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Der Alm- und Bergbauer 4/13 23 Unsere anfänglichen (Wunsch-)Vorstellungen von der Alm waren vielseitig: Milchkühe, Verarbeitungsmöglichkeiten für die Milch, keine öffentliche Zufahrt, eventuell Anschluss an ein Wandergebiet um Vorbeikommende bewirten zu dürfen und nicht ganz zu vereinsamen. Wir wollten viele Freunde, die uns besuchen kommen, um mit uns diese Arbeit zu erle- ben und wenn möglich doch eine Hochalm; im Wald wollten wir unseren Sommer nicht verbringen ... viele Wünsche, zu viele für die erste Almsaison? Nach wenigen Vorstellungsgesprächen war unsere Ent- scheidung geprägt vom Bauchgefühl und langen Diskussio- nen. Das Vertrauen der Agrargemeinschaft in uns, da wir kaum Vorkenntnisse zu Almwirtschaft und Kühen hatten, war schlussendlich ausschlaggebend. Wir entschieden uns die Leppner Alm zu pachten - was „pachten“ jedoch bedeu- tet, wurde uns erst im Laufe der Vorbereitung und während des Sommers wirklich bewusst. Die Milch und wir Uns wurde nicht nur die Almhütte ver- pachtet, zusätzlich wurden uns 54 Stück Vieh anvertraut, un- ter anderem unsere 10 Mädels, die Milchkühe. Um uns wirk- lich um sie kümmern zu können, mussten wir zuvor jedoch melken lernen. Die ersten Versuche starteten wir zu Ostern im Stall bei einem Freund, danach auf einem LFI-Kurs. Zu guter Letzt wurden wir in den ersten beiden Wochen auf der Alm unterstützt, bis wir uns wirklich zutrauten alleine die Melkarbeit zu bewältigen. Die Vorstellung von der vielen Milch verursachte großen Respekt, da wir daraus u.a. unsere Einnahmen erzielen soll- ten. Daher wollten wir unbedingt lernen, wie diese zu verar- beiten ist. Wir absolvierten einen, speziell auf Almpersonal ausgerichteten, 5-tägigen Käsekurs in Rotholz, der Bundes- lehranstalt für Alpenländische Milchwirtschaft. Dieser Kurs wurde auf unser Nachfragen von der LK OÖ gefördert. Weiters besuchten wir Grundkurse für Hirt- und Almperso- nal (vom LFI im Rahmen des Almwirtschaftsschwerpunktes veranstaltet) zu Melkhygiene, Weidemanagement und Klau- enpflege, um erste Einblicke zu gewinnen, Gleichgesinnte kennenzulernen und schön langsam zu erfahren, was uns wirklich erwarten würde. Der Käsekurs in Rotholz ist für Anfänger/innen sehr empfehlenswert. In der Vorbereitungs- zeit begannen wir uns zu orientieren, welche Schritte und Gut vorbereitet auf die Alm Kathi Aigner und Claudia Sacher > Auf eine Alm gehen, einen Sommer lang käsen, Vieh hüten und Wanderern eine Jause servieren; den Bergen nahe sein, das ha- ben wir erwartet. Doch erwartete uns noch viel mehr Unbekanntes - der Weg von der Uni hin zu Halterin und Sennin ist doch weit bunter. Nach mehreren Jahren Studium und regelmäßiger Mithilfe in landwirtschaftlichen Bereichen beschlossen wir, ge- meinsam eine Alm zu bewirtschaften und pachteten die Ochsnerhütte auf der Leppner Alm. Diesen Entschluss fassten wir im Winter, als absehbar war, dass wir beide die Uni weitgehend abschließen könnten. Somit hatten wir ausreichend Zeit zur Ver- fügung, um einen gesamten Sommer auf der Alm zu verbringen. Die Suche und Auswahl der Alm war bestimmt durch Inserate, Ort und Ausstattung der Alm, ohne bei der Art des Arbeitsverhältnisses eingeschränkt zu sein.

Kathi Aigner und Claudia Sacher - almwirtschaft.com · pachtet, zusätzlich wurden uns 54 Stück Vieh anvertraut, un - ter anderem unsere 10 Mädels, die Milchkühe. Um uns wirk -

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Der Alm- und Bergbauer 4/13 23

Unsere anfänglichen (Wunsch-)Vorstellungen von der Almwaren vielseitig: Milchkühe, Verarbeitungsmöglichkeiten fürdie Milch, keine öffentliche Zufahrt, eventuell Anschluss anein Wandergebiet um Vorbeikommende bewirten zu dürfenund nicht ganz zu vereinsamen. Wir wollten viele Freunde,die uns besuchen kommen, um mit uns diese Arbeit zu erle-ben und wenn möglich doch eine Hochalm; im Wald wolltenwir unseren Sommer nicht verbringen ... viele Wünsche, zuviele für die erste Almsaison?

Nach wenigen Vorstellungsgesprächen war unsere Ent-scheidung geprägt vom Bauchgefühl und langen Diskussio-nen. Das Vertrauen der Agrargemeinschaft in uns, da wirkaum Vorkenntnisse zu Almwirtschaft und Kühen hatten,war schlussendlich ausschlaggebend. Wir entschieden unsdie Leppner Alm zu pachten - was „pachten“ jedoch bedeu-tet, wurde uns erst im Laufe der Vorbereitung und währenddes Sommers wirklich bewusst.

Die Milch und wir Uns wurde nicht nur die Almhütte ver-pachtet, zusätzlich wurden uns 54 Stück Vieh anvertraut, un-ter anderem unsere 10 Mädels, die Milchkühe. Um uns wirk-

lich um sie kümmern zu können, mussten wir zuvor jedochmelken lernen. Die ersten Versuche starteten wir zu Osternim Stall bei einem Freund, danach auf einem LFI-Kurs. Zuguter Letzt wurden wir in den ersten beiden Wochen auf derAlm unterstützt, bis wir uns wirklich zutrauten alleine dieMelkarbeit zu bewältigen.

Die Vorstellung von der vielen Milch verursachte großenRespekt, da wir daraus u.a. unsere Einnahmen erzielen soll-ten. Daher wollten wir unbedingt lernen, wie diese zu verar-beiten ist. Wir absolvierten einen, speziell auf Almpersonalausgerichteten, 5-tägigen Käsekurs in Rotholz, der Bundes-lehranstalt für Alpenländische Milchwirtschaft. Dieser Kurswurde auf unser Nachfragen von der LK OÖ gefördert.Weiters besuchten wir Grundkurse für Hirt- und Almperso-nal (vom LFI im Rahmen des Almwirtschaftsschwerpunktesveranstaltet) zu Melkhygiene, Weidemanagement und Klau-enpflege, um erste Einblicke zu gewinnen, Gleichgesinntekennenzulernen und schön langsam zu erfahren, was unswirklich erwarten würde. Der Käsekurs in Rotholz ist fürAnfänger/innen sehr empfehlenswert. In der Vorbereitungs-zeit begannen wir uns zu orientieren, welche Schritte und

Gut vorbereitetauf die Alm

Kathi Aigner und Claudia Sacher

>

Auf eine Alm gehen, einen Sommer lang käsen, Vieh hüten und Wanderern eine Jause servieren; den Bergen nahe sein, das ha -ben wir erwartet. Doch erwartete uns noch viel mehr Unbekanntes - der Weg von der Uni hin zu Halterin und Sennin ist dochweit bunter. Nach mehreren Jahren Studium und regelmäßiger Mithilfe in landwirtschaftlichen Bereichen beschlossen wir, ge -meinsam eine Alm zu bewirtschaften und pachteten die Ochsnerhütte auf der Leppner Alm. Diesen Entschluss fassten wir imWinter, als absehbar war, dass wir beide die Uni weitgehend abschließen könnten. Somit hatten wir ausreichend Zeit zur Ver -fügung, um einen gesamten Sommer auf der Alm zu verbringen. Die Suche und Auswahl der Alm war bestimmt durch Inserate,Ort und Ausstattung der Alm, ohne bei der Art des Arbeitsverhältnisses eingeschränkt zu sein.

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Überlegungen in punkto Organisation, Vorbereitung, allge-meiner Gestaltung der Alm und den Tieren notwendig wären.Wir machten erste Berührungen mit den gesetzlichen Rege-lungen bezüglich Gewerbe, Versicherung, Steuern, Personal,Hygiene, Lebensmittel, usw. Wir tauchten in eine uns unbe-kannte Welt der Kammern und Behörden ein. Sie erschienuns unermesslich.

Bitte warten, Sie werden verbunden … Wir kontaktier-ten viele öffentliche Stellen, wie die WKO, die LK, die GKK,die SVA, das Finanzamt und die AMA. Diese, wie auch Aus-künfte von Freunden, ehemaligem Almpersonal und dem RIS(www.ris.bka.gv.at) eröffneten uns den Zugang zu Vorschrif-ten, Regeln und Gesetzen, die für uns gelten würden.

So klar und präzise die geltenden Rechte anfänglich ver-mittelt wurden, so widersprüchlich wurden sie bei genauererBetrachtung. Vor allem die Anforderungen und die darausentstehenden Problematiken von Angestellten stellten unsereMotivation und das Durchhaltevermögen auf eine harte Pro-be. Wollten wir doch selbst verstehen und nachvollziehen,wie, was und warum gefordert wird. Wir sind der Meinung,dass die Auflagen nicht derart kompliziert sein können, esmuss möglich sein, selbstständig allen Forderungen nach-kommen zu können. Zwischenzeitlich gaben wir beinaheauf, nicht weil es uns unmöglich erschien viel zu arbeitenbzw. selbstständig zu sein, sondern weil wir nicht wussten,wie wir die auferlegten Regeln und Gesetze rechtmäßig er-füllen könnten. Wir versuchten uns wirklich zu informieren,alles zu beachten, doch die Informationsflut endete nicht unddie Widersprüche vermehrten sich.

Ob bekannt oder verwandt, jede/r wird der Schwarzarbeitbeschuldigt, wenn er/sie in unserer Küche angetroffen wird?Wie kann auf einer einfachen Almhütte Gastwirtschaft vomPrivatleben getrennt werden - bei einer so kleinen Küche?Haben wir kein Recht auf Besuch in der Küche oder müssenwir jeden Besuch bewirten? Organisieren sich andere Almenbei kurzen Spitzenzeiten wirklich stundenweise Aushilfe -bei dermaßen weiten Anreisewegen? Gibt es wirklich keinegesetzeskonforme Möglichkeit der freiwilligen Mithilfe aufder Alm? Wie ist es möglich Anstellungsverhältnisse undBezahlung auf Arbeitszeiten und Aufwand entsprechend ab-zustimmen?

Mehr Klarheit gewünscht In diesem Zusammenhang wür-den wir uns mehr Klarheit zu den Möglichkeiten der Anstel-lungsverhältnisse in landwirtschaftlichen und gastronomi-schen Arbeitsfeldern wünschen, angepasst an die Verhält-nisse auf der Alm, wie auch eine bessere Hilfestellung für„Anfänger/innen“. Aufgrund der Kompetenzteilung unterden öffentlichen Stellen war das Beratungsangebot dahinge-hend nicht ausreichend. Letztendlich oblag es unserer eige-nen Entscheidung welcher Stelle wir schlussendlich Glaubenschenkten bzw. welcher Ratschlag, welche Interpretation füruns umzusetzen war.

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Leppner AlmDie Leppner Alm liegt oberhalb von Irschenim Oberen Drautal in der Kreuzeckgruppe.Die Gemeinschaft besteht aus zehn Mitglie-dern und einer Gesamtfläche von ca. 186ha. Das Weidegebiet erstreckt sich von1650 bis 2300 m Seehöhe, auf dem ca. 60GVE ihren Sommer verbringen. Die AG Leppen hat vor mittlerweile 40 Jah-ren begonnen die Flucht nach vorne anzu-treten, indem durch Revitalisierungsmaß-nahmen und Modernisierung bzw. Neubauvon Almhütten die Almwirtschaft besser andie aktuellen Bedürfnisse ausgerichtet wur-de. Ein Vorhaben, das nur durch gute Orga-nisation, einer guten Gemeinschaft und ein-heitlicher Interessen an der Almbewirtschaf-

tung möglich war und nach wie vor ist.Durch diese Modernisierung wie auch denNeubau ist es nun auch möglich Melkküheaufzutreiben. Dies stellt eine große Erleich-terung bei der Bewirtschaftung der Heimbe-triebe dar, da die meisten Betriebe der Mit-glieder in der arbeitsintensivsten Zeit imSommer somit viehlos sind. Ein weitererUmstand, der die Arbeit als Obmann derAgrargemeinschaft sehr erleichtert ist, dassneun von zehn Mitgliedern noch Landwirt-schaft betreiben und Vieh auf die Gemein-schaftsalm auftreiben können. Dadurch istein Interesse an einer ordentlichen Almbe-wirtschaftung gleichermaßen vorhanden.Ein nicht unwesentlicher Aspekt der Bewirt-

schaftung ist die Direktvermarktung hochwer-tiger Lebensmittel. Die Milch wird von denPächterInnen auf der Alm verkäst. Durch ihreaufgeschlossene und gastfreundliche Artwird das Angebot - Ausschank und Verkauf -von sehr vielen Einheimischen genutzt. Aberauch der Tourismus, der den Erhalt und diePflege der Kulturlandschaft schätzt, verstehtdiese funktionierende Almwirtschaft zu ver-markten. Die gute Zusammenarbeit der dreiBeteiligten - Mitglieder der Agrargemein-schaft, PächterInnen, Tourismus - ermöglichtes, auch unter wirtschaftlich schwierigen Um-ständen eine zufriedenstellende Situation zuerreichen.

Obmann Peter Wiesflecker

Der Besuch eines Almsennkurses diente als Vorbereitungfür die eigenständige Milchverarbeitung auf der Alm.

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Unserer Erfahrung nach gilt es hartnäckig nachzufragenund sich an mehreren Stellen zu informieren, möchte mannicht absichtlich gesetzeswidrig handeln und wenn möglichdie bestehenden Regeln einhalten. Das Wissen um die Viel-falt an zuständigen Stellen, deren Kompetenzen und der ei-genen Pflichten verringert den Arbeitsaufwand merklich. ZurErleichterung bietet die Wirtschaftskammer für Jungunter-nehmer/innen kostenlose Beratungstage an, die wir fleißig inAnspruch nahmen. Bei Kammern ist es hilfreich in mehre-ren Bundesländern und auch öfters anzufragen, das Bera-tungsangebot und die Kompetenz der Mitarbeiter/innen va-riiert stark.

Leider konnte uns die Landwirtschaftskammer, von derwir die meiste Hilfestellung erwarteten, in vielenBereichen nicht weiterhelfen, da sie sichnicht zuständig fühlte oder nur theoreti-sche Möglichkeiten vertrat, die im Alm -alltag unserer Meinung nach nichtdurchführbar sind. Wie auch immer Al-men in Österreich bewirtschaftet wer-den, für uns bleiben die Arbeitsverhält-nisse nach gesetzlicher Definition nichtvollständig nachvollziehbar bzw. nichtpraktizierbar.

Wir beschlossen nach dem anfänglichenSchreck, Freunde, die über mehrere Tage mithalfen, anzumel-den. Freunde und Familienmitglieder, die nur kurz bliebenund wenig bis gar nicht mithalfen - da sie kein Wissen mit-brachten - empfingen wir als Besucher/innen.

Diese Auslegung kann zwar als gesetzeswidrig angese-hen werden, doch haben wir uns dennoch dafür entschieden,da es uns wichtig ist, Freunde an die Almwirtschaft heranzu-führen und ihnen unterschiedliche Tätigkeiten zu zeigen.Vielleicht konnten wir den einen oder anderen eine Starthil-

fe geben, um sich ebenfalls auf eine Almbewirtschaftungeinzulassen.

In Anbetracht der Vielfalt an Regeln und Auflagen ist es an-geraten, sich im Vorhinein und ausführlich zu informieren. Fürdie Umsetzung und Erfüllung selbiger gibt es nicht nur einenWeg. Wir zwei führten viele Diskussionen, wie die Auflagen zuverstehen sind und wie wir sie umsetzen wollten. Anfänglichwurde jeder kleinste Arbeitsschritt abgesprochen, um unserenAlltag prinzipiell strukturieren zu können und unsere Arbeits-weise an die Wünsche und Bedürfnisse beider abzustimmen.Später wurden die Diskussionen rarer. Durch diese Vorarbeitgab es während der Saison nur wenig Bedarf an gröberen Än-

derungen unseres Arbeitsalltages und wir fanden mehr Zeitfür andere, interessantere und aufregendere Dinge.

Aufi auf die Alm Vollgepackt mit einerMenge an Informationen, wie es seinsollte und den anscheinend nie erfüllba-ren Regeln, starteten wir auf die Alm.Dort wurden wir mit der Diskrepanzzwischen Vorschriften und Praxis kon-

frontiert. Aus Interesse, Neugier und zurAbsicherung luden wir gleich zu Anfang ei-

nen Lebensmittelinspektor ein; vorrangigwegen der Käserei, aber auch wegen der Küche.

Die derart vielen Vorgaben und guten Ratschläge, wie auchdie aktuelle Situation der Alm wollten wir uns vor Ort von ei-ner externen Stelle beurteilen und erklären lassen. Der Schrittan ihn heran hatte eine wirklich positive Wirkung. Im Rahmendieses Beratungsgesprächs (nicht Kontrolle!) wurden wenigeDinge angesprochen, die aber leicht umzusetzen waren und wirgenauso umsetzen wollten, wie z.B. ein leichter Schimmelbe-fall der Käsereidecke. Durch die Besichtigung vor Ort wurdenunsere eigenen Einschätzungen bestätigt oder konkret berich- >

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tigt. Insgesamt war es ein sehr interessantes Gespräch über the-oretische Richtlinien sowie ausführliche praktische Hinweise,die uns zeigten, dass die Alm weitgehend regelkonform bewirt-schaftbar ist und wir auf dem richtigen Weg waren.

Ausgestattet mit Gummischürzen, zwei paar neuen Gum-mistiefeln, Papierhandtüchern, Flüssigseife und neu verleg-ten Fliesen, begannen wir mit der Produktion und den Ein-

kauf von Produkten, die wir nicht selbst herstellen konnten.Uns war wichtig, dass wir auf unserer Alm nur Produkte ver-kaufen, die wir selbst produzierten oder deren Produktions-weg wir kennen bzw. vertrauen konnten. Dementsprechendhaben wir viele Lebensmittel direkt im Ort bezogen. Bei Pro-dukten wo dies nicht möglich ist, wie z.B. Gewürze oderKaffee vertrauten wir auf ökologisch und fair produzierteWare. Zusätzlich versuchten wir der Dokumentationspflichtnachzukommen (HACCP, Direktvermarktung) und rechtzei-tig Meldungen an die zuständigen Stellen zu machen (v.a.GKK, Finanzamt).

Es folgten keine weiteren Kontrollen während des Som-mers, doch machten wir die Erfahrung, dass Tierarzt, Lebens-mittelinspektor und Kursleitende (Rotholz, LFI, …) über vielWissen verfügen und dieses, bei telefonischen und persön-lichen Nachfragen, gerne und ausführlich weitergeben.

Und wenn es nicht gleich geschieht, geschieht es nie.Während des Arbeitsalltags mussten wir uns oft daran erin-nern, die vor der Saison erarbeiteten Arbeitsschritte auchwirklich zur rechten Zeit und mit Ruhe durchzuführen undzu dokumentieren. Viele auferlegte Arbeiten, v.a. die Doku-mentationen, schauten sehr aufwändig aus, doch hatten sie

Die Melkarbeit ging schon bald sehr gut von der Hand.

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nicht nur für die Behörden sondern auch für uns ihren Sinn.Wie oft suchten wir den Grund, warum der eine Käse sichvom anderen unterschied, oder aus wie vielen Litern er ge-macht wurde!?

Freundlich empfangen Nach den ganzen Kursen, Behör-den und Kammern starteten wir in die Praxis. Hier wurde unsvon Seiten der Nachbarschaft (Agrargemeinschaft) ohne of-fensichtlichen Vorbehalt viel Hilfe und Unterstützung gebo-ten - sei es im technischen, landwirtschaftlichen oder alltäg-lichen Bereich. Sie empfingen uns so offen und voller Ver-trauen auf einer für uns fremden Alm in einer für uns frem-den Arbeitswelt. Wir lernten sehr schnell, alles anzusprechenund um Hilfe zu bitten. Gleichzeitig wurden wir von denBäuerinnen und Bauern in unsere neuen Arbeitsgebiete ein-geführt, aber auch in allerlei alltägliche Details. Jeder Tagbrachte für uns Neues - sei es zu verstehen wie eine Melkma-schine funktioniert, zu entscheiden wo die Elektrozäune ge-zogen werden, herauszufinden wo die richtigen Teile fürsMelkgeschirr zu besorgen sind, ob Ringelblumen oder Pelar-gonien unseren Blumenschmuck ausmachen oder unserenHolzofen zu überzeugen, dann heiß zu werden, wenn wir ihnwirklich benötigten. Bei all diesen Fragen sind uns die Bäu-erinnen und Bauern immer mit Tipps und Ratschlägen zurSeite gestanden ohne unsere Entscheidungsfreiheit als Päch-terinnen einzuschränken.

Eine unserer anfänglichen Bedenken wurde somit schnellzerschlagen, wir verstanden uns von Anfang an gut mit denBäuerinnen und Bauern. Die Nachbarschaft arbeitet gut zu-sammen, unterstützt sich gegenseitig und ist uns und neuenIdeen offen und fair gegenüber getreten. Wir wurden keiner„Prüfung“ unterzogen, waren regelmäßig mit ihnen in Kon-takt und wenn wir mehrere Tage hintereinander nichts von

unten aus dem Dorf hörten, wunderten wir uns schon ein we-nig. Umgekehrt genossen wir es nach den ersten Arbeitswo-chen bei einer Talfahrt auf den einen oder anderen Kaffeeunterwegs einzukehren, bevor wir wieder alle Bauernhäuserhinter uns gelassen haben. Das Vertrauen und die Unterstüt-zung gaben uns Sicherheit für den Almalltag und die vielenÜberraschungen die dieser mit sich bringt.

Diesen Sommer wieder? Es hat so viel zum gelungenAlmsommer beigetragen - eine gute Vorbereitung erleichterteiniges, eine funktionierende Zusammenarbeit mit den Bäu -erinnen und Bauern ist eine fast zwingende Bedingung für ei-nen weiteren gemeinsamen Sommer, Freunde, Freude, schöneSonnenaufgänge, nette Gäste, ein See zum Abkühlen und auchein bisschen Glück.

Wir wollten einmal einen Sommer lang eine Alm bewirt-schaften, Kühe melken und käsen, … dass uns derart viel„Büroarbeit“ erwarten würde, hätten wir beide nicht gedacht.Aber sie konnte uns keinesfalls die Freude an der Alm zer-stören und so werden wir auch diesen Sommer wieder aufder Leppner Alm verbringen, melken, halten, sennen, Gästebewirten und manche Ideen die der letzte Sommer gebracht,umsetzen.

Wir freuen uns über Anregungen, Ideen und Ergänzun-gen insbesondere zu den Anstellungsverhältnissen bzw. lega-len Möglichkeiten zur Mithilfe auf der Alm. \\\

Kathi Aigner lebt in Kärnten und Oberösterreich; ClaudiaSacher lebt in Oberösterreich, Wien und Kärnten. Beidestudierten Landschaftsplanung an der Boku. Bei Fragenkönnt ihr euch gerne unter claudia.sacher@ gmx.at [email protected] melden.