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583 Bautechnik 87 (2010), Heft 9 Berichte dichtete Betone mit hohen Druckfes- tigkeiten. Die Oberflächenzugfestig- keiten waren ebenfalls gut. Damit konnte festgestellt werden, dass sich die Grundsubstanz des Behälters, nämlich die Betonkonstruktion, in ei- nem ordentlichen Zustand befand. Die Innenbeschichtungen – weiße kunststoffmodifizierte Dichtschläm- men auf Zementbasis – hatten sich je- doch im Laufe der Zeit innerhalb der wasserberührten Flächen durch Hy- drolyse verändert. Sie waren bereichs- weise ausgedünnt, punktuell bis flächig mit runden braunen Flecken behaftet und an der Oberfläche rauh und aufgeweicht. Die spritzrauhen Deckenflächen dagegen waren augen- scheinlich ohne Befund. Die Betrachtungen an Stückpro- ben der Innenbeschichtungen am Ras- terelektronenmikroskop und die Rönt- genmikroanalysen hatten ergeben, dass durch hydrolytische Prozesse in Bereichen mit höherer Porosität des seiten der einzelnen ca. 5,30 m breiten Kammergänge ausgerundet. Durch vier Dehnfugen im Abstand von je 20 m sind zudem die Kammern in fünf Abschnitte unterteilt. Innerhalb dieser Abschnitte ist zusätzlich noch jeweils eine Arbeitsfuge ausgeführt. Die Decke des Behälters ist ca. 70 cm erdüberdeckt und allseitig außen bituminös abgedichtet. An den Innenseiten der Kammern war eine Beschichtung mit einem weißen In- nendichtmörtel aufgebracht. Die Konstruktionsdicken der Bauteile betragen: Decke Wasserkammern: 25 cm Außenwände: unter der Decke: 30 cm über der Sohle: 50 cm Mitteltrennwand: 50 cm Leitwände: 25 cm Bodenplatte: 25–30 cm Der Zugang in die Kammern erfolgt über Drucktüren aus beschichtetem Stahl. Im vorderen Kammerbereich sind die einzelnen Kammergänge über mit Edelstahl besetzten Türöffnungen miteinander verbunden. 2 Untersuchungen und Ergebnisse Der Behälter wurde von der EPL Em- merling Planungsgesellschaft mbH im Oktober 2007 eingehend unter- sucht. Die Betondeckungsmessungen ergaben ordnungsgemäße Deckungen. Aufgrund der Ergebnisse der Karbo- natisierungsprüfungen konnte festge- halten werden, dass die Karbonatisie- rungsfront in den hierfür relevanten Bereichen oberhalb des maximalen Wasserstandes die Bewehrung in ab- sehbarer Zeit nicht erreichen wird. Die Laborprüfungen an entnomme- nen Bohrkernen ergaben sehr gut ver- Instandsetzung des Trinkwasserhochbehälters Puchheim Reiner Back Norbert Emmerling Für die Hygiene und Reinigung in Trinkwasserbehältern ist es besonders wichtig, dass die Oberflächen der wasserberührten Bauteile möglichst glatt und porenfrei sind. Seit mehr als 30 Jahren werden daher wasserbe- rührte Oberflächen u. a. auch mit speziellen kunststoffmodifizierten Ze- mentmörteln und Dichtungsschläm- men beschichtet. Diese wurden aus optischen Gründen häufig mit weißem Portlandzement eingefärbt und mit geringer Dicke von weniger als 3 mm im Nassspritzverfahren mit Förderung im Dichtstrom aufgetragen, so auch im Trinkwasserhochbehälter Puch- heim am Parsberg. Ausgehend von kleinen ca. 1 mm großen Vertiefun- gen bildeten sich im Laufe der Zeit an diesen Beschichtungen ständig zu- nehmende kreisförmige Flecken, die zudem aufgeweicht waren. 1 Konstruktionsbeschreibung Der Trinkwasserhochbehälter des Zweckverbands zur Trinkwasserver- sorgung der Ampergruppe in Puch- heim wurde Mitte der 1970-er Jahre in Stahlbeton-Massivbauweise errich- tet. Die Außenabmessungen des erd- überdeckten 2-Kammer-Behälters mit einem Nenninhalt von 2 × 15000 m 3 betragen ca. 92,10 m × 67,60 m, die Höhe bis ca. 6,80 m. Das stirnseitig integrierte, ca. 11,10 m × 33,0 m große Schieberhaus ist umlaufend durch eine Dehnfuge von den Kammern ab- getrennt. Die Leitwände der Kammern sind so angeordnet, dass das Wasser, das über die jeweils neben der Mitteltrenn- wand angeordneten Einlauftulpen aus Stahl zugeführt wird, bis zur Entnah- mestelle schlangenförmig durch die Kammern fließt. Dabei sind die Stirn- Bild 1. Modell des Trinkwasserbehälters

Instandsetzung des Trinkwasserhochbehälters Puchheim

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583Bautechnik 87 (2010), Heft 9

Berichte

dichtete Betone mit hohen Druckfes -tigkeiten. Die Ober flächenzug fes tig -keiten waren ebenfalls gut. Damitkonnte festgestellt werden, dass sichdie Grundsubstanz des Behälters,nämlich die Betonkonstruktion, in ei-nem ordentlichen Zustand befand.

Die Innenbeschichtungen – weißekunststoffmodi fizierte Dichtschläm-men auf Zementbasis – hatten sich je-doch im Laufe der Zeit innerhalb derwasserberührten Flächen durch Hy-drolyse verändert. Sie waren be reichs-weise ausgedünnt, punktuell bisflächig mit runden braunen Fleckenbehaftet und an der Oberfläche rauhund aufgeweicht. Die spritzrauhenDeckenflächen dagegen waren augen -scheinlich ohne Befund.

Die Betrachtungen an Stückpro-ben der Innenbeschichtungen am Ras -terelektronenmikroskop und die Rönt-genmikroanalysen hatten ergeben,dass durch hydrolytische Prozesse inBereichen mit höherer Porosität des

seiten der einzelnen ca. 5,30 m breitenKammergänge ausgerundet. Durchvier Dehnfugen im Abstand von je20 m sind zudem die Kammern in fünfAbschnitte unterteilt. Innerhalb dieserAbschnitte ist zusätzlich noch jeweilseine Arbeitsfuge ausgeführt.

Die Decke des Behälters ist ca. 70 cm erdüberdeckt und allseitigaußen bituminös abgedichtet. An denInnenseiten der Kammern war eineBeschichtung mit einem weißen In-nendichtmörtel aufgebracht.

Die Konstruktionsdicken derBauteile betragen:Decke Wasserkammern: 25 cmAußenwände:

unter der Decke: 30 cmüber der Sohle: 50 cm

Mitteltrennwand: 50 cmLeitwände: 25 cmBodenplatte: 25–30 cm

Der Zugang in die Kammern erfolgtüber Drucktüren aus beschichtetemStahl. Im vorderen Kammerbereichsind die einzelnen Kammergänge übermit Edelstahl besetzten Türöffnungenmiteinander verbunden.

2 Untersuchungen und Ergebnisse

Der Behälter wurde von der EPL Em-merling Planungsgesellschaft mbHim Oktober 2007 eingehend unter-sucht. Die Betondeckungsmessungenergaben ordnungsgemäße Deckungen.Aufgrund der Ergebnisse der Karbo-natisierungs prüfungen konnte festge-halten werden, dass die Karbonatisie-rungsfront in den hierfür relevantenBereichen oberhalb des maximalenWasserstandes die Bewehrung in ab-sehbarer Zeit nicht erreichen wird.Die Laborprüfungen an entnomme-nen Bohrkernen ergaben sehr gut ver-

Instandsetzung des Trinkwasserhochbehälters PuchheimReiner Back Norbert Emmerling

Für die Hygiene und Reinigung inTrinkwasserbehältern ist es besonderswichtig, dass die Oberflächen derwasserberührten Bauteile möglichstglatt und porenfrei sind. Seit mehr als30 Jahren werden daher wasserbe -rührte Oberflächen u. a. auch mitspeziellen kunststoffmodifizierten Ze-mentmörteln und Dichtungsschläm-men beschichtet. Diese wurden ausoptischen Gründen häufig mit weißemPortlandzement eingefärbt und mitgeringer Dicke von weniger als 3 mmim Nassspritzverfahren mit Förderungim Dichtstrom aufgetragen, so auchim Trinkwasserhochbehälter Puch-heim am Parsberg. Ausgehend vonkleinen ca. 1 mm großen Vertiefun-gen bildeten sich im Laufe der Zeit andiesen Beschichtungen ständig zu-nehmende kreisförmige Flecken, diezudem aufgeweicht waren.

1 Konstruktionsbeschreibung

Der Trinkwasserhochbehälter desZweckverbands zur Trinkwasserver-sorgung der Ampergruppe in Puch-heim wurde Mitte der 1970-er Jahrein Stahlbeton-Massivbauweise errich-tet. Die Außenabmessungen des erd -überdeckten 2-Kammer-Behälters miteinem Nenninhalt von 2 × 15000 m3

betragen ca. 92,10 m × 67,60 m, dieHöhe bis ca. 6,80 m. Das stirnseitigintegrierte, ca. 11,10 m × 33,0 m großeSchieberhaus ist umlaufend durcheine Dehnfuge von den Kammern ab-getrennt.

Die Leitwände der Kammern sindso angeordnet, dass das Wasser, dasüber die jeweils neben der Mitteltrenn-wand angeordneten Einlauftulpen ausStahl zugeführt wird, bis zur Entnah-mestelle schlangenförmig durch dieKammern fließt. Dabei sind die Stirn- Bild 1. Modell des Trinkwasserbehälters

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Untergrundes freies Calciumhydroxidaus den kunststoffmodifizierten, aberzementgebundenen Dichtungsschich-ten herausgelöst wurde. Zementsteinenthält unter Normalbedingungen einehochkonzentrierte Porenlösung, diemit den einzelnen Mineralphasen desZementsteins im Gleichgewicht steht.Durch jahrelange Trinkwassereinwir-kung jedoch löst sich feingemahlenerZementstein unter sukzessiver Zerset-zung seiner Mineralphasen auf, daaufgrund des Konzentrationsgradien-ten zwischen der Porenlösung unddem Wasser eine Ionendiffusion ausdem Zementstein heraus erfolgt. Hier-aus resultiert auch die häufig in die-sem Zusammenhang festgestellte mik-robielle Besiedelung von Schadstel-len, da bei den Lösevorgängen auchorganische Zusatzmittel bioverfügbar

werden, die bei einem intakten Mate-rial fest im Zementsteingefüge einge-schlossen sind.

Die braunen Flecken an denweißen kunststoffmodifizierten Deck-be schichtungen gingen zudem vonkleinen porenartigen Vertiefungen aus,und im Bereich der Verfärbungen wa-ren die Oberflächen rauh und aufge-weicht. Diese oberflächigen Verände-rungen und Oberflächenverletzungenermöglichen das An- und Ablagern vonStoffen, die zudem die Aufkeimungfördern. Stellenweise lag aber auchdie weiße Deckbeschichtung hohl.Durch Hinterläufigkeiten infolge Fehl-stellen können diese Bereiche eben-falls zur Keimbildung beitragen, dasie durch Desinfektionsmaßnahmennicht erreicht werden.

Weiterhin wiesen sowohl dieDehnfugen als auch die Arbeitsfugenviele Schadstellen auf, und die be-schichteten Einbauteile aus Stahl, wiez. B. die Drucktüren, Einlauftrichterund Rohrstutzen waren stark mitKorrosion behaftet.

Bild 2. Kreisförmige Verfärbungen

Bild 8. Wanddurchführung

Bild 4. Rasterelektronenmikroskop-aufnahme

Bild 3. Porenartige Vertiefung im Ver-färbungsmittelpunkt

Bild 6. Dehnfuge

3 Instandsetzungsplanung

In Abstimmung mit dem Auftraggebersah die Instandsetzungsplanung derEPL folgende Maßnahmen vor:– Abtrag der durch Hydrolyse verän-derten und verbrauchten Altbe-schichtungen an den Wänden undauf dem Boden einschließlich derdarunter angeordneten Spachtel bisauf den Konstruktionsbeton– ggf. zusätzlich einzelne lokale Aus-besserungen an den vorbereitetenWänden und auf dem Boden – Bearbeitung der Arbeits- undDehnfugen durch Einbau besondererFugenbandagen– Erneuerung der Applikationen, aufden Wänden durch Auftrag von

Bild 5. Arbeitsfuge Bild 7. Einlauftulpe

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4 Ausführung

Als Material wurde ein speziell fürdie zementöse Innenauskleidung vonTrinkwasseranlagen und Behältern

ent wickelter, mit Microsilica vergüte-ter Spritzmörtel in verschiedenen Kör-nungsabstufungen gewählt, der allegeforderten Anforderungen erfüllt.Bei den Fugenkonstruktionen wurdenBänder aus thermoplastischem Ela-stomer eingesetzt, die mit einer trink-wasserzugelassenen elastischen Kleb-und Dichtmasse auf Basis silanmodi-fizierter Polymere aufgeklebt werden.

Die Ausführung erfolgt zurzeitdurch einen zertifizierten Fachbetriebfür Trinkwasserbehälterinstandsetzungnach DVGW-Arbeitsblatt W 316-1.Die erste Kammer ist bereits fertigge-stellt und wieder in Betrieb, die zweiteKammer momentan in Bearbeitung.

Autoren dieses Beitrags:Dipl.-Ing. (FH) Reiner BackEmmerling Planungsgesellschaft mbHBüro NordbayernAlbert-Einstein-Straße 297080 Wü[email protected]

Dipl.-Ing. (FH) Norbert EmmerlingEmmerling Planungsgesellschaft mbHBüro SüdbayernEichfeldstraße 683135 [email protected]

Bild 10. Spritzmörtelauftrag

Bild 9. Untergrundvorbereitete Wandmit aufgeklebter Fugenbandage

Bild 11. Fertig beschichteter Kammer-gangSpritzmörtel als Dickbeschichtung

und auf den Bodenflächen durchAuftrag von entsprechenden Mörtelnim Estrichverfahren mit anschließen-der Glättung– Austausch von Einbauteilen ausStahl durch neue Edelstahlkonstruk-tionen