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INTERNATIONAL CULTURE FEST VAL LanaLiveREPORT 2014 HOLY LAND

Lanalive Report 14

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HOLY LAND 2014 setzt sich LanaLive mit der Geschichte seiner Kirchen und Religiosität auseinander, welche diesen Landstrich sichtbar und hörbar geprägt haben. Im Zentrum von LanaLive 2014 steht ein Musikprogramm, das den Kirchenbau mit der Musik der jeweiligen Epoche korrespondieren lässt und so einen ästhetischen und akustischen Immanenzrahmen schafft. L‘edizione 2014 di LanaLive è dedicata alla storia delle chiese e della religiosità di Lana. Questa storia ha lasciato tracce visibili e udibili su tutto il territorio. Al centro di LanaLive 2014 vi è un programma musicale che prevede l‘esecuzione di opere di musica sacra di diverse epoche all‘interno di chiese dall’epoca corrispondente, per creare così uno spazio di immanenza estetica e acustica.

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INTERNATIONAL CULTURE FEST VAL

LanaLiveRepoRt 2014

HoLY LAND

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HoLY LAND

Hannes Egger

Unter dem Titel Holy Land widmete sich LanaLive vom 15. bis 25. Mai 2014 einem historischen und religiösen Thema. Im Fokus der Auseinandersetzung standen die Kirchen und der Glaube in Lana und Umgebung. Das Gebiet verfügt über ca. 40 Kirchen und Kapellen, deren älteste Spuren in das späte 5. oder 6. Jahrhundert weisen. Der neuste Bau, die Heilig Kreuz Kirche, wurde 1950 vollendet. Der chronologischen Distanz dieser beiden Ereignisse entspricht das kunsthistorische Spektrum an Sakralbauten.Das Kulturfestival LanaLive begab sich auf die Spuren der Kirchen in Lana, Tscherms und Tisens, unternahm eine kulturell-musikalische Zeitreise und künstlerische Forschung.Im Zentrum des Festivals stand ein Musikprogramm, das sakrale Musik vom Mittelalter bis zur Gegenwart in den Kirchen der jeweiligen Epoche aufführt. Auf diese Weise fanden die Konzerte in jenem ästhetischen, künstlerischen, aber auch akustischen Umfeld statt, für den die Kompositionen entstanden sind. La-naLive konzentrierte sich dabei auf die Romanik, das Spätmittelalter mit Gotik und Renaissance, dem Hochbarock und der zeitgenössischen Musik. Es traten Matthias Loibner, das Ensemble Leones, das Ensemble Rosengarten, Douceur et l’esprit, die Chöre aus Lana mit der Bürgerkapelle Lana und das Agon Or-chestra auf.Zur Langen Nacht der Kirchen spielte das Vokalensemble InTakt und anschlie-ßend wurden literarische und religiöse Reflexionen zum Tod am Friedhof dar-geboten.Das Ortszentrum von Lana wurde vom 15. bis 25. Mai mit einem temporären Kunstparcours mit Werken von Stefano Bernardi, Sandro Porcu und Joachim Knobloch bespielt. Im Kunstparcours sind die künstlerische Forschung „Gret-chenfrage“ und eine literarische Audioinstallation mit Texten von Carla Thuile in-tegriert. Zudem fanden zwei Filmaufführungen „Selig, die ausharren in Frieden“ von Günther Haller und „Adams Äpfel“ von Thomas Jensen statt. Ein Vortrag der Historikerin Brigitte Strauß zum Thema „Erster Weltkrieg und Kirche“ war ebenso Teil des Festivals wie eine Interreligiöse Begegnung und als religiös-festlicher Höhepunkt eine Messe mit der Bürgerkapelle Lana und den Lananer Chören.Als Nachbearbeitung bzw. Reflexion des Festivals und dessen Thematik versteht sich der LanaLiveReport 2014 – eine nachträgliche Publikation zum Festival.

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HeiLige HALLeNSAkRALe WeRke voN DeR RomANik biS iN Die gegeNWARt

Haimo Perkmann

Unter dem Titel Holy Land stand LanaLive 2014 ganz im Zeichen seiner eng mit der Kirche verbundenen Vergangenheit. In dem einstigen Kirchendorf finden sich christliche Spuren von der Spätantike bis in die Gegenwart, darunter Überreste frühchristlicher Kirchen und spätantiker Grabstätten, oder auch terminologische Spuren wie das Vigiljoch, das auf St. Vigilius zurückgeht, der hier gewirkt hat. Dar-über hinaus ist Lana bis heute ein Zentrum des Deutschen Ordens, der 1190 im Heiligen Land bei Akkon gegründet wurde und eng mit der Geschichte der Kreuzzü-ge verbunden ist. Sein Ordenssitz, aber auch der Kapuzinerorden und die Lage an der Grenze zweier Bistümer haben jahrhundertelang die Geschichte und Geschicke von Lana bestimmt.Dieser historischen Fülle versuchte LanaLive nun auch musikalisch gerecht zu wer-den. So wurde für das Konzertprogramm im Marienmonat Mai, der für Lana mit seinen Marianischen Prozessionen eine besondere Bedeutung hat, ein innovativer Zugang gewählt. Die Idee bestand darin, sakrale Musik von der Romanik bis in die Gegenwart in den Kirchen der jeweiligen Epoche aufzuführen. Durch das Zusam-menführen der Kompositionen mit den Heiligen Hallen ihrer Zeit konnten die Konzer-te in das jeweilige ästhetische, künstlerische, aber auch akustische Umfeld zurück-verweisen, in dem die Werke entstanden sind und somit, philosophisch betrachtet, einen Immanenzrahmen schaffen, wie er sonst nie zu sehen und zu hören ist.Die kunst- und musikhistorische Zeitreise führte uns in die Welt der Romanik und des Gregorianischen Chorals, der Wanderprediger und Drehleiern, in das Spät-mittelalter der Gotik zu den Kompositionen des Mönchs von Salzburg und Oswalds von Wolkenstein, bis zum Aufbruch in der Renaissance und des Frühbarock, in die Wirren Hochbarock und schließlich zu zeitgenössischen Kompositionen. Rund 1.200 Zuseher haben sich in den Kirchen von Lana, Tscherms und Tisens eingefunden, um die zehntägige LanaLive Konzertreihe im Mai zu verfolgen.

Den Anfang machte einer der innovativsten und bekanntesten Drehleiervirtuosen unserer Zeit, matthias Loibner, der in der mit romanischen Fresken versehenen St. Margarethen Kirche zeitgenössische und teilweise improvisierte Variationen zu mittelalterlichen Themen auf der Drehleier spielte. Der mystische Raum der Drei-Apsiden-Kirche und den allegorischen romanischen Fresken bot den idealen akusti-schen Resonanzrahmen für die zeitlosen musikalischen Experimente Loibners. Das international besetzte ensemble Leones gab in der Burgkapelle aus dem spä-ten 14. Jh. von Schloss Lebenberg unter dem Titel „Hör, Kristenhait!“ Werke der beiden herausragenden Dichter-Komponisten ihrer Zeit im deutschsprachigen

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Raum, Oswald von Wolkenstein und der Mönch von Salzburg, zum Besten. Daraufhin folgte sakrale Musik der Renaissance und des Frühbarock, dargeboten vom Südtiroler ensemble Rosengarten in der 1425 fertig gestellten Pfarrkirche Tisens. Das Konzert gab einen musikalischen Überblick über die Vokal- und Instru-mentalwerke aus dem 16. und 17. Jh., gesungen wurde unter anderem die Missa Regina Coeli von Palestrina und das Ave Maris Stella aus Monteverdis Marienves-per, das den musikalischen Übergang in das Zeitalter des Frühbarock ankündigt.Das international besetzte Südtiroler Ensemble La Douceur et l’esprit bot hinge-gen sakral inspirierte Instrumentalmusik aus dem Hochbarock in der barockisier-ten gotischen Kirche St. Peter dar. Das Ensemble stellte dabei zusätzlich Werke aus ganz Europa vor und gab so einen Einblick in die großen, teils konkurrierenden Musikschulen des Barock. Die musikalische Reise der vier Musikerinnen durch das kulturell zusammenwachsende, aber religiös auseinanderdriftende Europa des 17. und 18. Jahrhunderts schöpfte dabei die Vielfalt an Instrumentalbesetzungen jener Zeit voll aus. Das Konzert in St. Peter umfasste Instrumentalwerke von Pepusch, Fasch und Corelli, Hardt, Telemann und Morel. Die Musikerinnen nahmen sich auch die Zeit, vor den Stücken auf die Eigenheiten der jeweiligen Schule hinzuweisen und vermittelten so einen spannenden Einblick in die turbulente Zeit des Barocks.Gleich zwei Konzerte führten in die Gegenwart. So wurde in der zwischen den Jah-ren 1938 und 1950 gebauten Hl. Kreuz Kirche von den Lananer Chören und der bürgerkapelle Lana eine Messe mit Kompositionen der Zeitgenössischen Kom-ponisten Laszlo Halmos, Wolfgang Menschick, André Waignein und Karl Jenkins aufgeführt. Im Ansitz Rosengarten in Oberlana fand dagegen das Konzert des Prager Ensem-bles Agon orchestra statt. Das gegenwärtig bedeutendste tschechische Ensem-ble für Gegenwartsmusik arbeitet seit einigen Jahren die Werke zeitgenössischer Dichter, Musiker und Komponisten der Nachkriegszeit auf. Im Mittelpunkt des in Lana dargebotenen Programms stand das Lebenswerk des Musikprofessors Milan Adamciak, der heute ein enthaltsames Leben in den Bergen führt. Zu hören waren die Hommagen von sieben zeitgenössischen Komponisten.Jedes Konzert wurde mit einem kurzen kunsthistorischen Referat zur jeweiligen Kirche eingeführt und bot damit die nötigen Informationen um dem eigenwilligen Konzept zu folgen. Auf diese Weise setzte sich das thematisch angelegte Festi-val unaufgeregt mit der Geschichte der Kirchen, welche den Landstrich in und um Lana jahrhundertelang bis heute sichtbar und hörbar geprägt haben. Ein Sonderkonzert anlässlich der Langen Nacht der Kirchen – mit anschließendem nächtlichen Rundgang durch den Friedhof Niederlana – wurde von dem Regensbur-ger Vokalensemble intakt unter dem Titel Vocem Jucunditatis Annuntiate in der gotischen Pfarrkirche von Niederlana bestritten. Das 2004 von fünf damals noch aktiven Regensburger Domspatzen gegründete Ensemble widmete sich dem Ma-rienlob verschiedenster Epochen und bot so eine spannende musikgeschichtliche Reise von der Renaissance bis in die Gegenwart.

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mAttHiAS LoibNeR15.05.2014St. Margarethen / S. Margerita, Lana

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eNSembLe LeoNeS21.05.2014Schloss Lebenberg / Castel Monteleone, Tscherms / Cermes

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eNSembLe RoSeNgARteN18.05.2014Maria Himmelfahrt / Maria Assunta, Tisens / Tesimo

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Markus Breitenberger, Kulturwanderung: Falschauer - vom Delta in die GaulEscursione culturale: Valsura - dal delta al burrone, Lana, 19.05.12

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LA DoUCeUR et L’eSpRit25.05.2014St. Peter / San Pietro, Lana

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AgoN oRCHeStRA22.05.2014Ansitz / Tenuta Rosengarten, Lana

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miSSA SoLemNiS

Andreas Mengon

Religiöser Zentrum von LanaLive war eine Messe, in der Stücke der Zeitgenössi-schen Komponisten Laszlo Halmos, Wolfgang Menschick, André Waignein und Karl Jenkins, in der zwischen den Jahren 1938 und 1943 gebauten Hl. Kreuz Kirche, aufgeführt wurden.Sechs Chöre aus Lana und die Bürgerkapelle Lana erarbeiteten eigens eine Abendmesse, die am Samstag, 17. Mai 2014 in der Hl. Kreuz Kirche dargeboten wurde.Die intensive Probenvorbereitung des Pfarrchor Lana, des Kapuzinerchor, des Männergesangverein, von acappelLana, des Chors des Katholischen Arbeiterver-eins, den Raindrops und der Singgruppe Madlein hatten Ingrid Rieder Ebnicher und Julia Perkmann über, die Gesamtleitung oblag Kapellmeister Martin Knoll.Höhepunkt war die Südtiroler Uraufführung von Auszügen aus der „Missa Solem-nis“ für Sopran, gemischten Chor und Orchester von André Waignein. Neben dem rhythmisch abwechslungsreichen „Gloria“ und dem melodienreichen „Alleluja“ war auch das „Ave Maria“ zu hören, bei welchem Solo-Sopranistin Ingrid Rieder Ebni-cher mit ihrer herausragenden Stimme für Gänsehaut sorgte.Beim Stück „It seems to me“, ebenfalls von André Waignein, überzeugte Klaus Gruber gekonnt als Solist an der Trompete. Kathrin Egger ließ mit einfühlsamen Melodien als Solistin am Euphonium beim „Benedictus“, aus „A mass for peace“ von Karl Jenkins, aufhorchen.Der Chor gab das „Sanctus“ aus der „Missa Tedeum Laudamus“ von Wolfgang Menschick mit Begleitung eines Bläserquintetts, sowie „Jubilate Deo“ von Laszlo Halmos zum Besten.Dekan Pater Peter Unterhofer, welcher die Abendmesse, in der mit gut 800 Personen vollbesetzten Hl. Kreuz Kirche, feierlich zelebrierte, betonte in seinen Ausführungen die Bedeutung der Musik für die Kirche und dankte allen Mitwirken-den für Ihr Engagement.Der langanhaltende Applaus am Ende der Abendmesse und die vielen positiven Rückmeldungen verdeutlichten die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Chören aus Lana und der Bürgerkapelle Lana.

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miSSA SoLemNiS17.05.2014Hl. kreuz kirche / Chiesa di Santa Croce, Lana

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HoLY LAND – kUNStpARCoURS

Hannes Egger

Die Werkbank Lana und LanaLive haben einen temporären Kunstparcours im Ortszentrum von Lana angelegt. Im Zentrum von Final Destination – der mehrteiligen Installation des Kölner Künstlers Joachim knobloch – stand eine Bushaltestelle mit dem Zielhalt „Him-mel“. Ob und wann das versprochene Verkehrsmittel halt machte, war ungewiss. Es war geduldig oder ungeduldig abzuwarten. Die Arbeit verband auf spielerische Weise den Wunsch nach Erlösung mit dem Glauben an technische Machbarkeit.Die Bushaltestelle war im Innenhof der Werkbank aufgebaut. Die Bilder in der Frei-luftgalerie am Gries gehören ebenso zur Installation. Die mehrfach überlagerten Fotos aus fahrenden Verkehrsmitteln und in Fahrtrichtung zum Himmel gedreht – erinnerten an gotische Kathedralen. Für die Grundlage seiner Texte recherchierte Joachim Knobloch einige Tage in Lana und entwickelte eine fiktive Persönlichkeit auf der Durchreise. Der in Leipzig lebende Künstler Sandro porcu zeigte die Skulptur Lumina Campana., ein kinetischer Kronleuchter, der im Fenster des Glockenturms der Hl. Kreuz Kirche angebracht war. Leuchtend pendelt er zwischen der Kirche und der Straße .Eine poetische Verbindung mit Licht zwischen dem sakralem und dem profanem Raum.Der Bozner Musiker, Sounddesigner und Künstler Stefano bernardi hat aus ausrangierten Orgelpfeifen der Orgel des Augustiner-Chorherrenstiftes in Neustift, Schläuchen und Fußpumpen eine ortsbezogene, interaktive Installation entwickelt. Die genioflussioncella nahm auf die neugotische Struktur und Ausstattung der Kir-che Bezug und fügte dieser eine die Neugotik zitierende Orgelpfeifenskulptur hinzu. Die Orgelpfeifen ertönen, wie die Besucherinnen und Besucher selbst aktiv wurden und mit den Knien Luft in die auf den Bänken montierten Pumpen drückten. Werktagsmesse war das Werk der jungen Schriftstellerin Carla thuile. In drei Kurztexten griff sie einzelne Aspekte des Glaubens und des heutigen Verständnis von Religion heraus. Die Kurzprosa konnte nicht gelesen werden, sondern musste angehört werden. Ähnlich wie wir in der heiligen Messe der Stimme des Pfarrers folgen, konnte im Kultur.Lana der Stimme von Barbara Bonmann gelauscht und gleichzeitig über den eigenen Glauben reflektieren werden. Die drei Texte eröffne-ten in der Kombination ein komplexes Bild des modernen Glaubens.Integriert in den Ausstellungsparcours war die künstlerische Forschung gret-chenfrage. Wie das Gretchen in Goethes Faust den gleichnamigen Gelehrten befragte: “Nun sag´, wie hast du’s mit der Religion?”, stellte LanaLive die Frage der Bevölkerung anhand von Postkarten. Aufgerufen waren alle eine persönliche Antwort auf die Frage zu geben und diese via Mail, Facebook oder Post einzu-senden. Einige der Ergebnisse der Künstlerischen Forschung sind im Anschluss abgedruckt

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SANDRo poRCULumina CampanaKirchturm Hl. Kreuz Kirche / Campanile S. Croce, Lana

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JoACHim kNobLoCHFinal Destination Werkbank + Freiluftgalerie Am Gries / Galleria all‘aperto Gries, Lana

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SteFANo beRNARDiGenuflessioncellaSt. Martin im Spital / S. Martino all‘ospedale, Lana

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CARLA tHUiLeWerktagsmesseKultur.Lana, Lana

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bLöDe FRAge

Sie fragt, ob ich an Gott glaube. Sie sitzt da und setzt ihren verständnisvollen Blick auf. Sie hat mich in die Kirche gehen gesehen. Lügen ist nicht. Nicht bei der Frage und nicht, wenn die Antwort Ja ist. „Ja.“, sage ich und versuche dabei möglichst normal zu klingen. Nicht feierlich, nicht trotzig, nicht schüchtern, nicht fragend. So als hätte sie mich gefragt, ob ich Gummibärchen mag.Sie fragt, wie es denn so ist. Eine dämliche, nichtssagende Frage, sie ist zu faul eine schönere Frage zu formulieren, sich zu überlegen, was sie wirklich interessiert. Sie ist mit dem Thema überfordert, denn im Grunde hat sie keine Ahnung. Sie will, dass ich erzähle und sie die einfühlsame Zuhörerin spielen kann. Was will sie hören? Welches Klischee hat sie im Kopf? Das brave Mädchen, das den ganzen Tag seiner Mutter hilft, oder einen taffen, modernen Glauben mit Wor-ship-Songs? Und will sie überhaupt, dass ich ihren Erwartungen entspreche oder legt sie in Gedanken schon den Satz zurecht: „Das hätte ich mir jetzt überhaupt nicht erwartet.“. Ich hätte nicht schlecht Lust dazu, sie so richtig aus dem Konzept zu bringen. Dass ihr die Situation unangenehm wird. Sie zum Narren halten, indem ich ihre Klischees so sehr bestätige, als sie es glauben kann.„Ach, im Grunde macht es wenig Unterschied.“, sage ich. „Wirklich?“, fragt sie mit großen Augen nach. Als interessierte Freundin erwartet sie sich natürlich, dass alles in meinem Leben wahnsinnig bedeutsam für mich ist. Aber es ist wirklich nicht spektakulär und doch prägt es mein Leben. Gut, was im Leben ist schon spektaku-lär? Oft gestehe ich es mir nicht zu, mich und mein Leben wichtig zu nehmen. Aber jetzt. Sie hat das Thema angeschnitten, jetzt muss sie es auch aussitzen.„Es ändert eigentlich nicht deinen Alltag, sondern wie du ihn siehst.“ Ich bin stolz auf den Satz. Gut getroffen und eine gewisse Unverfänglichkeit bleibt. „Das verstehe ich jetzt nicht.“, sagt sie, ohne sich die Zeit für einen einzigen Gedanken zu nehmen.„Es kommt eine neue Ebene dazu. Alles kriegt einen Grund und einen Zweck.“, er-kläre ich. „Durch die Religion?“, fragt sie. Sie nennt es Religion und nicht Glauben. Das schafft Distanz. Über Religon redet man in dritter Person, über Glauben in der ersten. Da fällt mir auf, dass auch ich bislang unpersönlich gesprochen habe, ein Schutz irgendwo. Ich gebe mir einen Ruck und erzähle von mir. Dass sie es nicht verstehen wird, nicht mal richtig zuhört, ist mir egal. Ich erzähle, wie Freude bereitet und Kraft gibt, die negativen Sachen lasse ich aus. Fast glaube ich mir selbst dieses Bild und ich merke, wie ich zu lächeln beginne, während ich so rede. Sie hält den Kopf schief und hebt unsicher die Augenbraun. Sie hat sich wohl ein anderes Gespräch erwartet. Ein toternstes vielleicht. Ich hole Luft, schweige einen Moment zu lange, sie erträgt die Stille nicht. „Also das hätte ich mir jetzt überhaupt nicht erwartet.“, sagt sie und ich weiß nicht, ob ich es ihr glauben soll.

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gotteSLob.

Er dreht den Schlüssel zweimal um, drückt ohne zu schauen den Lichtschalter. Gleich hinter der Tür ist der Sicherungskasten, er schaltet den Strom für die Kirche ein. Er geht weiter zur Verbindungstür, sperrt auf, steckt den Schlüssel weg, schal-tet die Beleuchtung für die Kirche ein und beobachtet, wie die Neonlampen kurz zucken, bevor sie ganz aufleuchten. Ein kurzer Blick auf das Thermometer neben der Tür. 18 Grad, perfekt. Er nimmt die Leiter, trägt sie bis vor die Tafel mit den Liednummern und stellt sie ab, die Metallfüße kratzen auf dem Steinboden. Auf dem Weg zurück zur Sakris-tei macht er vor dem Tabernakel die Kniebeuge. Er öffnet die Kommode, holt den Sätzkasten mit den Liednummern heraus, schließt die Kommode wieder, öffnet die Schublade, holt die Schachtel mit den langen Streichhölzern heraus und steckt sie in die Jackentasche.Er lehnt die Sakristeitür an, damit er hört, wenn die Ministranten kommen. Er stellt den Sätzkasten neben die Leiter. Er ist nicht ganz schwindelfrei, er lässt lieber die Ministranten die Liednummern austauschen.Er geht nun ganz langsam nach hinten, er blickt links und rechts über die Kirchen-bänke, um zu kontrollieren, ob nicht irgendwo ein Gotteslob liegen geblieben ist. Da liegt eins, auf der Sitzfläche, er macht sich lang und fischt es, ohne in die Bank gehen zu müssen. Dann weiter, da, diesmal gleich zwei fein säuberlich übereinander gelegt auf der Lehne. Er nimmt sie auf den linken Arm und geht weiter. Ein Gotteslob ganz außen, er seufzt. Er klettert zwischen Sitzfläche und Kniebrett in die Bank, holt das Gotteslob, ein schneller Blick in den hinteren Teil der Kirche, nein, auf dieser Seite liegt kein weiteres Gotteslob. Er balanciert zurück in den Mittelgang, setzt seinen Weg fort, auf der linken Seite noch ein einzelnes Gotteslob auf einer Bank und ganz hinten auf der letzten Lehne liegen noch zwei. Nun hat er beide Arme voll. Sieben Gotteslobe. Das ist viel für einen Wochentag, wo kaum ungeübte Kirchen-gänger kommen. Er stappelt sie zu den anderen in das Regal am Eingang. Er über-legt, wozu er das macht. Die paar liegengebliebenen Gotteslobe! Kleinigkeiten, aber die Kirche muss gepflegt sein. Er rückt die Gotteslobe zurecht, sodass sie Rücken an Rücken liegen. Es werden wieder die gleichen paar alten Weiber kommen, denkt er. Aber vielleicht, denkt er sich, vielleicht kommt jemand in den Gottesdienst und wird berührt. Ja, denkt er sich und rückt das Regal zurecht, wenn nur ein Mensch innerlich berührt wird, dann lohnt sich die Arbeit allemal. Während er nach vorne geht, fragt er sich, wann er selbst das letzte mal berührt worden ist.Er blickt zur Leiter. Er könnte mit den Kerzen anfangen, bis die Ministranten kom-men. Er holt die Mail des Pfarrers aus der Jackentasche, ein Lächeln huscht ihm über die Lippen. Nummer 909, eines seiner Lieblingslieder. Er sortiert die ersten Ziffern aus dem Sätzkasten und steigt zögerlich auf die Leiter.

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UNSiCHeRe kNie.

Durch das schwere Tor ins Dunkle. Immer zwei Schritte hinter Mama bleiben. Unsicherer Blick, Mama geht in die Knie, ich auch, Kreuzzeichen. Mama steckt den Finger ins Weihwasserbecken und bekreuzigt sich. Niemand schaut, ich lasse es blei-ben. Irgendwelche Verwandten sitzen schon in den Bänken. Mama macht nochmal eine Kniebeuge, bekreuzigt sich schlampig, rutscht in die Bank, ich hinterher Knie und Bank. Mama flüstert, dass ich einfach normal tun soll. Die hat Nerven. Und selbst keine Ahnung.Dann stehen mit einem Ruck alle auf. Orgel und Priester und ein paar Ministranten. Der Priester sagt was, die Leute antworten. Neben mir sitzt kein Verwandter, nie-mand kriegt also mit, ob ich mitspreche. Die Leute singen, Mama blättert hastig im Liedbuch, ich schaue bei ihr mit. Sie versucht zu singen, trifft aber die Töne nicht. Wie-der der Priester, setzen. Endlich, die Kniebank ist beim Stehen im Weg.Lesung, eine ältere Frau liest. Mama lächelt dämlich zu mir herüber. Wieder ein Lied, Mama sucht zuerst das falsche und bis sie dann das richtige hat, ist das Lied fast aus.Wieder aufstehen, diesmal stelle ich mich mit dem Gewicht auf beiden Beinen hin. Le-sung, diesmal der Priester selber. Kurze Pause. Mama sieht sich um, die Leute stehen noch. Die ältere Frau liest, Fürbitten. Wir antworten, das schaffe auch ich. Dann wie-der setzen. Der Priester fängt an, Wein und Kommunion herzurichten. Schon so weit? Denn nach der Kommunion kommt nicht mehr viel, das weiß ich. Aber nein, von jetzt, wo er herzurichten beginnt, bis zur eigentlichen Kommunion dauert es ja noch gefühlt ewig. Der Priester redet wieder, die Leute antworten, Mama versucht irgendwie mit-zumurmeln, aufstehen, diesmal nur kurz, dann hinsetzen, ein Teil der Leute kniet. Ich zögere, Mama schaut, was die Verwandten machen, rutscht zögernd auf der Bank nach vorne. Dann geht sie mit einer kleinen Bewegung in die Knie, ich überlege, knie mich dann auch hin. Ich hätte es mir unbequemer vorstellt. Wieder ein Lied, Mama lässt das Buch fallen, ich blättere inzwischen in meinem, dann kann sie singen, sobald sie ihres aufgehoben hat.Aufstehen, Vaterunser, da sind wir endlich textsicher. Dann wieder knien, diesmal ist es eindeutig. Der Priester redet, die Leute antworten, Mama bewegt eigentlich nur die Lippen und stützt sich mit dem Hintern an der Bank ab. Die vorderen Bänke erheben sich zur Kommunion. Dann auch die Verwandten vor uns. Ich habe eigentlich keine Lust, aber wenn Mama geht, muss ich fast. Sie schaut, ob sie als einzige sitzenbleiben würde. Nein. Wir lassen die Verwandten hinaus, setzen uns wieder hin. „Jetzt ist gleich aus.“, flüstert sie. Die Verwandten spazieren mit andächtigem Gesicht zurück, ein paar vergraben kurz das Gesicht in den Händen. Der Priester redet. Ich überlege, ob ich die Füße auf die Kniebank stellen darf, lasse es aber bleiben. Noch ein Lied. Mama blättert, findet das Lied, singt schief mit. Dann knien sich wieder ein paar Leute hin. Der Onkel neben Mama nicht, also sie auch nicht. Der Priester macht den Segen und geht dann mit den Ministranten hinaus. Mama macht das Liedbuch zu. Fertig. Nichts wie raus.

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Nun sag‘, wie hast du‘s mit der Religion?*

GRETCHENFRAGEKünstlerische Forschung*(J.W. Goethe, Faust. Erster Teil, 3415)

Ich merke, dass ich in der heutigen Zeit als religiöser Mensch und bekennender Christ vielen Kritikern, Zynikern und Intoleranten ausgesetzt bin. Meinen Glauben öffentlich zu bekennen bedarf einer gehörigen Portion Mut und einer dicken Haut, das finde ich schade ! Und dennoch möchte ich auf meinen Glauben niemals ver-zichten, er trägt mich, stärkt mich und tröstet mich und gibt meinem Leben einen tiefen Sinn und Inhalt.

Sophie Brandis

Ant

wor

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Nun sag‘, wie hast du‘s mit der Religion?*

GRETCHENFRAGEKünstlerische Forschung*(J.W. Goethe, Faust. Erster Teil, 3415)

„?“ (Frau, 45, Iran)

„Die Religion ist für mich nicht wichtig, weil die Religion besonders ist.“ (Mann, 28, Afghanistan)

„Religion ist wichtig für mich, wie auch für viele Leute. Ich respektiere den Glauben der anderen. Ich will, dass die anderen mich respektieren.“ (Mann, 21, Irak)

„Für mich ist meine Religion wichtig, weil ich Moslem bin. Im Islam muss man die Wahrheit sagen.“ (Frau, 20, Ägypten)

„Die Religion für alle und das Land für Gott.“ (Mann, 28, Syrien)

„Meine Religion ist der Islam.“ (Frau,19, Ägypten)

„Religion bedeutet für mich glauben – ob man an Gott glaubt, oder nicht.“ (Mann, 30, Sudan)

„Der Islam ist die Religion des Friedens. Ich bin stolz, Moslem zu sein.“ (Mann, 30, Syrien)

„Für mich ist Religion sehr wichtig.“ (Mann, 20, Irak)

„Über Religion kann man reden, aber man soll nicht kämpfen.“ (Frau, 29, Bosnien)

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“UNSiCHeRe kNie”. UNA pRAtiCA Di meDiAZioNe ARtiStiCA NeL kUNStpARCoUR DeL LANALive FeStivAL

Michele Fucic

In una mediazione in cui ogni domanda e ogni parola può produrre una ricerca, la parola e l‘atto successivo come in un testo aperto, conterà il grado di esplorazione autonoma, lo stimolo ad un nuovo modo di guardare, muoversi e pensare se stessi da parte di ogni soggetto coinvolto: a qualsiasi età e in qualunque codice, incluso/a il mediatore/la mediatrice nel medesimo processo.Una pratica di mediazione artistica con classi della scuola media di Lana ha cercato di valorizzare questa possibilità, offerta dalla natura site- ed Ortspecific delle quatt-ro operazioni artistiche sorte in punti più e meno visibili dell‘abitato. Fin dal modo di presentarsi del mediatore alle classi (ciascuna con peculiarità e dinamiche di partecipazione diverse) si è cercato di dare libero gioco alle “identi-tà” coinvolte: la singolare presenza di un mediatore “esterno” alla realtà del posto, benché familiarizzato, e la partecipazione di giovani protagonisti cresciuti nel luogo, portatori di un carico percettivo, di un‘esperienza e di un “sapere” vivo di questo. Da qui l‘invito ai giovani partecipanti, spiazzante ma accolto, a farsi anche loro carico di “spostare” il mediatore verso angoli che sembrino loro importanti. Senza con ciò sminuirne ai loro occhi l‘“autorevolezza” e la parte di “sapere”, il ruolo di sollevatore e coordinatore di spunti. Evitando di descrivere in partenza le successive tappe, si anticipa il focus della nost-ra esperienza: l‘imbatterci in opere di artisti contemporanei, il tema universale della “religione” e del “credere”, la possibilità di coinvolgere i sensi in questo tema. Ci concediamo ad un “accadere”, calati in una passeggiata urbana che escluda in principio il formato di una guida. Alla domanda aperta su come i nostri sensi “lavor-ano”, su cosa ci “dicono” ogni qualvolta ci accorgiamo di “credere” e di “affidarci” (a qualcosa, a qualcuno , a un‘entità a cui ci avvertiamo “legati”: “religio” da “religere”, “legare”) si cerca di dare libero gioco di fronte alle opere di volta in volta incont-rate. Il titolo “Unsichere Knie” e la condivisione di un passo dall‘audio-installazione audio di Carla Thuile ci aprono domande sul sentimento dell‘inginocchiarsi, non solo in chiesa. Risposte da sensibilità e immaginari diversi, stimolate dal provarsi per qualche secondo in ginocchio sui ciottoli della strada: “mi inginocchio quando provo una fatica troppo grande”; “inginocchiarmi mi fa provare imbarazzo”; “in ginocchio mi metto quando sento di non riuscire a trovare qualcosa che cerco”. Il titolo “Blöde Frage” ci desta attenzione. “Esempi di Blöde Frage?”. “Io sono Florian?”; “Devo an-dare a scuola?“; “Esiste Dio?”. In che senso è questa una “Blöde Frage?”. “Perché si sa già la risposta”. “Tutti d‘accordo?” Quasi tutti, con qualche eccezione, e domanda riaperta. “Auf die Erde bringen”, ascoltare i sensi: i bisogni che ci risuonano anche quando si parla di “fede”, di “credere”. “Nicht nur an was wir glauben, sondern wie”.

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Anche l‘installazione Final destinaton di Joachim Knobloch ci fa riflettere sul nostro ruolo di passanti, passeggeri, persone in continuo movimento sulla terra, assuefatti agli “Zeitpläne” dei mezzi di trasporto. “Ci piacerebbe conoscere lo “Zeitplan” di questo bus, dal più familiare dei cartelli segnaletici?”. “Lo stiamo aspettando?”.Avviti lungo la strada principale del centro con il proposito di accorgerci di tabelloni segnaletici dal carattere insolito, ci concediamo tempo per osservarli e ripensar-li dalla comodità di una panchina. Passanti. Descrivendo assieme la struttura dei cartelli di Joachim Knobloch ci facciamo domande, proviamo risposte. “Immagine sfocata”; “colori chiari e meno chiari sovrapposti”; “manipolazione digitale della foto-grafia”. “Sono cartelli mossi dal vento, cambiano come la vita, prima o poi continua-no a girare”, osserva Lorenz. Ipotizzando e indovinando da quale mezzo di trasporto potrebbero essere state originate le foto, si raccolgono feedback da chi ha già fatto l‘esperienza di una U-Bahn, su quali i “Gefühle”provati, se e come potremmo legarli al sentimento del “credere”: “i confini fra le cose si confondono”; “non si sa esatta-mente cosa c‘è al di là”; “non si distingue esattamente il dentro dal fuori”; “si passa sempre oltre a qualcosa”; “E‘tutto sfumato”. “Notiamo qualcosa nel linguaggio delle parti scritte?”. “Non è la scrittura tipica di un romanzo o di un giornale”; “Manca una punteggiatura ‚normale‘, come nel linguaggio della poesia”. Constatiamo infine che le parole provengono da momenti di dialogo, dalla voce: di persone comuni, degli abitanti di questo luogo, dei passanti di queste stesse strade. Arrivati sotto al candelabro oscillante di Sandro Porcu, beneficiamo di un tragitto immerso nella natura: un modo immediato per osservare che il “sacro” possa stare anche “fuori” dagli spazi di una chiesa. Qualcuno parla di senso di equilibrio di un candelabro che oscilla dalla finestra di un campanile, qualcuno di instabilità, o di fuga della religione verso l‘esterno. Chi allude a un fantasma, a uno spettro. “Liegt das Sakrale im Himmel oder auf der Erde überhaupt?”. L‘esperienza a contatto con l‘organo multifonix di Stefano Bernardi nella St. Martin Spitalkapelle ci riporta all‘originaria dimensione del “Gottesdienst” di Carla Thuile, in modo imprevisto. Si riparte dai sensi: inginocchiarsi e prostrarsi a terra come alla messa, ma immettendo aria con le ginocchia, produrre il suono con ritmi diversi, creativi: un ginocchio alla volta, una persona alla volta, in ordine lineare oppure spar-so, o tutti assieme sovrapponendoci. Questione di individualità e di collettivo; di “Ein-zelgänger” e di “Einklang”; di ascolto, “Vertrauen”. “Was entspricht uns am besten: Ordnung oder Chaos?”. “Individuell oder gemeinsam?”. “Differenz oder Wiederho-lung”? L‘organo ci ricorda un missile che guarda verso l‘alto dal centro dell‘abside, mentre ci chiede un costante contatto con la terra per ricevere aria. Un contatto creativo, instabile, sempre differente. O fino a un certo punto? “Unsichere Knie”.

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RoSeNkRANZ AUS SCHRAppNeLLkUgeLNStandschützen Oberleutnant Kaspar Santer Sammlung / Collezione: Alexander Schwabl / Kleines Museum, Lana

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tiRoL im 1. WeLtkRieg: „beteN FüR DeN Sieg“ – Die RoLLe DeR kiRCHe

Gertrud Margesin

2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Zahl-reiche Gedenkfeiern und Veranstaltungen ebenso wie Publikationen erinnern an den Großen Krieg, der vom amerikanischen Historiker und Diplomaten George F. Kennan als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet wurde. Österreich-Ungarn hatte mit seiner Kriegserklärung an Serbien am 28. Juli 1914 einen Krieg entfacht, der sich durch die europäische Bündnispolitik binnen weniger Tage zu einem mehr als vier Jahre währenden Weltkrieg ausgeweitet hatte. Anlässlich des Zentenariums lud nun der Bildungsausschuss Lana am 20. Mai 2014 zur Präsentation des neuen Buches „Katastrophenjahre. Der Erste Weltkrieg und Tirol“ der beiden Historiker Hermann Kuprian und Oswald Überegger ins Kloster Lanegg. Im Rahmen dieser Buchvorstellung referierte die Historikerin Brigitte Strauß zur Rolle der Kirche in Tirol während der Kriegsjahre 1914 bis 1918. „[…] Der Krieg in welchem wir verwickelt sind, ist ein gerechter, heiliger Krieg. Es han-delt sich um den Weiterbestand unseres Vaterlandes, um unsere Freiheit, um unsere Sprache, um unsere Religion. […]“ Diese Zeilen stammen aus dem Leitartikel des Tiroler Volksboten vom 7. August 1914, welcher von den beiden Pfarrern Sebastian Rieger, besser bekannt als Reimmichl, und Josef Grinner verfasst worden war. Mit der Bezeichnung des Krieges als ein „gerech-ter“ und „heiliger“ sollte in der Bevölkerung Verständnis für die Kriegshandlungen der Habsburgermonarchie, und dabei vor allem für den Abtransport der Tiroler Soldaten an den weitentfernten russischen sowie serbischen Kriegsschauplatz, geweckt werden. Der Brixner Bischof Franz Egger und sein Amtskollege in Trient, Celestino Endrici, hatten wie ihre österreichischen Amtskollegen den Krieg als Strafgericht Gottes über das angeblich sündhafte Leben der Menschen gedeutet und ihre Ansichten über die Hirtenbriefe unter ihren Gläubigen verbreitet. Der Kriegsausbruch hatte eine religiöse Euphorie ausgelöst: Kirchenbesuche und Sakramentenempfang nahmen zu, Prozessi-onen und Bittgänge wurden organisiert sowie zahlreiche Kriegsandachten abgehalten. Vor allem die Landbevölkerung hatte in dieser schwierigen Zeit (wieder) verstärkt Zuflucht und Trost in den religiösen Praktiken gesucht. Mit zunehmender Kriegsdauer sank jedoch der Einfluss der Kirche auf die Bevölkerung. Ein entscheidendes Moment war dabei der ‚Griff‘ nach den Kirchenglocken. Als die Militärbehörden 1915 die Abga-be des Großteils der Tiroler Kirchenglocken für Rüstungszwecke gefordert hatten, legte die Kirche eine mehr oder weniger passive Haltung an den Tag, was ihrem Ansehen geschadet hatte.Nachzulesen bei Brigitte Strauß, Kirche und Religiosität, in: Hermann J. W. Kuprian/Oswald Überegger (Hrsg.), Katastrophenjahre. Der Erste Weltkrieg und Tirol, Innsbruck 2014, S. 241-258.

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LANge NACHt DeRkiRCHeNLUNgA Notte DeLLe CHieSe

Lange Nacht der kirchen / Lunga notte delle chiese23.05.2014Friedhof Lana / Cimitero, Lana

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LANge NACHt DeRkiRCHeNLUNgA Notte DeLLe CHieSe

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LANge NACHt DeR kiRCHeN... DeR LetZte Weg – NACHtS AUF Dem FRieDHoF... FLiAg gRoASSeR SCHWARZeR vogeL

Katrin Klotz

Eine etwas andere Nacht der langen Kirchen fand am 23. Mai in Lana statt. Begonnen mit einer Besichtigung des Kunstparcours über einem klassischen Kon-zert zum „Letzten Weg – Nachts auf dem Friedhof“, LanaLive war Gast auf den eingefriedeten Bereich der Kirche, Gast auf dem Friedhof in Niederlana. Friedhöfe prägen ebenso wie Kirchen die Kultur- und Lebenslandschaften. Somit ist es nur konsequent bei einem Festival, das sich mit Kultur auseinandersetzt, in diesem Jahr insbesondere mit der Kirche und der Religiosität, sich nicht nur mit sakralen Bauten und der Musik, die für diese Räume komponiert wurde zu beschäftigen, sondern auch mit Friedhöfen. Verschiedene Stationen beleuchteten unterschiedliche Dimensionen des Friedho-fes, der Kirche und des Glaubens. Einen Film über die Zigeunergräber in Lana von Franz Haller gab es ebenso zu sehen wie die Geschichte und die etymologische Bedeutung des Begriffs Friedhof zu hören. Einen Ausschnitt aus Kehlmanns F, F vielleicht wie Fatum, Schicksal, wurde an der nächsten Station vorgelesen. Der Roman verknüpft die Themen Kirche, Kunst und Kapital und hinterfragt diese. Vorgelesen wurde eine Messe aus der Sicht eines Priesters als Gegenpol zu Carla Thuiles Text „Unsicher Knie“, der eine Messe aus der Sicht einer jungen Kirchgängerin zeigt und in einer Audioinstallation gezeigt wurde. Die Möglichkeit die Gretchenfrage Nun sag´, wie hast du´s mit der Religion? zu beantworten und somit Teil der künstlerischen Forschung von LanaLive zu werden oder auch nur kurz innezuhalten in unserem doch sehr hektischen Alltag, bot eine weitere Station auf der Reise durch den Friedhof. Vorbei am Kriegerdenkmal hin zum neueren Teil des Friedhofes, beobachtet von einem großen schwarzen Vogel und aus dem Lautsprecher ertönt

Komm großer schwarzer Vogelkomm zu mir!Spann‘ deine weitensanften Flügel ausund leg‘ s‘ auf meine Fieberaugen!Bittehol‘ mich weg von da!Und dann fliegen wir raufmitten in Himmel reinin a neue Zeitin a neue Welt.

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intakt23.05.2014Pfarrkirche Niederlana / Chiesa parrocchiale di Lana di Sotto, Lana

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ADAmS ÄpFeL / pomi D’ADAmo24.05.2014Raiffeisensaal / Sala Raiffeisen, Lana

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FiLm

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SeLig, Die AUSHARReN iN FRieDeN (günther Haller)19.05.2014Kapuzinerkirche / Chiesa dei Cappuccini, Lana

DAS kApUZiNeRkLoSteR iN LANADer Filmemacher Günther Haller drehte 2001 einen 29 min. dauernden Film über die Kapuziner in Lana. Bereits damals zeichnete es sich ab, dass das Kloster früher oder später aufgelöst wird. Mittlerweile ist es geschlossen. Der Film zeigt die für die Kapuzinerpatres bezeichnende Enthaltsamkeit und Armut, die trotzdem oder gerade deshalb ein Leben in Frieden und Seligkeit in Harmonie, und im Einklang mit den Jahreszeiten lebten.

iL CoNveNto Dei CAppUCCiNi A LANAIl filmmaker Günther Haller ha girato nel 2001 un film di 29 minuti sui frati cap-puccini a Lana. Già allora si delineava il fatto che il convento, primo o poi, sarebbe stato dismesso. Nel frattempo è chiuso. Il film mostra la vita dei frati cappuccini: morigerata e povera come richiesto dal loro voto, ma allo stesso tempo – o proprio per questo – una vita in pace e in sintonia con le stagioni della natura.

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iNteR-ReLigiöSeR kiRCHeNbeSUCH

Ivo Passler

Die Weltreligionen liefern sich einen Kampf der Kulturen. Eine Floskel, in tausendfachen Variationen permanent in unser kollektives Wahr-nehmen eingetrichtert. Die selektiven Perspektiven der Massenmedien tragen das ihre dazu bei. Aber: Wo führt es hin, wenn wir als Mantra wiederholen, dass ein friedfertiges und freundschaftliches Zusammenleben von Personen unterschiedlicher Konfes-sionen grundsätzlich unmöglich ist? Welche Perspektiven zur Gestaltung eines Nebeneinanders / Miteinanders bleiben da noch? Immerhin ist unsere Nachbar-schaft mit Menschen anderer religiöser Überzeugung Realität!Christen, Muslime, Juden haben friedfertig und freundschaftlich neben- und miteinander gelebt. An vielen Orten und zu vielen Zeiten. Und noch heute ist das friedliche interreligiöse Zusammenleben in vielen Ländern Realität. Aber auch in Regionen, in denen der Fundamentalismus ein Dauerbrenner ist, las-sen es sich zivilgesellschaftliche Gruppen und mutige Bürger/innen nicht nehmen, über religiöse und ethnische Grenzen hinweg gemeinsam für Frieden und gegen-seitigen Respekt auf zu stehen. Sogar im ideologisch zersetzten Israel stehen inmitten der blutigen Konflikte immer noch viele Muslime, Christen und Juden beisammen, protestieren gemeinsam gegen die Gewalt und kämpfen gemeinsam für den Frieden aller. Nur sehen wir das in der TV-Tagesschau kaum bis gar nicht, und die Zeitung druckt davon nichts.Damit fruchtbare Diversität entstehen kann, muss Diversität gefördert, geschützt und geschätzt werden. Fundamentalismus bedroht den Frieden und verhindert ihn, und das dauernde mediale Hervorheben des Fundamentalismus gibt ihm zu viel Rampenlicht, nährt ihn und bläst ihn künstlich auf – denn der Fundamentalismus liebt sich in erster Linie nur selbst.Unsere Energie und unser Beifall sollten hingegen all jenen Bewegungen gelten, die für den Respekt gegenüber dem Anderen, und für die Nächstenliebe eintreten. Und der „Nächste“ ist eben der „Neue“, der „Andere“.Deshalb haben wir einen kühlen Tropfen auf den heißen Stein fallen lassen. Rund 20 muslimische Mitbürger/innen sind der Einladung nachgekommen, und haben sich am 24. Mai 2014 vom Historiker Simon Terzer durch die Hl. Kreuz Kirche Lana führen lassen. Das Interesse dabei war rege, das überraschte Stau-nen echt, viele Fragen wurde gestellt, Neugierden geweckt, Parallelen gezogen, Perspektiven erwogen. Auch Simon war sichtlich überrascht über die Qualität des Interesses, das zu einem Austausch auf Augenhöhe wurde.

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Foto_LAb : mUSLimA AttivA

Ivo Passler

Die fotografische Dokumentation dieser Initiative hätte der Fotograf Philip Unter-holzner auch selbst machen können. Statt dessen haben wir einen Workshop organisiert. 4 muslimische Lananerinnen wurden in 4 Treffen in Grundtechniken der Fotografie geschult. Eine Foto-Gruppe ist entstanden. Das Endprodukt des ers-ten Doku-Projektes wird in Kürze erscheinen. Als eigenes Booklet zum interreligiö-sen Event. Die Gruppe will weiterhin bestehen, und die fotografischen Fähigkeiten verfeinern, um eigene Perspektiven kreativ zu vermitteln. Denn auch muslimische Südtirolerinnen brauchen Mittel und Wege, um positiv an der Öffentlichkeit mit bauen zu können.Die Reziprozität des Respektes verlangt es im Islam. Eine Einladung wird durch eine mindestens ebenso wertvolle erwidert. Am Samstag den 19. Juli, wurden 3 Männer als Ehrengäste zum Fastenbrechen eingeladen. Im Vereinssaal des Kulturvereins AVA (Meran), dessen Mitglieder großteils Muslime sind. AVA hat den interreligiösen Kirchenbesuch und die Gegen-Einladung unterstützt. Im Fasten-monat Ramadan treffen sich die Mitglieder immer Samstag-Abends. Dann wird gemeinsam gebetet, und nach Sonnenuntergang gemeinsam gegessen. Hannes Egger (Organisator von LanaLive), Philip Unterholzner (Fotografie-Lehrer beim Workshop), und Simon Terzer (historischer Führer durch die Hl. Kreuz Kirche) waren dabei.

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Künstlerische Leitung / Direzione artisticaLanaLive: Hannes Egger, Katrin KlotzMusikkrogramm / Programma musicale: Haimo PerkmannLanaFilm: Barbara WeissKunstparcours / Percorso artistico: Hannes Egger (Werkbank Lana)Texte / Testi: Hannes Egger, Michele Fucich, Katrin Klotz, Gertrud Margesin, AndreasMengon, Ivo Passler, Haimo Perkmann, Carla ThuileFotos / Foto: Hannes Egger 16-17, 28, 44-47, 54; Damian Pertoll 2-3, 8-9, 14-15, 23-27; Foto Lab (Shane Rehman, Mehmooda Raza, Mahwish Shehzad, Nezha Benaboud) 49-53; Noel Piccolin 11-13, 56; Alexander Schwabl 36; Heinrich Unterrholzner 20-21; Markus Unterthurner 38-43,Gestaltung / Grafica: Hannes EggerLektorat / Redazione: Katrin Klotz, Haimo PerkmannDruck / Stampa: Gruber Druck, LanaOrganisation / Organizzazione: Paul Seelaus

momeNtUmSandro PorcuAuflage / edizione: 300

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WiR DANkeN / RiNgRAZiAmo

SÜDTIROL

KULTUR

Gemeinde TschermsComune Cermes

Marktgemeinde LanaComune Lana

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LanaLive: HoLY LAND

2014 setzt sich LanaLive mit der geschichte seiner kirchen und Religiosität auseinander, welche diesen Landstrich sichtbar und hörbar geprägt haben. So finden sich in Lana und Umgebung rund 40 kirchen und kapellen, deren älteste Spuren bis in das späte 5. oder 6 Jh. reichen. im Zentrum von LanaLive 2014 steht ein musikprogramm, das den kirchenbau mit der musik der jeweili-gen epoche korrespondieren lässt und so einen ästhetischen und akustischen immanenzrahmen schafft. Auf diese Weise unter-nimmt das kulturfestival eine musikalisch-kulturelle Zeitreise und zugleich eine künstlerische Forschung zu kirche und Religiosität in Lana, tscherms, und tisens.

L‘edizione 2014 di LanaLive è dedicata alla storia delle chiese e della religiosità di Lana. Questa storia ha lasciato tracce visibili e udibili su tutto il territorio. Nel paese e nei suoi dintorni si trovano infatti più di 40 chiese e cappelle. Le testimonianze più antiche ri-salgono al tardo quinto o sesto secolo. Al centro di LanaLive 2014 vi è un programma musicale che prevede l‘esecuzione di opere di musica sacra di diverse epoche all‘interno di chiese dall’epoca cor-rispondente, per creare così uno spazio di immanenza estetica e acustica. il festival diventa in questo modo un’escursione musical-culturale nella storia, oltre a una ricerca artistica sulle chiese di Lana, Cermes e tesimo.

www.lanalive.it

INTERNATIONAL CULTURE FEST VAL