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Histologie des lymphatischen Systems
&Immunsystem
Teil 1 Historischer Rückblick 16. – 18. Jh
Hintergrundinformation zum Präparationsabend in der MGW 09/2015
Von Dr. Thomas Kann
Im Rahmen des Präparationsabends in der MGW wurden Querschnitte von
Schweinelymphknoten sowie vom Thymus ( Bries) mit Kreylechtviolett – Eosin gefärbt. Die
Schnittdicke beträgt 10 μm.
Einführung: Betrachtet man das sehr komplexe Abwehrsystem des Menschen, so wird verständlich, dass
die Erforschung viele Jahrhunderte in Anspruch nahm und sich anfangs auf viele einzelne
Teilgebiete beschränkte. Erst später konnten die Erkenntnisse aus der Erforschung des Blutes,
des Knochenmarks; des Lymphgefäßsystems und der lymphatischen Organe zu einem
zusammenhängenden physiologischen System integriert werden.
Die in diesem Artikel recherierten Originalabbildungen entstammen alle aus im Internet frei
verfügbaren eingescannten Büchern ( „google books“).
Geschichtlicher Rückblick Lymphgefäße / lymphat. Organe: 16. Jh.:
Die erste wissenschaftliche Erwähnung des Thymus wird dem französischen Hofchirurgen
Ambroise Paré (1510-1590) zugeschrieben. 1552 beschreibt er den Thymus als weiche Drüse,
die im Alter zunehmend kleiner wird (Abb. 1-2).
Als Entdecker des Ductus thoracicus (Vena thoracica) gilt der italienische Arzt und Anatom
Bartholomeo Eustachius. In seinen 1564 publizierten „Tabulae anatomicae“ findet sich auch
eine detailierte Zeichnung der Darmschlingen inklusive deutlicher Darstellung von
Lymphknoten.
Um 1600 beschreibt der Anatom und Schüler Gabriele Fallopios , Girolamo Fabrizio (1533-
1619) in “De formatu foetu” erstmals Föten von Vögeln und gilt somit als Begründer der
Embryologie. Fabrizio errichtete in Padua den als “anatomisches Theater” bekannten
Lehrsaal für Sektionen. Die Bursa Fabricii der Vögel wurde ihm zu Ehren so benannt. Nach
der Bursa Facricii sind die menschlichen B-Lymphozyten benannt.
Abb.1: Titelblatt zur Gesamtausgabe von Ambroise Paré 1552
Abb.2: Originaleintrag von Ambroise Paré mit der Erstbeschreibung des Thymus 1552
Geschichtlicher Rückblick Lymphgefäße / lymphat. Organe: 17. Jh.: 1622 gilt als das Entdeckungsjahr der Lymphgefäße : Der italienische Chirurg und Anatom
Gaspare Aselli (1581-1626) beschreibt durch Vivisektion von Hunden erstmals “Milchgefäße”
im Darmgekröse (Gaspare Aselli: De lactibus sive lacteis venis ; 1627, Mailand ; Abb. 3-4).
Heute wissen wir, dass die Lymphgefäße des Darmes insbesondere nach fettreicher
Nahrungsaufnahme durch die darin enthaltenen Chylomikronen (Triglyzerid transportierende
Lipoproteine) ein milchiges Aussehen haben.
1647 findet sich bei Johannes Wesling (1598-1649; Professor für Anatomie und Chirurgie in
Padua) im „Syntagma anatomicum“ die Erste Darstellung von “Milchgefäßen” beim
Menschen (Abb. 5-6).
Der französische Anatom Jean Pecquet widmet sich in mehreren Werken den Milchgefäßen:
De Circulatione Sanguinis et Chyli Motu (1653); De Thoracicis Lacteis (1653); Experimenta
nova anatomica 1651: Die Entdeckung der Cisterna chyli (receptaculum chyli ) und
Entdeckung der Einmündung des Ductus thoracicus im subklavikulären Venenwinkel wird
Jean Pecquet zugeschrieben (Abb.7-8).
1652/53 tobt in Skandinavien ein heftiger wissenschaftlicher Disput über das Primat der
Erstbeschreibung des Lymphgefäßsystem des Menschen:
1652 veröffentlicht Olof Rudbeck der Ältere (1630-1702) die Nova Exercitatio anatomica:
Die Lymphgefäße werden darin als „vasa serosa“ und „ductus serosi“ bezeichnet (Abb. 9-
10). Rudbeck begründete als Professoer der Naturgeschichte und Anatomie den botanischen
Garten sowie das anatomische Theater in Uppsala. 1652 seziert Rudbeck in Anwesenheit von
Königin Christine in Uppsala die Lymphgefäße eines Hundes.
Der dänische Anatom Thomas Bartholin führt 1653: in „Vasa Lymphatica“ der Terminus
„lymphatisch“ ein (Abb.11-12).
1652 seziert Bartholin mit ausdrücklicher Erlaubnis des dänischen Königs Friedrich III
Hingerichtete, die vor der Exekution eine besonders üppige Henkersmahlzeit erhielten.
1665 beschreibt Frederick Ruysch in “ Dilucidatio valvularum in vasis lymphaticis et lacteis.
(Hagae-Comitiae, ex officina H. Gael, 1665; Leiden, 1667; Amsterdam, 1720. 2. Aufl. 1742.)
“ die Klappen der Lymphgefäße (Abb.13).
Mit Marcello Malpighi beginnt 1669 in “De viscerum structura exercitatio anatomica “ im
Kapitel „De liene“ („Über die Milz“) die erste mikroskopische Beschreibung der sekundären
lymphatischen Organe (Abb.14).
Abb.3: Gaspare Aselli: De lactibus sive lacteis venis. (1627, Mailand)
Abb. 4: Gaspare Aselli: De lactibus sive lacteis venis. (1627, Mailand)
Abb.5: Syntagma anatomicum 1647 von Johannes Wesling
Abb.6: 1647 Johannes Wesling: Syntagma anatomicum: erste Darstellung von „Milchgefäßen“ beim Menschen
Abb.7 : Jean Francois Pecquet: Experimenta nova anatomica 1651
Abb.8 : Jean Francois Pecquet: Experimenta nova anatomica 1651
Abb.9: Olof Rudbeck der Ältere : Nova exercitatio anatomica 1652
Abb.10: Olof Rudbeck der Ältere : Nova exercitatio anatomica 1652
Abb.11: Thomas Bartholin: 1653: Vasa lymphatica nuper hafniae in animalibus inventa et hepatis exsequiae“
Abb.12: Thomas Bartholin: 1653: Vasa lymphatica nuper hafniae in animalibus inventa et hepatis exsequiae“
Abb.13: Frederick Ruysch: Dilucidatio valvularum in vasis lymphaticis et lacteis. Hagae-Comitiae, ex officina
H. Gael, 1665; Leiden, 1667; Amsterdam, 1720. 2. Aufl. 1742.
Abb.14: Marcello Malpighi:De viscerum structura exercitatio anatomica Londini : Typis T.R. Impensis Jo.
Martyn .., 1669
Geschichtlicher Rückblick Blutzellen: 17. Jh.:
Der Jesuit Athanasius Kircher beschreibt 1658 in „Athanasii Kircheri Scrutinium physico-
medicum contagiosae Luis, quae pestis“ (Abb. 15) durch Mikroskopie im Eiter Pestkranker
„Würmer“– wahrscheinlich der erste mikroskopische Beleg für Leukozyten (weisse
Blutkörperchen)
A.van Leeuwenhoek beschreibt 1674 in einem seiner Briefe an die Royal Society in London
rote Blutkörperchen (Abb. 16). Seine erste Abbildung menschlicher Erythrozyten findet sich
in einem seiner Briefe an die Royal Society in London 1700.
Die allererste Abbildung menschlicher Erythrocyten stammt wahrscheinlich von Jan
Swammerdam in einem Brief aus 1678.
Abb.15: Athanasii Kircheri Scrutinium physico-medicum contagiosae Luis, quae pestis ...1658
Abb.16: Brief A. V. Leeuwenhoeck über Mikroskopie des Blutes
Geschichtlicher Rückblick Blutzellen: 18. Jh.:
1749 beschreibt Joseph Lieutaud die weißen Blutkörperchen als „globuli albicantes“ (in
„Elementa physiologiae, juxta solertiora, novissimaque physicorum experimenta“; 1749;
Abb.19)
1773 beschreibt William Hewson rote Blutkörperchen als bikonkave Scheiben (Abb.17). (Hewson, W. (1773) On the figure and composition of the red particles of the blood, commonly called the red
globules. Philosophical Transactions, lxiii, 303–323).
Abb.17: (Hewson, W. (1773) On the figure and composition of the red particles of the blood, commonly called
the red globules. Philosophical Transactions, lxiii, 303–323).
Geschichtlicher Rückblick lymphat. Organe / Lymphgefäße: 18. Jh.
A.van Leeuwenhoek beschreibt 1706 in einem seiner Briefe an die Royal Society in London
die Milz ( “ microscopical. observ. on the structure of the spleen etc.; Phil. Transact.1706 “).
Insbesondere die von der Milzkapsel ausgehenden bindegewebigen Stränge wurden von
Leeuwenhoek detailiert skizziert (Abb.18).
1769 führt William Hewson den Begriff “lymphatisches System” ein ( in Hewson, W. An
account of the lymphatic system in amphibious animals; in a letter to William Hunter MD,
FRS, and by him communicated to the (Royal) Society. Philosophical Transactions for the
year 1769, lix, 198–203. ; Hewson, W. An account of the lymphatic system in fish.
Philosophical Transactions for the year 1769, lix, 294–315
1774 erkennt William Hewson die lymphatische Natur des Thymus. (Hewson, W.
Experimental Inquiries, Part the Second, containing a Description of the Lymphatic System in
the Human Subject and in other animals. Illustrated with Plates. Together with Observations
on the Lymph, and the changes which it undergoes in some Diseases. Printed for J. Johnson,
No. 72, St. Paul’s Churchyard, London. Hewson, W. Experimental Enquiries. Part 11. A
Description of the Lymphatic System in the Human Subject and other animals.)
1787 beschreibt Paolo Mascgacni in „Vasorum lymphaticorum corporis Humani Historia et
Ichnographia“ (Abb. 20) durch Injektionstechniken dass Lymphkapillaren nicht in direktem
Zusammenhang mit Blutgefäßen stehen.
William Hunter (1718-1783) erkennt 1762 dass Lymphgefäße interstitielle Flüssigkeit
absorbieren: ‘The lymphatic vessels are the absorbing vessels, all over the body”
(Medical commentaries. 2 Bände. London 1762)
Abb. 18: A. van Leeuwenhoek: microscopical. observ. on the structure of the spleen etc.; Phil. Transact.1706
. Abb.19: Elementa physiologiae, juxta solertiora, novissimaque physicorum experimenta, & accuratiores
anatomicorum observationes concinnata; Joseph Lieutaud 1749
Abb. 20: 1787 Paolo Mascgacni: Vasorum lymphaticorum corporis Humani Historia et Ichnographia
Abb. 21: 2. Auflage von Medical commentaries von William Hunter (1. Ausgabe 1762)