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Bayerisches Staatsministerium fürUnterricht und Kultus
Innere Schulentwicklung
in BayernAus der Praxis – für die Praxis
Bayerisches Staatsministerium fürUnterricht und Kultus
Innere Schulentwicklung
in BayernAus der Praxis – für die PraxisDie Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht
und Kultus am Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) vom
Arbeitskreis »Schulinnovation« erstellt.
Leitung und Redaktion: Ralf Kaulfuß, ISB München
Mitglieder:
Eva M. Borns (Wilhelm-Sattler-Realschule Schweinfurt)
Dr. Wolfgang Eckart (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)
Christian Fritsche (Leopold-Ullstein-Realschule Fürth)
Dr. Bernhard Gruber (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen)
Dr. Gerald Klenk (Johannes-Heim-Schule (GTH) Schwabach)
Theodor Laugsch (Staatl. Berufsschule III BBZ Schweinfurt)
Dieter Linck (Hans-Sachs-Gymnasium Nürnberg)
Dipl.-Psych. Heinz Schlegel (Staatl. Schulberatungsstelle für Obb./West, München)
Reane Strübing (Städt. Peter-Vischer-Schule Nürnberg)
Dr. Ernst Wagner (Staatsministerium für Unterricht und Kultus, München)
Ernst Weidl (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen)
Franz Ziegler (Kaufm. Berufsbildungszentrum Würzburg)
Gestaltung: Agentur2 GmbH, München
Illustrationen: Manfred Leeb, Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen
Fotos: Peter Bauernsachs (24, 27, 43, 46), Daniel Biskup (18, 20, 21, 57, 61, 63, 67, 73, 74),
Klaus Brenninger (24, 25, 32, 34, 38, 49), Anton Fuchs (8, 11, 15, 16, 29, 74, 79),
Walter Pichler/»forum schule heute« (82), Rolf Poss (24, 53, 82), bbw – Bildungswerk
der Bayerischen Wirtschaft e. V. (83)
Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen aus dem Staatsinstitut für hilfreiche Unter-
stützung, insbesondere Wolfgang Ambros, Sigrid Binder, Annemarie Hruza-Mayer,
Dr. Franz Huber und Claudia Romer, ebenso Bettina Ruppin (Maria-Theresia-Gymna-
sium München).
Wegen der leichteren Lesbarkeit umfassen Bezeichnungen von Personengruppen
in der Regel weibliche und männliche Personen.
Die Links geben den Stand von Juli 2001 wieder.
Für den Inhalt der Links wird keine Verantwortung übernommen.
© Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, München 2001
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Innere Schulentwicklung
4
Innere Schulentwicklung
INHALT
1 Was ist »innere Schulentwicklung«?
2 Standards für die innere Schulentwicklung
3 Zentrale Handlungsfelder
3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm
3.2 Neue Lernkultur
3.3 Schülerrolle
3.4 Teamentwicklung im Kollegium
3.5 Gesprächskultur
3.6 Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule
3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung
3.8 Öffnung der Schule
3.9 Neue Medien
4 Evaluation und Qualitätsentwicklung
5 Unterstützung innerer Schulentwicklung
Vorwort 6
8
18
24
25
32
38
43
49
53
57
63
67
74
82
Die vorliegende Publikation will knapp und konkret über zentrale
Felder der inneren Schulentwicklung informieren und damit eine ge-
meinsame Diskussionsgrundlage schaffen. Vorhandene Aktivitäten
an den Schulen sollen gestützt, möglichst viele Impulse zur weiteren
Beschäftigung mit Schulentwicklung sollen ausgelöst werden. Deshalb
fehlen verbindliche Handlungsanweisungen oder »Rezepte« – inner-
halb des skizzierten Rahmens können Schulen unterschiedliche Wege
gehen.
Natürlich kann ein Orientierungsrahmen keine inhaltliche Voll-
ständigkeit oder gleichmäßige Berücksichtigung aller Schularten bean-
spruchen. Für eine umfassendere Beschäftigung liefern die Literatur-
hinweise und Links erste Anregungen. Schulen brauchen auf ihrem
Weg aber ebenfalls Beratung und Hilfe von außen. Hinweise auf
Unterstützungsangebote sowie Informationen über Ansprechpartner
runden somit die Schrift ab.
Das Anliegen der inneren Schulentwicklung wird nicht zuletzt durch
die Bildungskongresse in allen Regionen Bayerns in die Schulen ge-
tragen. Die Dokumentationen zum Kongress in Augsburg (im April
2000) und zu den Regionalkongressen ermöglichen vielfältige anre-
gende Einblicke in Aktivitäten von Schulen. Das Schulentwicklungs-
portal des Staatsministeriums (www.km.bayern.de/schulentwicklung)
bietet den zentralen Zugang zu allen relevanten Informationen.
ZUM ANLIEGEN
6
Innere Schulentwicklung
7
Innere Schulentwicklung
Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt erleben heute einen
tiefgreifenden Wandel. Der epochale Umbruch von der Indus-
trie- zur Wissensgesellschaft stellt die Schule vor anspruchsvolle
Aufgaben: Sie muss junge Menschen auf ein Leben in einer
dynamischen und komplexen Welt so vorbereiten, dass sie kom-
petent, flexibel und verantwortungsbewusst die Zukunft gestal-
ten können. Sie muss Heranwachsenden fundiertes Wissen,
klare Wertvorstellungen, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen,
Kommunikations- und Teamfähigkeit, Flexibilität und die Fähig-
keit zu vernetztem Denken vermitteln.
Vor diesem Hintergrund verändern sich unsere Schulen. Auf der
einen Seite unterstützen strukturelle Maßnahmen diesen Wan-
del, wie etwa die Einführung der Sechsstufigen Realschule (R 6)
oder der M- und P-Züge in der Hauptschule, die Veränderungen
in der Stundentafel – z. B. des Gymnasiums –, der Umbau von
Berufsschulen in Kompetenzzentren oder die Errichtung von
Förderzentren im Bereich der Förderschulen. Auf der anderen
Seite muss ein Wandel in den Schulen selbst einsetzen. Die sich
selbst entwickelnde Schule ist das Ziel eines solchen Prozesses.
Innere Schulentwicklung ist ein systemischer, strukturierter und
auf Dauer angelegter Prozess in den Einzelschulen. Jede Schule
muss prüfen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen; aus den
Ergebnissen zieht sie die notwendigen Konsequenzen, ent-
wickelt Perspektiven, probiert Neues aus. Kurz: Sie begreift sich
als »lernende Organisation«.
Solche Aktivitäten sind kein Selbstzweck; sie tragen vielmehr
dazu bei, die Bildungs- und Erziehungsziele effizienter zu ver-
wirklichen. Schulentwicklung hat immer Schülerinnen und
Schüler im Auge: Sie sind es, die motivierter, erfolgreicher und
nachhaltiger lernen sollen.
Ein Veränderungsprozess soll von der Eigeninitiative der Schule
getragen werden, und das im Konsens aller am Schulleben
Beteiligten. »Von oben« kann er nicht angeordnet, aber er kann
unterstützt und anerkannt werden, z. B. dadurch, dass der
Handlungsspielraum der Schulen erweitert wird. So wird eine
selbst verantwortete Profilierung möglich. Erst ein größerer
Freiraum lässt an den einzelnen Schulen die Kompetenzen
wirksam werden, die bei Lehrern, Eltern und in ihrem Umfeld
vorhanden sind: Vor Ort können die unterschiedlichen Anforde-
rungen und Problemlagen am besten bewältigt werden. Hier
wird die Verknüpfung von innerer Schulentwicklung und
Gesellschaftsentwicklung sichtbar: Eine »aktive Bürgergesell-
schaft« baut auch auf Mitbeteiligung und Mitwirkung im schuli-
schen Bereich.
So gesehen ist Schulentwicklung keine zusätzliche, sondern
eigentlich eine genuine Aufgabe und ein Kernanliegen aller
Lehrkräfte: Das Streben nach Verbesserung der Unterrichtsqua-
lität ist ein unverzichtbarer Teil ihrer Professionalität, gleichzeitig
eine wesentliche Garantie für Anerkennung und Berufszufrie-
denheit. Unterrichtsentwicklung kann allerdings nicht isoliert
erfolgen – Qualität in diesem Bereich bedarf geeigneter flankie-
render Maßnahmen in der Schulorganisation und in der Perso-
nalentwicklung (z. B. Teamarbeit).
Damit ist keine Pauschalkritik am bisher Erreichten verbunden:
Schule hat sich immer an Qualität orientiert weiterentwickelt,
viele Lehrkräfte haben sich hervorragend engagiert, Bewährtes
soll beibehalten und stabilisiert werden. Aber das Bemühen,
besser zu werden, erhält im Konzept der inneren Schulentwick-
lung eine neue Qualität.
VORWORT
Monika Hohlmeier,
Bayerische Staatsministerin für Unterricht und Kultus
9
Innere Schulentwicklung Was ist das?
Der Begriff »innere Schulentwicklung« wird als Oberbegriff
verwendet, wenn es um langfristig angelegte Projekte geht, die
zu einer nachhaltigen Entwicklung der jeweiligen Schule als
Ganzes führen. Dabei wird vor allem der rapide Wandel in Wirt-
schaft und Gesellschaft als Auslöser für diese Prozesse gesehen.
Im Mittelpunkt steht die fortlaufende Steigerung der Qualität
von Schule und Unterricht: Sie ist das eigentliche Kernthema
1. Was ist »innere Schulentwicklung«?
Schule als Ganzes 1
11
Innere Schulentwicklung Was ist das?
10
Was ist das? Innere Schulentwicklung
von Schulentwicklung, die sich stets daran messen lassen muss,
ob sie die Schülerinnen und Schüler erreicht. Es gilt, diese opti-
mal zu fördern, Orientierungen zu schaffen und die Eigenver-
antwortung aller Beteiligten zu stärken.
Eine so verstandene Schulentwicklung kann nicht als Reform
von oben verordnet werden. Zu den Leitideen von Schulent-
wicklung zählt, dass von der einzelnen Schule her gedacht wird:
Die Schule ist der Motor (Per Dalin), sie muss deshalb gestärkt
werden. Schulentwicklung findet in der Schule statt: nur dort –
oder überhaupt nicht. Anders gesagt: Wandel kann nicht an-
geordnet, sondern nur ermöglicht werden. Dazu gehört es, dass
sich Kollegium und Leitung einer Schule unter Einbeziehung
von Eltern und Schülern über ihre pädagogischen Grundsätze
verständigen und sie zu einem Leitbild und Schulprogramm bün-
deln (vgl. Kapitel 3.1). Diese sind somit Ausdruck des gemeinsa-
men Verständnisses über Zielsetzungen, die die Schule verfolgt.
Beide dienen als Richtschnur für das alltägliche Handeln. Mit
Leben erfüllt werden ein Leitbild oder ein Schulprogramm also
nur, wenn ein Kollegium wirklich »dahinter steht«.
Ein zweiter Grundgedanke ist: Schulentwicklung ist eine gemein-
same Aufgabe aller Lehrkräfte. In ihr zeigt sich ihr verantwor-
tungsvolles und professionelles Handeln, da sie wissen, dass man
als Einzelner in einem System, wie es die Schule darstellt, nichts
wirklich verändern kann. Gemeinsames Vorgehen ist angesagt.
So gesehen gehören auch die mit Schulentwicklung verbunde-
nen Innovationsaufgaben zu den genuinen Aufgaben der Lehr-
kräfte. Allerdings müssen sie sich für die z. T. neuen Aufgaben
qualifizieren, am besten dort, wo die Probleme entstehen: am
Arbeitsplatz Schule, der – so verstanden – auch zunehmend zum
Lernort für Lehrkräfte wird. Gemeinsames Lernen im Team, ob
in der Fachschaft, im Klassenteam oder im ganzen Kollegium,
bekommt damit immer mehr Gewicht.
Lernen im Team
Fortbildungskonzept
Leitbild und
Schulprogramm
Schule im Umbruch
Globalisierung: TIMSS-SchockHigh Tech/neue Anforderungen
am Arbeitsplatz
Medien- und
Konsumgesellschaft»Wissensexplosion«
geändertes Lernverhalten
von Schüler(n)/innen
Arbeitsmarkt: Wettbewerb,
Flexibilität, Mobilität
BILDUNG UND ERZIEHUNG➔
➔
➔➔
➔➔
Teambildung im Kollegium (am Beispiel einer größeren Schule)
Gesamtkollegium
Unter dem Gesichtspunkt von Schulentwicklung wird es des-
halb immer wichtiger, dass Lehrerfortbildung in die Schule geht,
zu den Kollegien: schulinterne Lehrerfortbildung (SCHILF). Das
heißt aber auch, dass jede Schule ein eigenes Fortbildungskonzept
sowie einen eigenen Fortbildungsetat braucht und folglich eine
eigene Nachfrage entwickelt nach passgenauen Team-Fortbil-
dungen ebenso wie nach »schulindividueller« Beratung, nach
Betreuung (Coaching), nach Prozessbegleitung.
Koordinierungs-/
Steuergruppe
(mit Schulleitung)
Klassenteams
(ca. 3 Lehrkräfte)
Fachteams
(Fachschaften)
13
Innere Schulentwicklung Was ist das?
12
Was ist das? Innere Schulentwicklung
Damit verändert sich auch der Unterstützungsrahmen von Schule.
Standen bisher der einzelne Lehrer bzw. die einzelne Lehrerin im
Blickpunkt der Angebote beispielsweise der Lehrerfortbildung,
so muss sich jetzt eine Angebotsstruktur entwickeln, die auf die
Schulen und ihre je unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten
ist. Da Schulentwicklung »vor Ort« stattfindet, muss diese Unter-
stützung regional angesiedelt sein und ein ganzes Bündel von
Angeboten bereit halten (vgl. auch Kapitel 5).
In einer Schule, die Qualitätsverbesserung im Auge hat, müssen
Feedback und Evaluation Bestandteil der Arbeitskultur werden
(vgl. Kapitel 4). Bei »Feedback« geht es um den Aufbau eines
Systems von Rückmeldungen, die Auskunft darüber geben, wie
gut oder schlecht das ist, was Lehrer gerade tun, oder wie es
ankommt.
Dabei ist ein pädagogischer Qualitätsbegriff zu entwickeln, der
nicht nur den »Input« (in Form von Ressourcen, Organisation
etc.) und die Lernleistungen als »Output« erfasst, sondern auch
und besonders die »dazwischenliegenden« Prozesse (z. B. wie im
Unterricht gelernt wird). Maxime sollte sein, dass die Qualitäts-
arbeit bei den Lehrkräften selbst praxisnah und in kleinen Schrit-
ten einsetzt. Selbstevaluation heißt somit nichts anderes, als
dass Lehrer ihre Einstellungen und ihre eigene Praxis beleuchten
und reflektieren, um (noch) besser zu werden. Externe Evalua-
tion liefert weitere wertvolle Hinweise aus der Sicht von außer-
halb und hilft so, »blinde Flecken« in der Wahrnehmung zu
schließen.
Aus alldem ergibt sich, dass sich auch Schulleitung und Schulauf-
sicht teilweise neu orientieren müssen. Deutlich stärker als bis-
her gehört zu den Aufgaben der Schulleitung die Förderung der
Teamarbeit im Kollegium ebenso wie die engagierte Unterstüt-
zung von innerschulischen Reformprojekten. So wird es künftig
vermutlich zu den selbstverständlichen Erwartungen gehören,
dass eine Schulleitung oder ein Schulrat neue Dinge in die Wege
leiten und dabei über das entsprechende Know-how (z. B. in
Form von Projektmanagement) verfügen. Nicht zuletzt gehört
auch die Öffnung der Schule durch die Einbeziehung von Eltern,
Stadtteil, Wirtschaftsbetrieben und Vereinen zu ihren zentralen
Aufgaben.
Schulentwicklung, die Qualitätsverbesserung im Sinn hat, muss
verschiedene Bereiche im Auge haben. Hier erfolgt eine Kon-
zentration auf die drei Felder Personalentwicklung, Unterrichtsent-
wicklung und Organisationsentwicklung (vgl. Grafik). Prinzipiell
sind alle drei Bereiche gleich wichtig, stehen sie doch in einem
UnterrichtsentwicklungUnterrichtsentwicklung zielt auf einen verbesserten, nachhaltigen
Lernerfolg, ohne die Persönlichkeitsbildung und individuelle
Förderung aus den Augen zu verlieren. Daher muss nicht nur
die Art und Weise des Lehrens und Lernens überprüft und an
den Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert weiterentwickelt
werden – gleichermaßen stehen auch die Inhalte des Unterrichts
auf dem Prüfstand:
➔ Welches (Grund-)Wissen benötigen Jugendliche, um in einer
zunehmend komplexeren Welt bestehen und diese gestalten zu
können?
➔ Welche Handlungskompetenzen, die in wichtigen Anwen-
dungssituationen sachgerechtes Handeln ermöglichen, und wel-
che Metakompetenzen, die zur Selbstreflexion befähigen, sollen
gelernt werden?
➔ Welche Themen oder Gegenstände bieten die besten Ansatz-
punkte für Werteerziehung und personale Bildung?
Beispiel Unterrichts-evaluation:
Unterrichtsevaluation muss …
➔ einfach zu handhaben sein
und mit geringem Zeitaufwand
zu bewerkstelligen sein,
➔ den Lehrkräften dabei
helfen, die Wahl ihrer Unter-
richtsmethoden besser
begründen und vertreten zu
können,
➔ die Sichtweise von
Schülerinnen und Schülern
einbeziehen.
Ziel: Auf Grundlage von Daten
den Unterricht reflektieren und
gezielt verbessern.
systemischen Zusammenhang. Letztlich steht jedoch die Weiterent-
wicklung des Unterrichts im Mittelpunkt: Unterricht ist der zent-
rale Ort für Erziehung und Lernen – dem eigentlichen Zweck von
Schule. Was enthalten nun die drei Begriffe im Einzelnen?
Schule als lernende OrganisationDie drei Felder der Schulentwicklung
UNTERRICHTS-ENTWICKLUNG
Personal-
entwicklung
Organisations-
entwicklung
➔
➔
Unterstützungsrahmen
Feedback und Evaluation
Felder der inneren
Schulentwicklung
Innere Schulentwicklung Was ist das?
14
Was ist das? Innere Schulentwicklung
Der Fragenkatalog ließe sich unschwer fortsetzen. Eine grund-
sätzliche Orientierung in diesen Fragen bieten Lehrpläne, Hand-
reichungen usw. Trotzdem bleiben für das Kollegium oder für
Fachschaften vor Ort große Gestaltungsaufgaben, wenn es etwa
darum geht, geeignete Verfahren zur Vermittlung »intelligenten
Wissens« abgestimmt zu erproben, den Handlungs- und Praxis-
bezug des Lernens zu verstärken oder eigenverantwortliches,
selbstständiges Lernen durch Methodentraining und Unterrichts-
formen wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit und Projektarbeit
zu fördern. Konsequenz ist die Entwicklung einer neuen Lern-
kultur in allen Fächern, die dem ganzheitlichen Bildungsbegriff
verpflichtet ist.
Organisationsentwicklung geht davon aus, dass auch Organisatio-
nen lernen können. Auf die Schule übertragen heißt das, dass
sich ein Kollegium zusammensetzt, um gemeinsame Ziele zu
formulieren: Wo wollen wir hin? Worauf zielt unsere Tätigkeit?
Dies kann z. B. in Form eines Leitbildes geschehen, das wie-
derum in ein Handlungsprogramm – auch Schulprogramm ge-
nannt – übertragen werden muss. Wurden die Ziele im Laufe
einer bestimmten Zeit erreicht? Hier setzt die Evaluation an, die
dies durch geeignete Methoden herauszufinden sucht. Zur Orga-
nisationsentwicklung gehört aber ebenfalls die gezielte Eltern-
arbeit einer Schule. Grundlegend ist stets die systematische Ein-
beziehung aller Beteiligten. Von großer Bedeutung ist natürlich
auch die Gestaltung der äußeren Rahmenbedingungen, etwa
der Ausstattung der Schule, des finanziellen Budgets, ebenso die
Umsetzung zentraler Richtlinien und Vorgaben.
Personalentwicklung zielt darauf, Menschen für die Arbeitsweise
in einer »lernenden Organisation« zu gewinnen und fortzu-
bilden. Eine Organisation kann nicht ohne die in ihr arbeitenden
Menschen weiterentwickelt werden, denn nur Menschen kön-
nen Organisationen verändern. Dazu müssen sie von ihrer
Haltung her bereit und motiviert sein, sich aber auch gegenüber
den neuen Aufgaben gerüstet fühlen.
Die Personalentwicklung in der Schule beginnt deshalb mit der
Weiterqualifizierung für neue Aufgaben und bezieht dabei das
Lernen in Teams mit ein. So gesehen, ist schulinterne Lehrer-
fortbildung in erster Linie Personalentwicklung. Hinzu kommen
Mitarbeitergespräche (mit Zielvereinbarungen), Hospitationen
(wechselseitige Unterrichtsbesuche) durch Kolleginnen und
Kollegen und Supervision (im Sinne einer professionellen Refle-
xion der eigenen Arbeit). Auch an der Auswahl neuer Kollegin-
nen und Kollegen wird sich die Schule zunehmend beteiligen.
Ohne eine Veränderung von Rahmenbedingungen ist Personal-
entwicklung also nicht möglich.
In der Praxis lassen sich die dargestellten Bereiche der Schulent-
wicklung nicht trennen. Eine Schulentwicklung, die im Verlauf
des Prozesses nicht auch den »normalen«, täglich Schulstunde
für Schulstunde stattfindenden Unterricht erreicht, verdient die-
sen Namen nicht. Folglich gilt: Eine Personalentwicklung, die
den Unterricht aus den Augen verliert, wird zu kurz greifen.
Gleichermaßen wird eine Modernisierung des Unterrichts bald
an ihre Grenzen stoßen, wenn sie sich allein am Geschehen im
Klassenzimmer orientiert und die anderen Bedingungsfaktoren
ausklammert. Neue Formen des Lehrens und Lernens erfordern
nun einmal über kurz oder lang flexiblere Organisationsstruktu-
ren der Schule.
Bilanziert man die Erfahrungen, die in den letzten Jahren mit
Schulentwicklung gemacht wurden, so spricht vieles dafür, dass
die den größten Erfolg versprechende »Schlüsselstrategie« in
der Unterrichtsentwicklung zu suchen ist. Hier setzt das Konzept
der Pädagogischen Schulentwicklung an: Sie stellt die Modernisie-
rung des Unterrichts mit dem Ziel einer Ausgestaltung der Lern-
kultur einer Schule an den Anfang aller Bemühungen. Dabei soll
das eigenverantwortliche Lernen und Handeln der Schülerinnen
und Schüler systematisch gefördert werden. Zur Schulentwick-
lung wird dieser Ansatz dadurch, dass er auf die Lernkultur und
das soziale Klima der ganzen Schule ausstrahlt, insbesondere
da er zu einer verstärkten Einbeziehung der Schüler, zu einer
besseren Kommunikation und Zusammenarbeit im Kollegium
und schließlich auch zur aktiven Eltern- und Öffentlichkeitsar-
beit beizutragen vermag. So kann letztlich aus dem Ansatz
»Entwicklung einer neuen Lernkultur« ein ganzes Schulpro-
gramm werden.
Organisations-
entwicklung
Personal-
entwicklung
15
Pädagogische
Schulentwicklung
17
Innere Schulentwicklung Was ist das?
16
Was ist das? Innere Schulentwicklung
Altrichter, H./Schley, W./Schratz, M. (Hrsg.): Handbuch zur Schulentwicklung.
Innsbruck, Wien 1998
Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.):
Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress.
München 1998
Eckart, W. (Hrsg.): Pädagogische Schulentwicklung. Konzept und Praxis.
Nürnberg 22001
Eckart, W.: Innere Schulentwicklung konkret – Welchen Beitrag kann die Lehrer-
fortbildung für eine neue Lernkultur an unseren Schulen leisten?
In: Schulverwaltung Bayern 11/2000
Eikenbusch, G.: Praxishandbuch Schulentwicklung. Berlin 1998
Fullan, M.: Die Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999
Keller, G.: Wir entwickeln unsere Schule weiter. Donauwörth 1997
Klippert, H.: Pädagogische Schulentwicklung. Weinheim und Basel 2000
Miller, R. (Hrsg.): Schule selbst gestalten. Weinheim und Basel 1996
Rolff, H.-G. u. a.: Manual Schulentwicklung. Weinheim und Basel 21999
Schratz, M./Steiner-Löffler, U.: Die lernende Schule.
Praxisleitfaden zur inneren Schulentwicklung. Weinheim und Basel 1998
Schule gestalten – Wege pädagogischer Schulentwicklung, hrsg. vom Staatsinstitut
für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 1999
»Schule gestalten«. Ergebnisse der empirischen Erhebungen zum Schulversuch.
Ein Beitrag zur Analyse innerer Schulentwicklung, hrsg. vom Staatsinstitut für
Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 2001
»Schulentwicklung 2000«. Dokumentation zum Bildungskongress in Augsburg.
CD-ROM (Bezug: ISB)
Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Interne Schulent-
wicklung durch externe Beratung (ISEB). Tagungsbericht zum Projekt. München 2001
Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.
(ISB, in Bearbeitung)
www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des Bayerischen
Staatsministeriums für Unterricht und Kultus)
www.isb.bayern.de (Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung
München)
www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt Bayern u. a.)
www.qis.at (Qualität in Schulen, Österreichisches Bundesministerium für Bildung)
www.alp.dillingen.de (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen)
www.schulberatung.bayern.de (Staatliche Schulberatung Bayern)
www.sinn.uni-erlangen.de (Schulisches Innovations-Netz Nürnberg)
www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität
Dortmund)
www.kubiss.de/pi (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)
www.pi.musin.de (Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt München)
www.iplbayern.de (Homepage der Initiative Praktisches Lernen e. V.)
www.inis.stiftung.bertelsmann.de (Internationales Netzwerk innovativer Schulen
der Bertelsmann Stiftung (INIS))
Aber auch andere Vorgehensweisen können durchaus erfolg-
reich sein. Derzeit wird in einem Schulversuch an bayerischen
Gymnasien überprüft, inwieweit Erfahrungen mit der Organisa-
tionsentwicklung in der Wirtschaft für den schulischen Bereich
adaptiert werden können. Grundlage ist das Modell der »Euro-
pean Foundation for Quality Management« (EFQM). Dieses un-
terstützt eine kontinuierliche, umfassende und systematische bzw.
»systemische« Qualitätsentwicklung. Gerade auch bei Veränderun-
gen im komplexen System Schule sollten isolierte oder sprung-
hafte Einzelmaßnahmen unterbleiben; der Blick aufs Ganze darf
nicht verloren gehen.
Die Maßnahmen der Qualitätsentwicklung nach dem EFQM-
Modell orientieren sich an 9 Bereichen (vgl. Grafik), die schul-
artspezifisch aufbereitet werden müssen. Am Anfang steht eine
Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Schule.
Anschließend erfolgt eine Festlegung, in welcher Reihenfolge
die Maßnahmen angepackt werden sollen. Dabei werden
Kriterien definiert, mit denen man den Erfolg des Vorgehens
überprüfen kann.
Grundsätzlich gilt: Eine Schule sollte mit dem Entwicklungspro-
zess dort anfangen, wo die Mehrheit des Kollegiums »der Schuh
drückt«, wo ein zügiges Anpacken möglich ist und wo nicht alle
schwierigen Probleme auf einmal behandelt werden müssen.
Bei allen Prozessen darf die Weiterentwicklung der Unterrichts-
qualität als eigentlicher Zweck nicht aus den Augen verloren
werden.
Systemische
Qualitätsentwicklung
Fazit
BEFÄHIGER
INNOVATION UND LERNEN
ERGEBNISSE
Führung Prozesse
Wichtige
Ergebnisse der
Organisation
Mitarbeiter
Politik
und Strategie
Partnerschaften
und Ressourcen
Mitarbeiter-
bezogene
Ergebnisse
Kundenbezogene
Ergebnisse
Gesellschafts-
bezogene
Ergebnisse
➔➔
➔
EFQM-Modell – Bereiche der Qualitätsentwicklung
Literaturhinweise
Links
19
Innere Schulentwicklung Standards
»Maß« und »Norm«
2. Standards für die innere SchulentwicklungDer Begriff Standard ist mehrdeutig: Zum einen vermittelt er
Assoziationen wie »Maß« und »Norm«, zum anderen bezeich-
net er z. B. im Jazz das Repertoire einer Gruppe, vor allem das
Repertoire der wichtigsten, zentralen Stücke, die für das Selbst-
verständnis der Gruppe von größter musikalischer Bedeutung
sind. Diese werden bei Auftritten aber nicht einfach vom Blatt
gespielt, sondern immer wieder neu interpretiert und durch
Improvisationen variiert. Das im Folgenden zugrunde liegende
Verständnis schließt genau da an: Die Schulentwicklungsstan-
dards bezeichnen die Grundthemen, Grundmodule oder Grund-
prinzipien, die bei jeder »Aufführung« neu kombiniert, interpre-
tiert, angepasst und variiert werden müssen. Insofern handelt
es sich dabei vorwiegend um Kriterien für Verfahren, an denen
sich Schulentwicklungsaktivitäten einer konkreten Schule orien-
tieren können. Diese Kriterien erlauben eine Bewertung, ohne
eine starre Norm zu definieren.
2
21
Innere Schulentwicklung Standards
20
Standards Innere Schulentwicklung
Auslöser von Schulentwicklung sind häufig kleine Gruppen,
die wertvolle Pionierarbeit leisten und wichtige Träger des Pro-
zesses sind. Grundsätzlich jedoch gilt, dass ein Schulentwick-
lungsprojekt mehrheitlich von der gesamten Schule definiert
und getragen wird. Auf diese Weise entwickelt die Schule eine
eigene Schulidentität, die gezielt »nach innen« und »nach
außen« kommuniziert werden kann. Schulleitung, Lehrer-
kollegium, Eltern und Schüler müssen dabei gleichermaßen mit-
wirken, um das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein für
die ganze Schule zu aktivieren. Einrichtungen wie das Schul-
forum werden als wichtige Beratungsgremien respektiert und
bei Entscheidungen ernsthaft beteiligt. Weitere Partner der
Schule (Kommune, Vereine, Kirchen ...) sollten ebenfalls ein-
bezogen werden.
Eine langfristig angelegte und nachhaltige Schulentwicklung
misst der kontinuierlichen Arbeit an der laufenden Verbesserung
der Unterrichtsqualität einen hohen Stellenwert bei. Hierzu
gehört etwa die Reflexion über die optimale Umsetzung von
Lehrplänen und Vorgaben oder die geeigneten Unterrichtsver-
fahren, die den Aufbau einer »intelligenten« Wissensbasis för-
dern und eine nachhaltige Lernmotivation stützen. Schüler-
aktivierende Verfahren und Unterrichtsformen wie Teamarbeit,
Freiarbeit, Stationenlernen und Projektarbeit werden erprobt
und eingeführt. Auch die digitalen Medien werden verstärkt
und kreativ genutzt. Doch ein guter Unterricht braucht passen-
de Rahmenbedingungen, die durch Maßnahmen im Bereich
der Organisations- und Personalentwicklung (vgl. Kapitel 1)
geschaffen werden. Schule versteht sich deshalb als eine syste-
misch funktionierende, lernende Organisation, die laufend an
der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Ergebnisse
arbeitet.
Eine Schule, die in den Prozess der inneren Schulentwicklung
einsteigt, braucht ein gemeinsam erstelltes, den Bedürfnissen
der Beteiligten entsprechendes Entwicklungsziel, das definierten
Qualitätsstandards genügt und zur Entwicklung von mehr
Professionalität anregt. Dies erfordert am Anfang des Prozesses
die Einigung aller Beteiligten auf einen Arbeitsplan oder ein
Schulprogramm oder eine Formulierung, die den Konsens der
gemeinsamen Ziele beschreibt. Dieser Vorgang darf jedoch nicht
zu viel Zeit und Energie kosten. Wichtig ist, relativ rasch zu
konkreten Maßnahmen und damit auch zu ersten Erfolgen zu
gelangen.
Von zentraler Bedeutung ist der Weg, wie ein Schulprogramm
oder ein Maßnahmenkatalog entsteht: Zum Gelingen trägt
entscheidend bei, wenn alle Beteiligten in angemessener Weise
in diese Prozesse einbezogen werden, wenn die Entscheidungs-
findung transparent ist und wenn sich die große Mehrheit mit
den getroffenen Zielvereinbarungen identifizieren kann. Eine
maßgebliche Rolle hat hierbei die Schulleitung, etwa um einen
verlässlichen Informationsfluss sowie Transparenz bei Entschei-
dungen herzustellen. Die neuen Medien können zur Optimie-
rung der internen Kommunikation und der schulischen Abläufe
genutzt werden.
Voraussetzung für eine effektive Gestaltung der inneren Abläufe
ist eine gut funktionierende interne Kommunikationsstruktur
und eine bewusste »Öffentlichkeitsarbeit« gegenüber den
»Betroffenen«, z. B. der Kommune, dem Sachaufwandsträger,
der Schulaufsicht.
Ein längerfristig angelegter, systematischer Weiterentwicklungs-
prozess bedarf der Steuerung. Das Projektmanagement muss
effizient und transparent sein. Dazu werden in der Regel schrift-
lich festgelegte Arbeitspläne benötigt, die die Ziele beschreiben,
die »Meilensteine« (angestrebte Ergebnisse und Termine)
definieren, den Umgang mit Ressourcen planen, die Ergebnisse
sichern und Folgeaktivitäten darstellen. Besonders in größeren
Schulentwicklung
betrifft die gesamte
Schule
Schulentwicklung
verbindet Unterrichts-
entwicklung mit
Organisations- und
Personalentwicklung
Schulentwicklung
braucht klare Verein-
barungen und
Zielformulierungen
Schulentwicklung legt
Wert auf Transparenz
und Kommunikation
Schulentwicklung
erfordert
Projektmanagement
Die Schulentwicklungsstandards
➔ Schulentwicklung
betrifft die
gesamte Schule
➔ Schulentwicklung
verbindet Unterrichts-
entwicklung mit
Organisations- und
Personalentwicklung
➔ Schulentwicklung
braucht klare Verein-
barungen und
Zielformulierungen
➔ Schulentwicklung
legt Wert auf
Transparenz und
Kommunikation
➔ Schulentwicklung
ist dem ganzheitlichen
Bildungsauftrag
verpflichtet
➔ Schulentwicklung
erfordert Projekt-
management
➔ Schulentwicklung
gelingt nur in »stimmi-
ger« Atmosphäre
➔ Schulentwicklung
muss gelernt werden
➔ Schulentwicklung
sichert und überprüft
ihre Ergebnisse
23
Innere Schulentwicklung Standards
22
Standards Innere Schulentwicklung
Kollegien und in komplexen Situationen empfiehlt sich die
Einrichtung einer Steuergruppe.
Innere Schulentwicklung kann nur in einer positiven, motivie-
renden und produktiven Atmosphäre gedeihen. Dazu gehört,
dass die Beteiligten sich darum bemühen, partnerschaftlich und
fair miteinander umzugehen, dass die Beziehungen von gegen-
seitiger Wertschätzung geprägt sind und dass Formen konstrukti-
ver Konfliktlösung praktiziert werden. Ablesbar wird der kon-
struktive Umgang miteinander z. B. auch an der Gestaltung der
Konferenzen oder in der Akzeptanz von Teamarbeit.
Schulentwicklung ist eine komplexe Aufgabe, die ein Können
aller Beteiligten erfordert, das in der Ausbildung von Lehrern
und Schulleitern oder in Qualifizierungslehrgängen für die
Schulaufsicht bisher eine untergeordnete Rolle gespielt hat.
Daher müssen sich in der Regel Teams oder ganze Kollegien
diese Kompetenz durch Fortbildung aneignen. Das Know-how
kann aber auch zusätzlich durch die Zusammenarbeit mit
externen Partnern in die Schulen kommen.
Doch es geht nicht nur um Können. Damit nicht jede Schule
»das Rad wieder neu erfindet«, sind Kenntnisse und Informatio-
nen über den aktuellen Stand der Schulentwicklungsdiskussion
wichtig. Dies geschieht durch Sichtung der Literatur, des Inter-
net, durch Vernetzung mit anderen Schulen und Auswertung
bereits vorhandener Erfahrungen, aber auch durch Teilnahme
an einschlägigen Veranstaltungen.
Wichtig für Schulentwicklungsprozesse sind Verfahren, die eine
ehrliche Diagnose der jeweiligen Situation oder die Erfolgskon-
trolle der letzten Schritte ermöglichen, um sinnvoll die nächste
Phase planen zu können. Zur Einschätzung der Qualität der
Bildungs- und Erziehungsarbeit oder des Standorts auf dem Weg
zur lernenden Organisation sind aufwändige empirische Unter-
suchungen meist nicht nötig. Mit Feedback- und Bilanzierungs-
methoden, Befragungen und Interviews stehen weniger arbeits-
intensive, aber durchaus ertragreiche Methoden der internen
Evaluation zur Verfügung. Auch hier ist wieder die allgemeine
Akzeptanz des jeweiligen Vorgehens bei allen Beteiligten (Leh-
rern, Eltern, Schülern) von Bedeutung.
Schulentwicklung wird daran gemessen, ob bei den Schülerin-
nen und Schülern die angestrebte Qualitätsverbesserung der
Schule ankommt. Der Unterricht stellt als zentraler Ort von
Bildung und Erziehung den Kern innerer Schulentwicklung dar.
Er ist dann qualitativ hochwertig, wenn er durch die Vermitt-
lung von Sach-, Methoden- und Sozialkompetenz sowie von
klaren Wertvorstellungen die Schüler bei der Entwicklung von
Urteilsfähigkeit, Selbst- und Verantwortungsbewusstsein unter-
stützt und auf diese Weise zur möglichst umfassenden Ausbil-
dung der Persönlichkeit jedes einzelnen Schülers beiträgt. Damit
ist innere Schulentwicklung einem ganzheitlichen Bildungsver-
ständnis verpflichtet: »Die Schulen sollen nicht nur Wissen und
Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.«
(Art. 131 (1) Bayerische Verfassung)
Schulentwicklung
gelingt nur in »stimmiger«
Atmosphäre
Schulentwicklung
muss gelernt werden
Schulentwicklung
sichert und überprüft
ihre Ergebnisse
Schulentwicklung
ist dem ganzheitlichen
Bildungsauftrag
verpflichtet
Mitter, W. (Hrsg.): Schulen und Qualität. Ein internationaler OECD-Bericht.
Frankfurt am Main 1991
Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. Weinheim/München 1998
Fullan, M.: Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.
CD-ROM (Bezug: ISB)
www.bildungsserver.de (Deutscher Bildungsserver; eine Suche ist mit dem
Begriff »Schulentwicklung« möglich.)
Literaturhinweise
Arbeitshilfe
Links
muttersprachliche
und fremdsprachliche
Bildung
mathematische, naturwissen-
schaftliche, technologische
Bildung
historische
und gesellschaftswissen-
schaftliche Bildung
musische
und ästhetische
Bildung
Ganzheitliches Bildungsverständnis
INNERESCHULENTWICKLUNG
➔➔
➔➔
Neue Lernkultur
25
Innere Schulentwicklung Schulprogramm
Blättert man die Jahresberichte bayerischer Schulen durch, so
findet sich eine Vielzahl herausragender Aktivitäten: Theater-
oder Instrumentalgruppen feierten große Erfolge bei ihren Auf-
tritten, die verschiedenen Sportteams konnten auf Gemeinde-,
Stadt-, Kreis- oder Landesebene Siege und vordere Plätze errin-
gen, Klassenfahrten fanden statt ... Das Schiff »Schule« brauste
also mit geblähten Segeln voran. Kapitän und Offiziere (= Schul-
leitung und Lehrerkollegium) können stolz auf ihre Leistungen
sein, die Mannschaft (= Schülerinnen und Schüler) hat Grund
zur Zufriedenheit.
Ein kritischer Rückblick auf die Gesamtsituation könnte aber
unter Umständen widersprechende Befunde ergeben: Vielleicht
waren die Kommandos von der Brücke widersprüchlich, klapp-
3. ZentraleHandlungsfelder3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm
Kursbestimmung
3
27
Innere Schulentwicklung Schulprogramm
26
Schulprogramm Innere Schulentwicklung
Die genannten Begriffe tauchen häufig in Diskussionen um die
innere Schulentwicklung auf und werden bisweilen sogar syno-
nym verwendet. Folgende Beschreibungen sollen ihre Unter-
schiede verdeutlichen:
Das Schulprofil ist das, was die Mitglieder der Schule, aber auch
die Außenstehenden als das Besondere an der jeweiligen Schule
wahrnehmen. Es bildet sich durch die besonderen Bedingungen
an der einzelnen Schule (Aktivitäten, Umfeld, Personal und Aus-
stattung) im Lauf der Zeit heraus.
Vom Schulprofil unterscheidet sich das Leitbild dadurch, dass in
ihm von allen Beteiligten (Schulleitung und Lehrer, Eltern,
Schüler) eine »Vision« (etwa für die nächsten 5 Jahre) davon
entwickelt wird, was die Schule kennzeichnen und im Mittel-
punkt der Bemühungen stehen soll. Es geht also um Fragen wie:
Wohin wollen wir? Welche Werte sind uns wichtig? Wie formu-
lieren wir unser pädagogisches Selbstverständnis? Was macht
die Qualität unseres Unterricht aus? Wie wollen wir Schüler mit-
wirken und mitgestalten? Das Schulleitbild ist der verbindliche
Orientierungsrahmen für die Entwicklung der Schule.
Ist das Leitbild formuliert, geht es an die Umsetzung. Um im ein-
gangs verwendeten Bild zu bleiben: Der Zielhafen ist bekannt,
nun geht es um die Frage: Wie kommen wir dorthin und welche
Ausrüstung benötigt das Schiff? Das Schulprogramm ist also ein
gemeinsam entwickeltes Handlungskonzept einer Schule. Die
Ideen und Ideale des Leitbilds werden in konkrete Aktionen und
Handlungsschritte überführt. Wichtig ist in diesem Zusammen-
hang eine exakte Navigation, d. h. man benötigt klar definierte
und überprüfbare Teilziele, damit man jederzeit weiß, ob der
Kurs noch eingehalten wird. Diese Teilziele werden als sog.
Leitlinien formuliert. Die Schwerpunkte der schulischen Arbeit
für die nächsten ein bis zwei Jahre werden in einem konkreten
Arbeitsprogramm festgeschrieben.
Schulprogramm
Sensibilisierung und
Beschlussfassung
3.1.1 »Schulprofil« – »Leitbild« – »Schulprogramm«
ten manche Absprachen nicht, wurden wichtige Ziele aufgege-
ben oder nicht erreicht. Womöglich weiß man gar nicht, ob man
überhaupt vorangekommen ist und wo man steht.
Jede Schule steuert innerhalb der vorgegebenen Rahmenbedin-
gungen einen bestimmten Kurs. Wäre es da nicht sinnvoll, den
Kurs vorab gemeinsam festzulegen und alle darauf zu verpflich-
ten? Denn nur, wenn ein stimmiges Konzept hinter all den
Aktivitäten steht und im Handeln aller sichtbar wird, ergibt sich
ein klares Profil der Schule!
Schulprofil
Leitbild
3.1.2 Phasen der Leitbild- und Schulprogrammarbeit
Der hier vorgestellte Ablauf ist nicht der einzig mögliche. So gibt
es unterschiedlich aufwändige Möglichkeiten, den Ist-Zustand
zu erheben. Es hat sich vor allem in kleineren Schulen bewährt,
zu Beginn von einer umfassenden Diagnose des Ist-Zustands
abzusehen und je nach Bedarf in der Umsetzungsphase nur zum
jeweiligen Arbeitsschwerpunkt eine Analyse durchzuführen. Bei
allen Vorgehensweisen ist aber wichtig, dass sich alle Beteiligten
einbringen können.
Aus dem Dargestellten wird deutlich, dass – entsprechend
ihren Möglichkeiten – möglichst alle Beteiligten (Schulleitung,
Lehrerkollegium, Eltern und Schüler) gemeinsam das Leitbild
erstellen sollten und dass es sich um einen Prozess handelt, der
einen langen Atem benötigt. Eine positive Grundstimmung in
der Schule und die Gewissheit über die Unterstützung des
Prozesses durch die Schulleitung bilden die Basis. Ein Vorberei-
Schulprogrammarbeit
SCHULPROGRAMM-ARBEIT
Arbeitsfelder
Rahmen-
bedingungen
und Einfluss-
faktoren
➔➔
Ziele und Kriterien
der pädagogischen Arbeit
Lern- und Arbeitskultur
Unterrichtsverteilung und
Stundenplan
Fächerangebot
Beratungsangebot
Elternarbeit
Evaluation
Leitungsarbeit
Teamarbeit
Fördermaßnahmen
Leistungsbewertung
fächerübergreifendes Arbeiten
Unterrichtsgestaltung
erzieherisches
Grundverständnis
Ausstattung
Personalentwicklung
Tradition
Handlungsspielraum
Normen (Lehrpläne/Vorgaben)
Gesprächskultur
Professionalität
Fortbildungsbereitschaft
Aufgabenverteilung
Erwartungen
Planung und Reflexion
Organisationserfahrung
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29
Innere Schulentwicklung Schulprogramm
28
Schulprogramm Innere Schulentwicklung
Die Realschule am Judenstein
hat im April 1997 mit einem
systematischen Entwicklungs-
prozess begonnen, der vom
Lehrstuhl für Schulpädagogik
(Dr. Girg) an der Universität
Regensburg begleitet wird.
In Zusammenarbeit mit einer
Steuerungsgruppe (Schulent-
wicklungsteam) und der Schul-
leitung wurde die Ist-Situation
aus Lehrer- und Schülersicht er-
hoben, eine Zielklärung in einer
pädagogischen Konferenz her-
beigeführt, vier Arbeitsgruppen
(Neue Unterrichtsmethoden,
Verwaltungsvereinfachungen,
Umgang mit Disziplinschwierig-
keiten, Arbeits- und Lerntechni-
ken) gegründet und im Schuljahr
1998/99 mit der Umsetzung
der Arbeitsgruppenergebnisse
begonnen (»Lernen lernen« in
Jahrgangsstufe 7, Freiarbeit in
Jahrgangsstufe 8). Schwerpunkt
ist die Unterrichtsentwicklung
nach den Bausteinen von Dr.
Klippert. Entsprechende Schulin-
terne Lehrerfortbildungen durch
das Pädagogische Institut der
Stadt Nürnberg und die syste-
matische Einführung der Metho-
den in allen Jahrgangsstufen
sind bereits bis zum Schuljahr
2003/2004 geplant. Als Ergeb-
nisse der Schulentwicklung
werden die Änderung der Rolle
des Schulleiters, Betonung der
Verantwortung jedes einzelnen
Schülers und Lehrers sowie eine
bewusste Gestaltung des schuli-
schen Freiraums festgestellt.
Vom Leitbild über das
Schulprogramm
zur Evaluation
1. Gemeinsame
Diagnose
2. Erstellung eines
Leitbilds
Bildung einer
Organisationsstruktur
Erstellung und Umsetzung von Leitbild und Schulprogramm
orientieren sich an typischen Phasen der Organisationsent-
wicklung (vgl. Kapitel 5). Die konkreten Schritte könnten so
aussehen:
In einer anonymen Befragung (z. B. Kartenabfrage, Brain-
storming, Fragebogen) wird der Ist-Zustand ermittelt.
Die Ergebnisse werden nach Schwerpunkten geordnet (z. B.
Unterricht, Lehrer-Schüler-Verhältnis, Schulmanagement,
Lehrer-Lehrer-Verhältnis, Schülerverhalten, Lehrerfortbildung
usw.), von allen Beteiligten analysiert (z. B. in einer Stärken-
Schwächen-Analyse) und dann in ihren Konsequenzen für
die »ideale Schule« diskutiert. Aus dieser Ist-Soll-Spannung
entsteht in mehreren Schritten die gemeinsame Vision der
Schule.
Der Weg der Realschule am Judenstein in Regensburg – »Verantwortung jedes einzelnen Schülers und Lehrers«
Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000« und aktuell im Internet:
www.schulen.regensburg.de/rsaj/schulfil.htm
Am Anfang des Schulprogramms
stand ein großer Leidensdruck
im Kollegium, der sich in »Rat-
losigkeit bei immer schwierige-
ren schulischen Anforderungen
bis hin zu Frustration und Burn-
out« äußerte und der durch
die zusätzlichen Belastungen
der Umstrukturierung der bis-
herigen Teilhauptschule so
verstärkt wurde, dass »der Ruf
nach Innovationen unüberhör-
bar« wurde. Die Lehrer beschlos-
sen, die Entwicklung der Schule
systematisch anzugehen.
Von der ersten Pädagogischen
Konferenz im Oktober 1996 mit
einer Stärken-Schwächen-Bilanz,
über die Bildung von Arbeits-
gemeinschaften »Hausordnung«,
»Verhalten« sowie »Schulhaus-
gestaltung« und eine Schüler-
und Elternbefragung mündete
der Entwicklungsprozess in
konkrete Maßnahmen:
Entwicklung einer neuen Haus-
und Pausenordnung, Schul-
hausgestaltung, Umgestaltung
der Lehrerarbeitsräume,
Entstehung eines Schulcafés
und Gründung des Fördervereins
Bismarckschule Memmingen
(FBM e. V.).
Der Weg der Bismarckschule Volksschule Memmingen (HS) – »Wir nehmen unsere Schule in die Hand«
Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000« und aktuell im Internet: http://home.primusnetz.de/bismk-mm
tungsteam von interessierten Kolleginnen und Kollegen kann
für das Vorhaben werben.
Das »Schiff« wird nur gut in Fahrt kommen, wenn die Lehr-
kräfte motiviert sind. Ihr Engagement ist die Grundlage für einen
Erfolg: »Schulprogrammarbeit ist lehrerorientiert!« Am Anfang
steht deshalb eine offene Information des Kollegiums (in Fach-
konferenzen, Lehrerkonferenzen, Mitteilungen am Schwarzen
Brett usw.). In Einzelgesprächen ist mit Geduld und Einfüh-
lungsvermögen auf Bedenken von Kolleginnen und Kollegen
einzugehen und der praktische Nutzen des Schulprogramms
zu verdeutlichen: Leitbild und Schulprogramm sind als Basis
für die gemeinsame pädagogische Orientierung, die Unterrichts-
gestaltung, das Wir-Gefühl und die Außendarstellung wün-
schenswert und notwendig. Es empfiehlt sich, den relativ lang-
fristig angelegten Prozess einer Leitbild- und Schulprogramm-
entwicklung erst dann zu beginnen, wenn die Lehrerkonferenz
mit Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst hat.
Damit das Schiff auf dem richtigen Kurs bleibt, bedarf es eines
»Steuermanns«, der in Abstimmung mit der Schulleitung,
dem Kollegium sowie den Schülern und Eltern das festgelegte
Arbeitsprogramm im Auge behält, den Prozess organisiert, ein-
zelne Arbeitsphasen moderiert und bei entstehenden Konflikten
vermittelt. Für diese Aufgabe ist es günstig, eine Steuergruppe zu
bilden. Anzustreben ist, dass in der Steuergruppe die Schullei-
tung, alle relevanten Fachgruppen, die Eltern und Schüler ver-
treten sind. Grundsätzlich kann es sich als nützlich erweisen,
einen »Lotsen« (= einen externen Berater, z. B. eine(n) Modera-
tor/-in für Schulentwicklung) an Bord zu holen. Er verfügt
über die Kompetenz, der jeweiligen Situation entsprechend
professionelle Methoden einzusetzen, und kann bei Konflikten
neutral moderieren und steuern.
31
Innere Schulentwicklung Schulprogramm
30
Eine 1997 durchgeführte stan-
dardisierte Lehrerbefragung,
die von der Schulleitung initiiert
wurde, ergab, dass Verbesse-
rungsbedarf in Teilbereichen be-
stand, insbesondere wurde eine
Abstimmung der vielfältigen
Schulaktivitäten gewünscht. Ein-
zelne interessierte Kollegen und
die Schulleitung fassten eine
systematische Schulentwicklung
ins Auge, die nach einer Informa-
tionsphase von der Lehrerkon-
ferenz im September 1998 be-
schlossen wurde.
Sowohl die Umfrageergebnisse
als auch die komplexe Organisa-
tionsstruktur des BBZ legten
nahe, neben der Unterrichtsent-
wicklung auch gleichzeitig Maß-
nahmen der Organisationsent-
wicklung anzugehen. Als Ziel
wurde definiert: »Qualitätssiche-
rung für eine zukunftsorientierte
Gestaltung der Schule als ler-
nende und erziehende Organisa-
tion«. Die Bildung einer Steuer-
gruppe (Schulentwicklungs-
kernteam = SEKT) als auch eines
Didaktischen Arbeitskreises
(= DA - »Wir sind didaktisch
DA, aktuell«) verankerte organi-
satorisch die Integration von
Unterrichts- und Organisations-
entwicklung. Der Koordinator
für die Schulentwicklung bringt
langjährige Erfahrungen mit
systemischen Methoden ein.
Beide Arbeitskreise führen ihre
Aktivitäten in gegenseitiger
Abstimmung durch. Nach einer
umfassenden Diagnose mit
90%-iger Beteiligung erfolgte
über eine Stärken-Schwächen-
Analyse die Formulierung der
Leitlinien. Die Lehrerkonferenz
verabschiedete die Leitlinien
und legte den Schwerpunkt auf
den Entwicklungsbereich
»Kooperation«.
Die Steuergruppe sorgte in ihren
Sitzungen (= »SEKT-Empfän-
gen«) für die Abstimmung der
Fachbereichsaktivitäten, eine
Eltern- und Schülerbefragung,
die Findung des Schulnamens,
die Lehrerzimmerausstattung
und für eine sukzessive Beglei-
tung des Schulentwicklungspro-
zesses in Abstimmung mit der
Schulleitung und dem Didakti-
schen Arbeitskreis. Wenn die
Vorstellungen der Schüler, Eltern
und des Berufsschulbeirats
vorliegen, kann das Leitbild
formuliert werden. Danach steht
die interne Evaluation auf dem
Programm. Der didaktische
Arbeitskreis hat – entsprechend
dem Schwerpunkt »Koopera-
tion« – Methoden der Teament-
wicklung im Klassenzimmer er-
probt, entsprechende SchiLF-
Veranstaltungen organisiert
sowie mit anderen interessierten
Kolleginnen und Kollegen Unter-
richtsmodelle zu den Zielen der
Agenda 21 fächer- und abtei-
lungsübergreifend entwickelt
und im Unterricht durchgeführt.
Neben der Methodenentwick-
lung beginnt der DA mit konzep-
tionellen Überlegungen zur inter-
nen Evaluation des Unterrichts.
Der Weg des Staatlichen Berufsbildungszentrums Schweinfurt – »Qualitätssicherung für eine zukunftsorientierte Gestaltung der Schule«
Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000«. Eine CD-ROM der Schule ist erhältlich unter [email protected].
Bei der Erstellung des Schulprogramms sollten sich die Akteure
nicht überfordern: Wenige, aber gründlich vorbereitete Schwer-
punkte bringen mehr als ein nur oberflächlich abgestimmtes
Bündel von vielen Maßnahmen. Am Ende sollte für jeden
Schwerpunkt ein Aktionsplan mit genau abgegrenzten Kompe-
tenzen stehen: Wer macht was mit wem bis wann?
In dieser Phase geht es an die praktische Umsetzung. Die Steuer-
gruppe achtet darauf, dass der Kurs eingehalten wird. Ist man
mit dem Zeitplan in Verzug oder tauchen unerwartete Wider-
stände auf, wird das Vorgehen den neuen Bedingungen ange-
passt, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.
Wenn eine Maßnahme durchgeführt worden ist, stellen sich
folgende Fragen: Sind die Zielsetzungen erreicht worden?
Welche Schwächen sind aufgetreten? Welche Verfahrensabläufe
müssen in Zukunft verbessert werden? Um diese Fragen, die
innerhalb eines Schulentwicklungsprozesses immer wieder auf-
tauchen, klären zu können, kann man Methoden der internen
Evaluation anwenden (vgl. Kapitel 4). Wichtig ist, bereits in
der Planungsphase Kriterien zu vereinbaren, anhand derer der
Erfolg gemessen werden soll.
Literaturhinweise
Links
4. Umsetzung
der Maßnahmen
5. Evaluation
Praxisbeispiele finden sich in: Pädagogik Heft 2/1998, Heft 11/1999 und Heft 10/2000
Emminger, E.: Schulentwicklung als gemeinsamer Prozess.
In: unterrichten/erziehen, Heft 1/2000, S. 18-22
Hannemann, U.: Mit Schulprogrammen »gute« Schule machen?
In: Schulmanagement, Heft 5/1998, S. 14-17
Philipp, E./Rolff, H.-G.: Leitbilder und Schulprogramme entwickeln.
Weinheim und Basel 1999
Rolff, H.-G. u. a.: Manual Schulentwicklung – Handlungskonzept zur pädagogischen
Schulentwicklungsberatung (SchuB). Weinheim und Basel 1999
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.
CD-ROM (Bezug: ISB)
Die Internet-Suche mit Begriffen wie »Schulprogramm« und »Schulleitbild« ist
ergiebig.
www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs4nbg/ (Auf den Internetseiten der Städt. Peter-
Vischer-Schule Nürnberg findet sich ein Beispiel für ein Schulprofil und Schulleitbild.)
www.ifs.uni-dortmund.de (Homepage des Instituts für Schulentwicklungsforschung
der Universität Dortmund; Materialien zum Herunterladen befinden sich im »Werk-
zeugkasten« unter »Folien« und »Module«.)
www.inis.stiftung.bertelsmann.de (Homepage der Netzwerke innovativer Schulen
und Schulsysteme der Bertelsmann-Stiftung. Zum nationalen Netzwerk (NIS), in dem
der Wissenstransfer zwischen Schulen in Deutschland gefördert wird, besteht eine
Schul-Datenbank, mit deren Suchmaschine unter dem Innovationsschwerpunkt
»Schulprogramm« zahlreiche Schulen zu finden sind. Außerdem sind Materialien
zum Herunterladen unter »Veröffentlichungen« erhältlich.)
www.qis.at (Homepage des Österreichischen Bildungsministeriums zum Projekt
»Qualität in Schulen« (Q.I.S.); hier sind insbesondere die Links »Leitfaden«/
»Der Weg zum Schulprogramm« interessant.)
http://nibis.ni.schule.de (Im Niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) finden sich
Schulprogramme aus unterschiedlichen Schulen verschiedener Bundesländer und
es wird u. a. eine Einführung zum Zusammenhang von Schulprogrammentwicklung
und Evaluation geboten.)
3. Entwicklung des
Schulprogramms
Schulprogramm Innere Schulentwicklung
Arbeitshilfe
32 33
Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur
Auch heute noch ist die Erfahrung vieler Lernender quer durch
alle Bildungseinrichtungen davon geprägt, dass Unterricht zu
häufig als Frontalunterricht erfolgt. Es ist jedoch offenkundig,
dass diese Art darbietenden Unterrichts nicht automatisch zu den
erhofften Lernergebnissen führt: Motivationsverlust, Wissens-
lücken, geringe Nachhaltigkeit des Lernens, »träges Wissen«,
das nicht flexibel in neuen Zusammenhängen angewendet wer-
den kann, geringe Problemlösefähigkeit und zu wenig ausge-
prägte Handlungskompetenz bei den Schülern sind – trotz aller
Erfolge des Schulsystems – alarmierende Befunde. Gleichzeitig
verlangen die veränderten globalen Rahmenbedingungen (vgl.
Kapitel 1) nach Konsequenzen im Schulwesen.
Grundlage des lehrerzentrierten Frontalunterrichts ist die Auf-
fassung des Lehr-/Lerngeschehens als eines Prozesses, bei dem
es dem Lehrenden gelingt, Inhalte so darzubieten, dass der
Lernende am Ende des »Wissenstransports« den vermittelten
Lerngegenstand in gleicher Form »im Kopf hat«, also beherrscht,
wie der Lehrende. Diese Vorstellung ist nicht mehr haltbar, neue
Erkenntnisse der Forschung verlangen ein anderes Verständnis
des Lehrens und Lernens: Unterricht kann nicht wie bisher von
der Wissensvermittlung (dem Lehren bzw. der Instruktion) her
strukturiert sein, sondern muss vom Lernen her (der Wissens-
konstruktion) gedacht werden (Heinz Mandl). Denn lernen, sich
Wissen zu Eigen machen, also Wissen in die individuelle kogni-
tive Struktur zu integrieren, muss jeder Einzelne selbst. Dies
bedeutet u. a., dass Unterricht aktive Lernprozesse – einzeln, in
Tandems, in Gruppen – ermöglicht.
Ein solches Lernen wird stärker fächerübergreifende Fähigkei-
ten und Handlungskompetenzen fördern und die Kluft zwischen
Wissen und Handeln verringern. Geeignete Lernarrangements
wecken die Neugier und die Entdeckerfreude. Aber jeder Ler-
nende muss auch durch hilfreiche Instruktionen orientiert, an-
geleitet und unterstützend begleitet werden. Insofern geht es
nicht um eine völlige Ablösung bisheriger Unterrichtsformen,
sondern darum, eine neue Balance zwischen Phasen der Instruk-
tion durch den Lehrer und Phasen der Eigenaktivität der Schüler
zu finden.
Guter Unterricht kann also auf sehr verschiedene, aber nicht
auf beliebige Weise gestaltet und gehalten werden, wie über-
zeugend wissenschaftlich bewiesen ist. Kennzeichnend ist ein
Wechsel zwischen systematischem und situativem Lernen sowie
3.2.1 Verständnis des Lehrens und Lernens3.2 Neue Lernkultur
Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung
Verständnis
von Lernprozessen
Instruktion und
Eigenaktivität
Methodenvielfalt
35
Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur
34
Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung
Zum Kern der wünschenswerten Lernkultur gehören Verfah-
rensweisen im Unterricht, die die Schülerinnen und Schüler zu
eigenverantwortlichem, selbstständigem Lernen anregen und
befähigen: offene Unterrichtsformen (Freiarbeit, Projekte),
wechselnde Sozialformen (Partner- und Gruppenarbeit), lebens-
praktische Bezüge (Zusammenarbeit mit außerschulischen
Einrichtungen) u. a. m. Der Lehrkraft kommt dabei verstärkt
die Rolle des Beobachters, Organisators und Moderators von
Lernprozessen zu. Solche Ansätze sind keineswegs neu, schon
die Reformpädagogik entwickelte hierzu verschiedene Modelle.
Ein modernes Konzept, das Lehren und Lernen systematisch
entwickelt und in den Ansatz der inneren Schulentwicklung
integriert, liefert z. B. Heinz Klippert mit seinen Überlegungen
zum eigenverantwortlichen Arbeiten und Lernen.
Methodentraining
Kommunikations-
training
Teamentwicklung
Schülerzentriertes, eigenverantwortliches Lernen setzt einer-
seits das systematische Einüben der notwendigen Kompetenzen
voraus, erfordert andererseits in der Folge die systematische
Anwendung des Gelernten im Unterricht. Folgende Trainings-
einheiten erweisen sich als wesentlich:
Methodentraining bedeutet in diesem Zusammenhang die
schwerpunktmäßige Einübung von Arbeitstechniken. Damit
kann bereits in der Grundschule begonnen werden. Das Training
muss dann sukzessive erweitert werden, z. B. um Techniken
der Informationsbeschaffung (Bibliotheken, Internet usw.), Tech-
niken der Filmanalyse oder Techniken der Präsentation (Referat,
Folie, computergestütztes Präsentationsprogramm).
Mit Kommunikationstraining ist die systematische Einführung
in Techniken der Kommunikation in entsprechenden Sozial-
formen gemeint, z. B.: Wie argumentiere ich überzeugend? Wie
höre ich aktiv zu und frage gezielt nach? Welche Formen der
effektiven Arbeitsteilung bei Gruppenarbeiten gibt es?
Teamentwicklung im Klassenzimmer bildet einen dritten grund-
legenden Baustein, da die Partner- oder Teamarbeit in diesen
Arbeitsphasen als angemessenste und effektivste Arbeitsform
eine große Rolle spielt. Die Schülerinnen und Schüler erfahren,
dass komplexe Aufgaben im Team besser bearbeitet werden
können als in Einzelarbeit. Allerdings kann die Teamentwick-
lung nicht auf die Schüler beschränkt werden – auch Lehrer-
innen und Lehrer müssen neue Formen der Zusammenarbeit
entwickeln (vgl. Kapitel 3.4).
3.2.3 Rollenverständnis der Lehrer
Schülerzentrierter Unterricht setzt ein entsprechendes Rollen-
verständnis der Lehrenden voraus bzw. bewirkt einen Wandel
der bisherigen Rolle. Zwar wird der Lehrer als »Instruktor«
immer nötig sein, wesentlich deutlicher wird er aber als Organi-
sator und Moderator von Lernprozessen in Erscheinung treten.
Für die Lehrkräfte bedeutet dies zunächst Mehraufwand: ein
Mehr an Zeit für Koordinierungsgespräche mit Kollegen, ein
Mehr an Arbeit für das Arrangement des Unterrichtsmaterials
für eine offene Lernumgebung. Allerdings wird dies teilweise
durch den effektiveren, entspannteren Unterrichtsverlauf und
eine höhere Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten wieder auf-
gewogen.
Systematisches Methoden- und Kommunikationstraining setzt
auch voraus, dass eine Teamentwicklung im Kollegium der
Schule stattfindet: Die Fachschaften oder die Lehrkräfte einer
Methodenkompetenz SozialkompetenzFachkompetenz
PERSÖNLICHE KOMPETENZ
Kommunikations-
training
Methoden-
training
EIGENVERANTWORTLICHES LERNEN
Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten
➔ ➔ ➔
➔ ➔ ➔
➔ ➔ ➔
Teamarbeit
Offene
Unterrichtsformen
3.2.2 Eigenverantwortliches Lernen
als Teil der neuen Lernkultur
metakognitiver Reflexion. Diesen methodisch variablen Unter-
richt muss ein Lernklima auszeichnen, das viele entspannte
Gelegenheiten zum intensiven Lernen und genügend anspruchs-
volle Leistungssituationen bietet, und zwar beides im Bewusst-
sein der Schüler klar getrennt. (Franz E. Weinert)
Training
der Teamfähigkeit
37
Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur
36
Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung
»von oben« geregelt ist – Freiräume, um anzufangen, gibt es
bereits jetzt.
Wenn selbstgesteuertes, handlungsorientiertes Arbeiten den
Schulalltag bestimmt, wird sich auch die Rolle der Lernenden
wandeln (vgl. Kapitel 3.3). Die Schülerinnen und Schüler
werden erkennen, dass sie (Mit-)Verantwortung für das Erzielen
eines Lernerfolgs haben und sich aktiv mit dem Unterrichts-
gegenstand auseinander setzen müssen. Diese Formen des Un-
terrichts sind oft anstrengender, aber auch effektiver und für
alle letztlich mit größeren Erfolgserlebnissen verbunden.
Klippert, H.: Methoden-Training. Übungsbausteine für den Unterricht.
Weinheim 2000
Ders.: Kommunikations-Training. Übungsbausteine für den Unterricht.
Weinheim, 2000
Ders.: Teamentwicklung im Klassenraum. Bausteine für den Unterricht.
Weinheim 2001
Klippert, H. und Lohre, W. (Hrsg.): Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur.
Gütersloh 1999
Mandl, H./Reinmann-Rothmeier, G.: Unterrichten und Lernumgebungen gestalten
(= Forschungsbericht Nr. 60). Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl
für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie 1995
Meyer, H.: Unterrichtsmethoden: Band I (Theorie) und Band II (Praxisband).
Weinheim und Basel 1997
Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.):
Selbständiges Arbeiten und Lernen in den Jahrgangsstufen 5 - 10. Band 1.
Donauwörth 2001
Weinert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen
Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten,
in: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und
Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum
Bildungskongress, München 1998, S. 101-125
www.gym.moosburg.org/lehrer/lernen_lernen.html (Link-Liste zum »Lernen
lernen«)
www.alp.dillingen.de/projekte/freiarbeit/ (Netzwerk Freies Arbeiten)
www.netzwerk-lernkultur.de/doc/seglinks.htm (kommentierte Links zum Thema)
www.schulnetz.ch/unterrichten/kontaktforum-ELF (Schweizer Kontaktforum
für Erweiterte Lehr- und Lernformen)
www.iplbayern.de (Initiative Praktisches Lernen e. V.)
www.ullstein-realschule-fuerth.de (unter »Unterrichtsmodelle« Beispiele für
Methodentraining und handlungsorientierten Unterricht)
www.berufsschulen.de (unter Modellversuch »MUT« Unterrichtskonzepte und
Ideen für den beruflichen Bereich)
http://home.t-online.de/home/Paul.Weeger/ue.htm
(Unterrichtsgestaltung nach Klippert)
Klasse oder Jahrgangsstufe stimmen sich ab, in welchem Fach
welche Methode eingeübt wird (Beispiel: In welchen Fächern
wird anhand von Schulbuchtexten geübt, wie die wichtigsten
Informationen aus einem Text herausgearbeitet werden?).
Der konkrete Einstieg in den Bereich »neue Lernformen«, z. B.
Stationenlernen, kann dabei so aussehen, dass die Fachschaften
einer Schule (oder Jahrgangsteams, Klassenteams) zu Beginn
des Schuljahres einen Zeitraum absprechen, in dem das Metho-
den- und Kommunikationstraining schwerpunktmäßig in den
entsprechenden Klassen durchgeführt wird. In den höheren
Jahrgangsstufen empfiehlt sich die »Methodenpflege«, um das
Gelernte aufzufrischen und zu vertiefen.
Wichtig ist, dass an der Schule ein Gesamtkonzept gefunden
wird, damit die Einführung neuer Lehr- und Lernformen nicht
auf dem Engagement weniger beruht, sondern dass – zumindest
nach und nach – ein Großteil des Kollegiums eingebunden
werden kann. Schulentwicklung lebt von der Akzeptanz einer
breiten Mehrheit im Kollegium.
Diese Zustimmung kann auf verschiedene Weise eingeholt wer-
den; folgende Schritte haben sich als erfolgreich erwiesen:
➔ In Pädagogischen Konferenzen verständigt sich ein
Kollegium auf die Ziele der Unterrichtsentwicklung.
➔ Eine Rahmenplanung (Wer macht was mit wem?) wird
entwickelt.
➔ Durch eine schulinterne Lehrerfortbildung – u. U. in Koope-
ration mit der Akademie in Dillingen, einem Pädagogischen
Institut oder anderen Einrichtungen – werden die Lehrkräfte auf
das Vorhaben vorbereitet (vgl. Kapitel 5).
Die Einführung einer neuen Lernkultur erfordert auch Verände-
rungen in der Organisation und im rechtlichen Rahmen von
Schule. Die Schulleitung sollte nach Möglichkeit Lehrkräfte, die
in der oben geschilderten Weise kooperieren, gemeinsam in
einer bestimmten Klasse oder Jahrgangsstufe einsetzen. Ideal
wäre auch eine im Stundenplan festgelegte gemeinsame Stunde
für Absprachen während des Schuljahres. Der Unterricht sollte
fallweise flexibilisiert und rhythmisiert werden können, um
längere Arbeitsphasen zu ermöglichen etc. Ebenso ist eine klare
Trennung zwischen Lern- und Prüfungsphasen nötig, damit
etwa bei anspruchsvollen Problemlöseaufgaben zunächst angst-
frei verschiedene Wege ausprobiert werden können, bevor bei
einer Leistungserhebung der Lernerfolg geprüft wird. Die Be-
wertung von im Team erstellten Arbeiten bedarf noch einer
befriedigenden Lösung ... Aber man muss nicht warten, bis alles
Strategien zur Förderung einerneuen Lernkultur:
➔ Methodenkompetenz stärken
z. B. durch spezifische Einheiten
➔ Trainings für Lehrkräfte
z. B. im Rahmen schulinterner
Lehrerfortbildung
➔ Teambildung im Kollegium
z. B. Klassen- und Fachteams
➔ Bündelung der Aktivitäten
z. B. durch Akzentuierung im
Schulprogramm
Literaturhinweise
Links
Gesamtkonzept
39
Innere Schulentwicklung Schülerrolle
38
Schülerrolle Innere Schulentwicklung
In einer Schule, die unter Lernen einen aktiv-konstruktiven
Prozess versteht, verändert sich auch die Rolle des Schülers. Die
diesem Verständnis von Lernen zugehörigen Formen des Ler-
nens und Lehrens verlangen von ihm Aktivität, Selbstständigkeit
und Verantwortung. In besonderer Weise trifft dies natürlich
auf die offenen Unterrichtsformen zu:
➔ Das vom Lehrer didaktisch aufbereitete Material erfordert
vom Schüler große Eigenständigkeit bei der Aneignung der
Inhalte.
➔ Für das Ergebnis seines Lernens trägt der Schüler eine
größere Verantwortung als bisher.
➔ Der Lernprozess gelingt nur unter gegenseitiger Rücksicht-
nahme, da er häufig in Gruppen oder Tandems abläuft.
Einen Wandel der Schülerrolle verlangen aber auch andere Ent-
wicklungen: Das Lernen von Wissen »auf Vorrat« verliert an
Bedeutung gegenüber dem Aufbau von Kompetenzen, die mehr
umfassen als die sog. »Schlüsselqualifikationen«. Verschiedene
gesellschaftliche Entwicklungen weisen der Schule eine bedeu-
tende Aufgabe bei der Persönlichkeitsbildung junger Menschen
zu. Beide Anliegen bedürfen lebensnaher, handlungsorientierter
3.3 Schülerrolle
3.3.1 Der Schüler als Handelnder im Lernprozess
Eigenverantwortliches Lernen fordert den Schüler, denn die
angewandten Unterrichtsmethoden aktivieren ihn. Von der
Strukturierung eines Textes bis zur Informationsbeschaffung zu
einem Thema, von der Erstellung eines übersichtlichen Heftein-
trags bis zur Präsentation von Projektergebnissen, vom Durch-
laufen eines Lernzirkels bis hin zur Wochenplanarbeit – der Um-
gang mit kleinen wie großen Bausteinen offenen Lernens ver-
langt vom Schüler Einsatz und Anstrengung.
Ein Lehrerverhalten, welches auf Problemlösungshilfe, nicht
aber auf das Bereitstellen der Problemlösung an sich gerichtet ist,
zwingt den Schüler zur Selbstorganisation seines Lernprozesses.
Stärker als bisher ist er dazu aufgerufen, für ihn passende Lern-
und Arbeitstechniken herauszufinden. Die dabei zu lösenden
Fragen der individuellen Zeiteinteilung, der Planung der Haus-
aufgaben, der Einrichtung des Arbeitsplatzes, der Führung eines
Lerntagebuchs etc. haben an vielen Schulen in Angeboten zu
»Lernen lernen« bereits Eingang gefunden. Einem Missverständ-
nis ist allerdings vorzubeugen: Im Zeitalter der wachsenden
Informations- und Wissensflut wird gelegentlich in der Vermitt-
lung des lernmethodischen Know-how eine Alternative zur
Aneignung von u. U. kurzfristig veraltenden Kenntnissen gese-
hen. Beides ist jedoch wichtig – fundiertes Wissen und formale
Lernkompetenzen (Franz E. Weinert).
Lassen die Aufgabenstellungen Raum für individuelle Arbeits-
und Lösungsstrategien der Schüler sowie Spielraum, der die
Balance zwischen Fordern und Überfordern wahrt, wird eine
solche Aneignung des Lerngegenstands auch Spaß und Freude
machen. Von einer Verwöhnung der Schüler, die angeblich mit
der Individualisierung des Lernprozesses verbunden ist, kann
dabei keine Rede sein. Und die Lehrkräfte erfahren zumindest
eine angenehme Verschiebung ihrer Aktivitäten, oft sogar eine
Entlastung, wenn sie Alternativen zu frontalen Unterrichts-
strukturen umsetzen.
3.3.2 Schüleraktivierender Unterricht
Unterrichtskonzepte, die aktiv beteiligte Schüler voraussetzen.
Schulentwicklung verlangt also auch vom Schüler ein hohes
Maß an Einsatz und Anstrengungsbereitschaft. Dies kann nicht
von heute auf morgen erwartet werden. Im Veränderungspro-
zess, in dem aus einem »Betroffenen« ein »Beteiligter« wird,
muss der Schüler Stationen der Veränderung durchlaufen. Es ist
Aufgabe der Schule, ihn dabei zu begleiten und zu unterstützen;
individuelle Förderung gewinnt folglich an Bedeutung.
Selbstständigkeit
und Verantwortung
Individualisierung des
Lernprozesses
Selbstorganisation
des Lernprozesses
41
Innere Schulentwicklung Schülerrolle
40
Schülerrolle Innere Schulentwicklung
Persönlichkeitsbildung braucht die Bewährung in Alltagssitua-
tionen. In der Schule ist dies in folgenden Feldern möglich:
Zeitgemäßer Unterricht setzt stark auf Gruppen- und Teamarbeit.
Die Schüler müssen allerdings mit den spezifischen Anforderun-
gen einer solchen Arbeitsweise vertraut sein, bevor sie verant-
wortlich Aufgaben in der Gruppe erledigen oder eine solche
leiten. So hat es sich bewährt, in gezielten Trainingseinheiten zu
Beginn eines Schuljahres die verschiedenen Organisationsfor-
men von Gruppenarbeit zu üben, wie sie für längere Stationen-
arbeit oder Projekte erforderlich sind. Der hohe Zeitaufwand,
den ein Lehrerteam in diesem Bereich in eine Klasse investiert,
wirkt sich positiv auf den folgenden Unterricht aus.
Die verstärkte Zusammenarbeit der Schüler in Kleingruppen
wird sich nicht allein auf den Unterricht beschränken, zumal
auch der Klassenverband durch eine neue Lernkultur eine Ver-
änderung erfährt. Da kann eine Schülergruppe die Programmge-
staltung eines Schullandheimaufenthalts übernehmen, während
eine andere einen moderierten Elternabend vorbereitet. Da
sorgt eine Gruppe für die tägliche Ordnung im Klassenzimmer,
während eine andere die selbstständige Ausarbeitung eines Pro-
jekts übernimmt. Dem (Klassen)lehrer(team) obliegt die Aufgabe
der Beratung und der Bündelung der Aktivitäten; die inhaltliche
Gestaltung und organisatorische Durchführung kann – unter Be-
achtung der rechtlichen Rahmenbedingungen – zunehmend den
Schülern übertragen werden. Bei der engeren Zusammen-arbeit
der Schüler in Unterricht und Klassenverband ändert sich die
Rolle der Klassensprecher: Sie moderieren Klassenversammlun-
gen, koordinieren gemeinsames Handeln und greifen bei Un-
stimmigkeiten vermittelnd ein. Eine entsprechende Schulung für
dieses und in diesem Amt ist deshalb besonders wichtig.
Vielfältige Aufgaben können auch im Raum der Schule über-
nommen werden. Zur Stärkung der eigenen Verantwortung der
Schüler sind etwa die Konfliktlösungsansätze zu sehen, denen
sich Mediations- oder Streitschlichtergruppen an den Schulen
verschreiben (vgl. Kapitel 3.7). Allerdings bedarf die Befähigung
zur Selbstorganisation der Schüler einer Schulung und Qualifi-
zierung. Lehrerteams, Betreuungslehrer und Verbindungslehrer
könnten sich in dieser Hinsicht als Multiplikatoren und Trainer
verstehen, damit wertvolles Engagement mancher Schüler
nicht deswegen ins Leere läuft, weil sich die Bedingungen ihrer
Zusammenarbeit in der Gruppe chaotisch gestalteten.
Verantwortung für
die Arbeit in Gruppen
Verantwortung für
Aufgaben im Klassen-
verband
Verantwortung für
Aufgaben innerhalb der
Schulfamilie
3.3.3 Persönlichkeitsbildung durch Übernahme
von Verantwortung
Die Entwicklung einer Schule macht vor der Beziehungsebene
nicht Halt, das gilt für die Beziehungen unter den Schülern wie
auch zwischen Schülern und Lehrern. Die Achtung vor dem
Andersdenkenden, das Respektieren der persönlichen Distanz,
aber auch der Wunsch nach sozialem Kontakt und der Nähe
zum Anderen bestimmen das Miteinander in Klasse und Schule.
In einer »Zwangssozietät« wie einer Schulklasse ist es deshalb
für den Einzelnen wichtig, dass den Formen des Umgangs
miteinander große Beachtung zugemessen wird. Umgangsfor-
men können auch in einem »Sozialtraining« (wie es einzelne
Moderatoren und pädagogische Institute anbieten), thematisiert
und geübt werden. Gegenstand können u. a. sein:
➔ Gemeinsames Erstellen von verbindlichen Regeln für den
Umgang in der Klasse, sowohl das Gespräch wie auch das soziale
Miteinander betreffend; dabei sind Vorkehrungen für die Ein-
haltung zu treffen.
➔ Visualisierungsformen für Konfliktfelder in der Klasse, z. B.
eine »Kummerwand« oder einen »Sorgenbriefkasten« (Was
stört mich in meiner Klasse? Welches Verhalten verletzt mich?)
➔ Einführung von Formen der gegenseitigen Wertschätzung
(Welche positiven Dinge kann ich eigentlich über meinen
Mitschüler sagen? Welche Gemeinsamkeiten verbinden uns?)
Das konstruktive Miteinander in einer Klasse kann z. B. in
»Stellen Sie sich vor: Tim und
Nina aus der 6. Klasse können
sich nicht riechen. Einmal in der
Pause zerrt Tim an Ninas Jacke
und reißt ein Stück ein. Nach
der Pause rächt sich Nina und
schmeißt Tims Federmäppchen
aus dem 3. Stock. Dabei geht der
Füller kaputt. Was würde ohne
uns geschehen? Wahrscheinlich
erhielten beide eine Schulstrafe,
die Sachen blieben kaputt, und
Nina und Tim wären nach wie
vor aufeinander wütend.
Die Konfliktlösung mit Streit-
schlichtern sieht anders aus:
Der Lehrer schickt Tim und Nina
zu uns und man kommt zu fol-
gendem Ergebnis: Tim kümmert
sich um die Reparatur von Ninas
Jacke, Nina ersetzt den Füller.
Jetzt sind beide Sieger, ganz
ohne Verweis!
Was wir Mediatoren dabei tun:
Zuerst begrüßen wir die beiden,
sichern ihnen zu, dass niemand
etwas von dieser Unterredung
erfährt, und weisen sie auf
bestimmte Gesprächsregeln hin.
Dann erzählt jeder den Streit aus
seiner Sicht. Das gibt beiden
die Möglichkeit, die Gefühle und
das Motiv des Gegners zu ver-
stehen. Nach dieser längsten
Phase kommt das Schwierigste
von allem: Jeder in der Runde
lässt sich Lösungen für den
Konflikt einfallen und gemein-
sam werden nun die herausge-
sucht, mit welchen beide (!)
einverstanden sind. Die beste
Lösung halten wir schriftlich in
Form eines Vertrags fest. Nach-
dem beide Streithähne unter-
schrieben haben, vereinbaren
wir ein Nachtreffen, um festzu-
stellen, ob der Vertrag einge-
halten wurde. Tim und Nina
geben ihrem Lehrer eine schrift-
liche Mitteilung, dass eine
Schlichtung erfolgt sei. Also
alles bestens!
Warum es uns überhaupt gibt:
Klar, dass es in einer Klasse
immer wieder Streit unter
Mitschülern gibt. Normalerweise
fällt das ja nicht besonders auf,
denn im Unterricht geht man
sich aus dem Weg und muss
ja nicht mit dem anderen zu-
sammenarbeiten. Das ist aber
anders, wenn im Unterricht
häufiger in Gruppen gearbeitet
wird und man zu einem guten
Ergebnis kommen soll. Da
wird es schwierig, wenn irgend-
welche Konflikte im Raum
stehen und die gemeinsame
Arbeit beeinträchtigen.«
Zwei Streitschlichter (Mediatoren) berichten über ihre Arbeit ...
3.3.4 Aufbau konstruktiver Beziehungen
Umgangsformen
43
Innere Schulentwicklung Teamentwicklung
Lehrkräfte erleben an den Schulen seit Jahren einen beschleu-
nigten Wandel. So finden sie einerseits veränderte Bedingungen
für Unterricht und Erziehung vor: Schüler, die immer stärker
zum Konsum als zum eigenen Tun neigen, die unter dem Ein-
fluss der Medien andere Bedürfnisse und Interessen entwickeln
als früher, Familien, die in ihrer Erziehungsaufgabe teilweise
überfordert erscheinen. Auf der anderen Seite ist die Schule
3.4 Teamentwicklungim Lehrerkollegium
3.4.1 Warum ist Teamentwicklung notwendig?
42
Schülerrolle Innere Schulentwicklung
einem Jahrbuch festgehalten werden, welches die Schüler selbst
herstellen.
➔ Benennung von Erwartungen hinsichtlich der Gestaltung
des Lernprozesses und der Gruppen (Mit welchen Arbeits-
materialien würde ich gern arbeiten? Welche Hilfe werde ich
wohl benötigen? Wie wünsche ich mir die Arbeit in der Organi-
sationsgruppe? Für welchen Verantwortungsbereich fühle ich
mich geeignet? etc.). Es ist hilfreich, wenn im Verlauf des
Schuljahres immer wieder Reflexionsphasen erfolgen, in wel-
chen die Schüler ihren Arbeitsprozess an den eigenen Erwar-
tungen messen.
Schüler werden eine neue, aktive Rolle insbesondere auch dann
gern annehmen, wenn sie von Lehrern begleitet werden, die
ihnen etwas zutrauen und als Vorbild agieren. In einer solchen
Atmosphäre, die auch (gegenseitig) Fehler zulässt, gelingt der
Wissenserwerb nach allem, was die Forschung weiß, besser, und
der junge Mensch lernt, seinen eigenen Bereich verantwortlich
zu gestalten. Diese fachliche und personale Kompetenz der
Schüler ist letztlich der entscheidende Gradmesser eines gelun-
genen Schulentwicklungsprozesses.
Cube, F. von: Fordern statt verwöhnen. Die Erkenntnisse der Verhaltensbiologie
in der Erziehung. München 2000
Grom, B.: Methoden für Religionsunterricht, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.
Düsseldorf 1996
Klippert, H.: Teamentwicklung im Klassenraum. 4., neu ausgestattete Aufl.,
Weinheim 2000
Kliebisch, U.: Kommunikation und Selbstsicherheit. Interaktionsspiele für
Jugendliche. Mülheim 1995
Ders.: Kooperation und Werthaltung. Interaktionsspiele für Jugendliche.
Mülheim 1995
www.schulberatung.bayern.de/bshag.htm#4 (Erläuterungen zu verschiedenen
Konfliktlösungsmodellen)
www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs2nbg/pvsmed00.htm (Einblick in die Arbeit einer
Streitschlichtergruppe)
www.hsha.de/ (VS Hauzenberg zur Schulsozialarbeit)
www.member.uni-oldenburg.de/wilhelm.topsch/grundschule/
(Texte zur Rolle der Schüler in offenen Unterrichtsformen, zum Klassenrat u. a.)
www.teachsam.de/index.htm (Lehren & lernen online; Portal, u. a. mit einem
Angebot zu Arbeitstechniken)
www.lions-clubs.de (u. a. Lions-Quest-Programm »Erwachsen werden«)
Literaturhinweise
Links
Wandel der Ansprüche
Vertrauen
und Fehlertoleranz
45
Innere Schulentwicklung Teamentwicklung
44
Teamentwicklung Innere Schulentwicklung
heute auch mit einem Wandel der Ansprüche konfrontiert: mit
höheren Qualitätsansprüchen an den Unterricht und mit Forde-
rungen, Schülern statt einer großen Menge an Wissen die Fähig-
keiten und die Ich-Stärke zu vermitteln, um sich dem raschen
beruflichen und wirtschaftlichen Wandel anpassen zu können.
Und schließlich haben Schulen heute wesentlich stärker mit
Problemen fertig zu werden, z. B. mit der Integration von
Kindern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit Gewalt oder
Drogen.
Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, hat all dies zu einer
höheren psychischen und physischen Belastung und zum Teil
sogar zur Überforderung der Lehrkräfte geführt. Diese Belastun-
gen hängen auch zusammen mit dem traditionellen Selbstver-
ständnis der Lehrkräfte, hinter verschlossener Klassenzimmer-
tür alles selbst bewältigen und lösen zu müssen, eigene Probleme
eher für sich zu behalten statt sie mit Kollegen zu besprechen.
Die Angst ist immer noch weit verbreitet, nach einem offenen
Gespräch über Schwierigkeiten mit einem Schüler oder einer
Klasse als schlechte Lehrkraft zu gelten.
Was diese Einstellung betrifft, zeichnet sich an vielen Schulen
bereits ein deutlicher Wandel ab: Die Lehrkräfte haben erkannt,
dass die bestehenden Probleme bisweilen durch den Einzelnen
gar nicht zu lösen sind, wohl aber miteinander Verbesserungen
geschaffen werden können. Das setzt voraus, dass Probleme im
Kollegium als gemeinsame Aufgabe und Herausforderung der
gesamten Schule begriffen werden, dass gemeinsam nach Lösun-
gen und Perspektiven gesucht und dass gegebenenfalls Hilfe
von außen angenommen wird.
Sich diese Haltung zu Eigen zu machen, bedingt in den Kollegien
einen längeren Lernprozess. Lehrkräfte verstehen sich vielerorts
persönlich gut und sprechen viel miteinander, oft auch sehr
kontrovers. Diese gute Ausgangsbasis sollte viel intensiver als
bisher zur konstruktiven Bewältigung schulischer Aufgaben ge-
nutzt werden. Teamentwicklung in den Kollegien kann dazu
führen, aus einem Nebeneinander (oder sogar Gegeneinander)
ein gemeinsames »Wir-Gefühl« und Miteinander zu entwickeln.
Nicht immer wird man dabei mit dem »heißesten Eisen« anfan-
gen. Ein guter Beginn kann die Bearbeitung eines Sachthemas
im Team sein (z. B. die Ausarbeitung eines fächerübergreifenden
Projekts).
Teamentwicklung ist immanenter Bestandteil aller Bemühungen
um innere Schulentwicklung, z. B. der Verwirklichung fächer-
übergreifenden und innovativen Unterrichts, der Stärkung der
Kollegium und Schulleitung
einer Hauptschule haben sich
dafür entschieden, in einer
Pädagogischen Konferenz zu
klären, welcher Weg zur Weiter-
entwicklung beschritten werden
soll. Man einigt sich im Vor-
feld mit einem externen Modera-
tor, die neuen Ziele auf der
Grundlage einer Bestandsauf-
nahme der aktuellen Situation
gemeinsam zu erarbeiten.
Nachdem in Gruppen zwei
Leitfragen diskutiert wurden:
»Worauf sind wir an unserer
Schule stolz?« und »Was haben
wir bisher versäumt?«, ergibt
die auf der Pinwand sicht-
bare Sammlung der Ergebnisse
mehrere Schwerpunkte:
Stolz sind die Lehrkräfte u. a. auf
das neu gestaltete Schulhaus,
mit dem die Schüler wesentlich
achtsamer umgehen als früher.
Zufrieden sind sie auch mit dem
regen Schulleben und den Ergeb-
nissen der Projektwochen.
Unzufriedenheit dagegen wird
vor allem geäußert über die
mangelnden Absprachen bei
Problemen in den Klassen, die
schlechte Information und Ein-
beziehung der Fachlehrer in Ent-
scheidungen. Bisher versäumt
habe man auch, sich auf ge-
meinsame Regeln für die Schüler
zu einigen, da dies immer an
fruchtlosen und kontroversen
Diskussionen gescheitert sei.
In der darauf folgenden Phase
werden die Lehrkräfte vom Mo-
derator gebeten, zwei Themen-
bereiche zu markieren, an denen
sie selbst unbedingt Verbesse-
rungen erreichen möchten.
Das Ergebnis zeigt, dass eine
große Mehrheit der Kollegen
zwei Veränderungsziele favori-
siert: die Verbesserung der
Absprachen untereinander vor
allem bei Problemen und die
bessere Information und stärkere
Kooperation zwischen Klassen-
und Fachlehrern.
Es wird beschlossen, am
nächsten Pädagogischen Tag
diese beiden Zielperspektiven
intensiv zu bearbeiten und
zu befriedigenden Lösungen für
alle zu kommen.
Fallbeispiel
pädagogischen Kompetenz der Schule, der pädagogischen
Schwerpunktsetzung und Profilbildung, der Stärkung der Zu-
sammenarbeit mit Eltern, der Öffnung gegenüber dem Umfeld
sowie für schulinterne und externe Evaluation des Unterrichts
und der Schule. Weiterentwicklung gelingt nachhaltig und
glaubwürdig nur auf der geschilderten Basis.
Viele Erfahrungen belegen, dass es in Kollegien, die sich auf
den Weg machen, sehr sinnvoll und notwendig sein kann, am
Anfang des Schulentwicklungsprozesses eine Intensivierung der
Kommunikation und die Bereitschaft zur Kooperation in den
Blick zu nehmen. Denn nicht ausgesprochene und nicht geklär-
te Konflikte, Probleme zwischen Kollegium und Schulleitung,
häufig aber einfach nur undurchsichtige Abläufe und Entschei-
dungen hindern an der Konzentration auf die Aufgabe und an
deren gemeinsamer Bewältigung (vgl. Fallbeispiel).
3.4.2 Was bedeutet Teamentwicklung?
Ein Team zeichnet sich – im Unterschied zur Gruppe – dadurch
aus, dass die Mitglieder ein gemeinsames Ziel haben und über
eine längere Zeitspanne in direkter Interaktion und Kommuni-
kation miteinander stehen. Weitere wichtige Merkmale sind die
Differenzierung der Rollen zwischen den Team-Mitgliedern, ge-
meinsame Normen und ein Wir-Gefühl.
So gesehen ist nicht jedes Kollegium automatisch ein Team. Zu
einem »Team« werden bedeutet daher, sich anderen gegenüber
zu öffnen und Gemeinsamkeit zu lernen: sich über den Berufs-
alltag, die tägliche Unterrichts- und Erziehungsarbeit auszutau-
»Wir-Gefühl«
Intensivierung der
Kommunikation
»Team«
47
Innere Schulentwicklung Teamentwicklung
46
Teamentwicklung Innere Schulentwicklung
Teamentwicklung führt zu einem besseren Schulklima und
zu größerer pädagogischer Wirksamkeit. Sie kommt daher letzt-
lich den Schülern zugute, aber auch dem Image der Schule
nach außen.
Schule als gemeinsame Aufgabe zu begreifen bedeutet, gemein-
same Ziele und Visionen zu entwickeln, die Richtung der Ver-
änderungen und Innovationen zu definieren und diese systema-
tisch und konsequent zu verfolgen.
Beispiele dafür sind die gemeinsame Gestaltung von Projekten
und Projektwochen, ein gemeinsames Bemühen um schülerori-
entierte Unterrichtsformen, Praktizieren von Teamteaching,
die gemeinsame Entwicklung von Regeln und Normen oder die
Einigung auf ein gemeinsames Konzept für die Elternarbeit.
Teamentwicklung wird maßgeblich ermöglicht durch die Schul-
leitung.
Voraussetzungen für förderliche Führung sind gegeben, wenn
Schulleiter selbst teamorientiert sind, die unterschiedlichen
Kompetenzen der Lehrkräfte wahrnehmen und wertschätzen,
Kollegen in Problemlösungen und Entscheidungen einbeziehen,
Aufgaben delegieren und alle nötigen und möglichen Rahmen-
bedingungen für das Arbeiten in Teams schaffen.
Beispiele sind die Aktivierung der Kollegen durch die Einführung
teamorientierter Konferenzen und Besprechungen, die Durch-
führung klassenbezogener Teamsitzungen und Fachkonferenzen,
die Führung von Mitarbeitergesprächen mit dem Ziel, die Zu-
sammenarbeit im Kollegium zu steigern, die Zusammenstellung
von Klassenlehrerteams, die Ermöglichung von Teamarbeit
durch günstige Stundenplangestaltung sowie das Schaffen von
Leistungsanreizen.
Teamentwicklung heißt, »ständig im Gespräch bleiben«. Dazu
gehört, in regelmäßigen Teamsitzungen die Arbeit an der Schule
gemeinsam zu reflektieren, Spielregeln für die Zusammenarbeit
Zielklarheit und eine
gemeinsame Arbeitsauf-
gabe für alle Mitglieder
Klare und kooperative
Führung
Kontinuierliche
Förderung von Kommuni-
kation und Kooperation
3.4.3 Was gewinnen Schulen durch
Teamentwicklung?
3.4.4 Wie kann Teamentwicklung in
Kollegien gefördert werden?
schen, unterschiedliche Meinungen und Rollen zu akzeptieren,
Absprachen zu treffen und einzuhalten, sich um Konsens zu
bemühen und sich gegenseitig zu unterstützen. Konflikte offen
und konstruktiv auszutragen gehört genauso dazu, wie sich ge-
genüber dem Umfeld solidarisch und offen zu geben. Teament-
wicklung ist also ein kontinuierlicher Wachstumsprozess einer
Gruppe, der nie abgeschlossen ist.
Teamentwicklung
kann gefördert
werden durch:
➔ Zielklarheit und eine
gemeinsame Arbeitsauf-
gabe für alle Mitglieder
➔ Klare und koopera-
tive Führung
➔ Kontinuierliche
Förderung von Kom-
munikation und Koope-
ration
➔ Unterstützung durch
die Schulaufsicht
➔ Externe Beratung
und Moderation
Vorteile von Teamentwicklung
■ Berufszufriedenheit
■ emotinale Entlastung
■ Engagement
■ Einfühlungsvermögen
Ziele ■
Normen ■
Werte ■
PERSÖNLICHER
WEITERENT-
WICKLUNG
VERSTÄRKTEM
KONSENS
BESSEREN
BEZIEHUNGEN
INTENSIVER
KOOPERATION
■ mehr Offenheit
■ mehr Ehrlichkeit
■ Achtung und Respekt
■ Toleranz
■ Vertrauen
Information ■
Absprache ■
Aktion ■
Feedback ■
TEAMENTWICKLUNGIM KOLLEGIUM
FÜHRT ZU …
➔➔
➔➔
49
Innere Schulentwicklung Gesprächskultur
48
Teamentwicklung Innere Schulentwicklung
zu erarbeiten und zu modifizieren, Konflikte im Kollegium zu
thematisieren und zu lösen, sich gegenseitig Feedback zu geben
sowie den Entwicklungsprozess zu evaluieren. Erfahrungen an
Schulen zeigen, dass die Kollegien dann einen Prozess durchlau-
fen, der von zunehmender Offenheit und intensiverem Hinter-
fragen geprägt ist. Besonders lang gepflegte verdeckte Konflikte
oder Probleme mit der Schulleitung werden selten sofort thema-
tisiert. Man beginnt besser mit Sachthemen, erst im Verlauf einer
positiven Teamentwicklung werden »heiße Eisen« angepackt.
Beispiel für Anfangsstadium: Thema: »Wie können wir Schüler
besser unterrichten, die schlecht deutsch sprechen?
Beispiel für fortgeschrittenes Stadium: Thema: »Wie können wir
uns im Kollegium gegenseitig mehr respektieren?«
Systematische Maßnahmen der Personalentwicklung können
der Kommunikation und Kooperation an Schulen den Boden
bereiten. Dazu gehören die Berücksichtigung teamförderlicher
Aspekte bei der Zusammensetzung von Lehrerkollegien, die För-
derung und Auswahl von Führungskräften mit Teamführungs-
kompetenzen sowie die Schaffung der notwendigen Rahmenbe-
dingungen (Zeit, finanzielle Ressourcen).
Weil Teamentwicklung mit einer Veränderung der persönlichen
Einstellungen und mit der Veränderung von Beziehungen
zwischen den Team-Mitgliedern einhergeht, weil deshalb jeder
Beteiligte auch persönlich betroffen ist, kann Unterstützung
oder Supervision von außen sehr hilfreich sein. So kann die
Moderation eines Pädagogischen Tages zur Intensivierung der
Kommunikation und Kooperation oder die Mediation bei
Konflikten durch Fachleute, die persönlich nicht involviert sind
und zur Schule in einer unabhängigen Beziehung stehen,
leichter sein und zu weitreichenden Entwicklungen führen,
ohne dass die Führungskompetenz des Schulleiters geschwächt
wird (siehe auch Kap. 5). Beratung (»Coaching«) des Schul-
leiters kann ausreichen, damit er Teamentwicklungsmaßnahmen
selbst zu steuern vermag.
Holz/Schlamp: Gebrauchsanleitung für erfolgreiche Teamarbeit.
In: SchulVerwaltung Bayern, 9/2000
Holz/Schlamp: Von der Chefsache zur Teamsache. In: SchulVerwaltung Bayern, 4/2001
Langmaack, B./Braune-Krickau, M.: Wie die Gruppe laufen lernt. Weinheim 1989
Philipp, E.: Teamentwicklung in der Schule. Weinheim und Basel 1998
www.gym.moosburg.org/ (unter »Lehrer« Beispiele zur Schulentwicklung)
www.isb.bayern.de/ghs/index.htm (Projektdokumentation »Team 2000«)
Die Hinwendung zu neuen Formen des Lernens und Lehrens,
die Intensivierung der Elternarbeit oder die Entwicklung eines
Schulprogramms führen zwangsläufig zu einer Veränderung der
Kommunikation innerhalb einer Schule. Die Entwicklung des
Lehrers vom Einzelkämpfer zum Teamkollegen, die intensive
Kooperation des einzelnen (Fach-)Lehrers mit seinen Kollegen,
sei es z. B. in einem Jahrgangsstufenteam, in einer Fachschaft
oder in einer Steuergruppe, setzt eine konstruktive, an Lösungen
orientierte Kommunikation voraus. Bei gemeinsamem Handeln
sind Toleranz und Wertschätzung angesichts unterschiedlicher
Standpunkte wichtiger denn je, gleichermaßen ist Wissen im
Umgang mit Konflikten notwendig. Die Qualität der Entwick-
lung an der Schule hängt auch von der Professionalität des
Lehrerkollegiums in dieser Hinsicht ab.
Doch nicht nur unter den Kollegen verlangen die gemeinsame
Entwicklung und Arbeit an Projekten enge Abstimmung und
Koordination, auch mit den Schülern und Eltern gilt es, auf
kommunikativem Weg Übereinstimmung zu erzielen. Wenn
Externe Beratung und
Moderation
3.5 Gesprächskultur
Literaturhinweise
Links
Unterstützung durch
die Schulaufsicht
»Wertschätzende«
Kommunikation
51
Innere Schulentwicklung Gesprächskultur
50
Gesprächskultur Innere Schulentwicklung
Nachhaltige Veränderung setzt auch bei der eigenen Person an.
Ausgangspunkt kann eine schriftliche Befragung der Schüler
(vgl. Kapitel 4) oder die Selbstbeobachtung durch Videoaufzeich-
nung während des Unterrichts sein. Verschiedene Vorgehens-
weisen können helfen, die eigene Kommunikations- und Kon-
fliktfähigkeit auszubauen, was zu verbesserter Handlungskompe-
tenz führt. Dabei spielt es keine Rolle, welchem kommunika-
tionstheoretischen Ansatz man folgen will, entscheidend ist die
Umsetzung im Alltag.
Günstiger als die Lektüre einschlägiger Publikationen ist das
Lernen durch eigenes Tun. Dass Fortbildungsangebote z. B. aus
folgenden Bereichen wahrgenommen werden, gehört zur Pro-
fessionalität der Lehrer:
➔ Gesprächsführung/Rhetorik (z. B. Gordon-Gesprächsführung)
➔ Themenzentrierte Interaktion (TZI)
➔ Moderationsmethode
➔ Konstanzer-Trainingsmodell
➔ Teamarbeit
➔ Mediation/Konfliktmanagement
Angebote finden sich im Programm z. B. der Akademie für
Lehrerfortbildung und Personalführung, der Volkshochschulen
und verschiedener Akademien.
Bewährte Selbsthilfemaßnahmen beim Umgang mit Kommuni-
kationsstörungen und Konflikten stellen kollegiale Beratung
und offenes Miteinander dar:
➔ offene Gespräche zwischen den Betroffenen (nicht über sie)
bei Unstimmigkeiten, Streit oder einem Konflikt, evtl. im Beisein
eines neutralen Dritten;
➔ Einhaltung des »offiziellen Beschwerdeweges« für Schüler
und Eltern (Fachlehrer, Klassenlehrer, Verbindungslehrer, Schul-
leitung) innerhalb der Schule;
➔ Unterrichtshospitationen mit einem Beobachtungsschwer-
punkt, z. B. Gesprächsverhalten des Lehrers unter Zuhilfenahme
eines Beobachtungsbogens (vgl. Konstanzer Trainingsmodell);
➔ Einrichten einer Intervisionsgruppe, um durch problem- und
ergebnisorientierte Kommunikation mit Kollegen zur Optimie-
rung der täglichen Arbeitsaufgaben zu gelangen.
3.5.2 Was Teams, Kleingruppen und Kollegien
tun können ...
3.5.1 Was der einzelne Lehrer tun kann ...
sich eine Schule verändern will, so gelingt das nur auf der Basis
offener und von gegenseitigem Vertrauen getragener Beziehun-
gen zwischen allen am Schulleben beteiligten Personen.
Aus diesem Grunde ist es notwendig, an jeder Schule Formen
der Kommunikation zu fördern, die trotz der Vielfalt von
Ansichten und Standpunkten dazu führen, dass gemeinsame
Lösungen gefunden werden und das Arbeitsklima gut bleibt.
Zukunftswerkstätten sind Veran-
staltungen zum kooperativen
und kreativen Lösen von Proble-
men, wobei die Teilnehmer mit
Unterstützung von Moderatoren
die Inhalte und den Prozess be-
stimmen. Zukunftswerkstätten
eröffnen als soziales Problemlö-
sungsverfahren Chancen, mög-
lichst viele, ob Lehrer, Eltern,
Schüler oder Mitarbeiter in der
Verwaltung, bezogen auf ein kon-
kretes Thema an der Gestaltung
des Kommenden zu beteiligen.
Vorgegangen wird nach einem
Drei-Phasen-Modell: Nach der
Bestandsaufnahme in der Be-
schwerde- bzw. Kritikphase wer-
den Utopien entwickelt, die
schließlich in der Verwirklichungs-
und Praxisphase auf ihre Reali-
sierbarkeit hin überprüft werden.
Projekte, die umsetzbar sind, wer-
den ausgewählt und bearbeitet.
Alle an der Schule Beteiligten
können mitwirken. Zukunfts-
werkstätten können sich über
einen Tag als schulinterne Fortbil-
dung, aber auch als Klausurta-
gung über mehrere Tage
erstrecken. Gegenstand sind
aktuelle Themen wie »Neue
Schüler – alte Schule«, »Lern-
werkstatt für Klassensprecher«,
»Verbesserungen für den
Schulalltag an der eigenen
Schule« etc. In jedem Falle wer-
den nicht zuletzt durch den
ganzheitlichen Ansatz umfassend
Perspektiven für die Zukunft
der eigenen Schule oder des
Unterrichts entwickelt.
Zukunftswerkstatt – ein Instrument kreativer Teamarbeit
Ziel ist es, bereits bestehende
schulische Einrichtungen und
neu gegründete Initiativen in
einem ganzheitlichen Kommu-
nikationskonzept zusammen-
wirken zu lassen. Schüler, Eltern,
Elternbeirat, Schulleitung und
Lehrer können gleichermaßen
Adressaten des Projekts wie
Beteiligte sein. Sie finden durch
Trainer, Konfliktmanager und
externe Berater Unterstützung.
Durch Orientierungshilfen,
Konfliktprävention, thematische
Projekttage und kommunika-
tionsfördernde Maßnahmen
kann sich allmählich eine
spezifische Kommunikationskul-
tur und Identität innerhalb einer
Schule entwickeln.
Bereiche möglicher Aktivitäten
➔ Lehrerseminar – Konflikt-
gespräche: Gleichermaßen für
Studienreferendare, für Berufs-
anfänger oder erfahrene Kolle-
gen geeignet – das Durchex-
erzieren von Konfliktsituationen
im Gespräch mit Unterstützung
eines Experten, z. B. im Rollen-
spiel mit Nachbesprechung.
➔ Elternseminar – Offene
Gespräche: Den Eltern der Ein-
gangsklassen wird ein thema-
tischer Info- bzw. Gesprächs-
abend angeboten, an dem in
Theorie und Praxis unter An-
leitung eines Fachmannes (evtl.
aus der Elternschaft) Gesprächs-
führung, offene Gespräche oder
auch Konfliktgespräche
erprobt werden.
➔ Schülerseminar – Mediation:
Schüler aller Altersstufen
erhalten die Gelegenheit, ein
»Konfliktmanagement-Training«
zu absolvieren, um so ihre so-
ziale Kompetenz zu stärken
und untereinander Konflikte
auf verträgliche Art auszutragen.
Systematische Entwicklung von Kommunikationsstrukturen
Gesprächstechniken und Verständnis lassen sich gezielt in klei-
nen Lehrerteams, Steuergruppen, Arbeitskreisen oder ganzen
Kollegien sowohl auf freiwilliger als auch verpflichtender Basis
schulen. Das geschieht entweder intern bei Pädagogischen Ta-
gen, Klausurtagungen mit Fachleuten aus dem Schulwesen, der
Wirtschaft oder Hochschule (Schulpsychologen, Trainern oder
Moderatoren usw.) oder extern in Einrichtungen der Lehrerfort-
bildung, Bildungsakademien, Volkshochschulen etc.
Die Weiterentwicklung der Gesprächs- und Streitkultur an
Schulen kann durch moderierte Konferenzen, Arbeitskreissit-
zungen und Teambesprechungen gefördert werden. Nicht nur
Kommunikations- und
Konfliktfähigkeit
Selbsthilfemaßnahmen
Streitkultur
5352
Gesprächskultur Innere Schulentwicklung
Besemer, Ch.: Mediation - Vermittlung in Konflikten. Darmstadt 1994
Burow, O.-A./Neumann-Schönwetter, M. (Hrsg.):
Zukunftswerkstatt in Schule und Unterricht. Hamburg 1997
Glasl, F.: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern 1994
Hendriksen, J.: Intervision - Kollegiale Beratung in Sozialer Arbeit und Schule.
Weinheim und Basel 2000
Höher, P./Höher, F.: Konfliktmanagement – Konflikte kompetent erkennen und lösen.
Freiburg 2000
Miller, R. (Hrsg.): Schule gestalten. Weinheim u. Basel 1996
Pädagogik 10/1997: Konflikte in der Schule
www.klg.musin.de/ (Klenze-Gymnasium München: Zukunftswerkstatt)
www.ullstein-realschule-fuerth.de (Leopold-Ullstein-Realschule: Leitbild)
www.schulen.regensburg.de/rsaj/ (Realschule am Judenstein)
Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist eine
entscheidende Bedingung für die Schulqualität. Insofern ist
es nur konsequent, wenn innere Schulentwicklung dieses
Miteinander stark betont. Handlungsbedarf resultiert aus meh-
reren Entwicklungen:
➔ Das Nebeneinander unterschiedlicher Lebensstile sowie die
veränderten Familienstrukturen wirken sich direkt auf die
Schule aus. Eine Neubestimmung des Zusammenspiels zwi-
schen Eltern und Schule im Bereich Erziehung ist notwendig.
➔ Die Balance zwischen »Wissensvermittlung« und »Erzie-
hung« als den Aufgaben der Schule wird neu bestimmt, mit
einer stärkeren Akzentuierung des Erzieherischen. Dies bein-
haltet zum Teil eine Neuorientierung der Lehrerrolle.
➔ Schulleitung und Lehrkräfte sehen sich häufig sehr unter-
schiedlichen Erwartungen der Eltern gegenüber. Gleichzeitig
wird die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags an
den Schulen, gerade auch durch einzelne Lehrer, von einem
Teil der Eltern sehr intensiv beobachtet, analysiert und be-
wertet. Für pädagogisches und unterrichtliches Wirken werden
Erklärungen erbeten, zum Teil wird Mitsprache eingefordert.
das Eingehen auf andere und das Geltenlassen der Meinung der
Kollegen werden hier geübt, sondern auch das ziel- und ergeb-
nisorientierte Kooperieren.
Wenn eine Schule sich auf den Weg macht, bleiben Konflikte
nicht aus. Jede Störung birgt aber auch Chancen, eröffnet neue
Perspektiven und initiiert womöglich Kurskorrekturen. Eine
Schule, die ihre Schülerinnen und Schüler in klarer Zielorien-
tierung zu eigenverantwortlichen Menschen und mündigen
Bürgern erziehen will, muss als Lebens-, Lern- und Begegnungs-
raum wertschätzende Kommunikation und kollegiale Konflikt-
lösung vorleben. Wenn Lehrer nicht zusammenarbeiten,
können sie es von den Schülern nicht verlangen. Wenn Theorie
und Praxis aber eine Einheit bilden, wenn das Verhalten von
Lehrerin und Lehrer den vermittelten Lerninhalten entspricht,
dann ist die beste Voraussetzung für überzeugendes Unterrichten
und Erziehen gegeben.
3.6 Zusammenarbeitzwischen Eltern und Schule3.6.1 Gegenwärtige Bedingungen
der Zusammenarbeit
Innere Schulentwicklung Zusammenarbeit mit Eltern
Literaturhinweise
Links
Störung als Chance
5554
Zusammenarbeit mit Eltern Innere Schulentwicklung
Schule muss sich heute also auch in neuer Weise rechtfertigen.
Diese Entwicklung darf sie aber nicht in eine reine Verteidigungs-
position bringen, im Gegenteil: Sie sollte offensiv als Chance
begriffen werden, möglichst alle Eltern in eine Mitverantwortung
für ihre Kinder und für die Schule als Ganzes einzubinden.
Eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule
führt zur Klärung der Rollen und Aufgaben sowie zu einem besse-
ren gegenseitigen Verständnis. Diese Kooperation zu entwickeln
braucht einen langen Atem und intensives Bemühen auf beiden
Seiten. Aber beide sind am Gelingen interessiert, da sie ein
gemeinsames Anliegen eint: Kindern und Jugendlichen die best-
mögliche Förderung und Bildung zu ermöglichen und sie so zu
qualifizieren, dass sie für ihr zukünftiges Leben gut gerüstet sind.
Der Kommunikation in vorurteilsfreier Atmosphäre ohne
Misstrauen und Ängste kommt große Bedeutung zu. »Vertrau-
ensbildende Maßnahmen« können durch folgende Bausteine
der Elternarbeit gefördert werden:
➔ Moderierte Elternabende, die möglichst mit Beteiligung der
Schüler stattfinden und die Eltern in den Verlauf intensiv ein-
binden.
Beispiel: Ein moderierter Klassenelternabend der 8. Jahrgangs-
stufe, vorbereitet von einer Schülergruppe. Am Flipchart hängt
die Tagesordnung, durch das Programm führt die Klassenspre-
cherin. An den Gruppentischen werden in aus Lehrer(n), Eltern
und Schüler(n) bestehenden Gruppen die vereinbarten Themen
diskutiert, etwa: Wie können gute Schüler ihren schwächeren
Mitschülern helfen? Welche Möglichkeiten gibt es, dass sich
Eltern und Schüler über den Unterricht hinaus engagieren?
Eltern präsentieren die Ergebnisse der Tischgruppen. Zum
Abschluss werden die Maßnahmen zusammengestellt, die man
gemeinsam anpacken möchte (z. B. Hausaufgabendienst bei
Erkrankungen bzw. begründeter Abwesenheit von Schülern).
➔ Gemeinsame Pädagogische Abende für Lehrer und Eltern:
Bewährt haben sich z. B. Gespräche mit Experten zu einem
bestimmten Thema, etwa »Veränderung der Eltern- und Lehrer-
rolle in der Pubertät der Schüler«.
➔ Pädagogische Workshops für Eltern, die eine aktive Beteiligung
ermöglichen (z. B. Durchführung einer Lernspirale zum Thema:
»Wie bereitet ein Schüler eine Klassenarbeit richtig vor?«).
Dabei erleben Eltern Unterricht hautnah, indem sie mit densel-
ben Methoden arbeiten wie ihre Kinder.
➔ Gemeinsame Fortbildung von Lehrern und Eltern, beispiels-
weise zum Thema »Kommunikation und Konfliktlösung«;
ein Baustein könnten Techniken der Gesprächsführung in der
Elternsprechstunde sein.
➔ EPA-Elterntraining (European Parents Association), in dem
Eltern in Moderationsmethoden geschult werden, um gemein-
sam Problemlösungen zu finden.
Die Bereiche der Zusammenarbeit leiten sich z. B. aus folgenden
Fragestellungen ab:
➔ Welche Wertvorstellungen vertreten und setzen wir um im
schulischen Alltag und außerhalb der Schule? Gibt es in den
Bereichen »Wertvorstellungen« und »Erziehung« einen
Konsens von Kollegium, Schulleitung, Eltern und Schülern?
➔ Welche Aktivitäten haben sich im schulischen Alltag bewährt
(z. B. die Mitgestaltung von schulischen Festen oder Exkursio-
nen) und welche neuen Wege sollen beschritten werden (z. B.
die Teilnahme von Eltern an Unterrichtsstunden zum Kennen-
lernen neuer Methoden, etwa am Tag der offenen Tür)?
➔ Wäre eine gemeinsame Projektgestaltung denkbar? Die breite
Palette von Möglichkeiten reicht von Projekten zur Pausen-,
Exkursions- und Schulhausgestaltung über Sonderaktionen
(z. B. autofreier Schultag an beruflichen Schulen) bis hin zur
gemeinsamen Schuljahresplanung, etwa im Hinblick auf
außerunterrichtliche Aktivitäten wie Projekttage, Schüleraus-
tausch usw.
➔ Inwieweit besteht Bereitschaft für (finanzielle) Unterstützung
in Form von Zuwendungen für Preise, von sachbezogenen
Spenden, individuellem Sponsoring, aber auch im Hinblick auf
eine Öffnung gegenüber Firmen, z. B. bei der Einführung von
modernem Schulmanagement?
➔ Welche Möglichkeiten bestehen, die berufliche und gesell-
schaftliche Kompetenz der Eltern einzubeziehen, z. B. im Fach-
und Wahlunterricht, bei Veranstaltungen zur beruflichen
Orientierung und bei der Kooperation zwischen Schule und
Wirtschaftsunternehmen?
3.6.2 Bereiche der Zusammenarbeit
3.6.3 Bausteine der Elternarbeit
3.6.4 Der strukturelle Rahmen
der Zusammenarbeit
Innerhalb des Schulbetriebs ist es sinnvoll, eine offene Ge-
sprächskultur zu pflegen und diese durch einen strukturellen
Rahmen zu verankern. Die genannten »Bausteine« der Eltern-
arbeit benötigen ein tragendes Fundament und müssen durch
Innere Schulentwicklung Zusammenarbeit mit Eltern
»Vertrauensbildende
Maßnahmen«
Offene
Gesprächskultur
Gemeinsames
Anliegen
57
Innere Schulentwicklung Mitwirkung
56
Zusammenarbeit mit Eltern Innere Schulentwicklung
organisatorische Klammern zusammengehalten werden, damit
sich nachhaltige Zusammenarbeit verwirklichen lässt. Im Schul-
alltag kann diese zum Beispiel durch folgende Maßnahmen Ge-
stalt annehmen:
➔ Jour fixe des Elternbeirats mit der Schulleitung,
➔ pädagogische Konferenz mit Beteiligung des Elternbeirats,
➔ gemeinsam von Schule und Eltern gestalteter, vom Schul-
leiter verantworteter regelmäßiger »Schulbrief« als Mitteilungs-
organ aller Beteiligten,
➔ regionale Vernetzung mit anderen Schulen und Institutionen,
z. B. als »Forum Eltern-Lehrer-Schüler« (FELS).
Für die Tragfähigkeit des Schulentwicklungsprozesses kommt
aber auch der Gremienarbeit große Bedeutung zu. Hier gilt
es u. a., die Funktion des Schulforums zu stärken. Überlegungen,
diesem Gremium mehr Entscheidungskompetenz zu überant-
worten, zielen dabei ebenso in diese Richtung wie Vorschläge,
die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Eltern auszubauen (Mit-
arbeit der Eltern am Leitbild der Schule usw.).
Unterstützung erhält diese Arbeit durch die Elternverbände oder
die Fortbildungseinrichtungen. Damit die Schulen – auch im
Hinblick auf eine verstärkte Elternmitwirkung – voneinander
lernen und ihre Erfahrungen austauschen können, wäre die
Nutzung des Internet hilfreich. Einen Einstieg bietet das Schul-
entwicklungsportal (vgl. unten).
In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Rahmenbedingun-
gen mit großer Dynamik verändert und damit auch eine andere
Ausgangslage für Handeln im (staatlichen) Bildungssystem ge-
schaffen. Insbesondere hat es sich herausgestellt, dass zahlreiche
Aufgaben der Schule nicht mehr einheitlich zentral geregelt
werden müssen, sondern dass es günstiger ist, sie in die Verant-
wortung der Einrichtung vor Ort zu legen. Die gleiche Entwick-
lung ist innerhalb der Einzelschule notwendig: Aufgaben und
Verantwortung werden von der Schulleitung an Teams oder
Einzelne delegiert, die Lehrkräfte und – je nach Gegebenheit –
auch die Eltern und Schüler werden in Entscheidungsprozesse
einbezogen. Folglich müssen die Voraussetzungen für eine
solche Mitwirkung und Mitgestaltung, für »Demokratie in der
Brandau, J.: Miteinander geht’s besser. Wien 1984
Hepp, G. (Hrsg.): Eltern als Partner und Miterzieher in der Schule.
Wege und Möglichkeiten zu einer pädagogischen Kooperation. Stuttgart 1990
Kowalczyk, W./Ottich, K.: Erfolgreich starten: Elternabende mit Pfiff.
In: Pädagogische Welt 47 (1993), S. 398-405
Miller, R.: »Mit Lehrern kann man ja doch nicht reden!«
»Eltern wissen immer alles besser!« Über den geduldigen Aufbau der
Kommunikation. In: Pädagogik 44 (1992), S. 26-30
www.km.bayern.de/eltern/index.html (Eltern-Seite des Staatsministeriums)
www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des
Staatsministeriums)
www.bildungsserver.de/ (unter »Eltern« Links zu Elternvereinigungen)
www.epa-parents.org (European Parents’ Association)
www.ph-heidelberg.de/org/ifw/lili/elternarbeit.htm (Literaturliste)
3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung
Demokratie in der Schule
Literaturhinweise
Links
Mitwirkung in
Gremien
59
Innere Schulentwicklung Mitwirkung
58
Mitwirkung Innere Schulentwicklung
Schule«, ausgebaut werden. Zwei Felder, die ineinander greifen
und sich gegenseitig bedingen, verdienen dabei besondere
Aufmerksamkeit:
➔ Prinzipien der Gestaltung und der Verwaltung der Schule;
➔ demokratische Prinzipien als Leitgedanken in Unterricht
und Erziehung.
Demokratie in der Schule meint etwas anderes als die spiegel-
bildliche Übertragung eines parlamentarischen Systems bzw. der
entsprechenden Verfahrensweisen auf den schulischen Bereich.
In der modernen Schule müssen sich Prozesse und Gegeben-
heiten entwickeln, die über einen längeren Zeitraum für alle
Beteiligten gültige Arbeitsgrundlage sind. Dies gelingt nicht allein
mit Mehrheitsentscheidungen. Möglichst alle – Lehrer, Schüler,
Eltern – müssen einbezogen und auf Dauer motiviert werden.
Dazu bedarf es der Regelung im Konsens. Zu begründen ist dieser
Anspruch zudem damit, dass die meisten Prozesse in der Schule
kommunikative Beziehungen zwischen Menschen betreffen.
Gerade deshalb bedarf es sensibler Vorgehensweisen, die auf
Konsens und gemeinsame Vereinbarung hin angelegt sind.
Demokratie in der Schule heißt also Entwicklung einer Verein-
barungskultur zwischen allen Beteiligten und zwischen allen
Ebenen.
Demokratisierungsprozesse im Bereich der Gestaltung und Ver-
waltung der einzelnen Schule sind durchaus möglich. Eine
zentrale Rolle spielen dabei – wiederum auf allen Ebenen – die
Übernahme (und damit verbunden auch die Übergabe) von
Verantwortung sowie die Eigenständigkeit und Selbstbestimmt-
heit innerhalb eines bildungspolitisch und juristisch vorgegebe-
nen Rahmens als Voraussetzung für die Selbstorganisation der
Schule. In Verbindung mit kontinuierlicher Evaluation kann
dann die Schule ihre Arbeit entsprechend ausgestalten. In der
Diskussion sind u. a. folgende Ansätze:
➔ Die Schule entscheidet – im vorgegebenen Rahmen – eigen-
ständig über Finanz- und Zeitbudgets, z. B. über die Verteilung
von Lehrerstunden; auch bei der Einstellung von Lehrkräften
ist die Mitentscheidung der Schule gefragt.
➔ Bestimmte pädagogische Belange der Schule werden in Teams
bearbeitet. Die so vorbereiteten Entscheidungen werden ge-
meinschaftlich getroffen und von Lehrern, Schülern und Eltern
mitgetragen und mitverantwortet. Dazu werden geeignete
Strukturen für die Zusammenarbeit geschaffen bzw. beste-
hende, gesetzlich vorgesehene Gremien der Lehrer, Schüler und
Eltern stärker miteinander vernetzt.
Aufbau eines Vertrauens-
verhältnisses zwischen
Elternhaus und Schule
➔ Die Schulleitung ist stärker auf kollegiale Zusammenarbeit
und Unterstützung von innen (»kollegiale Schulleitung« im
Team) angelegt. Gleichermaßen gewinnt die Zusammenarbeit
mit dem Sachaufwandsträger, mit der Schulaufsicht und den
Partnern in der Region an Bedeutung.
➔ Die lokale Kooperation mit den Kirchen, mit Wirtschaftsbe-
trieben, Vereinen, Behörden etc. öffnet die Schule und er-
möglicht eine Orientierung von Bildung und Erziehung am
»Ernstfall Leben« (vgl. Kapitel 3.8).
➔ Möglichst alle Beteiligten, vor allem auch die Kinder und
Jugendlichen, sollten in die Entscheidungsprozesse nach ihren
jeweiligen Möglichkeiten einbezogen werden, etwa im Rahmen
von Schulparlamenten.
Demokratische Schulkultur verlangt ein entsprechendes Rollen-
verständnis bei allen an Schule Beteiligten. Kommunikation
und Kooperation sind besonders wichtig, Abschottung und
Einzelkämpfertum müssen überwunden werden. Folgende Bei-
spiele sollen schlaglichtartig aufzeigen, was in der Praxis vor
diesem Hintergrund möglich ist und z. T. auch bereits an einzel-
nen Schulen vollzogen wird, wie man beim Bildungskongress
in Augsburg im April 2000 sehen konnte. Es genügt nicht, über
Demokratie zu reden, man muss sie leben. Dazu gibt es im
schulischen Kontext eine ganze Reihe von konkreten Hand-
lungsbereichen.
Regelung im Konsens
Übernahme von
Verantwortung
Demokratische
Schulkultur
Durch verstärkte Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern
und Schülern können mehr Transparenz, höheres Problembe-
wusstsein und konsequentes Handeln im alltäglichen Miteinan-
der erreicht werden. Unterstützt werden solche Prozesse u. a.
durch das Angebot von Begegnungsmöglichkeiten bei Klassen-
feiern, Elterncafés, Ausflügen und bei gemeinsamen Arbeiten
für die Schule (Pausenhof, Schulhausgestaltung etc.).
➔ Aufbau eines Vertrauensver-
hältnisses zwischen
Elternhaus und Schule
➔ Partnerschaftlicher Umgang
mit Konflikten
➔ Übernahme von
Verantwortung für das
gesamte Schulleben
➔ Selbstbestimmtheit in
Lernprozessen
Handlungsbereiche
61
Innere Schulentwicklung Mitwirkung
60
Mitwirkung Innere Schulentwicklung
Ordnungswidriges
Verhalten
1. Abfall liegen lassen
2. Spucken im Hof, in den Toiletten,
im Klassenzimmer
4. Beschädigung fremder Sachen
(Bei Beschädigung von Fahrrädern
tritt wegen aktueller Anlässe sofort
Maßnahme 1 in Kraft.)
6. Aufsichtspersonen ärgern (Haus-
meister, Mittagsaufsicht, Busbeglei-
ter)
Obwohl wir in der Regel liebe, brave und ordentliche
Schüler sind, hielten es unsere Lehrer für sinnvoll, für den
Fall der Fälle vorzusorgen. Deshalb überlegten wir in den
Klassen gemeinsam, welche »Maßnahme« im Bedarfsfall
gerecht sei. In der Klassensprecherversammlung wurden
die Vorschläge gesammelt und im Schulforum bespro-
chen und beschlossen. Zu Beginn eines jeden Schuljahres
wird unser Schulrecht in der Klassensprecherversamm-
lung neu diskutiert und überarbeitet. Durch unsere Unter-
schrift können wir uns damit einverstanden erklären.
Folgen für dieses Verhalten im
Wiederholungsfall mit verschärften
Maßnahmen
Während der Mittagspause Hofdienst
bzw. Zimmerdienst
1. Reinigen der betroffenen Sachen
(Spiegel, Jacken) und Entschuldigung
beim Mitschüler
2. wie 1. und Mitteilung an die Eltern
1. Schaden gutmachen durch Eigen-
leistung wo möglich, z. B. Wände
streichen oder durch Bezahlen des
Schadens
2. wie 1.+ Mitteilung
1. eine Woche besonders höflich und
nett sein (entfällt bei Beleidigung,
dann sofort 2.) , Aufsatz über »Mam-
minger Schulrecht«
2. Mitteilung an Eltern
3. Schriftlicher Verweis
(immer entschuldigen!)
Kontrolle
Schüler meldet sich beim Reinigungs-
personal
Lehrer verständigt Reinigungsperso-
nal bzw. Hausmeister
Lehrer verständigt Reinigungsperso-
nal bzw. Hausmeister
Klassleiter
Klassleiter nach Rücksprache bei der
Aufsichtsperson
Diese Vorschläge wurden von der Klassensprecherversammlung erarbeitet und im Schulforum beschlossen.
Name: _______________________________ Vorname: ____________________________ Klasse: _____________________________
Ich bin mit den oben dargestellten Vorschlägen zur Einhaltung unserer schulischen Ordnung einverstanden
und werde mich daran halten.
Mamming, ____________________________________________________________________________________________________________
Datum, Unterschrift des Schülers/der Schülerin
Das Mamminger Schulrecht (Auszug)Was passiert, wenn wer was anstellt?
Durch (zunächst versuchsweise) Einführung von »Klassen-
räten«, »Schülerrat«, »Schulvollversammlung« und »Arbeits-
ausschüssen« erleben die Schüler zum einen die Schwierigkeit
und die Notwendigkeit, unterschiedliche Auffassungen zu dis-
kutieren, Meinungsverschiedenheiten auszutragen und gemein-
sam Entscheidungen zu treffen, andererseits aber auch den
Erfolg dieser oft sehr mühsamen Prozesse. Die Rücksichtnahme
aufeinander und das persönliche Zurückstecken werden dabei
zu einer Pflicht. Die Struktur der Gremien sollte Kontinuität in
der Arbeit ermöglichen. In höheren Jahrgangsstufen (z. B. im
Gymnasium) sind weiter differenzierte Formen der Mitwirkung
und Mitverantwortung möglich.
Die tagtägliche Lernarbeit leistet ebenfalls einen Beitrag bei der
Erziehung zur Demokratie. Schüler müssen heute vorrangig
lernen, ihre Lernarbeit selbstständig und eigenverantwortlich
durchzuführen. Dies muss aber auch bei der Gestaltung des
Unterrichts durch den Lehrer zur selbstverständlichen Praxis
werden. In diesem Bereich vollziehen sich gegenwärtig bedeut-
same Umbrüche, indem der Lehrer seine Rolle erweitert und
stärker als Lernberater gestaltet. Die Respektierung der Eigenver-
antwortlichkeit für den individuellen Lernprozess ist prinzipiell
in allen Jahrgangsstufen möglich (vgl. Kapitel 3.2).
Demokratie muss Leitbild und Prinzip der pädagogischen
Arbeit sein. Zur Erfüllung dieses Anspruchs kann Schulentwick-
lung einen unverzichtbaren Beitrag leisten.
Bekannte Beispiele hierfür sind das »Mamminger Schulrecht«
(HS Mamming) sowie das Konfliktlotsen-Modell (z. B. VS Peters-
aurach, vgl. unten). Durch gemeinsame Beratung über die
Regeln des Zusammenlebens an der Schule wächst die Einsicht
in deren Notwendigkeit. Der persönliche Einsatz für die Auf-
rechterhaltung und Weiterentwicklung der Regeln ermöglicht
das Einüben demokratischer Verhaltensweisen in der täglichen
Praxis. Entscheidend ist die gemeinsame, selbstbestimmte Arbeit
an Verträgen, Problemlösungen und Sanktionen.
Übernahme von
Verantwortung für das
gesamte Schulleben
Selbstbestimmtheit
in Lernprozessen
Partnerschaftlicher
Umgang mit Konflikten
63
Innere Schulentwicklung Öffnung der Schule
62
Mitwirkung Innere Schulentwicklung
Innere Schulentwicklung und Öffnung von Schule bedingen
sich gegenseitig. Schulentwicklung hat lebensnahes, praktisches
und nachhaltiges Lernen als Beitrag zur Qualitätssteigerung des
Unterrichts zum Ziel. Lernen in der Praxis trägt Entscheiden
des zur Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen bei. Eine
stärkere Profilbildung, die den Gegebenheiten des Umfelds ent-
spricht, sowie eine intensivere Kooperation mit Partnern vor
Ort ist Anliegen vieler Schulen. Für diese Ziele müssen sich die
Schulen ihrem Umfeld gegenüber mehr als bisher öffnen.
Der Begriff »Öffnung der Schule« ist vielfältig und facetten-
reich; mit ihm werden Konzepte einer »Stadtteilschule«,
»offenen Schule«, »Nachbarschaftsschule« bis hin zur »Projekt-
schule« abgedeckt. So unterschiedlich die jeweilige Ausprägung
auch sein mag, im Kern meint Öffnung der Schule vielfältige
und intensive Verknüpfungen des Lebens in der Schule mit
dem in der Gemeinde.
Die Diskussion um das Konzept tätigt Anleihen aus dem weiten
Feld der »Community Education«, deren Grundidee es ist, die
bisher in der Regel nebeneinander existierenden Bereiche
Bildungseinrichtungen und »reales Leben« im Stadtteil, in der
Gemeinde oder in der Region auf der anderen Seite zu ver-
netzen, damit sich der alte pädagogische Leitspruch »non
scholae sed vitae discimus« bewahrheiten kann. Kooperation
3.8 Öffnung der Schule
3.8.1 Was meint »Öffnung der Schule«?
Fountain, S.: Wir haben Rechte ... und nehmen sie auch wahr. Mühlheim 1996
Hövel, W.: Die Rechte der Kinder – Freinet-Pädagogik. Bremen o. J.
Mücke – Unterrichtsreihe für die Grundschule: Kinder mischen mit. Wiesbaden o. J.
Voß, R. (Hrsg.): Die Schule neu erfinden. Systemisch-konstruktivistische
Annäherungen an Schule und Pädagogik. Neuwied 1999
www.demokratisch-handeln.de (Aktion »Demokratisch Handeln – Ein Förder-
programm für Jugendliche«; Friedrich-Schiller-Universität Jena; mit weiter-
führenden Links)
www.ahs.uni-osnabrueck.de (Aktion Humane Schule)
www.fmi.uni-passau.de/schule/schulen/mamming/vsmhome.htm (HS Mamming)
www.shuttle.de/m/g-h-r/ (HS am Gerhard-Hauptmann-Ring München)
http://freinet.paed.com/ (Freinet-Kooperative e. V. - Bundesverband der
Freinet-Pädagogen)
Literaturhinweise
Links
Die Volksschule Petersaurach
(Grund- und Hauptschule mit ca.
400 Schülerinnen und Schülern)
begann 1998 im Rahmen ihres
Schulentwicklungsprogramms
das Projekt »Gewaltfreie
Schule«. Ziel war es, die Inter-
aktion und Kommunikation
zwischen Schülern, Lehrern und
Eltern zu optimieren. Dazu sollte
ein Höchstmaß an Transparenz,
Mitbestimmung und Koopera-
tion, aber auch Verantwortung
und Selbsttätigkeit bei allen
Beteiligten entwickelt werden.
➔ Nach einer gemeinsamen
Ideensammlung und -prüfung
im Kollegium wurden sechs ver-
schiedene Arbeitsgruppen ein-
gerichtet:
1. Lehrervorstellung: Alle in ei-
ner Klasse unterrichtenden Lehr-
kräfte trafen sich am Schuljahre-
sanfang mit den Schülern, um
über die Erwartungen und Ziele
zu sprechen und so eine grund-
legende Transparenz zu schaffen.
2. Schulrecht: In dieser Arbeits-
gruppe wurde über eine Schul-
hausordnung im Konsens zwi-
schen Eltern, Schülern und Leh-
rern verhandelt. In demokrati-
schen Abklärungsverfahren (z. B.
im Rahmen der Klassensprecher-
versammlung, des Kollegiums
etc.) wurden sozial unverträgli-
che Verhaltensweisen benannt
und mit Sanktionen belegt.
3. Schlichtung: Schüler der Jahr-
gangsstufen 8 und 9 wurden
zu Streitschlichtern ausgebildet,
die im Rahmen des Schulrechts
bei Konflikten behilflich sind.
Dazu wurden 4 x 2 Schüler als
Schlichterteams geschult. Wei-
tere Schüler der Jahrgangsstu-
fen 4 und 9 dienen als Pausen-
ordner. Die Helfer und Schlichter
werden öffentlich vorgestellt.
4. Benimmkurs: Prosoziale Ver-
haltensweisen (als Komplemen-
tierung des Schulrechts) wurden
formuliert und in verschiedenen
Zusammenhängen auch trai-
niert. Ältere Schüler überneh-
men Patenschaften für jüngere.
5. Zur Ruhe kommen: Es wurde
eine Meditationskiste herge-
stellt, die ausgeliehen werden
kann und dazu dient, Übungen
zum Aggressionsabbau in den
Klassen und Gruppen durchzu-
führen.
6. Pausengestaltung: Um die
Aggressivität in der Pause zu
mindern, wurden Pausenkisten
für sinnvolle Beschäftigungen
gefüllt. Außerdem wurden im
Sportunterricht alte Spiele
vorgestellt und eingeübt. Die
Klassenlehrkräfte propagierten
diese Spiele auch in ihren
Klassen.
Das »Petersauracher Schulrecht«
wurde im Mai 1999 im Schul-
forum verabschiedet und stieß
bei den Eltern auf große Reso-
nanz. Von seinem Wesen her ist
es stets offen für Modifikationen;
im März 2000 wurde es erst-
mals im Schulforum revidiert.
Damit ist es zu einem lebendigen
Bestandteil demokratischen
Lebens an der Schule geworden,
der von allen Beteiligten akzep-
tiert wird und somit für allseitige
»Rechtssicherheit« sorgt.
Die gewaltfreie Schule – Ein Projekt an der VS Petersaurach
Kontakt über: www.petersaurach.de/schule
65
Innere Schulentwicklung Öffnung der Schule
64
Öffnung der Schule Innere Schulentwicklung
Wenn Schüler mit ihrem Lernergebnis an die Öffentlichkeit
treten, ist damit sicherlich zum einen eine höhere Motivation
verbunden, zum anderen ist Authentizität gegeben. Dem Nach-
haltigkeitsanspruch an das Lernen wird auf diese Weise in be-
sonderer Form nachgekommen. Präsentiert z. B. eine Schulthea-
tergruppe ihr erarbeitetes Theaterstück oder Musical im Stadt-
theater, so liegt für die Beteiligten – aber auch für die gesamte
Schule – mit Sicherheit ein besonderer Reiz und Anspruch darin.
Ähnlich ist dies, wenn Schüler »Radio machen« und im Lokal-
sender auf Sendung gehen oder in Zusammenarbeit mit der
Zeitungsredaktion (regelmäßig) eine Seite der (Lokal-)Zeitung
gestalten. Dieser höhere Anspruch wird auch spürbar, wenn
z. B. ein Teil der im Kunstunterricht erstellten Arbeiten für »Eine
Welt-Aktionen« zur Verfügung gestellt wird.
Schulen sind keine »sozialen Inseln«. Der »Blick über den
Zaun«, etwa in Form der Zusammenarbeit mit Einrichtungen der
Jugendhilfe, Altenarbeit oder anderen Institutionen des sozialen
3.8.2 Welche Ziele verfolgt die Öffnung von Schule?
Seit dem Schuljahr 1997/98 neh-
men bayerische Schulen am
»Projekt JUNIOR« (Junge Unter-
nehmer Initiieren, Organisieren,
Realisieren) teil, das vom Institut
der Deutschen Wirtschaft (Köln)
initiiert wurde. In Bayern ist
der Kooperationspartner das
Bildungswerk der Bayerischen
Wirtschaft (bbw). Im genannten
Projekt haben Schüler ab der
9. Jahrgangsstufe die Möglich-
keit, sich als Unternehmer zu
versuchen.
Befristet auf ein Schuljahr grün-
den 8–10 Jugendliche ein Miniun-
ternehmen und agieren damit –
anders als bei Planspielen – im
tatsächlichen Wirtschaftsleben.
Sie beschaffen Kapital, produ-
zieren und verkaufen Sachgüter
oder erbringen Dienstleistungen,
beschäftigen Mitarbeiter und
entlohnen sie, erstellen Bilanzen
und Geschäftsberichte. Damit
können sie im Unterricht erwor-
bene Kenntnisse in der Praxis
anwenden.
Nach einem Schuljahr wird der
Betrieb aufgelöst und ein mögli-
cher Gewinn an die Anteilseigner
ausgeschüttet. Das Institut
der Deutschen Wirtschaft unter-
stützt die Schüler bei der Be-
treuung der Unternehmen und
übernimmt z. T. die Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit. Im Schul-
jahr 2000/2001 nahmen ca. 38
bayerische Miniunternehmen
aus unterschiedlichen Regionen
und Schularten an JUNIOR
teil. Die erfolgreichsten Unter-
nehmen können sich jeweils
(noch einmal) in einem Landes-,
Bundes- und Europawettbewerb
messen. Ihre Aufgabe ist es,
ihre Geschäftsideen und -strate-
gien der Öffentlichkeit und
einer Jury in Form eines Messe-
standes und einer Kurzpräsen-
tation vorzustellen.
»Projekt JUNIOR«
mit Partnern vor Ort ermöglicht es, einerseits das Wissen und
die Erfahrung außerschulischer Experten Gewinn bringend zu
nutzen, andererseits kann auch die Schule gezielt(er) auf das
schulische Umfeld einwirken. Aus der Fülle der Beispiele werden
hier einige herausgegriffen: Betriebspraktika und »Schnupper-
lehren« (z. B. im Rahmen der Vorbereitung auf die Berufswahl),
das Projekt »Junior – Schüler gründen ihr eigenes Unternehmen
und vermarkten ihr Produkt«, das in Zusammenarbeit mit dem
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) durchgeführt
werden kann, und der Schulsozialdienst.
Umfelds, mit Unternehmen, politischen Organisationen, Verbän-
den und Kultureinrichtungen (wie Theater, Kleinkunstbühnen,
Museen usw.) kann den Unterricht und die Erziehungsarbeit, die
an der Schule geleistet werden – besonders auch im Hinblick auf
Persönlichkeitsbildung und Werteerziehung – sehr bereichern.
Durch derartige Maßnahmen kann der Schüler besser als allein
durch theoretische Beschäftigung dazu befähigt werden, als
mündiger Staatsbürger soziale Verantwortung zu übernehmen.
In allen Schularten wird ein solches »Lernen vor Ort« in Fach-
lehrplänen (z. B. in Religionslehre, Ethik, Sozialkunde, Heimat-
und Sachkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre bzw. Arbeitslehre)
bereits explizit gefordert, jedoch ist es auch im Sinne des »Ge-
samtsystems Schule«, die Schüler möglichst früh auf die sie um-
gebende und sich stetig wandelnde Wirklichkeit vorzubereiten
und hinzuführen.
Beispiel: Damit Schüler nicht »nur« in der Theorie Lebens- und
Problemfelder kennen lernen, bietet es sich an, ihnen durch
einen auf einen längeren Zeitraum (z. B. ein Schuljahr) angeleg-
ten Sozialdienst oder ein (freiwilliges) Sozialpraktikum prakti-
sche Erfahrungen zu ermöglichen. So gehört es z. B. zu den
freiwillig übernommenen Aufgaben eines Sozialdienstes im
Rahmen der Nachbarschaftshilfe, für alte und/oder behinderte
Menschen einzukaufen, ihnen bei alltäglichen Arbeiten zu
helfen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Dabei
gilt es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Die Schüler
übernehmen für einen gewissen Zeitraum Verantwortung für
einen Mitmenschen; sie werden dadurch zum Überdenken und
Hinterfragen ihrer eigenen Rolle und Position in der Gesellschaft
angeregt. Ohne Zweifel wird auf diese Weise der Reifeprozess
der jungen Menschen positiv beeinflusst.
3.8.3 Von der Idee zur Umsetzung
Motivation
und Authentizität
»Blick über den Zaun«
Sozialpraktikum
ENTSCHEIDUNG FÜR DIE ARTDES KONTAKTS
(z. B. wirtschaftlicher, politischer, sozialer oder künstlerischer Bereich) unter Einbeziehung von Schulleitung, Lehrern, Schülern und Eltern
KONTAKTAUFNAHME UNDERSTGESPRÄCH
Ziel: langfristig angelegte und institutionalisierte Kooperation von gleich-berechtigten Partnern (evtl. sogar Vertragsabschluss)
DURCHFÜHRUNG DER
MASSNAHMEmit Dokumentation (evtl. filmisch) und abschließender Präsentation
EVALUATIONder Einzelmaßnahme und des Gesamtkontakts unter Einbeziehung aller Beteiligten
(unter Einbeziehung der Partner, wenn möglich vor Ort), Ziel: handlungsorien-tierte Formen (z. B. Beobachtungsaufträge, Befragungen von Mitarbeitern)
DETAILLIERTE VORBEREITUNG
DER EINZELMASSNAHME
➔➔
➔➔
67
Innere Schulentwicklung Neue Medien
66
Öffnung der Schule Innere Schulentwicklung
Der dargestellte Prozessverlauf lässt sich – z. T. mit leichten
Veränderungen – auf die Zusammenarbeit mit vielen Institutio-
nen (z. B. Unternehmen, Verbänden, Kultureinrichtungen)
anwenden.
Um eine bestmögliche Verankerung der Zusammenarbeit zu er-
reichen, empfiehlt es sich, die Partnereinrichtung aktiv ins
Schulleben einzubeziehen, z. B. durch Einladungen zu Schul-
veranstaltungen wie Konzerten, Schulfesten, Pädagogischen
Tagen, schulinternen Fortbildungsveranstaltungen und
Konferenzen.
Da solche Partnerschaften bisher weder für Unternehmen bzw.
Institutionen noch für die meisten Schulen eine Selbstverständ-
lichkeit sind, ist am Anfang das gegenseitige Kennenlernen
besonders wichtig, damit evtl. vorhandene Vorurteile oder
Widerstände abgebaut werden. Kontakte sollten möglichst von
Anfang an nicht (nur) auf den Aspekt Finanzen (Sponsoring)
reduziert werden.
Die Schulen sind mit Computern ausgestattet – natürlich nie
ganz ausreichend und nie auf dem jeweils aktuellsten Stand –
und sie sind am Netz. Es gibt auch kaum noch Lehrer, die den
Computereinsatz öffentlich ablehnen. Und die Schüler pflegen
mittlerweile eine nüchterne Haltung zum oft genug lästigen
Arbeitsmittel Computer. Die Euphorie der Pionierzeit ist an-
scheinend vorbei.
Warum also den »Neuen Medien« eine eigene Rolle in der
Schulentwicklung einräumen, zumal einige Entwicklungen so-
gar kontraproduktiv zu wirken drohen? Mit dem Beamer kann
nämlich ein altbackener Frontalunterricht seine Renaissance
feiern, die mögliche Delegation medienpädagogischer Fragestel-
lungen an ein isoliertes Fach »Informatik« könnte deren
Bei der Anbahnung von Kontakten zu sozialen Einrichtungen
können z. B. Caritas und Diakonisches Werk behilflich sein,
bei Kontakten zur Wirtschaft bieten sich die zuständige Indus-
trie- und Handelskammer, die Handwerkskammer sowie das
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft an. Auch die örtlichen
Gruppen des Arbeitskreis(es) Schule/Wirtschaft können wert-
volle Hilfe leisten.
Kuld, L., Gönnheimer, St.: Compassion: sozialverpflichtetes Lernen und Handeln.
Stuttgart 2000
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Gestaltung des Schullebens
und Öffnung von Schule – ein Beitrag zur Qualitätsverbesserung von Schule.
Soest 1997
Lanig, J.: Nürnberger Projektatlas – Angebote für ein handlungsorientiertes Lernen,
hrsg. von der Stadt Nürnberg – Pädagogisches Institut. Nürnberg 1994
Pädagogik, Das Leben in die Schule holen, Heft 2/ 1996
http://home.t-online.de/home/pkg-gersthofen/ (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen:
unter »Projekte« Dokumentation zum Sozialpraktikum)
http://mgfuerstenzell.de/frameset/faecher.htm (Maristen-Gymnasium Fürstenzell:
Beispiele für Öffnung der Schule im Bereich Wirtschaft, u. a. Projekt »Junior«)
www.schulstiftung-freiburg.de/ (Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg: u. a.
Dokumentation von »Compassion – ein Projekt sozialen Lernens«)
www.gunnet.de/smg (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen: Sozialdienst)
3.8.4 Wer unterstützt Schulen?
3.9 Neue Medien
Literaturhinweise
Links
Einbeziehung der
Partner ins Schulleben
Arbeitsmittel
Computer
Produktives
Potenzial für Schul-
entwicklung
➔ ➔
➔
➔
➔
➔
➔
➔ ➔
➔
69
Innere Schulentwicklung Neue Medien
68
Neue Medien Innere Schulentwicklung
fächerübergreifendes Potenzial zunichte machen. Gleichzeitig
müssen auch Bedenken und Befürchtungen der Lehrer ernst
genommen werden: So kann z. B. die automatische Protokollie-
rung des Nutzerverhaltens von Kollegen im Schulnetz unkon-
trollierte, intransparente Überwachungs- und Machtsphären
schaffen.
Die Nutzung der Medien besitzt jedoch ein großes produktives
Potenzial für die Schulentwicklung in den drei Handlungs-
feldern Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung
(vgl. Kapitel 1).
Doch nicht nur die Einbeziehung des Internet macht eine Ver-
änderung im Unterricht nötig. Neue Formen des Lehrens und
Lernens (s. Kapitel 3.2) setzen immer mehr auf »eigenverant-
wortliches Arbeiten«, die Visualisierung von gedanklichen Zu-
sammenhängen oder die Präsentation von Ergebnissen. Hier-
für bietet Computersoftware viele nützliche Werkzeuge. Die
Präsentationen beim jährlichen bayerischen »Landesfestival Neue
Medien« zeigen, dass ältere Schüler heute noch einen Schritt
weiter gehen und komplexe, anspruchsvolle Lernsoftware
schreiben.
Unterricht mit den Neuen Medien wird also effizienter, weil
neue und motivierende Ressourcen genutzt werden und weil sie
den Zugriff auf alle nur möglichen Informations- und Wissens-
bestände eröffnen. Er wird reicher und vielfältiger und er verän-
dert sich innovativ in Richtung eigenverantwortliches Arbeiten.
Entscheidend aber ist, dass die Arbeit am Computer der neuen
»Philosophie« des Lernens entspricht: Sie erlaubt einen hohen
Grad an Individualisierung, ermöglicht bzw. fordert eine expe-
rimentelle, Variationen erprobende Haltung. »Modellierung
von Wissen« wird so sinnlich erlebt. Dies wird den Unterricht
verändern.
Der Lehrer muss dabei – wie sonst wohl in keinem anderem
Bereich – als Begleiter der Arbeitsprozesse fungieren. Der Unter-
richt gewinnt aber nachhaltig nur dann, wenn die Schule in
einem gemeinsamen Entscheidungsprozess einen Plan erarbeitet,
wann in welcher Klasse und in welchem Bereich der Rechner
eingesetzt wird (vgl. unten »Medienplan«).
3.9.1 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung
Das Internet bietet bereits heute eine Überfülle an Informatio-
nen. In Zukunft werden vermehrt schulbezogene Anbieter dazu-
kommen: Private Anbieter sowie staatliche Stellen werden
konkurrierende Bildungsserver und Fachportale betreiben.
Auch das Angebot wird sich qualitativ verbessern, inhaltlich
und technisch (z. B. durch interaktive Videos, 3D-Szenarien,
neue Verteilungswege). Daneben werden die wild wuchernden
Angebote von www.spickzettel.de bis www.nachhilfe.com weiter
anwachsen.
Gegenüber den traditionellen Medien, sei es das autorisierte
Schulbuch oder das Arbeitsblatt des Lehrers, macht die Fülle von
Ergebnissen bei Internetrecherchen die kritische Beurteilung
der Informationen unerlässlich. »Quellenkritik« bekommt so
einen neue Bedeutung: In der täglichen Unterrichtspraxis wird
sie ein absolut notwendiger Teil des Arbeitsprozesses bereits in
der Grundschule.
Präsentationstechnik I
Kommunikationtraining I
Lineare Präsentation von
InformationKlasse 7
Projektabwicklung I
Teamentwicklung IInformationsdesign Klasse 8
Präsentationstechnik II
Kommunikationtraining IIBeschaffungswege für Infor-
mation, Bewertung und
Selektion von Information;
Vernetzung von Information
Klasse 9
Projektabwicklung II
Teamentwicklung II
Vorhandene Kompetenzen in der Oberstufe einsetzen
Klasse 10
Grundlagen Informatik Klasse 6
ALF-Programm,
Grundlagen,
Methodentraining
Klasse 5
Gymnasium OttobrunnMedien- und Methoden-Curriculum
➔ ➔
Gymnasium OttobrunnMedien- und Methoden-Curriculum
Bildungsserver
und -portale
»Quellenkritik«
Werkzeuge
Individualisierung
des Lernens
»Medienplan«
Historische
Quellenbe-
wertung (G)
Internet-
recherche
(E oder D)
Entwicklung
einer den
Inhalt unter-
stützenden
Grafik (Ku)
PROJEKTz. B. Betriebswirtschaft
(WR)
Informations-
darstellung
in vernetzten
Strukturen
(M)
Konfliktbe-
wältigung
(Rk/Ev/Eth
oder D)
Präsentation
von vernetz-
ten Inhalten
(z. B. D)
71
Innere Schulentwicklung Neue Medien
70
Neue Medien Innere Schulentwicklung
Auch im Bereich Organisationsentwicklung kann die Nutzung
der Neuen Medien für Schulentwicklung ein positives Potenzial
entfalten, wenn sie in den Bereichen Kooperation, Führung und
Kommunikation folgende Ergebnisse gewährleistet:
➔ Erhöhung der Effizienz von Arbeitsabläufen,
➔ Schonung menschlicher und ökonomischer Ressourcen,
➔ Zunahme der Transparenz von Prozessen, v. a. von Ent-
scheidungsprozessen, die für die Schule als Ganzes von Bedeu-
tung sind,
➔ Entwicklung von Beteiligungsformen zur Stärkung der Identi-
fikation mit der einzelnen Schule.
gemeinsamen Dokumenten arbeiten, es können komplexe,
gemeinsame Arbeitsplattformen entstehen. Jede Schule muss
hier Modelle entwickeln, wie solche Werkzeuge und Netzstruk-
turen für Organisationsentwicklung genutzt werden können.
3.9.2 Neue Medien und Organisationsentwicklung
Bei der Überlegung, wie Computernetze und -programme im
Bereich Organisationsentwicklung sinnvoll genutzt werden kön-
nen, ist von bestehenden technischen Lösungen auszugehen.
Zum Beispiel können Projektplanungssysteme in Verbindung mit
Intranetlösungen eine sinnvolle Perspektive eröffnen: Virtuelle
Diskussionsforen machen Diskussionsverläufe transparent,
»schwarze Bretter« und »Newsgroups« mit automatisierter Be-
nachrichtigung schaffen ein Optimum an Information. Über ver-
teilte Lese- und Schreibrechte können Schüler und Lehrer an
➔
➔➔
➔ ➔
➔
➔
➔
➔
➔
➔
➔➔
➔
➔
➔ SIS – Schul-Informations-
System
Das SIS ist eine Schulentwick-
lungsmaßnahme. Über das Inter-
net (www.fvls.de) werden näm-
lich alle relevanten Infor-
mationen der Schule an Schüler,
Eltern, Partnerschulen, das
Netzwerk der Realschulen und
die interessierte Öffentlichkeit
weitergegeben, z. B. Projekt-
ergebnisse, zusätzliche Hausauf-
gaben, täglicher Vertretungs-
plan, aktueller Terminplan,
Adressen, Lageplan, Schüler-
zeitung, Jahresbericht, Aktuelles
zu Schulveranstaltungen. Darü-
ber hinaus existiert ein Schüler-
Diskussionsforum u. a. m.
➔ SIN – Schul-Intra-Net
Im SIN – Schul-Intra-Net werden
u. a. ergänzende Lehrmaterialien
(z. B. Mathematik-Vorbereitun-
gen zum Programm Euklid)
und Programme angeboten, die
von Schülern und Lehrern in-
dividuell und je nach Bedürfnis
genutzt werden können. Außer-
dem dient das Intranet als ge-
meinsame Arbeitsplattform
für Projektarbeiten der Schüler.
Im Intranet befinden sich
Prüfungsarbeiten, notwendige
Daten und Arbeitsmaterialien.
Von jedem Raum der Schule
kann auf die Daten des SIN zu-
gegriffen werden. Dazu sind
mobile Rechner-/Video-/Beamer-
Einheiten vorhanden. Für die
Schüler stehen frei zugängliche
Rechner zur Verfügung. Der
Datenzugriff auf das SIN ist nur
innerhalb des Schulhauses
möglich.
Die Kollegen haben die Möglich-
keit, mittels eines gemeinsamen
Datenpools (der z. B. Klassen-
arbeiten, digitalisierte Dias,
MP3-Files, Textdateien, sonstige
Materialien enthält) ihren
Unterricht effektiver vorzuberei-
ten und zu gestalten.
➔ SELF – Schüler-Eltern-Lehrer-
Fortbildung
Schüler, Eltern und Lehrer sollen
dazu befähigt werden, die an-
gebotenen Projekte effektiv
zu nutzen. Während die Schüler
diesen Inhalten im Rahmen des
Unterrichts begegnen, müssen
für Lehrer und besonders
auch für Eltern eigene Fortbil-
dungsveranstaltungen angebo-
ten werden. Dabei sind die
Praxisnähe und Anwendbarkeit
des Gelernten oberstes Ziel.
(www.fvls.de/semik.html)
Wissensmanagement an der Franz-von-Lenbach-Schule Schroben-hausen (Staatliche Realschule) – Ausschnitt aus der Projektbeschreibung im Rahmen des Schulversuchs SEMIK
3.9.3 Neue Medien und Personalentwicklung
Zentraler Ansatzpunkt der Personalentwicklung ist die Lehrer-
fortbildung. Die rasanten Entwicklungen im Bereich Multimedia
und Telekommunikation erfordern ein großes Engagement im
Fortbildungsbereich. Hier sind vor allem innovative Instrumente
des Telelernens zu beachten, wie sie die Akademie für Lehrer-
fortbildung und Personalführung (ALP) bereits in Pilotprojekten
anwendet. In der schulinternen Lehrerfortbildung (SCHILF)
können ebenfalls die neuen Technologien eine wichtige Rolle
wahrnehmen. Gleichzeitig wird in Zukunft die Vermittlung von
Medienkompetenz innerhalb der Lehrerausbildung eine ent-
scheidende Dimension darstellen.
Heute noch in einem Versuchsstadium, morgen wohl selbstver-
ständlich: Stellenbörsen auch für Lehrer an öffentlichen Schulen
werden bald im Internet zu finden sein. Anbieter (Schulen)
und Nachfrager (Lehrer) können dann dort ihre Profile veröf-
fentlichen, um möglichst passgenaue Anstellungen zu ermögli-
chen.
Typische Netzstruktur
Transparenz und
Effizienz
Arbeitsplattformen
im Netz
Medienkompetenz
durch Fortbildung
Stellenbörse
Computer-
raum
Lehrerfort-
bildungIntra-Net
Werbung
Schulhaus-
vernetzung,
Anbau
Medien- und
Methoden-
curriculum
STEUER-
GRUPPE
Design und
Inhalt
Administra-
tion
Kuratorium
Bertelsmann Stiftung, Heinz Nixdorf Stiftung (Hrsg.): Bildungsinnovation
durch Medien. Gütersloh 1997
Langen, C. (Hrsg.): Schulinnovation durch neue Medien. Gütersloh 1999
Tulodziecki, G.: Medien in Erziehung und Unterricht. Bad Heilbrunn 1997
Tulodziecki, G./Blömeke, S. (Hrsg.): Neue Medien – Neue Aufgaben für
die Lehrerausbildung. Tagungsdokumentation. Gütersloh 1997
Wagner, E.: Schulentwicklung mit Neuen Medien, in: SchulVerwaltung BY 7/8/2000
www.schule.bayern.de/ (Bayerischer Schulserver)
www.alp.dillingen.de/ (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung
Dillingen)
www.isb.bayern.de/bf/mvwissen/aufruf.htm (ISB zum Modellversuch
SEMIK – Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und
Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lernprozesse)
www.bildungsserver.de/ (Deutscher Bildungsserver)
www.inis.stiftung.bertelsmann.de/set.htm (Netzwerk innovativer Schulen in
Deutschland (NIS) und Internationales Netzwerk Innovativer Schulsysteme (INIS))
www.netzwerk-medienschulen.de/ (Netzwerk Medienschulen)
www.fvls.de/semik.htm (Projekte an der Franz-von-Lenbach-Schule
Schrobenhausen (Staatliche Realschule) zum Modellversuch SEMIK)
www.m.shuttle.de/m/go/schulentwicklung/go
(Gymnasium Ottobrunn: goWEB-Lernen mit neuen Medien)
www.schulweb.neu-ulm.de (Schulversuch Multimedia und Telekommunikation)
73
Innere Schulentwicklung Neue Medien
72
Neue Medien Innere Schulentwicklung
Ohne die Nutzung der digitalen Medien ist die Schule der Zu-
kunft nicht vorstellbar. Es müssen jedoch unterstützende Rah-
menbedingungen geschaffen werden. Der Schulversuch MUT
(= Multimedia- und Telekommunikation) des Staatsinstituts
für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) hat ergeben,
dass für den Einsatz der Neuen Medien folgende Rahmenbe-
dingungen notwendig sind:
➔ kontinuierliche Fortbildung des Kollegiums,
➔ Professionalisierung der Systembetreuung (Fachkraft, Quali-
fizierungsangebote, Zeitbudget),
➔ technische und didaktische Kompetenzen der Lehrkräfte,
➔ technische Infrastruktur, die aus Sicht der Lehrkräfte stabil
und verlässlich ist,
➔ hohes Engagement der Lehrkräfte,
➔ konstruktive Unterstützung durch die Schulleitung.
Die Verwendung der Neuen Medien setzt bei allen Beteiligten
großes Engagement und Veränderungen auf unterschiedlichsten
Ebenen voraus. Natürlich sind nicht alle Maßnahmen kurz-
fristig realisierbar. Benötigt werden ein offenes, kommunikatives
Klima, Fehlertoleranz in den Kollegien wie auch genügend
Freiräume in den Lehrplänen.
3.9.4 Resümee
Beispiel eines MedienplansNeue Medien im Bereich derdrei Felder der Schulent-wicklung
Literaturhinweise
Links
➔ UNTERRICHTS-ENTWICKLUNGQualitätssteigerung durch ein breites
Angebot u. a. an
■ Lernsoftware
■ Präsentationsprogrammen
■ Bildungsportalen
■ interaktiven Videos
■ Unterrichtsmaterialien im Netz
Qualitätssteigerung durch neue
Methoden
■ erprobendes Arbeiten
(»Modellierung von Wissen«)
■ eigenverantwortliches Lernen
■ ...
➔ PERSONAL-ENTWICKLUNGAusbildung
■ Medienkompetenz für alle Lehrer
Fortbildung (Telelernen und SCHILF)
■ Hardwareschulung
■ Softwareschulung
■ CBT (Computer-Based-Training)
■ veränderte Lehrerrolle
Nutzung für Personaleinstellungen
■ ...
➔ ORGANISATIONS-ENTWICKLUNGEffizienz und Transparenz bei
internen Abläufen mit Hilfe von z. B.
■ Intranet
■ W-LAN (Wireless Local Area
Network)
■ Projektplanungssystemen
■ Diskussionsforen
Effizienter Umgang mit Ressourcen
durch
■ Stundenplanprogramme
■ Systembetreuung
■ ...
UMSETZUNGSPHASE■ Unterrichtsentwicklung (Wann soll in welcher Klasse und in welchem Bereich der Rechner
eingesetzt werden?)
■ Personalentwicklung (An welcher Stelle werden welche Qualifikationen benötigt
und wie kann gewährleistet werden, dass diese auch zur Verfügung stehen?)
■ Organisationsentwicklung (Welche Prozesse können computergestützt optimiert werden?)
EVALUATIONPLANUNGSPHASE■ Erstellung von: 1. Technologieplan,
2. Finanzplan und 3. Fortbildungsplan
■ Projektplanung für die Umsetzung
■ Einrichtung einer Steuerungsgruppe
ZIELFORMULIERUNG■ In welchem Feld der Schulentwicklung
soll gearbeitet werden?
■ Definition von Meilensteinen
AKTUALISIERUNGUND WEITERENTWICKLUNG
DES MEDIENPLANS
IST-ANALYSE■ Welches Know-how ist an der Schule vorhanden?
■ Welche Ausstattung steht zur Verfügung?
■ Welche Erwartungen existieren bei Schülern, Eltern, im Umfeld der Schule?
■ Welche externen Ressourcen stehen zur Verfügung?
➔ ➔
➔➔ ➔
➔
Rahmenbedingungen
75
Innere Schulentwicklung Evaluation
»Qualität ist, wenn der Kunde wieder kommt und nicht das
Produkt.« – Diese griffige Definition aus der Wirtschaft zeigt,
wie ähnlich und zugleich wie verschieden der Qualitätsbegriff in
Wirtschaft und Schule interpretiert werden kann. Wer sind die
Kunden, was ist das Produkt der Schule?
Verschieden ist, dass Erziehung und Bildung äußerst komplexe
Prozesse sind, deren Qualitäten sich nicht einfach am wettbe-
werbsorientierten Marktgeschehen messen lassen, sondern ins-
besondere an Werten, Bildungskonzeptionen, Erziehungszielen
und kulturellen Traditionen.
Ähnlich ist, dass Schule kein Selbstzweck ist, sondern dienende
Funktion hat und Rechenschaft über ihre Leistung(en) ablegen
muss: Kern der schulischen Arbeit ist die Bildung der Schüler.
Als so verstandener »Dienstleistungsbetrieb« wird Schule zu-
nehmend an Qualitätsmaßstäben gemessen und muss sich selbst
die stetige Prüfung von Qualität zur Aufgabe machen. Die
4.Evaluation und Qualitätsentwicklung
Qualität in Wirtschaft
und Schule4
77
Innere Schulentwicklung Evaluation
76
Evaluation Innere Schulentwicklung
bereits dargestellten zentralen Handlungsfelder (vgl. Teil 3) sind
übrigens wichtige Kriterien für Schulqualität.
Die Frage, was Schulqualität ist, ist allerdings nicht so leicht zu
beantworten. So wird man diese kaum allein vom Stand schul-
fachlicher Leistungen her (wie bei TIMSS) definieren können.
Fragt man Schüler, so könnte die Antwort vielleicht lauten:
»Eine Schule, in der ich viele Freunde habe und in der ich nicht
so viele Hausaufgaben bekomme.« Lehrkräfte mögen sagen »Ein
Ort, wo ich gerne arbeite und mich wohlfühle.« Eltern dagegen
könnten anführen: »Eine gute Schule führt mein Kind zu guten
Noten und sicheren Abschlüssen.« Fragt man von außen nach,
z. B. einen Steuerzahler, so wird dieser vielleicht vordringlich
Effizienz einfordern; schließlich kostet eine Lehrerstunde aufs
Jahr gerechnet 4.000 bis 5.000 DM.
Galt bis vor kurzem noch als ausgemacht, dass deutsche, ins-
besondere bayerische Schulen, in punkto Schulqualität Spitze
sind, so haben die Ergebnisse von TIMSS (Third International
Mathematics and Science Study) hierzulande einen heilsamen
Schock ausgelöst. Das wichtigste Ergebnis ist bekannt: Deutsche
Schüler schnitten im internationalen Vergleich in Mathematik
und Naturwissenschaften nur mittelmäßig ab. Dieser – für
viele desillusionierende – Befund wurde mittlerweile bestätigt
durch andere Analysen (u. a. der zentralen Jahrgangsstufentests
in Mathematik und Deutsch an bayerischen Schulen). Auch
deren Fazit lautet: Zu viele Schüler haben deutliche Wissens-
und Könnensdefizite, vor allem in den Bereichen Grundlagen-
kenntnisse sowie problemlösendes und selbstständiges Denken
und Arbeiten.
Drei Fragen helfen weiter, wenn schulintern Qualität ermittelt
werden soll:
➔ Was wollen wir?
➔ Wo stehen wir?
➔ Wie erreichen wir unsere Ziele?
Wurde ein Leitbild oder Schulprogramm entwickelt (vgl.
Kapitel 3.1), stellt sich rasch die Frage: »Wie können wir das
ins praktische Handeln umsetzen?« Dazu müssen den oft noch
globalen, allgemeinen Leitzielen konkrete Inhalte gegeben
werden, indem man Kriterien (Merkmale von Qualität) und
Indikatoren (Kennzeichen) bildet.
Soll z. B. das eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten der
Schülerinnen und Schüler gefördert werden, so ist zunächst
genauer zu klären:
➔ Was ist darunter zu verstehen?
Kriterien (Merkmale) könnten das selbstständige Planen von
Lernprozessen, Teamarbeit und die Beherrschung bestimmter
Methoden sein.
4.1 Schulqualität auf dem Prüfstand
4.2 Woran lässt sich Qualität erkennen?
Es gilt also: Was Schulqualität ist, kann nicht einfach verordnet
werden. Darüber entscheiden die Akteure, indem sie sich über
gemeinsame Kriterien von Qualität verständigen. Deshalb kann
Schule zunächst ihre Qualität selbst am besten bestimmen – in-
terne Qualitätssicherung.
Schulqualität kann sicher unterschiedlich interpretiert werden.
Dies heißt aber nicht, dass der Begriff deshalb beliebig ist und
Qualitätsprozesse künftig ganz ins Belieben der einzelnen Schu-
len gestellt sind. Vielmehr werden etwa verstärkt Maßnahmen
der externen Qualitätssicherung, wie die Formulierung von Min-
deststandards (z. B. beim Grundwissen) und jahrgangsbezogene
Tests (z. B. zur Fach- und Methodenkompetenz), für Vergleich-
barkeit der Unterrichtsqualität sorgen. Beides ist sinnvoll und
notwendig: Die eigene Schule selbst unter die Lupe zu nehmen,
ebenso aber auch den Blick von außerhalb als Chance zur Wei-
terentwicklung zu begreifen.
Der vorrangige Qualitätsbereich von Schule ist klar umrissen: Es
ist der Unterricht und hier wiederum die Qualität der Förderung
der Schülerinnen und Schüler. Dies gilt sowohl in fachlicher
als auch in persönlichkeitsbildender Hinsicht. Alle Verbesserun-
gen müssen die einzelnen Schüler erreichen. Ausgangspunkt
für die Steigerung der Unterrichtsqualität ist die an Qualitätskri-
terien orientierte Evaluation.
Was ist Schulqualität?
Gesellschaft/Wirtschaft Gesetzgeber,
z. B. Lehrpläne
Einzelschule, z. B. Leitbild,
Schulprogramm
➔➔
➔
Befunde
Auffassung
von Schulqualität
Interne
Qualitätssicherung
Externe
Qualitätssicherung
Vorrang der
Unterrichtsqualität
Kriterien und Indikatoren
Wissenschaft, z. B.
Pädagogik/Bildungstheorie
QUALITÄT»was den Anforderungen
von … entspricht«
➔
79
Innere Schulentwicklung Evaluation
78
Evaluation Innere Schulentwicklung
Die Ergebnisse der Evaluation bilden die Basis für jede konkrete
Maßnahme zur Steigerung der Unterrichtsqualität (»Keine
Maßnahme ohne Diagnose«). Allerdings ist Evaluation für viele
Lehrkräfte ein derzeit noch hoch problematischer Begriff. Noch
ist vielen nicht klar: Bedeutet das mehr Kontrolle oder ist es
hilfreich für die Arbeit? Es hat sich deshalb als sinnvoll erwiesen,
mit der Selbstevaluation des Unterrichts zu beginnen, z. B. durch
den Einbau regelmäßiger Schüler-Rückmeldungen im Unterricht.
Die Schlüsselfrage könnte etwa lauten: »Sollten wir Lehrkräfte
nicht selbst ein großes Interesse daran haben zu erfahren, was
unser Unterricht bei unseren Schülern bewirkt und wie wir
das Lernen fördern können?« Mit Selbstevaluation beginnen
heißt also, zunächst den eigenen Unterricht unter die Lupe zu
nehmen. Das Handlungsfeld Unterricht ist äußerst komplex.
Umso mehr brauchen Lehrkräfte Informationen darüber,
z. B. beginnend mit der Frage: »Wie nehmen die Schüler/innen
meinen Unterricht wahr?« Diese Rückmeldung muss, soll das
Vorgehen erfolgreich sein, ohne Kontrolle von außen erfolgen
können. Lehrer und Schüler handeln hier als Lernpartner
autonom. Die Eltern werden natürlich über den Vorgang an sich
informiert.
4.3 Evaluation in der schulischen Praxis
Qualitätsarbeit konkret: Woran lässt sich Qualität überhaupt erkennen? Kartenabfrage
Was wollen wir? ➔ QUALITÄTSLEITZIELE
Was sind die Merkmale? ➔ KRITERIEN
Woran erkennen wir
Entwicklungen?➔ INDIKATOREN
Womit können wir messen
und überprüfen?➔ METHODEN/INSTRUMENTE
gut geklappt?
Was hat bei der Gruppenarbeit deiner Meinung nach …
nicht gut geklappt?
Selbstevaluation
➔ Woran kann man den Vorgang jeweils erkennen?
Ein Indikator wäre z. B. die Zeitdauer, die Schüler für die selbst-
ständige Strukturierung arbeitsteiligen Vorgehens benötigen.
➔ Wie kann der Erfolg gemessen werden?
Hier kommen Methoden/Instrumente wie Zeitmessung, Beob-
achtungs- und Fragebögen, Testaufgaben usw. zum Einsatz.
Entscheidend ist dabei immer die Frage: Woran lässt sich
Qualität erkennen?
Die Evaluation kann auf verschiedene Weise durchgeführt
werden:
➔ Reflexion des eigenen Unterrichts (siehe Beispiel der
Schülerrückmeldung oben);
➔ Unterrichtsbeobachtung durch andere Lehrkräfte mit vorher
vereinbarten, gezielten Beobachtungsaufgaben, wie z. B. Frage-
formen, Verteilung der Lehrer-Schüler-Kontakte, und
Feedback-Gespräche darüber;
➔ standardisierte Leistungserhebungen und Tests (z. B. Ver-
gleichsarbeiten in einer Jahrgangsstufe als Aufgabe der
Fachschaft);
➔ Befragungen von Schülern, Eltern, Lehrkräften (Fragebögen).
Im Kern geht es darum, im eigenen Unterricht und an der
Schule eine »Feedback-Kultur« aufzubauen durch systematische
und kontinuierliche Formen der Rückmeldung. Fremdevaluation
Defizit- und
»Schatzsuche«
81
Innere Schulentwicklung Evaluation
80
Evaluation Innere Schulentwicklung
ergänzt die Innenansicht und verhindert selektive Wahrneh-
mung. Auch sie muss in erster Linie entwicklungsorientiert sein,
d. h. nicht einseitig auf Defizit- und Fehlersuche gerichtet sein,
sondern auf gemeinsame »Schatzsuche«. Dafür spricht auch,
dass gerade für Neues eine feste Basis der Argumentation nötig
ist. Nicht alles, was im Bereich der neuen Lernformen praktiziert
wird, ist an sich schon gut. Deshalb ist z. B. zu fragen: »Was taugt
unsere Freiarbeit? Erreichen wir mit dem Methodentraining die
angestrebten Ziele bei den Schülerinnen und Schülern?« Zur
angepeilten »neuen Lernkultur« gehört eben auch, dass Lehr-
kräfte selbstkritisch nachfragen. Damit erfüllen sie eine Vorbild-
funktion: Schließlich muss die Schule ein Modell dafür sein,
wozu sie erzieht.
Die Erfahrungen, die Lehrerinnen und Lehrer beispielsweise
mit regelmäßigen Befragungen bei ihren Schülern gemacht
haben, mit Lerntagebüchern und anderen Rückmelde-Metho-
den, zeigen jedenfalls: Es lohnt sich!
Baumert, J./Lehmann, R. u. a.: TIMSS – Mathematisch-naturwissenschaftlicher
Unterricht im internationalen Vergleich. Deskriptive Befunde. Opladen 1997
Buhren, C. G. u. a.: Qualitätsindikatoren für Schule und Unterricht.
Ein Arbeitsbuch für Kollegien und Schulleitungen. Dortmund 1999
Czinzcoll, B.: Auf der Suche nach Kriterien für die Qualität von Schulen,
in: SchulVerwaltung BY 1/2001
Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. Weinheim/München 1998
Herrmann, J./Höfer, Ch.: Evaluation in der Schule – Unterrichtsevaluation.
Berichte und Materialien aus der Praxis. Gütersloh 1999
Institut für Schulentwicklungsforschung (Hrsg.): IFS-Schulbarometer. Dortmund 1996
Kempfert, G./Rolff, H.-G.: Pädagogische Qualitätsentwicklung. Weinheim 1999
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung: Evaluation und Schulentwicklung.
Bönen 1996
Stern, C./Döbrich, P. (Hrsg.): Wie gut ist unsere Schule? Gütersloh 1999
Süddeutsche Zeitung (Hrsg.): Was leisten oberbayerische Gymnasien? München 2001
Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.
(ISB, in Bearbeitung)
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.
CD-ROM des ISB (kostenloser Bezug ab Ende 2001)
www.timss.mpg.de/ (Ergebnisse der TIMS-Studien)
www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa (Informationen zum Leistungstest PISA)
www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität
Dortmund mit vielen »Werkzeugen« zur praktischen Evaluation)
www.oberschulamt-stuttgart.de/ (Oberschulamt Stuttgart; unter »Forum
Schule« u. a. praktische Beispiele zur Evaluation des Unterrichts)
www.qis.at (Österreichisches Bildungsministerium zum Projekt »Qualität in Schulen«)
Literaturhinweise
Arbeitshilfe
Links
»Spinnennetz« – Visualisierung von Evaluationsergebnissen
Durchfallerquoten
6 = sehr hoch
1 = sehr niedrig
gleiche
Anforderungen
in Parallel-
klassen
Kontakte
mit lokaler
Wirtschaft
Zufriedenheit
der Eltern
SchülerorientierungFührung durch den
Schulleiter
Führung durch
Fachbetreuer
Kooperation
der Lehrer
Informationsfluss
Neue Lehrmethoden
Abiturerfolge
»Spinnennetz« als
eine Möglichkeit der
grafischen Darstellung
von Ergebnissen der
Evaluation6
5
4
3
2
1
83
Innere Schulentwicklung Unterstützung
Warum brauchen Schulen Unterstützung? Sind sie nicht seit
langem professionell genug, um ihr »Geschäft« – den Unterricht
– hinreichend gut zu führen? Das Bild der Schule als eines
lernenden Systems fordert von allen Beteiligten, Neuland zu
betreten. Neben der Stabilisierung und Optimierung von
Bewährtem steht jetzt Veränderung auf der Tagesordnung. Der
Prozess der Veränderung birgt Unsicherheiten und Risiken,
fordert aber auch neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Soweit
Schule diese Veränderungen nicht aus eigener Kraft bewältigen
kann, werden neue Formen der Unterstützung nötig. Die
beiden Felder dafür sind:
5. Unterstützung innerer Schulentwicklung
5Qualifizierung,
Beratung, Begleitung
85
Innere Schulentwicklung Unterstützung
84
Unterstützung Innere Schulentwicklung
➔ Qualifizierung, z. B. in Form von Fortbildungen durch
externe Trainer, und
➔ Beratung und Begleitung, z. B. in Form von Schulentwick-
lungsberatung durch ausgebildete Experten.
(vgl. Prozessmodell unten). Schulleitung und Lehrkräfte konn-
ten dabei ihre eigenen Vorstellungen von »guter Schule« schritt-
weise realisieren und erfuhren, wie befriedigend und emotional
entlastend das aktive und gemeinsame Bemühen sein kann. Auf-
grund der grundsätzlich positiven Erfahrungen wurde es in der
Folge selbstverständlich, verschiedene Experten von außen zur
Fortbildung in inhaltlichen Fragen (Unterrichtsmethoden, Fragen
der Leistungserhebung u. a. m.) einzuladen.
Die Zwischenbilanz der Grundschule in A. zeigt, dass in einem
Entwicklungsprozess unter Einbeziehung eines externen Beraters
in zwei Jahren mehr passieren kann als nur die anfangs ange-
strebte Veränderung der Unterrichtsformen. Es ist ein umfassen-
der, »systemischer« Schulentwicklungsprozess angestoßen wor-
den, der in oft kleinen Schritten Veränderungen auf verschiede-
nen Ebenen gebracht hat und keineswegs zu Ende ist: Der ex-
terne Berater hat durch Gespräche mit der Schulleitung, mit
einer kleineren Gruppe aus dem Kollegium und schließlich durch
die Moderation mehrerer schulinterner Fortbildungsveranstal-
tungen, darunter auch eines Pädagogischen Tages, dazu beigetra-
gen, dass an der Schule ein intensiver Erfahrungsaustausch über
die pädagogische Arbeit möglich wurde, aus dem die Bereitschaft
zu einem Veränderungsprozess entstand. In der Folge entwickelte
sich daraus ein teils von der Schule selbst gesteuerter, teils von
außen unterstützter systematischer Prozess des Wandels
Nach einem Bericht von zwei
Kolleginnen über eine sehr über-
zeugende Fortbildung zu neuen,
individualisierenden Unter-
richtsformen im Grundlegenden
Unterricht hat sich ein Teil des
Kollegiums entschlossen, den
Unterricht zu verändern. Die
Lehrerinnen der ersten Klassen
erarbeiten und erproben in
ständiger Kooperation ein neues
Konzept. Nach und nach werden
wegen der positiven Resonanz
bei den Schülern und der teils
zufriedenen, teils skeptischen
Elternreaktionen immer mehr
kontroverse Gespräche im
Kollegium geführt. Das Lager
der Befürworter neuer Unter-
richtsformen wächst, gleich-
zeitig aber auch das der Kritiker,
die große Bedenken haben,
ob diese neuen Methoden wirk-
lich besser sind oder nur mehr
Arbeit machen. Die Schulleiterin
merkt, dass dieser latente
Konflikt im Kollegium viele
Energien bindet, möchte selbst
für keine der beiden Gruppen
Partei ergreifen, strebt aber eine
konstruktive Lösung an. Sie
gewinnt das Kollegium dafür,
diesen Prozess mit Hilfe eines
Schulentwicklungsberaters
von außerhalb der Schule zu
steuern.
Ein Beispiel aus einer Grundschule in A.
Lehrerkollegien setzen sich aus Persönlichkeiten mit unter-
schiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen zusammen. Mög-
lichst alle ernst zu nehmen, zu gewinnen und sie einzubinden
in einen Veränderungsprozess, ist notwendig, aber aus eigener
Kraft nicht immer zu schaffen. Ein für solche Unterstützungs-
prozesse qualifizierter Fachmann, der nicht in das Beziehungsge-
flecht der Schule eingebunden ist, hat oft überraschend gute
Chancen. Voraussetzung ist allerdings eine grundsätzliche Bereit-
schaft einer größeren Gruppe des Lehrerkollegiums, Verände-
rungen aktiv anzustreben, egal, ob diese auf einem begrenzten
Gebiet, z. B. dem Unterricht, stattfinden sollen oder das Gesamt-
system der jeweiligen Schule berühren (vgl. Kapitel 2). Eine
solche Unterstützung ist an den Bedürfnissen der Schule ausge-
richtet, von Anfang an zeitlich terminiert und inhaltlich defi-
niert. Sie hat stets das Ziel, Kompetenzen zu vermitteln und
Ergebnisse zu erreichen, die die Schule in die Lage versetzen,
eigenständig weiterzuarbeiten.
5.2 Was kann externe Unterstützung von
Schulentwicklung anbieten?
Externe Unterstützung kann zum Beispiel
➔ einer Schule helfen, neue Perspektiven und Schwerpunkte
zu finden und ihr Profil zu definieren (z. B. in Form eines
Schulprogramms),
➔ gemeinsames Lernen im Kollegium unterstützen,
➔ den längerfristigen pädagogischen Entwicklungsprozess
einer Schule systematisch beratend begleiten und damit
effektiver machen,
➔ helfen, interne Probleme und Konflikte zu lösen und
Energien für die Weiterentwicklung freizusetzen,
➔ Anstöße geben, den Schulalltag zu reflektieren und zu
evaluieren, und hierzu geeignete Verfahren bereitstellen,
Entwicklungen an der Grundschule in A. – Zwischenbilanz nach zwei Jahren Schulentwicklung
UNTERRICHTS-ENTWICKLUNG
ORGANISATIONS-ENTWICKLUNG
PERSONAL-ENTWICKLUNG
■ Einführung von Freiarbeit
in den Jahrgangsstufen 1 und 2
■ Entwicklung und Anpassung
neuer Verfahren für die Leistungs-
messung (Lernzielkontrollen)
■ kleine Projekte zu Unterrichts-
themen im Heimat- und Sach-
unterricht
■ Abnahme der Erziehungs-
probleme im Unterricht
■ regelmäßige Teamsitzungen
für die Kollegen einer Klassen-
stufe
■ schrittweise Entwicklung einer
Team- und Kooperationskultur
■ Intensivierung der Elternarbeit
■ regelmäßige schulinterne
Lehrerfortbildung zu neuen
Unterrichtsformen
■ wachsende Methoden-
kompetenz der Lehrkräfte
■ Steigerung der Kooperations-
und Konfliktfähigkeit
■ zunehmende Motivation
und Berufszufriedenheit
■ offenere Einstellung gegen-
über Eltern
■ Erweiterung der Mitwirkung
des Kollegiums durch die
Schulleitung
Beraterrolle
Angebote
Voraussetzungen
und Ziele
5.1 Wann ist externe Unterstützung
empfehlenswert?
87
Innere Schulentwicklung Unterstützung
86
Unterstützung Innere Schulentwicklung
➔ Schulleiter unterstützen, ihre Führungsrolle weiterzuent-
wickeln.
Freiarbeit, Projektunterricht, Lernen durch Lehren, Training der
Sozialkompetenz bei Schülern, Moderationsmethoden, Streit-
schlichtung usw.
Sie beinhaltet eine längerfristige Begleitung von Schulen bei der
Einführung von Innovationen in Teilbereichen. Hierbei kann die
externe Unterstützung sowohl ein intensives und handlungsori-
entiertes Fortbildungsprogramm (z. B. Methodentraining, sozia-
les Kompetenztraining, Ausbildung von Streitschlichtern, Eva-
luation von Unterricht) umfassen als auch die Unterstützung der
Schule bei der praktischen Umsetzung im Schulalltag.
Durch externe Schulentwicklungsberater erfolgt eine länger-
fristige Beratung und Begleitung des individuellen Schulentwick-
lungsprozesses. Dabei helfen die Prozessberater der Schule bei der
Entwicklung neuer Perspektiven, bei der Weiterentwicklung der
Kommunikation und Kooperation, bei Konfliktlösung usw.
durch Moderation, Mediation, Supervision und Evaluation. An-
dere Experten sind für inhaltliche Fragen (z. B. Unterrichtsme-
thoden, Methodentraining, Umsetzung des Lehrplans, Fragen
der Leistungserhebung) zuständig.
5.3 Welche Formen von externer Unterstützung
sind möglich?
Schulentwicklungsprozesse erfordern zweierlei: die gemeinsame
Gestaltung von Veränderungen durch eine Mobilisierung der im
Kollegium vorhandenen Interessen und Ressourcen, aber auch
die Erweiterung der personalen, kommunikativen, fachlichen,
methodischen und sozialen Kompetenzen von Lehrkräften und
Schulleitung. Grundsätzlich kann Unterstützung von außerhalb
der Schule Folgendes umfassen:
Sie bietet punktuelle bedarfsorientierte Fortbildungsangebote für
alle Lehrkräfte einer Schule oder für Teile des Kollegiums (z. B.
für Steuergruppen oder Fachschaften), die der ersten Annähe-
rung an Schulentwicklung oder der Kompetenzerweiterung
dienen: Thematische Schwerpunkte sind z. B. Methoden der
Was ist Supervision?
Supervision ist eine berufsbezo-
gene Reflexion und Beratung,
die dazu dient, konkrete Frage-
stellungen, Probleme und Heraus-
forderungen gemeinsam mit
Hilfe eines Supervisors zu lösen.
Supervision dient der Qualitäts-
sicherung und hat nichts zu tun
mit Therapie.
Was kennzeichnet Supervision?
1. Supervision ist konkret und
personbezogen,
2. sie nutzt das kreative Potenzial
der Gruppe,
3. bietet Alternativen an
und lässt die Entscheidung beim
Supervisanden.
Formen der Supervision zur
Schulentwicklung:
➔ Einzelsupervision (Coaching)
von Schulleitern und -aufsicht
➔ Team-Supervision in
einem Kollegium oder in Teilen
des Kollegiums
➔ Organisationsentwicklung
zur Bearbeitung von Themen und
Konflikten in einer Schule
Beispiel einer Supervision im
Kollegium:
Ein Kollegium bearbeitet mit
Hilfe eines Supervisors die kon-
kreten Schwierigkeiten mit
Eltern, die sich beschwert haben,
dass ihre Kinder von Mitschülern
an der Schule »gemobbt« werden.
In der Supervision reflektieren
die Lehrkräfte die Situation aus
ihrer eigenen Sicht, wechseln
die Perspektive, d. h. sie fühlen
sich in die Situation der betroffe-
nen Schüler und der Eltern
ein. Aus diesen Erfahrungen
heraus erkennen sie die Zusam-
menhänge der Problematik und
entwickeln daraus gemeinsam
Lösungsmöglichkeiten, dem
Mobbing unter den Schülern
vorzubeugen und bei Mobbing
konsequent zu handeln. Sie
beschließen, die Eltern aktiv in
die Lösung einzubeziehen.
Außerdem wird von Mobbing
betroffenen Schülern ein
Training zur Förderung der
Selbstsicherheit angeboten, das
in Zusammenarbeit mit der
Aktion Jugendschutz durchge-
führt wird.
Supervision und Schulentwicklung
Sie unterstützt die Vernetzung mit anderen Schulen, die ein
ähnliches Schulentwicklungsprojekt durchführen. Ziel ist, dass
nicht jede Schule »das Rad neu erfindet«, sondern dass Schulen
voneinander lernen, Gelungenes übernehmen, aber auch aus
den Erfahrungen und Problemen der anderen Konsequenzen
ziehen.
Prozessmodell externer Unterstützung
➔➔
➔➔
➔➔
➔➔
➔➔
➔➔
➔➔ FOLGEAKTIVITÄTENEvaluation der durchgeführten
Maßnahmen, ggf.
Planung weiterer Schritte
HANDLUNGSPHASEUmsetzung des Handlungsplans,
Durchführung der
beschlossenen Maßnahmen
KONKRETISIERUNGSPHASESammlung von Ideen, Entwicklung
von Handlungsstrategien, konkrete Pläne
für die Umsetzung
ENTWICKLUNG VON VERÄNDERUNGSZIELENFormulierung von erreichbaren und kontrollierbaren
Zielen, Gewichtung der Ziele nach Bedeutsamkeit,
Festlegung der Reihenfolge des Vorgehens
DIAGNOSEPHASEIst-Analyse – Erhebung der Stärken und Schwächen, Einigung
auf Schwerpunkte für Veränderungen und Weiterent-
wicklungen (Ausbau der Stärken und Abbau der Schwächen)
ENTSCHEIDUNGS- UND KONTAKTPHASEKlärung der Ziele des Kollegiums, Treffen von
Vereinbarungen und Regelungen, Einrichtung einer
Steuergruppe o. Ä.
VORBEREITUNGS- UND KONTAKTPHASEKlären der Voraussetzungen für eine
Beratung (Thematik, Dringlichkeit etc.) sowie Prüfen
der Eignung des Beraters
Punktuelle Fort-
bildungsangebote
Längerfristige
Begleitung
Prozessberatung und
-begleitung
Vernetzung
Das folgende Prozessmodell
verdeutlicht einen möglichen
Ablauf:
89
Innere Schulentwicklung Unterstützung
88
Unterstützung Innere Schulentwicklung
Vertraulichkeit ist gegeben, wenn ...
➔ die Unterstützung am Vertrauensverhältnis zum Kollegium
orientiert ist und Vertraulichkeit im Beratungsvertrag zuge-
sichert wird,
➔ Störungen im Vertrauensverhältnis und Zweifel an der
Einhaltung der Vertraulichkeit ernst genommen und umgehend
geklärt werden,
➔ klare Vereinbarungen für den Fall getroffen werden, dass
Dritte, d. h. weitere Personen von außerhalb der Schule, ein-
bezogen werden.
Professionalität ist gegeben, wenn ...
➔ die Berater hohes Fach- und Methodenwissen besitzen,
➔ sie die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Unterstützungs-
kompetenz kennen und offen legen,
➔ sie die Rolle als Unterstützer und Berater wahren, wertschät-
zend mit dem Kollegium umgehen und nicht mit der Schul-
leitung in einen Führungskonflikt kommen,
➔ sie die Rahmenbedingungen mit der Schule klären und
einhalten (z. B. Zeitdauer der Unterstützung, Bedingungen für
den Abbruch der Unterstützung).
Schulen nehmen Unterstützung und Hilfestellung gern an, wenn
sie es selbst wünschen. Ausgangspunkt für eine Unterstützung
von außen ist dann die Initiative einer Schule, die Entscheidung
eines Kollegiums. Impulse und Anregungen zu einem solchen
Schritt kommen auch von der Schulaufsicht. Schulen akzeptie-
ren externe Unterstützung insbesondere dann, wenn sie freiwil-
lig, unabhängig, vertraulich und professionell ist. Dies ist umso
bedeutsamer, je längerfristiger und intensiver die Zusammen-
arbeit mit den externen Beratern und Unterstützern ist und je
intensiver der Entwicklungsprozess begleitet wird. Nicht selten
sind die Kollegen überrascht, welche Freiräume für Veränderun-
gen innerhalb des rechtlichen Rahmens durch externe Beratung
erschlossen werden können.
Freiwilligkeit ist gegeben, wenn ...
➔ sich die Schule die Experten selbst wählen kann (Zusammen-
stellungen von Ansprechpartnern entstehen in Zusammen-
hang mit den einzelnen Regionalkongressen, auch die Schulent-
wicklungskoordinatoren können weiterhelfen),
➔ sich die externe Unterstützung im Rahmen der rechtlichen
Vorgaben und Richtlinien an den Bedürfnissen und Zielen der
Schule orientiert,
➔ kein Zwang für Schule und Berater besteht, die Unterstützung
entgegen dem eigenen Wunsch weiterzuführen.
Unabhängigkeit ist gegeben, wenn ...
➔ sich externe Unterstützer am Beratungsauftrag orientieren
und keine eigenen Ziele einbringen,
➔ sie bei Konflikten Klärung anstreben, statt Druck in eine
bestimmte Richtung zu machen,
➔ sie sich nicht mit Teilen des Kollegiums solidarisieren (z. B.
mit den »Fortschrittlichen« gegen die »Unbeweglichen«).
Seit mehr als zwei Jahren wird
im Bereich der Schulen für Erzie-
hungshilfe ein Modell erprobt
und mit durch externe Evaluation
nachgewiesenem Erfolg prakti-
ziert: »Interne Schulentwicklung
durch externe Beratung« (ISEB)
Dieses Modell, das ermöglicht
wurde durch das Staatsministe-
rium für Unterricht und Kultus,
das Staatsinstitut für Schul-
pädagogik und Bildungsfor-
schung, die Akademie für Lehrer-
fortbildung und Personalführung
und den Verband deutscher Son-
derschullehrer (VdS), ist
➔ ein freiwilliges Angebot an
Förderschulen und Förderzentren,
➔ ein von den Schulen selbst ge-
steuerter Entwicklungsprozess,
➔ ein interner, von Vertraulich-
keit gekennzeichneter Kommuni-
kationsprozess,
➔ professionell begleitet durch
ein Beratertandem, bestehend
aus einem Schulpsychologen
bzw. Supervisor (Beratungskom-
petenz) und einem Sonderschul-
lehrer (Feldkompetenz).
Die Rolle der externen Berater-
tandems beinhaltet die Modera-
tion von Sitzungen, die Beratung
der Schulleitungen, die Arbeit
mit der Steuergruppe (wenn
eingerichtet) sowie die Zusam-
menarbeit mit der Schulaufsicht
zur Unterstützung der Schule.
Moderation von Schulentwicklungsprozessen – am Beispiel ISEB
5.5 Konkrete Unterstützungsmöglichkeiten
Die Stiftung »Bildungspakt Bayern« fördert modellhafte Pro-
jekte zur inneren Schulentwicklung unter besonderer Berück-
sichtigung der neuen Informations- und Kommunikations-
techniken. Die Modelle werden über ein Stiftungsnetz allen in-
teressierten Schulen zugänglich gemacht. Der Schulentwick-
lungspreis i.s.i. wird jährlich von der Stiftung »Bildungspakt
Bayern« an die Schulen vergeben, die ein rundum überzeugen-
des Schulprofil vorstellen und vorzügliche Schulentwicklungsar-
beit leisten. Diese Schulen werden von einer Jury prämiert und
mit dem Bildungspakt-Siegel zertifiziert.
Aktionen zur inneren Schulentwicklung, wie Pädagogische
Tage, können im Rahmen der schulinternen Lehrerfortbildung
finanziell unterstützt werden. Anträge sind über die dienstvor-
gesetzten Stellen einzureichen. Inzwischen fördern auch Schul-
träger die Entwicklung ihrer Schulen.
Relevante Informationen sind über das »Schulentwicklungs-
portal« des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und
Kultus abrufbar (www.km.bayern.de/schulentwicklung).
Für Informationen und Kontakte hinsichtlich der konkreten
Möglichkeiten der Vernetzung und Unterstützung in den
Regionen sind die Schulentwicklungskoordinatoren die besten
5.4 Woran erkennt man qualifizierte
Unterstützung?
Freiwilligkeit
Unabhängigkeit
Vertraulichkeit
Professionalität
Stiftung
»Bildungspakt
Bayern«
Schulentwicklungs-
koordinatoren
90
Unterstützung Innere Schulentwicklung
Interne Schulentwicklung durch externe Beratung, hrsg. vom Staatsinstitut für
Schulpädagogik und Bildungsforschung. Tagungsbericht zum Projekt. München 2001
www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des
Staatsministeriums)
www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt Bayern)
Ansprechpartner. Diese Schulentwicklungskoordinatoren sind
➔ im Volks-, Förder- und Berufsschulbereich Mitarbeiter bei
der Schulabteilung der Bezirksregierung,
➔ im Gymnasial-, Realschul- und Fachoberschul-/Berufsober-
schulbereich Mitarbeiter bei den jeweiligen Ministerialbeauf-
tragten.
Zentrale und regionale Ansprechpartner sind außerdem:
➔ Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung
(ISB), www.isb.bayern.de
➔ Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in
Dillingen (ALP), www.alp.dillingen.de
➔ Staatliche Schulberatungsstellen, www.schulberatung.bayern.de
➔ Pädagogisches Institut, München, www.pi.musin.de
➔ Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg, www.kubiss.de/pi
In verschiedenen Regionen haben sich – auch in Zusammen-
hang mit den Regionalkongressen – Netzwerke gebildet. Weitere
Unterstützungsmöglichkeiten bieten die Universitäten, die ent-
sprechende Netze aufbauen. Diese zielen vor allem darauf, Schu-
len, die sich auf den Weg machen, den Austausch mit anderen
innovativen Schulen zu ermöglichen. Beispielhaft seien genannt:
Forum Eltern Lehrer Schüler (FELS) in Würzburg und das
Schulische Innovationsnetzwerk Nordbayern (SINN) und das
Regionale Netzwerk Oberpfalz (RENIS). Links zu diesen und
weiteren Netzwerken finden sich im Schulentwicklungsportal.
Daneben gibt es unabhängig vom staatlichen Schulwesen
Vereine, Verbände, Unternehmensberatungen, Organisationsbe-
rater, Trainer, Supervisoren etc., die den Schulen ihre Dienste
anbieten. Es liegt im Ermessen der Schule, inwieweit solche
Angebote wahrgenommen werden. Nähere Informationen sind
bei den Schulentwicklungskoordinatoren zu erfahren.
Literaturhinweise
Links
Zentrale und regionale
Ansprechpartner
Eine stärkere Flexibilisierung bei der Gestaltung der Stundentafel
verschafft gestalterische Freiräume.
Schulen, die bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte mitwirken, können
leichter ihr Profil entwickeln.
Im Vordergrund der inneren Schulentwicklung steht die Steigerung
der Unterrichtsqualität.
Die Lehrerfortbildung soll zielgenauer auf die Bedürfnisse der
einzelnen Schule ausgerichtet werden; nur so können die Schulen
ein individuelles Profil entwickeln.
Das Schulforum, ein gewähltes Team aus allen am Schulleben
beteiligten Gruppen, bietet zahlreiche Möglichkeiten, dem Schulleben
wesentliche Impulse zu geben; es soll in seiner Funktion gestärkt
werden.
Ein Schulprogramm, an dem Schülerinnen und Schüler, Eltern
und Lehrkräfte mitarbeiten, fixiert den pädagogischen Konsens einer
Schule schriftlich und schafft die Grundlage für jegliche
Weiterentwicklung.
Schulen sollen sich gegenüber ihrem Umfeld mehr öffnen.
Eine erweiterte Methodenkompetenz der Lehrkräfte bildet die
Grundlage für einen qualitätvollen und modernen Unterricht.
Unterrichtsgestaltung und Leistungserhebungen sollen Nachhaltigkeit
und vernetztes Denken in den Vordergrund rücken.
Lehrerinnen und Lehrer sollen sich nicht als Einzelkämpfer, sondern
als Mitglieder eines leistungsfähigen pädagogischen Teams erleben.
Schülerinnen und Schüler sollen mehr als bisher eigenverant-
wortliches Arbeiten lernen.
Schülerinnen und Schüler sollen zu ihrer Verantwortung für die
eigene Schule stehen und sie aktiv wahrnehmen.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Für den Augsburger Bildungskongress »Schulinnovation 2000 – Schulen auf dem Weg« im April 2000 formulierte die Kultusministerin Monika Hohlmeier 12 Thesen. Sie sind eine Richtschnur des bildungspolitischen Handelns in Bayern.
12 Augsburger Thesenzur innerenSchulentwicklung
Schulentwicklung braucht große Gedanken,kleine Schritte und einen langen Atem.Hartmut von Hentig
www.km.bayern.de