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Rahmenkonzept Integrierte Versorgung Depression der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hausärzteverband (BDA), der Deutschen Ge- sellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DE- GAM), dem Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN), dem Berufsverband Deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (BVDP), dem Bundesverband der Vertrags- psychotherapeuten (bvvp), dem Deutschen Psychotherapeu- tenverband (DPTV), der Vereinigung der Kassenpsychothe- rapeuten (Vereinigung), der Deutschen Gesellschaft für Psy- chologie (DGPs) und dem Kompetenznetz Depression und Suizidalität

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Rahmenkonzept

Integrierte Versorgung Depression

der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

in Zusammenarbeit mit

dem Deutschen Hausärzteverband (BDA), der Deutschen Ge-sellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DE-

GAM), dem Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN), dem Berufsverband Deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (BVDP), dem Bundesverband der Vertrags-psychotherapeuten (bvvp), dem Deutschen Psychotherapeu-tenverband (DPTV), der Vereinigung der Kassenpsychothe-rapeuten (Vereinigung), der Deutschen Gesellschaft für Psy-

chologie (DGPs) und dem Kompetenznetz Depression und Suizidalität

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Rahmenkonzept: Integrierte Versorgung Depression

Version: 16.12.04 Redaktion: PD Dr. Dr. M. Härter, Dr. I. Bermejo 2

Herausgeber

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

Federführung und redaktionelle Verantwortung

PD Dr. Dr. Martin Härter

Dr. Isaac Bermejo

Expertenkomitee

Prof. Dr. Mathias Berger (DGPPN)

Dr. Frank Bergmann (BVDN)

Frau Dr. Birgit Clever (bvvp)

PD Dr. Michael Deuschle (DGPPN)

Prof. Dr. Martin Hautzinger (DGPs)

Prof. Dr. Ulrich Hegerl (Kompetenznetz Depression, Suizidalität)

Prof. Dr. Dr. Fritz A. Henn (DGPPN)

Frau Dr. Birgit Janssen (DGPPN)

Prof. Dr. Tilo Kircher (DGPPN)

Prof. Dr. Michael Linden (DGPPN)

Prof. Dr. Wolfgang Maier (DGPPN)

Dr. Hans Nadolny (DPTV)

Prof. Dr. Wilhelm Niebling (DEGAM)

Frau Dr. Christa Roth-Sackenheim (BVDP)

Frau Dr. Annelie Scharfenstein (Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten)

Prof. Dr. Dr. Frank Schneider (DGPPN)

Frau Dr. Sybille Schreckling (BVDP)

Dr. Diethard Sturm (BDA, Deutscher Hausärzteverband)

Dipl.-Psych. Hans-Jochen Weidhaas (Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten)

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Rahmenkonzept: Integrierte Versorgung Depression

Version: 16.12.04 Redaktion: PD Dr. Dr. M. Härter, Dr. I. Bermejo 3

Inhalt

1. Einleitung 4 1.1 Epidemiologie 4

1.2 Versorgungssituation 5

1.3 Zielsetzung der Integrierten Versorgung 6

1.4 Rechtsgrundlage 8

1.5 Nutzen der Integrierten Versorgung 8

1.6 Akteure im Versorgungsnetz 9

1.7 Teilnahmevoraussetzungen 10

1.8 Zugangswege 11

2. Netzwerk zur Integrierten Versorgung 12 2.1 Schnittstellen zwischen den Akteuren 12

2.2 Netzwerkmanagement 14

2.3 Finanzierungskonzept 15

2.4 Kosten 15

3. Qualitätssicherung im Netzwerk 17 3.1 Qualitätsindikatoren 18

3.2 Dokumentationssystem 19

3.3 Qualitätssicherungsmaßnahmen 20

3.4 Evidenzbasierte Leitlinien 22

4. Behandlungspfade 23 4.1 Diagnostik 23

4.2 Akutbehandlung 26

4.3 Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe 30

5. Literatur 32

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1. Einleitung

Die Bundesregierung hat mit dem § 140 SGB V die gesetzlichen Grundlagen zur Entwicklung

und Implementierung von Netzwerken der Integrierten Versorgung (IV) festgelegt. Ziel Integrierter

Versorgungsnetze (IV-Netze) ist allgemein die Sicherstellung und qualitative und ökonomische

Verbesserung der Gesundheitsversorgung.

Aufgrund des hohen Risikos der Chronifizierung psychischer Erkrankungen und dem intensiven

Behandlungsbedarf erfordert die Behandlung dieser Patienten in besonderem Maße eine kontinuier-

liche und abgestimmte medizinische und psychosoziale Versorgung. Darüber hinaus nehmen diese

Patienten immer wieder unterschiedliche stationäre und ambulante Maßnahmen in Anspruch. Dem

gegenüber steht das derzeit fraktionierte Versorgungssystem mit seinen wenig vernetzten ambulan-

ten, stationären und rehabilitativen Versorgungsangeboten.

Depressive Erkrankungen haben unter den psychischen Erkrankungen eine besonders hohe Be-

deutung in der Gesundheitsversorgung. Nach einer WHO-Studie zählen depressive Erkrankungen

zu den wichtigsten Volkskrankheiten und werden in den nächsten Jahren noch deutlich an Bedeu-

tung zunehmen (Murray & Lopez 1997, Üstün & Sartorius 1995).

Das von der DGPPN in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hausärzteverband (BDA), der

Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), dem Bundesver-

band Deutscher Nervenärzte (BVDN), dem Bundesverband Deutscher Psychiater (BVDP), dem

Deutschen Psychotherapeutenverband (DPTV), dem Bundesverband der Vertragspsychotherapeu-

ten (bvvp), der Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten (Vereinigung), der Deutschen Gesell-

schaft für Psychologie (DGPs) und dem Kompetenznetz Depression, Suizidalität vorgelegte IV-

Rahmenkonzept für depressive Erkrankungen soll die Entwicklung und Implementierung regionaler

IV-Konzepte erleichtern und einen hohen Qualitätsstandard dieser konkreten Umsetzungen sichern.

1.1 Epidemiologie

Depressive Störungen sind schwere und häufig lebensbedrohliche Erkrankungen. Neben erhebli-

chen Beeinträchtigungen des psychischen und körperlichen Befindens sowie der sozialen Bindun-

gen und Arbeitsfähigkeit besteht eine erhöhte Mortalität, v.a. durch Suizide (Berger & van Calker

2003, Keller 2003).

International ist davon auszugehen, dass ca. 20% der Bevölkerung im Verlaufe des Lebens zu-

mindest einmal unter einer klinisch relevanten depressiven Störung leiden. In Deutschland geht man

von einer Lebenszeitprävalenz von 18% aus, wobei Frauen ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko

aufweisen wie Männer. Die Häufigkeit einer aktuellen behandlungsbedürftigen Depression („Major

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Depression“) wird mit einer Punktprävalenz von ca. 6% bezogen auf die letzten 4 Wochen angege-

ben. Depressive Störungen sind mehrheitlich episodische oder chronische Erkrankungen. Es ist da-

von auszugehen, dass etwa jeder 2. Patient eine weitere depressive Episode erleidet. Nach zweima-

liger Erkrankung liegt diese Wahrscheinlichkeit bereits bei 70% und nach der 3. Episode bei 90%.

Nur bei ca. einem Drittel der Betroffenen kann mit einer vollständigen und anhaltenden Remission

gerechnet werden (Berger & van Calker 2003, CPA 2001, Geddes et al. 2000, ICSI 2001, Murray &

Lopez 1997, Olfson et al. 2000, VHA 2000, Wittchen et al. 2000). Das bedeutet, dass ein beachtli-

cher Anteil von Patienten mit depressiven Störungen bei nicht adäquater Versorgung entweder rezi-

divierend erkranken oder chronifizieren (ca. 15-20%). Unter chronischen Depressionen werden sub-

sumiert: a) Dysthymie, b) wiederkehrende „Major Depression“ mit vorausgehender Dysthymie oh-

ne volle interepisodische Erholung („Double Depression“), c) „Major Depression“, die seit mehr als

2 Jahren ohne deutliche Symptomverbesserungen besteht (Rush et al. 1998; Lewis et al. 1998; Mc-

Cullough 2000), wobei zwischen „early onset“- (vor dem 21. Lj.) und „late onset“-Formen unter-

schieden wird. Zusätzlich treten depressive Störungen häufig komorbid mit anderen psychischen

und körperlichen Erkrankungen auf und stellen einen relevanten Risikofaktor bezüglich Chronifi-

zierung, erhöhter Morbidität und Mortalität dar (Härter 2000, Härter 2002, Simon et al. 1999).

1.2 Versorgungssituation

Depressive Erkrankungen sind i.d.R. gut behandelbar: während unbehandelt ein mehrmonatiger,

eventuell chronischer Verlauf zu erwarten ist, kann die Prognose durch rechtzeitige, zielgerichtete

und wissenschaftlich validierte therapeutische Interventionen (leitliniengerechte Depressionsbe-

handlung) wesentlich verbessert werden (Bech 1999, Rush & Thase 1999, APA 2000, DGPPN

2000). Obwohl in den letzten Jahren eine Verbesserung in der Versorgung depressiver Patienten

erreicht werden konnte, besteht sowohl in der Diagnostik und in der Behandlung als auch bezüglich

der Kooperation auf den verschiedenen Versorgungsebenen nach wie vor ein erheblicher Verbesse-

rungsbedarf (Bermejo et al. 2002, Donogue & Tylee 1996, Höfler & Wittchen 2000; Paykel et al.

1997, Schneider et al. 2004, Spitzer et al. 1995, Üstün & Sartorius 1995, Wittchen et al. 2000):

Patienten mit depressiven Störungen werden nicht richtig und/oder zu spät erkannt.

Immer stärker stellt sich heute das Problem der Differenzialdiagnose. Bzgl. „falsch positiver Di-

agnosen“ bzw. Fehldiagnosen ist die Abgrenzung zu Angsterkrankungen, somatoformen Er-

krankungen, zu depressiven Syndromen in Folge somatischer oder anderer psychischer Störun-

gen sowie die Differenzialdiagnose hinsichtlich komorbider somatischer Erkrankungen von be-

sonderer Bedeutung.

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Nur ein kleiner Teil richtig diagnostizierter depressiver Patienten erhält eine an aktuellen Leitli-

nien ausgerichtete Behandlung bzw. wird rechtzeitig an Spezialisten (Fachärzte und Psychothe-

rapeuten) oder zur stationären Versorgung überwiesen.

Auf Seiten der Patienten bestehen oft Vorbehalte gegenüber einer adäquaten medikamentösen

bzw. psychotherapeutischen Therapie.

Im Rahmen der hausärztlichen Versorgung stellen sich vor allem Fragen der richtigen diagnosti-

schen Einordnung, der Einschätzung des Behandlungsbedarfs, der therapeutischen Maßnahmen und

der Entscheidungen bezüglich eigener Grenzen in den Behandlungsmöglichkeiten bzw. des Einbe-

zugs eines Facharztes, Psychotherapeuten oder einer Fachklinik. Im fachärztlichen bzw. psychothe-

rapeutischen Bereich stehen Fragen der Differenzialdiagnose, der Kombination verschiedener Be-

handlungsstrategien und der Indikation zu einer stationären Behandlung im Vordergrund. Im statio-

nären Bereich ist insbesondere die Entscheidung bzgl. des optimalen Entlassungszeitpunkts bzw.

hinsichtlich einer teilstationären Behandlung sowie Fragen des Übergangs zur ambulanten Weiter-

behandlung durch niedergelassene Haus-, Fachärzte oder Psychotherapeuten relevant.

Obwohl die lege artis durchgeführte Behandlung akuter depressiver Episoden eine hohe Erfolgs-

rate aufweist, ist die Stabilität des Behandlungserfolges angesichts hoher Wiedererkrankungsraten

problematisch. Darüber hinaus weisen Patienten mit bereits chronischem Verlauf (Dysthymie,

„Double Depression“ und chronische Major Depression) eine deutlich geringere Remissionsrate

auf. Die in bestimmten regionalen Bereichen begrenzte Verfügbarkeit niedergelassener Fachärzte

und Psychotherapeuten sowie das vielerorts nicht ausreichende Angebot für eine stationäre

Behandlung führen beim Übergang zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schließlich oft

zu einer Unter- bzw. Fehlversorgung (Härter et al. 2004a, Schneider et al. 2004, Spitzer et al. 1995).

Um langfristige und stabile Behandlungserfolge bei depressiven Erkrankungen zu erreichen, sind

Versorgungsmodelle, die eine Vernetzung der unterschiedlichen Behandlungsebenen – Akut-, Er-

haltungstherapie, Rückfallprophylaxe, Nachsorge - ermöglichen und eine effektive Patientenbeglei-

tung (Case-Management) beinhalten, am erfolgreichsten (Gilbody et al. 2003, Pincus et al. 2001,

Pincus et al. 2003,Von Korff & Goldberg 2001).

1.3 Zielsetzung der Integrierten Versorgung

Im derzeit fraktionierten Versorgungssystem bestehen erhebliche Schwierigkeiten, Patienten mit

depressiven Erkrankungen eine adäquate, kontinuierliche und ganzheitliche Versorgung anzubieten.

Das häufig auch durch Konkurrenz bestimmte Nebeneinander der Versorgungssektoren und das

Fehlen vernetzter, aufeinander abgestimmter Versorgungskonzepte erschweren die Stabilisierung

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von Behandlungserfolgen und sind mit erheblichen gesundheitsökonomischen Kosten, v.a. auf-

grund von Chronifizierung und Wiedererkrankungen, verbunden.

Ziel einer Integrierten Versorgung (IV) für depressive Erkrankungen ist die qualitative Verbesse-

rung der Versorgung von Patienten mit depressiven Störungen im Hinblick auf eine Optimierung

der Behandlungsergebnisse, eine schnelle und umfassende Integration in das gesellschaftliche und

berufliche Leben, eine Vermeidung von Fehlallokationen und –behandlungen, langen stationären

Aufenthalten sowie eine Reduzierung von Behandlungskosten. Dies erfordert die Integration der

bisher von verschiedenen Akteuren angebotenen Leistungen im Rahmen eines sektorenübergreifen-

den, ambulant-stationären Behandlungskonzeptes für depressive Erkrankungen. Durch eine In-

tegrierte Versorgung ist z.B. eine Verkürzung der stationären Behandlungsdauer, die Reduzierung

der Wiederaufnahmefrequenz sowie eine Steigerung der Lebensqualität bei depressiven Patienten

zu erwarten (vgl. Dietrich et al. 2004, Wiechmann 2001).

Die Integrierte Versorgung von Patienten mit Depressionen

a) verbindet somatische, psychologische und sozialpsychiatrische Behandlungsmöglichkeiten

und fördert somit eine ganzheitliche und umfassende patientenbezogene Versorgung;

b) gründet auf evidenzbasierten, leitlinienorientierten Behandlungs- und Versorgungsalgo-

rithmen. Dies erhöht die Qualität der spezifischen, medizinischen Maßnahmen. Für den

hausärztlichen Bereich gelten die publizierten Versorgungsleitlinien als Grundlage (Härter

et al. 2003a), für die anderen Versorgungssektoren sind derzeit spezifische Leitlinien in Ar-

beit (DGPPN [S3 nach AWMF] in Vorbereitung; DGPs in Vorbereitung);

c) regelt die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Akteuren und Versorgungsebenen.

Dies führt neben der verbesserten Behandlungskoordination zu einer flexibleren und stärker

patientenorientierten Organisation der Behandlung durch erhöhte Systemdurchlässigkeit, zur

Verringerung von Fehl-, Über- und Unterversorgung durch koordinierte, komplexe Behand-

lungsmöglichkeiten und somit zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz;

d) fördert den aktiven Einbezug und die Selbstverantwortlichkeit der Patienten und deren An-

gehörigen und verbessert hierdurch die Arzt- bzw. Psychotherapeuten-Patient-Kooperation;

e) ermöglicht die zeitnahe, prozessorientierte Qualitätssicherung durch Einführung und Doku-

mentation standardisierter Qualitätsindikatoren zur Struktur- (z.B. Merkmale der beteiligten

Akteure, Indikatoren zur Qualität der Netzwerkversorgung), Prozess- (z.B. konkrete Durch-

führung leitlinienorientierter Behandlungsmaßnahmen und gegebenenfalls Begründung von

Abweichungen) und Ergebnisqualität (z.B. Behandlungseffektivität, Ressourceneinsatz);

f) schafft eine gemeinsame wirtschaftliche Verantwortung.

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1.4 Rechtsgrundlage

Die rechtlichen Grundlagen für die Integrierte Versorgung depressiver Patienten wurden durch

das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-

Modernisierungsgesetz–GMG) vom 14.11.2003 (www.die-gesundheitsreform.de/reform/ gesetzge-

bung/pdf/gkv-modernisierungsgesetz-gmg.pdf) bzw. durch das SGB V 4. Kap. 11. Absch. (Bezie-

hungen zu Leistungserbringern in der Integrierten Versorgung) insbesondere in den Paragraphen §§

140a bis 140d SGB V (www.bmgs.bund.de/download/gesetze_web/sgb05/sgb05xinhalt.htm) ge-

schaffen.

1.5 Nutzen der Integrierten Versorgung

Zentraler Grundsatz der Integrierten Versorgung für Menschen mit depressiven Erkrankungen ist

die Verbesserung und Sicherung der Qualität der Behandlung für die Patienten bei gleichzeitiger

Optimierung des Ressourceneinsatzes. Dieser Grundsatz sichert den Patienten und allen am Netz

beteiligten Akteuren den größtmöglichen Nutzen durch die Bündelung und Verknüpfung aller

Kompetenzen:

Nutzen für die Patienten

Leitlinienorientierte Behandlung und Sicherung einer hohen fachlichen Qualität

Abgestimmter Behandlungsprozess mit aufeinander bezogenen ambulanten, teilstationären,

stationären und nachstationären Behandlungsangeboten

Verkürzung der Behandlungszeit durch Reduzierung von Wartezeiten, Vermeidung von Dop-

peluntersuchungen

Aktiver Einbezug in den Behandlungsprozess mit Stärkung der Patientenrechte und Eigenver-

antwortung (Patienten-Empowerment)

Nutzen für die Teilnehmer

Verbesserung der Berufszufriedenheit und der fachlichen Sicherheit

Reduzierung organisatorischer Belastungen durch koordinierte Abläufe

Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Behandlungsprozesses

Kürzere und effektivere Kommunikations- und Informationswege

Erhöhung der Patientenzufriedenheit durch verbesserte Versorgung

Bessere Abstimmung von Zuständigkeiten

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Nutzen für die Kostenträger

Transparenz des Leistungsgeschehens

Kosteneffizienz durch optimierte Behandlungsprozesse

Erhöhung der Versichertenbindung durch verbesserte Patientenzufriedenheit

Marketingeffekte und erweiterte Angebotsmöglichkeiten

1.6 Akteure im Versorgungsnetz

Teilnehmer an der Integrierten Versorgung für depressive Erkrankungen sind Hausärzte (HA),

Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Nervenärzte (PP), Psychotherapeuten (psycho-

logische Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ärzte

mit Zusatztitel Psychotherapie (PT) sowie Fachkrankenhäuser (FK) (s. Abb. 1). Als zusätzliche

Akteure sind beteiligt: Rehabilitationseinrichtungen (Reha), die Behandlung ergänzende Fachberufe

(z.B. Ergotherapeuten, Soziotherapeuten) sowie andere Fachärzte.

Abb. 1 Akteure der Integrierten Versorgung für depressive Erkrankungen

Akteure Erläuterungen

Depressiver Patient

Facharzt fürPsychiatrie u.

Psychotherapie oderNervenarzt (PP)

Hausarzt (HA)

Reha-Einrichtung

behandlungs-ergänzendeFachberufe

Fachklink (FK)

Ärztlicher und Psychologischer

Psychotherapeut* (PT)

AndererFacharzt

Allgemein-krankenhaus

Die Teilnehmer an der Integrierten

Versorgung für depressive Erkrankun-

gen erbringen alle für eine evidenzba-

sierte Versorgung notwendigen dia-

gnostischen und therapeutischen Maß-

nahmen.

Sie orientieren sich an einem patienten-

bezogenen Management- und Monito-

ringkonzept mit kurz-, mittel- und

langfristigen Behandlungszielen.

Das Versorgungsmodell wird zwischen

allen im konkreten Fall beteiligten

Akteuren gemeinsam mit dem Patienten

abgestimmt.

* Psychologische Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ärzte mit Zusatzti-tel Psychotherapie

Die Grundprinzipien, nach denen die Akteure handeln, sind: a) koordinierte und vernetzte Akti-

vitäten, b) Übernahme von Behandlungs- und ökonomischer Ergebnisverantwortung und c) Selbst-

verpflichtung für eine evidenzbasierte Versorgung und leitlinienorientierte Handlungskonzepte.

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Von der Integrierten Versorgung sollten möglichst alle Patienten mit depressiven Erkrankungen

profitieren. Dabei sollen Patienten mit depressiven Erkrankungen nicht erst im fortgeschrittenen

Zustand einbezogen werden, sondern schon von Beginn einer depressiven Erkrankung an, um der

Gefahr einer Chronifizierung bei suboptimaler Behandlung entgegenzuwirken. Die Aufnahme von

Patienten in das Netz erfolgt auf Initiative eines an der Integrierten Versorgung beteiligten Akteurs.

Das weitere Vorgehen orientiert sich an den Behandlungspfaden und Leitlinien, die dem Integrier-

ten Versorgungskonzept zugrunde liegen.

1.7 Teilnahmevoraussetzungen

Akteure / teilnehmende Fachgruppen:

Einschreibung in das Versorgungsnetz

Selbstverpflichtung zur leitlinienorientierten Behandlung und zur Einhaltung der Versor-

gungspfade

Einhaltung der Dokumentationsvereinbarungen

Beteiligung an Qualitätssicherungsmaßnahmen und Fortbildungen

Vereinbarte Kommunikationsmittel

Zustimmung zur Möglichkeit des Beitritts Dritter in das Versorgungsnetz und zu inhaltlichen

Änderungen des Rahmenkonzepts

Patienten:

Diagnose einer depressiven Erkrankung nach ICD-10, F32-F39, „Affektive Störungen“, auch

komorbid bei somatischen bzw. anderen psychischen Erkrankungen

Freiwillige Bereitschaft, sich bzgl. der depressiven Erkrankung ausschließlich von Akteuren

aus dem gewählten Versorgungsnetz behandeln zu lassen

Einschreibung

Örtliche, zeitliche und patientenbezogene Rahmenbedingungen, die eine Teilnahme am kom-

plexen Behandlungsprozess erlauben (z.B. Einsichtsfähigkeit, Wohnortnähe)

Zusage des Kostenträgers zur Kostenübernahme

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1.8 Zugangswege

Im Grundsatz erfolgt die Einschreibung des Patienten in das Netz über den Hausarzt (s. Abb. 2).

Ein Patient kann auch auf Veranlassung eines weiteren Akteurs in das Integrierte Versorgungsnetz

eintreten, sofern dieser die Voraussetzungen (s. 1.7) erfüllt. Entscheidendes Kriterium ist die Diag-

nose einer depressiven Erkrankung, wie sie unter 1.7 definiert ist. Die Aufnahmekriterien für Pati-

enten sollten in den regionalen Verträgen spezifiziert werden (z.B. bzgl. Schweregrad, Chronizität,

Alter, Arbeitsunfähigkeitszeiten).

Für die Netzakteure kann in diesem Zusammenhang der Einsatz eines Screeners zum schnellen

Erkennen depressiver Störungen sinnvoll sein. Hierfür stehen verschiedene leicht einsetz- und rasch

auswertbare Instrumente zur Verfügung, wie z.B. der von der WHO herausgegebene „WHO 5-

Fragebogen zum Wohlbefinden“ (WHO 1998) und der „Gesundheitsfragebogen für Patienten

(PHQ-D)“ (Spitzer et al. 1999, deutsche Version: Löwe et al. 2001). Eine weitere effektive Mög-

lichkeit der schnellen Erfassung einer möglichen depressiven Störung ist der „2-Fragen-Test“

(Whooley et al. 1997), der mit einer Sensitivität von 96% ein sehr zeitökonomisches Screening dar-

stellt. Werden die entsprechenden Screeningkriterien erfüllt, ist die klinische Erfassung der forma-

len Diagnosekriterien nach ICC-10 erforderlich, da nur durch die explizite Erfassung aller relevan-

ten Haupt- und Zusatzsymptome (vgl. Abb. 5; s. S. 23) eine adäquate Diagnose möglich ist.

Abb. 2 Zugangsweg beim Hausarzt

Zugangsprocedere Erläuterungen

Verdacht auf depressive Störung

Andere psychische Störung ?

störungs-spezifische Behandlung

Screening

Depression?

ICD-10-Kriterien der Depression

nein

ja

3)

(1)

4)

(2)

1) Erster Eindruck, bisherige Diagnostik und / oder bisheriger Behand-lungsverlauf. 2) Ein zweigestuftes Screening kann sinnvoll sein (z.B.):

a) 2-Fragen-Test 1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen,

traurig, bedrückt oder hoffnungslos? 2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude

an Dingen, die Sie sonst gerne tun? b) PHQ-D Einfacher, schnell einsetz- und rasch auswertbarer Fragebogen zur Erfassung depressiver Symptome sowie anderer psychischer Er-krankungen. 3) Bei unklarem Befund ist der Einbezug eines Spezialisten* zur Einleitung einer adäquaten Behandlung indiziert. 4) Klinische Erfassung der ICD-10-Kriterien und Aufnahme ins Netz.

* Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie / Nervenheilkunde, Psychologischer Psychotherapeut, Facharzt für Psy-chosomatische Medizin und Psychotherapie, Arzt mit Zusatztitel Psychotherapie

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2. Netzwerk zur Integrierten Versorgung

Die Verbesserung der Kooperation zwischen den verschiedenen Behandlungsebenen und Akteu-

ren („Stepped-Care-Model“; Katon et al. 1997, Katon 2003; Pincus et al. 2001, Von Korff & Tie-

mens 2000) stellt einen maßgeblichen Qualitätsaspekt bei der Etablierung einer evidenzbasierten

Behandlung depressiver Störungen dar. Auch ist davon auszugehen, dass ein aktiver Einbezug von

Patienten in den Behandlungsprozess zu einer Erhöhung der Eigeninitiative und Entscheidungssi-

cherheit führt (Härter 2004, Jacob & Bengel 2000, O`Connor et al. 2002).

2.1 Schnittstellen zwischen den Akteuren

Entscheidend für eine erfolgreiche Integrierte Versorgung ist die Beschreibung der zentralen

Schnittstellen bei der Versorgung von Patienten mit Depressionen. Während sich bei der Diagnose-

stellung und im Rahmen der Akuttherapie insbesondere Kooperationsfragen zwischen Haus-, Fach-

ärzten und Psychotherapeuten auf der ambulanten Versorgungsebene und Fachkliniken auf der sta-

tionären Versorgungsebene stellen, ist bei der Erhaltungstherapie bzw. der Rezidivprophylaxe ins-

besondere die Kooperation zwischen der ambulanten und der stationären Versorgungsebene sowie

den Rehabilitationseinrichtungen relevant. Da depressive Symptome auch im Rahmen anderer psy-

chischer Erkrankungen auftreten können, ist eine differenzialdiagnostische Abgrenzung wichtig.

Neben der Pharmako- und Psychotherapie, die für die ambulante Versorgung depressiver Patienten

relevant sind, existieren eine Reihe weiterer Verfahren, die aber in der Regel eine stationäre Be-

handlung erfordern (Berger & van Calker 2003).

Entsprechend dem Modell einer Integrierten Versorgung kann folgendes abgestuftes Vorgehen

gelten (APA 2000, AkdÄ in Vorbereitung, DGPPN 2000, ICSI 2001, VHA 2000):

a) Bei leichten bis mittelschweren depressiven Störungen kann eine alleinige medikamentöse

Behandlung durch den Hausarzt oder eine alleinige psychotherapeutische Behandlung durch

den Psychotherapeuten erfolgen. Bei nicht ausreichender Besserung ist nach spätestens zwei

Monaten eine Konsultation bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie / Nerven-

arzt oder einem Psychotherapeuten1 zu erwägen.

b) Eine Konsultation des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sollte erfolgen bei: V.a.

Komorbidität psychischer Erkrankungen (z.B. Psychose, Sucht, Demenz), bei schweren De-

pressionen, bereits chronifiziertem Verlauf (> 2 Jahre) oder komplizierenden Faktoren (z.B.

Behandlungsresistenz).

1 Psychologischer Psychotherapeut, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Arzt mit Zusatztitel

Psychotherapie

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c) Bei schweren und/oder chronifizierten Depressionen ist i. d. R. neben einer fachärztlichen

Pharmakotherapie eine zusätzliche Psychotherapie (durch Facharzt oder Psychotherapeuten)

indiziert, sofern Motivation und kognitive Voraussetzungen beim Patienten gegeben sind.

d) Eine stationäre Einweisung ist bei Vorliegen eines Notfalls (z.B. akuter suizidaler Gefährdung

oder Fremdgefährdung, Gefahr der depressionsbedingten Verwahrlosung), bei Therapieresis-

tenz gegenüber evidenzbasierter ambulanter Therapie und der Gefahr einer (weiteren) Chroni-

fizierung indiziert.

In diesem Zusammenhang sind Kriterien zu definieren, die die Entscheidung hinsichtlich einer

Überweisung zur Konsiliar- bzw. Weiterbehandlung erleichtern und transparenter gestalten (s.

Tab.1).

Tab. 1 Empfehlungen für die Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern

von -> an Hausarzt (HA)

Psychotherapeut (PT)

Facharzt für Psychiatrie u. Psychotherapie / Nerven-

heilkunde (PP)

Fachklinik (KL)

HA Differentialdiagno-se und Indikation zur Psychotherapie

Durchführung einer Psychotherapie bei Depressionen und evtl. komorbider psychischer Stö-rungen

Psychotherapeuti-sche Langzeitrezi-divprophylaxe

Differentialdiagnose Therapieindikation Therapie mittelschwerer bis schwerer Symptomatik und chronischer Verläufe

Konsiliarische Mitbehand-lung bei kompliziertem Therapieverlauf (z.B. Ko-morbidität)

Langzeitrezidivprophylaxe

Notfalleinweisung, v.a. bei akuter Suizidalität, schwerer psychotischer Symptomatik, drohender Verwahrlo-sung

PT Pharmakologische Mitbehandlung leichter bis mit-telgradiger Depres-sionen

Unzureichender Therapieerfolg

Differentialdiagnose Pharmakologische Mitbe-handlung bei schwerem und chronischem Verlauf

Unzureichender Therapieer-folg

Akute Suizidalität Schwere psychotische Depression Drohende Verwahrlo-sung Ambulante Therapiere-sistenz

PP Fortsetzung der Therapie in Koope-ration

Durchführung Psy-chotherapie

Akute Suizidalität Schwere psychotische Symptomatik Drohende Verwahrlo-sung Ambulante Therapiere-sistenz

KL Fortsetzung der Therapie / Erhal-tungstherapie bei noch leichter bis mittelgradiger Sym-ptomatik

Psychotherapeuti-sche Weiterbehand-lung

Psychotherapeuti-sche Langzeitrezi-divprophylaxe

Fortsetzung der Therapie / Erhaltungstherapie mittel-schwerer bis schwerer De-pressionen und chronischer Verläufe

Komplexe Langzeitrezi-divprophylaxe

HA: Hausarzt; PT: Psychologischer Psychotherapeut, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Arzt mit Zusatzti-tel Psychotherapie; PP: Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder für Nervenheilkunde; KL: Klinik/Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie

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Ergänzend sollten Leitlinien zur konkreten Gestaltung der Behandlungskoordination und der Si-

cherstellung komplexerer Behandlungsmöglichkeiten formuliert werden (Behandlungspfade). Hier-

für müssen konkrete Übergabesituationen und Übergabedokumente definiert und verbindlich einge-

führt werden. Zusätzlich müssen kommunikative Abläufe auf Prozessebene festgelegt und der zeit-

nahe, EDV-gestützte Informationsaustausch gewährleistet werden.

Bei der zur Rückfallverhinderung notwendigen Erhaltungstherapie sollte sowohl die Medikation

als auch die Psychotherapie nach Symptomremission ca. 6-9 Monate durch den primären Behandler

fortgeführt werden (Viguera et al. 1998). Im Fall von rezidivierenden Depressionen sind eine Lang-

zeitrezidivprophylaxe und der Einbezug eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Facharztes indi-

ziert. Eine Überweisung in eine stationäre oder ambulante Rehabilitationseinrichtung (z.B. RPK) ist

insbesondere dann indiziert, wenn nach der Akutbehandlung eine intensive soziale und berufliche

Reintegration erforderlich ist oder es aufgrund der Schwere oder Dauer der depressiven Erkrankung

zu anhaltenden Funktionseinschränkungen gekommen ist (APA 2000, CPA 2001, Gloagen et al.

1998, ICSI 2001, Kupfer et al. 1992, VHA 2000, Viguera et al. 1998). Hierfür werden im Rahmen

einer VDR-Initiative derzeit bereichspezifischen Leitlinien für die rehabilitative Behandlung von

Patienten mit depressiven und Angststörungen in einem Expertenkonsensusverfahren erarbeitet

(Büscher et al. 2004).

2.2 Netzwerkmanagement

Zur Organisation der Integrierten Versorgung von Patienten mit Depressionen ist die Bildung ei-

nes Netzwerkmanagements notwendig, an dem Vertreter aller beteiligten Akteure mitwirken

sollten. Bei der fallbezogenen Patientensteuerung erfolgt die Koordination der einzelnen Akteure

paritätisch und berufsspezifisch. Federführend sollte dabei dasjenige Mitglied sein, aus dessen Be-

handlung der jeweilige Patient in das Integrierte System eintritt. Das ist in der Regel der Hausarzt.

Im Rahmen eines umfassenden Managements erbringt das Netzwerk neben der Sicherstellung

des Integrierten Versorgungsmodells und der adäquaten Umsetzung der Behandlungsbudgets in

definierte Leistungsabschnitte (s. 2.3) folgende Leistungen:

a) Organisatorische und Steuerungsleistungen:

Koordination der einzelnen Akteure, Kostenträger und Arbeitsgruppen

Koordination der fallbezogenen Abrechungen und Vergütungen

Sicherstellung der Kommunikation und Kooperation zwischen den einzelnen Akteuren

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b) Qualitätssicherung:

Sicherstellung des Einsatzes evidenzbasierter Behandlungsverfahren

Sicherstellung der Einhaltung evidenzbasierter Behandlungspfade

Sicherstellung der Dokumentation und des Informationsaustausches

Sicherstellung der Teilnahme der Akteure an Qualitätssicherungsmaßnahmen

Aufbau und Koordination einer externen Qualitätssicherung

2.3 Finanzierungskonzept

Ein Integriertes Versorgungsmodell erfordert ein abgestimmtes Finanzierungskonzept, das den

Erfordernissen einer komplexen, multiprofessionellen und sektorenübergreifenden Behandlung ge-

recht wird. Das bisherige Finanzierungssystem war hierfür nicht geeignet. Daher muss in enger Ko-

operation von Leistungserbringern und Kostenträgern regional im Rahmen des § 140 SGB V ein

angepasstes Finanzierungssystem entwickelt und implementiert werden, das sich stärker an den

erforderlichen Behandlungsphasen orientiert und komplexe Behandlungsmaßnahmen über Sekto-

rengrenzen hinweg ermöglicht. Aufbauend auf dem Finanzierungskonzept muss innerhalb des je-

weiligen Netzwerks zur Integrierten Versorgung von Patienten mit Depressionen ein spezifisches

Abrechnungsmodell zur Rechnungserstellung und zum Zahlungsfluss zwischen den Akteuren defi-

niert und eingeführt werden. Die Konkretisierung dieser notwendigen Schritte ist jedoch nicht In-

halt des Rahmenkonzepts.

2.4 Kosten

Die Behandlungskosten der Integrierten Versorgung ergeben sich aus der monetären Bewertung

der in Anspruch genommenen Versorgungsmaßnahmen (medizinische bzw. sonstige ambulante,

stationäre und komplementäre Leistungen) sowie der anteilsmäßigen Kosten, die durch das Netz-

werkmanagement entstehen (s. 2.2). Da diese maßgeblich durch die spezifischen Bedingungen (z.B.

Anzahl der teilnehmenden Akteure und Patienten, bestehende Infrastruktur) im jeweiligen regiona-

len Netwerk bestimmt werden, ist eine Kalkulation nur im regionalen Netzmodell möglich.

Zur Berechnung der Kosten müssen die bei Beendigung der jeweiligen Krankheitsepisode (Voll-

remission und Beendigung der Erhaltungstherapie) entstandenen direkten und indirekten Behand-

lungskosten im Vergleich zu den Behandlungskosten bei nicht Integrierter Versorgung berechnet

werden.

Obwohl nicht Gegenstand dieser Rahmenkonzeption sollen orientierende Angaben zu den Kos-

ten hier Erwähnung finden: Ausgehend von kürzlich publizierten gesundheitsökonomischen Daten

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aus verschiedenen Modellprojekten zur stationären und ambulanten Depressionsbehandlung in

Deutschland lassen sich aktuelle Behandlungskosten – wenn auch noch auf wissenschaftlich unsi-

cherer Basis - abschätzen (Härter et al. 2003b, Härter et al. 2004 a/b, Salize et al. 2004, Salize et al.

submitted). Demnach ist davon auszugehen, dass eine Behandlung depressiver Patienten in der

haus- und nervenärztlichen Praxis durchschnittlich ca. 2.500.- € pro Jahr kostet. Davon entfallen 72

% (ca. 1.800.- €) auf die ambulante Behandlung. Ist eine stationäre Behandlung erforderlich, erge-

ben sich bei einer durchschnittlichen stationären Behandlungsdauer von ca. 50 Tagen und mittleren

Tagesbehandlungskosten von ca. 215.- € mittlere Behandlungskosten pro Episode in Höhe von ca.

10.750.- € (Salize et al. submitted). Diese Zahlen, die sich mit internationalen Studien decken (Si-

mon et al. 1995a/b, Luber et al. 2000), geben Hinweise darauf, dass eine Kostenreduktion im Rah-

men Integrierter Versorgungsmodelle – neben der Reduktion von AU-Zeiten - sehr wahrscheinlich

insbesondere durch eine Reduzierung der stationären Behandlungskosten erreicht werden kann.

Kostenschätzungen für eine Integrierte Versorgung Depression liegen derzeit nicht vor. Es ist

aber davon auszugehen, dass sich die Kosten kurzfristig aufgrund eines erhöhten Aufwandes bezüg-

lich Netzwerkwerkmanagement, spezifischer Fortbildungs- und Qualitätssicherungsmaßnahmen

erhöhen werden. Auch kann eine verbesserte Erkennens- und Diagnostikrate die Anzahl adäquat

behandelter depressiver Patienten erhöhen. Dem stehen aber relevante Einsparpotentiale aufgrund

einer effektiveren und zeitlich stringenteren sowie stärker ambulant ausgerichteten Behandlung ge-

genüber.

Internationale Studien belegen, dass durch abgestufte und vernetzte Konzepte die Versorgungs-

kosten um ca. 25% reduziert werden können (Bradbury et al. 1991,Greenfield et al. 1992, Rapoport

et al. 1992). Trotz zusätzlicher Kosten im Rahmen der Etablierung der Integrierten Versorgung ist

also eine höhere Kosten-Effektivität zu erwarten (Wiechman 2001).

Regelungen der konkreten Vergütung der einzelnen Akteure und Maßnahmen sowie die Budge-

tierungsgrundsätze und Finanzierungsgrundlagen können nur im Rahmen der Verhandlung in den

regionalen Netzen mit den jeweiligen Kostenträgern definiert werden.

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3. Qualitätssicherung im Rahmen der Integrierten Versorgung

Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung psychischer Störungen gewinnt zunehmend an

Bedeutung (Bermejo et al. 2003, Brand et al. 2004, Gerlach 2001, Härter et al. 1999, Härter et al.

2002, Härter et al. 2003b, Schneider et al. in press). Wichtige Elemente hierfür sind Qualitätssiche-

rungsmaßnahmen, wie Qualitätszirkel, die Erfassung von Qualitätsindikatoren und Dokumentati-

onssysteme. Auch im Rahmen einer Integrierten Versorgung von Patienten mit Depressionen nimmt

die Qualitätssicherung einen wichtigen Stellenwert ein. Zentrales Ziel ist, neben der kontinuierli-

chen Verbesserung der Versorgungs- und Kooperationsprozesse, die Sicherung einer über die Ver-

sorgungsebenen gleich hohen Versorgungsqualität. Zur Sicherung der Qualität im Rahmen einer

Integrierten Versorgung depressiver Patienten müssen sowohl konzeptionelle als auch strukturelle

Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit positive Effekte auf Behandlungsprozess und -

ergebnisse und somit auf Behandlungsqualität und Netzversorgung erzielt werden können (s. Abb.

3).

Abb. 3 Qualitätssicherung im Netzwerk

Zugangsprozedere Erläuterungen

Qualitäts-Sicherung

Dokumentations-system

Netzwerk-konferenzen

QS-Maßnahmen

Evidenzbasierte Leitlinien

(1)

(2)

(3)

(4)

(1) Regelmäßige Koordinations- und Kooperati-onsmaßnahmen zur Gewährleistung der Funkti-onsfähigkeit und der hohen Qualitätsstandards im Netzwerk (2) Sektorenübergreifendes, praxisorientiertes Dokumentationssystem zur Erfassung zentraler Qualitätsindikatoren als Grundlage für die interne und externe Qualitätssicherung. (3) Anhand von fall- und themenbezogenen Analy-sen dokumentierter Patientenbeispiele werden von den beteiligten Akteuren Behandlungspläne erarbeitet, umgesetzt und evaluiert (z.B. in Fallkonferenzen oder Qualitätszirkeln). (4) Praxisbezogene und wissenschaftlich begründe-te (evidenzbasierte) Versorgungsempfehlungen für die Behandlung depressiver Patienten

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3.1 Qualitätsindikatoren

Ein zentrales Qualitätskriterium bei der Integrierten Versorgung von Patienten mit Depressionen

ist die Orientierung des individuellen diagnostischen und therapeutischen Handelns an evidenzba-

sierten Leitlinien. Zwar kann bzw. sollte im begründeten Einzelfall von diesen abgewichen werden,

dies muss aber dokumentiert und sowohl gegenüber dem Patienten als auch gegenüber den anderen

beteiligten Akteuren begründet werden. Zur Überprüfung eines leitlinienorientierten Vorgehens

müssen Qualitätsindikatoren auf verschiedenen Ebenen zur Erfassung von Struktur-, Prozess- und

Ergebnisqualität definiert und erfasst werden (s. Abb. 4). Diese Indikatoren sollten als Fragen bzw.

Items konkretisiert und vom Behandler oder vom Patienten selbst beantwortet werden.

Abb. 4: Qualitätsindikatoren in der Integrierten Versorgung (in Anlehnung an das Kompetenznetz Depression; Hoyer et al. 2003, Schneider et al. in

press, Sitta et al. in Druck)

Qualitätsindikatoren Erläuterungen

Soziodemographische Daten des Patienten (z.B. Alter, Geschlecht)Anamnese (z.B. Vorgeschichte, bisherige Behandlungen)Diagnose (z.B. ICD-10, Indikation, Komorbidität)Schwere der Störung (z.B. HAMD, CGI, BDI)Merkmale des Behandlers (z.B. Fach/Sektor, Qualifikation, Praxis-/

Klinikmerkmale, Mitarbeiter) Netzversorgung (z.B. Dauer der Überweisungswartezeiten, Befund-

/Berichtübermittlung, QM-Maßnahmen)

Prozess

Struktur

Ergebnis

Diagnostische Maßnahmen (z.B. aktuelles Suizidrisiko, allgemeine körperliche und neurologische Untersuchung , Labor, EKG)

Pharmakotherapie (z.B. Substanz, Dosierung etc.)Psychotherapie (z.B. Anzahl Einzel- und Gruppentherapie, Art)Andere Maßnahmen (z.B. Ergotherapie, Psychoedukation, AU)Vorkommnisse (z.B. Compliance, Suizidversuch)Überweisungen (z.B. Konsil, Mit-/Weiterbehandlung, Rücküberweisung)

Therapeutische Effektivität (z.B. CGI, HAMD, BDI)Patientenzufriedenheit (z.B. ZUF- 8)Behandlungsdauer (stationär, poststationär, ambulant)Veränderungen (beruflich und privat)

Auf der Strukturebene sollen neben den

relevanten Patienten- und Erkran-kungsmerkmalen Merkmale der betei-ligten Akteure und Indikatoren zur Qua-lität der Netzwerkversorgung erfasst werden.

Auf der Prozessebene soll insbesondere die konkrete Durchführung leitlinien-orientierter Maßnahmen im diagnosti-schen und therapeutischen Prozess so-wie gegebenenfalls begründete Abwei-chungen geprüft werden.

Auf der Ergebnisebene sollen alle rele-vanten Behandlungsergebnisse unter Effektivitäts- und Effizienzgesichts-punkten dokumentiert werden.

Ein wesentliches Element einer Integrierten Versorgung ist eine verbesserte Kosten-Nutzen-

Relation (Kosten-Effektivität) des Behandlungsprozesses durch einen abgestimmten Behandlungs-

prozess und der Verkürzung der Behandlungsdauer bei gleich bleibender klinischer Effektivität.

Nachteile für die teilnehmenden Patienten sind nicht zu erwarten, da alle an der Integrierten Ver-

sorgung Beteiligten sich zu einer evidenzbasierten Behandlung verpflichten.

Als Erfolgsindikatoren sollten neben den zentralen erkrankungs- und patientenbezogenen Aspek-

ten auch gesundheitsökonomische Indikatoren erfasst und analysiert werden.

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Erkrankungs- und patientenbezogenen Qualitätsindikatoren, z.B.

Symptomreduktion (z.B. Veränderungen der Psychopathologie). Nach geltenden Leitlinien

werden vier Remissionsstufen als Grad der Symptomreduktion differenziert (Crismon et al.

1999):

− Symptomreduktion < 20% = kein Effekt bzw. Wirkung

− Symptomreduktion 20 – 50% = minimaler Effekt bzw. geringe Wirkung

− Symptomreduktion > 50% = Teilremission

− Symptomreduktion = 100% = Komplette Remission

Patientenzufriedenheit

Lebensqualität und Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben (Wiedereingliederung in das

Arbeitsleben)

Gesundheitsökonomische Qualitätsindikatoren

Reduktion der direkten Behandlungskosten: Kosten der stationären Behandlung einschließlich

Wiederaufnahmen, der nachstationären Versorgung und der ambulanten Versorgung

Indirekte Behandlungskosten: Kosten aufgrund von Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitszeiten mit

eingeschränkter Produktivität

3.2 Dokumentationssystem

Da im Rahmen einer Integrierten Versorgung depressiver Patienten, neben einer Verbesserung

der Behandlung durch die einzelnen Akteure selbst, die Vernetzung zwischen den unterschiedlichen

Versorgungsebenen ein wichtiges Qualitätsziel darstellt, ist eine einheitliche Dokumentation für alle

beteiligten Akteure (s. Kap. 2) notwendig (Bermejo et al. 2003). Ein praxisorientiertes Dokumenta-

tionssystem für die Integrierte Versorgung depressiver Patienten sollte daher folgende Kriterien

erfüllen:

Erfassung von Indikatoren der Qualität der Versorgung

Sektorenübergreifende Integration in die klinische Routine

Um das Behandlungsvorgehen und –ergebnis anhand des Dokumentationssystems für die Integ-

rierte Versorgung evaluieren zu können, ist eine Kongruenz der erfassten Kriterien mit den entspre-

chenden Leitlinien erforderlich. Zusätzlich sollte zwischen den beteiligten Akteuren Einvernehmen

über die notwendigen Qualitätsindikatoren und die hierfür notwendigen Erhebungsinstrumente her-

gestellt werden.

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Beispiele für ein solches depressionsspezifisches Dokumentationssystem sind die im Rahmen

des „Kompetenznetz Depression, Suizidalität“ zur Qualitätssicherung entwickelten Dokumentati-

onssysteme für die ambulante und stationäre Versorgung (Bermejo et al. 2003, Schneider et al. in

press, Sitta et al. in Druck). Sie bestehen aus verschiedenen Instrumenten, die sowohl Fremd- als

auch Selbstratings umfassen und bei Behandlungsbeginn und Behandlungsende sowie im Verlauf

zentrale Qualitätsindikatoren erfassen. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass diese Dokumentati-

onssysteme fach- und sektorenübergreifend genutzt werden können, gut in die Praxisroutine integ-

rierbar sind und ein qualitätsorientiertes Case-Management ermöglichen. Auch können die Daten

zur internen und externen Qualitätssicherung genutzt werden (Bermejo et al. 2003, Brand et al.

2004).

3.3 Qualitätssicherungsmaßnahmen

Zu den wichtigsten Qualitätssicherungsmaßnahmen gehören insbesondere Netzwerkkonferenzen,

Qualitätszirkel, Supervisions-/Intervisionsgruppen, zertifizierte Fortbildungen und Patienten- bzw.

Angehörigenbefragungen. Die Entscheidung über die konkrete Umsetzung (zeitliche, strukturelle

und inhaltliche Organisation) der Qualitätssichernden Maßnahmen sollte regional von den beteilig-

ten Partnern getroffen und durch das Netzwerkmanagement koordiniert werden.

Netzwerkkonferenzen

Die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und der hohen Qualitätsstandards im Rahmen des

Netzwerks erfordert die Etablierung verbindlicher und regelmäßiger Koordinations- und Kooperati-

onsmaßnahmen. Insbesondere hinsichtlich der Erstellung, Durchführung und Prozessbegleitenden

Evaluation von allgemeinen Behandlungsplänen ist ein Austausch zwischen den beteiligten Akteu-

ren wichtig. Zusätzlich kann im Rahmen von Netzwerkkonferenzen die grundsätzliche Arbeit des

Versorgungsnetzes analysiert, nach formulierten Qualitätskriterien bewertet und Strategien zur Qua-

litätsverbesserung in verschiedenen Versorgungsbereichen entwickelt werden.

Qualitätszirkel

Im Rahmen der Integrierten Versorgung stellen interdisziplinäre Qualitätszirkel ein zentrales

Element des internen Qualitätsmanagements dar. Anhand von fall- und themenbezogenen Analysen

dokumentierter Patientenbeispiele werden von den beteiligten Akteuren Behandlungspläne erarbei-

tet, umgesetzt und evaluiert (Tausch & Härter 2003). Zusätzlich können im Rahmen solcher Quali-

tätszirkel patientenbezogene und Behandlungspläne in Form interdisziplinärer Fallkonferenzen ana-

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lysiert und Strategien zur Optimierung in verschiedenen Versorgungsbereichen entwickelt werden

(Brand et al 2004).

Zertifizierte Fortbildung

Alle am Netzwerk beteiligten Akteure verpflichten sich, zur Weiterentwicklung ihrer beruflichen

Fachkenntnisse regelmäßig an zertifizierten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen.

Ziel ist die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität ihrer beruflichen Praxis. Neben einer

theoretischen und handlungsbezogenen Weiterbildung in evidenzbasierter Versorgung von Patien-

ten mit Depressionen ist auch die Teilnahme an fachübergreifenden Fort- und Weiterbildungsmaß-

nahmen zu medizinischen, psychologischen und sozialen Aspekten in der Versorgung psychischer

Störungen vorgesehen.

Organisatorisch gehören neben Vorträgen, Seminaren, Workshops und Tagungen insbesondere

reflexive Maßnahmen (z.B. Supervision, Intervision, Qualitätszirkel) zu den wichtigsten Fort- und

Weiterbildungsmaßnahmen. Inhaltlich sollten dabei insbesondere Forschungsergebnisse zu Epide-

miologie, Ätiologie, Diagnostik und Behandlung depressiver und anderer psychischer Störungen

behandelt werden. Zusätzlich sind Themen wie Public Health, Gesundheitsökonomie und Versor-

gungsforschung relevant.

Supervisions-/Intervisionsgruppen

Supervisions-/Intervisionsgruppen gelten in Psychotherapie und Beratung als klassische Form

Qualitätssichernder Maßnahmen. Ziel ist die systematische Bearbeitung von Problemen beruflicher

Interaktion und der Erweiterung der individuellen und berufspraktischen therapeutischen Kompe-

tenzen. Darüber hinaus dienen sie auch der kritischen Auseinandersetzung des Therapeuten mit der

therapeutischen Beziehung und seinen eigenen Einstellungen und Haltungen. Zur Sicherstellung der

Qualitätssichernden Funktion von Supervisions-/Intervisionsgruppen müssen diese selbst bestimmte

Qualitätsmerkmale erfüllen. Insbesondere müssen die spezifischen Funktionen, Ziele und Qualitäts-

kriterien solcher Reflexionsgruppen definiert werden (Auckenthaler 2003).

Patienten-/Angehörigenbefragungen

Im Rahmen der Qualitätssicherung der medizinischen und psychologischen Versorgung wird

auch der Patienten- bzw. Angehörigenperspektive eine zentrale Rolle eingeräumt. Daher sind zur

Sicherung und Verbesserung der Versorgungsqualität regelmäßige Patienten- bzw. Angehörigenbe-

fragungen als Qualitätssicherungsmaßnahme sinnvoll und empfehlenswert. Inhaltlich sollten dabei

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sowohl Aspekte hinsichtlich des Funktionierens des Versorgungsnetzes (z.B. Wartezeiten, Durch-

lässigkeit zwischen den unterschiedlichen Ebenen, Einbezug von Patienten/Angehörigen) als auch

der Behandlung per se (z.B. Symptomverbesserung, soziale und berufliche Reintegration) befragt

werden. Grundsätzlich ist aber zu beachten, dass obwohl die Patienten- und Angehörigenzufrieden-

heit im Rahmen der zunehmenden Kundenorientierung im Gesundheitswesen immer wichtiger

wird, diese Qualitätseinschätzung eine subjektive Größe ist und häufig ein geringer Zusammenhang

mit objektiven Qualitätsmerkmalen bestehen kann. Dies sollte bei der Interpretation beachtet wer-

den (Jacob & Bengel 2003).

3.4 Evidenzbasierte Leitlinien

Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungsempfehlungen zur Diagnostik und Be-

handlung sowie zum Umgang mit schwierigen Behandlungssituationen (zur Risikominimierung),

die auf epidemiologischen und wissenschaftlichen Untersuchungen (evidenzbasiert) sowie Exper-

tenwissen (klinische Erfahrung) basieren. Sie stellen den nach einem definierten, transparent ge-

machten Vorgehen erzielten Konsens mehrerer Experten unterschiedlicher Fachgebiete unter Be-

rücksichtigung der Sichtweise von Patienten/Klienten, dar. Sie beschreiben wissenschaftlich be-

gründete und (oder) durch Erfahrung belegte Vorgehensweisen. Idealerweise enthalten sie Hand-

lungsanweisungen zum konkreten Vorgehen bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.

Leitlinien beschreiben für verschiedene Behandlungsprobleme Lösungswege, wie jeweils eine op-

timale Versorgung erreicht werden kann. Sie unterliegen einer dynamischen Entwicklung, d.h. sie

müssen ständig auf den neuesten Wissensstand gebracht werden. Die Darstellung von Leitlinien ist

in verschiedenen Formen möglich: Sie können in Textform, als Tabellen, Flussdiagramme, Algo-

rithmen oder als Kombination dieser Elemente dargestellt werden (Härter et al. 2001; Heerklotz

1997; Helou et al. 2000). Für die hausärztliche Versorgung gelten die im Rahmen des „Kompe-

tenznetz Depression, Suizidalität“ entwickelten Versorgungsleitlinien zur Diagnostik und Therapie

depressiver Störungen (Härter et al. 2003a). Hierauf aufbauend koordiniert derzeit die Deutsche

Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) die Erarbeitung von S-

3-Leitlinien nach den Richtlinien der AWMF mit allen hierfür notwendigen ärztlichen und psycho-

logischen Gruppierungen sowie den Angehörigen- und Patientenverbänden. Für die psychothera-

peutische Versorgung werden derzeit von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs),

Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Leitlinien zur Psychotherapie der Depressi-

on und anderen affektiven Störungen erstellt, die in Kürze veröffentlicht werden sollen (DGPs in

Vorbereitung).

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4. Behandlungspfade

4.1 Diagnostik

Das frühzeitige Erkennen und die adäquate Diagnose depressiver Erkrankungen ist eine zentrale

Aufgabe der Integrierten Versorgung depressiver Patienten. In den internationalen Klassifizierungs-

systemen (DSM-IV (APA 1994), ICD-10 (Dilling et al. 1999)) werden depressive Störungen als

psychopathologische Syndrome innerhalb der diagnostischen Kategorie der „Affektiven Störungen“

definiert. Hierbei beziehen sich die Hauptsymptome auf eine Veränderung der Stimmung bzw. Af-

fektivität sowie des allgemeinen Aktivitätsniveaus. Für die Differenzialdiagnose einer depressiven

Störung sind neben den klinischen Hauptkriterien und Zusatzsymptomen auch der Schweregrad, die

Dauer und der Verlauf der Symptome entscheidend (s. Abb. 5; APA 2000, AkdÄ in Vorbereitung,

CPA 2001, DGPPN 2000, ICSI 2001, VHA 2000). Eine depressive Störung sollte auch bei Vorlie-

gen primär körperlicher Beschwerden in Betracht gezogen werden, da viele Patienten zu Beginn

häufig über somatische Beschwerden klagen. Affektive Störungen in Form von Manien (F 30) und

bipolaren Störungen (F 31) sind nicht Gegenstand dieser Rahmenkonzeption.

Ein Screening, z.B. mit Hilfe des von der WHO herausgegebenen „Fragebogen zum Wohl-

befinden“ (WHO-5) (WHO 1998) oder des „Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D)“ (Spit-

zer et al. 1999, deutsche Version: Löwe et al. 2001) zum schnellen Erkennen depressiver Be-

schwerden, kann sinnvoll sein (Henkel et al. 2003, Löwe et al. 2001, USPSTF 2002). Bei entspre-

chendem Verdacht ist die klinische Erfassung der formalen Diagnosekriterien (Haupt- und Zusatz-

symptome) erforderlich, da nur auf diese Weise eine adäquate und behandlungsrelevante Diagnose

möglich ist.

Typisch für eine behandlungsbedürftige depressive Störung ist eine gedrückte Grundstimmung

(tiefe Traurigkeit), Interessenverlust (Anhedonie, Verlust der Freude an Dingen, die gewöhnlich

Freude machen) und eine Verminderung des Antriebs (starke Müdigkeit, Energielosigkeit). Sind

zwei dieser Symptome und zusätzlich zwei weitere der Zusatzsymptome vorhanden, ist von einer

leichten depressiven Störung auszugehen. Bei mehr als drei Zusatzsymptomen spricht man nach der

ICD-10-Klassifikation (Dilling et al. 1999) von einer mittelgradigen depressiven Störung. Wenn

alle drei Hauptsymptome und mehr als vier Zusatzsymptome vorhanden sind, ist eine schwere de-

pressive Störung zu diagnostizieren. Zur weiteren differentialdiagnostischen Abgrenzung der ver-

schiedenen affektiven Störungen und ihres Schweregrades sind Fragen zum Verlauf der Symptoma-

tik erforderlich.

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Abb. 5: Diagnose depressiver Episoden nach ICD-10 Kriterien (nach AkdÄ in Vorbereitung)

Diagnostik depressiver Störungen nach ICD-10 Erläuterungen

Hauptsymptomeh Gedrückte, depressive Stimmung

h Interessenverlust, Freudlosigkeit

h Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit

ZusatzsymptomehVerminderte Konzentration und

Aufmerksamkeit

hVermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

hGefühle von Schuld und Wertlosigkeit

hNegative und pessimistische Zukunftsperspektiven

hSuizidgedanken / -handlungen

hSchlafstörungen

hVerminderter Appetit

Depressive Episode

Symptome > 2 Wochen

und und und

mittel-gradige schwereleichteSchweregrad

mono-phasisch

rezidivierend/ chronisch

im Rahmen eines bipolaren Verlaufs *

Verlaufsaspekte

= 2

+

= 3-4

= 2

+

= 2

= 3

+

= > 4

ICD-10 F 32.xx F 33.xx

F 31.xx

A) Depressive Episode

Depressive Episode (Einmaliges Auftreten) Leicht (F 32.0): 2 Hauptsymptome und 2 Zusatzsymptome

Mittelgradig (F 32.1): 2 Hauptsymptome und 3-4 Zusatzsymptome ohne somatische Symptome (F 32.10) mit somatischen Symptomen (F 32.11)

Schwer: 3 Hauptsymptome und > 4 Zusatzsymptome ohne psychotische Symptome (F 32.2) mit psychotischen Symptomen: Wahnideen und/oder Halluzinationen (F 32.3) Rezidivierende depressive Störung (F 33.xx) Leicht, mittelgradig, schwer, mit oder ohne somatische bzw. psychotische Symptome, gegenwärtig remittiert Depressive Störung im Rahmen einer bipola-ren affektiven Störung (F 31.xx):*

leicht, mittelgradig, schwer, mit oder ohne somatische bzw. psychotische Symptome. Mindestens eine hypomanische, manische oder gemischt affektive Episode in der Anamnese.

B) Anhaltende affektive Störung:

Dysthymie (F 34.1): Chronische, gewöhnlich > 2 Jahre anhaltende, milde depressive Verstimmung, die nicht die Schwerekriterien einer depressiven Phase erfüllt.

Zyklothymie (F 34.0)*: Anhaltende Stimmungslabilität mit zahlreichen Episoden leichter Depression und leicht geho-bener Stimmung, die nicht die Kriterien einer depressiven oder manischen Phase erfüllen.

C) Somatische Symptome:

• Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten

• Mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emoti-onal zu reagieren

• Frühmorgendliches Erwachen • Morgendliches Stimmungstief • Psychomotorische Hemmung / Agitiertheit • Deutlicher Appetitverlust • Gewichtsverlust

* Affektive Störungen in Form von Manien (F 30), bipolaren Störungen (F 31) oder Zyklothymien (F 34.0) sind nicht Gegenstand

dieser Rahmenkonzeption

In Abb. 6 ist der Diagnoseprozess mit den jeweiligen Schnittstellen und Kooperationsebenen

schematisch dargestellt. Bereits bei der differentialdiagnostischen Abklärung sollte der Patient nach

dem Modell der Partizipativen Entscheidungsfindung (PEF) aktiv in den Diagnose- und Behand-

lungsprozess einbezogen werden (Elwyn et al. 1999, Härter 2004, Loh et al. 2004).

Eine differenzialdiagnostische Abgrenzung ist, insbesondere bzgl. einer bipolaren Störung, einer

psychotischen Erkrankung, einer Suchterkrankung sowie einer demenziellen Erkrankung wichtig.

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Abb. 6: Diagnostischer Prozess depressiver Störungen

Diagnostikprozess Erläuterungen

Verdacht auf depressive Störung

Andere psychische Störung ?

störungs-spezifische Behandlung

Diagnose nach ICD-10 Kriterien

Depression?

Differenzialdiagnostik der Depression

Leichte /mittelgradige /

schwere Depression ?Bipolare Störung ?

Dysthymie ?rezidivierende Episode?

Einbezug des Patienten

(nach dem Modell PEF)

Körperl. Untersuchung / depressionsspezifische

Zusatzdiagnostik

Suizidalität ?

Komorbidität ?

Notfalleinweisung:

• akute Suizidalität• Verwahrlosung• schwere psychotische

Symptome

Therapie(nach dem Modell PEF)

KL

HA

PT

PP

KL

nein

ja

ja

PP

KLnein

(3)

(4)

(6)

(1)

(8)

(7)

(5)

(2)

1) Eine depressive Störung sollte auch bei primär körperlichen Beschwerden erwogen werden, da viele Patienten zu Beginn über somatische Beschwerden klagen.

2) s. hierzu Kriterien in Abb. 4

3) Eine Überweisung in eine Fachklinik sollte in diesen Fällen erwogen werden.

4) Bei unklarem Befund ist der Einbezug eines Psychotherapeuten (PT) oder Facharztes für Psychiatrie u. Psychotherapie / Nervenarztes (PP) sowie die Einleitung einer adäquaten Behandlung indiziert.

5) s. hierzu Kriterien in Abb. 4

6) Gemeinsam mit dem Patienten sollten die Möglichkeiten einer Überweisung zur Mit- oder Weiterbehandlung besprochen werden. Facharzt für Psychiatrie u. Psychotherapie: Mittelschwere/schwere Symptomatik Komorbidität psychischer Erkrankungen Psychotische Symptome Suizidale Gefährdung Chronischer Verlauf (> 2 Jahre)

Psychotherapeut: Psychotherapeutische Behandlung

Fachklinik: akute Suizidalität schwere psychosoziale Probleme Verwahrlosung schwere psychotische Symptome

7) Depressive Patienten haben ein erhöhtes Suizidrisiko. Die Erkennung ist daher beson-ders wichtig. Neben der Erhebung der affektiven Symptoma-tik ist eine Anamnese komorbider psychischer Erkrankungen bzw. lebensgeschichtlich rele-vanter Bedingungsfaktoren erforderlich.

8) Nach der psychiatrischen Anamnese sind eine ausführliche körperliche Anamnese und eine körperliche Untersuchung notwendig. Bei positiver Anamnese können zusätzliche diagnostische Maßnahmen bzw. der Einbezug eines Facharztes notwendig werden.

HA= Hausarzt; PT= Psychologischer Psychotherapeut, Facharzt für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Arzt mit Zusatztitel Psychothera-pie; PP= Facharzt für Psychiatrie u. Psychotherapie oder Nervenarzt; KL= Fachklinik; PEF= Partizipative Entscheidungsfindung

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Aber auch das Vorliegen einer depressiven Anpassungsstörung (z.B. Trauerreaktion nach Ver-

lust des Partners) und einer somatische Grunderkrankung sind auszuschließen (Cole & Raju 1996).

Nahezu 15% der Patienten, die wegen einer depressiven Störung hospitalisiert werden mussten,

sterben im Laufe ihres Lebens an Suizid. 20-30% depressiv Erkrankter weisen Suizidversuche in

ihrer Krankheitsgeschichte auf und 40–60% der Patienten leiden an Suizidideen während einer ak-

tuellen Depression (Harris & Barraclough 1997, Høyer et al. 2000, Wolfersdorf & Mäulen 1992).

Aufgrund des deutlich erhöhten Suizidrisikos bei depressiven Patienten ist es unabdingbar, aktiv

den Patienten zum Thema Suizidalität zu befragen (Rutz et al. 1997). Bei jedem Patienten mit einer

depressiven Störung sollte deshalb die Suizidalität regelmäßig, in akuten Gefährdungszeiten sogar

bei jedem Patientenkontakt erfragt und direkt und entlastend angesprochen werden. Außerdem soll-

te der aktuelle Handlungsdruck (Todesgedanken - Suizidabsichten - Suizidpläne - Suizidversuche)

abgeschätzt werden (CPA 2001, ICSI 2001, VHA 2000).

Sehr viele Patienten mit depressiven Störungen leiden zusätzlich an komorbiden Erkrankungen.

An erster Stelle sind hierbei Angst- und Panikerkrankungen zu nennen, gefolgt von Substanzmiss-

brauch und Persönlichkeitsstörungen (Cole & Raju 1996, Goldman et al. 1999). Eine ausführliche

Anamnese weiterer psychischer Störungen nach der Erhebung der gegenwärtigen depressiven Sym-

ptomatik ist notwendig. Neben einer psychischen Komorbidität muss bei depressiven Störungen

immer auch eine somatische Komorbidität mitbedacht werden. Viele somatische Erkrankungen

können mit depressiven Symptomen verbunden sein, so dass somatische Zusatzuntersuchungen

zum Erkennen und zum Ausschluss organischer Grunderkrankungen sowie zur Identifikation evtl.

Kontraindikationen für eine Pharmakotherapie der depressiven Störung notwendig sind (AkdÄ in

Vorbereitung, DGPPN 2000, ICSI 2001, VHA 2000).

Personen mit chronischen Depressionen gehören zu der schwierigsten Gruppe depressiver Pati-

enten und stellen eine große Herausforderung an die Behandler dar. Einerseits ist die Diagnose

durch z.T. unklare Kriterien erschwert, andererseits zeigen die meisten dieser Patienten häufig

geringen Veränderungsglauben und –motivation (McCullough 2000). Insbesondere in diesen Fällen

ist daher einer integrierte, längerfristig angelegte Behandlung unter Beteiligung aller relevanten

Akteure notwendig.

4.2 Akutbehandlung

Unabhängig vom Behandlungssetting bzw. der Behandlungsform ist ein gemeinsam mit dem Pa-

tienten im Rahmen einer Partizipativen Entscheidungsfindung (PEF) erstellter Behandlungsplan

mit dem Ziel einer vollständigen Symptomremission und Rückfallprophylaxe Basis jedes therapeu-

tischen Vorgehens (CPA 2001, Elwyn et al. 1999, Lin et al. 1995, Loh et al. 2004; Abb. 7).

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Bei leichten und mittelgradigen depressiven Störungen stehen alternativ Pharmakotherapie und

psychotherapeutische Verfahren zur Verfügung. Bei leichten bis mittelschweren depressiven Stö-

rungen kann eine alleinige medikamentöse Behandlung durch den Hausarzt oder eine alleinige psy-

chotherapeutische Behandlung durch einen Psychotherapeuten erfolgen. Bei nicht ausreichender

Besserung ist nach spätestens zwei Monaten eine Konsultation bei einem Spezialisten zu erwägen.

Bei Verdacht auf eine Komorbidität psychischer Erkrankungen (z.B. Psychose, Sucht, Demenz), bei

schweren Depressionen, bereits chronifiziertem Verlauf (> 2 Jahre) oder komplizierenden Faktoren

(z.B. Therapieunverträglichkeiten, Behandlungsresistenz) sollte eine Konsultation des Facharztes

für Psychiatrie und Psychotherapie erfolgen. Auch bei schweren und/oder chronifizierten Depressi-

onen kann eine Indikationsstellung zur Psychotherapie erfolgen (vgl. Abb. 5). Eine Kombination

beider Verfahren ist i.d.R. nach aktueller Datenlage bei schweren Depressionen und bei chroni-

schem Verlauf indiziert. Eine stationäre Einweisung ist bei Vorliegen eines Notfalls (z.B. akuter

suizidaler Gefährdung oder Fremdgefährdung, Gefahr der depressionsbedingten Verwahrlosung),

bei Therapieresistenz gegenüber evidenzbasierter ambulanter Therapie sowie der Gefahr einer (wei-

teren) Chronifizierung indiziert (APA 2000, DGPPN 2000, ICSI 2001, VHA 2000).

Medikamentöse Behandlung

Die Wirksamkeit von Antidepressiva bei der Behandlung akuter depressiver Episoden ist in zahl-

reichen klinischen Studien belegt worden (Barbui et al. 2002, Berger & van Calker 2003, CPA

2001, Geddes et al. 2002). Eine Behandlung mit Antidepressiva ist insbesondere bei mittelgradigen

und schweren depressiven Störungen indiziert, sie ist aber auch bei leichteren, chronisch verlaufen-

den depressiven Störungen, insbesondere lang anhaltenden depressiven Störungen (Dysthymie,

Double Depression, chronische Depression) sinnvoll. Bei eher leichten Formen der Depression er-

scheint ein Behandlungsversuch mit Johanniskraut gerechtfertigt (Geddes et al. 2002, Linde & Mul-

row 2001, Shelton et al. 2001). Für die konkrete Wahl des Antidepressivums sollten neben den ei-

genen Erfahrungen insbesondere Patientenmerkmale und Patientenpräferenzen entscheidend sein

(z.B. Einstellungen, Alter, berufliche Situation).

Eine engmaschige Betreuung bei Behandlungsbeginn und eine intensive Aufklärung über Wir-kungsweise und Nebenwirkungen der Antidepressiva ist für den Therapieerfolg wegen möglichen Nebenwirkungen und depressionsspezifischen Schwierigkeiten bzgl. der Compliance unbedingt notwendig (APA 2000, AkdÄ in Vorbereitung, CPA 2001, DGPPN 2000, VHA 2000).

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Abb. 7: Akuttherapie depressiver Störungen

Prozess der Akutbehandlung Erläuterungen

Beobachtendes Abwarten

(1) Therapieindikation

Behandlung(nach dem Modell PEF)

Psychotherapie Pharmakotherapie

Grundversorgung und Motivierung

Nicht ausreichende Therapiemotivation

HA

PT

PP

KL

AD ?PT ?

AntidepressivumPsychotherapeutische Verfahren

Ansprechbarkeit auf die Therapie prüfen

Therapie fortführen bis zur kompletten Remission

Komplette Remission ?

Erhaltungstherapie

z.B. Compliance prüfen

Klinische Prüfung der Depressionssymptome/ Wirkungsprüfung

Nein

Keine Besserung(< 20% Remission)

Etwas besser(20-50% Remission)

Deutlich besser(> 50% Remission)

Monitoring alle 1-2 Wochen

AD anpassen ?Zusätzlich Psychotherapie oder AD?

Einbezug von … ?(nach dem Modell PEF)

HA

PT

PP

KL

Therapie weitere 6 Wochen fortführen

ja

PP KL

(3)(4)

(2)

(8)

(5)

(7)

(6)

Andere Behandlung

Anderes Verfahren ?

Andere Behandlungsverfahren

1) Allgemeine Therapieprinzipien Behandlungsziele: vollständige Remission und Rückfallprophylaxe Eine psychosoziale Behandlung (z.B. Clinical Management, supportive Gespräche) ist we-sentlicher Bestandteil jedes Gesamtbehand-lungsplanes depressiver Störungen.

2) Behandlungsalternativen Medikamentöse Behandlung: Antidepressiva sind bei mittelgradigen und schweren depressi-ven Störungen indiziert, sind aber auch bei leichteren, chronisch verlaufenden depressiven Störungen sinnvoll. Psychotherapeutische Behandlung: Als alleini-ge Behandlung bei leichten bis mittelgradigen Depressionen, noch nicht chronifiziertem Verlauf und fehlender Selbstgefährdung ge-rechtfertigt und Erfolg versprechend. Kombinationstherapie (Antidepressiva und Psychotherapie): Bei unvollständigem Anspre-chen auf alleinige medikamentöse oder psycho-therapeutische Behandlung. Beobachtendes Abwarten: Bei leichten Depres-sionen und Patientenwunsch. Andere Therapieverfahren: Schlafentzugsthera-pie, EKT, Lichttherapie u.ä. erfordern ggf. eine stationäre Behandlung. Entscheidend für die Wahl: klinische Faktoren, eigene Kompetenzen und Patientenpräferenz (Partizipative Entscheidungsfindung).

3) Eigene Erfahrungen und Patientenmerkmale für die Wahl des Antidepressivums entscheidend: Schweregrad, früheres Ansprechen, Patienten-präferenzen, Nebenwirkungen, Komorbidität, Interaktionen.

4) Indikation individuell gestellt Einbezug eines Psychotherapeuten

5) Psychotherapiemethoden Wissenschaftlich-empirisch am besten abgesi-chert: Kognitive Verhaltenstherapie, Interper-sonelle Psychotherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

6) Behandlung mit Antidepressiva Zu Beginn sind wöchentliche Kontakte zur Sicherung der Compliance empfehlenswert. Mit Nebenwirkungen ist insbesondere zu Beginn der Behandlung zu rechnen.

7) Wirkungsprüfung Die Ansprechbarkeit auf die Therapie sollte bei Antidepressiva nach ca. 4 Wochen bei psycho-therapeutischer Behandlung nach ca. 6-8 Wo-chen klinisch (Depressionssymptome; s. 3.1) geprüft werden: deutlich besser: Therapie bis zur vollständi-

gen Remission fortführen etwas besser: ggf. Plasmaspiegel und

Compliance prüfen; evtl. Therapie anpassen; Überweisung erwägen

keine Besserung: Einbezug eines Facharztes 8) Weiteres Vorgehen mit dem Patienten abstim-men (Partizipative Entscheidungsfindung)

HA= Hausarzt; PT= Psychologischer Psychotherapeut, Facharzt für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Arzt mit Zusatztitel Psychothera-pie; PP= Facharzt für Psychiatrie u. Psychotherapie oder Nervenarzt; KL= Fachklinik; PEF= Partizipative Entscheidungsfindung

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Psychotherapeutische Behandlung

Eine psychotherapeutische Behandlung erfordert eine spezifische Ausbildung. Falls der Behand-

ler diese nicht besitzt, sollte der Patient zu einem diesbezüglich kompetenten Arzt oder Psychologen

überwiesen werden. Da es sich bei der Richtlinienpsychotherapie um eine von Beginn an zeitlich

befristete Behandlung handelt, ist deren Integration in einen längerfristigen Gesamtbehandlungsplan

notwendig. Auch ist zu berücksichtigen, dass vor Beginn der Psychotherapie bei einem psychologi-

schen Psychotherapeuten eine konsiliarische Untersuchung zur Abklärung einer somatischen Er-

krankung durch einen Arzt gesetzlich festgelegt ist.

Eine alleinige spezifische psychotherapeutische Behandlung ist bei leichten bis mittelgradigen

Depressionen und fehlender Selbstgefährdung gerechtfertigt und Erfolg versprechend, ebenso bei

bestehender Kontraindikation gegen Antidepressiva oder Ablehnung von Antidepressiva durch den

Patienten. Zu Bedenken ist aber die längere Wirklatenz (50% Responder nach ca. 12 Wochen). Eine

genaue Differenzialindikation bzgl. einzelner psychotherapeutischer Verfahren ist aufgrund der

augenblicklichen Datenlage nicht möglich. Wissenschaftlich durch randomisiert-kontrollierte Stu-

dien abgesichert sind die kognitive Therapie, die Verhaltenstherapie, die Interpersonelle Psychothe-

rapie und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (APA 2000, CPA 2001, DGPs in Druck,

Crits-Christoph 1992, Leichsenring 2001, Blomberg et al. 2001, Gloagen et al. 1998, VHA 2000).

Die Frage nach der Indikation einer Langzeitbehandlung bei komorbiden Krankheitsbildern, insbe-

sondere bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und bei Dysthymien, ist in den einzelnen Netzen

gesondert zu definieren.

Kombinationstherapie

Pharmakotherapie und Psychotherapie werden im Rahmen der Behandlung depressiver Störun-

gen in der Praxis oft kombiniert. Hierbei lassen sich drei Formen unterscheiden: a) gleichzeitige

Anwendung beider Behandlungsformen, b) zusätzliche Einführung der einen oder anderen Behand-

lungsform bei fehlender bzw. geringer Effektivität einer alleinigen Behandlungsform und c) Psy-

chotherapie nach Pharmakotherapie in der Akutbehandlungsphase. Ein allgemein höherer Nutzen

einer Kombinationstherapie für das gesamte Spektrum depressiver Störungen gegenüber einer Be-

handlungsform allein konnte für die Behandlung akuter Einzelepisoden nicht nachgewiesen werden.

Jedoch ist sie indiziert bei chronischen und schweren Depressionen (APA 2000, AkdÄ in Vorberei-

tung, CPA 2001, DGPPN 2000, VHA 2000).

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Weitere Behandlungsverfahren

Neben den bisher genannten Behandlungsverfahren existieren eine Reihe weiterer Verfahren, die

aber in der Regel eine stationäre Behandlungssituation erfordern. Die Elektrokrampftherapie hat

sich bei therapieresistenten Depressionen, schwerer psychischer Beeinträchtigung, akuter Suizidali-

tät und psychotischen Symptomen bewährt. Die Lichttherapie wird für leichte bis mittelgradige

rezidivierende Depressionen mit saisonalen Einflüssen empfohlen. Beim Schlafentzug wird durch

Vermeiden des Schlafes in der zweiten Nachthälfte - zumindest vorübergehend - bei mehr als der

Hälfte der Patienten die depressive Symptomatik deutlich gebessert (APA 2000, Voderholzer 2004,

CPA 2001, Lam & Lewitt 1999, Wijeratne et al. 1999).

Monitoring der Therapie / Case-Management

Ein aktives Monitoring der Behandlung alle 1-2 Wochen und ein Case-Management zur Wir-

kungsprüfung sind insbesondere während der Akutbehandlung notwendig. Die klinische Wirkungs-

prüfung und Symptomerfassung sollte bei einer Pharmakotherapie nach ca. vier Wochen, bei einer

Psychotherapie nach ca. 6-8 Wochen erfolgen. Ist nach einer angemessenen Behandlungsdauer von

8-10 Wochen keine Verbesserung erkennbar, ist der Einbezug eines Facharztes für Psychiatrie und

Psychotherapie / Nervenarztes zur Indikationsprüfung empfehlenswert (APA 2000, AkdÄ in Vorbe-

reitung, Bauer & Dopfmer 1999, CPA 2001, DGPPN 2000, VHA 2000, Von Korff & Goldberg

2001).

4.3 Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe

Nach erfolgreicher Akuttherapie (d.h. mind. 50% Symptomreduktion) sollte die Behandlung

über ca. 6-9 Monate zur Stabilisierung des Behandlungserfolgs und Reduzierung des Rückfallrisi-

kos beibehalten werden (s. Abb. 8). Bei Erstmanifestationen kann anschließend eine vorsichtige

Dosisreduktion der Antidepressiva bzw. eine Frequenzminderung bei Psychotherapie erfolgen. Bei

rezidivierenden Depressionen ist eine Langzeit-Rezidivprophylaxe indiziert(APA 2000, AkdÄ in

Vorbereitung, CPA 2001, DGPPN 2000, VHA 2000).

Erhaltungstherapie

Nach der Pharmakotherapie einer ersten depressiven Episode sollte die Medikation nach Sym-

ptomremission für vier bis sechs Monate mit der gleichen Dosis fortgesetzt werden, die zur Remis-

sion geführt hat (Viguera et al. 1998). Auch die Wirksamkeit einer psychotherapeutischen Erhal-

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tungstherapie, evtl. mit größeren Intervallen zwischen den Therapiesitzungen, ist empirisch gut ab-

gesichert (Frank et al. 1991, Jarrett et al. 2001).

Abb. 8: Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe depressiver Störungen

Prozess der Langzeitbehandlung Erläuterungen

Bei rezidivierenden Depressionen: Langzeit-

Rezidivprophylaxe

Bei 1. Episode: ausschleichendesAbsetzen der AD

Erhaltungstherapie

Einbezug von …(nach dem Modell PEF)

HA

PT

PP

Reha

(4)

(2)

(1)

(3)

1) Erhaltungstherapie • Nach Akuttherapie sollte eine 6-9monatige

Erhaltungstherapie erfolgen. • Psychotherapeutische Sitzungen in niedriger

Frequenz erscheinen sinnvoll. • Bei rezidivierenden Depressionen ist eine

Langzeit-Rezidivprophylaxe indiziert.

2) Nach 6 Monaten kann bei Erstepisode eine schleichende Dosisreduktion mit entsprechen-dem Monitoring erfolgen.

3) Langzeit-Rezidivprophylaxe • Die medikamentöse Langzeit-

Rezidivprophylaxe sollte mindestens zwei Jahre lang erfolgen

• Für die rezidivprophylaktische Wirkung von Psychotherapie gibt es ausreichende empiri-sche Hinweise

4) Die Entscheidung, ob und ggf. in welcher Form eine Rezidivprophylaxe notwendig ist oder bzgl. der Therapiebeendigung, sollte immer nach fachärztlicher Konsultation erfolgen.

HA= Hausarzt; PT= Psychologische Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Ärzte mit Zusatztitel Psychothe-rapie; PP= Facharzt für Psychiatrie u. Psychotherapie oder Nervenarzt; KL= Fachklinik; PEF= Partizipative Entscheidungsfindung

Rezidivprophylaxe

Bei rezidivierenden Depressionen, insbesondere wenn bereits drei oder mehr frühere depressive

Episoden bzw. zwei depressive Episoden („Major Depression“) in den letzten fünf Jahren bestan-

den, ist eine Langzeit-Rezidivprophylaxe notwendig. Die Entscheidung, ob und ggf. in welcher

Form eine Rezidivprophylaxe notwendig ist, sollte immer nach fachärztlicher Konsultation erfolgen

(Viguera et al. 1998). Dies gilt auch für die Beendigung der Therapie.

Hinsichtlich einer psychotherapeutischen Langzeitbehandlung zeigen Studien, dass hierdurch ei-

ne Stabilisierung der in der Akutphase erzielten Behandlungseffekte erreicht werden kann. Bei häu-

fig rezidivierenden Depressionen ist jedoch eine geringere rezidivprophylaktische Wirkung als bei

medikamentöser Langzeittherapie zu erwarten (Blackburn & Moore 1997, Frank et al. 1990, Frank

et al. 1991, Gloagen et al. 1998).

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