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MAGAZIN DES LEIBNIZ-ZENTRUMS FÜR AGRARLANDSCHAFTSFORSCHUNG (ZALF) E. V. TITELTHEMA DIE DIGITALE LANDWIRTSCHAFT DER ZUKUNFT

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MAGAZIN DES LEIBNIZ-ZENTRUMS FÜRAGRARLANDSCHAFTSFORSCHUNG (ZALF) E. V.

TITELTHEMA

DIE DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

DER ZUKUNFT

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ZIELE FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

17 »Ziele für nachhaltige Entwicklung« bilden das Herzstück der 2015 verab-schiedeten Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN). Die Agenda schafft die Grundlage für weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer

Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde.

MEHR INFOS

https://sustainabledevelopment.un.org/sdgs

Im aktuellen Heft werden Forschungsprojekte vorgestellt, die folgende Ziele für nachhaltige Entwicklung adressieren:

KEINE ARMUT KEINE HUNGERSNOT INNOVATION UND INFRASTRUKTUR

MASSNAHMEN ZUM KLIMASCHUTZ

LEBEN IM WASSER LEBEN AN LAND

1 2 9

13 14 15

INHALT

Forscherinnen und Forscher entwickeln eine Vision für die LANDWIRTSCHAFT DER ZUKUNFT. DIGITALISIERUNG

UND NEUE TECHNOLOGIEN könnten den Agrarsektor revolutionieren und Umwelt- und Klimaschutz mit Ernährungssicherung verbinden.

Wie kann sich die LANDWIRTSCHAFT künftig besser AUF

WETTEREXTREME VORBEREITEN? Eine europaweite Unter-suchung zeigt Lösungen auf: mehr Vielfalt auf den Feldern und regional angepasste Anbaumethoden.

Ein schwarzes Pulver verbessert das Pflanzenwachs-tum und wirkt als Kohlenstoffspeicher: BIOKOHLE im Fokus von Forschung und Landwirtschaft.

Muhammad Arshad untersucht, wie sich das KLIMA IN

PAKISTAN im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert hat und wie die LANDWIRTSCHAFTLICHEN KLEINBETRIEBE im Land damit umgehen.

INTERVIEW 32 · NEWS 38 · IMPRESSUM 40

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AUSGABE 02 · 2018

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TITELTHEMA

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Im Jahr 2050 wird es mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde geben. Sie alle müssen ernährt werden. Dabei leiden die ver-fügbaren Anbauflächen schon heute unter Klimawandel, Erosion oder Verarmung. Die Digitalisierung und neue Technologien könn-ten den Agrarsektor revolutionieren, sind sich Forscherinnen und Forscher einig. Gemeinsam haben sie eine Vision entwickelt, die Umwelt- und Klimaschutz mit Ernährungssicherung verbindet: die digitale Landwirtschaft der Zukunft.

DIE DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

DER ZUKUNFT

0302

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Es ist das Jahr 2050. Landwirt Meyer inspiziert seine Felder. Über ihm fliegt eine Drohne und misst die Biomasse auf seinen Äckern. Die Daten verraten ihm, wann der beste Zeitpunkt für die Ernte gekommen ist. Feldroboter jäten das Unkraut zwischen den Rüben, die in einer Senke wachsen. Andere autonome Maschinen düngen den Weizen auf dem kleinen Hang nebenan. Zuvor haben sie mit empfindlichen Sensoren genau bestimmt, an welchem Nährstoff es den Pflanzen fehlt. Der Landwirt ist zufrieden. Alle Pflanzen sehen gesund und kräftig aus. Im Spätsommer wird er eine gute Ernte einfahren.

Auf einem einzigen Feld finden bei Meyer nun bis zu 5 Nutzpflanzen Platz. Er hat auch an den Naturschutz gedacht und eine ökologische Schutzfläche angelegt. Aus Sicht der Drohne wirkt der Acker wie ein bunter Flickenteppich. Doch hinter diesem scheinbaren Durcheinander verbirgt sich ein ausgeklügeltes System. Jede Pflanze wächst genau dort, wo ihre Bedürfnisse am besten erfüllt werden. An einer Stelle seines Feldes – dort, wo die Nutzpflanzen in den ver-gangenen Jahren immer vor sich hin kümmerten, weil der Boden hier sandig und nährstoffarm ist, hat Bauer Meyer einen Blühstreifen mit Wildkräutern angelegt. Zwischen Margariten, Lupinen und Malven summen die Insekten. Den Plan für seinen Pflanzenanbau hat der Landwirt in diesem Jahr mit Hilfe eines digitalen Systems erstellt.

SCHUTZ DURCH DIGITALES MANAGEMENT

Zurück ins Jahr 2018. Überdüngung, Bodenerosion, Insektensterben oder rie-sige Monokulturen – dies sind die Probleme der modernen Landwirtschaft. Kli-mawandel und extreme Wetterereignisse setzen ihr zu. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung rasant. Die Landwirtschaft muss in den nächsten 40 Jahren so viele Nahrungsmittel produzieren, wie in den letzten 8000 zusammen. Um diese Herausforderung zu meistern, arbeiten Forscherinnen und Forscher von zehn wissenschaftlichen Einrichtungen unter Federführung des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. an einem neuen Konzept, das die Landwirtschaft revolutionieren soll. »Digital Agricultural Knowledge and Infor-mation System« (DAKIS) heißt das Projekt, für das beim Bundesministerium für Bildung und Forschung Fördermittel beantragt sind. Im Frühjahr 2019 ist der Start geplant. Herzstück von DAKIS ist die Digitalisierung: Mithilfe von Robotik, Sensorik und Computermodellen soll zukünftig ökonomisch effizienter und gleichzeitig ökologisch nachhaltiger produziert werden.

Das erfordert ein Umdenken. Denn bisher ist vor allem die Produktion möglichst hoher Erträge oberstes Ziel der Landwirtschaft. Die Betriebe holen

mit den Maschinen, Pestiziden und Düngemitteln, über die sie heute verfügen, das Maximale aus ihren Äckern heraus. Schließlich entscheidet die Höhe des Ertrags über ihr Einkommen. Dass unter dem ökonomischen Druck jedoch Böden, Artenvielfalt und Klima leiden, lässt sich heute nicht mehr ignorieren. Soll die Landwirtschaft der Zukunft neun Milliarden Menschen und mehr ernähren, müssen heute die Weichen für eine ressourcenschonende, effiziente und anpassungsfähige Bewirtschaftung gestellt werden.

DAKIS soll das dazu notwendige Wissen bündeln und verfügbar machen. »Es soll eine Entscheidungs- und Unterstützungshilfe für die Betriebe geschaffen werden«, erklärt Prof. Sonoko Bellingrath-Kimura, Koordinatorin des Projekts und Agrarwissenschaftlerin am ZALF. »In Zukunft muss die Landwirtschaft viel mehr Aspekte als heute bedienen«, erklärt die Forscherin. Dabei steht die Bran-che vor weitreichenden Entscheidungen. »Vielen ist bewusst, dass sie das Land nicht nur bewirtschaften, sondern auch erhalten müssen«, betont die Wissen-schaftlerin. Bodenerosion, extreme Unwetter oder Artenschwund nimmt auch die Landwirtschaft als Signale war, auf die es zu reagieren gilt. »Die Betriebe würden mehr tun, oft fehlt aber das Wissen um die beste Methode, die am Ende auch wirtschaftlich machbar sein muss.«

An genau dieser Stelle kommt DAKIS ins Spiel. »Mit der Digitalisierung ist es möglich, sehr komplexe Probleme zu beschreiben und zu lösen. Wir müssen diese Möglichkeiten jetzt nutzen«, drängt Bellingrath-Kimura. Agrarforschung, Ökonomie, Soziologie, Informatik aber auch Rechtswissenschaft – mehr als 30

Die Betriebe müssen mitgestalten

können, sonst haben wir am Ende

ein System, das niemand will.

PROF. DR. SONOKO DOROTHE A

BELL INGRATH-KIMURA

DIGITALE LANDWIRTSCHAFT DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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Forscherinnen und Forscher arbeiten eng zusammen, um diese Zukunftsvision gemeinsam umzusetzen. Seit drei Jahren sammeln sie bereits Ideen und feilen an ihrem Forschungsplan.

DATEN FÜR DIE ZUKUNFT

Nun wird es ernst. Zunächst gilt es, Unmengen an Daten zu sammeln. Mithilfe von Satelliten und Drohnen erfassen die Forschungsteams etwa, welche Land-schaftsstrukturen Äcker und Weiden umgeben oder welche topografischen Merkmale vorhanden sind. Sensoren auf Traktoren ermitteln, wie die Böden beschaffen sind und wie hoch deren Nährstoffgehalt ist, weitere Geräte mes-sen die Bodenfeuchte. Aus diesen und vielen weiteren Daten erfährt das Team, wie der ökologische Zustand der Flächen ist. Daraus entwickelt es Modelle, die prognostizieren sollen, wie sich Umweltparameter oder Produktivität bei ver-schiedenen Arten der Bewirtschaftung ändern.

In den kommenden Monaten starten die Forscherinnen und Forscher ihre Untersuchungen in zwei landschaftlich sehr unterschiedlichen Testregi-onen. Eine liegt im bayerischen Ruhstorf an der Rott, die andere in der bran-denburgischen Uckermark. Mithilfe der Landwirtschaft vor Ort kalkuliert das Forschungsteam die ökonomischen Kosten für bestimmte Wirtschaftsweisen, ermittelt in Workshops die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung und erfragt, welche Anreize notwendig sind, um ein neues Landwirtschaftskonzept zu etablieren. »Die Landwirtinnen und Landwirte müssen mitgestalten können, sonst haben wir am Ende ein System, das niemand will«, betont Bellingrath-Kimura.

Alle diese Daten fließen schließlich in eine riesige Datenbank: Jeder Betrieb soll diese letztlich nutzen, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Zuerst muss dafür das Ziel des Landmanagements definiert werden. Anstelle der Pro-duktion möglichst günstiger Nahrungsmittel könnte es auf einigen genutzten Flächen sinnvoller sein, den Schutz des Klimas oder der Artenvielfalt vorzuzie-hen. Wenn sich etwa in der Nähe eines Feldes ein Gewässer mit seltenen Pflan-zen und Tieren befindet, könnte zu seinem Schutz weniger gedüngt werden. Vielleicht sinken dadurch die Erträge, doch Flußperlmuschel oder Bachforelle können nur in sauberen, klaren Gewässern überleben.

Die in Zusammenarbeit von Industrie und Forschung entwickelten autonomen Roboter der Plattform »BoniRob« können bereits Unkräuter selektiv entfernen und mit Drohnen kommunizieren.

Mit der Digitalisierung eröffnen sich neue Möglichkeiten, um sehr komplexe

Probleme in der Landwirtschaft zu beschreiben und zu lösen.

PROF. DR. SONOKO DOROTHE A

BELL INGRATH-KIMURA

DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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DER PREIS DER VIELFALT

»Wieviel würden wir dafür zahlen?« stellt Bellingrath-Kimura die entscheidende Frage. »Wenn die Gesellschaft sagt: ›Wir möchten mehr Bienen‹, dann müssen wir dafür auch etwas bieten«. Auch das ist eine Aufgabe der DAKIS-Forschung: neue Erwerbsmodelle für die Landwirtschaft.

Als »Ökosystemdienstleistungen« bezeichnen Fachleute den Nutzen, den die Menschheit aus ihrer Umwelt zieht – wenn diese intakt ist. Durch den Boden gefiltertes, sauberes Trinkwasser gehört ebenso dazu wie die Bestäubung von Obstbäumen und Gemüsepflanzen oder der Schutzfunktion vor Überflutungen. Ohne diese Leistungen wäre menschliches Leben auf der Erde nicht möglich. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bezifferten ihren Wert in einer Arbeit aus dem Jahr 1997 auf 33 Trillionen US-Dollar pro Jahr – eine 14-stellige Zahl.

Bei ihrer Vision der Landwirtschaft der Zukunft geht es dem For-schungsteam auch um die Frage, wie die vorhandenen Flächen noch effizienter genutzt werden können. »Es geht nicht darum, aus ganzen Feldern Blumenbeete zu machen«, schmunzelt Bellingrath-Kimura. In Japan aufgewachsen, kennt die Wissenschaftlerin auch eine andere Form der Landwirtschaft, bei der kleinere Flächen intensiver bewirtschaftet werden. Nachhaltige Intensivierung ist das Stichwort für die Zukunft. Kleine autonome Landmaschinen, die bedarfsgerecht düngen, bewässern oder jäten gehören genauso dazu wie angepasste Sorten und neue Fruchtfolgen.

LANDWIRTSCHAFT MIT APP UND ROBOTERN

Bevor die Vision einer neuen Landwirtschaft klare Formen annehmen kann, gibt es für die Wissenschaft noch viel zu tun. Eines ist aber klar: Landwirt Meyer wird in 30 Jahren anders wirtschaften, als es sein Vater heute tut. Er plant seinen Anbau wahrscheinlich per App, basierend auf Sensorik, die seine Felder haar-klein vermisst und Analysen, die das beste Anbaukonzept nach Marktpreisen, Klimabedingungen und Schutzaspekten mathematisch ermitteln. Durch das gesamte Jahr begleitet ihn die App mit Vorschlägen und Entscheidungshilfen, um den Anbau zu optimieren – denn schließlich greift sie auch auf Echtzeit-messungen zurück, die kontinuierlich ins System eingespeist werden.

In der Welt von Bauer Meyer spielen die Konzepte des ökologischen und konventionellen Anbaus keine Rolle mehr. Denn für ihn und seine Kollegen ist es selbstverständlich, so zu wirtschaften, dass die ökologischen Leistungen auf seinen Feldern und in der Umgebung erhalten bleiben. Und für seine Kundschaft ist es ebenso selbstverständlich, ihn dafür zu honorieren.

PROF. DR. SONOKO DOROTHEA BELLINGRATH-KIMURA

studierte Landwirtschaft an der Universi-tät für Landwirtschaft und Technologie in Tokio (Japan). Seit 2015 arbeitet sie am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsfor-schung und ist Co-Leiterin des Programm-bereichs 2 »Landnutzung und Governance«. Zudem ist sie Professorin für Landnut-zungssysteme an der Humboldt-Universi-tät zu Berlin.

Wie honorieren die Konsumenten, die Gesellschaft oder die Politik, dass Landwirtinnen und Landwirte weni-ger Ertrag erhalten oder teurer produ-zieren, dafür aber Klimaschutz oder Artenschutz betreiben?

Es geht nicht darum, aus ganzen Feldern Blumenbeete zu machen.

PROF. DR. SONOKO DOROTHE A

BELL INGRATH-KIMURA

www.zalf.de/feld

DIGITALE LANDWIRTSCHAFT DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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Wettere xtreme nehmen weiter zu. Heiße, fast niederschlagsfreie Sommer wechseln sich mit ungewöhnlich starken Regenfällen ab. Hagel, Sturm, neue Schädlinge und Krankheiten vernichten ganze Ernten. Weltweit versucht die Landwirtschaft sich an die veränder-ten Klimaverhältnisse anzupassen. Eine europaweite Untersuchung zeigt jetzt: Mehr Vielfalt auf den Feldern kann schützen ‒ und sogar Erträge steigern.

LANDWIRTSCHAFT IM WETTERCHAOS

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Welche verheerenden Folgen der Klimawandel auf die Landwirtschaft haben kann, weiß der Agrarforscher Dr. Ahmad Hamidov aus seiner Heimat Usbe-kistan. Hier wird ein Großteil der Felder intensiv bewässert. Seit Jahrzehnten kämpft dort die Landwirtschaft deshalb nicht nur mit sinkenden Pegelständen von Seen und Flüssen, sondern auch mit versalzenden Böden. Mit steigenden Temperaturen verschärft sich das Problem. Denn je mehr Wasser verdunstet, desto mehr Salz bleibt in den oberen Bodenschichten zurück. Um dem Boden nicht weiter zu schaden, muss sich mit neuen Anbaumethoden an die verän-derten Klimabedingungen angepasst werden. Nicht nur in Usbekistan, sondern überall auf der Welt.

Am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. erforscht Hamidov die Folgen dieser Anpassung mit Fokus auf die europäische Land-wirtschaft, denn auch hier spitzen sich die Auswirkungen des Klimawandels in den letzten Jahren weiter zu. Im Mittelpunkt seiner von der EU und dem Bun-desministerium für Bildung und Forschung im Projekt MACSUR geförderten Forschung steht dabei immer der Boden. Wie wirkt es sich aus, wenn Betriebe ihre Felder anders bearbeiten und bepflanzen, um ihre Ernten zu sichern? »Dazu wissen wir bisher noch sehr wenig«, erklärt Hamidov. »Die Wissenschaft schaut verstärkt auf die direkten Folgen des Klimawandels, wie vermehrte Bodenero-sion oder Trockenheit. Aber die indirekten Folgen, die durch eine veränderte Nutzung entstehen, wurden bisher kaum beachtet.«

Dabei seien gerade jene Prozesse entscheidend für unsere Zukunft, meint Hamidov. Es geht um die Ernährungssicherheit von bald neun Milliar-den Menschen. Und um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die bis zum Jahr 2030 u. a. den Hunger beenden, den Klimawandel bekämpfen, die natürlichen Ressourcen erhalten und die Verschlechterung der Bodenfrucht-barkeit stoppen sollen. Ohne ein vernünftiges Bodenmanagement sind diese Ziele kaum zu erreichen.

Die Versalzung von Anbauflächen ist in Usbekistan aufgrund eines nicht nachhaltigen Bewässerungsmanagements sehr verbreitet, was oft zu Ernteausfällen und Ertragsrück-gängen führt. Hier zu sehen ist ein Baumwollfeld in der Region Choresm.

Es gibt keine Patentlösung.

DR. AHMAD HAMIDOV

BODEN BODEN

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KEINE PATENTLÖSUNG

Hamidov analysiert mit seinem Team die Forschungsergebnisse von 20 ver-schiedenen Studien aus ganz Europa, um herauszufinden, welche Strategien der Anpassung an den Klimawandel sich positiv auf den Boden auswirken und wel-che eher schaden. Ein gesunder Boden reinigt Wasser, speichert Nährstoffe, ist Lebensraum und Genpool, liefert Nahrung, Rohstoffe und Biomasse. Auch als Klimaschützer tritt er in Aktion, indem er Unmengen an organischem Kohlen-stoff als Humus speichert. Ist das empfindliche Bodengefüge gestört – etwa durch Versalzung, Erosion oder Verdichtung – sind all diese Funktionen beeinträchtigt.Die ausgewerteten Studien reichen von Italien bis Norwegen, von Spanien bis Rumänien. Sie zeigen ein diverses Bild. In Skandinavien ist das Klima generell feuchter, im Süden Europas trockener. Entsprechend unterschiedlich sind die jeweiligen Herausforderungen – und die erforderlichen Anpassungsstrategien.

Zudem treffen die Klimamodelle für die einzelnen Regionen unterschied-liche Vorhersagen. Während im nördlichen Europa noch mehr Niederschlag erwartet wird, wird es im Süden noch trockener. Die skandinavischen Betriebe werden ihre Böden mit Drainagen trockenlegen müssen, die spanischen oder griechischen Landwirtinnen und Landwirte werden mehr bewässern oder auf

trockenresistente Pflanzen angewiesen sein. In einigen Gegenden wird es für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und der Verbesserung der Bodengesund-heit notwendig, Ackerland in Grünland umzuwandeln. Auch das Düngen der Kulturen und die Bearbeitung des Bodens müssen individuell angepasst werden. »Es gibt keine Patentlösung«, betont Hamidov.

DIE VIELFALT MACHT'S

Doch so unterschiedlich die Auswirkungen des Klimas auf die Landwirtschaft in Europa auch sein werden – die Analysen zeigen deutlich, dass vor allem jene Anpassungsstrategien Erfolg versprechen, die auf veränderte Fruchtfolgen und neue Feldfrüchte setzen. Jene Betriebe, die mehr Vielfalt auf ihre Felder bringen, streuen das Risiko für Ausfälle und unterdrücken Krankheiten. Vielfalt macht die Systeme widerstandsfähiger.

In Brandenburg ist die Sojabohne so eine neue Fruchtart, die nach und nach ihren Weg auf die heimischen Felder findet. »Es ist eine ganz neue, vielver-sprechende Kultur, die hier aufgrund des Klimawandels zunehmend günstige Bedingungen vorfindet.«, sagt Hamidov. Mit ihrem tiefreichenden Wurzel-system kann sie Wasser- und Nährstoffressourcen erschließen, die für andere Pflanzen unerreichbar sind. Zudem nutzt die Pflanze über eine Symbiose mit Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft. Beides macht die Sojabohne für die Landwirtschaft immer attraktiver, zumal die Nachfrage nach der eiweißreichen

In Spanien werden wir zukünftig mehr Beregnungsanlagen sehen, wie diese Tröpf-chenberegnung für effektiveren Wassereinsatz (links). In Nordeuropa gilt es hingegen, zu feuchte Felder mit Entwässerungsgräben zu versehen (rechts).

BODEN BODEN

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Hülsenfrucht groß ist. Andere Leguminosen wie Bohnen, Wicken oder Lupinen haben ähnliche Eigenschaften, können bislang aber schlechter vermarktet werden.

Auch der Faserhanf könnte eine Pflanze der Zukunft sein. Unter den Nutzpflanzen ist er ein wahrer Alleskönner. Schon heute kommt die Natur-faser als Dämmmaterial zum Einsatz. Die Samen liefern ein wertvolles Öl für die Kosmetik- und Nahrungsmittelbranche. Und er besitzt »ein wundervolles Wurzelsystem«, schwärmt Hamidov.

ERSTMALIGER ÜBERBLICK

In seiner Meta-Studie führte das ZALF-Team um Hamidov das Wissen unter-schiedlicher Untersuchungen zusammen und gibt erstmals einen Überblick über die Folgen einer angepassten Landwirtschaft in Europa. In den kommen-den Jahren wird es nun darum gehen, gemeinsam mit Entscheidungsträgern Strategien und neue Wertschöpfungsketten zu entwickeln. Die Betriebe sollen bestmöglich unterstützt werden, um gut gegen den Klimawandel gewappnet

zu sein und gleichzeitig die Böden zu schützen. »Dazu sind die meisten auch bereit«, weiß Hamidov.

Auch auf der Forschungsseite gibt es noch viel zu tun, denn nicht alle Geheimnisse des Bodens sind schon gelüftet. So wisse man bisher noch zu wenig über seine Biodiversität. In ihm tummeln sich nicht nur Regenwürmer und Maulwürfe, sondern jeden Kubikzentimeter bevölkern auch Abermillionen Bakterien, Pilzen und Mikroorganismen. Sie entscheiden maßgeblich darüber, wie gesund und produktiv ein Boden ist. Doch wie genau, ist noch weitgehend unverstanden.

Business as usual – soviel ist für Hamidov klar – ist im Angesicht des Klimawandels jedenfalls keine Option. Denn eine angepasste Landwirtschaft ist nicht nur notwendig, um künftig Verluste in der Nahrungsmittelproduktion zu verhindern. »Eine erfolgreiche Anpassung«, stellt er klar, »hat sogar das Poten-zial, die landwirtschaftliche Produktion zu steigern.«

Faserhanf ist ein wahrer Alleskönner, mit Verwendungsmöglichkeiten unter anderem in der Kosmetik- und Nahrungsmittelbranche. Darüber hinaus schützt er durch seinen kompakten Wuchs den Boden sehr effektiv gegen Erosion und unterdrückt Unkräuter.

Business as usual ist keine Option.

DR. AHMAD HAMIDOV

www.zalf.de/feld

BODEN BODEN

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Energierohstoff e

Gesellschaftliche Anforderungen an

Landwirtschaft

Schutzfunktion z. B.vor Überfl utung

Welche Arten leben wo und unter welchen

Bedingungen?

Photosyntheseleistung der Pfl anzen

WAS BRINGT DIEDIGITALISIERUNG DER LANDWIRTSCHAFT?

Die Landschaft stellt uns eine Fülle an verschiedenen Versorgungsleistungen bereit. Landwirtschaftliche Produktion ist ein entscheidender Teil in diesem Gesamtsystem, da sie alle anderen Leistungen direkt oder indirekt beeinflusst. Es ist daher wichtig, Ursachen und Wirkungen für Veränderungen in der Landschaft

genau zu verstehen. Hier eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten.

Photosyntheseleistung der Pfl anzen

Bestäubungsleistung von Insekten

Nahrungsmittelproduktionfür Mensch und Tier

CO₂-Speicher

Einfl uss der Landwirtschaft auf die Ökosysteme

Tourismusund Erholung

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

Energierohstoff e

Gesellschaftliche Anforderungen an

Landwirtschaft

Schutzfunktion z. B.vor Überfl utung

Welche Arten leben wo und unter welchen

Bedingungen?

Photosyntheseleistung der Pfl anzen

WAS BRINGT DIEDIGITALISIERUNG DER LANDWIRTSCHAFT?

Die Landschaft stellt uns eine Fülle an verschiedenen Versorgungsleistungen bereit. Landwirtschaftliche Produktion ist ein entscheidender Teil in diesem Gesamtsystem, da sie alle anderen Leistungen direkt oder indirekt beeinflusst. Es ist daher wichtig, Ursachen und Wirkungen für Veränderungen in der Landschaft

genau zu verstehen. Hier eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten.

Photosyntheseleistung der Pfl anzen

Bestäubungsleistung von Insekten

Nahrungsmittelproduktionfür Mensch und Tier

CO₂-Speicher

Einfl uss der Landwirtschaft auf die Ökosysteme

Tourismusund Erholung

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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€Wetterdaten,

Pfl anzenzustand

Preise von landwirtschaftlichen

Produkten

Biodiversität: Artenvielfalt bei Tieren

und Pfl anzen

Bodenzustand: Kohlenstoff gehalt,

Dichte

Feinstaubbelastung in der Luft

LANDSCHAFTSDATEN WERDEN ERFASST

Im Projekt »DAKIS« wird in zwei Forschungsregionen im Norden und Süden Deutschlands ein Landschaftsmonitoring-System aufgebaut. Sensoren im Boden, im Wasser, in der Luft und im All überwachen Landschaftsparameter in Echtzeit. Diese Daten fließen zusammen mit Marktinformationen in ein

intelligentes System zur Entscheidungsunterstützung (DAKIS).

Bodenzustand: Nährstoff gehalt, Wasserspeicher

Pfl anzenzustand: Reifegrad, Biomasse

Pfl anzenzustand: Schädlings- oder Krankheitsbefall

Pfl anzenzustand: Wasserbedarf, Nährstoff bedarf

Schadstoff belastung im Wasser

Bodenzustand: Kohlenstoff gehalt,

Dichte

DAKIS-SYSTEMDigital Agricultural

Knowledge andInformation System

LANDSCHAFTSDATEN WERDEN ERFASST

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

€Wetterdaten,

Pfl anzenzustand

Preise von landwirtschaftlichen

Produkten

Biodiversität: Artenvielfalt bei Tieren

und Pfl anzen

Bodenzustand: Kohlenstoff gehalt,

Dichte

Feinstaubbelastung in der Luft

LANDSCHAFTSDATEN WERDEN ERFASST

Im Projekt »DAKIS« wird in zwei Forschungsregionen im Norden und Süden Deutschlands ein Landschaftsmonitoring-System aufgebaut. Sensoren im Boden, im Wasser, in der Luft und im All überwachen Landschaftsparameter in Echtzeit. Diese Daten fließen zusammen mit Marktinformationen in ein

intelligentes System zur Entscheidungsunterstützung (DAKIS).

Bodenzustand: Nährstoff gehalt, Wasserspeicher

Pfl anzenzustand: Reifegrad, Biomasse

Pfl anzenzustand: Schädlings- oder Krankheitsbefall

Pfl anzenzustand: Wasserbedarf, Nährstoff bedarf

Schadstoff belastung im Wasser

Bodenzustand: Kohlenstoff gehalt,

Dichte

DAKIS-SYSTEMDigital Agricultural

Knowledge andInformation System

LANDSCHAFTSDATEN WERDEN ERFASST

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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Agrarwissenschaftliche Forschungsergebnisse

Welche Möglichkeiten

für neue Geschäftsmodelle

entstehen?

Wo lohnt sichNahrungsmittelanbau,

wo Umweltschutz?

Wie mache ich meinen Betrieb durch Vernetzung mit anderen Akteuren

wettbewerbsfähiger?

Welche Fördermittel kann

ich beantragen.

DURCH EINE VERNETZTE LANDWIRTSCHAFTZU NACHHALTIGEREN LANDSCHAFTEN

DAKIS vernetzt Daten, Informationen und Akteure miteinander und stellt Handlungsempfehlungen für die Anpassung der Landwirtschaft bereit. Diese berücksichtigen Wechselwirkungen zu weiteren Versorgungsleistungen der Landschaft und verbinden ökonomische Produktivität mit einer umweltgerechten

Landwirtschaft.

Agrarwissenschaftliche Forschungsergebnisse

Wie kann ich den Pestizideinsatz

reduzieren?

Rechtliche, politische und gesellschaftliche

Ansprüche

Welche Fruchtarten sollte ich wann anbauen

und ernten?

Wo kann ich Wasserund Düngemittel

sparen?Wo müssen Roboter Unkraut bekämpfen?

Mit welchen neuen Technologien kann ich

mein Anbausystem verbessern?

DAKIS-SYSTEMDigital Agricultural

Knowledge andInformation System

DURCH EINE VERNETZTE LANDWIRTSCHAFTZU NACHHALTIGEREN LANDSCHAFTEN

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

Agrarwissenschaftliche Forschungsergebnisse

Welche Möglichkeiten

für neue Geschäftsmodelle

entstehen?

Wo lohnt sichNahrungsmittelanbau,

wo Umweltschutz?

Wie mache ich meinen Betrieb durch Vernetzung mit anderen Akteuren

wettbewerbsfähiger?

Welche Fördermittel kann

ich beantragen.

DURCH EINE VERNETZTE LANDWIRTSCHAFTZU NACHHALTIGEREN LANDSCHAFTEN

DAKIS vernetzt Daten, Informationen und Akteure miteinander und stellt Handlungsempfehlungen für die Anpassung der Landwirtschaft bereit. Diese berücksichtigen Wechselwirkungen zu weiteren Versorgungsleistungen der Landschaft und verbinden ökonomische Produktivität mit einer umweltgerechten

Landwirtschaft.

Agrarwissenschaftliche Forschungsergebnisse

Wie kann ich den Pestizideinsatz

reduzieren?

Rechtliche, politische und gesellschaftliche

Ansprüche

Welche Fruchtarten sollte ich wann anbauen

und ernten?

Wo kann ich Wasserund Düngemittel

sparen?Wo müssen Roboter Unkraut bekämpfen?

Mit welchen neuen Technologien kann ich

mein Anbausystem verbessern?

DAKIS-SYSTEMDigital Agricultural

Knowledge andInformation System

DURCH EINE VERNETZTE LANDWIRTSCHAFTZU NACHHALTIGEREN LANDSCHAFTEN

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DIGITALE LANDWIRTSCHAFT

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Aus pflanzlichem Abfall entsteht ein Substrat, das Bodenfruchtbar-keit und Ernteerträge erhöht. Biokohle wurde schon vor Jahrtau-senden in Südamerika als Düngung eingesetzt. Das schwarze Pulver verbessert nicht nur das Pflanzenwachstum, sondern wirkt auch als Kohlenstoffspeicher. Die »Wunderkohle« könnte in den kommen-den Jahren zu einer begehrten Ressource werden, speziell im Anbau von Leguminosen oder überall dort, wo Dünger zu teuer ist.

KOHLE FÜR DEN ACKER

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Ihre Blüten sind attraktiv, ihre Samen eiweißreich und nahrhaft für Mensch und Tier, doch das wirklich Besondere an ihnen ist unter der Erde versteckt: Leguminosen wie Lupinen, Erbsen oder Sojabohnen besitzen an ihren Wur-zeln kleine kugelige Gebilde. In diesen leben Abermillionen Bakterien, die eine Lebensgemeinschaft mit der Pflanze eingehen, von der beide Seiten profitieren. Die auch Knöllchenbakterien genannten Mikroorganismen liefern den Pflanzen einen wertvollen Nährstoff. Sie fixieren Stickstoff aus der Luft und machen ihn damit für die Pflanze verfügbar. Im Gegenzug versorgt die Pflanze ihre winzi-gen Mitbewohner mit Nahrung.

Ohne diese Lebensgemeinschaft kümmern die Pflanzen vor sich hin. Denn einen Großteil ihres Stickstoffbedarfs liefern ihnen die Bodenbakterien. Die Pflan-zen sind jedoch wählerisch: Jede Art geht nur mit ganz bestimmten Bakterien eine Verbindung ein. Während Bohnen oder Erbsen in den heimischen Böden problemlos ihre Partner finden, ist es für die Sojabohne schwieriger. Denn ihre Knöllchenbakterien kommen in Mitteleuropa nicht vor. Wer Sojabohnen in Deutschland anbaut, muss deshalb die geeigneten Bodenbakterien zusammen mit der Saat in den Boden bringen.

BIOKOHLE ALS ÜBERLEBENSKAPSEL FÜR MIKROBEN

Die Agrarforscherin Dr. Dilfuza Egamberdieva untersucht diese enge Lebensge-meinschaft zwischen Pflanzen und Bakterien seit Langem. Und sie weiß, dass es in manchen Jahren nicht gelingt, Sojabohnen und Knöllchenbakterien erfolgreich zusammenzuführen. Dann bleiben die Pflanzen klein und die Erträge niedrig. Der Grund: »Wenn es sehr trocken ist, bevor die Bakterien eine Symbiose ein-gehen können, sterben sie«, erklärt die Forscherin. Regnet es nach der Aussaat nicht, ist das Schicksal der Mikroorganismen besiegelt.

Wenn es sehr trocken ist, sterben die Bodenbakterien.

DR. D ILFUZA EGAMBERDIE VA

BIOKOHLE BIOKOHLE

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Biokohle ist nicht gleich Biokohle. Ob Holz, Stroh, Mais, Dung oder Gärreste aus Biogasanlagen – je nach Ausgangsmaterial sind die Nährstoffgehalte und Eigen-schaften unterschiedlich.

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Doch die Forscherin hat einen Ausweg für dieses Dilemma gefunden. Mit Expe-rimenten im Freiland und im Gewächshaus suchte sie nach einem Substrat, indem die Bakterien auch Trockenheit überstehen können. Sie wurde fündig: Setzte sie dem Boden Biokohle zu, überlebten die Organismen.

Biokohle entsteht durch ein Verfahren, das Fachleute als Pyrolyse bezeich-nen. Pflanzenreste, Biomüll oder sogar Dung werden dabei auf 300 bis 800 Grad Celsius unter Luftabschluss erhitzt. Nach einer halben Stunde hat sich das Material in tiefschwarzes Substrat verwandelt, das an Holzkohle erinnert.

Seit etwa zehn Jahren beschäftigt sich die Forschung intensiv mit dem Thema. Denn im Boden entfaltet sie zahlreiche positive Eigenschaften. Das wussten auch schon die südamerikanischen Hochkulturen, die mit der Terra Preta bereits vor Jahrtausenden einen extrem fruchtbaren Boden schufen. Ein wichtiger Bestand-teil dieser schwarzen Erde ist Biokohle. Wie ein Schwamm speichert sie Wasser und Nährstoffe und gibt sie nach und nach an die Pflanzen ab.

»Biokohle hat mikroskopisch kleine Poren, in denen sich die Bakterien ansiedeln, und wo sie vor Trockenheit und Temperaturunterschieden geschützt sind«, erklärt Egamberdieva. Das Substrat wirkt wie eine Überlebenskapsel, in der die Mikroorganismen ungünstige Phasen überdauern. Keimen die Samen der Sojabohne aus, warten die Knöllchenbakterien schon darauf, die Wurzeln zu besiedeln. »Mit Biokohle bilden sich mehr Wurzelknöllchen als ohne«, betont die Forscherin. Dadurch sind die Pflanzen größer und die Erträge höher, denn die Pflanze ist besser mit Stickstoff versorgt.

Biokohle hat mikroskopisch kleine

Poren, in denen sich die Bakterien

ansiedeln.

DR. D ILFUZA EGAMBERDIE VA

BIOKOHLE BIOKOHLE

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Für die Feldversuche brachte Dr. Dilfuza Egamberdieva ein Gemisch aus Bodenbakterien, gemahlener Biokohle und Sojabohnensamen auf den Feldern aus.

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HÖHERE BODENFRUCHTBARKEIT MIT KOHLE

Doch Biokohle kann noch weitaus mehr. Weil das Substrat im Boden nur sehr langsam abgebaut wird, ist es ein effektiver Kohlenstoffspeicher. Auch deshalb ist das schwarze Gold für die Forschung so interessant. Zusätzlich verbessern sich weitere Bodeneigenschaften. Die mikrobielle Aktivität und der Nährstoffgehalt steigen, der Anteil an organischen Komponenten nimmt zu. Langfristig erhöht sich die Bodenfruchtbarkeit – und damit auch der Ertrag weiterer Nutzpflanzen wie Getreide oder Gemüse, erwartet Egamberdieva. Damit könnte das Verfahren auch über den Leguminosenanbau hinaus interessant werden.

Dennoch sind längst nicht alle Fragen geklärt. Ob Biokohle auf alle Pflanzen und Böden positiv wirkt, oder ob sie auch Nachteile haben kann, muss noch weiter untersucht werden. In den kommenden Jahren wird Egamberdieva erforschen, wie Biokohle verschiedene Nutzpflanzen beeinflusst und welche Art von Biokohle besonders positiv wirkt.

Bereits heute kann die Forscherin sagen, dass es sich für Klima und Boden lohnt, Biokohle einzusetzen. Besonders die Landwirtschaft in Entwick-lungsländern könnte von der Methode profitieren. Hier ist Dünger teuer und

die Umweltbedingungen für Pflanzenbau sind oft ungünstig. Biokohle ist leicht herzustellen, die notwendigen Ausgangsmaterialien sind nahezu überall ver-fügbar. Hierzu braucht es aber langfristige Ansätze in Politik und Landwirt-schaft, denn es wird einige Jahre dauern, bis die Biokohle den Boden nachhaltig verbessert. Schließlich wuchsen auch die fruchtbaren Terra Preta-Böden am Amazonas nicht über Nacht.

In Topfexperimenten fügte sie dem Bodensubst-rat etwas Biokohle hinzu (links). In beiden Ansätzen wuchsen die Pflanzen mit dem Kohlezusatz besser – vor allem, wenn es trocken war (rechts).

www.zalf.de/feld

BIOKOHLE BIOKOHLE

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Wie unbemannte Flugsysteme die Erkundung von Landschaften unterstützen

DROHNEN IN DER FORSCHUNG

Herr Wehrhan, Sie arbeiten am ZALF als Drohnenpilot. Wofür benötigt die Forschung solche Fluggeräte?

Wollen wir in einem Landschaftsgebiet flä-chendeckend Daten, zum Beispiel zu Vegetati-on oder Bodeneigenschaften erheben, sind wir bislang auf Satellitenaufnahmen angewiesen. Doch trotz des technischen Fortschritts ist die Auflösung für einige unserer Forschungsfragen zu gering. Wir haben keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Aufnahmen und: Satelliten kön-nen bisher nicht durch Wolken sehen. Einzige Alternative waren bislang Erhebungen mit dem Flugzeug, was aber sehr aufwendig und teuer ist. Fortschritte in der Drohnentechnik erlau-ben uns nun, diese Lücke zu schließen. Immer leichtere und preisgünstigere Sensoren und Flugsysteme lassen uns viel flexibler Aufnah-men machen, mit einer Auflösung von unter zehn Zentimetern.

Wie funktioniert so ein Flug mit der Drohne?

Das Drohnensystem »Tron«, mit dem ich arbei-te, sieht aus wie ein kleines Segelflugzeug mit zwei kleinen Propellertriebwerken. Die meisten Missionen fliegt sie in einer Höhe bis 200 Meter mit rund 80 km / h. Bislang sind solche Einsätze nur im Sichtbereich des Piloten erlaubt, also in einem Radius von rund 600 Metern. In dieser Konstellation sind Flugzeiten von ca. 1 Stunde und eine Flächenabdeckung von ca. 100 Hek-tar möglich. Die Flugroute wird zuvor am Computer geplant und anschließend auf den Autopiloten übertragen. Der Flug erfolgt voll-automatisch. Ich bin zwar mit einer Fernbedie-nung vor Ort, greife aber nur im Notfall ein.

Könnten Drohnen wie diese zukünftig auch in der Landwirtschaft genutzt werden?

Das ist möglich, hängt aber von der Aufgaben-stellung ab. Drohnen wie unsere eignen sich für weiträumige Erhebungen ganzer Landschafts-ausschnitte. Um auf der Ebene der Einzelpflan-zen beobachten zu können, werden eher tief

und langsam fliegende Quadrocopter-Droh-nen eingesetzt. Schwerlastdrohnen, die bis zu 500 kg transportieren können, sowie Robo-ter am Boden verarbeiten diese Informatio-nen dann, etwa um Pflanzenschutzmittel oder Dünger nur ganz lokal und damit umweltscho-nend einzusetzen – das wäre ein mögliches Zukunftsszenario.

Welche Forschungsfrage versuchen Sie aus der Luft zu beantworten?

Wir setzen die Drohne im Projekt CarboZALF 2.0 gerade ein, um herauszufinden, wieviel zusätzlichen Kohlenstoff landwirtschaftlich ge-nutzte Böden bei angepasster Bewirtschaftung speichern könnten. In diesem Speicherpotential liegt eine große Chance, einen Teil der weltwei-ten CO2-Emissionen in Böden festzulegen und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen. Mit der Tron bestimmen wir einerseits den ak-tuellen Kohlenstoffsättigungsgrad der Böden und andererseits den Kohlenstoffeintrag in Böden über die Kulturpflanzen. So können wir die noch ungenutzten Speicherpotenziale der Böden ermitteln und die Landbewirtschaftung gezielt anpassen.

MARC WEHRHAN

ist Diplom-Geograph und seit 2004 als Ferner-kunder am ZALF tätig. In der Arbeitsgruppe Landschaftspedologie beschäftigt er sich mit der Ableitung von Vegetations- und Bodenei-genschaften aus Drohnen- und Satellitenbildern sowie Verfahren zur Landnutzungsklassifizierung.

INTERVIEW

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Die Zahl lässt aufhorchen: Seit 2009 ist die Reisproduktion in Pakistan um 30 Prozent eingebrochen. Der Grund liegt in den steigenden Temperaturen. Das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, leidet unter dem Klimawandel. Hitze, Trockenheit oder Überflutungen setzen auch anderen wichtigen Nutzpflanzen wie Weizen, Baumwolle oder Hirse zu. Dr. Muhammad Arshad wollte es genauer wissen und hat das Land, aus dem er selbst stammt, mit einem vierköpfigen For-schungsteam für vier Monate bereist. Während seiner durch die Higher Educa-tion Commission Pakistan und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützen Promotionsarbeit besuchte er 240 landwirtschaftliche Betriebe in 16 Dörfern und acht unterschiedlichen agrarökologischen Zonen. Mit dem Geländewagen fuhr er mehr als 2500 Kilometer durch Gebirge und Tiefebenen, durch feuchte und trockene Landschaften, um mehr über die Lebensumstände der dort lebenden Bäuerinnen und Bauern zu erfahren.

Ausgerüstet mit Fragebögen wollte das Forschungsteam herausfinden, wie sich das Einkommen der Menschen mit dem Klimawandel ändert. Des-halb interessierte es sich nicht nur für die Erträge der Felder, sondern auch für den Aufwand, den die Betriebe leisten mussten, um diese Erträge zu erzielen.

KLEINBETRIEBE SIND BESONDERS ANFÄLLIG

»Die Ernte allein ist kein ausreichender Indikator, um die ökonomischen Fol-gen des Klimawandels zu erfassen«, erklärt Prof. Harald Kächele. Er betreut am ZALF gleich fünf Nachwuchsforscherinnen und -forscher aus Südasien. Sie untersuchen, wie der Klimawandel das Leben der Menschen in der Region Süd-asien, die zu den landwirtschaftlich produktivsten der Erde gehört, beeinflusst. Das Ziel ihrer Forschung ist es, die Lebensbedingungen der Kleinproduzenten in Ländern wie Pakistan, Iran oder Indien zu verbessern.

In Pakistan sind die Felder oft klein und werden von Familienbetrieben bewirtschaftet. Sie bestellen ihre Äcker meist auf einfache, traditionelle Art: Statt motorisierte Landmaschinen zu nutzen, spannen sie Ochsen vor den Pflug. »Die Märkte sind außerdem schlecht reguliert, das Transportsystem ist marode und viele Betriebe sind von Zwischenhändlern abhängig, die einen Großteil der Gewinne in die eigene Tasche stecken«, beschreibt Arshad die Schwierigkeiten vor Ort. Es gibt kaum finanzielle Puffer, um größere Verluste auszugleichen. Für Risiken des Klimawandels sind die Kleinbetriebe, die 80 Prozent der Farmen ausmachen, aber nur 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Pakistans nut-zen, besonders anfällig. Wieder zurück in Deutschland berechnete Arshad mit einem statistischen Modell, wie stark die Klimavariablen die wirtschaftliche

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Mit dem Klimawandel steigen nicht nur der Meeresspiegel und die Temperaturen. Für einige Regionen der Erde prognostizieren die Klimamodelle sinkende Erträge in der Landwirtschaft. Darunter werden vor allem die ärmeren Länder dieser Welt leiden. Zu ihnen gehört Pakistan. Der Forscher Muhammad Arshad hat untersucht, wie sich das Klima des südasiatischen Landes in den letzten Jahr-zehnten verändert hat und wie dieser Wandel die landwirtschaftli-chen Betriebe beeinflusst.

WENIGER REGEN, WENIGER EINKOMMEN

PAKISTAN

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ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR DIE KRISE

Die Daten zeigen deutlich: Wenn die Temperaturen häufig über den Grenz-werten lagen, ernteten die Betriebe weniger. Mit den Erträgen sank auch die Wirtschaftlichkeit des Anbaus. Nur mit weiteren Investitionen – mit mehr Dünger, zusätzlicher Bewässerung, teuren Hochleistungssorten oder modernen Technologien – könnten sie diesen Verlust ausgleichen. Für viele Menschen vor Ort ist das existenzbedrohend. Ihnen fehlen die notwendigen Mittel, um auf die steigenden Kosten zu reagieren. Und häufig auch das Wissen über Anpas-sungsstrategien: »Das traditionelle Wissen über den Anbau wird vom Vater an den Sohn weitergegeben«, erklärt Kächele. »Wenn man daran festhält, obwohl sich die Umstände ändern, sitzt man in der Falle, denn Anpassung ist gefragt.« Fortbildung wird immer wichtiger. Wer etwa frühblühende Sorten kennt, die vor der großen Hitze heranreifen, könnte einen Teil der Verluste abfangen.

»Weizen und Reis sind die wichtigsten Nutzpflanzen in Pakistan«, betont Arshad. Daran wird sich in naher Zukunft nichts ändern. Eine Chance sieht der Forscher aber in zusätzlichen Marktnischen. Weizenbauern könnten auch Geflügel halten oder Gemüse anbauen, um ihr Einkommen aufzubessern.

Arshad sieht auch die Regierung in der Verpflichtung: »Die Kleinbe-triebe benötigen Subventionen, um auf die Klimaänderungen zu reagieren.« Erste Schritte in diese Richtung gibt es bereits: Sie müssen weniger Steuern für Energie und Kraftstoff bezahlen. Für zusätzliche Bewässerung hat der Staat außerdem ein großes Brunnenbau-Programm gestartet.

Die Ergebnisse seiner Forschung veröffentlichte Arshad im Fachjournal Ecological Indicators. »Es schlug ein wie eine Rakete«, freut sich der Wissen-schaftler. Auch, weil die Autoren die Effizienz des Anbaus beleuchten und sich nicht nur auf den Ertrag beschränken. Doch Sichtbarkeit in der Wissenschafts-gemeinschaft ist nicht das Wichtigste. »Relevanz erhalten die Ergebnisse erst, wenn sie auch auf der Ebene der Politik wahrgenommen werden«, sagt Co-Autor Harald Kächele. »Daran arbeiten wir in den kommenden Jahren.«

Effizienz der Farmbetriebe beeinflussen. Dafür zog er Wetterdaten aus den Jah-ren 1980 bis 2011 heran und ermittelte, an wie vielen Tagen die Temperatur in der Wachstumsphase von Reis und Weizen auf Werte anstieg, die den Pflanzen schadeten. Während der Blüte sind beide Pflanzen besonders empfindlich: Ist es zu heiß, bilden sie keine Körner aus. »Manchmal genügen schon einige Stun-den Hitze«, erklärt Arshad. Bei Weizen wird es ab 35,5 Grad Celsius kritisch, bei Reis ab 34 Grad Celsius.

In pakistanischen Kleinbetrieben ist Landarbeit oft noch Handarbeit, wie hier beim Unkrautjäten (links). Für seine Interviews zu den Erträ-gen und Anbaumethoden sprach Muhammad Arshad mit den jeweiligen Haushaltsvorständen der Familienunternehmen (rechts). Auch Ochsen kommen in der Feldarbeit zum Einsatz (unten). In vielen Teilen Paki-stans werden sie nicht nur zur Bodenbearbeitung, sondern auch zum Hochpumpen von Grundwasser oder zu Transportzwecken eingesetzt. www.zalf.de/feld

PAKISTAN PAKISTAN

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QUERFELDEIN

www.zalf.de/de/aktuelles/

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NEWSNEWS

PROJEKTSTART

MEHR INSEKTEN IN AGRARLANDSCHAFTEN

Welchen Einfluss hat Landwirtschaft auf Insekten und wie sehen besonders insektenfreundliche Nutzungssys-teme aus? Diesen Fragen stellen sich seit Oktober For-schende im Projekt »FInAL ‒ Förderung von Insekten in Agrarlandschaften«. Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit ca. 5 Mio. Euro geförderte Verbundvorhaben unter Koor-dination des Thünen-Instituts untersucht erstmals in großen Landschaftsausschnitten, wie die Vielfalt und Funktionalität von Insekten gezielt erhöht werden kann. Das ZALF stellt dabei ein Landschaftslabor im Havelländischen Luch, nordwestlich von Berlin, bereit. Insgesamt sollen drei Gebiete, stellvertretend für die typischen Agrarräume Deutschlands, beforscht werden.

FORSCHUNG

SATELLITEN BEOBACHTEN LAND-WIRTSCHAFT IN DEUTSCHLAND

Forscherinnen und Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin und des ZALF haben mithilfe des »Maschi-nellen Lernens« eine Methode entworfen, die es ermög-licht, aktuell angebaute Ackerkulturen von Satelliten aus zu bestimmen. Mit den gewonnenen Daten werden Simulationsmodelle zum besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Klima, Mensch, Pflanzen und Boden zukünftig noch effizienter.

OPEN SCIENCE

DATEN ZUR FREIEN NACHNUTZUNG VERÖFFENTLICHT

In Dauerfeldversuchen der Agrar- und Bodenwissen-schaften werden Auswirkungen des Klimawandels und von Anbausystemen über Jahrzehnte dokumentiert. Der Versuch »V140« läuft seit 1963 am Standort des ZALF in Müncheberg, etwa 50 km östlich von Berlin. Er ist einer der wenigen noch aktiven Dauerfeldversuchen auf sandigem Boden (https://dfv-karte.bonares.de/). Seit Oktober 2018 sind die Versuchsdaten in standar-disierter Form online frei verfügbar: https://doi.org/10.20387/BonaRes-BSVY-R418.

FORSCHUNG

EXZELLENZFORSCHUNG MIT ROBOTERN

Eine der großen Herausforderungen in der Agrarfor-schung besteht darin, die Pflanzenproduktion trotz begrenzter Nutzflächen zu erhöhen und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Um dies zu erreichen, werden im Exzellenzcluster »PhenoRob ‒ Robotik und Phänotypisierung für Nachhaltige Nutz-pflanzenproduktion« neue Methoden und Technologien erforscht, um Pflanzen zu beobachten, zu analysieren, besser zu verstehen und gezielt zu behandeln. »Pheno-Rob« wurde als eines von 57 Projekten im Rahmen der bundesweiten Exzellenzstrategie für die Förderung ausgewählt. Das ZALF ist am Vorhaben der Universität Bonn und des Forschungszentrums Jülich als assozi-ierter Partner beteiligt.

VERANSTALTUNG: AUSBLICK

ZALF AUF DER INTERNATIONALEN GRÜNEN WOCHE

Das ZALF stellt sich auf der Internationalen Grünen Woche Berlin vom 18.–27. Januar 2019 mit seiner For-schung zum Thema »Landwirtschaft im Klimawandel« vor. Hauptexponat ist die autonom flugfähige Drohne »TRON«. Die Drohne wird zur Fernerkundung von landwirtschaftlich genutzten Flächen eingesetzt. Auf der Sonderschau des Bundesministeriums für Ernäh-rung und Landwirtschaft (BMEL) in Halle 23a können Interessierte mithilfe von VR-Brillen selbst einen virtu-ellen Rundflug mit der Drohne unternehmen und sich über die Forschung des ZALF informieren.

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Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. erforscht Lösungen zu Herausforderungen in der Landwirtschaft – lokal, regional und international: Ernährungssicherheit für eine wachsende Weltbevölkerung, Reduktion von Klima- und Umweltfolgen, Transformation zu einer nachhal-tigen Lebensmittelindustrie sowie Schutz und Erhalt von Biodiversität und Ökosystemleistungen. Die Arbeit des Forschungszentrums orientiert sich dabei

an drei Dimensionen:

Eine moderne Forschungsinfrastruktur stellt hierfür die notwendige interdisziplinäre Exzellenz bereit:

LANDNUTZUNG UND GOVERNANCEWie können wir Agrarlandschaften nachhaltig gestalten?

SYNTHESE DER LANDSCHAFTSFORSCHUNGWie sehen Agrarlandschaften der Zukunft aus?

LANDSCHAFTSPROZESSE Wie funktionieren Agrarlandschaften?

FORSCHUNGSPLATTFORM »DATEN«

FORSCHUNGSPLATTFORM »MODELLE & SIMULATION«

EXPERIMENTELLE INFRASTRUKTURPLATTFORM

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V.Eberswalder Straße 84 15374 Müncheberg T 033432 82200 F 033432 82223

VorstandProf. Dr. Frank Ewert(Wissenschaftlicher Direktor)Cornelia Rosenberg (Administrative Direktorin)

ÖffentlichkeitsarbeitHendrik [email protected] 033432 82405

TexteHeike Kampe, Tom Baumeister (Interview)

Redaktion und LektoratTom Baumeister, Hendrik Schneider

Satz und ReinzeichnungHannes Schulze, Nur Mut

BildnachweiseTitel: Anton Khrupin / Shutterstock; S. 2: Herney Gómes / Pixabay; S. 5: Budimir Jevtic / Adobe Stock; S. 7: Universität Bonn; S. 8: anzebizjan / Adobe Stock; S. 9: Hendrik Schneider / ZALF; S.10: photographyfirm / Shutterstock; S. 13: Davron Yulchiev / TIIAME; S. 14: Juan Manuel Casillas / 123RF; S. 15: Ben Schonewille / Shutterstock; S. 16: Karoline Arnold; S. 24: small smiles / Shutterstock; S. 26, 28: Hua Ma / ZALF; S. 30, 31: Dilfuza Egamberdieva / ZALF; S. 32: Jarno Müller / ZALF; S. 34: Nuralya / Dreamstime; S. 36 oben: Yasir Mehmood; S. 36 unten: habibshad / iStock; S. 38 links: Quantum-Systems; S. 38 rechts: Bosch; S. 39 links: ESA / ATG medialab; S. 39 rechts: pasja1000 / Pixabay

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Dieses Heft wurde auf 100 % Recyclingpapier gedruckt.

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