KompositionundFilm–EineAnalysevonDanielSchröfelundFlorianStanger

Inhaltsverzeichnis 1 InformationenzumFilm ................................... 2

2 ÜberdenFilm......................................................... 3

3 ÜberdenKomponisten...................................... 3

4 Geschichte ................................................................ 3

5 HerausforderungenfürdieMusik................ 4

5.1 ON/OFF‐Musik.......................................... 5

5.2 KontrastHimmel&Erde.......................... 6

5.3 MusikanOrten.............................................. 7

5.4 MusikalsSymbol ......................................... 9

5.5 Abweichungen............................................ 11

6 Quellen.................................................................... 12

1 InformationenzumFilmVeröffentlichtimJahr1987Regie: WimWendersMusik: JürgenKnieper, LaurentPetitgandProduktion: AnatoleDauman, WimWendersKamera: HenriAlekanSchnitt: PeterPrzygoddaDrehbuch: WimWenders, PeterHandke, RichardReitingerSchauspieler:BrunoGanz, OttoSanders, PeterFalk, SolveigDommartin, CurtBois

2 ÜberdenFilm„Eine poesievolle Liebeserklärung an dasLeben“ nennt das „Lexikon desInternationalen Films“ Wim Wenders DerHimmel über Berlin. Die PremiereFilmredaktionschreibtüberdenAutorenfilm:„Wim Wenders' meditatives Meisterwerk istFilmpoesie zum Träumen. SchwebendeKamerafahrten und sinnliche Toncollagengeben diesem preisgekrönten Film eineStrahlkraft von geradezu hypnotischerWirkung.“Wenders Werk ist bestimmt einungewöhnlicher Film. In vielerlei Hinsichtenhebt er sich von konventionellen Filmen ab.Mit großer Ruhe und Detailverliebtheitbeobachtet Wenders die Eigenarten derMenschen und der geteilten Stadt Berlin indenspätenAchtzigern.DabeiräumtWendersderMusikunddemSounddesigneinenhohenEntfaltungsraum ein.DieMusikwird so zumtragendenElementdesFilms.Im Folgenden soll deshalb der Einsatz derMusik und die Bedeutung des SounddesignsinDerHimmelüberBerlinbeleuchtetwerden.

3 ÜberdenKomponistenAlsKomponist fürdieFilmmusik imFimDerHimmelüberBerlinengagierteWimWendersdenKomponistenJürgenKnieper.Jürgen Knieper wurde am 15. März 1941 inKarlsruhegeborenundstudierteKompositionan der Hochschule der Künste in Berlin. ZurFilmmusik brachte ihnWimWenders selbst:Erfragteihn1971oberfürWendersFilmDieAngst des Tormanns beim Elfmeter (1972)die Filmmusik komponieren will. WimWenders engagierte ihn auch als Komponistin weiteren seiner Werken, u.a Deramerikanische Freund (1977). Bis heutekomponierte Jürgen Knieper die Musik fürüber 80 Filme und Fernsehserien wie zumBeispiel Uli EdelsChristiane F. –Wir Kindervom Bahnhof Zoo (1981) oder die aktuellenFolgenderLindenstraße.

4 GeschichteDerFilmDerHimmelüberBerlin erzähltdieGeschichte zweier Engel. Damiel (BrunoGanz)undCassiel(OttoSanders)hauchendenMenschen im zweigeteilten Berlin neuenLebensmut ein. Damiel beobachtet diezweifelnde Trapetzkünstlerin Marion undverliebtsichinsie.VondieserLiebeunddemWunsch endlich irdische Gefühle erleben zukönnen getrieben, beschließt Damiel seinewiges Dasein als Engel aufzugeben undMenschzuwerden.AufeinemKonzertgelingtes ihm schließlich Marion wiederzutreffenundmitihrzusammenzufinden.Doch neben diesem Haupthandlungsstrangerzählt der Film vielerlei Geschichten vonMenschen in Berlin. Diese Collage vonSchicksalen wird zusammengehalten voneinem für den Film geschriebenen GedichtvonPeterHandke,dem„LiedvomKindsein“.DieEntstehungsgeschichtedesFilmswarsehrunkonventionell: Von der Idee einen Filmüber Engel in Berlin zu drehen ausgehend,

notierte Wim Wenders eine vielzahl vonSzenen und organisierte sie an einer Wand.Auf der linken Hälfte die Szenen solangeDamielnochEngel ist, aufder rechtenHälftejene in denen erMensch geworden ist. Ohnewirkliches Drehbuch begannen dieDreharbeitendesFilmsundalsDrehtageundBudgetweitgehend aufgebrauchtwaren sindnoch keine Szenen der rechten Hälfteabgedreht gewesen. So erzählt Der Himmelüber Berlin nur ein Teil der eigentlichangedachten Geschichte. Die EntwicklungCassiels vom Engel zum Menschen konnteWenders dann erst sechzehn Jahre später inder Fortsetzung In weiter Ferne so nah(2003)erzählen.

5 Herausforderungen für dieMusik

Der Film Der Himmel über Berlin bringteinige gestalterische Herausforderungen mitsich,dieauchundbesondersdurchdieMusikund den Ton umgesetzt werden. Allein dieEinbettung von Engeln in die Mauerstadt

Berlin in den 80er Jahren ist eine großeHerausforderungenfürdenFilm.Allgemein lässt sich über die Filmmusiksagen, dass sie eher paraphrasierendeingesetzt wird und die Musik sich nur ineinigen wenigen Momenten davon abhebt.DerFilm ist ehereinFilmgedicht, indemdieMusik,dasSounddesignunddiemenschlichenStimmen zusammen mit eindrucksvollenBildern zu einer Art Poesie verschmelzen.Somit ist dasVerschmelzen der Elemente imTon sehr wichtig und es wird eher mitToncollagen als mit kurzen einprägsamenMelodiengearbeitet.TrotzdemwerdendieseToncollagenzumTeilalsLeitmotivfürbestimmteOrteeingesetzt.So stehen bestimmte Stile/Collagen im Tonbzw.derMusikimmerimZusammenhangmitOrtenimFilm.Außerdem ist in der Musik der KontrastzwischenMenschenundEngelnbzw.Himmelund Erde interessant. Für dieunterschiedlichen Sichtweisen und denUnterschiedvonEngelnundMenschenistdie

klareTrennungvonON‐bzw.OFF‐Musiksehrwichtig. So komponierte Jürgen KnieperlediglichMusikfürdieEngel(OFF‐Musik)unddie Menschenmachen ihr Musik selbst (ON‐Musik).DerKontrastzwischenHimmelundErdewirddurch eine spezielle Instrumentalisierungverdeutlicht.Sogibtesbesondershimmlischebzw. irdische Instrumente. Außerdem wirdMusik an einigen Stellen im Film mitsymbolischerFunktioneingesetzt. Unter den folgenden Punkten soll anhand von Beispielen genauer auf die erwähnten Herausforderungen für die Musik eingegangen werden. Hierbei wird speziell die Musik von Jürgen Knieper genauer analysiert.

5.1 ON/OFF‐MusikNeben Jürgen Kniepers Filmmusik (OFF‐Musik)findetinDerHimmelüberBerlinauchON‐Musik viel Verwendung. „Ichwar nur fürdieMusikderEngelzuständig.DieMenschenmussten ihre Musik selbst machen.“ erklärtKnieper den vielfältigen Einsatz von ON‐Musik. (Quelle: Telefonatmit Jürgen Knieperam1.Juni2010)Im „Zirkus Alekan“ spielt die ZirkuskapellemitSaxophon,AkkordeonundSchlagzeugauf.Aber auch nach den Vorführungen wirdzwischen den Wohnwägen weiter musiziertund gesungen. In ihremWohnwagen legt dieTrapezkünstlerin Marion beobachtet vonDamiel eine Schallplatte auf. Sie hört „TheCarny“von„NickCaveandtheBadSeeds“.Diese Band spielt im Verlauf des Films eineSchlüßelrolle: Nachdem Damiel Menschgeworden ist irrt er auf der Suche nachMarion durch die Straßen Berlins. Als er einPlakat bemerkt auf dem ein Konzert dieserBand angekündigt wird, vermutet er Mariondort. Tatsächlich treffen sich die beiden dortund finden während den rockigen

Gitarrenklängen von „Nick Cave and the BadSeeds“zueinander.DieMusikspieltnichtnurfürdenVerlaufderGeschichte eine entscheidende Rolle, siescheint auch das Lebensgefühl der Stadtgeprägtzuhaben:„Ohne Nick Cave hätte es im Berlin derachtziger Jahre (zumindest für mich) nichtdas Gefühl gegeben, dass die Inselstadt auchgleichzeitig manchmal der Mittelpunkt derWelt war. Diese gruftigen Australier und ihrGitarrist Blixa Bargeld machten eben dorteineMusik,die ihreZeitbesserdefiniertealsjedeandereirgendwoanders.“WimWendersSonimmtsichWendersdieZeitdieMusikzuinszenieren: Neben „Nick Cave and the BadSeeds“ begleiten wir Marion auch zu einemLive Konzert der Band „Crime and the CitySolution“.

Die Unterteilung von Musik in ON oder OFFfällt jedoch nicht immer einfach. So gehtmanchmalscheinbareFilmmusikinON‐Musiküber (wiebeiderSelbstmordszene (1:06:35)oderalsHomerdieMini‐Drehorgelspielt(42:20)) oder die Musik wird im ONeingeführtundübernimmtdanndieRollevonFilmmusik (wie es die Mischung verrät, alsMariondieNickCavePlatteauflegt). IneinerSzenevermischtWimWendersON‐undOFF‐Musikkomplett: Inder98.Filmminutesehenwir eine Totale des leeren Zirkusplatzes. EinmetallischesHämmernsetztein,welchessichaberbaldalsMusikherausstellt.EsistdaszuBeginn des Films bereits eingeführte „Pasattendre“ von „Sprung aus denWolken“. DieDumpfeMischunglässtdaraufschließen,dassesirgendwoimRaumverortetist.NacheinemSchnitt sehen wir Cassiel auf der Schulterseines Artverwandten sitzt, demFriedensengel auf der Berliner Siegessäule.ObwohldieseinOrtssprungbedeuteterklingtdie Musik weiter gleichlaut. Cassiel bedecktsein rechtes Ohr mit der Handfläche alskönnte er die Musik nicht länger ertragen.Und auch für uns Zuschauer verstummt die

Musik. Nachdem er sein Ohr wieder freigibtbleibt dieMusik verschwunden. Dafür hörenwirnunwiederdieGedankenderMenschen.

5.2 KontrastHimmel&ErdeDer Kontrast zwischen Himmel und Erde istim Film besonders musikalisch sehrinteressant. So schlagen bestimmteInstrumente die Brücke zwischen Himmelund Erde. Es gibt also Instrumente bzw.Instrumentengruppen die eher himmlischklingen und Instrumente die eher irdischklingen. Das irdischste Instrument ist dasCello,welcheseingesetztwird,wenndieEngelsich am Erdoden auf Augenhöhe mit denMenschenbefindenunddiesebeobachtenundihren Gedanken lauschen. Wenn Engel aktivwerdenoderbewusst als fliegenddargestelltwerden sollen, kommen andere Instrumentehinzu. Als erste Steigerung ins HimmlischekommenzumeinsamenCelloshoheStreicherhinzu. Sowie das Cello das irdischeInstrument ist, gibt es auch typischeInstrumente, die sehr himmlisch klingen. Es

wirdunteranderemeineHarfeeingesetzt,diealssehraltesundhimmlischesInstrumentgiltund in Der Himmel über Berlin auch alssolcheseingesetztwird.Sie steht fürHimmelbzw. Engel und als besonders mythischesInstrument könnte sie auch für das langeLebenderEngelstehen.AußerdemistimFilmein Chor zu hören, der sich durch kirchlichebzw. himmlische Gesänge auszeichnet undauch speziell in besonderen Momenten,SituationenundOrtenfürdieEngeleingesetztwird. Zum Chor und der Harfe kommt nochein langer Synthesizer‐Ton, der lange imRaum steht und als Symbol für die Engelverwendetwird.Dieser Ton und ein Teil des musikalischenKonzeptsentstandenalsWendersinKniepersStudio kam.Wie Knieper in einem Telefonaterzählte, schlug Wenders exakt diesen Tonund die Quinte auf dem Flügel an. Diesinspirierte Knieper zur Filmmusik für dieEngel.

FlugnachBerlin(Ab0:04:18)Die unterschiedliche Verwendung derInstrumente und wie diese die BrückezwischenHimmelundErde schlagen ist sehrguteinerAnfangsszenezuentnehmen,dieimFlugzeug inDerHimmelüberBerlin beginnt.AlsdieKameradasFlugzeugverlässt,beginntsehrhimmlischeMusikmithohenStreichernund der Harfe. Die Kamera fliegt durch denHimmel an einem Sendeturm vorbei, wo dieMusik zum erstenMalmit denmenschlichenStimmen des Radio‐Moderators verschmilzt.Gegen Ende des Kameraflugs geht sie tiefer,kommtderErdenäherundamSchlusslandetsie in einer Wohnung. Während diesesKameraflugs ist sehr gut zu erkennen, wiesichnachundnach–jenäherdieKamerademErdboden kommt – himmlische Instrumenteverabschieden und schließlich nur noch dasCello zu hören ist. Diese Szene zeigt sehreindrucksvoll den bewussten Einsatzbestimmter Instrumente im Bezug aufHimmelundErde.

5.3 MusikanOrtenDer Film Der Himmel über Berlin spielt anvielen verschiedenen Orten Berlins.BestimmteOrtekehrenimFilmjedochimmerwiederundhabenimBezugaufdieHandlungeine größere Bedeutung. Diese Orte werdendurch wieder erkennbare Leitmotiveunterstützt. Allerdings muss man sich dieLeitmotive nicht klassisch mitwiederkehrender kurzer Melodie vorstellen,sondern eher als eine Art Toncollage, mitgleicher Instrumentierung, die einen hohenWiedererkennungswerthat.Im Film sind zwei Orte besonders wichtig.Dies ist zum einen die Bibliothek als sehrhimmlischen Ort, die als Hauptquartier undRückzugsort der Engel zu sehen ist. ZumanderenderZirkus,dasichderEngelDamieldort häufig aufhält und auch dieTrapezkünstlerin Marion kennenlernt, dieschließlichfürihnderAnstoßist,umMenschzuwerden.Zuerst soll auf das Beispiel der Bibliothekgenauereingegangenwerden.

DieBibliothekDie Bibliothek zeichnet sich durch eineeindrucksvolleToncollageaus,die ausMusikundStimmenbesteht.ManhörtdieGedankenderMenscheninderBibliothek,diedannmitder himmlischen Musik verschmelzen. DasFundament für diese Collage stellt einSynthesizer‐Ton dar. Zu Beginn, als dieBibliothek zum erstenMal alsOrt eingeführtwird, ist lediglich dieser eine Ton zu hören,umdenherumsichdanndiemächtigeCollagelangsam aufbaut. Nach und nach kommenInstrumente wie die Harfe hinzu. Das Ganzewird dann von einem sehr intensivenChorgesang überlagert, der kirchlich bzw.himmlisch klingt und zusammen mit derGestikundMimikderDarstellerdieRelevanzdesOrtesherausstellt.Als die Bibliothek zum erstenMal eingeführtwird,istdieszurTageszeitunddieToncollageist sehr majestätisch und vordergründig.EbensoistdasVerschmelzenderStimmenmitderMusiksehrintensiv.

Die zweite Szene in der Bibliothek spieltnachtsundsomitsinddieStimmenundauchdieMusikruhiger,dochdas musikalische Konzept und die Collagesind unverkennbar. So merkt man alleindurch den Ton des Films, dass es sich umdenselben Ort handelt. Ein drittes Mal wirddiese Collage dann noch während desAbspanns aufgegriffen.Man kann also sagen,dass diese Toncollage symbolisch für dasHauptquartier der Engel steht. Nachdem essich bei der musikalischen Gestaltung derBibliothek um OFF‐Musik handelt, wird dernächste Ort, auf den im Folgendeneingegangen wird, lediglich mit ON‐Musikuntermalt.DerZirkusEin ebenfalls sehr wichtiger Ort in derGeschichte des Films ist der Zirkus, in demDamiel der Trapezkünstlerin Marion, zumersten Mal begegnet. Wie schon im KapitelON/OFF‐Musik erläutert hat Jürgen Knieperdie Musik für die Engel komponiert und die

Menschenmüssen ihreMusikselbermachen.DaderZirkusauchimerstenTeildesFilms,indem Damiel noch Engel ist, ein sehrmenschlicherOrt ist,wirdhierauchlediglichON‐Musik verwendet. Der zweite Teil desFilms, ist in Farbe gedreht, da Damiel zumMensch geworden ist. Sowerden speziell imZirkus auch schon kurze Teile in Farbegezeigt, obwohl Damiel nochEngel ist, da erhier durch Marion zum ersten MalmenschlicheGefühleempfindetbzw.sichzumMenschlichenhingezogen fühlt. SowirdauchdiebewussteEntscheidung,hierlediglichmitON‐Musikzuarbeiten,deutlich.DieMusik imZirkus hebt sich durch die verwendetenInstrumentevonderrestlichenON‐MusikdesFilms ab: Schlagzeug, Akkordeon undSaxophonspieleneinetypische,schwungvolleZirkusmusik. Auch die weiteren kurzenmusikalischen Darbietungen rund um denZirkushalten sichandiese InstrumenteoderGesang. In der ersten Szene als der Zirkusvorgestellt wird, nimmt die Musik den OrtschonetwasvorwegundwirdschonvordemSchnitt eingeblendet. Außerdem wird dieZirkusmusik am Schluss des Films noch

einmal verwendet, wennMarion und Damielzusammen in einem Raum sind und MarionKunststückean einemSeil vorführt.Die zweiStücke „Zirkusmusik“ und „Les Filles duCalvaire“, die im Zusammenhang mit demZirkus verwendetwerden, hat beide LaurentPetitgand komponiert, der im Film auch alsKapellmeisterimZirkuszusehenist.AuchwenndieOrteoderPersonenindiesemFilme keinen klassischen einprägsamenLeitmotiven im Sinne von kurzen Melodienzuzuordnen sind, ist ein musikalischgelungenesKonzeptzuerkennen.

5.4 MusikalsSymbolIn den meisten Momenten untermalt dieMusik lediglich die Bilder und unterstütztdiese. In einigen wichtigen Szenen oder wieobenbeschriebenaneinigenwichtigenOrtenhebtsiesichvondemParaphrasierendemab,und ist so in der Lage demZuschauer etwasmitzuteilen. So wie die Musik eindrucksvolldieBibliothekalseinenwichtigenOrt fürdie

Geschichte hervorhebt, wird sie auch einigeMaleimFilmsymbolischverwendet.Zwei sehr wichtige Instrumente bzw. Töne,die auch als besonders himmlisch gelten,werden imFilmmit symbolischerBedeutungverwendet. Zum einen ist dies dieHarfe undzum anderen ist dies der lange Synthesizer‐Ton.DieU‐BahnSzene(Ab0:22:04)ZuBeginndesFilmsgibteseineSzeneinderU‐Bahn, in der die Aufgabe der Engel nochnicht ganz klar ist. In dieser Szene legt derEngel Damiel einem sehr frustrierten Manndie Hand auf, um ihm neuen Lebensmuteinzuhauchen.PassendzurBewegungundzurMimik wird die Harfe deutlich als einzigesInstrument eingesetzt. So sollte demZuschauer klar werden, dass derSinneswandel, der sich in den hörbarenGedanken des Mannes vollzog, durch denEngel Damiel bzw. sein Handauflegenherbeigeführt wurde. An dieser Stelle desFilmswirddieTatdesEngelseinmaligdurch

Underscoring unterstützt. Dies ist imgesamten Film eine der wenigen Szenen indenen die deskriptive Technik verwendetwird.UmdasGanzenicht zuplakativwirkenzu lassen wird dieser Einsatz der Harfe imFolgendennichtwiederverwendet.PeterFalkamSet(Ab0:53:50)IneineranderenSzene,dieandemhäufigzusehenden Filmset mit dem sich selbstspielenden Peter Falk spielt, erscheint derSynthesizer‐Ton alleine ohne jeglicheBegleitung. Sonst wird der Ton immer imZusammenhang in einer Toncollageverwendet. Hier wird der Ton sehr bewussteingesetzt und könnte symbolisch für zweiverschiedene Dinge stehen. In beiden FällensymbolisiertderTonEngel.ZumeinenkönnteeralsSymbolfürdenehemaligenEngelPeterFalkstehen.ErwäredamitfürdenZuschauerderersteHinweisdafür,dassPeterFalkaucheinmal Engel war. Zum anderen könnte derTon dafür stehen, dass der ehemalige EngelPeterFalkdiebeidenEngelamFilmsetin

seiner Gegenwart zum ersten Malwahrnimmt/spürt, dies aber noch nichteinzuordnenweiß. InbeidenFällenwirdderandieserStelleschonetablierteTonbewusstfür die Anwesenheit von Engeln bzw.ehemaligenEngelnverwendet.Musik mit symbolischer Bedeutung wird imFilm keinesfalls übertrieben eingesetzt, aberin einigen Situationen geschickt verwendet,um dem Zuschauer mehr oder wenigerunterschwellig etwas mitzuteilen. In diesenweinigen Fällenwird dieMusik bewusstmitpolarisierenderWirkungeingesetzt.

5.5 AbweichungenIm Kontrast zu den dargstellten,wiederkehrenden musikalischen StilmittelnstehenzweiFilmsequenzen.DiemusikalischeUntermalung der Selbstmordszene einesjungen Mannes und kurze Zeit später dieFlugsequenzCassiels.Selbstmordszene(Ab1:06:35)SchonbevorwirandenOrtdesSelbstmordsspringen, beginnt leise die Musik. „AngelFragments“ von Laurie Anderson. DieseunterscheidetsichvonKniepersMusikdurchdie Instrumentalisierung. Ein sanftes Pianoerzeugt eine fremd anmutende undmelancholischeStimmung. Der junge Mann, welcher an derDachkante eines Berliner Hochhauses sitztträgt Kopfhörer und so liegt die Vermutungnahe wir hören seine Musik mit. WährendsichCassielnebendenMannsetzt,hörenwirdessen Gedanken. Nur leise im Hintergrundist dieAtmo zu hören: SchreiendeMenschen

welche ihn vomSelbstmord abhaltenwollen.DieGeschwichtungvonGedanken,MusikundAtmolässtdenZuschauernaheandenjungenMannheran.Esscheintalserlebeman–genauwieCassielesvermag‐dieSubjektiveimKopfdesMannes.Im Moment des Sprungs vom Hochhausändert sich aprubt das Sounddesign. MitCassiels Schmerzhaftem Schrei brechen dieGedankenunddieMusikab,zurückbleibtdieAtmo. Diese wirkt plötzlich extrem laut undhinterlässt beim Zuschauer ein Gefühl derLeere.Flugsequenz(Ab1:08:38)Vom Erlebnis des Selbstmords betrübt, sitztCassiel auf der Berliner Siegessäule. Mitseinem plötzlichen Absprung beginnt einerasant montierte Bildcollage, der Flug durchBerlin aus der Sicht eines Engels. Auch dieeinsetztende Musik transportiert diehektische Stimmung der Bilder. Dissonantund arhythmisch spielen mehrereStreichinstrumenteunabhängig

nebeneinanderher.Die starkeVarriationdesTempos und der Dynamik vermittelt demZuschauer ein beunruhigendes undbeklemmendesGefühl.Durch immerwieder eingesetztes hartesPizzicato verstärkt Jürgen KniepersKomposition die erschreckenden Bilder derhässlichen Seite einer Großstadt: Wir seheneinen einsamen Penner auf einer Parkbank,einweinendes Kind, einMann der eine Frauvergewaltigt. Cassiel vermischt dieseEindrücke zudem mit historischen Bildern.Wir sehen Aufnahmen aus der Zeit deszweiten Weltkriegs: Flugzeuge die Bombenabwerfen, brennende Häuser und fliehendeMenschen. Es ertönt eine Flugsirene, welchesichindieMelodiedesCelloeinfügt.Im Audiokommentar (Arthaus DVD „DerHimmelüberBerlin–WimWendersEdition“)deutet Wenders die Szene jedoch nicht alsFlug durch Berlin mit dessen hässlichenSeiten, sondern als SelbstmordversuchCassiels,der aufgrundseines ewigenDaseinsalsEngelallerdingsscheiternmuss.(Auchder

Name der Filmmusiksequenz auf demSoundtrack bringt keine eindeutigeAufklärung:„DerParanoideEngel“)Wie uns Jürgen Knieper am Telefon erzählteschrieb er die Musik nicht auf die fertigeFilmsequenz. Wim Wenders übersandteKnieper Footage‐Material aufwelches er freiMusik komponierte und es Wendersvorspielte. Dieser bestellte bei Knieper danndie auf den Rohschnitt passendende Längeder Musik. Die Musik diente dann alsGrundlage für die finaleMontage dieser undandererSequenzen.

6 Quellen•TelefonatmitJürgenKnieperam1.06.2010

•ArthausDVD„DerHimmelüberBerlin–

WimWendersEdition“inklusive

AudiokommentarundInterviewvonRoger

WillemsenmitWimWenders

•Portrait:„IchhabeeinenTraum“

Zeit‐Online(1.07.2010):

http://www.zeit.de/2003/41/Traum_

2fWenders

•„IchwollteimmerAmerikanerwerden“

BerlinerZeitung(1.07.2010):

http://www.berlinonline.de/berliner‐

zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/

1002/magazin/0001/index.html

•WimWendersHomepage(1.07.2010)

http://www.wim‐wenders.com

•P.O.VFilmtidsskrift,„It’simagesyoucan

trustlessandless“(1.07.2010):

http://pov.imv.au.dk/ISSUE_08/

POV_8cnt.html

©DanielSchröfel&FlorianStangerStuttgart2010