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Industrie ¨ okonomik I Wintersemester 2007 / 08 1 Der Monopolist k ¨ onnte nat ¨ urlich nur einen Eintrittspreis von 72 fordern und damit effektiv alle Bezieher niedriger Einkommen ausschließen. Angenommen, es gibt N h Konsumenten mit hohem Einkommen und N n Konsumenten mit niedrigem Einkommen, dann w ¨ are der Gewinn bei einem hohen Eintrittspreis N h 72. Bei einem niedrigen Eintrittspreis w ¨ are er (N h + N n )32. Die letztere Strategie w ¨ are profitabel, wenn 32N n > 40N h ist. Anders ausgedr ¨ uckt: Wenn das Verh ¨ altnis zwischen Konsumenten mit niedrigem und hohem Einkommen gr ¨ oßer ist als 1, 25 : 1, dann f ¨ uhrt die restriktive Politik eines hohen Eintrittspreises zu einem niedrigeren Gewinn f ¨ ur den Monopolisten. Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

hohem Einkommen haben die Preis-Absatz-Funktion · 2007. 11. 29. · Industrie¨okonomik I Wintersemester 2007/08 1 Der Monopolist k¨onnte nat ¨urlich nur einen Eintrittspreis von

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 1

Der Monopolist konnte naturlich nur einen Eintrittspreis von 72 fordern und

damit effektiv alle Bezieher niedriger Einkommen ausschließen.

Angenommen, es gibt Nh Konsumenten mit hohem Einkommen und Nn

Konsumenten mit niedrigem Einkommen, dann ware der Gewinn bei einem

hohen Eintrittspreis Nh72. Bei einem niedrigen Eintrittspreis ware er

(Nh + Nn)32. Die letztere Strategie ware profitabel, wenn 32Nn > 40Nh ist.

Anders ausgedruckt: Wenn das Verhaltnis zwischen Konsumenten mit

niedrigem und hohem Einkommen großer ist als 1, 25 : 1, dann fuhrt die

restriktive Politik eines hohen Eintrittspreises zu einem niedrigeren Gewinn

fur den Monopolisten.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 2

Es gibt jedoch eine Alternative zu einem einheitlichen Preis, die als

Preisdiskriminierung zweiten Grades bekannt ist.

Die Idee ist die folgende: Der Monopolist weiß, dass es zwei Gruppen von

Konsumenten gibt, die er nicht unterscheiden kann. Er konstruiert daher ein

Preisschema, das dazu fuhrt, dass die Konsumenten durch ihre Entscheidung

ihren Typ enthullen.

Das typische Beispiel fur Preisdiskriminierung zweiten Grades ist ein

Mengenrabatt fur bestimmte Gruppen von Konsumenten.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 3

Betrachten wir wieder unser numerisches Beispiel: Die Konsumenten mit

hohem Einkommen haben die Preis-Absatz-Funktion

ph(yh) = 16 − yh,

die anderen, mit niedrigem Einkommen die Preis-Absatz-Funktion

pn(yn) = 12 − yn.

Der Besitzer der Diskothek konnte Preisdiskriminierung ersten Grades

versuchen:

Er vergibt Getrankemarken, die einem Konsumenten erlauben, Getranke zu

kaufen; wer den niedrigen Eintrittspreis (32) zahlt, erhalt acht, wer den hohen

Eintrittspreis (72) zahlt, erhalt zwolf Getrankebons.

Dieser Mechanismus wird jedoch nicht funktionieren:

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 4

Jemand mit hohem Einkommen wird den niedrigen Eintrittspreis von 32

zahlen und acht Getranke a 4 kaufen, d. h., insgesamt 64 zahlen. Seine

Zahlungsbereitschaft fur acht Getranke ist jedoch 96. Aus diesem Verhalten

resultiert also eine Konsumentenrente von 32.

Wurden er hingegen den hohen Eintrittspreis zahlen und 12 Getranke kaufen,

dann ware die Gesamtzahlung 120 und die Konsumentenrente ware 0. Die

Konsumenten mit hohem Einkommen waren also besser dran, den niedrigen

Eintrittspreis zu zahlen und nur acht Getranke zu konsumieren.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 5

Ein besserer Mechanismus ist folgender.

Der Besitzer weiß, dass diese Konsumenten insgesamt bereit sind, 64 fur den

Eintritt und acht Getranke zu zahlen. Er verlangt also fur ein Paket,

bestehend aus dem Eintrittspreis und acht Getranken den Preis von 64.

Aber auch Konsumenten mit hohem Einkommen waren bereit, dieses Paket

zu kaufen, denn ihre Zahlungsbereitschaft fur den Eintritt und acht Getranke

liegt bei 96. Außerdem wurden sie so noch eine Konsumentenrente von 32

erhalten.

Der Gewinn des Besitzers betragt 32 pro verkauftem Paket.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Der Besitzer weiß, dass die Konsumenten mit hohem Einkommen bereit sind,

120 fur den Eintritt und zwolf Getranke zu zahlen. Wenn er jedoch versuchen

wurde, ein Paket (120, zwolf Getranke) zu verkaufen, wurden diese

Konsumenten lieber das Paket (64, acht Getranke) nehmen.

Er muss daher ein zweites Paket konstruieren, das anreizkompatibel ist,

d. h. derart, dass es fur die Konsumenten mit hohem Einkommen keinen

Anreiz gibt, statt dieses Pakets das fur die Konsumenten mit niedrigem

Einkommen vorgesehene Paket zu kaufen.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 7

Er muss ein Angebot machen, das dem Konsumenten mit hohem Einkommen

ebenfalls eine Konsumentenrente von 32 garantiert.

Etwa: Eintritt und zwolf Getranke zum Preis von 120 - 32 = 88. Das wurde

von den Konsumenten mit hohem Einkommen gekauft, nicht aber von denen

mit geringem Einkommen, deren Zahlungsbereitschaft ja nur 72 betragt.

Diese beiden Pakete fuhren dazu, dass sich die beiden Gruppen durch ihre

Entscheidung selbst sortieren. Man spricht hier von einer Selbstselektion.

Der Gewinn betragt 32 fur jedes Paket (64, acht) und 40 fur jedes Paket (88,

zwolf). Der Besitzer kann sich die gesamte Konsumentenrente der

Konsumenten mit niedrigem Einkommen und – bis auf 32 – die derjenigen mit

hohem Einkommen aneignen.

Diese 32 sind der’Preis‘ fur die Anreizkompatibilitat.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 8

Die Konsumenten mit niedrigem Einkommen zahlen im Schnitt 8 pro

Getrank, wahrend die mit hohem Einkommen 7.33 pro Getrank zahlen.

Die letzteren erhalten also einen Mengenrabatt.

Hieran sieht man, dass Mengenrabatte nicht nur auf zunehmende

Skalenertrage zuruckgefuhrt werden konnen.

Bei F = 0 hat unsere Diskothek keine zunehmenden Skalenertrage —

trotzdem ist ein Mengenrabatt fur die Konsumenten mit hohem Einkommen

vorteilhaft fur den Besitzer.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 9

Angenommen, der Besitzer bietet ein Paket fur die Konsumenten mit

niedrigem Einkommen an, das nur den Konsum von sieben Getranken erlaubt.

Die maximale Zahlungsbereitschaft dieser Konsumenten ware 59.50. In diesem

Fall ware der Gewinn pro Paket (59.50, sieben Getranke) 31.50.

Aber betrachten wir nun die Konsumenten mit hohem Einkommen. Ihre

maximale Zahlungsbereitschaft fur sieben Getranke ist 87.50. Wurden sie

dieses Paket kaufen, dann erhielten sie eine Konsumentenrente von 28. Daher

kann der Besitzer den Preis fur das Paket (Eintritt, zwolf Getranke) auf

120 − 28 = 92 erhohen. Er bekommt dann einen Gewinn von 44 pro Paket.

Man sieht hier die Bedeutung der Anreizkompatibilitatsbeschrankung: Ein

Paket, das fur Konsumenten mit niedrigem Einkommen attraktiv ist,

beschrankt die Moglichkeiten, sich Konsumentenrente von den Konsumenten

mit hohem Einkommen anzueignen. Sie konnen nicht gehindert werden, das

andere Paket zu kaufen und etwas an Konsumentenrente zu realisieren.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 10

Es kann sogar der Fall eintreten, dass der Besitzer sich entschließt, die

Konsumenten mit niedrigem Einkommen uberhaupt nicht zu bedienen.

Angenommen, es gibt Nh Konsumenten mit hohem und Nn Konsumenten mit

niedrigem Einkommen und der Besitzer bietet zwei Pakete an: (59.50, sieben

Getranke) und (92, zwolf Getranke).

Aus dem ersten Paket macht er einen Gewinn von Nn 31.50. Wurde er nur die

Konsumenten mit hohem Einkommen attrahieren wollen, wurde er ein Paket

mit (120, zwolf Getranke) anbieten. Will er jedoch beide Gruppen bedienen,

dann muss er den Preis des letzteren Paketes um 28 senken. Die Kosten, beide

Gruppen zu versorgen betragen also Nh · 28. Es lohnt sich also nur, beide

Gruppen zu versorgen, wenn 31.50 · Nn > 28 · Nh, d. h. Nh/Nn > 1.125.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 11

Dieses Beispiel deutet auf eine Anzahl grundlegender Prinzipien hin, die bei

der Preisdiskriminierung zweiten Grades zum Tragen kommen.

1. Die gesamte Konsumentenrente der Konsumenten mit der geringen

Nachfrage wird abgeschopft, aber die Konsumenten mit hoher Nachfrage

erhalten einen Teil ihrer Konsumentenrente;

2. alle Konsumenten bis auf die mit der hochsten Nachfrage erhalten eine

geringere Menge als die effiziente;

3. die Pakete enthalten einen Mengenrabatt fur die Konsumenten mit der

hochsten Nachfrage.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 12

Dauerhafte Guter

Den Unterschied im Verhalten eines Monopolisten, der ein dauerhaften Gut

verkauft, zu einem, der ein nicht dauerhaftes Gut verkauft, hat erstmals ?

betrachtet.

Er betrachtet den Extremfall, in dem jemand das gesamte Land in der Welt

besitzt und es fur den großten abdiskontierten Gewinn verkaufen mochte.

Ware Land ein nicht dauerhaftes Gut dann wurde das Monopol, da die

Grenzkosten der Produktion gleich 0 sind, genau die Halfte des vorhandenen

Landes verkaufen.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 13

Da Land jedoch ein dauerhaftes Gut ist, besitzt der Monopolist wenn er die

Halfte des Landes verkauft in der nachsten Periode immer noch die andere

Halfte des Landes.

Es gibt keinen Grund, warum der Monopolist nun diese verbleibende Halfte

des Landes nicht in der nachsten Periode verkaufen sollte. Da jedoch die

Nachfrage in der nachsten Periode geringer sein wird als heute, wird auch der

Monopolpreis in der nachsten Periode niedriger sein, als der Monopolpreis

heute.

Wenn das aber der Fall ist, dann wurden diejenigen Konsumenten, die die

Zukunft nicht allzu stark diskontieren, eine Periode warten, um das Land in

der nachsten Periode zu einem gunstigeren Preis erwerben zu konnen. Daher

ist die Nachfrage, der sich der Monopolist heute gegenubersieht geringer, als

die Nachfrage eines Monopolisten, der ein nicht dauerhaftes Gut herstellt.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 14

Coase hat in seinem Artikel auch noch den Fall positiver Produktionskosten

betrachtet und kam auch fur diesen Fall zu dem Ergebnis, dass der

Monopolist, der ein dauerhaftes Gut verkauft, sich genauso verhalten wird wie

ein Unternehmen bei vollkommener Konkurrenz.

Dies wird in der Literatur als die Coase–Vermutung oder

Coase–conjecture bezeichnet.

Seine Uberlegungen konnen wir mit Hilfe eines einfachen Modells

formalisieren.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 15

Betrachten wir ein Monopol, das mit konstanten Grenzkosten in Hohe von

0 < c < 1 ein dauerhaftes Gut produziert, das eine unendliche Lebensdauer

hat.

Wir betrachten allerdings nur zwei Perioden, 1 (heute) und 2 (morgen) in

denen der Monopolist das Gut zu Preisen p1 und p2 verkaufen kann.

Betrachten wir ein Kontinuum von Konsumenten, mit der Gesamtmasse 1.

Die Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten sei mit v bezeichnet, und wir

nehmen an, dass v auf dem Intervall [0, 1] gleichverteilt ist.

Diese Zahlungsbereitschaft gibt die Wertschatzung des Gutes uber die

gesamte Nutzungsdauer an, d. h. fur die Nutzung vom Moment des Kaufs an,

bis in alle Ewigkeit. Damit unterscheiden sich die Zahlungsbereitschaft in der

Periode 1 und die in der Periode 2 nicht voneinander.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 16

Allerdings gehen wir davon aus, dass sowohl der Monopolist als auch die

Konsumenten zukunftige Ertrage mit dem gleichen Diskontfaktor 0 < δ < 1

diskontieren.

Damit ist der Wert, den es heute fur einen Konsumenten mit

Zahlungsbereitschaft v hat, das Gut ab morgen zu besitzen gerade δv.

Die Nachfrage eines Konsumenten kann nun wie folgt hergeleitet werden. Er

kann das Gut entweder in Periode 1 (heute) zum Preis p1 erwerben, oder in

Periode 2 (morgen) zum Preis p2.

Offensichtlich hangt also die Entscheidung eines Konsumenten, das Gut heute

zu kaufen auch von der Erwartung uber den morgigen Preis, pe2, ab. Es ist

klar, dass es sich niemals lohnt, mit dem Kauf bis morgen zu warten, wenn

gilt pe2 > p1. Es wird daher unterstellt, dass pe

2 ≤ p1 ist.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 17

Hat ein Konsument eine Zahlungsbereitschaft in Hohe von v > pe2 dann wird

er das Gut bereits heute kaufen, wenn gilt v − p1 ≥ δ(v − pe2) bzw.

v ≥p1 − δpe

2

1 − δ.

Den Quotienten kann man auch als Funktion

v(p1, pe2) =

p1 − δpe2

1 − δ

auffassen.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 18

In der ersten Periode werden nur die Konsumenten das Gut kaufen, deren

Zahlungsbereitschaft den Wert v(p1, pe2) ubersteigt. Diese haben eine hohe

Gegenwartspraferenz.

Aus den Annahmen uber die Verteilung der Zahlungsbereitschaften folgt, dass

die Nachfrage in der ersten Periode geschrieben werden kann als

D1(p1, pe2) = 1 − v(p1, p

e2) =

1 − δ − p1 + δpe2

1 − δ,

dies ist gerade die Masse der Konsumenten, deren Zahlungsbereitschaft die

Schwelle von v(p1, pe2) ubersteigt.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 19

Die anderen Konsumenten mit v < v(p1, pe2) sind die potentiellen Nachfrager

in der zweiten Periode (der Rest hat das Gut ja bereits erworben).

Wenn der Monopolist das Gut in Periode 2 zu einem Preis p2 < v(p1, pe2)

anbietet, dann werden diejenigen Konsumenten das Gut kaufen, deren

Zahlungsbereitschaft v im Intervall [p2, v(p1, pe2)) liegt.

Diejenigen mit hoherer Zahlungsbereitschaft haben schon in Periode 1 gekauft

und die mit niedriger Zahlungsbereitschaft werden gar nicht kaufen, weil

ihnen das Gut zu teuer erscheint.

Die Nachfrage in der zweiten Periode ist also

D2(p2|p1, pe2) = v(p1, p

e2) − p2 =

p1 − δpe2 − (1 − δ)p2

1 − δ.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 20

Nachdem wir nun die Nachfrage der Konsumenten in den beiden Perioden

abgeleitet haben, soll nun untersucht werden, wie der Monopolist seine Preise

in den beiden Perioden setzen wird.

Dabei sind zwei verschiedene Situationen zu unterscheiden:

Zum einen konnte der Monopolist in der Lage sein, schon heute seine Preise

fur beide Perioden festzulegen, zum anderen konnte der Monopolist seinen

Preis fur die zweite Periode erst zu Beginn dieser Periode festlegen.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 21

Angenommen, der Monopolist legt schon heute die beiden Preise p1 und p2

verbindlich fest.

In diesem Fall wissen die Konsumenten, dass sie in der zweiten Periode den

Preis p2 zu zahlen haben, d. h., pe2 = p2.

Der Gewinn des Monopolisten in diesem Fall ist

π (p1, p2) = (p1 − c)D1 (p1, p2) + δ (p2 − c)D2 (p2|p1, p2)

= (p1 − c)1 − δ − p1 + δp2

1 − δ+ δ (p2 − c)

p1 − p2

1 − δ

= p1 − δp1 − p21 + 2δp1p2 − c − δc + cp1 − δp2

2 − δcp1.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 22

Die Bedingungen erster Ordnung fur ein Gewinnmaximum lauten

∂π (p1, p2)

∂p1= 1 − δ − 2p1 + 2δp2 + c − δc = 0 (1)

∂π (p1, p2)

∂p2= 2δp1 − 2δp2 = 0 (2)

Aus der zweiten Gleichung folgt p1 = p2, also dass der Monopolist in beiden

Perioden den selben Preis setzt.

Einsetzen in Gleichung (1) ergibt

1 − δ − 2p1 + 2δp1 + c − δc = (1 − δ) [1 + c − 2p1] = 0

⇔ p1 =1 + c

2.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 23

Die gewinnmaximierenden Preise sind also

p1 = p2 =1 + c

2.

Einsetzen in den Gewinn ergibt dann

π(p1, p2) =(1 − c)2

4

Als Nachfrage in der zweiten Periode erhalten wir

D2(p2|p1, p2) = 0.

Dies ist auch intuitiv einleuchtend: Wenn der Preis in der zweiten Periode

genauso hoch ist wie in der ersten, dann lohnt es sich fur die Konsumenten

nicht, mit dem Kauf bis morgen zu warten.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 24

Wenn der Monopolist in der zweiten Periode nicht an den Preis p2 gebunden

ware, konnte er sich in der zweiten Periode verbessern:

In der Periode 2 haben alle Konsumenten mit v < p2 das Gut noch nicht

erworben. Da jedoch die Grenzkosten c kleiner sind als der Preis p2, kann der

Monopolist in der zweiten Periode noch einen Gewinn machen.

Senkt er namlich den Preis auf ein Niveau p2 ∈ (c, p2), dann konnte er das

Produkt an einige Konsumenten verkaufen, die es bisher noch nicht haben,

und dabei noch einen Gewinn machen.

Wenn der Monopolist also nicht in der Lage ist, sich glaubwurdig auf Preise in

den beiden Perioden festzulegen, dann werden die Konsumenten dies

antizipieren und damit rechnen, dass der Monopolist in der zweiten Periode

einen geringeren Preis verlangen wird.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 25

Im Falle, dass der Monopolist den Preis fur die zweite Periode erst zu Beginn

dieser Periode festlegt, ist sein Gewinn in der zweiten Periode

π(p2) = (p2 − c)D2(p2|p1, pe2) = (p2 − c)

p1 − δpe2 − (1 − δ)p2

1 − δ

Die Bedingung erster Ordnung fur ein Gewinnmaximum lautet

dπ(p2)

p2=

p1 − δpe2 − (1 − δ)p2

1 − δ+ (p2 − c)

−(1 − δ)

(1 − δ)= 0

⇐⇒1

(1 − δ)[p1 − δpe

2 − (1 − δ)p2 − (1 − δ)(p2 − c)] = 0

⇐⇒ p1 − δpe2 + (1 − δ)c = 2(1 − δ)p2

⇐⇒ p2 =p1 − δpe

2 + (1 − δ)c

2(1 − δ). (3)

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 26

Der Preis der zweiten Periode hangt also ab vom Preis der ersten Periode p1

sowie den Erwartungen der Konsumenten uber den Preis in der Periode 2.

Haben die Konsumenten rationale Erwartungen, dann werden die

Preiserwartungen durch den tatsachlichen Preis bestatigt, d. h. pe2 = p2.

Setzen wir dies in Gleichung 3 ein erhalten wir

p2 =p1 − δp2 + (1 − δ)c

2(1 − δ)

⇐⇒ p2 +δ

2(1 − δ)p2 =

p1 + (1 − δ)c

2(1 − δ)

⇐⇒ 2(1 − δ)p2 + δp2 = (2 − δ)p2 = p1 + (1 − δ)c

⇐⇒ p2 =p1 + (1 − δ)c

2 − δ(4)

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 27

Der optimale Preis in Periode 2 wird also durch den Preis in Periode 1

bestimmt:

Je hoher der Preis in Periode 1 ist, desto großer wird die Restnachfrage in

Periode 2 sein.

Also kann auch der Preis in Periode 2 umso hoher sein, je hoher der Preis in

Periode 1 ist.

Bei der Wahl des Preises in der Periode 1 wird der Monopolist naturlich

diesen Zusammenhang berucksichtigen.

Ulrich Schwalbe 5. Vorlesung, 20. 11. 2007

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 28

Er maximiert seinen Gewinn uber die beiden Perioden,

π (p1, p2, pe2) = (p1 − c) D1 (p1, p

e2) + (p2 − c) D2(p2|p1, p

e2)

= (p1 − c)1 − δ − p1 + δpe

2

1 − δ+ (p2 − c)

p1 − δpe2 − (1 − δ)p2

1 − δ,

wobei er fur p2 und fur pe2 das Ergebnis einsetzt, das wir in Gleichung (4)

erhalten haben.

Damit ergibt sich

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 29

π (p1, p2(p1), p2(p1)) = (p1 − c)1 − δ − p1 + δ p1+(1−δ)c

2−δ

1 − δ

+ (p1 + (1 − δ)c

2 − δ− c)

p1 − δ p1+(1−δ)c2−δ

− (1 − δ)p1+(1−δ)c2−δ

1 − δ

= (p1 − c)

[−(2−δ)+δ]p1

2−δ+ (1−δ)[(2−δ)+δc]

2−δ

1 − δ

+p1 + [(1 − δ) − (2 − δ)]c

2 − δ

[(2−δ)−δ−(1−δ)]p1

2−δ+ [−δ(1−δ)−(1−δ)2]c

2−δ

1 − δ

= (p1 − c)

[

2δ − 2 + 1−δ2−δ

]

p1 + (1 − δ)(2 − δ) +[

(1 − δ)δ − 1−δ2−δ

]

c

(2 − δ)(1 − δ)

= (p1 − c)(2 − δ)2 + (2δ − δ2 − 1)c + (2δ − 3)p1

(2 − δ)2

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 30

Als Bedingung erster Ordnung erhalten wir (Ableiten unter Anwendung der

Produktregel und gleich null setzen)

(2 − δ)2 + (2δ − δ2 − 1)c + (2δ − 3)p1

(2 − δ)2+ (p1 − c)

2δ − 3

(2 − δ)2= 0

⇐⇒(2 − δ)2 + (2δ − δ2 − 1 − 2δ + 3)c

(2 − δ)2=

6 − 4δ

(2 − δ)2p1

⇐⇒ p1 =(2 − δ)2 + (2 − δ2)c

(2 − δ)2(2 − δ)2

6 − 4δ

Der optimale Preis des Monopolisten in Periode 1 ist also

pm1 =

(2 − δ)2 + (2 − δ2)c

6 − 4δ. (5)

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Wenn wir diesen Preis in die Gleichung (4) einsetzen erhalten wir

pm2 = p2 (pm

1 ) =

(2−δ)2+(2−δ2)c6−4δ

+ (1 − δ)c

2 − δ

=(2 − δ) + 2−δ2+(6−4δ)(1−δ)

2−δc

6 − 4δ

=(2 − δ) + 2−δ2+6−4δ−6δ+4δ2

2−δc

6 − 4δ

=(2 − δ) + 8−10δ+3δ2

2−δc

6 − 4δ

Der optimale Preis in der zweiten Periode ist also

pm2 =

(2 − δ) + (4 − 3δ)c

6 − 4δ(6)

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Wenn wir die Differenz der Preise bilden, sehen wir, dass der Preis in der

ersten Periode stets großer ist als der in der zweiten.

pm1 − pm

2 =(2 − δ)2 + (2 − δ2)c − (2 − δ) − (4 − 3δ)c

6 − 4δ

=4 − 2δ + δ2 − 2 − δ + (2 − δ2 − 4 + 3δ)c

6 − 4δ

=4 − 3δ + δ2 − (4 − 3δ + δ2)c

6 − 4δ> 0,

fur alle δ ∈ (0, 1) (da c < 1).

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Der Monopolist betreibt eine intertemporale Preisdiskriminierung:

Erst verkauft er das Gut an Konsumenten mit hoher Zahlungsbereitschaft; in

der zweiten Periode senkt er den Preis, um die Konsumenten mit geringerer

Zahlungsbereitschaft zu erreichen.

Allerdings hangt das Ausmaß der Preisdiskriminierung vom Diskontfaktor δ

ab: Je hoher δ, desto geringer ist das Ausmaß der Preisdiskriminierung – die

Ungeduld derjenigen mit hoherer Zahlungsbereitschaft nimmt ab und sie sind

eher bereit, das Gut auch in der zweiten Periode zu erwerben.

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Wenn δ gegen eins geht, nahert sich die Preisdifferenz null an, d. h. die Preise

in beiden Perioden werden gleich.

Dies liegt daran, dass die Konsumenten in diesem Fall keinerlei

Gegenwartspraferenz haben, so dass niemand in der ersten Periode nachfragen

wurde, wenn er wusste, dass er das Gut in der Folgeperiode billiger bekame.

In diesem Fall gilt

pm1 = pm

2 =1 + c

2= p1 = p2,

d. h., die Preise sind genau die selben wie in der Situation, in der der

Monopolist sich an einen Preis fur die zweite Periode binden konnte. Damit

ist naturlich auch der Gewinn des Monopolisten der selbe.

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Fur δ < 1 gilt aber p1 > pm1 (> pm

2 ), was man durch Ableiten des Ausdrucks

fur pm1 nach δ erkennt.

∂ (2−δ)2+(2−δ2)c6−4δ

∂δ=

[−2(2 − δ) − 2δc] (6 − 4δ) − 4[

(2 − δ)2 + (2 − δ2)c]

(6 − 4δ)2

=−24 + 12δ − 12δc + 16δ − 8δ2 + 8δ2c − 16 + 8δ − 4δ2 − 8 + 4δ2c

(6 − 4δ)2

=−48 + 36δ − 12δc − 12δ2 + 12δ2c − 4δ2

(6 − 4δ)2

<−12 − 12δc − 4δ2

(6 − 4δ)2

< 0.

Da fur δ = 1 die beiden Preise p1 und pm1 gleich sind, und p1 = 1+c

2 nicht von

δ abhangt, folgt also, dass fur alle δ ∈ (0, 1) gilt p1 > pm1 .

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Da p1 den Gesamtgewinn des Monopolisten maximiert, folgt, dass

offensichtlich der Gewinn bei einer Selbstbindung, also bei p1 = p2 hoher ist

als wenn der Monopolist sich nicht an einen bestimmten Preis in der zweiten

Periode binden kann.

Die Tatsache, dass die Preise pm1 und pm

2 geringer sind als p liegt daran, dass

bei sequentieller Festlegung der Preise der Monopolist mit sich selbst

konkurriert:

Wenn er die Restnachfrage in der zweiten Periode ausnutzen will, schafft er

sich in der ersten Periode selbst eine Konkurrenz, da er mit einem kunftigen

niedrigeren Preis Konsumenten dazu bewegt, ihren Konsum in die zweite

Periode zu verlagern.

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Industrieokonomik I Wintersemester 2007 / 08 37

Allgemein: Wenn der Monopolist in einer Periode das Gut zu einem Preis

großer als die Grenzkosten verkauft hat, dann besteht in der Folgeperiode

noch eine Restnachfrage, die er ausnutzen kann.

Dies wird bei unbegrenztem Zeithorizont solange gehen, bis der Preis gegen c

konvergiert.

Wenn die Konsumenten dies antizipieren, dann werden sie — wenn der

Diskontfaktor nahe bei 1 liegt — auch in der ersten Periode nur bereit sein,

einen Preis zu bezahlen, der in der Nahe von c liegt.

Im Grenzfall, d. h. bei δ = 1 wird der Preis in jeder Periode gleich c sein. In

diesem Fall gilt also die Coase–conjecture und der Monopolist macht einen

Gewinn von null.

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