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30 1 JOSEF PLASSMANN? Von M. LINDOW, Munster Am 23. August 1940 starb in Munster der ordentliche Honorarprofessor der Astronomie an der Westfalischen Wilhelms-Universitat Dr. Josef Plassmann. Er wurde am 24. Juni 1859 in Arnsberg (Westf.) als SproBling einer alteingesessenen Juristenfamilie geboren. Als Schuler besuchte er zunachst das Collegium Augustinianum in Gaesdonck, dann das Paulinische Gymnasium in Munster. Im Herhst I 875 bestand er hier die Reifepriifung. Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften in Munster, ein Semester Rechtswissenschaft in Wurzburg und von Ostem 1878 bis Ostern 1880 Astronomie in Bonn. Im Herbst 1881 bestand er in Munster die Staatsprufung fur das hohere Lehramt und wirkte dann an den Gymnasien in Munster, Recklinghausen, Warendorf und wiederum in Munster. Das Pauli- num, das er als Schuler verlassen hatte, sah ihn als Lehrer wieder. Am I. Oktober 1899 wurde er Lektor der Astronomie an der Hochschule, nachdem dieses Fach seit dem Tode von Heis (1877) in Munster verwaist war. Die vorgesetzte Behorde gewahrte ihm einen langeren Urlaub, den er dazu benutzte, seine Dissertation ))Untersuchungen uher den Lichtwechsel des Granatsterns p Cepheicc zu verfassen. Am 17. Juni 1904 promovierte ihn die Universitat Bonn zum Doktor der Philosophie. Nach Munster zuruckgekehrt nahm er sein Lehramt an Schule und Universitat wieder auf. Die Schwere der Doppel- tatigkeit wurde ihm durch Verminderung der Stundenzahl am Gymnasium erleichtert, aber bis zur Erreichung der Altersgrenze muBte er dort unterrichten. 1913 ehrte ihn die Universitat dadurch, da13 sie ihn zum ordentlichen Honorarprofessor ernannte ; die Sternwarte - ihre Errichtung war seinen Bemithungen zu danken - leitete er von 1921 bis 1930. Das Thema seiner Doktorarbeit gibt das Gebiet der Astronomie an, dem er in erster Linie seine Arbeitskraft zuwandte : die hellen Veranderlichen. Mit unermudlichem FleiB beobachtete er jahraus, jahrein bis in die letzten Tage seines Lebens. Manche seiner Beobachtungsreihen bildeten die Grund- lagen fur Dissertationen, eine ganze Reihe harrt noch der Bearbeitung. Ebenso fleil3ig studierte er die atmmipharische Polarisation und das aschgraue Mondlicht. Er zeigte, wie der Astronom auch mit sehr bescheidenen auBeren Hilfsmitteln wertvolle Arbeit leisten kann. Was es hedeutet, eine Wissenschaft wiederum dem Organismus der Hochschule einzufugen, nachclem sie 22 Jahre im Scheintode gelegen, das kann nur der beurteilen, dem eine ahnliche Aufgabe gestellt wurde. Zudem waren die Mittel, welche der Sternwarte zur Verfugung standen, vollig un- zureichend; 150 Mark betrug zu Plassmanns Zeiten ihr Jahresetat. Durch die Eigenart seiner wissen- schafi lichen Arbeiten, zu denen er auch seine Schuler heranzog, und durch den fesselnden Ton seiner Vorlesungen - er kundigte sie noch in seinem letzten Lebensjahre an - wurde er dieser Schwierig- keiteri Herr. Der schonste Lohn des Hochschullehrers blieb ihm nicht versagt: eine Reihe seiner Schuler ergriff den Beruf des Fachastronomen, verschiedene uben jetzt selbst die akademische Tatigkeit aus. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Zeitdienst. Seinen Bemuhungen gelang es, die Uhrmacherzwangsinnung, deren Ehrenmitglied er wurde, zur Aufstellung einer Normaluhr zu be- wegen. Sie steht, jedem zuganglich, im Vorraum des Universitatsgebaudes und wird vom Astronomi- schen Institut kontrolliert. Von seinen Buchern seien die ,Himmelskundecc sowie die Sammelwerke ,Himme1 und Erdecc und ))Heveliuscc erwahnt. Die grol3e Zahl seiner popularen Werke anzufuhren, verbietet der Raum. Kauni ein Gebiet der Astronomie, das der Allgemeinheit zuganglich ist, blieb unbearbeitet. Durch eine gepflegte Schreibweise, durch Klarheit und Zuverlassigkeit sind sie ausgezeichnet, dasselbe gilt von seine11 in der Tagespresse erschienenen Aufsatzen. Im Jahre 1891 wurde von dem Berliner Astronomen Forster die ))Vereinigungvon Freunden der Astronomie und kosmischen Physikcc gegrundet. Plassmann gehorte zu ihren ersten Mitgliedern. 1896 wurde er Mitredakteur, I 905 alleiniger Herausgeber der nMitteilungencc dieser Gesellschaft. Seit einer Reihe von Jahren erscheinen sie unter dem Titel ))Die Himmelsweltcc. Das Verdienst der Ver-

Josef Plassmann

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JOSEF PLASSMANN? Von M. LINDOW, Munster

Am 23. August 1940 starb in Munster der ordentliche Honorarprofessor der Astronomie an der Westfalischen Wilhelms-Universitat Dr. Josef Plassmann. Er wurde am 24. Juni 1859 in Arnsberg (Westf.) als SproBling einer alteingesessenen Juristenfamilie geboren. Als Schuler besuchte er zunachst das Collegium Augustinianum in Gaesdonck, dann das Paulinische Gymnasium in Munster. Im Herhst I 875 bestand er hier die Reifepriifung. Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften in Munster, ein Semester Rechtswissenschaft in Wurzburg und von Ostem 1878 bis Ostern 1880 Astronomie in Bonn. Im Herbst 1881 bestand er in Munster die Staatsprufung fur das hohere Lehramt und wirkte dann an den Gymnasien in Munster, Recklinghausen, Warendorf und wiederum in Munster. Das Pauli- num, das er als Schuler verlassen hatte, sah ihn als Lehrer wieder. Am I. Oktober 1899 wurde er Lektor der Astronomie an der Hochschule, nachdem dieses Fach seit dem Tode von Heis (1877) in Munster verwaist war.

Die vorgesetzte Behorde gewahrte ihm einen langeren Urlaub, den er dazu benutzte, seine Dissertation ))Untersuchungen uher den Lichtwechsel des Granatsterns p Cepheicc zu verfassen. Am 17. Juni 1904 promovierte ihn die Universitat Bonn zum Doktor der Philosophie. Nach Munster zuruckgekehrt nahm er sein Lehramt an Schule und Universitat wieder auf. Die Schwere der Doppel- tatigkeit wurde ihm durch Verminderung der Stundenzahl am Gymnasium erleichtert, aber bis zur Erreichung der Altersgrenze muBte er dort unterrichten. 1913 ehrte ihn die Universitat dadurch, da13 sie ihn zum ordentlichen Honorarprofessor ernannte ; die Sternwarte - ihre Errichtung war seinen Bemithungen zu danken - leitete er von 1921 bis 1930.

Das Thema seiner Doktorarbeit gibt das Gebiet der Astronomie an, dem er in erster Linie seine Arbeitskraft zuwandte : die hellen Veranderlichen. Mit unermudlichem FleiB beobachtete er jahraus, jahrein bis in die letzten Tage seines Lebens. Manche seiner Beobachtungsreihen bildeten die Grund- lagen fur Dissertationen, eine ganze Reihe harrt noch der Bearbeitung. Ebenso fleil3ig studierte er die atmmipharische Polarisation und das aschgraue Mondlicht. Er zeigte, wie der Astronom auch mit sehr bescheidenen auBeren Hilfsmitteln wertvolle Arbeit leisten kann.

Was es hedeutet, eine Wissenschaft wiederum dem Organismus der Hochschule einzufugen, nachclem sie 2 2 Jahre im Scheintode gelegen, das kann nur der beurteilen, dem eine ahnliche Aufgabe gestellt wurde. Zudem waren die Mittel, welche der Sternwarte zur Verfugung standen, vollig un- zureichend; 150 Mark betrug zu Plassmanns Zeiten ihr Jahresetat. Durch die Eigenart seiner wissen- schafi lichen Arbeiten, zu denen er auch seine Schuler heranzog, und durch den fesselnden Ton seiner Vorlesungen - er kundigte sie noch in seinem letzten Lebensjahre an - wurde er dieser Schwierig- keiteri Herr. Der schonste Lohn des Hochschullehrers blieb ihm nicht versagt: eine Reihe seiner Schuler ergriff den Beruf des Fachastronomen, verschiedene uben jetzt selbst die akademische Tatigkeit aus.

Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem Zeitdienst. Seinen Bemuhungen gelang es, die Uhrmacherzwangsinnung, deren Ehrenmitglied er wurde, zur Aufstellung einer Normaluhr zu be- wegen. Sie steht, jedem zuganglich, im Vorraum des Universitatsgebaudes und wird vom Astronomi- schen Institut kontrolliert.

Von seinen Buchern seien die ,Himmelskundecc sowie die Sammelwerke ,Himme1 und Erdecc und ))Heveliuscc erwahnt. Die grol3e Zahl seiner popularen Werke anzufuhren, verbietet der Raum. Kauni ein Gebiet der Astronomie, das der Allgemeinheit zuganglich ist, blieb unbearbeitet. Durch eine gepflegte Schreibweise, durch Klarheit und Zuverlassigkeit sind sie ausgezeichnet, dasselbe gilt von seine11 in der Tagespresse erschienenen Aufsatzen.

Im Jahre 1891 wurde von dem Berliner Astronomen Forster die ))Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physikcc gegrundet. Plassmann gehorte zu ihren ersten Mitgliedern. 1896 wurde er Mitredakteur, I 905 alleiniger Herausgeber der nMitteilungencc dieser Gesellschaft. Seit einer Reihe von Jahren erscheinen sie unter dem Titel ))Die Himmelsweltcc. Das Verdienst der Ver-

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einigung, moglichst weite Kreise zu wertvoller Mitarbeit an der Astronomie heranzuziehen, kann nicht hoch genug gewertet werden.

Naturverbunden, wie er war, hing er mit groBer Liebe an seiner Heimat, dem Sauerland, dem auch seine Gattin entstammte. Er war ein Freund heiterer Geselligkeit, dessen kostlicher Humor die Unterhaltung wurzte. Auch seiner alten Schule, dem humanistischen Gymnasium, hielt er sein Leben lang die Treue.

Seine kinderreiche Ehe blieb nicht von schweren Schicksalsschkgen verschont ; Krankheit und Tod waren gar haufige Gaste. Ein ehrliches, inniges Gottvertrauen lie13 ihn alles Leid ertragen. Seine Lebensgefahrtin ging ihm bald nach der goldenen Hochzeit in die Ewigkeit vorauf. Ehre seinem Andenken !

Eine neue Keplergedenkstatte in Weil der Stadt Von H. BOHLER, Stuttgart

Vielen Astronomen des In- und Auslandes wird der Ausflug, den die Teilnehmer der AG-Tagung in Heidelberg 1928 nach Stuttgart und Wed der Stadt unternomnien haben, noch in Erinnerung sein. An dem stolzen Denkmal auf dem Marktplatz von Weil der Stadt wurde damals im Juli 1928 dem groBen Sohn dieser Stadt, Johannes Kepler, durch die heutigen Astronomen gehuldigt. 12 Jahre spater, Ende Juli 1940, fand wieder eine Feierstunde in Weil der Stadt zu Ehren Keplers statt. Keplers Geburtshaus, in dem dieser am 15. Dcz. 1571 geboren wurde, wurde als Gedenkstatte fur den grol3en Forscher der offentlichkeit durch eine wurdige Feier ubergeben.

Stiftungen aus Industriekreisen haben es dem unter Leitung von Prof. Dr. Caspar, dem Be- arbeiter und Herausgeber der Werke Keplers, gegrundeten Verein ))Keplerhaus Weil der Stadtcc er- moglicht, das Geburtshaus des gronen Astronomen, das zu verfallcn drohte, anzukaufen und nun fur alle Zeiten zu erhalten. Daruber hinaus gelang es durch entsprechende Gestaltung der Innenraume, dem Besucher in den altcn Rauizen, in denen Kepler dic erste Zeit seines Lebens verbrachte, Einblick in das gewaltige und vielseitige Schaffen Keplers zu geben. Wertvolle alte Stiche aus der Zeit Keplers, von den Miinnern, die fur sein Schaffen von Bedeutung waren, von den Stadten, in denen sein Leben sich abspielte, Faltsimile von Briefen von und an Kepler, Photokopien der Titel seiner Bucher lassen uns einen Gang durch sein ganzes reiches Leben und Arbeiten machen. Eine neugeschaffene Kepler- buste von Professor Bredow, Stuttgart, eine Nachbildung von Keplers ))Mysterium cosmographicumc( (seinem Weltgeheimnis) und eine Nachbildung seines Ekliptikinstruxrents, das er zur Beobachtung der Sonnenfinsternis des Jahres 1600 konstruierte und in seiner ))Astronomia pars opticacc ausfuhrlich beschrieben hat, seien als besonders eindrucksvoll genannt.

Professor Caspar und seinen Helfern gebuhrt der Dank aller Sternfreunde fur die Verwirklichung des alten Planes, das Geburtshaus Keplers in dieser Weise umzugestalten. Moge der Besuch zahlreicher Sternfreunde und Verehrer Keplers in der schonen alten Reichsstadt Weil der Stadt als Dank fur die aufgewandte Muhe nicht fehlen und moge der Wudsch in Erfullung gehen, dem Professor Caspar im Gastebuch des Hauses init den Worten Ausdruck verlieh: rMoge ein jeder Besucher dieses Hauses bei der Begegnung mit Johannes Kepler den Geist des grol3en Mannes verspuren, der in einer schweren Zeit mit einer unbeschreiblichen Liebe zur Wahrheit sein hohes Lebenswerk vollbracht und rnit auf- rechtem Sinn in Frommigkeit und Gottvertrauen sein hartes Schicksal gemeistert hatcc.