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03
MACHER
TINA VOSS DIE ARBEITS-NETZWERKERIN
ARBEIT. MENSCH. LEBEN. HANNOVER.
Ausgabe 03
Januar 2012
Preis: 3,90 Euro
„Netzwerke machen Spaß, wenn man nicht in Abhängigkeit gerät!“
ARBEIT.
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Text: Dominik Maaßen
DAS NETZWERK HANNOVERDie hohe Schule des Gebens und Nehmens
„Warte mal, ich kenne da wen.“ Wer diesen Satz häufig gebraucht, ist kein
Einzelkämpfer, sondern gut verdrahtet. Ob nun in realen Netzwerken mit
Bierchen nach Feierabend oder den virtuellen mit Profil im Internet, ob weltweit
auf dem Globus oder verwurzelt in der Region Hannover. Aber nur, wer sich als
Unternehmer darin aktiv, konstant und mit Fingerspitzengefühl beteiligt und
den anderen einen Mehrwert bieten kann, profitiert auch beruflich von
den Gleichgesinnten.
ARBEIT.
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Netzwerk.
DAS NETZWERK HANNOVER
ARBEIT.
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Tim Schlüter, Journalist, Buchautor
und Gründer der Informations-
Initiative www.talk-social.de
Nehmen wir einmal an, Sie wollen
Angelina Jolie kennenlernen. Oder den
Dalai Lama. Oder Ferdinand Piëch. Sie
denken, solche Prominenz ist aufgrund
ihrer kümmerlichen Beziehungen so weit
von Ihnen entfernt wie die Erde von der
nächsten Galaxis? Dann irren Sie sich.
Denn Mailänder Forscher haben jetzt
die These des US-Psychologen Stanley
Milgram aus den 60er-Jahren bestätigt,
dass sich alle Menschen auf dem Plane-
ten über nur sechs bis sieben Bekannte
nahe sind. Die Italiener untersuchten die
Verbindungs linien der weltweit etwa 721
Millionen Facebook-Mitglieder und ent-
deckten: Es braucht sogar nur fünf (ge-
nauer 4,74) Kontakte – ob der Mensch nun
in Reykjavík oder Buenos Aires lebt. In Sa-
chen Berühmtheiten scheitert dieses Phä-
nomen allerdings meistens in der Praxis.
Schließlich muss Ihre Botschaft für Jolie,
Lama oder Piëch interessant genug sein,
damit sie zu ihnen durchdringt. Aber es
wäre möglich. Theroetisch.
Seilschaften und Sicherheitsgurte
Früher bezeichnete man Kontakte in Netz-
werken allgemein noch abschätzig als Seil-
schaften. Als Vitamin B oder als ein System
von Sicherheitsgurten. Das karriere-
fördernde Geflecht von Beziehungen wird
seit Jahrhunderten praktiziert. Unzäh-
lige Prinzessinnen und Prinzen konn-
ten ein Lied davon singen, wenn sie als
Abge sandte von Königshäusern für den
neuen Länderbund vor den Traualtar tre-
ten mussten. Inzwischen sind Interessen-
gemeinschaften jedoch salonfähig gewor-
den. Denn nicht nur Klappern gehört zum
Handwerk. Auch gute Netzwerke mit
Menschen auf derselben Wellenlänge be-
schleunigen die Karriere. Oder wie es die
Automobil-Legende Lee Iacocca formu-
liert hat – „Business ist nichts anderes als
ein Knäuel menschlicher Beziehungen“.
Qual der Wahl
Aber wie stellt man es als ehrgeiziger,
junger Unternehmer an, wenn man – ins-
besondere am Standort Hannover – diese
engen Knäuel lukrativ fürs Geschäft nutzen
möchte? Die Auswahl an Netzwerken in
Niedersachsen ist nämlich – wie überall –
riesen groß. Es gibt branchenspezifische,
berufsspezifische, firmeninterne, regio-
nale, überregionale, geschlossene, offene,
private oder ehrenamtliche Netzwerke,
Service Clubs, wie Rotary oder Lions mit
geson derter Einladung, Alumnigruppen
der Universitäten, offizielle Messetreffen
und natürlich die zahlreichen neuen On-
line-Communities. Und wie verhält man
sich darin?
„Business ist nichts anderes als ein Knäuel menschlicher Beziehungen.“
ARBEIT.
Familie.
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Netzwerk.
Ingo F. Schreiber, Geschäftsführer
von SWDirekt, Regionsvorstand
Hannover und im Bundesverband
Materialwirtschaft Einkauf und
Logistik e.V.
Pflege in der Zweibahnstraße
Das wissen in Netzwerken am besten die
Agenten am Knotenpunkt. Die rührigen
Multiplikatoren, wie Ingo F. Schreiber.
Neben seiner Tätigkeit als Geschäfts-
führer von SWDirekt.de, ein Großhandel
für Betriebsausstattungen, ist er Regions-
vorstand Hannover und im Bundesver-
band Materialwirtschaft Einkauf und
Logistik e.V., ein klassischer branchen-
übergreifender Treffpunkt mit deutsch-
landweit 8.000 Einkäufern und 50 Jahren
erfolgreicher Vergangenheit. Schreiber
rät: „Egal, in welchem Netzwerk, wich-
tig ist immer, dass man sich aktiv ein-
bringt. Es gilt also nicht nur auf die ei-
genen Vorteile zu schauen, sondern für
andere mitzudenken und ihnen eventuell
auf die Beine zu helfen. Die hohe Schule
ist es, andere zusammenzubringen. Netz-
werke sind keine Einbahnstraße. Sie le-
ben vom Geben und Nehmen. Man sam-
melt Adressen nicht wie Trophäen. Man
pflegt sie.“
Auf Du und Du in der Landeshauptstadt
In Hannover empfiehlt er etablierten
Firmen den Industrieclub Hannover.
Aller dings ist der nach eigenen Angaben
„einer der traditionsreichsten Business-
clubs Deutschlands“ und vor allem ein
exklusives Forum für Vorstände von
Unter nehmen wie Bahlsen oder Conti.
Eine Nummer kleiner? „Ein attraktiver
Austausch besteht natürlich auch bei
der Industrie- und Handelskammer, bei-
spielsweise im Handels- oder Außenwirt-
schaftsausschuss“, so Schreiber. „Junge
Unternehmer finden gute Kontaktnetze
bei hannoverimpuls, der Wirtschaftsförde-
rungsgesellschaft.“ Hier gibt es branchen-
bezogene Projektzentren wie die Hanno-
ver Fabrik oder Hannover IT, um regionale
Kompetenzen zu verzahnen oder gemein-
same Messeauftritte zu organisieren.
Eldorado für Aufträge
Solche Gesellschaften treten außerdem als
Bietergemeinschaft auf. Denn Netzwerke
dienen nicht nur dazu, effizient Informa-
tionen und Kontakte auszutauschen und
das eigene Fachwissen zu verbessern,
sondern auch seinen Einflusskreis bei der
Vergabe von Aufträgen und Jobs zu erwei-
tern. 40 Prozent davon handelt man laut
Experten nämlich über persönliche Bezie-
hungen. Doch auch die Nachteile liegen
auf der Hand: Wo viel vertraulich gere-
det wird, gelangen auch firmen spezifische
Daten nach außen. Diese Transparenz gilt
vor allem für Gruppen und Foren im Inter-
net, wo die Kontakt hürden niedriger sind
und die räumlichen Distanzen ein Witz.
Neue Welt Social Media
„Unternehmen machen allerdings im Ver-
gleich zu Privatleuten im Schnitt weniger
Fehler bei der Daten veröffentlichung“,
weiß Tim Schlüter, Journalist, Buchautor
ARBEIT.
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und Gründer der Informations-Initiative
www.talk-social.de. „Firmen publizieren
in der Regel Inhalte, die abgesegnet oder
schon publiziert wurden.“ Er empfiehlt
dennoch auch ihnen eine Strategie und
das Know-how von Spezialisten. „Ich rate
ab von dem, was die Netzwerkbetreiber
wollen: Erstmal anmelden, rein ins Netz
und einfach loslegen. Bei keiner Veranstal-
tung, Party oder gar einem Fernseh auftritt
stürmt man los und beginnt umgehend un-
überlegt zu reden. Stattdessen hört man
erst einmal zu, schaut sich alles an und be-
teiligt sich dann an Gesprächen. Bei vie-
len hakt es auch am technischen Verständ-
nis. Man muss eine Social-Media-Plattform
intensiv von innen kennengelernt haben,
bevor man sie nutzt. Vergleichbar würde
niemand eine TV-Werbung buchen, wenn
er das Prinzip Fernsehen nicht begreift.”
Analyse vor dem Kontakt
Insbesondere Geschäftsleuten rät Schlü-
ter, sich genaue Gedanken zu machen, wie
sich das Unternehmen beispielsweise bei
Face book präsentiert, das inzwischen zu
wichtig geworden ist, um es zu ignorie-
ren. Als Konzern, als Teil der Firma, als
Marke, nur das Produkt oder als Kampa-
gne? „Denn das zieht Konsequenzen nach
sich“, so Schlüter. „Entscheidend ist, wie
bereits in den klassischen Medien, die
Frage der Zielgruppe – wen möchte ich wie
ansprechen?“ Selbstständige Einzelkämp-
fer würden oft bis zu einer Stunde pro Tag
in Social-Media-Netzwerken verbringen.
Konzerne beschäftigen bis zu 20 Mitarbei-
ter, um „das volle Programm zu bespie-
len“. Drei von fünf Internetnutzern sind
in Deutschland laut Schätzungen in sozi-
alen Netzwerken aktiv. Und die Verweil-
dauer steigt hier dreimal schneller als im
Durchschnitt aller Websites.
Leistung zählt
Und wie nutzt man sie gewinnbringend,
womöglich für den Vertrieb? „Das Ent-
scheidende ist: Mehrwert liefern“, so
Schlüter. Im realen Netzwerk steht dafür
das Prinzip Geben und Nehmen. Im
virtuellen spricht man vom „Teilen“. Mit
diesem gleichnamigen Button übermittelt
man bei Facebook interessante Inhalte und
gewinnt über sogenannte „virale Effekte“
Fans und Follower. Auch die größte deut-
sche Business-Community XING mit ihren
rund zehn Millionen Berufstätigen, die in
16 verschiedenen Sprachen miteinander
kommunizieren, lebt vom Mehrwert: Ver-
bindungen der Akteure sind sichtbar und
generieren neue Kontakte.
Hinzu kommen circa 40.000 Experten-
gruppen und Networking-Events, bei
denen nicht marketinggesteuert ein Unter-
nehmen treibendes Element ist, sondern
die Teilnehmer selbst den intensiven
Austausch suchen. Bei Hannoveranern
beliebt sind beispielsweise die Gruppen
wie „Hannover Networking“ oder „Wirt-
schaftsstandort Region Hannover“. Wie
beim Golfspielen ergeben sich aber auch
Geschäfte, wenn man beispielsweise
derselben Freizeitaktivität frönt. Ein wei-
terer Vorteil: Dank Social Media recher-
chiert man leicht wertvolle Informationen
über den Kunden und seine Wünsche,
ohne ihn regelmäßig kontaktieren zu müs-
sen. Außer dem bleibt man beim Verkaufs-
prozess, wo manchmal der zweite oder
dritte Anlauf entscheidend ist, geschickter
im Gespräch. Für Tim Schlüter sind diese
Foren „daher eher geeignet für die Bezie-
hungspflege als für den Abverkauf“.
Nettes Extra
Und die ganz Cleveren berufen sich wieder
auf die Wissenschaft. Beziehungsweise
auf die sogenannte Reziprozitätsregel der
Top-Verkäufer. Danach sind Menschen
motiviert, eine Gegenleistung zu erbrin-
gen und jemanden positiv in Erin nerung zu
behalten, wenn sie etwas erhalten. „Man
stellt also nicht wie verrückt sinnlose
Infos ins Netz oder macht penetrante Kalt-
akquise“, sagt Schlüter, „sondern bietet
beispielsweise Hilfe bei einer Problem-
lösung oder kostenloses Experten wissen
an.“
Dann fragt man sich nur noch, was hier
Jolie, Lama oder Piëch ganz dringend
benötigen? Einfach mal gründlich nach-
denken. Keine Angst, Sie kennen sie
bereits – und die Sie. Es braucht nur eins:
zwei, drei, vier, fünf Kontakte. ←
„Egal, in welchem Netzwerk, wichtig ist immer, dass man sich aktiv einbringt.“
Familie.
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Netzwerk.
Sieben Tipps für
Xing, Facebook und Co.
1. ExpertenDie Welt der Social Media ist nicht nur
sehr neu, sondern für Anfänger auch
längst unübersichtlich. Spezialisten
bringen Know-how und sind günstiger
als Folgen peinlicher Fehler.
2. RessourcenEs reicht nicht, erst einmal ein Profil zu
erstellen und dann abzuwarten. Pla-
nen Sie ausreichend Zeit und Budgets
ein. Interaktion lautet das Stichwort
beim Social Media – und die läuft ide-
alerweise konstant und manchmal so-
gar ziemlich schnell.
3. StrategieStarten Sie lieber erst einmal mit ei-
nem Netzwerk – und werden dort kom-
petent. Und den Erfolg unterstützen
nur Kanäle, die Ihre Kunden nutzen.
Wählen Sie daher das passende Netz-
werk und damit die richtige Art und
Weise der Inhalte und Kommunika-
tion. Außerdem müssen diese cross-
medial mit Ihren anderen Infokanälen
harmonieren.
4. Know-howSocial-Media-Netzwerke sind kom-
plex und funktionieren nicht immer
unmittelbar. Nur wer weiß, wie die
jeweiligen Tools funktionieren, kann
sie gewinn bringend und geschickt
einsetzen. Im schlimmsten Fall ver-
öffentlichen Sie ansonsten sogar ge-
heime Daten.
5. MehrwertNicht die Einbahnstraße zählt, die
Werbebotschaften verkündet, sondern
Menschen kommunizieren direkt mit
Menschen. Und die werden auf Sie auf-
merksam, wenn Sie ihnen regel mäßig
einen Mehrwert, also nützliche Infor-
mationen, bieten.
6. GlaubwürdigkeitPasst Ihr Unternehmen überhaupt in
ein Social-Media-Umfeld, das vor allem
durch Transparenz lebt? Mundpro-
paganda von Nutzern kann sich wie
ein Lauffeuer enorm vorteilhaft ent-
wickeln – aber leider auch negativ.
7. MitarbeiterAuch im Social-Media-Bereich sind
Ihre Mitarbeiter die besten Kommu-
nikatoren Ihres Unternehmens. Aller-
dings dann auch öffentlich. Erarbeiten
Sie – mit ihnen zusammen – wichtige
Regeln, wie kommuniziert werden soll.
Hier helfen auch Weiterbildungen. ←