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Fachthemen DOI: 10.1002/bapi.201410022 130 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bauphysik 36 (2014), Heft 3 Bastian Bort Marie-Christine Geißler Integriertes Virtuelles Energielabor zur Planung nachhaltiger Projekte In Zukunft müssen – nach den Anforderungen der europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2010/31/ EU [1] – alle neuen öffentlichen Gebäude ab 2018 und alle anderen neuen Gebäude ab 2020 dem Niedrigstenergiestandard entspre- chen. Des Weiteren wird von Bauherren immer häufiger eine nachhaltige Planung und Zertifizierung nach gängigen Zertifizie- rungssystemen wie dem Deutschen Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen (DGNB), dem Leadership in Energy and Environmental De- sign (LEED) oder der Building Research Establishment Environmen- tal Assessment Method (BREEAM) für Gebäude sowie für ganze Stadtquartiere gefordert. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und eine hohe Nutzungsqualität und einen hohen Quali- tätsstandard zu gewährleisten, verfolgen Projektteams einen le- benszyklusorientierten Ansatz zur Optimierung von Gebäuden und Quartieren. Hierfür wurde im Rahmen des EU-Forschungsprojektes Holistic Energy Efficiency Simulation and Life Cycle Management Of Public Use Facilities (HESMOS; 09/2010-12/2013) ein Integriertes Virtuelles Energielabor (IVEL) entwickelt, welches derzeit im EU- Forschungsprojekt Collaborative Holistic Design Laboratory and Methodology for energy-efficient Embedded Buildings (eeEmbedded 10/2013-09/2017) weiterentwickelt wird. Integrated Virtual Energy Laboratory for the design of sustainable projects. According to the European Buildings Directive for the Energy Performance of Buildings 2010/31/EU [1] all new public buildings must correspond to the nearly zero energy standard from 2018 and all other new buildings from 2020. Furthermore, sustaina- ble design and evaluation according to established certification systems such as the German Sustainable Building Certificate (DGNB), the Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) or the Building Research Establishment Environmental Assessment Method (BREEAM) is more and more requested by investors for buildings and entire neighbourhood developments. In order, to meet these requirements and to ensure a high quality of the building, pro- ject teams pursue a holistic life-cycle approach to optimize build- ings and neighbourhoods. In order to support this optimization pro- cess, an Integrated Virtual Energy Laboratory (IVEL) was developed during the EU research project Holistic Energy Efficiency Simulation and Lifecycle Management Of Public Use Facilities (09/2010-12/2013 HESMOS) and will be further developed in the EU research project Collaborative Holistic Design Laboratory and Methodology for en- ergy-efficient Embedded Buildings (eeEmbedded 10/2013-09/2017). 1 Das Integrierte Virtuelle Energielabor Das IVEL ist eine webbasierte Plattform für die Zusam- menarbeit eines integrierten Projektteams. Als Grundlage für die Entwicklung des Integrierten Virtuellen Energiela- bors im Rahmen des HESMOS-Forschungsprojektes wur- den die Prozesse und Aufgaben der involvierten Projektbe- teiligten sowie der notwendige Datenaustausch aus An- wendersicht analysiert [2] und nach dem Standard der „ISO 29481-1:2010 Building information modelling – In- formation delivery manual – Part 1: Methodology and for- mat“ dokumentiert [3]. Im IVEL kann ein Gebäudemodell (BIM) aufbereitet und mit den notwendigen Eingangsdaten für thermische und Energiesimulationen sowie für Lebenszykluskostenbe- rechnungen verknüpft werden. Der nD Navigator – die graphische Nutzeroberfläche des IVEL – bietet transpa- rente Auswertungsmöglichkeiten und erlaubt es dem Pla- nungsteam, in Planungsbesprechungen zielgerichtet die Alternative mit dem besten Verhältnis von Lebenszyklus- kosten zu Gebäude- und Nutzungsqualität zu identifizieren. Während der Betriebsphase unterstützt das IVEL durch Echtzeitdaten aus dem Gebäudeautomationssystem den Objektmanager bei der Optimierung des Gebäudebetriebs. Der Themenschwerpunkt dieses Artikels liegt jedoch beim Einsatz des IVEL in der Planungs- und Angebotsphase. 2 Planungsprozess mit dem Integrierten Virtuellen Energielabor In einer sehr frühen Planungsphase ermöglicht IVEL dem Planungsteam auf Basis eines noch sehr vereinfachten Ge- bäudemodells, mehrere Alternativen miteinander zu ver- gleichen und bezüglich der Nachhaltigkeitskriterien Ener- gie, Emissionen, Komfort und Lebenszykluskosten auszu- werten. In den folgenden sechs Prozessschritten (Bild 1) wird die Optimierung der Gebäudehülle (Außenwände, Fenster, Dach, Bodenplatte) dargestellt. 2.1 Schritt 1: Gebäudemodell erstellen Das Gebäudemodell muss nach definierten Modellierungs- standards erstellt werden, um es für die Energiesimulation und Lebenszykluskostenberechnung einzusetzen. In der frühen Planungsphase kann ein sehr einfaches Modell mit einschichtigem Wandaufbau erstellt werden, bevor das Modell in der Ausführungsplanung detailliert dargestellt wird. Für die Zuordnung von Nutzeranforderungen und Nutzerprofilen werden im folgenden Schritt die Räume über Raumattribute wie Raumname sowie die standardisierten

Integriertes Virtuelles Energielabor zur Planung nachhaltiger Projekte

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Fachthemen

DOI: 10.1002/bapi.201410022

130 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bauphysik 36 (2014), Heft 3

Bastian BortMarie-Christine Geißler

Integriertes Virtuelles Energielabor zur Planung nachhaltiger Projekte

In Zukunft müssen – nach den Anforderungen der europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2010/31/EU [1] – alle neuen öffentlichen Gebäude ab 2018 und alle anderen neuen Gebäude ab 2020 dem Niedrigstenergiestandard entspre-chen. Des Weiteren wird von Bauherren immer häufiger eine nachhaltige Planung und Zertifizierung nach gängigen Zertifizie-rungssystemen wie dem Deutschen Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen (DGNB), dem Leadership in Energy and Environmental De-sign (LEED) oder der Building Research Establishment Environmen-tal Assessment Method (BREEAM) für Gebäude sowie für ganze Stadtquartiere gefordert. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und eine hohe Nutzungsqualität und einen hohen Quali-tätsstandard zu gewährleisten, verfolgen Projektteams einen le-benszyklusorientierten Ansatz zur Optimierung von Gebäuden und Quartieren. Hierfür wurde im Rahmen des EU-Forschungsprojektes Holistic Energy Efficiency Simulation and Life Cycle Management Of Public Use Facilities (HESMOS; 09/2010-12/2013) ein Integriertes Virtuelles Energielabor (IVEL) entwickelt, welches derzeit im EU-Forschungsprojekt Collaborative Holistic Design Laboratory and Methodology for energy-efficient Embedded Buildings (eeEmbedded 10/2013-09/2017) weiterentwickelt wird.

Integrated Virtual Energy Laboratory for the design of sustainable projects. According to the European Buildings Directive for the Energy Performance of Buildings 2010/31/EU [1] all new public buildings must correspond to the nearly zero energy standard from 2018 and all other new buildings from 2020. Furthermore, sustaina-ble design and evaluation according to established certification systems such as the German Sustainable Building Certificate (DGNB), the Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) or the Building Research Establishment Environmental Assessment Method (BREEAM) is more and more requested by investors for buildings and entire neighbourhood developments. In order, to meet these requirements and to ensure a high quality of the building, pro-ject teams pursue a holistic life-cycle approach to optimize build-ings and neighbourhoods. In order to support this optimization pro-cess, an Integrated Virtual Energy Laboratory (IVEL) was developed during the EU research project Holistic Energy Efficiency Simulation and Lifecycle Management Of Public Use Facilities (09/2010-12/2013 HESMOS) and will be further developed in the EU research project Collaborative Holistic Design Laboratory and Methodology for en-ergy-efficient Embedded Buildings (eeEmbedded 10/2013-09/2017).

1 Das Integrierte Virtuelle Energielabor

Das IVEL ist eine webbasierte Plattform für die Zusam-menarbeit eines integrierten Projektteams. Als Grundlage

für die Entwicklung des Integrierten Virtuellen Energiela-bors im Rahmen des HESMOS-Forschungsprojektes wur-den die Prozesse und Aufgaben der involvierten Projektbe-teiligten sowie der notwendige Datenaustausch aus An-wendersicht analysiert [2] und nach dem Standard der „ISO 29481-1:2010 Building information modelling – In-formation delivery manual – Part 1: Methodology and for-mat“ dokumentiert [3].

Im IVEL kann ein Gebäudemodell (BIM) aufbereitet und mit den notwendigen Eingangsdaten für thermische und Energiesimulationen sowie für Lebenszykluskostenbe-rechnungen verknüpft werden. Der nD Navigator – die graphische Nutzeroberfläche des IVEL – bietet transpa-rente Auswertungsmöglichkeiten und erlaubt es dem Pla-nungsteam, in Planungsbesprechungen zielgerichtet die Alternative mit dem besten Verhältnis von Lebenszyklus-kosten zu Gebäude- und Nutzungsqualität zu identifizieren. Während der Betriebsphase unterstützt das IVEL durch Echtzeitdaten aus dem Gebäudeautomationssystem den Objektmanager bei der Optimierung des Gebäudebetriebs. Der Themenschwerpunkt dieses Artikels liegt jedoch beim Einsatz des IVEL in der Planungs- und Angebotsphase.

2 Planungsprozess mit dem Integrierten Virtuellen Energielabor

In einer sehr frühen Planungsphase ermöglicht IVEL dem Planungsteam auf Basis eines noch sehr vereinfachten Ge-bäudemodells, mehrere Alternativen miteinander zu ver-gleichen und bezüglich der Nachhaltigkeitskriterien Ener-gie, Emissionen, Komfort und Lebenszykluskosten auszu-werten. In den folgenden sechs Prozessschritten (Bild 1) wird die Optimierung der Gebäudehülle (Außenwände, Fenster, Dach, Bodenplatte) dargestellt.

2.1 Schritt 1: Gebäudemodell erstellen

Das Gebäudemodell muss nach definierten Modellierungs-standards erstellt werden, um es für die Energiesimulation und Lebenszykluskostenberechnung einzusetzen. In der frühen Planungsphase kann ein sehr einfaches Modell mit einschichtigem Wandaufbau erstellt werden, bevor das Modell in der Ausführungsplanung detailliert dargestellt wird. Für die Zuordnung von Nutzeranforderungen und Nutzerprofilen werden im folgenden Schritt die Räume über Raumattribute wie Raumname sowie die standardisierten

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datenbank gewählt werden. Um die Alternativen nicht nur bezüglich Energiekennwerten und Komfortkriterien gegen-überzustellen, sondern ebenfalls bezüglich der Lebens-zykluskosten, werden den Konstruktionsaufbauten Kosten-kennwerte zugeordnet. Des Weiteren steht dem Anwender innerhalb des IVEL eine Datenbank mit Nutzeranforde-rungen und Nutzerprofilen aus EU-Normen zur Verfügung, die an spezifische Nutzeranforderungen angepasst werden können. Um die Anwendung des IVEL zu vereinfachen, werden die benötigten Daten über ein Linkmodell den At-tributen (u. a. IFCName: AW, IW oder DIN 277-Klassifi-zierung der Räume etc.) im Gebäudemodell zugeordnet. In einer detaillierteren Planungsphase, z. B. Ausführungspla-nung oder Sanierungsplanung, wenn bereits die Materia-lien im Modell vom Architekten festgelegt wurden, können diese automatisch den Materialien von der IVEL-Daten-bank mit den bauphysikalischen Kennwerten zugeordnet werden.

2.4 Schritt 4: Simulation

Die Simulation kann gestartet werden, nachdem alle Da-ten im Hintergrund zugeordnet wurden. In HESMOS wurde das Simulationstool NANDRAD vom Institut für Baukli-matik der TU Dresden eingesetzt. NANDRAD ist eine Si-mulationsplattform zur energetischen Betrachtung von Ge-bäuden unter Verwendung erweiterbarer, komplexer phy-sikalischer Modelle [4]. Diese Simulationsplattform gibt stundengenaue Werte für den Energiebedarf, Heizen und Kühlen sowie für die Raumtemperaturen aus. Diese wer-den dann aufgrund der großen Datenmenge zur Gegen-überstellung von Alternativen und zur Entscheidungsfin-dung zu Leistungskennzahlen aggregiert.

2.5 Schritt 5: Aufbereitung der Ergebnisse

Zur Entscheidungsfindung werden die Simulationsergeb-nisse in Leistungskennzahlen (Key Performance Indica-

DIN 277-Attribute klassifiziert. Sind die Räume zum Bei-spiel in einem Excel-Raumbuch vom Bauherrn bereits klas-sifiziert, können diese einschließlich der erforderlichen Größe in das CAD-Modell eingelesen werden. Außen- und Innenwände werden über die Attribute „AW“ und „IW“ im Gebäudemodell unterschieden, um eine entsprechende Zuordnung zu ermöglichen. Für die Energiesimulation müssen die geographischen Koordinaten sowie die Höhe über Normal Null im Gebäudemodell angegeben werden.

2.2 Schritt 2: Aufbereitung für Simulationen

Das Gebäudemodell kann über das von der buildingSMART e.V. entwickelte Standardaustauschformat Industry Foun-dation Classes (IFC; ISO/PAS 16739, 2005) exportiert und im IVEL für Energiesimulationen und Lebenszyklus-kostenberechnungen aufbereitet werden. Wurde das IFC-Modell bereitgestellt, wird es im Hintergrund automatisch aufbereitet, denn für die Energiesimulationen wird nicht nur die Raumumschließungsfläche benötigt (1st Level Space Boundaries), sondern auch Informationen über den Raum auf der anderen Seite der Wand (2nd Level Space Boundaries). Im IVEL wird über ein Ampelsystem darge-stellt, ob sämtliche notwendigen Daten vom Projektteam für die Simulation zur Verfügung gestellt bzw. ausgewählt wurden. Unter anderem müssen für die Simulation noch Klimadaten aus den Testreferenzjahren des Deutschen Wetterdienstes gewählt oder Klimamesswerte von einer Wetterstation am Standort hochgeladen werden.

2.3 Schritt 3: Anreichern mit Kennwerten

Das IVEL stellt über die Datenbank Standardkonstruktions-aufbauten inklusive der bauphysikalischen Eigenschaften der einzelnen Materialschichten (Dichte, Wärmeleitfähig-keit, Wärmekapazität) zur Verfügung. Auf der Nutzerober-fläche des IVEL können z. B. die Dicke der Wärmedäm-mung geändert oder ein anderes Material von der Material-

Bild 1. Planungsschritte mit dem Integrierten Virtuellen EnergielaborFig. 1. Design steps with the Integrated Virtual Energy Laboratory

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3.1 Prozessoptimierung

Der Einsatz des Integrierten Virtuellen Energielabors führt zur Optimierung der Arbeitsprozesse [7], [8], d. h. zur Ver-kürzung der Prozesszeit, Minimierung der Kosten und Steigerung der Prozessqualität. Die Dauer der einzelnen Arbeitsschritte in der Angebotsphase wurde dokumentiert, Zeiteinsparpotential identifiziert und bewertet. Durch die Koordination mit einem zentralen Gebäudemodell, die au-tomatisierte Überprüfung auf Einhaltung der Nutzeranfor-derungen, die transparenten Möglichkeiten zur Entschei-dungsfindung und die Standardisierung der Prozesse wurde am Beispiel des Pilotprojektes während der Vorentwurfs- und Entwurfsphase ein Einsparpotential von ca. 15 % in Bezug auf die für die Angebotserstellung erforderlichen Mannmonate identifiziert.

Die Optimierung der Prozessqualität [8] wurde über die Interactive Capability Maturity Matrix (I-CMM) [9], eine Matrix des US National Building Information Model Stan-dard der NBIMS Initiative, dokumentiert. Durch eine Wei-terentwicklung in den Kategorien Datenverfügbarkeit, Le-benszyklusansatz, Einbindung von verschiedenen Diszipli-nen, standardisierte Prozesse, graphische Informationen sowie Interoperabilität verbesserte sich die Prozessqualität vom niedrigsten Standard zum höchsten Standard Platinum.

3.2 Optimierung der Planung

Am Beispiel des Pilotprojektes wurden verschiedene Alter-nativen im IVEL gebildet (Erhöhung der Dämmung der Außenwände, Erhöhung der Dachdämmung sowie 3-fach-Verglasung der Fenster inklusive adäquatem Rahmen, statt 2-fach-Verglasung) und bezüglich der Leistungskennzahlen Energie, Emissionen, Komfort und Lebenszykluskosten gegenübergestellt. Dies führt zu einer ganzheitlichen Be-trachtung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes, zur Identifi-zierung von Einsparpotential, zur Bewertung der Lebenszy-kluskosten und somit zur Optimierung des Gebäudeentwur-fes. Anhand der gebildeten Alternativen wurde festgestellt, dass z. B. bei der Erhöhung der Wärmedämmschicht von 120 mm auf 200 mm, ca. 5 % Wärme- und Kälteenergie

tors – KPI) aufbereitet. Die für die HESMOS-Simulationen notwendigen KPI Endenergie, Emissionen, Komfort und Lebenszykluskosten wurden nach den drei gängigen Kate-gorien ökologische, sozio-kulturelle und ökonomische Qualität strukturiert [5] und dokumentiert [6]. Über die IVEL-Datenbank kann sich der Anwender das Energieer-zeugungskonzept zusammenstellen und angeben, zu wel-chem prozentualen Anteil Heizen und Kühlen über die gewählten Energiesysteme mit den jeweiligen hinterlegten Emissionskennwerten gedeckt werden. Im Hintergrund werden über die Mengen aus dem Gebäudemodell sowie die Kostenkennwerte der Konstruktionsaufbauten die In-vestitionskosten der Gebäudehülle berechnet. Zusätzlich werden die Energiekosten aus der Endenergie und den je-weiligen Kosten je Energieerzeugungskonzept berechnet. Um die Lebenszykluskosten verschiedener Alternativen über den Barwert zu berechnen, können noch weitere An-gaben hinzugefügt werden wie z. B. Kennwerte zu Reini-gungskosten sowie die Preissteigerung und der anzuset-zende Diskontierungszinssatz.

2.6 Schritt 6: Visualisierung der Leistungskennzahlen

Auf der graphischen Nutzeroberfläche, dem nD Navigator, kann das Projektteam in Planungsbesprechungen verschie-dene Alternativen bezüglich Endenergie, Emissionen und Lebenszykluskosten anhand von Vergleichsgrafiken und Wertetabellen gegenüberstellen und somit Transparenz schaffen. Auch können Temperaturprofile inklusive Über- und Unterschreitungen und den Energiebedarf mit Bezug zum Gebäudemodell ausgewertet werden.

3 Validierung des Integrierten Virtuellen Energielabors

In der Validierungsphase wurde die neue Arbeitsweise mit dem Integrierten Virtuellen Energielabor untersucht und mit der konventionellen Arbeitsweise verglichen [7], [8]. Außerdem wurden zur ausgeführten Planung Alternativen gebildet und bezüglich der Leistungskennzahlen gegen-übergestellt. In Bild 2 werden die HESMOS-Entwicklun-gen hervorgehoben.

Bild 2. Vergleich von State of the Art und HESMOS-Ent-wicklungenFig. 2. Comparison of the State of the Art Approach with the HESMOS developments

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eingespart werden kann, bei gleichzeitig minimal geringeren Lebenszykluskosten gegenüber der Ausgangsvariante [8].

4 Zusammenfassung und Ausblick

Das im EU Forschungsprojekt HESMOS entwickelte Inte-grierte Virtuelle Energielabor (IVEL) kann in einer frühen Planungsphase zur transparenten Auswertung von Ent-wurfs alternativen eingesetzt werden. Des Weiteren kann das IVEL zur kontinuierlichen Überwachung des Nutzer-komforts sowie der Überwachung der Effizienz der Lüf-tungsanlagen im Betrieb eingesetzt werden. Das IVEL ist eine Open Source-Webplattform, welche im Folgeprojekt eeEmbedded um weitere Module und Simulations- bzw. Berechnungstools erweitert wird.

Im Rahmen des eeEmbedded-Projektes sollen Gebäude über den kompletten Planungsprozess von der Quartiersent-wicklungsphase, über die Entwurfsplanung bis hin zur Aus-führungsplanung optimiert werden. Aufgrund einer Vielzahl von Anforderungen der Projektbeteiligten und der späteren Nutzer sowie Anforderungen, welche sich aus Gesetzen, Verordnungen etc. sowie durch den Standort und die Um-weltbedingungen ergeben, wird ein gezieltes Anforderungs-management eingeführt. Im eeEmbedded Virtuellen Pla-nungslabor sollen Planungsalternativen für das Gebäude, die Energieinfrastruktur, die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) sowie die Mess-, Steuer-, Regeltechnik (MSR) bezüg-lich der Leistungskennzahlen Endenergie, Primärenergie, Emissionen, Thermischer Komfort, Luftqualität sowie Le-benszykluskosten bewertet werden, um die Planungsalterna-tive mit dem besten Kosten-Qualitätsverhältnis zu iden-tifizieren. Die einzelnen KPI wiederum müssen für den Projektentwickler aggregiert werden, damit dieser die Le-benszykluskosten und den Marktwert verschiedener Varian-ten miteinander vergleichen kann. Um derartige Nachhaltig-keitsanalysen mit dem eeEmbedded-Planungslabor durchzu-führen, müssen Energiesystemsimulationen, Computational Fluid Dynamics (CFD)-Windsimulationen, Gebäude-, TGA- und MSR-Simulationen, CFD-Raumsimulationen, Ökobi-lanz- sowie Lebenszykluskostenberechnungen integriert werden. Diese Simulationen und Berechnungen erfordern einen intensiven Datenaustausch zwischen den Projektbetei-ligten. Dies soll in eeEmbedded über einen Multi-Modell-Ansatz sowie neue Methoden für eine optimierte Zusam-menarbeit der Planungsbeteiligten gelöst werden.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei der Europäischen Kommis-sion für die Förderung der Entwicklungen im Rahmen des

HESMOS-Projektes (Grant Agreement N° 26088) und des eeEmbedded-Projektes (Grant Agreement No. 609349) so-wie bei den Partnern der Projekte für die gemeinsame Ent-wicklung.

Literatur

[1] Directive 2013/31 EU of the European parliament and of the council on the energy performance of buildings. 19 May 2010. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ: L:2010:153:0013:0035:EN:PDF

[2] Bort, B., Geißler, M.-C., van Woudenberg, W., Guruz, R., Kaiser, J., Hensel, B., Zellner, R., Laine, T., Jonas, F., Liebich, T., Katranuschkov, P.: HESMOS Deliverable D1.1: Gap Anal-ysis, Use Case Scenarios and Requirements Specification. HESMOS Consortium, Brussels 2011.

[3] Liebich, T., Stuhlmacher, K., Weise, M., Guruz, R., Katranus-chkov, P., Scherer, R. J.: HESMOS D+ Additional Deliverable Information Delivery Manual Work within HESMOS. HESMOS Consortium, Brussels 2013.

[4] Nicolai, A., Paepcke, A.: Die Gebäudesimulationsplattform NANDRAD – Physikalisches Modell, Umsetzungskonzept und Technologien im Überblick. 2013. http://www.bauklimatik-dresden.de/nandrad/

[5] Bort, B., Caruana, T., Geißler, M.-C.: HESMOS Deliverable D9.1: Requirements Synthesis and Energy‐Related Key Per-formance Indicators. HESMOS Consortium, Brussels 2011.

[6] Grunewald, J., Kaiser, J., Geißler, M.-C., Baumgärtel, K., Ka-tranuschkov, P.: HESMOS Deliverable D5.2: HESMOS en-hancements of energy simulation tools. HESMOS Consor-tium, Brussels 2012.

[7] Bort, B., Geißler, M.-C., Jonas, F.: HESMOS Deliverable D9.2.1: Recording evidence on benefits and costs. HESMOS Consortium, Brussels 2013.

[8] Bort, B., Geißler, M.-C., Guruz, R., Jonas, F., Woudenberg, W.: HESMOS Deliverable D9.2.2: Recording evidence on be-nefits and costs [final specification]. HESMOS Consortium, Brussels 2013.

[9] Initiative of the National Institute of Building Science, buil-dingSMART alliance™: Excel workbook, NBIMS CMM Ma-trix, 2012. http://www.nationalbimstandard.org/nbims-us-v2/pdf/NBIMS-US2_c5.2.pdf

Autoren dieses BeitragesDipl.-Ing. Bastian Bort MBA (UC Berkeley)Leiter Partnerschaftsmodelle,Dipl.-Wirt.-Ing. Marie-Christine GeißlerProjektkoordination HESMOS/eeEmbeddedBAM Deutschland AGMönchhaldenstraße 2670191 Stuttgart