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LEOPOLD-FRANZENS-UNIVERSITÄT INNSBRUCK INSTITUT FÜR PSYCHOLOGIE SS 2008 Forschungsseminar: Neuere psychologische Fachliteratur Cognitive Science Leiter: Ao.Univ.-Prof. Dr. Karl Leidlmair John Searle Karin Kaufmann 0517353 Michael Mathis 0317563 Katharina Zech 0415202 Innsbruck, 28. April 2008

John Searle - uibk.ac.at · 2 1. Biographie John Rogers Searle ist ein amerikanischer Philosoph. Er wurde 1932 in Denver/USA geboren und studierte von 1949 bis 1952 an der

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LEOPOLD-FRANZENS-UNIVERSITÄT INNSBRUCK

INSTITUT FÜR PSYCHOLOGIE

SS 2008

Forschungsseminar: Neuere psychologische Fachliteratur

Cognitive Science

Leiter: Ao.Univ.-Prof. Dr. Karl Leidlmair

John Searle

Karin Kaufmann 0517353

Michael Mathis 0317563

Katharina Zech 0415202

Innsbruck, 28. April 2008

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1. Biographie.............................................................................................2

2. Philosophie des Geistes.......................................................................2

3. Künstliche Intelligenz............................................................................4

4. Das Programm von Roger Schank.......................................................5

5. Gedankenexperiment............................................................................6

6. Kann eine Maschine denken.................................................................9

7. Intentionalität.......................................................................................10

8. Kritik....................................................................................................12

8.1. Der System Reply (Berkeley)..................................................13

8.2. Der Robot Reply (Yale)...........................................................13

8.3. Ned Block…………………………………...…………………….14

8.4. Jerry Alan Fodor………………………….………………………15

8.5. Bruce Bridgeman………………………….……………………..16

8.6. Roger Schank.................................................……….............18

9. Literaturverzeichnis.............................................................................20

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1. Biographie John Rogers Searle ist ein amerikanischer Philosoph. Er wurde

1932 in Denver/USA geboren und studierte von 1949 bis 1952

an der Universität von Wisconsin und von 1952 bis 1959 an der

Oxford University Philosophie. Seit 1959 ist er bis heute

ordentlicher Professor an der Universität von Kalifornien –

Berkeley.

Innerhalb der Philosophie beschäftigt er sich vor allem mit der

Sprachphilosophie und der Philosophie des Geistes. Eng verbunden damit ist der

Themenbereich Künstliche Intelligenz (KI). Searle hat sich zu den Grenzen der

Verwirklichung von KI aus seiner Sicht mehrfach geäußert, unter anderem durch sein

Gedankenexperiment vom "Chinesischen Zimmer". Von zentraler Bedeutung ist

hierbei der Begriff der Intentionalität im Sinne von Gerichtet-sein-auf-Etwas. Um den

Bereich dieser Fragestellungen geht es in der vorliegenden Arbeit.

2. Philosophie des Geistes Diese Teildisziplin der Philosophie beschäftigt sich mit dem Leib-Seele-Problem.

Neben Philosophen tragen Psychologen, Informatiker, Neurobiologen zu diesem

Forschungsbereich bei. Schon fast 2500 Jahre sucht die Wissenschaft nach

Antworten auf die Frage, in welcher Beziehung der Körper und die Seele zu einander

stehen. Es stellen sich verschiedene Fragen: Gibt es überhaupt geistige Zustände?

Und wenn ja, wie sind diese beschaffen und können diese erklärt werden? Sind sie

gänzlich verursacht durch die körperlichen Zustände oder sind sie etwas

Eigenständiges? Was ist Geistiges und was ist Körperliches, und wie weit ist es

möglich, diese Vorgänge zu imitieren im Rahmen der Künstlichen Intelligenz?

Mit diesen und mit ähnlichen Fragen beschäftigt sich die Geistphilosophie. Heute

werden größten teils andere Begriffe verwendet für Leib und Seele, nämlich Geist

und Gehirn, bzw. wird "von neuronalen, materiellen, physiologischen, körperlichen,

objektiven, neuronalen, physiologischen oder physischen Zuständen einerseits und

geistigen, psychischen, subjektiven oder mentalen Zuständen andererseits"

(Westermann, 2000: 37) gesprochen. Besonders im Rahmen der Forschung nach

Künstlicher Intelligenz wird gefragt, ob mentale Zustände nicht nur beim Menschen

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vorkommen, sondern auch bei Computer vorkommen könnten. Wenn nein – warum

nicht? Und warum kann ein materieller Leib, geistige Zustände hervorbringen? Ist

das überhaupt möglich? Antworten auf diese Fragen stehen noch offen.

Geschichtlich gesehen gibt es zwei Extrempositionen bezüglich der Leib-Seele-

Beziehung. Diese gehen zurück auf die antiken Philosophen Aristoteles und Platon.

Der letztgenannte Philosoph stellte sich die Seele und den Leib als von einander

unabhängig vor: "Dualisten nehmen an, dass geistige Zustände nicht nur ganz

anders erscheinen als materielle Zustände, sondern sich auch von ihnen

unterscheiden" (Westermann, 2000: 38). Die Seele ist im Leib gefangen, wie in

einem Kerker. Aristoteles hingegen war der Ansicht, dass sich die beiden Bereiche

nicht unterscheiden, sondern eine Einheit bilden, die aus Materie (Leib) und Form

(Seele) besteht: "Monisten nehmen an, dass Geist und Materie identisch sind, dass

man den Geist auf die Materie reduzieren und ihn damit, wie man sagt, naturalisieren

kann (Westermann, 2000:38).

John R. Searle ist weder Monist noch Dualist, sondern er nimmt hier eine

Zwischenposition ein. Er möchte mentale Vorgänge ihrer Art nach nicht reduzieren

auf materielle Vorgänge. Die Prinzipien, nach denen körperliche, physikalische

Zustände entstehen und funktionieren unterscheiden sich von denen des Geistes.

Andererseits stellt er sich gegen die Position von Platon, dass der Geist etwas

Eigenständiges ist, das unabhängig vom Körper existiert. Das Geistige bedarf der

biologischen Grundlage, aber es ist an sich eine höher stufige, nach eigenen

Prinzipien arbeitende Ebene. Das Mentale geht jedoch aus der biologischen Struktur

hervor.

Für viele Philosophen, so auch für Searle, ist die These von der Intentionalität das

Eigentümliche des Geistigen. Das bedeutet, dass "mentale Zustände sich von

materiellen vor allem dadurch unterscheiden, dass ihre Bedeutung kausal wirksam

sein kann: Menschen können auf die Bedeutung ihrer mentalen Zustände reagieren,

während Maschinen nur auf ihre physischen Zustände selbst reagieren können"

(Westermann, 2000: 40). Diese Überlegungen bezüglich der Eigenart des Geistigen

und des Materiellen, haben besondere Bedeutung in der Diskussion und dem

Bemühen um Künstliche Intelligenz.

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3. Künstliche Intelligenz Es gibt das Bestreben, menschliche Fähigkeiten nachzuahmen, also künstliche

Intelligenz zu konstruieren. Searle schlägt in seinem Artikel "Minds, brains and

programs" (Searle, 1980 : 417) vor, zwischen zwei Thesen der Künstlichen

Intelligenz (KI) zu unterscheiden: "I find it useful to distinguish what I will call 'strong'

AI from 'weak' or 'cautious' AI (Artificial Intelligence)" (Searle, 1980: 417).

Er trennt zwischen einer starken und einer schwachen KI. Unter der These von der

schwachen KI fallen wissensbasierte Systeme, zum Beispiel ein Computersystem,

das in der Lage ist, die Entwicklung des Wetters vorauszusagen, also ein Programm,

das große Datenmengen verknüpfen und verarbeiten kann. Ein anderes Beispiel ist

eine Computersoftware, die es dem Menschen ermöglicht, wissenschaftliche

Hypothesen zu bilden und diese genau zu überprüfen. Searle sieht ein derartiges

System als realisierbar an. Es ist nützlich und ein mächtiges Werkzeug.

Unter die These von der starken KI würden Systeme fallen, die nicht nur in der Lage

sind, Informationen aufzunehmen und regelhaft zu verarbeiten, sondern solche, die

selber Verstand hätten und eigenmächtig handeln könnten. Anders gesagt: das

System selbst ist Träger von kognitiven Prozessen, beziehungsweise die Prozesse

der Verarbeitung selbst sind wiederum kognitive Prozesse.

Anhand der Fähigkeit des Menschen, Geschichten verstehen zu können, zeigt er die

Problematik dieser Bestrebungen auf. Er hält sich dabei an ein Vorhaben von Roger

Schank – ein Verfechter der These von der starken KI. Sein Ziel ist es eine Maschine

zu machen, die in der Lage ist, die erzählte Geschichte von einem Restaurantbesuch

zu verstehen und Fragen bezüglich der Geschichte beantworten zu können, auch

wenn die abgefragte Information nicht ausdrücklich, also sprachlich, weitergegeben

wurde. Searle gesteht zu, dass es für wenig komplexe Situationen möglich ist, dies

umzusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass das System mit ausreichend Daten über

die Gegebenheiten der Situation und der Reaktionsweisen ausgestattet ist.

Darüber hinaus behaupten Verfechter der starken KI, dass es möglich ist eine

Maschine zu konstruieren, die nicht nur Geschichten versteht und Antworten geben

könnte, sondern außerdem eine Erklärung liefert, wie die Fähigkeiten des Verstehens

und des Antwortens beim Menschen funktionieren.

Searle ist der Meinung, dass die letztgenannte Realisierung von KI nicht möglich ist.

Er versucht dies anhand des Gedankenexperiments vom Chinesischen Zimmer zu

belegen.

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4. Das Programm von Roger Schank John Searle entwickelte 1980 das Gedankenexperiment des „chinesischen

Zimmers“, um Vertretern des strong AI (artificial intelligence) zu verdeutlichen, dass

die von ihnen präsentierten Programme Dinge nicht wirklich verstehen können oder

über Intentionen verfügen, wie wir Menschen.

Searle bezieht sich dabei in erster Linie auf die Arbeit von Roger Schank und seinen

Kollegen aus Yale (Schank & Abelson 1977), da er mit ihrem Programm am besten

vertraut ist. Wobei er ausdrücklich erwähnt, dass seine Argumente auch jegliche

andere Programme betreffen, deren Absicht es ist menschlich mentale Phänomene

zu simulieren (weitere Beispiele: Winograds SHRDLU oder Weizenbaums ELIZA).

Im folgenden Absatz möchte ich kurz auf R. Schanks Programm eingehen.

Angenommen ein Mann geht in ein Restaurant und bestellt sich einen Hamburger.

Der Hamburger ist sehr verbrannt, was den Mann wütend macht. Der Mann stürmt

aus dem Restaurant ohne zu bezahlen oder ein Trinkgeld zu hinterlassen. Auf die

Frage, ob er den Hamburger gegessen hat, würden wir alle mit „Nein“ antworten.

Umgekehrt - der Mann bestellt einen Hamburger und bekommt ihn. Er ist sehr

zufrieden damit und bevor er geht, gibt er dem Verkäufer ein großzügiges Trinkgeld.

Auch hier könnten wir auf die Frage, ob er den Hamburger gegessen hat, klar

antworten, nämlich „Ja“.

Schanks Computer bzw. das Programm kann Fragen bezüglich derartigen

Geschichten richtig beantworten, obwohl die Information, nach der gefragt wird,

nirgends direkt im Text enthalten ist.

Vertreter des strong AI behaupten nun, dass diese Maschinen menschliche

Fähigkeiten nicht nur simulieren, sondern sie sind überzeugt, dass die Maschine die

Geschichte auch versteht und dadurch auf die Fragen richtig antworten kann.

Diese Annahme findet Searle als völlig unbegründet und verbildlicht seine Ansicht mit

Hilfe des Gedankenexperiments.

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5. Gedankenexperiment Stell dir vor ich wäre in einem Raum eingesperrt mit einem Stapel chinesischer

Schriften. Ich verfüge jedoch über keinerlei chinesische Kenntnisse, weder

geschrieben noch gesprochen. Ich kann die chinesische Schrift nicht mal sicher von

der japanischen unterscheiden. Für mich sind also diese Schriften nichts als ein

unverständliches Gekritzel.

Zum Beispiel:

¥€≠# ±¥≠∞µ ^_£� ± ≠'% "/%≠µ¥ #©∞<! @* /¥µ ±±<

*#$&* ¶§ ™¶µ ≠%^ _-'(#,# $& #"@# ^µ*< ¥€≠#

±¥≠∞µ ^_£� ± #©∞<! @* /¥µ ¶§ ™¶µ ≠%^ ^_£� ±

≠'% "/%≠µ¥ #©∞<! @* /¥µ ¶§ ™¶µ ≠%^ _-'(#,# $& usw.

Nun bekomme ich durch einen Spalt in der Tür einen weiteren Stapel chinesischer

Schriften gemeinsam mit einem Set von Regeln, die in meiner Muttersprache,

nehmen wir an Englisch, geschrieben sind. Mit Hilfe dieser kann ich nun bestimmte

chinesische Zeichen an ihrer Form identifizieren.

Zum Beispiel:

^_£� ± ≠'%

"/%≠µ¥ #©∞<!

/¥µ ^_£� ± usw.

1. Regel: Tritt die exakte Symbolabfolge der ersten Spalte auf, kann mit der

passenden Symbolkombination aus der zweiten Spalte geantwortet werden.

2. Regel: …

3. Regel: …

usw.

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Nun bekomme ich noch einen letzten Stapel mit chinesischen Zeichen plus

bestimmte Anweisungen, abermals in meiner Muttersprache. Nun kann ich die drei

Schriften vergleichen und kombinieren und mit den zusätzlichen Regeln und

Anweisungen weiß ich, dass ich auf bestimmte Symbole bzw. Symbolkombinationen

mit bestimmten Symbolen antworten muss.

Zum Beispiel:

^_£� ± __________

"/%≠µ¥ __________

/¥µ __________

Anweisung: Befolgen Sie die Regeln und füllen die leeren Felder aus.

Was ich nicht weiß ist, dass die Personen, die mir all diese Schriften geben, den

ersten Stapel das „Skript“ nennen, den zweiten Stapel eine „Geschichte“ und den

letzten Stapel die „Fragen“ nennen. Diejenigen Symbole, mit denen ich ihnen auf den

dritten Stapel erwidere, ist für sie die „Antwort auf die Frage“ und die Regeln, die ich

beim zweiten Stapel in meiner Muttersprache zusätzlich bekam, nennen sie „das

Programm“.

Übersichtlich und kurz gefasst bedeutet dies:

1.Stapel Skript

2.Stapel Geschichte

3.Stapel Fragen

Erwiderung auf 3.Stapel Antwort

Regeln Programm

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Um die Gedanken noch zu Ende zu führen, stell dir vor, die Erwiderungen auf den

3.Stapel müsste ich dann wieder hergeben. Ein Chinese, der sich dies dann

außerhalb der Tür anschauen würde, würde glauben ich beherrsche die chinesische

Sprache, da ich richtig auf die Fragen (3.Stapel) geantwortet habe, identisch wie ein

eingeborener Chinese antworten würde.

Es geht aber noch weiter. Nun erhalte ich in dem eingesperrten Zimmer Geschichten,

die in meiner Muttersprache geschrieben sind, die ich also gut verstehe und dann

geben sie mir auch noch Fragen bezüglich diesen Geschichten, ebenfalls in

Englisch. Ich gebe ihnen dann die Antworten natürlich auf Englisch geschrieben

zurück.

Ein Außenstehender, der beide Sprachen beherrscht, also Englisch und Chinesisch

und keinerlei Informationen über mich hat, sondern lediglich die zwei Antwortblätter

von mir erhält, wäre überzeugt, dass ich beide Sprachen fließend spreche.

Aber der Unterschied ist, dass ich im ersten Fall lediglich Formeln und Regeln befolgt

habe um zu den Antworten zu gelangen. Ich habe jedoch weder irgendetwas

inhaltliches von der Geschichte verstanden, noch weiß ich was die Fragen waren und

ich habe nicht einmal eine Ahnung was ich wirklich geantwortet habe. Ich habe also

wie ein Computer funktioniert.

Mit diesem Beispiel wollte Searle verdeutlichen, dass die programmierten Computer

die Geschichten nicht wirklich verstehen. Sie geben zwar die richtigen Antworten,

aber wissen nicht einmal diese, sprich sie verstehen deren Bedeutung nicht.

Genauso wenig wie unser imaginäres Ich eine Ahnung von der chinesischen

Sprache hat. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass derartige Programme das

menschliche Verstehen erklären, da, wie schon gesagt, die Programme zwar in

vielen Dingen so antworten können, wie es ein Mensch tun würde, sie aber die

Bedeutung dieser kombinierten Symbole nicht verstehen.

Searle gibt noch weitere anschauliche Beispiele um die immer wiederaufkehrenden

Missverständnisse hinsichtlich der genauen Bedeutung von Verstehen zu vermeiden.

Er ist überzeugt, dass es unterschiedliche Grade des Verständnisses gibt. Ich kann

zum Beispiel mit guten Gewissen sagen ich verstehe Deutsch sehr gut und ich

verstehe Englisch gut. Italienisch verstehe ich hingegen so gut wie gar nicht.

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Trotzdem darf man sich von Oberflächlichkeiten nicht täuschen lassen. Wir

Menschen neigen dazu Gegenstände zu vermenschlichen. Jedoch wäre es doch

dumm zu glauben, die elektrische Schiebetüre vor dem Einkaufscenter würde sich

öffnen, weil sie versteht, dass sie mich jetzt hinein lassen muss, damit ich meine

Einkäufe erledigen kann. Die automatische Schiebetüre öffnet sich nur aufgrund der

fotoelektrischen Sensoren, die Bewegungsimpulse erkennen können.

6. Kann eine Maschine denken

Searle hat anhand eines inneren Dialogs verdeutlicht, was er von der Frage hält –

„Kann eine Maschine denken?“

Für Searle ist die Antwort offensichtlich – ja -, denn wir sind genau solche

Maschinen. Leider geht er nicht genauer darauf ein, inwiefern Menschen Maschinen

sind.

„Kann eine Menschen gebaute Maschine denken?“

Theoretisch hat Searle nichts gegen den Gedanken, falls es je jemand gelingen

sollte, ein exaktes Duplikat zu bauen. Das Duplikat müsste jedoch über alles

erdenkliche verfügen, wie ein Nervensystem, Neuronen, Axone, Dendriten, ...

Dies ist jedoch, zumindest in unserem Zeitalter, empirisch nicht realisierbar.

„Kann ein digitaler Computer denken?“

Auch diese Frage beantwortet Searle mit „ja“, aber er weist darauf hin, dass man

nicht vergessen darf, dass hinter jedem Computer Programm ein Mensch steht und

dieser kann denken.

„Kann ein Computer über ausreichende Konditionen verfügen, damit er selbstständig

denken und verstehen kann?“

Das ist die Frage, mit der Searle ganz klar „nein“ antwortet, denn ein programmierter

Computer entschlüsselt lediglich bestimmte Formeln. Sie verfügen also nur über eine

Syntax, aber über keine Semantik. Um die Syntax zu beherrschen brauche ich

Regeln, wie die Grammatik zusammengesetzt wird. Die Semantik geht jedoch tiefer.

Wer die Semantik beherrscht, verfügt über die Bedeutungen, die die verschiedenen

Symbole und Worte haben.

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Ein Computer besitzt also keinerlei Intentionen. Jegliche Intentionen bzw.

intentionales Verhalten, welche ein Computer zu haben scheint, führen von den

Menschen, die hinter dem Programm sitzen, her. Sie haben Intentionen und die

Menschen, die ihn benutzen, Informationen eingeben, sowie die Menschen, die die

jeweiligen Informationen interpretieren.

7. Intentionalität Der zentrale Begriff, der die Kritik Searle's stützt, ist der Intentionalitätsbegriff.

Inhaltlich lehnt er sich dabei an Franz Brentano an. Dieser verstand unter

Intentionalität eine Eigenheit von psychischen Phänomenen, nämlich das "was wir, ...

die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt ... nennen würden"

(Baumgartner, 1985:19). Anders gesagt: Das psychische Geschehen ist nicht ein

isolierter Vorgang oder bildlich gesagt ein Binnensee-Ereignis, sondern das

Bewusstsein ist jeweils gerichtet auf ein Objekt – wobei Objekt nicht als materiell zu

verstehen ist. Eingeführt hat er diesen Begriff, um psychische Phänomene von

physischen Phänomenen zu unterscheiden. Unter physischen Phänomenen versteht

er ein Farbe, einen Ton, Wärme, Kälte, Geruch u. ä. Wahrnehmungen. Psychische

Phänomene sind für ihn Akte: "Also das Hören eines Tones, das Sehen eines

farbigen Gegenstands, das Empfinden von warm und kalt ... Ferner jedes Urteil, jede

Erinnerung, jede Erwartung, jede Folgerung, jede Überzeugung oder Meinung, jeder

Zweifel ... jede Gemütsbewegung, Freude, ..." (Baumgartner, 1985:18 f).

Brentano ist der Ansicht, dass diese Bezogenheit nicht immer wahrgenommen wird,

sondern vor allem in Momenten der bewussten Reflexion sichtbar wird: "Nur wenn

ich mein Denken beobachte, wenn ich 'bemerke', 'apperzipiere', in der Reflexion also,

wird mir dieses Verhältnis deutlich. Zur Vorstellung des Gegenstandes kommt ein

Urteil (Bestätigen oder Verwerfen des Gegenstandes). Ebenso verhält es sich bei

Gemütsbewegungen: das Objekt einer Gemütsbewegung (Lieben – Hassen;

Gefallen – Missfallen; positives – negatives Interessenphänomen) wird vorgestellt

und – positiv oder negativ – beurteilt. ... Nur über diese psychische Beziehung kann

gesagt werden, dass sie intentional sei" (Baumgartner, 1985: 21).

Intentionalität darf folglich nicht verwechselt werden mit dem Begriff der Intention

beziehungsweise Absicht, sondern beschreibt eine grundsätzliche Bewegung des

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psychischen Geschehens: der Mensch bezieht sich in seinem Tun auf ein Objekt, er

ist gerichtet auf ein bestimmtes Objekt. Er schlägt beim intentionalen Tun sozusagen

eine Brücke zu etwas, das sich ihm als gegenüber gibt.

Searle hat in seinem Buch "Intentionalität" versucht, eine Theorie der Intentionalität

zu entwickeln. Schon im ersten Kapitel wird deutlich, wie er diesen Begriff versteht.

Intentionalität sieht er als Gerichtetheit:

"Als vorbereitende Formulierung mag dies dienen: Intentionalität ist diejenige

Eigenschaft vieler geistiger Zustände und Ereignisse, durch die sie auf Gegenstände

oder Sachverhalte in der Welt gerichtet sind oder von ihnen handeln" (Searle, 1987:

15). Der Mensch ist durch seine biologische Ausstattung in der Lage "den

Organismus mit Hilfe von Geisteszuständen wie Überzeugungen und Wünschen,

insbesondere aber mittels Handlung und Wahrnehmung zur Welt in Beziehung zu

setzen" (Searle, 1987: 9).

Searle ist aber der Meinung, dass nicht alle geistigen Zustände intentional sind.

Beispielweise "Formen der Nervosität, der Hochstimmung und der Unruhe" (Searle,

1987: 15) sind nicht intentional. Unter eindeutig intentionale Begriffe ordnet er

beispielsweise Wünsche, Überzeugungen, Befürchtungen u.a. ein. Die Absicht oder

die Absichtlichkeit sieht er nur als eine Art der Intentionalität. Sie "steht in einer Reihe

mit Überzeugung, Hoffnung, ..." (Searle, 1987: 17).

Ausgehend von diesem Blick auf den Menschen, insbesondere auf die Fähigkeiten,

Ursache für Intentionalität zu sein, kritisiert Searle die Überzeugung, dass es möglich

wäre, künstliche Intelligenz im strengen Sinne herzustellen. Er begründet dies

folgendermaßen:

Prozesse eines Computers sind immer formeller Art. Eingehende Informationen

werden nach vorgegebenen Regeln verarbeitet, verknüpft. Die Bedeutung der

Information wird nicht verstanden, sondern nur formell ausgelesen und registriert

nach der vorgegebenen Kodierung. Es vollzieht sich eine syntaktische Verarbeitung.

Semantische Gesichtspunkte, im Sinne von "ich verstehe", "ich bin überzeugt", "ich

wünsche mir", "ich liebe", "ich lehne ab", "ich hoffe" und ähnliche werden nicht

erfasst:

"Because the formal symbol manipulations by themselves don't have any

intentionality; they are quite meaningless; they aren't even symbol manipulations,

since the symbols don't symbolize anything. In the linguistic jargon, they have only a

syntax but no semantics" (Searle, 1980: 422).

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Formelle Eigenheiten eines Computers sind niemals hinreichend um Intentionalität

hervorzubringen, weil formelle Eigenheiten nicht konstitutiv sind für Intentionalität und

formelle Eigenheiten haben keine ursächlichen Kräfte. Er verlangt hier eine

Unterscheidung der Arbeitsprinzipien nach denen Maschinen und mentale Systeme

arbeiten. Dieser Unterschied ist nicht oberflächlich sondern prinzipiell. Intentionalität

hat für Searle keine weiteren tiefer liegenden Ursachen, sondern ist mentalen

Vorgängen intrinsisch zu Eigen.

Der Mensch eben besitzt eine bestimmte biologische Struktur, die es ihm ermöglicht,

Ursache für Intentionalität zu sein. Diese Strukturen sind in der Lage, unter

bestimmten Umständen, unterschiedlichste Fähigkeiten hervorzubringen:

"perception, aktion, understanding, learning, and other intentional phenomena"

(Searle, 1980: 422). Eben dieses Hervorbringen der Intentionalität und der

verbundenen Vermögen, ist für eine Maschine nicht möglich, weil sie nur formell

verarbeitet:

"... no purly formal model will ever be sufficient by itself for intentionality because the

formal properties are not by themselves constitutive of intentionality, and they have

by themselves no causal powers except the power, when instantiated, to produce the

next stage of the formalism when the machine is running" (Searle, 1980: 422).

8. Kritik an John Searle’s Artikel „Minds, brains and programms“

John Searle geht davon aus, dass sich der Geist zum Hirn so verhält wie das

Programm zur Hardware des Computers. (Searle 1984: 27)

Viele Kritiker sehen dies anders! Auf den Artikel „Minds, brains and programms“ gab

es sehr viele Kommentare und Kritikpunkte, von Psychologen, Philosophen oder

Kognitionswissenschaftler. In diesem Kapitel werden vier Kritiker (Ned Block, Jerry

Alan Fodor, Bruce Bridgeman und Roger Schank) genauer erläutert.

Zu Beginn sind noch zwei Einwände/Replies zu erwähnen, die Kritiker allgemein, vor

allem Vertreter der starken künstlichen Intelligenz gegen das Gedankenexperiment

„Chinesische Zimmer“ einzuwenden haben.

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8.1. Der System Reply (Berkeley) In diesem System Reply heißt es, dass die einzelne Person im Gedankenexperiment

„Chinesisches Zimmer“ die Geschichte nicht versteht, aber nur aus diesem Grund,

weil sie Teil eines ganzen Systems ist. Das ganze System (Skript, Erklärung,

Geschichte, Fragen, Symbole, Zimmer,...) versteht die Geschichte durchaus. Man

kann also das Gedankenexperiment nur als Ganzes ansehen und nicht ihn ihre

Einzelteile aufsplittern.

„Now, understanding is not being ascribed to the mere individual; rather it is being

ascribed to this whole system of which he is a part.“ (Berkeley 1980: 419)

John Searle’s Antwort auf den System Reply ist kurz und prägnant: Der Mensch hat

alle Überlegungen in seinem Kopf, die Regeln liest er und speichert sie somit ab. Der

Mensch bzw. die Person, welche im chinesischen Zimmer sitzt, nimmt das komplette

System auf. Daher kann die einzelne Person nicht Teil des Systems sein, sie ist das

komplette System. Die Person müsste ja nicht in einem Zimmer sitzen, sie könnte

auch hinausgehen, z.B. ins Freie. Somit wäre das Gesamtsystem des System

Einwandes auseinandergebracht worden, aber die Person könnte trotzdem die

Aufgaben lösen und würde auf das gleiche Ergebnis kommen. (vgl. Searle 1980:419)

„If he doesn’t understand then there is no way the system could understand because

the system is just part of him.“ (Searle 1980:419)

8.2. Der Robot Reply (Yale) Man stelle sich einen Roboter vor, welcher ein anderes Programm hat, als jenes

Programm von Roger Schank (SAM). Dieser Roboter hätte Arme und Beine, könnte

somit laufen, essen, trinken, Fußball spielen und vieles mehr. Dieser Roboter hätte

eine Kamera eingebaut um sehen zu können, Arme und Beine um es zu

ermöglichen, dass er sich bewegen kann und alles würde kontrolliert werden von

seinem „Gehirn“. (vgl. Yale 1980: 420)

„Such a robot would, unlike Schank’s computer, have genuine understanding and

other mental states.“ (Yale 1980:420)

Searle’s Kommentar zum Robot Reply, ist sehr kurz und bündig. Der Roboter verfügt

über keine Semantik, das heißt, er besitzt keine Intentionalität!

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„Now in this case I want to say that the robot has no intentional states at all; it is

simply moving about as a result of ist electrical wiring and ist program.“ (Searle

1980:420)

Der Roboter versteht nicht, was er tut, Searle bringt in diesem Zusammenhang

wieder ein Beispiel mit dem chinesischen Zimmer. Wenn Searle im chinesischen

Zimmer sitzen würde und die Informationen von diesem Roboter erhalten würde,

würde der Roboter und auch Searle selber nichts von der Geschichte verstehen –

beide folgen nur den Anweisungen!

Hierzu schrieb Searle:

„Solange wir unterstellen, daß der Roboter als Hirn nur einen Computer hat, könnte

er einfach nicht von der Syntax zur Semantik gelangen, auch wenn er sich genauso

benehmen mag, als verstünde er Chinesisch.“ (Searle 1984:33)

Für Searle ist es unmöglich, das ein Computer beziehungsweise das Programm eine

Semantik haben kann, Syntax schon, aber Semantik definitiv nicht.

8.3. Ned Block Ned Block wurde 1942 geboren und ist ein US-amerikanischer

Philosoph und Professor an der New York University.

Seine Kommentar zum Artikel von John Searle: „What intuitions

about homunculi don’t show?“ (Block 1980: 425)

Seine Kernaussage besteht darin, dass viele Intuitionen von

künstlich geschaffenen Menschen (homunculi – homunculus:

lat. Menschlein, in diesem Zusammenhang: künstlich geschaffener Mensch) nicht

gezeigt werden!

Searle fehlen die Beweise, dass ein homunculus keine Intentionalität haben könnte.

Er erwähnt nur den Standpunkt der Symbol Manipulation (Semantik und Syntax).

„Searle does not so much as mention: what the evidence is for the formal symbol-

Manipulation point of view.” (Block 1980:425)

Weiters findet Block, dass Searle’s Argumenten die Prämissen fehlen und dass er

keine Anhaltspunkte angibt, dass es nicht möglich ist eine Maschine zu bauen, die

Pläne und Ziele erreichen kann.

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Searle’s Kommentar auf Block’s Kritik lautet folgendermaßen:

Die Form von Block’s Argumenten über Intuitionen die angeblichen empirischen

Daten, welche dazu da sind um uns zu zeigen, dass denken nur eine formale Symbol

Manipulation ist, reicht nicht aus. Das wäre, wie wenn man versuchen würde, die

Ansicht zu widerlegen, dass die Erde rund ist, aber unsere Intuition sagt und, dass

die Erde eine Scheibe ist. (vgl. Searle 1980:451)

„Now Block concedes that it is not a matter of intuition but a plain fact that our brains

are “the seat” of our intentionality. I want to add that it is equally a plain fact that I

don’t understand Chinese.” (Searle 1980:451).

Für Searle beklagt Block nur die Schwäche von den menschlichen Intuitionen. Aber

wirklich gute Argumente gibt Block, in Searle’s Augen, auch nicht, was gegen

Searle’s Gedankenexperiment sprechen könnte.

8.4. Jerry Alan Fodor Jerry Alan Fodor wurde 1935 geboren und ist ein amerikanischer

Philosoph und Kognitionswissenschaftler. Er lehrt an der Rutgers

University in New Jersey.

Sein Statement zu John Searle’s Artikel: „Searle on what only

brains can do.“ (Fodor 1980: 431).

Fodor stimmt zu Beginn seines Kommentars Searle damit

überein, dass ein Computerprogramm keine hinreichende

Haltung haben kann, wie der Organismus des Gehirns haben kann.

„Searle is certainly right that instantiating the same program that the brain does is not,

in and of itself, a sufficent condition for having those propositional attitudes

characteristic of the organism that has the brain.“ (Fodor 1980: 431)

Dies ist aber der einzige Punkt, bei dem Fodor Searle Recht gibt. Fodor findet das

Kommentar zum Robot Reply nicht überzeugend, denn es sind keine handfesten

Beweise, die Searle aufzählt.

“All that Searle’s example shows is that the kind of causal linkage he imagines – one

that is, in effect, mediated by a man sitting in the head of a robot – is, unsurprisingly,

not the right kind.“ (Fodor 1980: 431).

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Es reicht also nicht aus, nur zu sagen, dass der Roboter keine Semantik hat, aufgrund

dessen, dass ein Mann im Kopf des Roboters sitzt (derjenige, der den Roboter

programmiert hat, ist in diesem Sinn gemeint) und der Mensch eigentlich den Roboter

programmiert hat. Nur zu sagen, dass der Roboter nicht versteht ist für Fodor zu

wenig an Beweisen.

Ein wichtiger, erwähnenswerter Punkt, den Fodor anführt ist jener, dass es für ihn

keinen Anhaltspunkt gibt, warum die Biochemie für die Intentionalität wichtig wäre und

für ihn ist es viel wichtiger, wie der Organismus mit der Welt in Verbindung steht. Kann

zum Beispiel ein Roboter sich integrieren oder kommunizieren?

„Searle gives no clue as to why he thinks the biochemistry is important für

intentionality an, prima facie, the idea that what counts is how the organism is

connected to the world seems far more plausible.“ (Fodor 1980: 431)

Searle’s Antwort auf Fodor’s Kritik:

Searle würde Fodor Recht geben, wenn er meint, dass man für Intentionalität einen

intentionalen Inhalt für die formalen Symbole braucht. Doch das wichtigste

Gegenargument in Searle’s Antwort liegt darin, dass wir Menschen „intrinsic

intantionality“ – wirkliche Intentionalität – haben und dass dies Computer nie erreichen

werden.

„...,we have intrinsic intentionality, and that the computer program could neve by itself

be sufficient for that.“ (Searle 1980: 454)

8.5. Bruce Bridgeman Bruce Bridgeman ist Professor in Psychologie in Santa Cruz.

Sein Kommentar zu Searle’s Artikel und zum

Gedankenexperiment: Brains + programs = minds!

Gehirn und Programme ergeben Geist! Bridgeman vertritt die

Annahme, dass Maschinen mehr verkörpern können als Searle’s

Vorstellungen. Er kritisiert daher Searle’s Eingeschränktheit und

bemängelt, dass Searle keine Beweise angibt, dass es nie möglich sein werde

Maschinen zu bauen, die Intentionalität haben!

Das einzige was Roboter bzw. Programme unbedingt bräuchten wären mehr

Informationen. Denn wenn ein Programm mehr Informationen erhält, welches in einer 16

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Datenbank eingebaut wird, was im menschlichen Gehirn genetisch veranlagt ist, und

mit der Außenwelt verbunden wird, ist es durchaus denkbar, dass ein Programm bzw.

Computer Intentionalität erreicht!

Dieser Roboter mit einer Datenbank mit sehr vielen Informationen vergleicht

Bridgeman mit einem Kind. Ein Kind weiß am Anfang auch nicht was die Zahlen

bedeuten, aber mit der Zeit lernt das Kind, dass fünf, auch fünf bedeutet. Zu Beginn

allerdings hat es kein Verständnis was Zahlen bedeuten. Und so würde es der „super

Roboter“ von Bridgeman auch erlernen, wie ein Kind. (vgl. Bridgeman 1980: 427)

„My super robot would learn about number five, for instance, in the same way that a

child does, by interaction with the outside world where the occurrence of the string of

symbols representing “five” in its visual or auditory inputs corresponds with the more

direct experience of five of something.” (Bridgeman 1980: 427)

In einem Punkt stimmt Bridgeman mit Searle überein, und zwar, dass die

gegenwärtigen Programme (Script Applier Mechanism von Schank und Abelson 1977)

keine Intentionalität haben. Doch er sagt auch, dass Searle es nicht beweisen kann

bzw. es keinen Beweis gegen Programme gibt, welche in der Zukunft Intentionalität

haben könnten.

„Searle may well be right that present programs do not instantiate intentionality

according to his definition.“ (Bridgeman 1980: 427)

Searle’s Antwort auf Bridgeman’s Kritik:

Searle glaubt, dass Bridgeman einen wichtigen Punkt in seiner Argumentation

übersehen hat. Searle stimmt Bridgeman zwar zu, dass wenn der homunculus mehr

Informationen bekommen würde (im Gedankenexperiment) und mit der Außenwelt

verknüpft wäre, dass er dann lernen würde. Doch für Intentionalität und Verstehen

reichen für Searle nicht nur die Neuronen aus, es sind auch andere kausale

Eigenschaften, welche zu Intentionalität beitragen, zum Beispiel wie das Gehirn die

Atmung kontrolliert! Und diese Informationen können laut Searle nie alle bis ins

kleinste Detail durchdacht in ein Programm gepackt werden!

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8.6. Roger Schank Roger Schank ist 1946 geboren und ist amerikanischer

Kognitionswissenschaftler. Er gründete die Cognitive

Science Society und wurde bekannt durch sein

Programm SAM (Script Applier Mechanism).

SAM ist ein Programm, welches in der Lage ist, Fragen bezüglich Geschichten , die

ihm zuvor in schriftlicher Form erzählt wurden, zu beantworten. Dabei bedient sich

SAM nicht einfach bestimmter Schlüsselwörter, die im Text vorkommen, sondern

beantwortet sogar Fragen, deren Antwort im Text nicht explizit vorkommen.

Schank gibt Searle Recht, dass SAM nur teilweise (zu dieser Zeit) menschliche

Fähigkeiten besitzt. „Our programs are at this stage partial and incomplete. They

cannot be said to be truly understanding. Because of this they cannot be anything

more than partial explanations of human abilities.” (Schank 1980: 446)

Für Schank geht es aber nicht nur um Programme, er stellt sich immer wieder die

Frage, was das Leben eigentlich bedeutet? Was bedeutet eigentlich Verstehen? Was

bedeutet Bewusstsein? Schank geht mehr in die philosophische, empirische Richtung,

als die anderen 3 Kritiker davor.

„Can we ever hope to get our programms to „understand“ at that level? Can we create

“life”? Those are, after all, empirical questions.” (Schank 1980: 447)

Gegen Ende der Kritik geht Schank noch weiter: Kann das Gehirn eigentlich

verstehen? Klar, können wir Menschen verstehen, aber das Organ Gehirn, kann dies

verstehen, oder sind es wir Menschen im Ganzen, die verstehen?

„We attribute understanding, consciousness, and life to others on the grounds that

we ourselves have these commodities. We really don’t know if anyone else

“understands”, “thinks” or even is “alive”. We assume it on the rather unscientific

basis that since we are all these things, others must be also.” (Schank 1980: 446)

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Gegen Schluss argumentiert Schank noch mal philosophisch und geht eigentlich

nicht auf technische, biologische oder psychologische Details ein, wie alle anderen

Kritiker. Schank stellt gegen Ende seines Textes fest, das Verstehen eigentlich nichts

anderes bedeutet als das Herausfinden des System, welches hinter den

chinesischen Symbolen steht, welche für Gehirne oder für Computer geschrieben

worden sind. Aber wer hat die ganzen Regeln aufgestellt und geschrieben? Dies ist

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die Frage, die sich Schank ganz am Ende der Kritik an John Searle’s

Gedankenexperiment stellt.

„Does Searle, who is using those rules, understand? No. Does the hardware

configuration of the computer understand? No. Does the hardware configuration of

the brain understand? No. Who understands then? Why, the person who wrote the

rules of course. And who is he? He is what is called an AI researcher.”

(Schank 1980: 447)

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9. Literaturverzeichnis

Baumgartner, E. (1985). Intentionalität. Begriffsgeschichte und Begriffsanwendung in

der Psychologie. Würzburg: Königshausen & Neumann.

Künstliche Intelligenz und Philosophie, Zur Debatte um J.R. Searle’s Einwände

gegen harte KI-Versionen, in: Zeitschrift Journal for General Philosophy of Science,

Voume 21, Nummer 2 (1990), S.347-358

Searle, John.R. (1992): Geist, Hirn und Wissenschaft. Übers. Von Harvey P.

Gavagai, 3. Auflage, Frankfurt am Main, Suhrkamp

Searle, John Rogers. (1987). Intentionalität. Eine Abhandlung zur Philosophie des

Geistes. Frankfurt: Suhrkamp.

Searle, John Rogers. (1980). Minds, brains and programs. The Behavioral and Brain

Sciences. 3, 417-457. Cambridge: University Press.

Westermann, R. (2000). Wissenschaftstheorie und Experimentalmethodik. Ein

Lehrbuch zur Psychologischen Methodenlehre. Bern: Hofgrefe.

Zimmer, Dieter (1990): Die Elektrifizierung der Sprache. Zürich, Haffmans, S203-237