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www.landtag.sachsen-anhalt.de HAUSHALT: 11,5 Milliarden Euro für das Land HALBZEIT: Die Hälfte der 7. Wahlperiode ist geschafft HEIMAT: „Landtag im Dialog“ widmete sich Europa DAS MAGAZIN DES LANDTAGS VON SACHSEN-ANHALT 03 | 2018 INNERE SICHERHEIT

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HAUSHALT: 11,5 Milliarden Euro für das LandHALBZEIT: Die Hälfte der 7. Wahlperiode ist geschafftHEIMAT: „Landtag im Dialog“ widmete sich Europa

DAS MAGAZIN DES LANDTAGS VON SACHSEN-ANHALT 03|2018

INNERESICHERHEIT

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IMMER GUTINFORMIERTAKTUELLE PUBLIKATIONEN DES LANDTAGS

Aktuelles aus dem Plenum und den Ausschüssen?Was gehört zu den Aufgaben des Landtags?Wann und wie kann ich eine Petition einreichen? Ein umfangreiches Informationsangebot fi nden Sie im Internet und in den Printpublikationen des Landtags. Diese können kostenfrei abonniert oder einzeln bestellt werden.

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:

Landtag von Sachsen-Anhalt | Domplatz 6 – 9 | 39104 MagdeburgTelefon: 0391 560 1226 | Fax: 0391 560 1123E-Mail: [email protected]: [email protected]

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E-MOBILITÄT: asasasasKINDERARMUT: asasasBUNDESTAGSWAHL: asasasasas

DAS MAGAZIN DES LANDTAGES VON SACHSEN-ANHALT 01|2018

... VONGÄRTENUMARMTBurg lädt zur Landesgartenschau

DAS MAGAZIN DES LANDTAGES VON SACHSEN-ANHALTDAS MAGAZIN DES LANDTAGES VON SACHSEN-ANHALTDAS MAGAZIN DES LANDTAGES VON SACHSEN-ANHALT

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DIALOGREIHE: Wolf und Schule Themen am TischAUFARBEITUNG: Erinnerung braucht konkrete OrteUNTERWEGS: Landtagsausschüsse im Baltikum

DAS MAGAZIN DES LANDTAGS VON SACHSEN-ANHALT 02|2018

GAMER IM GLÜCKeSport wird vereinstauglich

UMARMTUMARMTBurg lädt zur Landesgartenschau

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UMARMTBurg lädt zur Landesgartenschau

DIALOGREIHE: Wolf und Schule Themen am Tisch

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DIALOGREIHE:

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DIALOGREIHE:

E-MOBILITÄT: asasasasKINDERARMUT:BUNDESTAGSWAHL:

asasasasKINDERARMUT: asasasBUNDESTAGSWAHL: asasasasas www.landtag.sachsen-anhalt.d

asasasas asasas

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DIALOGREIHE:

Bitte beachten Sie, dass einzelne Publikationen ausgereicht oder vergriffen sein können, aber weiterhin zum Download angeboten werden: www.landtag.sachsen-anhalt.de/service/publikationen

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3

INHALT

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FUSSFESSEL AUF PROBEDer Landtag hat eine Änderung des Gesetzes über die öffent-liche Sicherheit und Ordnung beschlossen.

12

ANERKENNUNG VON ÄRZTENIn Sachsen-Anhalt arbeiten etwa 1 200 ausländische Ärzte. Die Tendenz ist steigend. Die Anerken-nungsverfahren wurden diskutiert.

22

EIN DORF SPIELT SCHACH Ströbeck widmet sich in Brauch und Tradition ausgiebig dem Schachspiel. Dies wird von Genera-tion zu Generation weitergegeben.

AUS DEM PLENUM6 | Finanzminister setzt auf „schwarze Null“

Erneuter Haushaltsrekord: 11,5 Milliarden Euro sind als Einnahmen und Ausgaben für das Jahr 2019 vorgesehen.

7 | Angriffe auf die Demokratie

Der Landtag reagierte auf die Ereignisse von Köthen und verurteilte in einer Erklärung jede Form von Gewalt.

10 | Identitätsanker mit besserer Förderung

Die Theater und Orchester prägen die kulturelle Identität des Landes Sachsen-Anhalt maßgeblich. Deren Zukunftsfähigkeit sollte mithilfe einer Großen Anfrage geklärt werden.

13 | Vier neue Gesetzentwürfe

Der Landtag hat sich im September neben dem Haushalts-gesetz noch mit vier weiteren Gesetzentwürfen beschäftigt: zu dienstrechtlichen Vorschriften, zur Kinderbetreuung, zum Informationszugang und zu den Krankenhäusern im Land.

14 | Friederike und die Folgen

Der Orkan Friederike hat im Januar erheblichen Schaden in den Wäldern Sachsen-Anhalts angerichtet. Das Land soll bei der Behebung der Schäden Unterstützung leisten.

15 | Digitalisierung zum Wohle des Menschen

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Sachsen-Anhalt hat seinen XIII. und XIV. Tätigkeitsbericht übergeben.

IM BLICKPUNKT17 | Heimat über Grenzen hinweg

Europa – mehr als ein bloßer Kontinent, gar die Heimat von mehr als 500 Millionen Menschen? Dieser Fragestellung ging die dritte Auflage des Forums „Landtag im Dialog“ nach.

18 | Respekt unter politischen Gegnern

Erstmals nach den freien Wahlen im Jahr 1990 steht seit 2016 eine Frau an der Spitze des Landtags von Sachsen-Anhalt. Gabriele Brakebusch blickt auf zwei Jahre zurück.

RÜCKLBLICK26 | Ein Staat mit demokratischer Verfassung

Von der Fürstenherrschaft „von Gottes Gnaden“ zu „alle Gewalten gehen vom Volke aus“ – 170 Jahre Revolution und demokratisches Verfassungsrecht in Anhalt.

WEITBLICK28 | Lesetipps aus der Landtagsbibliothek

Neuerscheinungen gibt es beispielsweise zum Kampf der Frau-enbewegung und zu den Ministerien im geteilten Deutschland.

EINBLICK30 | Hochwasserschutz in den Niederlanden

Der Umweltausschuss des Landtags hat sich in den Nieder-landen über aktuelle Entwicklungen im Hochwasserschutz informiert. Die einwöchige Reise führte die Abgeordneten unter anderem nach Den Haag, Delft und Nimwegen.

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4

IMPRESSUM

Herausgeber

Die Präsidentin des Landtags von Sachsen-Anhalt

auflage und erscHeinen

10 000 Exemplare, vierteljährlich

redaktion/bestelladresse

Landtag von Sachsen-AnhaltReferat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit,Besucherdienst und ProtokollDomplatz 6 – 9, 39104 MagdeburgFon: 0391 560 0Fax: 0391 560 [email protected]

redaktion

Ursula Lüdkemeier (Ltg.), Stefanie Böhme, Ulrich Grimm, Dr. Torsten Gruß, Dr. Stefan Müller,Gudrun Oelze, Michael Rahmfeld, Heidi Stodtmeister

fotos & grafiken

Titelseite: fotolia.comSeite 2: Ideengut (Graphik)Seite 3: fotolia.com | Gudrun OelzeSeite 4: Privat | Christoph Droste/pixelio.deSeite 7: fotolia.comSeite 8: fotolia.comSeite 9: fotolia.comSeite 10: Kerstin Jana KaterSeite 11: Falk WenzelSeite 12: fotolia.comSeite 13: I-vista/pixelio | Jürgen Frey/pixelio Dieter Schütz/pixelio | fotolia.comSeite 14: J. Bredehorn/pixelio.deSeite 15: Dr. Stefan MüllerSeite 16-17: Stefanie BöhmeSeite 18: Stefanie BöhmeSeite 19: Viktoria KühneSeite 20-21: LandtagsfraktionenSeite 22-25: Gudrun Oelze, IdeengutSeite 26-27: U.S. National Library of Medicine Archiv Dr. Werner Grossert, DessauSeite 28-29: Verlage Ebersbach & Simon | Tectum Schöningh | Hamburger EditionSeite 30: Ulrike Brandt | Beate RentmeisterSeite 31: VeranstalterSeite 32: Ideengut (Graphik)

satz & gestaltung

Ideengut OHG | www.ideengut.info

druck

Harzdruckerei GmbH | www.harzdruck.de

redaktionsscHluss

10. Oktober 2018. Dieses Magazin dient der Öffent-lichkeitsarbeit des Landtags von Sachsen-Anhalt. Es wird kostenfrei verteilt. Es darf weder von Wahlbewer-bern noch von Wahlhelfern während eines Wahlkamp-fes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.

Landtag gedenkt seines früheren Vizepräsidenten

D er erste Justizminister Sachsen-Anhalts nach der politischen Wende, Walter Remmers, ist tot. Der

84-Jährige starb am 14. September 2018 in seiner Heimatstadt Papenburg. 1990 war er aus Niedersachsen in die sachsen-anhaltische Landesregierung gewechselt, war bis 1994 Justizminister, zweitweise parallel auch In-nenminister. Von 1994 bis 2002 gehörte er dem Landtag als Abgeordneter an. Hier war er unter anderem Vorsitzen-der des Ausschusses für Recht und Verfassung und Vize-präsident des Parlaments. Remmers stand in den ersten Jahren des wiedergegründeten Sachsen-Anhalts vor der schwierigen Aufgabe, einen komplett neuen Justiz apparat im Land aufzubauen. Landtagspräsidentin Gabriele Brake-busch würdigte Walter Remmers als Mann der ersten Stunde, der entschieden zum Aufbau der demokratischen Strukturen unseres Bundeslandes beitrug. Der vierfache Familienvater erhielt 1987 das Große Bundesverdienstkreuz, später den Ehrendoktor-titel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und 2008 den Verdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt. Dr. Stefan Müller

Enquete-Kommission zurGesundheitsversorgung

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat die Einsetzung

einer Enquete-Kommission zum Thema „Die Gesundheitsver-sorgung und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig absichern und weiterentwickeln“ beschlossen. Grundlage dafür ist ein Antrag der Fraktion DIE LINKE, der nach Beratung im Ausschuss noch leicht verändert worden war. Die Enquete-Kommission soll dem Landtag Vorschläge unterbreiten, „wie die Gesundheitsversorgung im Land Sachsen-Anhalt künftig personell, sächlich, finanziell, flächendeckend, qualitativ hochwertig, barrierefrei und sektorenübergreifend realisiert werden kann“. Dazu gehört beispielsweise eine um-fassende Bestandsaufnahme und Bedarfsermittlung der notwendigen Investitionen, der Fachkräftesituation und der Situation der Hebammen und Entbindungsstationen im Land. Außerdem sollen die Strukturen von ambulanten und stationären Angebo-ten geprüft werden. Die Kommission besteht aus zwölf Mitgliedern des Landtags an. Jede Fraktion kann bis zu zwei ständige Ersatzmitglieder benennen. Ferner gehören der Kommission auch Sachverständige an, die keine Mitglieder des Landtags sein müssen. Jede Fraktion kann eine/n Sachverständige/n benennen. Stefanie Böhme

Walter Remmers

* 17. 10.1933 – † 14. 9.2018

Wie steht es um die Gesundheitsver-

sorgung im Land? Damit soll sich zukün-

ftig eine neue Enquete-Kommission des

Landtags beschäftigen.

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Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Liebe Leserinnenund Leser,Schal raus, Handschuhe raus, Mütze raus – der Herbst hat uns fest in der Hand. Damit er uns aber nicht allzu kühl um die Nase wird, stürzen wir uns mit diesem ZwischenRuf einfach mittenrein ins Landtagsgeschehen und lassen uns einen – sicherlich auch hitzigen – debattenreichen Herbst bescheren. Mit dabei: Die 87 Abgeordneten des Landtags, die es an Worten nicht haben mangeln lassen während der beiden Sitzungstage im September. Und denen – es kann als Versprechen gewertet werden – werden noch eine ganze Menge im letzten Drittel des Jahres folgen. Bevor wir uns aber jetzt schon zu vorfristig auf die geruhsame Jahresendstimmung einstellen, wagen wir lieber noch einen Blick auf die vergangenen Wochen im Parlamentsgeschehen. Haushalt, Ärzte, Demokratie, Wald und innere Sicherheit waren nur wenige der Stichworte, die die September-Sitzungsperiode ausgemacht haben. Auf den Seiten 6 bis 14 lassen wir einige wichtige Tagesordnungspunkte noch einmal Revue passieren.Die aktuelle Veranstaltung von „Landtag im Dialog“ in Naumburg dürfte mit Erscheinen des aktuellen ZwischenRufs gerade vergangen sein, während sich die nächste in Halle (Saale) im November bereits ankündigt. Auch der letzten dieser Art haben wir einen Besuch abgestattet, als Bürger/innen und Abgeordnete gemeinsam in Magdeburg über das weite Themenspektrum „Europa“ diskutiert haben. Europa ist indes ein gutes Stichwort für die Ausschüsse des Landtags: Sie begeben sich dann und wann auf einen Vor-Ort-Austausch mit europäischen Parlamentskollegen. So hat sich beispielsweise der Umweltausschuss

des Landtags in den Niederlanden über aktuelle Entwicklungen im Hochwasserschutz informiert. Derzeit zwar kein Thema – in Magdeburg hatte die Elbe zuletzt einen Pegelstand von 45 Zentimetern –, aber wir wissen ja aus eigener Erfahrung, wie schnell und in welchen Massen das Wasser zurückkommen kann.Universeller als europäisch schafft es in diesem Heft eigentlich nur das Regionalfenster zu sein: Unsere Außenkorrespondentin und Sachsen-Anhalt-Reisende Gudrun Oelze hat sich nämlich nach Ströbeck begeben. Und was könnte kulturell universeller sein als Schach? Die ganze Gemeinde geht in diesem Spiel/Sport/Spaß auf und darf ganz verdient den Titel Schachdorf tragen.In gleich drei Weisen beweisen wir, dass ein Blick zurück auch oft zugleich ein Blick nach vorn sein kann: Mit den Literaturtipps schauen wir auf zurückliegende Neuerscheinungen, die auf ihre Leserinnen und Leser warten. Die Revolution von 1848/49 (170. Jubiläum) ist Thema einer historischen Retrospektive; so viel vorab: die Rufe nach Demokratie, Liberalität und Einheit sind bis heute erhalten geblieben. Zuletzt noch lassen wir die erste Hälfte der 7. Wahlperiode des Landtags Revue passieren. Es äußern sich die Landtagspräsidentin und die Fraktionsvorsitzenden. Viel Spaß beim Schmökern!

Ihre ZwischenRuf - Redaktion

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AUS DEM PLENUM

Finanzminister setzt auf „schwarze Null“

Erneuter Haushaltsrekord für Sachsen-Anhalt: 11,5 Milliarden Euro sind als Einnahmen und Ausgaben für das Jahr 2019 vorgesehen. Im September-Plenum brachte die Landesregierung den

Entwurf ein; er wird nun in den Ausschüssen beraten.

D as Haushaltsvolumen für 2019 umfasst 11,5 Milliarden Euro, das seien 662 Millionen Euro

mehr als 2017, konstatierte Finanz-minister André Schröder (CDU) bei der Einbringung des Haushaltsplans 2019. „Die Landesregierung legt sehr viel Geld auf den Tisch, um unser Land voranzu-bringen.“ Dies erfolge im bekannten Dreiklang von „Stabilität, Investitionen und Nachhaltigkeit“, dabei werde rund ein Drittel für Personalaufgaben ausge-geben, ein zweites Drittel gehe an die Kommunen.

Die Ausgabenplanung spiegle die Ziele der Landesregierung wider, so wolle man zuallererst „mehr Sicherheit“ und müs-se in der Lage sein, das Gewaltmonopol auszuüben, sagte Schröder. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Gewährleistung der Unterrichtsversorgung durch die Einstellung von mehr Lehrern. Mit dem Haushalt werde zudem „die kommunal-freundliche Politik der Landesregierung fortgesetzt“. Beispielsweise sei die erhöhte Finanzausgleichsmasse (FAG) für die nächsten Jahre festgeschrieben worden. Auch außerhalb des FAG seien die Ausgaben für die Kommunen deut-lich angestiegen.Der Haushaltsplan sehe daneben ein enormes Investitionsvolumen vor, be-tonte Finanzminister André Schröder. Dazu gehörten beispielsweise Baumaß-nahmen, regionale Wirtschaftsförderung und EU-Projekte – auf diese Weise sei-en mehr als 1,77 Milliarden Euro des Haushalts für Investitionen geplant, das seien 44 Prozent mehr als noch 2017. Bei der Schuldentilgung will der Finanz-

minister den bekannten Weg fortsetzen und an der jährlichen Tilgungsrate von 100 Millionen Euro festhalten und auf neue Schulden verzichten. Positiv sei auch hervorzuheben, dass die Steuerde-ckungsquote 2019 weiter wachsen wer-de. Dies bedeute, „dass wir immer mehr Geld, das wir ausgeben, auch selbst im Land erwirtschaften“.

Robert Farle (AfD) kritisierte, dass be-reits eine kurze Durchsicht des Haus-haltsplans zeige, dass die Landesregie-rung erneut falsche Prioritäten setze. Daher werde sich die Lage Sachsen-Anhalts auch weiterhin nicht verbessern. Mit dem sogenannten „Gestaltungs-haushalt“ würden lediglich Stagnation und Mangelverwaltung fortgeschrieben. Farle kritisierte, dass die Investitionsquo-te im Vergleich zum Vorjahr leicht sinken werde. „Auch beim Schuldenabbau wird von der Kenia-Koalition nicht geklotzt, sondern gekleckert.“ So liege die Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt bei 9 200 Euro, nur im Saarland sei sie noch höher.Außerdem beanstandete Farle die aus seiner Sicht zu hohen Ausgaben für die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Der AfD-Ab-geordnete errechnete aus den Zahlen im Haushaltsplan rund 280 Millionen Euro „zur Alimentierung von zum großen Teil Abschiebungspflichtigen“. „Wir fordern, dass endlich Schluss sein muss, mit dieser inländerfeindlichen Politik.“ Dies sei mittlerweile „Rassismus gegen die eigene Bevölkerung“, erklärte Farle und forderte, die Gelder stattdessen für die eigene Bevölkerung auszugeben. Außer-dem sollten die im Haushalt geplanten

„Maßnahmen gegen Rechtsextremis-mus“ gekürzt und die Fördermittel für den Verein „Miteinander“ ausgesetzt werden.

Die großen Linien des Haushalts seien durch die Koalition klar gezogen worden, erklärte Dr. Andreas Schmidt (SPD). Da-runter fielen die 700 Polizeianwärter, die in 2019 neu eingestellt würden, sowie der vorfristige Anstieg der sogenannten Vollzeitäquivalente bei der Lehrerschaft auf 14 500. Darüber hinaus gehe es im Breitbandausbau voran, das neue Kin-derförderungsgesetz sei auf dem Weg und werde zu Entlastungen für Eltern und Kommunen führen. Sachsen-Anhalt er-wirtschafte 50 Prozent seines Bruttosozi-alprodukts durch den Export ins Ausland, erklärte Schmidt in Richtung AfD: „Wer da als Politiker sagt, offene Grenzen und Sozialstaat vertrügen einander nicht, der macht eine extrem dumme Aussage!“Die SPD-Abgeordneten wollen bei den Haushaltsberatungen bei drei Schwer-punkten besonders hinschauen: In eini-gen Bereichen soll sich verstärkt für die Zahlung von Tariflöhnen mit entsprechen-den Steigerungen eingesetzt werden. Zu-dem sollen die Investitionszuschüsse an die Kommunen erhöht werden, ebenso die Landesmittel für die Erfüllung der kom-munalen Aufgaben und das Blindengeld. Das Azubiticket soll 2019 endlich Realität werden. Die Investitionen in die eigene Infrastruktur könnten sich laut Schmidt zwar sehen lassen, aber viel zu oft wür-den Fördermittel nicht abgefordert. Nicht abfließende Mittel im Baubereich sollen nach Möglichkeit zukünftig umgeschichtet und anderweitig genutzt werden.

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AUS DEM PLENUM

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Die Sicherung der staatlichen Aufgaben sei in den vergangenen anderthalb Jahr-zehnten nicht gelungen, kritisierte Tho-mas Lippmann (DIE LINKE). Auch 2019 bleibe der (zweite) Haushalt der derzeiti-gen Landesregierung hinter den Erforder-lichkeiten des Landes zurück, er sei ein Zwergenhaushalt und kein Rekordhaus-halt. Dabei habe sich gezeigt, dass sich die düsteren wirtschaftlichen Prognosen immer wieder als falsch erwiesen hätten. Dennoch: „In diesem Haushalt stecken

einige ungedeckte Schecks“, vermutete Lippmann. Vor allem die finanzielle Aus-stattung der Kommunen müsse deutlich verbessert werden. Gleiches gelte für die Krankenhäuser, die Hochschulen, das Kinderförderungsgesetz und Weiteres mehr.Es herrsche eine unfassbar ungerechte und ökonomisch unsinnige Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Es sei mehr als genug Geld vorhanden – auch

für Sachsen-Anhalt, so Lippmann. Den hohen Staatsschulden stünden aktuell noch viel höhere Kapital- und Anlage-vermögen gegenüber. Wollte man diese Schulden wirksam abbauen, gäbe es die Instrumente Vermögenssteuer, Finanz-transaktionssteuer, Erbschaftssteuer und Spitzensteuersatz. Es gelte, in die Zukunft mit einer modernen Infrastruktur zu investieren und nicht Geld zurückzah-len zu wollen, das gerade gar keiner zu-rückwolle, sagte Lippmann.

„Finanziell ist die Ausgangslage in Sach-sen-Anhalt so gut wie nie“, konstatierte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN). Mit dem letzten Doppelhaushalt sei ein Paradigmenwechsel eingeleitet worden, die drastischen Kürzungen bei den Kommunen, der Polizei und den Schulen seien beendet worden. „Wir benötigen noch immer mehr Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter im Land, aber die Versorgung mit Lehrern ist nun kein finanzielles Problem mehr.“ Der Haushaltsentwurf für 2019 sei ein Spiegel der politischen Realitäten der Kenia-Koalition, er stehe für die Ge-staltung eines zukunftsfesten, demo-kratischen und lebenswerten Sachsen-Anhalts, so Meister. Schwerpunkt des grünen Anteils am Haushalt sei freilich

eine Vielzahl von umwelt- und klima-schützenden Maßnahmen. Eine grüne Handschrift trügen auch Maßnahmen zur Demokratie, zur Bildungsarbeit und zum Radwegebau. Kritisch sieht Meister auf die geplante Veräußerung landesei-gener landwirtschaftlich nutzbarer Flä-chen. Noch mehr Energie müsse in die Digitalisierung gesteckt werden.

Der Finanzminister habe einen Haus-haltsentwurf mit Rekordeinnahmen vor-gelegt, mit dem jeder eigentlich erstmal zufrieden sein könnte; aber kein Haus-halt verlasse den Landtag so, wie er eingebracht worden sei, sagte Daniel Szarata (CDU). Es sei gut, dass man den Haushalt ohne Entnahme aus den Rücklagen gestalte. Hohe Millionenbe-träge seien für die Neueinstellung von Lehrern, pädagogischen Mitarbeitern, Polizeibeamten und die Übernahme von Polizeianwärtern vorgesehen. Das Kinderförderungsgesetz, die Opferbe-ratung, die Frauenhäuser und das Um-weltsofortprogramm würden ebenfalls mit hohen Mittelzuweisungen bedacht. Als Mittel für den kommunalen Straßen-bau seien derzeit knapp 37 Millionen Euro veranschlagt. Digitalisierung und flächendeckendes Breitband hätten sich bisher als Hemm-schuh erwiesen. „Um einen digitalen Flickenteppich zu vermeiden, ist es not-wendig, alle Schulen flächendeckend zu versorgen.“ 36 Millionen Euro flössen in die Theater- und Orchesterförderung, damit beteilige sich das Land an den Ta-riferhöhungen in diesen Einrichtungen. Ein Personal- und Mittelaufwuchs in der Forstwirtschaft sei dringend notwendig. Da es in den deutschen Anrainerstaa-ten (Belgien, Tschechische Republik) bereits zu Vorkommnissen gekommen sei, sei es auch angeraten, ausreichend finanzielle Mittel zur Vorsorge gegen die Afrikanische Schweinepest zur Verfü-gung zu stellen.Im Anschluss an die Debatte wurde der Haushaltsentwurf 2019 in den Finanzaus-schuss (federführend) und in die übrigen Fachausschüsse (mitberatend) überwie-sen. Stefanie Böhme/Dr. Stefan Müller

Viereinhalb Stunden

diskutierten die Abgeordneten

über den Haushaltsentwurf

des Finanzministers für

2019. Die Meinungen gingen

erwartungsgemäß weit

auseinander.

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AUS DEM PLENUM

Angriffe auf die DemokratieDer Landtag reagierte auf die Ereignisse von Köthen und verurteilte in einer Erklärung jede Form von

Gewalt. Demnach sollte der Landtag dem Versuch Rechtsextremer widersprechen, Migrantinnen und Migranten pauschal als Tätergruppe zu diffamieren.

D ie Geschehnisse um einen To-desfall in Köthen und die da-durch in Gang gesetzten „Trauer-

märsche“ rückte die Fraktion DIE LINKE in den Fokus eines Antrags. Demnach sollte der Landtag dem Versuch Rechts-extremer widersprechen, Migrantinnen und Migranten pauschal als Tätergruppe zu diffamieren. Die Koalition brachte ei-nen Alternativantrag mit einer „Erklärung des Landtags“ ein, durch die der Landtag unter anderem den Versuch verurteilt, „den Tod eines Menschen und die Trauer von Angehörigen sowie Freundinnen und Freunden für rassistische Propaganda zu missbrauchen.“ Es herrsche bei der extremen Rechten eine widerliche Lust, aus den Todesfäl-len in Köthen und Chemnitz politisches Kapital zu schlagen. „Mit Trauer hat das absolut nichts zu tun, es sind rechtsex-treme Raumnahmen, um Macht zu de-

monstrieren“, erklärte Henriette Quade (DIE LINKE). Sie warf der AfD vor, sich mit den rechtsextremen Demonstranten gemeinzumachen. Quade forderte die Zivilbevölkerung auf, sich stärker gegen Rechts zu positionieren und sich nicht wegzuducken. Die beiden Anträge bewiesen einen brei-ten, parteiübergreifenden Konsenz: Das Bekenntnis zum Rechtsstaat und zur Un-abhängigkeit der Justiz, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). Pähle, warf der AfD vor, den staatlichen Behörden gezielt Rechts-beugung, Illoyalität und Dienstpflicht-verletzung vorzuwerfen – so agierten Verschwörungstheoretiker und Rechtsex-tremisten. Oliver Kirchner (AfD) bedankte sich zu-nächst bei den Teilnehmern in Köthen für das „würdevolle Gedenken“. Angriffe auf die Demokratie müssten abgewehrt werden. Doch der eingebrachten Anträge bedürfe es dafür nicht. „Jeder Extremist auf einer Demonstration ist mir einer zu viel“, betonte Kirchner. Eine Einschrän-kung der Bewegungsfreiheit in der Öffent-lichkeit sei aber für niemanden hinzuneh-

men. Kein Mensch habe es verdient, von völkischen und extremistischen Bewe-gungen politisch vereinnahmt zu werden, erklärte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). „Alle friedlichen und gesetzeskonformen Arten, sich gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft zu wenden, sind willkommen und werden von den Grünen unterstützt“, so Lüdde-mann. „Die übergroße Mehrheit der Men-schen in diesem Land ist tolerant und of-fen, sie sind nur leider etwas leise.“ „Das Innenministerium hatte von der ers-ten Minute an die Lage in Köthen im Griff und hat ein zweites ‚Chemnitz‘ in unse-rem Bundesland verhindert“, lobte Sieg-fried Borgwardt (CDU). Wer dazu aufrufe, gegen den Staat und die Demokratie zu agieren, müsse hart bestraft werden.Er riet dazu, die demokratischen Regeln einzuhalten und den Dialog mit den Men-schen aufrechtzuerhalten. Jeder Einzel-ne sei aber dazu aufgefordert, genau abzuwägen, welchen Kräften er sich bei Demonstrationen anschließe. Köthen sei durch einen Todesfall und den dadurch ausgelösten rechten und rechtsextremen Protest in die Schlag-zeilen geraten, sagte Christina Buch-heim (DIE LINKE). Sie stellte in Frage, ob es richtig sei, die Rollläden herunter-zulassen und zuhause zu bleiben und dadurch die immer stärker gewaltberei-ten Rechten ungehindert durch die Stra-ßen Köthens marschieren zu lassen. Die Demokratie dürfe nicht ausgehöhlt werden, jeder müsse seine Form des legalen Protests finden.Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Anschlie-ßend wurde der Alternativantrag mit den Stimmen der Koalition und der Linken angenommen, die AfD enthielt sich. Dr. Stefan Müller

Die Polizei hat derzeit bei

Demonstrationen und

Gegendemonstrationen (auch in

Köthen) alle Hände voll zu tun.

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9

AUS DEM PLENUM

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Fußfessel kommt probeweise

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung

beschlossen. Ein Aspekt darin: Terroristische Gefährder können zukünftig per Fußfessel überwacht werden.

M it dem Gesetz, dessen Entwurf die Landesregierung bereits im März vorlegte, werden im

Wesentlichen zwei polizeiliche Instru-mente weiterentwickelt: Die sogenannte Meldeauflage wird eine ausdrücklich ge-regelte polizeiliche Standardmaßnahme. Im Gesetzestext steht dazu: „Die Polizei kann gegenüber einer Person schriftlich anordnen, sich an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten bei einer bestimmten Polizeidienststelle zu melden (Meldeauf-lage), wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person eine Straf-tat begehen wird“. Außerdem kann die Polizei ein Aufent-haltsverbot zur vorbeugenden Bekämp-fung von Straftaten im Hinblick auf terroristische Straftaten aussprechen.

Dieses Verbot kann zukünftig probewei-se durch das Landeskriminalamt mit ei-ner elektronischen Fußfessel überwacht werden, sofern es Anzeichen gibt, dass die betroffene Person dem Aufenthalts-verbot zuwiderhandeln wird.Während der zweiten Beratung im Sep-tember-Plenum sagte Sebastian Striegel (Grüne), seine Fraktion würde das Projekt probeweise unterstützen. Denn: „Der de-mokratische Staat muss wehrhaft gegen seine Feinde sein“, allerdings dürften da-bei die Grenzen des Rechtsstaats nicht angetastet werden. Hagen Kohl (AfD) nannte die Fußfessel eine „Terrorabwehr-scheinlösung“, es sei realitätsfremd zu glauben, dass man terroristische Ge-fährder mit einer Fußfessel abhalten könnte, beispielsweise mit einem Auto in eine Menschenmenge zu rasen. In-nenminister Holger Stahlknecht und die Abgeordneten Rüdiger Erben (SPD), Henriette Quade (DIE LINKE) und Chris Schulenburg (CDU) verzichteten auf ihr Rederecht. Stefanie Böhme

INFO

Stellungnahmen zur FußfesselZur Begleitung der Gesetzesinitiative kam es zur Anhörung von mittelbar und unmittelbar vom Gesetz betrof-fenen Institutionen. Der Landes-beauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt hält die elektronische Aufenthaltsermittlung mittels der sogenannten Fußfessel nicht für erforderlich. Zudem bezweifelt er, ob die Maßnahme geeignet sei, da die betroffene Person trotz Fußfessel weiterhin potenziell gefährdete Orte aufsuchen könnte. Gleichzeitig stelle die Maßnahme einen erheblichen Eingriff in die Lebensumstände der Person dar.Für sich allein seien die neuen Befug-nisse kein probates Mittel, um einer terroristischen Gefahr zu begegnen, argumentiert der Landesbezirk Sachsen-Anhalt der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Insbesondere der Einsatz der elektronischen Fußfessel suggeriere lediglich Sicherheit und könne nicht als Allheilmittel gesehen werden. Die GdP betonte, dass für die Veränderungen auch ein erhebli-cher Personalaufwand nötig sei sowie die technischen Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Der Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. der Deutschen Polizeigewerk-schaft (DPolG) bezweifelt ebenfalls, dass die Fußfessel geeignet sein kann, sicher zu erkennen, ob jemand Vorbereitungen für eine terroristische Straftat trifft und diesen dann davon abzuhalten. Zur Überwachung von Extremisten stelle die Verwendung einer Fußfessel keinen Ersatz für weitere polizeiliche Maßnahmen dar, wie beispielsweise die „Live-Beobachtung“. Daher schlägt die DPolG vor, dass für den Haushalt 2020 weitere Personalstellen bei der Polizei eingeplant werden.

Die elektronische Fußfessel

soll zukünftig ein Mittel sein,

potenzielle Gefährder besser

überwachen zu können.

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AUS DEM PLENUM

Identitätsanker mit besserer Förderung

Die Theater und Orchester prägen die kulturelle Identität des Landes Sachsen-Anhalt maßgeblich. Deren Zukunftsfähigkeit sollte mithilfe einer Großen Anfrage geklärt werden. Die Ergebnisse wurden

im September-Plenum diskutiert.

I n den letzten Jahren wurden die Lan-desmittel für die Theater und Orches-ter erheblich gekürzt, was zu teils

deutlichen strukturellen Veränderungen geführt hat. Vor diesem Hintergrund hatte die Fraktion DIE LINKE eine Große Anfrage an die Landesregierung gestellt, die sich mit der Zukunftsfähigkeit der Or-chester- und Theaterlandschaft in Sach-sen-Anhalt nach 2019 beschäftigte. Die Antworten der Landesregierung auf die 168 Fragen lagen nun vor und wurden im September-Plenum diskutiert.Festzuhalten ist eine beachtliche Ent-wicklung der Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt seit 1990 – trotz der wiederkehrenden massiven Einschnitte in die Theater- und Orchesterstruktur über die Jahre hinweg, die die Schlie-ßung ganzer Spielstätten sowie Spar-tenabbau und Fusionen nach sich zogen.Die Antwort zur Großen Anfrage gebe Aufschluss über die aktuelle Situation und Leistungsfähigkeit in den Theatern des Landes, sie enthalte für Stefan Gebhardt (DIE LINKE) zwei zentrale Sät-ze: Die Landesregierung lobte darin die große künstlerisch-kulturelle Bedeutung der Theater für das Land. Es sollen, so die Landesregierung, keine weiteren strukturellen Einschnitte zugelassen werden, sondern Planungs- und Finan-zierungssicherheit gegeben werden, um den gesetzten kulturellen Auftrag er-füllen zu können. „Wenn Sie das ernst meinen, haben Sie uns als Fraktion un-eingeschränkt an Ihrer Seite“, erklärte Gebhardt in Richtung Landesregierung. Gebhardt erinnerte in diesem Zusam-menhang noch einmal an die haushalts-bedingten Mittelkürzungen für die The-

ater im Jahr 2014. Die Defizite in der Grundfinanzierung seien hier bis heute nicht korrigiert worden.Laut Antwort der Landesregierung seien die Publikumszahlen konstant geblieben oder gar gestiegen. „Sachsen-Anhalt hat eine vielfältige und erfolgreiche Thea-terlandschaft, inklusive freie Theater“, lobte Gebhardt. Damit es dabei bleibe, müsse das Land noch mehr tun als in der letzten Förderperiode. Gebhardt ver-misste im Haushaltsentwurf für 2019 beispielsweise noch die Weiterfinan-zierung des theaterpädagogischen Pro-gramms, das von 2015 bis 2018 als Modellprojekt durchgeführt worden sei. Hier sollte sich der Landtag als verlässli-cher Partner erweisen.„Wir schätzen die Theater und Orchester sehr, sie sind Identitätsanker für unser Land“, betonte Staats- und Kulturminis-ter Rainer Robra (CDU). Die Landesre-

gierung habe mit der Antwort zur Großen Anfrage Datenmaterial in unerschöpf-licher Vielfalt vorgelegt. Das Land, die Kommunen und die Theater selbst müssten und würden ihren Beitrag für einen Erfolg der Einrichtungen leisten.Die Basisfinanzierung für das Theater in Eisleben sei von Kulturwerk auf The-ater umgestellt worden. Auch in Halle (Saale) und Dessau-Roßlau habe es positive Anpassungen bei der Finanzie-rung gegeben beziehungsweise seien vorgesehen. Die Theater müssten aber mit attraktiven Inszenierungen ihren Bei-

Kleine Auswahl an künstlerischen

Gestaltern im Land:

Eine Inszenierung von

„Pippi Langstrumpf“ im Theater der

Altmark und die Staatskapelle

Halle (Saale).

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AUS DEM PLENUM

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

trag dazu leisten, mit dem eingespielten Ticketpreis ihren Eigenanteil an der Ge-samtfinanzierung zu leisten. Die durch-schnittlichen Besucherzahlen (insbeson-dere in Halle) seien hier und da einfach zu gering, wodurch selbst zu wenig Geld erwirtschaftet werde, so Robra.Es sei eine unschätzbare Leistung, die in den Theatern und Orchestern des Landes erbracht werde, erklärte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). Deren

Erfolg lasse sich auch in der Besucher-zahl messen: Mehr als eine Million Menschen würden jedes Jahr begrüßt. Rund 40 Millionen Euro seien für die Theater und Orchester im nächsten Haushalt vorgesehen, das seien acht Millionen Euro mehr als in der letzten Förderperiode.Die Kürzungen von 2014 hätten zu strukturellen Änderungen geführt, reka-pitulierte Kolb-Janssen. „Die waren ein Fehler: Sie haben nicht zu effizienteren Strukturen geführt, stattdessen sind die Arbeitsbedingungen für die Künstler und Beschäftigten in und hinter den Kulissen schlechter geworden.“ Dieser Fehler sol-le behoben werden. In Sachen Theater-pädagogik, die im Haushalt 2019 noch nicht zu finden sei, soll die zum Modell-projekt gehörige Evaluation abgewartet werden. Bei einer eventuellen Weiterför-derung des Projekts solle jedoch stärker

auf das Potenzial der freien Theater im Land zurückgegriffen werden.Die Antwort zur Großen Anfrage bedeu-teten „311 Seiten Beschäftigungsthera-pie“, meinte Dr. Hans-Thomas Tillschnei-der (AfD), sie trage nicht zur Überwindung der Bühnen-Krise bei. Aus der Großen Anfrage spreche ein „beschränkter Hori-zont und eine klaffende geistige Leere“ der Fraktion DIE LINKE, zeigte sich Till-schneider überzeugt. Er erkenne in den

Angeboten der Einrichtungen nur „Abseiti-ges und Bedeutungsloses“. Tillschneider bemängelte, dass lediglich 8,33 Prozent der Stücke kanonische deutsche Stücke (Goethe, Schiller, Kleist) seien. Die Häu-ser lieferten vornehmlich „Theater für internationale Vagabunden, aber kein Theater für das deutsche Volk“. Damit würde der Verfall der Theaterkultur noch beschleunigt. Das Theater von heute sei von Dekonstruktion, Nihilismus und Selbstverachtung gekennzeichnet. Till-schneider forderte deshalb eine „kultur-politische Wende um 180 Grad“.„Wir befinden uns in einer Zeit, in der man sich mehr denn je für Offenheit und ein Miteinander einsetzen muss“, er-klärte Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sein Verständnis von Kunst und Kultur im Land. Für die Grünen sei es wichtig, eine lebendige und vielfältige Theater- und Orchesterlandschaft vorzu-

halten. Das bundesweit einzigartige Mo-dellprojekt „Theaterpädagogik“ sei als Erfolg zu bewerten. Im Haushalt 2019 sei es aber nicht mehr berücksichtigt – „das halte ich für einen Fehler“, kriti-sierte Aldag. Die Kürzungen am Budget der Einrichtungen würden damals wie heute für falsch befunden. Aber: „Fehler einzugestehen und sie zu korrigieren, ist derzeit hip – hier bietet sich eine neue Gelegenheit dazu.“„Theater und Orchester sind entschei-dende Träger der deutschen Hochkul-tur“, nirgends sei deren Dichte so hoch wie in Deutschland, betonte Andreas Schumann (CDU). Die Entwicklung der Theater und Orchester seien über die Jahrhunderte hinweg im europäischen Kontext zu sehen, die thematische Orientierung zolle dem Tribut, erklärte Schumann in Richtung des Abgeord-neten Tillschneider. Die Finanzierung der Theater werde weiterhin verläss-lich weitergeführt, die Häuser würden allerdings angehalten, ihre Einnahmen zu erhöhen, beispielsweise indem sie ihre Preisstruktur verändern. „In Eisle-ben und Schönebeck klemmt die Säge der Finanzierung noch, aber nach einer Lösung wird bereits gesucht“, so Schu-mann. „Die Theater sind ein Ort der Bildung, des Kunstgenusses und ein gesellschaftlicher Spiegel.“ Insgesamt würden die Theater gut angenommen, dies mache sich in den Besucherzah-len, bei den Puppentheatern besonders, deutlich. Marketing, Öffentlichkeitsar-beit und Theaterpädagogik spielten eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Programms und der Wahrnehmung der Einrichtungen.Beschlüsse wurden am Ende der Aus-sprache zur Großen Anfrage nicht ge-fasst. Dr. Stefan Müller

Über den QR-Code

gelangt man zur

Großen Anfrage

„Theater und

Orchester“.

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AUS DEM PLENUM

Anerkennung von ÄrztenDerzeit arbeiten etwa 1 200 ausländische Ärzte in Sachsen-Anhalt, Tendenz steigend. Über das Anerkennungsverfahren für deren unterschiedliche Abschlüsse diskutierten die Abgeordneten im

September-Plenum.

Z ur Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Versorgung nach deutschen Standards wollte die

AfD-Fraktion die Landesregierung auf-fordern, Maßnahmen zur Feststellung der fachlichen Eignung ausländischer Ärzte aus Nicht-EU-Ländern zu ergrei-fen, die hierzulande arbeiten möchten. Sie schlug vor, eine dem medizinischen Staatsexamen vergleichbare Prüfung ein-

zuführen. Die Fraktion die DIE LINKE und die Koalitionsfraktionen legten jeweils einen Alternativantrag vor.Die Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, Petra Grimm-Benne (SPD), erklärte, auch die sachsen-anhaltische Ärztekammer habe sich für eine Prüfung

ähnlich des deutschen Staatsexamens ausgesprochen. Grimm-Benne unterstüt-ze daher den Alternativantrag der Koaliti-onsfraktionen. Dieser sieht vor, zukünftig eine generelle und nicht nur eine punk-tuelle Kenntnisprüfung in einem bundes-weit einheitlichen Verfahren einzuführen. Dafür müsste jedoch die Bundesärzte-ordnung geändert werden.Das derzeitig existierende Verfahren

habe sich bewährt, sagte Dagmar Zosch-ke (DIE LINKE). Gleichzeitig sei es sicher sinnvoll, die Maßstäbe dieser Eignungs-überprüfung ständig fortzuschreiben. Für eine langfristigste Lösung des Ärzteman-gels müssten mehr Ärzte in Sachsen-Anhalt ausgebildet werden, heißt es im Alternativantrag ihrer Fraktion.Tobias Krull (CDU) betonte, Sachsen-Anhalt sei auf die ausländischen Ärzte angewiesen. Es sei allerdings auch eine Selbstverständlichkeit, dass jede Per-son, die in Deutschland als Arzt arbeiten

möchte, den fachlich hohen Qualitäts-ansprüchen genügen müsse. Darüber hinaus unterstützte er die Aussagen der Gesundheitsministerin. Bei der Anerkennung der Abschlüsse wurde bereits nachgesteuert, erläuter-te Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). So müssten ausländi-sche Ärzte bereits jetzt die zweithöchs-te Sprachkompetenz (C1) erfüllen. In

Anlehnung an den Marburger Bund erklärte sie, es sei nicht verhältnismäßig, die Qualifika-tion ausländischer Ärzte grund-sätzlich in Frage zu stellen. Die meisten ausländischen Ärzte kämen derzeit aus der Euro-päischen Union, ergänzte Dr. Verena Späthe (SPD), die we-nigsten aus Nicht-EU-Ländern. Der Antrag der AfD unterstelle allen ausländischen Medizi-nern fehlende Fachkenntnisse, das sei nicht der Fall. Dagegen betonte Ulrich Sieg-mund (AfD) nicht jeder medizi-nische Abschluss aus einem Drittstaat könne zweifelsfrei anerkennt werden. Natürlich wisse die AfD-Fraktion, dass ein Abschluss aus den USA nicht

mit einem Abschluss aus dem Irak ver-gleichbar sei. Aber selbst die Ärztekam-mer habe festgestellt, dass es einen „An-erkennungstourismus“ gebe, daher dürfe es auch keine pauschale Anerkennung geben und die fachliche Prüfung müsse weit über die derzeit existierende 60-mi-nütige Kenntnisprüfung hinausgehen, for-derte Siegmund abschließend. Am Ende der Debatte wurde der Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Stefanie Böhme

Auf Grundlage eines Antrags

der AfD-Fraktion diskutierten

die Abgeordneten über das

Anerkennungsverfahren für

ausländische Ärzte.

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AUS DEM PLENUM

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Vier neue GesetzentwürfeDer Landtag hat sich im September neben dem Haushaltsgesetz noch mit vier weiteren Gesetzentwürfen beschäftigt: zu dienstrechtlichen Vorschriften, zur Kinderbetreuung, zum

Informationszugang und zu den Krankenhäusern im Land.

D ie Landesregierung legte den Entwurf eines Zweiten Geset-zes zur Änderung dienstrechtli-

cher Vorschriften vor. Damit soll dem bereits sichtbaren Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst – unter anderem durch neue Regelungen im Landes-besoldungsgesetz – entgegengewirkt werden. Mit einer Änderung des Lan-desbesoldungsgesetzes sollen finanzi-elle Anreize geschaffen werden, damit Mitarbeiter später in den Ruhe-stand gehen und ausreichend Personal für bestimmte Mangel-bereiche gefunden werden kann. Der Gesetzentwurf (Drucksache 7/3373 – alle Drucksachen können auf der Internetseite des Landtags durch Eingabe der genannten Nummer eingesehen werden) wurde im Anschluss an die Debatte in den Ausschuss für Finanzen überwiesen.Ein weiterer Gesetzentwurf der Landesregierung zielt auf die Verbesserung der Kinderför-derung in Sachsen-Anhalt ab. Eltern sollen entlastet, Gemein-den und Verbandsgemeinden sowie pädagogische Fachkräfte unterstützt werden. Daher setzt die Novellierung des Kinderför-derungsgesetzes unter anderem auf ein neues, transparenteres Finanzierungssystem und auf bes-sere Bedingungen für das päda-gogische Personal der Kinderta-geseinrichtungen. Der Gesetzentwurf (Drucksache 7/3381) wurde nach der Debatte in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) sowie in die Ausschüsse für Finanzen und für Inneres und Sport (mitbera-tend) überwiesen.

Der Landtag hatte vor mehr als einem Jahr beschlossen, dass im Landesportal Sachsen-Anhalt ein Informationsregister installiert werden soll. Über diesen zent-ralen Zugang sollen Bürger nutzerfreund-lich und unbürokratisch auf öffentliche Daten zugreifen können. Die Umsetzung des Informationsregisters ist ein direk-tes Ziel der digitalen Agenda Sachsen-Anhalts. Das Portal soll am 1. Januar 2019 in Betrieb gehen, nun hat die

Landesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Gesetzentwurf (Drucksa-che 7/3373) wurde nach der Debatte in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) sowie in die Ausschüsse für Finanzen und für Inneres und Sport (mitberatend) überwiesen.

Auf Basis eines Gesetzentwurfs der Landesregierung sollen Änderungen in verschiedenen Bereichen des Gesund-heitswesens vorgenommen werden. Zum einen geht es um eine Änderung des Krankenhausgesetzes und des Rettungsdienstgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Zum anderen soll auch das Gesetz über die Gutachterstelle für freiwillige Kastrationen und andere Be-handlungsmethoden geändert werden.

Im Anschluss an die Erste Beratung wurde der Gesetzentwurf (Drucksache 7/3383) in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) sowie in den Ausschuss für Inneres und Sport (mitberatend) überwiesen. Dr. Stefan Müller

Bei den Gesetzentwürfen der Landesregierung dreht sich alles um

(1) dienstrechtliche Vorschriften (zum Beispiel für Richter/innen),

um die (2) Förderung von Kindern in Kitas,

das (3) Informationszugangsgesetz und das (4) Krankenhausgesetz.

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AUS DEM PLENUM

Friederike und die FolgenDer Orkan Friederike hat im Januar erheblichen Schaden in den Wäldern Sachsen-Anhalts

angerichtet. Durch einen Antrag wird die Landesregierung nun aufgefordert, bei der Behebung der Schäden Unterstützung zu leisten.

B esonders in den Regionen Harz und Anhalt erreichten die Or-kanböen von „Friederike“ (18.

Januar 2018) erhebliche Stärken. Ne-ben den Schäden im urbanen und öf-fentlichen Raum sind in den Wäldern des Landes schwere Schäden zu ver-zeichnen. Für den Gesamtwald werden nach einer ersten Einschätzung circa 2,5 Millionen Festmeter veranschlagt. Die Schäden im Wald konzentrieren sich im Wesentlichen auf Einzelwürfe und Einzelbrüche. Damit kann von einem Gesamt-Schadholzanfall im Land Sach-sen-Anhalt ausgegangen werden, der in der Größenordnung eines Gesamtjah-reseinschlags des Landes liegt.Deshalb sollte die Landesregierung im Mai 2018 per Antrag der Fraktion DIE LINKE aufgefordert werden, eine zügige und sorgfältige Aufarbeitung der Schä-den in den betroffenen Wäldern mit aus-reichend personeller, finanzieller und materieller Ausstattung vorzunehmen. Die Koalitionsfraktionen hatten einen Alternativantrag eingebracht. Nach eingehender Beratung hatte der Ausschuss für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten dem Landtag eine einstimmig verabschiedete Be-schlussempfehlung vorgelegt, die auch im Plenum eine Mehr-heit gefunden hat.Durch diese wird nun die Lan-desregierung gebeten, die Waldbesitzer aller Eigentums-arten bei der Bewältigung der Sturmschäden finanziell zu un-terstützen. Bei der Ermittlung des Personalbedarfs für die Forstverwaltung soll künftig die Zunahme von Schäden durch Extremwetterereignisse ange-

messen berücksichtigt werden.Die Forstwirtschaft soll bei der Hand-habung der Herausforderungen durch den Klimawandel, die Zunahme von Schäden durch Extremwetterereignisse sowie von Schädlingen vorausschau-end unterstützt werden. Gegebenen-falls sollen umgehend Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung ergriffen werden. Außerdem müsse der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Schutzgebieten geprüft werden.Das vorhandene Schädlingsmonitoring in den betroffenen Gebieten sei zu verstärken und zu verdichten. Bekämp-fungsmaßnahmen von holzbrütenden Borkenkäfern sollen prioritär sein, das heißt, dort, wo ein Befall durch Borken-käfer erfolgt ist, soll die Unterstützung bei der integrierten Bekämpfung unmit-telbar und ohne bürokratischen Aufwand (von den betroffenen Landkreisen) an-gefordert und genehmigt werden. Dies betreffe insbesondere Schutzgebiete, in denen eine Behandlung des Holzes mit

Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt sei.Die Landesregierung hat zudem die Auf-gabe erhalten, zum aktuellen Sachstand im Ausschuss für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten zu berichten. Dabei soll sie insbesondere darlegen, was zur Beseitigung der Schäden bisher getan worden sei und welche Maßnahmen noch geplant seien. Der genannte Aus-schuss kommt noch ein weiteres Mal zum Zuge: Die Landesregierung soll hier nämlich noch einmal detailliert er-läutern, wie sie die aus den Schadereig-nissen der letzten Jahre gezogenen Er-kenntnisse in die zukünftigen Strategien des Landes einfließen lassen will. Dr. Stefan Müller

Orkane hat Sachsen-Anhalt in

den letzten Jahren einige erlebt.

Die Landesregierung soll bei der

Regulierung der Schäden stärker in die

Pflicht genommen werden.

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AUS DEM PLENUM

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Digitalisierung zum Wohle des Menschen

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Sachsen-Anhalt, Dr. Harald von Bose, hat am Dienstag, 25. September 2018, seinen XIII. und XIV. Tätigkeitsbericht an Landtagspräsidentin

Gabriele Brakebusch übergeben.

D ie Berichte sind die letzten nach alter Rechtslage. Nach der Ent-scheidung des Landesgesetzge-

bers nimmt der Landesbeauftragte die neuen Aufgaben gemäß der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) seit 6. Mai 2018 wahr. Die Folgeberich-te werden auf der neuen Rechtsgrundla-ge der DSGVO zukünftig jährlich erstellt. Der XIII. Tätigkeitsbericht umfasst den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 31. März 2017, der XIV. Tätigkeitsbericht den vom 1. April 2017 bis 5. Mai 2018. Der Text für diesen Gesamtzeitraum liegt auch als Landtagsdrucksache 7/3361 vor. Der genannte Gesamtzeitraum sei in be-sonderer Weise und in großem Umfang durch die Vorbereitung auf das neue seit Mai 2018 geltende europäische Recht geprägt gewesen, betonte von Bose. Als Landesbeauftragter habe er vielfältig als Berater für die Landesregierung, für Be-hörden, Unternehmen und Vereine, aber auch für die Menschen als Einzelne im Land an der Einführung mitgewirkt. „Die Herausforderungen des neuen Rechts betrafen sowohl rechtspolitische Frage-stellungen als auch rechtspraktische An-wendungsaspekte“, so der Datenschüt-zer. Insbesondere bei Themen aus dem Bereich der Wirtschaft werden im Bericht auch Hinweise auf die neue Rechtslage nach DS-GVO gegeben.Schwerpunkte der Beratungstätigkeiten der Behörde des Landesbeauftragten betrafen im Berichtszeitraum – neben den europarechtlichen Auswirkungen – unter anderem Novellen des Landes-polizeigesetzes und die Errichtung des gemeinsamen Kompetenz- und Dienst-leistungszentrums für polizeiliche Tele-

kommunikationsüberwachung, das Schul - gesetz und das Bildungsmanagementsys-tem, den Gesetzentwurf zum Klinischen Landeskrebsregister sowie Prüfvorgänge im Bereich von Webshops bei Apotheken

und der Videoüberwachung in Bäckerei-en. Neben den Aufgaben als Aufsichts-behörde nach europäischem Recht begleitete der Landesbeauftragte auch die Entwicklungen und Vorhaben im Be-reich der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, etwa bei der Schulbil-dung. Die Vermittlung von Medienkom-petenz sei hierbei Daueraufgabe und wurde vom Landesbeauftragten erneut angemahnt.„Menschenwürde und informationelle Selbstbestimmung bleiben zentrale Maß-stäbe im digitalen Zeitalter“, erklärte der Landesbeauftragte. Datenschutz stelle hier kein Hindernis für die Digitalisierung dar, sondern sei vielmehr wesentliche Vo-raussetzung für deren Gelingen. „Digitali-sierung ist kein Selbstzweck, sondern die-nendes Mittel zum Wohle des Menschen.

Dabei kommt einem Datenschutz durch Technikgestaltung, Datenschutzfolgenab-schätzungen und Verschlüsselungskon-zepten besondere Bedeutung zu.“ Die Landesverwaltung sei noch nicht digi-

tal modern aufgestellt, schätzte von Bose ein. Der Landesbeauftragte fordert daher: „Sachsen-Anhalt braucht schnell eine aktuelle E-Government-Strategie.“ Als Fazit des Berichts stellte der Landesbe-auftragte fest: „Eine starke unabhängige Aufsichtsbehörde ist Garant und Impuls-geber für einen wirksamen Datenschutz im Ausgleich unterschiedlicher Interessen bei der Fortentwicklung der digitalen Ge-sellschaft.“ Dr. Stefan Müller

Landtagspräsidentin

Gabriele Brakebusch nahm den

aktuellen Tätigkeitsbericht des

Landesbeauftragten für den

Datenschutz, Dr. Harald von Bose,

in Empfang.

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IM BLICKPUNKT

„Assimilieren und zuhause fühlen reicht nicht, es muss sich bei den Menschen um denselben Kulturkreis handeln.“

TOBIAS RAUSCH | AFD

über seine Vorstellung, was unter Europa und Europäern zu verstehen sei. „Wenn man in einem

Grenzkreis aufgewachsen ist und im eigenen Land Schlagbäume passieren musste, sieht man jede Grenze mit anderen Augen.“

RONALD MORMANN | SPD

der sich glücklich über die offenen Grenzen in Europa zeigte.

GABRIELE BRAKEBUSCHLANDTAGSPRÄSIDENTIN

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IM BLICKPUNKT

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Heimat über Grenzen hinweg

E uropa – mehr als ein bloßer Konti-nent, gar die Heimat von mehr als 500 Millionen Menschen? Dieser

Fragestellung ging die dritte Auflage des Forums „Landtag im Dialog“ am 22. Au-gust 2018 nach, diesmal in Magdeburg. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch diskutierten fünf Abgeordnete (siehe unten) mit Schüle-rinnen und Schülern und anderen Gäs-ten – passend im Magdeburger Hegel-Gymnasium, einer Europaschule. „Das Thema Europa ist in Magdeburg sehr gut

aufgehoben“, zeigte sich Gabriele Brake-busch überzeugt.Dass die Europäische Union speziell auch für Sachsen-Anhalt eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielt, zeigt sich un-ter anderem darin, dass 70 Prozent der Exporte aus Sachsen-Anhalt in die Län-der der EU fließen. Somit war es wenig verwunderlich, dass Chancengleichheit, wirtschaftliche Gerechtigkeit (Stichworte Griechenlandhilfe, Steuerflucht, deut-scher Exportüberschuss), die Aufnahme von Flüchtlingen, ein Einwanderungsge-

setz, Klimaschutzziele, EU-Fördermittel, der kulturelle Austausch und das Verbun-denheitsgefühl der mannigfaltigen Natio-nen wesentliche Eckpunkte der abendli-chen Diskussion waren. Das Diskussionsformat „Landtag im Di-alog“ ging am 17. Oktober 2018 in die vierte Runde. In Naumburg diskutierten die Abgeordneten mit den Gästen über das Thema „Mehr Ärzte aufs Land!“, also über die medizinische Versorgung im ländlichen Raum. Dr. Stefan Müller

„Das Europäersein ist für mich schon zur Selbstverständlichkeit geworden.“

FLORIAN PHILIPP | CDU

über seinen eigenen Heimatbegriff.

„Die große Zusam-mengehörigkeit habe ich nach den Anschlä-gen vom 11. Sep-tember 2001 erlebt, als ich zunächst mit anderen Europäern in den USA festgeses-sen habe.“

DOROTHEA FREDERKING |BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

über ihr intensivstes Europa-Erlebnis.

„Ich verstehe Europa heute als Heimat, doch der Heimatbegriff wird problematisch, wenn er ausgren-zend wirkt.“

WULF GALLERT |DIE LINKE

über seine Ansichten zu Heimat und Europa.

STEPHAN SCHULZ | MODERATOR

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Halbzeit in der 7. Wahlperiode

I m September 2018 ist rechnerisch die Halbzeit in der aktuellen Wahlperi-

ode des Landtags erreicht. Die über 1,8 Millionen Wahlberechtigten in Sachsen-Anhalt wählten am 13. März 2016 zum siebten Mal seit 1990 ihr Landespar-lament. Anders als zum Beispiel im Deutschen Bundestag, der für vier Jahre gewählt wird, dauert in Sachsen-Anhalt eine Wahlperiode fünf Jahre. In dieser vertreten insgesamt 87 Abgeordnete die Interessen der rund 2,2 Millionen

Einwohner. Die nach Mandaten stärkste Kraft ist die CDU (31), gefolgt von AfD (22), Die LINKE (16), SPD (11) und BÜNDNIS 90/DIE GÜNEN (5). Zwei Ab-geordnete haben den Status fraktions-loser Parlamentarier. Die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GÜNEN haben eine Koalition gebildet und stüt-zen die Regierung um Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff.In dieser Wahlperiode trafen sich die Abgeordneten bisher zu 56 Landtags-sitzungen im Plenum. Viele Gesetzent-würfe, Anträge und Anfragen wurden dis-kutiert. In der Natur der Sache liegend, fällt die Bilanz nach zweieinhalb Jahren Arbeit sehr unterschiedlich aus. Die ZwischenRuf-Redaktion hat aus diesem Anlass unterschiedliche Blickwinkel und Sichtweisen zusammengetragen.

IM BLICKPUNKT

Respekt unter politischen Gegnern

Erstmals nach den freien Wahlen im Jahr 1990 steht seit 2016 eine Frau an der Spitze des Landtags von Sachsen-Anhalt.

Gabriele Brakebusch blickt im ZwischenRuf-Interview zwei Jahre zurück.

Sie sind die erste Frau in diesem Amt

in Sachsen-Anhalt. Wie fühlt es sich an?

Es fühlt sich gut an. Als Landtagsabge-ordnete bin ich bereits seit 2002 Mit-glied dieses Hauses, also des landes- weiten Schauplatzes des demokrati-schen Geschehens in Sachsen-Anhalt und des einzigen Verfassungsorgans, das auf einer unmittelbaren Legitima-tion durch unsere Bürgerinnen und Bürger basiert. Die Beschlüsse des Landtags bestimmen wesentlich das Regierungshandeln des Kabinetts und der einzelnen Ministerien. Somit darf der Landtag für sich in Anspruch neh-men, das höchste politische Gremium unseres Landes zu sein. Daher ist mir die durchaus schwierige Rolle als Frau in einem Umfeld, das von einem hohen Maß an Einflussnahme und Meinungs-hoheit geprägt ist, vertraut. Viele Frau-en versuchen, männliche Verhaltens-muster anzunehmen. Das habe ich nie getan. Männer und Frauen sind von Na-tur aus verschieden. Und das finde ich auch gut. Für mich sind weibliche Eigen-schaften zu großen Teilen an der Spit-ze einer Institution, in der gesprochen, gestritten und gehandelt wird, durchaus von Vorteil.

Was war an diesem Amt tatsächlich

neu für Sie?

Wirklich neu für mich sind die ureige-nen Aufgaben als Präsidentin des Ho-hen Hauses. Dabei denke ich an die Leitung der Sitzungen des Landtags, sodass dieses Verfassungsorgan sei-nen Aufgaben zum Wohle der Men-schen in Sachsen-Anhalt nachkommen kann. Dabei denke ich ebenfalls an die

Wahrung der Rechte und Beziehungen des Landtags, seiner einzelnen Mit-glieder sowie der parlamentarischen Opposition gegenüber der Landesre-gierung. Mit großem Verantwortungs-bewusstsein habe ich ebenso die Füh-rung der 130 Frauen und Männer, die in der Landtagsverwaltung unverzichtbare parlamentsnahe Dienstleistungen er-bringen, übernommen.

Was hat der Landtag in den vergan-

genen zwei Jahren unternommen, um

einer sogenannten Politikverdrossen-

heit entgegenzuwirken?

Für mich ist es immer wichtig, direkt im Gespräch mit den Menschen zu bleiben. Dafür habe ich die Veranstal-tungsreihe „Landtag im Dialog“ ins Leben gerufen, um aus direkten Dis-kussionen mit den Menschen unseres Landes Argumente mit in die Landtags-debatten zu nehmen. Veranstaltungen wie das Forum der Generationen und das Jugendparlament werden mit sehr viel Engagement und Erfolg im Landtag fortgeführt und ausgebaut. Umfangrei-che und ausführliche digitale Informa-tionen sind längst selbstverständlich.

Sie verstehen sich als Präsidentin aller

Fraktionen. Wie sieht das in Ihrem

Alltag genau aus?

Das Neutralitätsgebot, welches das Amt stets mit sich bringt, macht es zu einer Selbstverständlichkeit, Präsiden-tin aller im Landtag vertretenen Frak-tionen und somit aller Abgeordneten zu sein. Ich bin ein Mensch, der grund-sätzlich zu Kompromissen bereit ist. Ich bin offen und unvoreingenommen

Was wurde in zweieinhalb Jahren erreicht und was steht noch auf der Agenda der Abgeordneten?

Blick in den Plenarsaal.

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IM BLICKPUNKT

gegenüber anderen. Diese grundsätzli-che Bereitschaft fordere ich auch von den Abgeordneten ein.

Wie hat sich die Debattenkultur seit der

letzten Landtagswahl 2016 verändert

und welche Möglichkeiten haben Sie als

Präsidentin, darauf einzuwirken?

Die Debattenkultur ist in den letzten Jah-ren in der Tat rauer geworden. Das liegt keinesfalls allein an dem Einzug einer neuen Partei in den Landtag. Generell hat sich der Respekt der Menschen un-tereinander verändert. Er gilt wohl nicht mehr als Tugend. Parlamentsarbeit ist Menschenwerk. Auch deshalb ist die parlamentarische Demokratie unvoll-kommen. Darüber, aber auch über un-sere politischen Grundüberzeugungen und über unsere Vorstellungen davon, was für das Land wichtig ist, dürfen, ja müssen wir leidenschaftlich und klar in Haltung und Sprache miteinander streiten. Wir sollten allerdings den not-wendigen politischen Streit so führen, dass auch unser Gegenüber sein Ge-sicht wahren kann und nicht verlieren muss. Ich sage immer: Respekt ist das unsichtbare Luftpolster zwischen politi-schen Gegnern. Genau dafür werbe ich in vielen Einzelgesprächen, in kleinen und großen Diskussionsrunden und vor allem, wenn ich die Debatten während der Plenarsitzung leite.

Wie fällt ihre eigene Bilanz als Land-

tagspräsidentin nach zwei Jahren aus?

Um eine Bilanz zu ziehen, ist es aus meiner Sicht zu früh. Mein Ziel ist es, neben der Pflege einer Debattenkul-tur von hohem demokratischem Wert, nach wie vor, den Landtag als Schau-platz der Demokratie und oberstes Verfassungsorgan den Menschen prä-sent zu machen. Dafür reise ich selber bewusst durch unser Land, baue neue Kontakte auf, pflege die alten und führe somit viele Gespräche. Von daher blei-be ich am Ball.

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

CORNELIALÜDDEMANN

SPD

DR. KATJAPÄHLE

CDU

SIEGFRIEDBORGWARDT

IM BLICKPUNKT

V or zweieinhalb Jahren sind wir Grünen mit hohen Erwar-tungen und einem Vertrau-

ensvorschuss in die Kenia-Koalition gegangen. Seitdem arbeiten wir Tag für Tag daran, Sachsen-Anhalt zu stärken. Wir haben schon viel umgesetzt: Das Umweltsofortpro-gramm mit 139 Projekten für Natur- und Umweltschutz; die kleinsten Zellen des Demokratie-Erlebens, die Kommunen, bekommen mehr Geld und das neue Kita-Gesetz bringt Entlastungen für Eltern und einen Einstieg in eine bessere Qualität. Der Hochwasserschutz ist deutlich gestärkt, der Ökolandbau ausgewei-tet und die Meistergründungsprä-mie eingeführt. Entscheidender Aspekt unserer Politik ist, klare Kante gegen Nazis zu zeigen – in und außerhalb des Parlaments. Wir stehen für ein weltoffenes Klima in Sachsen-Anhalt. Klar ist auch: Wir können ein zukunftsfestes Sachsen-Anhalt nur schaffen, wenn die Infrastruktur verbessert wird. Wir werden uns weiterhin für mehr Mobilität mit und ohne Auto, für mehr Qualität in allen Bildungseinrichtungen und für mehr Digitalisierung einsetzen.

A m Anfang dachte ich oft: Das kann nicht klappen – eine auf elf Mitglieder

geschrumpfte SPD-Fraktion; eine nie erprobte Koalition mit CDU und Grünen; eine AfD, für die der Land-tag bloß Propagandabühne ist.Heute weiß ich: Ja, manches ist unendlich kompliziert, aber wir bringen zugleich sehr viel zu einem guten Ende.Unser Rezept? Wir konzentrieren uns auf die wichtigsten Themen; das, wofür die SPD gebraucht wird. Deshalb steht das KiFöG so im Mit-telpunkt, das jetzt beraten wird. Die Arbeitsmarktpolitik. Gute Arbeit auch durch neue Regeln bei Investitionen und Vergaben. Und Druck für mehr Lehrer und gute Schulen.Wir hören uns ungefiltert an, was Menschen denken – vor Ort in unse-ren offenen Bürgergesprächen.Und: Wir zeigen Haltung und klare Kante. Wir sagen, wofür wir stehen, auch wenn wir Kompromisse schlie-ßen. Und erheben unsere Stimme gegen Rassismus und Menschen-feindlichkeit im Landtag.Das braucht viel Geduld und Energie, auch in der zweiten Hälfte dieser außergewöhnlichen Wahlperiode.

E s ist Halbzeit in der Kenia-Koalition. Als CDU-Fraktion sind wir angetreten, die

dynamische Landesentwicklung fort-zusetzen. Der Gestaltungswille hat sich im Doppelhaushalt 2017/2018 gezeigt und wird im kommenden Haushalt mit einem Investitionsim-puls fortgeführt. Mit der Meister-gründungsprämie und den geplanten Praktikumsgutscheinen setzen wir ein deutliches Zeichen für die hei-mische Wirtschaft und treten dem Fachkräftemangel entgegen.Die Innere Sicherheit stärken wir durch die deutliche Aufstockung des Vollzugspersonals und der Einstel-lung von Polizeianwärtern.Verlässlichkeit bei den Kinderbetreu-ungs- und den Schulstrukturen hat bei uns Priorität. Mit dem noch zu verabschiedenden KiFöG entlasten wir Eltern und Kommunen. Durch die Einstellung von beinahe 2 000 Lehrern treten wir dem Lehrermangel entschieden entgegen.Mit dem Funklochfinder machen wir auf die schlechte Versorgung mit Mobilfunknetzen aufmerksam. Ziel ist es, besonders viele der geplanten Funkmasten in unser Land zu holen. Mehr dazu auf www.funklochfinder.de.

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DIE LINKE

THOMASLIPPMANN

AfD

OLIVER KIRCHNER

IM BLICKPUNKT

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

F ür DIE LINKE ist es wichtig, Parlamentsarbeit mit außer-parlamentarischem Engage-

ment zu verbinden. Beispielhaft ist die Unterstützung der Volksinitiative für mehr Lehrerinnen und Lehrer, deren Forderungen wir mit zahl-reichen Initiativen ins Parlament getragen haben. Wir sind Teil des „Netzwerks gegen Kinderarmut“. Für die Verbesse-rung der Kinderbetreuung und die vollständige Gebührenbefreiung der Eltern haben wir einen Gesetzent-wurf vorgelegt. Ein Thema, das viele bewegt, ist die Zukunft der Gesund-heitsversorgung im Land. Auf unsere Initiative wurde eine entsprechende Enquete-Kommission eingesetzt.Beim Kampf gegen Rechtsextre-mismus unterstützen wir zivilgesell-schaftliche Initiativen mit großem Engagement – im Parlament und auf der Straße. Auch zur Verbesserung der Einfluss-möglichkeiten der Bevölkerung auf die Landespolitik haben wir Gesetz-entwürfe eingebracht. Als einzelne Abgeordnete, aber auch mit unserer gesamten Fraktion treten wir regel-mäßig mit den Menschen vor Ort in den Dialog.

A m 13. März 2016 wählten die Bürger unseres Lan-des mehrheitlich konser-

vativ. Dieses klare Votum wurde im Zuge der Regierungsbildung leider gänzlich ignoriert. Sodann sah und sieht es die AfD-Fraktion als ihre vornehmste Aufgabe, der schwarz-rot-grünen Landespolitik ein bürgerlich-konservatives Korrektiv entgegenzustellen. Als zweitgrößte Fraktion und Oppo-sitionsführer hatten wir dazu bereits mehrfach und erfolgreich Gelegen-heit. So ermöglichte meine Fraktion u.a. drei parlamentarische Unter-suchungsausschüsse und zwei Enquete-Kommissionen. Die dabei zu behandelnden Untersuchungs-gegenstände belegen ausdrücklich, dass die AfD keine „Ein-Themen-Fraktion“ ist. Wir haben immer genau jene Fra-gen im Blick, welche dem Bürger unter den Nägeln brennen. Und ich kann versichern, dass wir unseren klaren parlamentarischen Kurs auch in der zweiten Hälfte der Legislatur nicht verlassen werden. Es gibt noch viel zu tun, denn zu vieles liegt im Argen. Mein Verspre-chen: Wir bleiben dran!7

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REGIONALFENSTER

W er in Ströbeck heiratet, muss nach altem Brauch seine Braut „erspielen“ – nämlich

zum Schach gegen den Bürgermeister antreten. Setzt der Bräutigam den geg-nerischen König matt, gewinnt er seine Braut, verliert er die Partie, hat er ein „Strafgeld“ zu zahlen. Diese Tradition des „Ströbecker Hochzeitsrechts“ ist bis ins 18. Jahrhundert belegt und immer wie-der neu belebt worden. Jens Müller, Orts-bürgermeister des 1 150-Seelen-Dorfs,

erinnert sich noch gut an eine Partie im Jahr des 1 000. Schachjubiläums in Strö-beck. Damals verfolgten Hochzeitsgäste auf dem Hof des Schachmuseums unter freiem Himmel das königliche Spiel zwi-schen dem künftigen Ehemann und dem Bürgermeister. Dieser lädt auch andere schachbegeisterte Heiratslustige zur Hochzeit nach Ströbeck ein, wo es im Schachmuseum ein separates Trauzim-mer gibt. Dass man im heutigen Ortsteil von Halberstadt, der schon am Ortsein-

gangsschild als „Schachdorf Ströbeck“ zum Rundgang einlädt, stolz ist auf ein Jahrtausend alte Schach-Traditionen, verhehlen die Bewohner nicht. So fallen an vielen Hausfassaden Schachmotive auf, tragen sowohl das Dorf selbst wie auch Vereine und Firmen ein Schachbrett im Wappen, steht in einem Vorgarten die Miniaturausgabe jenes Turms, von dem die Ströbecker Schach-Manie aus-ging, und wird an einer Giebelwand das Spiel eines vornehmen Herrn mit einem

Ströbeck – Ein ganzes Dorf spielt Schach

Halle, Spergau, Ströbeck – so unterschiedlich in Größe und territorialer Lage diese Orte auch sind – gemeinsam ist ihnen, dass dort Bräuche und Traditionen gepflegt werden, die deutschlandweit von

der kulturellen Vielfalt und dem großen immateriellen Erbe Sachsen-Anhalts künden. In Ströbeck bei Halberstadt zum Beispiel wird die Kunst des Schachspielens von Generation zu Generation weitergegeben –

und das seit mehr als tausend Jahren schon.

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REGIONALFENSTER

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

Bauern dargestellt. Diese Partie soll es der Legende nach tatsächlich gegeben haben, als der Bischof von Halberstadt im Jahre 1011 im Ströbecker Wehrturm den Markgrafen Guncelin gefangen hielt. Dieser lehrte seine ortsansässigen Be-wacher das Schachspiel. Seither gras-siert in Ströbeck die Schach-Manie. Die Geschichte und Geschichtchen um das hiesige Schach-Fieber erzählten die Strö-becker 2006, als sie Gastgeber für die Kulturdörfer Europas waren, mit dem eigens für sie entstandenen Musical „Ströpker Zeitsprünge“ und fünf Jahre später, anlässlich des tausendjährigen Schachjubiläums ihres Dorfes, erneut in „Guncelin 2011 – So könnte es gewesen sein“, berichtet Kathrin Baltzer. Als Leiterin des einzigen öffentlichen Schachmuseums in Deutschland kennt sie die Regeln des königlichen Spiels aus dem ff, doch mangele es ihr an der Strategie, gesteht sie. Dafür weiß sie un-heimlich viel über die Schach-Geschich-te, von der sie Besuchern des Regio-nalmuseums im ehemaligen Ströbecker

Rathaus am „Platz am Schachspiel“ gern berichtet. Der Ort selbst wurde 995 erstmals ur-kundlich erwähnt. Über die Jahrhunderte hinweg war die Landwirtschaft auf den fruchtbaren Böden des Harzvorlandes der Haupterwerbszweig der Ströbecker. Über-regional bekannt aber wurden sie durch ihr „Schach-Fieber“. Es gibt mehrere Le-genden darüber, wie es im Dorf ausgebro-chen sein soll, doch keine kann eindeutig belegt werden, weiß Kathrin Baltzer nach umfangreicher Quellensuche. Sicher ist indes, dass im Dorf seit Jahrhunderten Schach gespielt wird, erstmals schriftlich dokumentiert im Jahre 1515. Als Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg 1616 Ströbeck besuchte, staunte er jedoch über die dort herrschenden Re-geln, denen er in dem von ihm verfass-ten ersten deutschsprachigen Schach-buch ein eigenes Kapitel widmete. Darin beschrieb er unter anderem das Ströbecker Courierspiel auf Brettern mit jeweils 96 statt der üblichen 64 Felder und mit acht Steinen mehr als gewöhn-

lich, darunter der Courier und ein Narr der Königin, welcher „Schleich“ heißt. Mit sei-nem Buch machte er Ströbeck und seine Einwohner, „die seit undenklichen Zeiten den Ruf geschickter Schachspieler be-haupten“, berühmt. Daraufhin besuchten Anhänger des Spiels, das lange nur dem Adel und dem Klerus vorbehalten war, da nur die oberen Gesellschaftsschich-ten über genug Freizeit, Muße und Geld für das teure und wertvolle Zubehör ver-

Foto links: Aufführungen

des Ströbecker

Lebendschachensembles sind

immer ein Publikumsmagnet.

Foto rechts: Auf dem Hof des

Schachmuseums können Besucher

selbst eine Partie Freilandschach

spielen.

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REGIONALFENSTER

fügten, das kleine Dorf, in dem selbst einfache Bauern und ihre Kinder das Luxusspiel beherrschten. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der zu seiner Zeit als ein Meister des Schachspiels galt, brachte 1651 den Ströbeckern als Geschenk ein kunstvoll gearbeitetes Schachbrett mit wertvollen Intarsien und Inschrift auf der Vorderseite und Courierfeldern auf der Rückseite sowie einen Satz sil-berner und einen geschnitzter hölzerner Figuren mit. „Die gingen aber leider ver-loren“, bedauert Kathrin Baltzer. Doch das Brett des Kurfürsten kann nach wie vor im Schachmuseum bewundert wer-den. Auf dessen Inventarliste stehen neben zahlreichen geschichtsträchtigen und auch neuzeitlichen Brettern an die 450 Spielsätze aus vieler Herren Län-der mit Figuren verschiedenster Formen und Materialien. Doch kein Spiel ist so spektakulär und publikumswirksam wie das mit mensch-lichen Figuren. Lebendige Schachparti-en soll es in Ströbeck schon zum Aus-gang des 17. Jahrhunderts gegeben haben. Historisch sicher belegt ist dies aber erst seit 1908, als anlässlich eines Schachkongresses der Saal im Gast-haus „Zum Schachspiel“ Parkett mit einem eingelegten Schachbrett bekam und darauf Ströbecker in Kostümen des Halberstädter Theaters spielten, berich-tet Museumsleiterin Baltzer. Seit 1982 kann Lebendschach auch auf einem ge-pflasterten Schachbrett auf Ströbecks Schachplatz gespielt werden. Im Laufe der Zeit änderten sich die Kostüme der menschlichen Schachfiguren – von regionalen Volkstrachten über üppige Barockroben bis zu schlichter schwarz-weißer Garderobe. Seit 2006 tritt das Lebendschachensemble in Kostümen auf, die die typische Kleidung der Dorf-bewohner um 1850 widerspiegeln. Waren es vor einigen Jahren noch aus-schließlich Schülerinnen und Schüler, die Bauern, Läufer, Springer, Turm so-wie König und Königin darstellten, kom-plettieren inzwischen wieder Erwachse-ne das Lebendschachensemble. Doch nicht etwa, weil diese die Regeln bes-

ser kennen als Jüngere – denn Schach spielen kann in Ströbeck jedes Kind. Seit beinahe hundert Jahren nämlich ist das Brettspiel ein Prüfungsfach an der dortigen Schule. Von Anfang an – also seit 1823 – wetteifern Schüler alljährlich um ein spezielles Ströbecker Schachbrett und Figuren, wovon häu-fig Schachsymbole mit Jahreszahlen

an Häusern der Gewinner künden. In-zwischen gibt es nur noch eine Grund-schule in Ströbeck, doch Schach ist weiterhin Pflichtfach für die Zweit- bis Viertklässler. Beim traditionellen „Familienschach“ jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit tre-ten Kinder und Jugendliche im Schul-haus gegen ein Familienmitglied an

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REGIONALFENSTER

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

und zeigen ihr Können. 2018 findet es am 24. November in der Aula der Grundschule statt, die den Namen des bislang einzigen deutschen Schach-weltmeisters Dr. Emanuel Lasker trägt und von der Deutschen Schachjugend als „Deutsche Schachschule“ geehrt wurde.Die in Ströbeck nach wie vor gelebten Schachtraditionen des Ortes, in dem 1883 der „Ströbecker Schachverein“ und drei Jahre später der erste Frauen-schachverein Deutschlands gegründet wurde, wo seit etwa jener Zeit auch nach internationalen Regeln gespielt wird, wo seit 1960 alljährlich das in-ternationale Mai-Schachturnier mit rund 200 Teilnehmern stattfindet, wo das Lebendschachensemble mit ein-studierten und freien Partien, Schach-tänzen und Rezitationen von dieser besonderen, bis ins Mittelalter zurück-reichenden Geschichte des Dorfes kündet und wo wieder nach überliefer-tem Hochzeitsrecht geheiratet werden kann, sind von der deutschen UNESCO-Kommission als Immaterielles Kulturer-be anerkannt worden. Dieses bundesweite Verzeichnis mit bisher 79 Einträgen zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditio-nen und Ausdrucksformen in Deutsch-land praktiziert und weitergegeben wer-den. Aus Sachsen-Anhalt wurden außer dem Schachdorf Ströbeck bisher das Finkenmanöver im Harz, die Salzwirker-Brüderschaft Halle sowie die Spergau-er Lichtmeß in das Bundesweite Ver-zeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.Weltweit unterstützt die UNESCO den Erhalt von Kulturformen, die auf menschlichem Wissen und Können beruhen und von Generation zu Gene-ration weitergegeben werden. Zu den in ihren Listen bislang verzeichneten Bräuchen, Darstellungskünsten, Hand-werkstechniken und Naturwissen aus allen Kontinenten gehören unter an-derem die Genossenschaftsidee und -praxis sowie Orgelbau und Orgelmusik aus Deutschland. Gudrun Oelze

Auf der „Landkarte“ im Europapark von Ströbeck wächst für jedes Mitglied der „Kulturdörfer Europas“ ein landestypischer Baum.

In diesem Turm (r.) soll einst ein vor-nehmer Gefangener den Ströbeckern das Schachspiel beigebracht haben.

INFO

Mit seinen einzigartigen Schachtraditionen wurde Ströbeck auch Gründungsmitglied des Netzwerkes „Kulturdörfer Europas“. 1999 von dem niederländischen Dorf Wijk aan Zee initiiert, ist es Ziel dieser Vereinigung, gemeinsam dörfliche Kultur und Leben in allen kleinen Orten Europas zu schützen und zu erhalten. Zu dem Netzwerk gehören elf Dörfer aus elf europäischen Ländern. Ströbeck war 2006 Gastgeber für das Treffen der Partnerkommunen und legte damals auf dem Gelände eines ehemaligen Bauernhofes einen Europapark in Form einer Landkarte des Kontinents an. An der Position jedes Teilnehmerlandes der „Kulturdörfer“ wächst seither ein landestypischer Baum.

Museumsleiterin Kathrin Baltzer (u.l.)

vor dem wertvollen Kurfürsten-Brett.

Schachfiguren aller Formen und

Materialien (u.r.) werden im Museum

gezeigt.

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RÜCKBLICK

Ein Staat mit demokratischer Verfassung

N immt man die Standardwerke zur Revolution von 1848/49 in Deutschland zur Hand, haben

darin die Ereignisse in Anhalt völlig zu Un-recht nur vereinzelt Spuren hinterlassen. Im Blickfeld liegen zumeist die beiden Großmächte Preußen und Österreich so-wie die deutschen Mittelmächte Bayern und Württemberg, das in besonderer Weise revolutionsbewegte Baden, auch die hessischen Staaten, Sachsen und Hannover. Den drei anhaltischen Fürs-tentümern kam angesichts ihrer geringen Größe und ihrer Rolle als preußische Sa-tellitenstaaten, als „Vorhöfe“ Preußens (Zit. Mathias Tullner) kein nennenswertes Gewicht im Ringen der Schwergewichte um die Zukunft Deutschlands zu. Auch hinsichtlich der Wurzeln des de-mokratischen Parlamentarismus und Verfassungsrechts fällt der Blick zumeist nicht nach Anhalt, sondern oft auf die deutsche Nationalversammlung: Am 18. Mai 1848 trat sie in einem ehemaligen Gotteshaus in Frankfurt am Main, in der Paulskirche, erstmals zusammen. Das „Professorenparlament“, als das sie oft bezeichnet wurde, war sie angesichts der 49 Universitätsprofessoren unter ihren 585 Mitgliedern gewiss nicht. Sicher war sie aber eine Versammlung des gebildeten deutschen Bürgertums, die dennoch in der Herkunft, den Menta-litäten und Temperamenten ihrer Mitglie-der so kontrastreich war, dass sie in ihrer Leibhaftigkeit manchem erst bewusst machte, welches Deutschland da geeint werden sollte (Zit. Wolfram Siemann). Die Hauptaufgaben der Nationalversamm-lung: die Ausarbeitung einer deutschen Verfassung und eines Grundrechtskata-

logs, die Errichtung eines deutschen Na-tionalstaats und die Klärung der Macht-verhältnisse. Erreicht worden sind weder die Einheit noch die Freiheit. Rückblende: Die gesellschaftlichen wie die persönlichen Lebensverhältnisse auch der in Anhalt lebenden Menschen unterlagen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Folge der Ablösung der feudalen Abhängigkeiten auf dem Lan-de und der industriellen Revolution, die sich in Mitteldeutschland in enger Wech-selwirkung zur Landwirtschaft und dem Bergbau vollzog, einem bis dahin in Tiefe wie Tempo beispiellosen Wandel. Bürger-lich-liberale, auch soziale Bewegungen entstanden. So engagierten sich etwa in der Köthener freisinnigen „Kellergesell-schaft“ Persönlichkeiten, die später als Anführer der 1848er Revolution in Anhalt bekannt wurden: Enno Sander, Moritz Vierthaler, Adolf Wolter und die Gebrüder

„Anhalt … ist der erste Staat Deutschlands, der eine echt demokratische Verfassung erhält“: Von der Fürstenherrschaft „von Gottes Gnaden“ zu „alle Gewalten gehen vom Volke aus“ – 170 Jahre

Revolution und demokratisches Verfassungsrecht in Anhalt.

Kleines Foto: Enno Sander

Großes Foto: Die Köthener Ratskellerge-

sellschaft in den 1840er Jahren. In dieser

freisinnigen Gesellschaft bildeten sich

politische Führer der 1848er Revolution in

Anhalt heran. In der Mitte (mit erhobenen

Gläsern) der Assessor Adolf Wolter (l.), 1848

Präsident des Köthener Landtags und des

Vereinigten Landtags von Anhalt-Dessau-

Köthen, daneben Dr. med. Alfred von Behr,

1848–50 Journalist. Links hinten mit

Perücke Musikdirektor Eduard Thiele, der

das Deutschlandlied vertonte und auf dem

Köthener Marktplatz singen ließ. Rechts

neben ihm (mit Mütze) der Naturforscher

und Weltreisende Dr. Hans Hermann Behr,

Begründer der Akademie der Wissenschaf-

ten San Francisco. Rechts hinten mit Pfeife

Ottmar von Behr, Emissär des „wahren Sozi-

alismus“, 1848 Vertreter des Weitling’schen

„Befreiungsbundes“ in den USA, Begründer

einer Emigrantensiedlung in Texas.

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RÜCKBLICK

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

von Behr (siehe zeitgenössische Darstel-lung). Einflüsse entfalteten auch Konflikte der innerkirchlichen Opposition mit der Staatskirche. Die Lichtfreunde-Bewegung (Verein der Protestantischen Freunde) entstand. Auch staatliche Restriktionen gegen diese vorrevolutionären Zusam-menschlüsse führten zunehmend zu ihrer Politisierung. Regelmäßige Zusam-menkünfte, Tumulte und Volksversamm-

lungen mit Hunderten, ja gelegentlich Tausenden Teilnehmerinnen und Teilneh-mern waren die Folge. In an die Fürsten gerichteten Adressen wurden Erwartungen („Märzforderungen“) formuliert – so auch durch die Dessauer Volksversammlung. Als der Herzog auf Zeit spielte, weil er zunächst die Entwick-lung in Preußen und Sachsen abwarten wollte, kamen für das kleine Land am 14. März 1848 beachtliche 8 000 Menschen zusammen. Ein „Märzministerium“ unter dem Leitenden Minister August Habicht (Jurist; Rat am Oberappellationsgericht) wurde eingesetzt, ein beispiellos demo-kratisches Landeswahlrecht mit direktem Wahlmodus unter Verzicht auf die Voraus-setzung der Selbstständigkeit erlassen, Landtage mit starken demokratischen Mehrheiten gewählt, die Arbeiten an Ver-fassungen kamen in Gang. Das im Vortext wiedergegebene ambi-

tionierte Zitat des „Märzministers“ Au-gust Habicht weist darauf hin, dass die Verfassung für die beiden Herzogtümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen, die am 28. Oktober 1848 durch den Land-tag beschlossen und am 29. Oktober 1848 vom Herzog sanktioniert worden war, bereits durch Zeitgenossen als im positiven Sinne Beispiel gebend empfun-den worden ist. Aber auch im negativen, meinte doch die konservative „Allgemei-ne Preußische Zeitung“ vom 24. März 1849, das „Dessauer Ländchen“ wegen seiner „ruchlosen Verfassung“ als „Har-lequin der deutschen Revolution“ zeihen zu müssen. Heute gilt: Wegen ihrer unge-wöhnlich weit gehenden demokratischen Rechte zählt die Dessau-Köthen‘sche Verfassung zu den herausragenden deut-schen Verfassungsbeispielen der Revolu-tionszeit von 1848/1849 (Zit. Mathias Tullner).Warum ist das so? Die Regierungsform wurde als „democratisch-monarchische“ festgelegt. Alle Gewalten sollten vom Volke ausgehen. Folgerichtig erhielt der Landtag – die Volksvertretung – eine überaus starke Stellung. Dem Herzog wuchs gegenüber Landtagsbeschlüssen lediglich ein suspensives Veto zu. Bestä-tigte der Landtag nach eingelegtem Veto den Beschluss, konnte der Fürst die Be-stätigung nicht mehr verweigern. Erging sie dennoch nicht, wurde sie durch die Verfassung fingiert, indem der Beschluss des Landtages „von selbst gesetzliche Kraft“ erhalten sollte. Noch volkssouveräner waren die Bestim-mungen zur Verfassungsänderung: War die Änderung durch zwei aufeinanderfol-gende Landtage beschlossen worden, ohne die Zustimmung des Herzogs zu finden, war hierüber ein Volksentscheid abzuhalten. Das Volk sollte als überge-ordnete Schiedsinstanz (Zit. Ernst Gott-fried Mahrenholz) zwischen Landtag und Herzog fungieren. Dem Landtag wuchsen die Finanz-, Steuer- und Abgabenhoheit zu. Er erhielt das Recht, zu ihm vorlie-genden Akten „zweckdienliche Aufklärun-gen“ von der Exekutive einzuholen. Ein Misstrauensvotum des Landtages gegen das „Gesammtministerium“ wurde einge-

führt. Die Ministeranklage war statthaft. Der Landtag genoss ein bedingtes Selbstversammlungsrecht. Seine Mitglie-der waren Vertreter des ganzen Volkes und genossen ein freies Mandat („… nicht gehalten, von ihren Kommittenten Instruktionen anzunehmen …“), waren durch die Privilegien von Immunität (bis hin zur Entscheidung über die Entlassung aus der Haft) und Indemnität („… wenn nicht der Fall unter den Gesichtspunkt einer Injurie, Verleumdung oder eines in den Gesetzen mit Strafe bedrohten sons-tigen Vergehens fällt …“) geschützt. Die Verfassung enthielt zudem einen breiten Grundrechtskatalog, der zum Teil radika-ler und auch detaillierter gefasst war als die „Frankfurter Reichsverfassung“ vom 28. März 1848 oder die „Grundrechte des Deutschen Volkes“ vom 27. Dezem-ber 1848. Standesunterschiede wurden nicht nur aufgehoben, sondern der Adel selbst abgeschafft. Orden durften weder ange-nommen noch von Staats wegen verlie-hen werden. Die Todesstrafe war ohne jede Ausnahme abgeschafft. Abschlägige Behördenantworten waren zu begründen. Es war zudem ein Beschwerderecht an den Landtag bei gesetzwidrigem Verwal-tungshandeln im Falle eingeräumt. Justiz und Verwaltung wurden separiert. Staat und Kirche sollten strikt getrennt wer-den. Die Schule wurde „Staatsanstalt“ und von der Aufsicht der Kirche befreit. Schulgeldfreiheit wurde gewährt. Vor der Verabschiedung von die Landwirtschaft betreffenden Gesetzen waren künftig „tüchtige und erprobte Landwirte aller Klassen“ anzuhören. Und: Den Kommu-nen wurde auferlegt, unter Zuziehung qualifizierter Arbeiter eine Kommission zu bilden, welche sich ausschließlich mit der Beratung „derjenigen Maßregeln be-schäftigt, die das Wohl der arbeitenden Klassen zu befördern im Stande sind“ – eine sozialstaatliche Regelung, die im deutschen Verfassungsrecht bis dahin ohne Entsprechung war.Das Schicksal der Revolution besiegelte auch das Schicksal des radikaldemokra-tischen anhaltischen Verfassungsrechts vom Oktober 1848. Dr. Torsten Gruß

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WEITBLICK

Facettenreiches Panorama

Das Buch „1919 – Das Jahr der Frauen“ nimmt den Leser mit auf eine faszinierende Zeitreise in das Jahr 1919.Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs ist die Geschichte von Männern geprägt. Philipp Scheidemann ruft die Deutsche

Republik aus, Walter Gropius gründet das Bauhaus und Magnus Hirschfeld gründet in Berlin das erste Institut für Sexualwissenschaft.Doch die Zeit nach dem Krieg wird vor allem eine weibliche Zeit, meint die Autorin Unda Hörner. Nicht nur in der Wissenschaft und Kunst mit Marie Curie und Coco Chanel setzen Frauen Zeichen. Vor allem politisch bedeutet das Jahr 1919 eine Zeitenwende für Frauen. Sie erhalten das Wahlrecht und im Februar spricht zum ersten Mal eine Frau, Marie Juchacz, im Parlament. Sie ist es auch, die im Dezember die Arbeiterwohlfahrt gründet, bis heute einer der wichtigsten Wohlfahrtsvereine. Die Frauenrechtlerin Anita Augspurg warnt das erste Mal vor einem „gewissen Adolf Hitler“ nach dessen erster parteipolitischer Rede in München. Unda Hörner erzählt in zwölf Kapiteln und Monaten lebendig über historische Ereignisse und Lebenswege, die von Frauen geprägt waren. Die Spanne reicht von Rosa Luxemburg und Käthe Kollwitz bis zur Tennisspielerin Suzanne Lenglen und der Buchhändlerin Sylvia Beach, die in Paris eine Leihbücherei eröffnet. Die Autorin verbindet Ereignisse aus Kunst, Kultur, Gesellschaft und Politik mit Privatem zu einem kurzweiligen und facettenreichen zeitgeschichtlichen Panorama.

Unda Hörner: 1919 – DAS JAHR DER FRAUEN. Berlin: Ebersbach & Simon, 2018.

Repräsentationsdefizit der Demokratie

Politik- und Parteienverdrossenheit, sinkende Wahlbeteiligungen und das Aufkommen neuer Parteien weisen auf Probleme der gegenwärtigen politischen und wahlrechtlichen Strukturen hin. Der Autor der Untersuchung stellt einen Zusammenhang zwischen diesen

krisenhaften Symptomen und einem sogenannten Repräsentationsdefizit der bundesdeutschen parlamentarischen Demokratie her. Ausgehend

von vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen fällt es den politischen Lagern und damit den parlamentarisch vertretenen Parteien zunehmend schwer, diese Interessen- und Wertevielfalt programmatisch aufzufangen. Der Verfasser der Studie entwickelt eine grundlegende

Alternative, die eine Anpassung des politischen Systems an diese Entwicklung vorsieht, um die divergierenden gesellschaftlichen Interessen parlamentarisch

besser vertreten zu können. Diese Lösung wird als „themenspezifisches Parlamentssystem“ bezeichnet, deren Voraussetzungen und Umsetzungschancen er unter Einbeziehung relevanter Wahltheorien umfassend beschreibt.

Tobias Blicker: INTERESSENVIELFALT UND DEMOKRATIE, Ein neues Parlamentssystem zur Lösung von Repräsentationsdefiziten. Baden-Baden:

Tectum, 2018.

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WEITBLICK

Die LanDtagsbibLiothek ...... ist eine wissenschaftliche Spezialbibliothek, die

auch für Bürgerinnen und Bürger nutzbar ist. Die

Sammelschwerpunkte umfassen die Bereiche Recht,

Politik, Parlamentarismus, Sozialwissenschaften,

Geschichte und Landeskunde.

Neben dem umfangreichen Literatur- und Zeitschrif-

tenbestand stehen komfortable Arbeitsmöglichkeiten

im Lesesaal zur Verfügung.

Öffnungszeiten (nicht an Feiertagen)

Mo. bis Do., 8–16.30 Uhr, Fr. 8–15 Uhr

Kontakt

Telefon: 0391 560 1135

E-Mail: [email protected]

Der Kampf der Frauenbewegung

Am 30. November 1918 wurde das aktive und

passive Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger in der Verordnung über die Wahl zur verfassungsge-benden deutschen Nationalversammlung verankert. Ein jahrzehntelanger Kampf hatte damit ein Ende gefunden. Im Januar 1919 fand die erste nationale Wahl unter Beteiligung der weiblichen Bevölkerung statt – mit einer Wahlbeteiligung von 83 Prozent. Der Nationalversamm-lung gehörten dann 37 weibliche Abgeordnete an. Der Kampf der Frauenbewegung sorgte für ein gesellschaft-liches Umdenken. Aber auch nach der Einführung des Frauenwahlrechts stellten sich Fragen nach Gleichheit und Gleichberechtigung der Geschlechter. In diesem Band des Verlages des Instituts für Sozialforschung in Hamburg wird die Demokratiegeschichte als Geschichte des Frauenwahlrechts aus verschiedenen Perspektiven dargestellt und aufgezeigt, wie international die Ge-schichte der Demokratisierung ist. Die Zeitspanne reicht dabei vom Kampf der Sufragetten für die Gleichberechti-gung der Frauen um 1900 bis zum Einfluss des Frauen-wahlrechts auf die niederländische Wahlkultur im 20. Jahrhundert. Im 100. Jahr der Einführung des Frauen-wahlrechts in Deutschland sind diese knapp 300 Seiten eine interessante Lektüre für politisch Interessierte.

Hedwig Richter, Kerstin Wolff (Hrsg.):

FRAUENWAHLRECHT, Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und

Europa. Hamburg: Hamburger Edition, 2018.

Die Erfahrung von Bruch und Neuanfang

Die Beiträ-ge dieses Bandes spiegeln

einen neuen Blick der Geschichtswissen-schaft auf personelle und institutionelle Kontinuitäten im Deutschland der Nachkriegszeit wider. Mittlerweile richtet sich das Forschungsinter-esse nicht mehr vorrangig auf die junge Bundesrepublik, sondern auch auf die Entwicklungen in der DDR. Eine deutlich verbesserte Zugänglichkeit der erforderlichen Quellen erlaubt mittlerweile eine vergleichende deutsch-deutsche Betrachtung, die sich im vorliegenden Band auf vier zentrale Bereiche staatlichen Handelns konzentriert: Justiz, Wirtschaft, Inneres und Sicherheit. Im Rahmen einer den Sammelband abschließenden Zwischenbilanz werden neben den Befunden personeller und mentaler Kontinuitäten und Diskontinuitäten auch Fragen nach der psychologischen Prägung der handelnden Personen durch die Erfahrung von Bruch und Neuanfang gestellt.

Stefan Creuzberger, Dominik Geppert (Hrsg.):

DIE ÄMTER UND IHRE VERGANGENHEIT, Ministerien und Behörden im geteilten Deutschland

1949–1972. Paderborn: Schöningh, 2017.

Zwischenruf 03/2018 – Das Magazin des Landtags von Sachsen-Anhalt

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EINBLICK

A uf ihrer Reise in die Niederlande vom 3. bis 7. September 2018 besichtigten die Abgeordneten

unter anderem das architekturpreisge-krönte Projekt „Raum für Waal“ in Nim-wegen. Dort wurde am Nordufer der Stadt ein neuer Seitenarm in den Fluss Waal ge-graben und der bestehende Deich weiter ins Hinterland verlegt, erklärt Ausschuss-vorsitzender Jürgen Barth (SPD). Das Pro-jekt sei beispielhaft für ein Umdenken im Hochwasserschutz: „Der Trend geht in den Niederlanden ganz deutlich weg von im-mer höheren Deichen, hin zu mehr Raum für die Flüsse.“ An der Technischen Univer-sität in Delft erhielten die Abgeordneten einen spannenden Einblick in eine Flutsi-mulationsanlage ebenso wie praktische Verbesserungshinweise für den Hochwas-

Der Ausschuss

für Umwelt und

Energie des

Landtags vor dem

Niederländischen

Parlaments-

gebäude in

Den Haag.

Hochwasserschutz in den NiederlandenDer Umweltausschuss des Landtags hat sich in den Niederlanden über aktuelle Entwicklungen im Hochwasserschutz

informiert. Die einwöchige Reise führte die Abgeordneten unter anderem nach Den Haag, Delft und Nimwegen.

serfall. „Anstatt Sandsäcken kann man beispielsweise auch ein Schlauchsystem nutzen, das sich selbst mit Wasser füllt. Das spart im Notfall nicht nur Zeit, son-dern auch Ressourcen“, so Barth.Beim Besuch des Bovenkerpolders lernten die Abgeordneten zudem neue Möglichkeiten für die Umsetzung kollek-tiver Agrarumweltmaßnahmen kennen. Anders als in Deutschland haben Land-

wirte in den Niederlanden in den letzten Jahren Naturvereine gegründet, die sich nach gemeinsamer Zielsetzung mit der Verwaltung selbstständig um die Abwick-lung verschiedenster Umwelt- und Na-turschutzthemen kümmern, erläuterte Barth. – Nur eine von vielen Anregungen, die der Umweltausschuss von seiner Rei-se mit nach Hause gebracht hat. Stefanie Böhme

I m „Mutterland der öffentlichen Petiti-onen“ haben die

Bürger vielfältige Mög-lichkeiten für Bitten und Beschwerden. Zum einen gibt es den Pe-titionsausschuss des Schottischen Parla-ments, der vor allem für Gesetzgebungen zustän-dig ist. Zum anderen eine Ombudsfrau – eine Art „Bürgerbeauftragter“ für Beschwer-den über Behörden und Organisationen, erklärt Christina Buchheim, Vorsitzende des Petitionsausschusses. Die Ombuds-frau verfüge sogar über einen Fonds, aus dem sie nach Prüfung der Beschwerde Entschädigungen auszahlen könne. „Grundsätzlich hat die Ombudsfrau

Die Petitions-

ausschüsse der

Landtage von

Sachsen-Anhalt

und Thüringen

auf den Ein-

gangsstufen des

Schottischen

Parlaments.

Schottisches Petitionswesen im FokusIn Edinburgh erhielt der Petitionsausschuss des Landtags einen Einblick in das schottische Petitionswesen,

das vor allem durch seine hohe Transparenz besticht.

des schottischen Parlaments viel mehr Möglichkeiten als unser Petitionsaus-schuss“, stellte Buchheim fest.Besonders auffällig am schottischen Peti-tionsverfahren sei zudem die hohe Trans-parenz. Dort sind alle Petitionssitzungen öffentlich, können per Video im Internet übertragen werden, die Bürger können die

Petition im Internet mitzeichnen und in ei-nem Forum darüber diskutieren.Außerdem informierten sich die Abge-ordneten über eine vom Parlament un-abhängige Kommission, die sich um alle Beschwerden gegen Rechtsanwälte küm-mert, sowie über den Petitionsausschuss der Stadt Edinburgh. Stefanie Böhme

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ÜBER VERBRECHEN IM NAMEN DES DEUTSCHEN VOLKESTERMIN: VOM 5. BIS 23. NOVEMBER 2018

Die Ausstellung stellt das Justizsystem zur Zeit des Nationalsozialismus dem Rechtsstaat in der Demokratie gegenüber. Sie klärt auf und leistet einen Bei-trag zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Justizgeschichte in Sachsen-Anhalt. Den Besuchern wird vor Augen geführt, zu welchen Exzessen die Justiz in einem totalitären System fähig sein kann. Im Mittelpunkt steht die Beteiligung der NS-Justiz an der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt. The-matisiert wird insbesondere das Vorgehen der Justiz und der Verwaltung bei Vor-gängen im Rahmen von „Arisierungen“ und sogenannten Rasseschande-Fällen.

AUSSTELLUNGEN IM LANDTAGVON OKTOBER BIS DEZEMBER 2018 VON OKTOBER BIS DEZEMBER 2018

WASSER IST FÜR UNS ...TERMIN: VOM 2. BIS 26. OKTOBER 2018

Der Kreativwettbewerb „Wasser ist für uns …“ ist Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit zur Umsetzung der europäischen Wasserrah-menrichtlinie. Er fand bundesweit bereits zum achten Mal statt. In Sachsen-Anhalt setzten sich Schülerinnen und Schüler aus den Klas-senstufen eins bis vier künstlerisch mit dem Thema Wasser ausein-ander. Die Galerieausstellung mit ausgewählten Beiträgen zeigt unter anderem Modelle zum Wasserkreislauf, Landschaftsgestaltungen mit „Brockenblick“ aus Knetmasse, Regenschirm, Spiele und viele ande-re kreativ gestaltete Zeichnungen sowie einen „Kreativbaum“, der vor der Preisverleihung von den Preisträgern gestaltet worden ist.

MÜTTER DES GRUNDGESETZESTERMIN: VOM 3. DEZEMBER BIS 7. JANUAR 2019

„Mütter des Grundgesetzes“ zeigt die Lebensbilder von Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel – vier Politikerinnen, die durch ihre unmittelbare Mitwirkung am Grundgesetz und an der verfassungsrechtlichen Verankerung der Gleichberechtigung von Frauen vor 70 Jahren die Basis für dieses heute selbstverständliche Prinzip schufen.

GOTT. MACHT. ZUKUNFT.Errichtung des Erzbistums Magdeburg vor 1050 JahrenTERMIN: VOM 28. NOVEMBER BIS 21. DEZEMBER 2018

Die Exposition informiert über die Gründung des Erzbistums Magdeburg vor 1 050 Jahren. Sie stellt neben großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte die wesentlichen historischen Entwicklungen bis in die Gegenwart dar. Ein we-sentliches Augenmerk wird auf die religiösen und kirchlichen Institutionen im Erzbistum Magdeburg und in seinen Nachfolgegebieten gelegt, deren Existenz und Wirkkraft bis in die heutige Zeit andauern.

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Informativ, transparent und modernPolitik in Sachsen-Anhalt online erleben

www. landtag.sachsen-anhalt.deAuf der Internetseite des Landtags � nden Sie nicht nur Berichte über die Arbeit der Abgeordneten, sondern gewinnen auch einen Einblick hinter die Kulissen des Landesparlaments: beispielsweise Wahlergebnisse, Abgeordnetenbiogra� en sowie Informationen zu den Fraktionen und Ausschüssen.

Durch den integrierten Terminkalender können Interessierte stets erfahren, welche Sitzungen und Veranstaltungen ins Haus stehen, die hinterlegten Tagesordnungen gewähren einen Einblick in die Plenums- und Ausschusssitzungen, und durch die Abrufbarkeit aller öffentlicher Drucksachen sind Sie mittendrin im Parlamentsgeschehen.

Über die Abgeordnetenpro� le kann zudem Kontakt zu jeder/m Abgeordneten aufgenommen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Besuchergruppen online anzumelden.

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