Transponder

Bild 2a und b:Wirtz setzt auf eine kombination aus Lesern SimaticrF380r und mobilen datenträgern MdS d100: der Leser lässt sichim iSo-15693-Modus betreiben und ist damit mit tags MdS d100einsetzbar.

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und -leser in industriellen Umgebungen ein-gesetzt werden können, müssen die Kompo-nenten bestimmte Anforderungen erfüllen.So wird eine robuste Bauform mit hoherSchutzart (IP65 oder höher) vorausgesetzt,damit Staub, Chemikalien oder Feuchtigkeitdie Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen.Die Anschlussmöglichkeiten der RFID-Lesermüssen den gängigen Standards entsprechen– robuste Schraubverbindungen, Stromver-sorgung mit 24 V und die Integration in dieüblichen Bussysteme wie Profibus und Pro-finet sind für die RFID-Systeme von Siemensselbstverständlich.

Bauform und Reichweite entscheidend

Doch auch imDetail muss die Lösung stim-men. So ist bei den Transpondern die Bau-form und die mögliche Lesereichweite vongroßer Bedeutung.Mit demMDSD117 zumBeispiel ist ein Transponder verfügbar, dergerade mal 4 mm Durchmesser und 5 mmLänge hat. Mit dem neuen RF330T hingegenist ein universeller Rundtransponder mit32 kByte Speicherkapazität und derMöglich-keit des bündigen Einbaus in Metall verfüg-bar. Der hitzefeste DatenspeicherMDSD339kann bis zu 220 °C erwärmt werden – unddas mehrere Tausend Mal.

Auch bei Lesegeräten und Antennen istein breites Angebot von Vorteil. Gerade beiden HF-Systemen sind Reichweite undBaugröße wichtige Parameter, die oft einan-der widersprechen. So ist die neue ANT 8von Siemens für Einbaumaße von 8 mmDurchmesser ausgelegt – eine der kleinstenIndustrieantennen auf dem Markt. Aller-

dings beträgt die Reichweite kaummehr als8 mm – doch für Anwendungen wie dieIdentifikation von Werkzeugen in Maschi-nen ist dies eine optimale Kombination.Hochleistungssysteme wie das LesegerätRF290R in Kombination mit der AntenneANTD10 schaffen hingegen bis zu 500 mmReichweite, allerdings bei deutlich größerenAbmessungen. Doch diese Konfiguration istzum Beispiel zur Erfassung von Transport-boxen in Förderanlagen genau richtig.

In der Praxis finden sich die HF-Systemein einer Vielzahl von Anwendungen, von derProduktion von Fahrzeugen und Motorenüber die Montage von Elektroschaltgerätenbis hin zur Fertigungssteuerung vonDusch-wannen. Ein Beispiel ist dieWirtzWerkzeug-bau GmbH in Krefeld. Ursprünglich auf denWerkzeugbau ausgerichtet, entwickelte sichdas Unternehmen in den vergangenen Jah-ren zum Spezialisten für Hightechmaschinenund automatisierte Transferanlagen.

RFID steuert Scharnierproduktion

Das neueste Produkt ist eine Transferma-schine für die Herstellung von Pkw-Tür-scharnieren. Die Transferlinie ist mit elfStationen für sieben Bearbeitungsstufen be-stückt. An der ersten Station stellt ein Robo-ter einen von insgesamt 42Werkstückträgernbereit, die ein zweiter Robotermit Rohlingenaus hoch legiertem Stahl belädt. Anschlie-ßend werden die Teile hydraulisch einge-spannt und in den nachfolgenden Bearbei-tungsschritten gefräst, gebohrt, gewindege-formt und geprüft. Weiterhin kommenReiben zur Herstellung passgenauer Bohrun-

genmit hoher Oberflächengüte zumEinsatz.Aufgrund unterschiedlicher Geometrien derEinzelteile sind verschiedene Spannvorrich-tungen erforderlich. Die Fertigteile erhaltenzusätzlich noch eine Beschriftung und kom-men dann in einen Sammelbehälter. Einweiterer Roboter nimmt die leeren Waren-träger und legt sie auf einem Transportbandab, das sie zurück zumAnfang der Transfer-linie bringt.

Reibungslose Betriebsabläufe

Der Entscheidung für RFID gingen beiWirtzÜberlegungen vorweg, die verschiedenenWerkstückträger zu kennzeichnen und si-cher zu identifizieren. Eine Reihe von Vor-teilen sprach für RFID. So ist das Erfassender Transponderdaten gegenüber Barcode-informationen erheblich schneller, was denhohen Anforderungen an die Zykluszeitender Maschine entgegenkommt. Zudem istdas präzise Auslesen selbst bei verschmutz-ten RFID-Tags jederzeit möglich.Wirtz ent-schied sich für die Kombination aus Schreib-lese-Geräten Simatic RF380R und mobilenDatenträgern MDS D100 von Siemens. DerLeser wurde als besonders geeignet einge-schätzt, da er sich mit RF300-kompatiblenTags betreiben und gleichzeitig im ISO-15693-Modus mit preisgünstigen Tags wiedem MDS D100 verwenden lässt (Bilder 2aund b).

Wie Geschäftsführer Thomas Wirtz un-terstreicht, sorgt die installierte RFID-Lö-sung für sichere und reibungslose Betriebs-abläufe. Wenn die Maschine mit falschenProgrammen oderWerkzeugen bestückt ist,kann dies den Fertigungsablauf erheblichstören und sogar die Spannvorrichtungenzerstören. Um solche Gefahren zu vermei-den, überprüft das RFID-System, ob dieVorrichtungen und die zur Bearbeitung vor-gesehenen Rohlinge zusammenpassen undin der richtigen Reihenfolge in dieMaschinegelangen (Bild 3). Das Steuerungsprogrammerwartet die Identnummer und erkennt so-fort, welche Werkstückträger auf dem Ket-tenförderer liegen. Es gibt Auskunft darüber,welcher Warenträger der Anlage zugeführtwird, und damit auch, welche Teile zu bear-beiten sind.

Mit der RFID-Lösung erreichtWirtz einesehr hohe Zuverlässigkeit der Bearbeitungs-abläufe; außerdem ist sie sicher und nach-verfolgbar. Fehlbedienungen der Maschineoder falsche Teilezuordnungen gehören derVergangenheit an. Einmal mehr haben dieRFID-Systeme von Siemens bewiesen, dasssie ein wichtigesWerkzeug zur Optimierungvon industriellen Produktionsabläufen dar-stellen können. MM

Bild 3: Erfolgsfaktor transponder: Spezielle Einbauorte erfordern besondere Bauformen, wiehier der bündig in das Metallwerkzeug eingebaute mobile datenträger MdS d421.

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