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Lösungsskizze Examensübungsklausur am 23.06.2018 * „All’s well that ends well?!“ A. Ansprüche des Vereins zur Förderung korrekter deutscher Sprache e.V. (F- Verein) gegen Lysander (L) I. Rechtsfähigkeit des F-Vereins und Geltendmachung der Ansprüche Als juristische Person rechtsfähig, §§ 21ff. BGB und wird durch ihren Vorstand vertreten § 26 I 2 BGB. II. Anspruch aus § 2018 BGB auf Zahlung von 200.000 € 1. Erbenstellung des F-Vereins Der F-Verein kann als juristische Person durch gewillkürte Erbfolge Erbe werden, § 1937 BGB a. Testament vom 01.04.1993 Voraussetzung: Wirksame Verfügung von Todes wegen (=Testament als einseitiges Rechtsgeschäft) gem. §§ 1937, 2064 ff., 2265 ff. BGB Hier: Eigenhändiges Testament nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB o Testierfähigkeit § 2229 I BGB (+) Niederlassung in Italien: wohl älter als 16 Jahre o Persönliche Errichtung § 2064 BGB (+) o Formnichtig gem. § 125 S. 1 BGB wegen Verletzung von § 2247 BGB? § 2247 I BGB: Eigenhändig geschrieben (+) § 2247 I BGB: Eigenhändig unterschrieben? Grundsätzlich: Unterschrift am Schluss der Urkunde 1 o (P) hier: außen auf dem Brief unterschrieben; ersetzt dies die fehlende Unterschrift auf dem Testament selbst? Entscheidend: Stellt die Unterschrift nach Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls einen Teil und damit Abschluss des eigentlichen Testaments dar? Contra: * Jonathan Hager, wis. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht, Europäisches Privatrecht und Europäische Rechtsgeschichte. 1 MüKoBGB/Hagena, 7. Aufl. 2017, § 2247 BGB, Rn. 25.

Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

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Page 1: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

Lösungsskizze Examensübungsklausur am 23.06.2018*

„All’s well that ends well?!“

A. Ansprüche des Vereins zur Förderung korrekter deutscher Sprache e.V. (F-Verein) gegen Lysander (L)

I. Rechtsfähigkeit des F-Vereins und Geltendmachung der Ansprüche

Als juristische Person rechtsfähig, §§ 21ff. BGB und wird durch ihren Vorstand vertreten § 26 I 2 BGB.

II. Anspruch aus § 2018 BGB auf Zahlung von 200.000 €

1. Erbenstellung des F-Vereins

Der F-Verein kann als juristische Person durch gewillkürte Erbfolge Erbe werden, § 1937 BGB

a. Testament vom 01.04.1993

Voraussetzung: Wirksame Verfügung von Todes wegen (=Testament als einseitiges Rechtsgeschäft) gem. §§ 1937, 2064 ff., 2265 ff. BGB

Hier: Eigenhändiges Testament nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB o Testierfähigkeit § 2229 I BGB (+)

Niederlassung in Italien: wohl älter als 16 Jahre o Persönliche Errichtung § 2064 BGB (+) o Formnichtig gem. § 125 S. 1 BGB wegen Verletzung von § 2247 BGB?

§ 2247 I BGB: Eigenhändig geschrieben (+) § 2247 I BGB: Eigenhändig unterschrieben?

Grundsätzlich: Unterschrift am Schluss der Urkunde1 o (P) hier: außen auf dem Brief unterschrieben;

ersetzt dies die fehlende Unterschrift auf dem Testament selbst?

Entscheidend: Stellt die Unterschrift nach Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls einen Teil und damit Abschluss des eigentlichen Testaments dar?

Contra:

* Jonathan Hager, wis. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römisches Recht, Europäisches Privatrecht und Europäische Rechtsgeschichte. 1 MüKoBGB/Hagena, 7. Aufl. 2017, § 2247 BGB, Rn. 25.

Page 2: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

Papier und Umschlag sind verschiedene Unterlagen; können getrennt werden

Auf Papier selbst keinerlei Unterschrift

Pro: „Testament meiner Liebe“ nimmt

Bezug auf den Text des Testaments

Damit ist die Unterschrift dem Wortlaut des Testaments zugeordnet

Briefumschlag zugeklebt und damit nicht ohne Weiteres von dessen Inhalt trennbar

o -> (+/-), beide Ansichten vertretbar

§ 2247 III S. 1 BGB: Unterschrift soll Vor- und Familiennamen des Erblassers enthalten

o (P) Lediglich Vorname „Helena“ o §§ 2247 III S. 2 BGB: genügt dies zur Feststellung der

Urheberschaft der Erklärung und deren Ernstlichkeit? o Identität der H deutlich erkennbar; auch Zweifel an der

Ernstlichkeit ergeben sich nicht o Unterschrift damit (+)

Eigenhändigkeit damit (+) § 2247 II BGB: Zeit und Ort sollen Erwähnung finden

(P) keine Zeitangabe o § 2247 V S. 1 BGB: Zweifel über Gültigkeit des

Testaments? o Hier keine Anhaltspunkte für Zweifel

(P) keine Ortsangabe o § 2247 V S. 2 BGB: wie Zeit, unschädlich

o Zwischenergebnis: Testament wirksam errichtet

b. Nachträglich aufgehoben durch Testament vom 31.12.1999 gem. § 2258 I

BGB?

Voraussetzungen des § 2258 I BGB: wirksamer Widerruf gem. §§ 2253, 2254 BGB und Widerspruch zum früheren Testament

aa. Wirksamkeit des Testaments vom 31.12.1999 o Testierfähigkeit der H § 2229 I BGB (+) o Persönliche Errichtung § 2064 BGB (+)

Page 3: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

o Formnichtig gem. § 125 S. 1 BGB wegen Verletzung von § 2247 BGB? § 2247 I BGB: Eigenhändig geschrieben (-)

Aber: Formerleichterung § 2267 BGB? Voraussetzungen: Gemeinschaftliches Testament / Einhaltung

der Form durch einen Ehegatten / Gemeinschaftliche Erklärung / Unterzeichnung des anderen Ehegatten (1) Gem. Testament: § 2265 BGB:

Wirksame Eheschließung (+) (2) Einhaltung des § 2247 I BGB durch einen Ehegatten (=

B)? § 2247 I BGB (+) (P) § 2247 II BGB? -> Wie oben wegen § 2247 V S.

1,2 BGB gültig § 2247 III BGB (+)

(3) Gemeinschaftliche Erklärung (+) (4) Unterzeichnung durch H (+) (5) (P) § 2267 S. 2 BGB fehlende Zeit- / Ortsangabe

§ 2247 V BGB? § 2267 BGB sieht keine § 2247 V BGB entsprechende Vorschrift vor;

§ 2247 V BGB aber nach hM analog anwendbar, dann wie oben unproblematisch;

aA. aber wohl noch vertretbar (die Klausur müsste dann aber folgerichtig gelöst werden).

Zwischenergebnis: § 2247 I iVm § 2267 S. 1 BGB: eigenhändig (+)

Gemeinschaftliches eigenhändiges Testament von H und B wirksam (+)

bb. Widerspruch zum früheren Testament, 2258 I BGB?

a. L ist als Erbe nicht mehr erwähnt; Vielmehr B und H wechselseitig bzw. der F-Verein als Nacherbe (§ 2100 BGB)

b. Damit Widerspruch (+)

cc. Zwischenergebnis:

Testament der H vom 01.04.1993 wirksam durch Widerruf aufgehoben durch gemeinschaftliches Testament von H und B vom 31.12.1999 gem. §§ 2253 f., 2258 I BGB

c. Nachträglich aufgehoben durch Testament vom 31.12.2009 gem. §§ 2253 f., 2258 I BGB?

Vor.: wirksamer Widerruf gem. §§ 2253, 2254 BGB (aa.) und Widerspruch zum früheren Testament (bb.)

Page 4: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

aa. Wirksamkeit des Testaments vom 31.12.2009

1. Testierfähigkeit der H § 2229 I BGB (+) 2. Persönliche Errichtung § 2064 BGB (+) 3. § 2247 I, III 1, 2 BGB (+) 4. § 2247 II BGB (+) 5. (P) Unwirksamkeit gem. § 2271 II S. 1 BGB?

Vor.: Wechselseitige Verfügungen § 2270 BGB / Tod des anderen Ehegatten / keine Ausschlagung des Erbteils / keine Ausnahme nach § 2271 II S. 2 BGB a. Wechselseitige Verfügungen § 2270 I BGB?

i. Ehegatten (+) ii. Gemeinschaftliches Testament § 2265 BGB (+) iii. (P) Wechselbeziehung?

1. Durch Auslegung der Wille der beiden Erblasser zu ermitteln: wesentlicher Bindungswille erforderlich a. Erbeinsetzung abhängig davon, wer zuerst verstirbt b. Im Testament sind keinerlei abweichende Verfügungen

gestattet 2. Darüber hinaus: Auslegungsregel: § 2270 II Alt. 1 BGB:

Gegenseitig bedenken? a. Gegenseitige Erbeinsetzung nicht erforderlich b. Hier möglicherweise Vorerbschaft oder ggf. sogar

Vollerbschaft c. Beides genügt iSd § 2270 II Alt. 1 BGB (+)

iv. Wechselseitige Verfügungen § 2270 I BGB (+) b. Tod des anderen Ehegatten (01.01.2002 verstirbt B) (+) c. Keine Ausschlagung des Erbteils § 2271 II S. 1 Hs. 2 BGB (+) d. Keine Ausnahme nach § 2271 II S. 2 BGB (+)

6. Rechtsfolge: Bindungswirkung § 2271 II S. 1 Hs. 1 BGB: Das gemeinschaftliche Testament vom 31.12.1999 konnte nicht mehr einseitig von H widerrufen werden

7. Testament vom 31.12.2009 damit unwirksam. Es liegt kein wirksamer Widerruf iSd §§ 2253, 2254 BGB vor.

bb. Inhalt des Testaments vom 31.12.1999

H und B setzen sich gegenseitig zu Erben ein, sowie den F-Verein zum Erben des Überlebenden („Berliner Testament“)

Durch Auslegung zu ermitteln, was H und B damit gewollt haben Zwei Möglichkeiten denkbar:

Page 5: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

o Trennungslösung: Überlebender Ehegatte (hier: H) wird Vorerbe, der Dritte (hier:

der F-Verein) wird Nacherbe Dritter erwirbt dann zwei rechtlich voneinander getrennte

Vermögensmassen beider Erblasser („Trennungsprinzip“) o Einheitslösung:

Überlebender Ehegatte (H) wird Vollerbe, Dritter wird Schlusserbe

Dritter erwirbt dann das Vermögen des zweiverstorbenen Erblassers, mit dem das Vermögen des Erstverstorbenen verschmolzen ist („Einheitsprinzip“)

Welche Lösung H und B hier gewollt haben, hängt davon ab, welche Rechtsfolgen die beiden durch ihr Testament setzen wollten:

o Sollte H Vorerbin werden und damit den Verfügungsbeschränkungen der §§ 2122 ff. BGB unterliegen? (so die Trennungslösung)

Der überlebende Ehegatte soll hier frei über das Vermögen des anderen verfügen können. Der F-Verein soll bei lebensnaher Auslegung wohl nur das Restvermögen von H und B erwerben

-> eher Einheitslösung o Soll im Zeitpunkt des Todes des B der F-Verein eine veräußerliche

Anwartschaft bezgl. der Nacherbschaft erwerben? (so die Trennungslösung)

Der F-Verein soll hier als juristische Person erst etwas erwerben, wenn H und F verstorben sind

Dem F-Verein vorher bereits ein Anwartschaftsrecht zu gewähren, passt auf die Konstellation einer juristischen Person nicht: Diese wird höchstwahrscheinlich ohnehin länger existieren als der überlebende Ehegatte

o Im Übrigen: Auslegungsregel § 2269 I BGB: Im Zweifel ist die Einheitslösung gewollt

Inhalt des Testaments damit: o H ist hier Vollerbin des Erblassers B. Der F-Verein ist lediglich

Schlusserbe. o Nach dem Tod der H ist der F-Verein damit Erbe der verschmolzenen

Vermögensmassen von H und B geworden. o aA bei entsprechender Argumentation vertretbar.

cc. Zwischenergebnis Erbenstellung des F-Vereins (+)

2. Schuldnerstellung des L

L = Erbschaftsbesitzer? Erbschaftsbesitzer = wer die Erbschaftsgegenstände unter Berufung auf sein

vermeintliches Erbrecht dem wirklichen Erben vorenthält (+)

Page 6: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

3. Umfang der Herausgabepflicht des L

a. Grundsatz

Grds.: Herausgabe des Nachlasses, § 2018 I

b. 200.000 € (wohl Buchgeld) aus dem Verkauf der Wohnung

§ 2018 BGB (-): der Betrag wurde nicht „aus der Erbschaft“ erlangt § 2019 I BGB: Surrogatsanspruch? Vor.: § 2019 I BGB: „durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft“

erworben?

aa. durch Rechtsgeschäft (+)

bb. Hergabe von Erbschaftsmitteln?

Vor.: wirksame Verfügung über Erbschaftsmittel? o Umstritten2; kann an dieser Stelle aber dahinstehen, wenn Verfügung

ohnehin wirksam

Wohnung gehörte zum Nachlass -> Erbschaftsmittel (+) Wohnung wirksam übereignet, §§ 873 I, 925 BGB?

o Auflassung § 925 und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch mangels gegenteiliger Angaben (+)

o (P) Berechtigung des L? L ist durch den Erbfall nicht Eigentümer geworden § 892 I 1 BGB (-), L ist nicht im Grundbuch eingetragen §§ 2365, 2366 BGB?

o Erbschein muss nicht vorgelegt werden o Rechtsschein entsteht nur bezüglich des Erbrechts o § 2366 BGB fingiert daher die Berechtigung des L, wenn H

vor dem Erbfall Berechtigte war Wohnung stammte „aus dem Nachlass“ -> L ursprünglich

Eigentümerin o Gutgläubigkeit des Erwerbers: mangels gegenteiliger

Angaben (+) Fehlende Berechtigung durch § 2366 BGB überwunden (+)

o Wohnung wurde wirksam nach §§ 873, 925, 2366 BGB übereignet

Wirksame Verfügung über Erbschaftsmittel (+)

cc. Erwerb eines Surrogats in Zusammenhang mit der Aufwendung von Nachlassmitteln

(wohl) Buchgeld iHv 200.000 € erlangt; durch Kaufvertrag mit Übereignung der Wohnung zusammenhängend (+)

2 Näher: MüKoBGB/Helms, 7. Aufl. 2017, § 2019 BGB, Rn. 10-12 mwN.

Page 7: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

dd. Zwischenergebnis

200.0 sind dem Nachlass unmittelbar zugutegekommen. Der Anspruch aus §§ 2018, 2019 I BGB erstreckt sich damit auf die Zahlung von 200.000 €

c. 100.000 € aus Darlehen

§ 2018 I BGB (-) § 2019 I BGB „durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft“ erworben?

o Erwerb: 100.000 € o (P) „mit Mitteln der Erbschaft“?

Keinerlei Anhaltspunkte, dass Rückzahlung des Darlehens aus Mitteln der Erbschaft erfolgen soll

Nachlassimmobilie lediglich hypothekarisches Sicherungsmittel, §§ 1113 ff. BGB

Darlehenssumme damit „mit Mitteln der Erbschaft“ erlangt? Wortlaut: „mit Mitteln“ meint: enger wirtschaftlicher

Zusammenhang3 Telos: Erhaltung des wirtschaftlichen Wertes des

Nachlasses4 Argumente:

o Vor dem Rückzahlungstermin des Darlehens, ist noch unklar, ob Hypothek überhaupt angetastet wird

o Der Erbe kann auf die Schuld zahlen (§ 267 BGB) und so eine Eigentümergrundschuld aus der Hypothek machen, § 1163 I S. 2 BGB und anschließend den bezahlten Betrag vom Erbschaftsbesitzer zurückfordern

o Der Nachlass selbst ist somit nicht betroffen

Damit nicht „mit Mitteln der Erbschaft“ erlangt (a.A. vertretbar)

d. Herausgabe des SUV und der Lackierung

§ 2018 I BGB (-) § 2019 I BGB „durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft“ erworben?

o Eigentum und Besitz am SUV durch Vermögen aus dem Nachlass erworben -> (+)

o Eigentum und Besitz an der Blattgoldlackierung (+) (P) SUV nicht mehr bei L, sondern inzwischen bei D

3 MüKoBGB/Helms, 7. Aufl. 2017, § 2019 BGB, Rn. 13. 4 MüKoBGB/Helms, 7. Aufl. 2017, § 2019 BGB, Rn. 1.

Page 8: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

o Falls D zur Herausgabe des SUV bereit ist: S-Verein könnte den Pkw zurückfordern und herausgeben

o Wenn D allerdings nicht zu Herausgabe bereit ist: § 2021 BGB? o Voraussetzung: zur Herausgabe außerstande?

Wenn D die Sache nicht herausgeben will (+) o Rechtsfolge:

Grds. § 818 II BGB Wertersatz § 818 III BGB: Wegfall der Bereicherung?

(+), wenn Mehrwert im Vermögen des Schuldners ersatzlos weggefallen ist?

Denkbar: (-), weil Befreiung einer Verbindlichkeit durch Erfüllung einer Auflage des Testaments vom 31.12.2009?

o Aber: Testament unwirksam, s.o. Durch unentgeltliche Weggabe des Pkw damit

Entreicherung (+) Verschärfte Haftung § 818 IV BGB / § 2024 BGB (-)

Anspruch auf Wertersatz des lackierten Pkw gem. §§ 2019 I, 2021, 818 II BGB wegen Entreicherung gem. § 818 III BGB ausgeschlossen

e. Umfang des Anspruchs im Übrigen

Die weggegebenen 110.000 € für den lackierten SUV sowie die Zahlungen von 01.01.2016-01.04.2018 iHv 3.000 € pro Monat sind im Vermögen des L nicht mehr vorhanden.

Die Herausgabepflicht erstreckt sich damit auf 200.000 €- 110.000€ - 84.000 = 6.000 €

4. Ergebnis zu § 2018 BGB:

Der F-Verein hat einen Anspruch gegen L auf Herausgabe des Nachlasses und auf Zahlung von 6.000 € gem. §§ 2018, 2019 I BGB.

II. Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 2

1. Anwendbarkeit neben § 2018 BGB (+) 2. Etwas erlangt: Buchgeld iHv 200.000 € 3. In sonstiger Weise auf Kosten des F-Vereins?

hM Vorrang der Leistungsbeziehungen, § 812 I 1 Alt. 2 BGB (-)

III. Anspruch aus § 2362 I BGB auf Herausgabe des Erbscheins an das Nachlassgericht (+)

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IV. Ansprüche aus § 985 / §§ 861, 857 / § 1007 / § 894 BGB

scheiden bezüglich der Vermögensmehrung des L iHv 200.000 € für den F-Verein aus.

B. Ansprüche des Vereins zur Förderung korrekter deutscher Sprache e.V. (F-Verein) gegen D

I. Ansprüche aufgrund der Lebensversicherung

1. § 816 II BGB

a. B = Nichtberechtigter?

D war laut Sachverhalt bezugsberechtigt

b. Ergebnis

§ 816 I 1 BGB (-)

2. §§ 812 I 1 Alt. 1, 1922 I BGB

a. Etwas erlangt (+)

D hat mit dem Tod der H eine Forderung gegen die Versicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme erlangt

Auch denkbar: nur die von H gezahlten Prämien

b. Durch Leistung (+)

Bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens Zweck war hier die Erfüllung eines Schenkungsvertrages der H mit B

c. Ohne Rechtsgrund

In Frage kommt ein Vertrag zwischen H und D im Valutaverhältnis Vor.: Wirksame Einigung und keine entgegenstehenden

Nichtigkeitsvorschriften

aa. Einigung (P) -> Angebot und Annahme, §§ 145ff. BGB

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H hat zu Lebzeiten dem D nicht von ihrer Einigung mit der Versicherung erzählt

Konstruktion: Angebot = Abschluss des Vertrages der H mit der Versicherung

Auslegungsregel § 330 BGB nicht anwendbar5 Im Deckungsverhältnis war von H ein echter Vertrag zugunsten

Dritter iSd §§ 328 I, 331 I BGB gewollt Entsprechend ihrem Willen nicht mit Tod erloschen (vgl. § 672

BGB) Die Entgegennahme der Versicherungssumme durch D war

die konkludente Annahme, § 130 II / § 153 BGB

bb. Formnichtig § 125 S. 1 BGB?

Denkbar: Anwendung von § 2301 BGB o Vor.: Schenkungsversprechen der H unter der Bedingung, dass D die H

überlebt? (P) Anwendbarkeit von § 2301 BGB neben §§ 328ff. BGB? § 2301 BGB ist abzugrenzen von §§ 328 ff. BGB

Der Vertrag nach §§ 331, 328 BGB stellt ein Rechtsgeschäft unter Lebenden dar und damit keine Verfügung von Todes wegen

§§ 328ff. BGB ist im Schuldrecht AT geregelt und damit insbesondere nicht auf besondere Arten von Verträgen (insb. Lebensversicherungen) beschränkt

Ausweislich dessen sollen Verträge nach §§ 328, 331 BGB nicht als Umgehungsgeschäfte automatisch nichtig sein6

Damit sind die §§ 328, 331 BGB hier lex specialis7, § 2301 BGB ist nicht anwendbar (a.A. vertretbar)

§§ 125 S.1, 518 I 1 BGB? Durch Erhalt des Forderungsrechts geheilt § 518 II BGB

cc. Wirksamer Rechtsgrund zwischen H und D im Valutaverhältnis damit (+)

o Rechtsgrund damit (+)

d. Ergebnis

§ 812 I 1 Alt. 1 BGB (-)

5 MüKoBGB/Gottwald, 7. Aufl. 2016, § 330 BGB, Rn. 3. 6 Staudinger/Kanzleiter, §§ 2265-2338 BGB, § 2301 BGB, Rn. 42. 7 Brox/Walker, Erbrecht, 27. Aufl. 2016, Rn. 765.

Page 11: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

3. Anspruch des F-Vereins gegen D auf Zahlung von 200.000 € aus §§ 2287 I analog, 818 II BGB

a. D als Beschenkter (+)

b. spätere Erblasserin H als Schenkerin (+)

c. „Schenkung gemacht“ = Erhalt des Geschenkes

Forderung auf die Versicherungssumme ist mit Tod der H entstanden (+) Stichwort: mittelbare Schenkung durch vertragliche Absprachen im

Deckungsverhältnis8

d. „in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen“

Liegt vor, wenn ein lebzeitiges Eigeninteresse des Schenkers fehlt9; hier breite Möglichkeit zur Diskussion: grds. wäre auch ein ideelles Interesse

der H schützenswert. Allerdings soll bei todesnahen Schenkungen erhöhte Rücksicht auf die Belange der Erben zu nehmen sein. Hier könnte man unterschiedlich argumentieren, je nachdem, worin man die Schenkung sieht: Wenn die Prämien geschenkt worden wären, dann wäre das Vermögen schon zu Lebzeiten der H gemindert worden (auch wenn das Geschenk erst später vollzogen wurde). Wenn es um die Versicherungssumme ginge, dann hätte D das Geschenk erst nach dem Tod erhalten und die Erbschaft wäre unmittelbar beeinträchtigt worden. Ein lebzeitiges Eigeninteresse wäre dann kaum zu begründen. Die Kandidaten sollten hier vor allem Problembewusstsein zeigen und argumentieren. Das Ergebnis sollte keine Rolle spielen.

e. Vertragserbe (-)

Analoge Anwendung auf das gemeinschaftliche Testament? Vergleichbare Interessenlage, wenn das gemeinschaftliche Testament für H iSd

§ 2271 II 1 BGB zur Zeit der Schenkung bereits bindend geworden war (wie bei vertragsmäßigen Verfügungen im Erbvertrag) (+)

Planwidrigkeit der Regelungslücke? o Telos § 2287 BGB: Schutz der Bindungswirkung des Erbvertrags o Bindungswirkung eines Erbvertrags mit der des § 2271 II BGB stark

vergleichbar; daraus kann eine planwidrige Regelungslücke gefolgert werden (a.A. vertretbar)

Analoge Anwendung des § 2287 I BGB auf das gemeinschaftliche Testament damit (+)

f. Umfang: Rechtsfolgenverweisung §§ 818 ff. BGB

Herausgabe „des Erlangten“

8 BGH, NJW 2010, 3234. 9 MüKoBGB/Musielak, 7. Aufl. 2016, § 2287 BGB, Rn. 12f.

Page 12: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

(P) Was ist hier der maßgebliche Schenkungsgegenstand? o Im Valutaverhältnis ist dies der gesamte Anspruch auf die

Versicherungsleistung o Denkbar: Anspruch auf die Versicherungssummer ODER o Lediglich von H gezahlte Prämien als Gegenstand der Schenkung10

ODER o Objektiver Wert der Rechte aus der Lebensversicherung11 o Anspruch auf die ausgezahlte Versicherungsleistung:

Versicherungsnehmerin H wird mit Abschluss des Vertrages selbst Inhaberin der Versicherungsforderung

Mit ihrem Tod geht diese Forderung auf den Begünstigten D über Damit stammt dieser Anspruch unmittelbar aus ihrem Vermögen Gegenstand der Schenkung sind in diesem Fall nicht die

Aufwendungen, die der Schenker aus seinem Vermögen an die Mittelsperson erbringt, sondern der Gegenwert dieser Aufwendungen, den der Beschenkte aus dem Vermögen der Mittelsperson erhält12

o Anspruch auf gezahlte Prämien: Anhaltspunkt hierfür wäre die zu Lebzeiten des Erblassers

eintretende Entreicherung des Erben Dann wäre dem Schenkungsvertrag im Valutaverhältnis

allerdings lediglich ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Prämien, nicht aber für den darüber hinaus gehenden Teil der Versicherungssumme zu entnehmen13

Dies widerspräche dem Willen des Erblassers o Anspruch auf Zahlung des objektiven Werts, den der

Versicherungsvertrag für den Erblasser kurz vor dem Eintritt des Erbfalls noch hatte

Die Aufgabe dieses Wertes stellt die konkrete Bereicherung des Bezugsberechtigten dar

Besonderheit bei der mittelbaren Schenkung: Entreicherungsgegenstand und Bereicherungsgegenstand sind nicht identisch

Schutzzweck von § 2287 I BGB ist es, den Vertragserben vor der Aushöhlung ihrer Erbenstellung durch lebzeitige Rechtsgeschäfte des anderen Teils zu schützen; es muss damit auf die konkrete Entreicherung des Erstverstorbenen zum Zeitpunkt seines Todes abgestellt werden

Die konkrete Entreicherung ist der damit der Wert, den der Erblasser in der letzten juristischen Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können

10 BGHZ 7, 134 = NJW 1952, 1173. 11 So BGH, NJW 2010, 3232ff. 12 Gernhuber, JZ 1996, JZ 1996, S. 205, 206. 13 MüKoBGB/Koch, 7. Aufl. 2016, BGB § 516, Rn. 89.

Page 13: Lösungsvorschlag Examensübungsklausur 23.06.2018

Indiz hierfür kann der Rückkaufswert sein o Alle Ansätze hier vertretbar

g. Ergebnis

Anspruch § 2287 I BGB analog (+)

II. Anspruch auf Herausgabe des SUV und der monatlich von L gezahlten Raten aus § 822 BGB

1. Bereicherungsanspruch gegen den Erstempfänger

Vgl. o.: §§ 2018, 2021, 818 BGB (+)

2. Rechtsgeschäftliche, unentgeltliche Zuwendung an einen Dritten (+)

3. Ausschluss der Bereicherungshaftung des Ersterwerbers

§§ 2021, 818 III BGB (+), s.o.

III. Ergebnis Ansprüche gegen D

Der F-Verein hat gegen D einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme / der geleisteten Prämien aus §§ 2287 I analog, 818 II BGB (aA vertretbar). Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Herausgabe des SUV und der von L gezahlten Raten aus § 822 BGB.