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n 7 _ ' . er Übersetzer Diskussionsbeiträge'und Informationen Herausgegeben vom Verband Deutscher Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e. V. Nr. 7-8 Josef Eberle: Über die Kunst, lateinisch zu schimpfen Historiae sub aqua, sub aqua maledicere pe'rgunt. Nach Ovid Es ließe sich folgende Komödienszene ausdenken: Ein nguistisch, soziologisch und psychologisch gleicher- maßen interessierter Gelehrter wird im Verlauf eines Disputs von seinem Gesprächspartner mit einem Schimpfwort belegt. Anstatt nun auf den groben Klotz einen groben Keil zu setzen, lüftet der Beschimpfte mit verbindlichem Dankeschön den Hut (Schwabe dürfte also der Professor nicht sein), zieht sich in seine Stu- dierstube zurück, meditiert unter Beiziehung einschlä- giger Fachliteratur über das ihm Widerfahrene und destilliert schließlich aus seinen Studien diese Quintes- senz: „Fassen wir zusammen: unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte läßt sich das Schimpfwort folgen- dermaßen denieren: Das Schimpfwort ist die nominale prädikativische Feindanrede oder Feindbezeichnung normbezogen-negativen Inhalts, die in beleidigender Absicht geschieht und in der sich zugleich die Erregung des Schimpfenden löst. In dieser Denition ist die Möglichkeit der indirekten Beschimpfung gleich mit eingeschlossen, daß der Schimpfende nämlich nicht seinen Feind beschimpft, sondern bei einem Dritten über ihn schimpft . . .“ Diese Denition steht in einer kürzlich im Universi- tätsverlag Carl Winter in Heidelberg erschienenen Un— tersuchung von Ilona Opelt über „Die lateinischen Schimpfwörter und verwandte sprachliche Erschei— nungen“ (284 Seiten, Lwd.‚ 46 DM). So abstrakt, wie man danach befürchten müßte, geht es nun freilich in dem verdienstvollen Werk nicht zu dem wider- spricht schon sein handfester Gegenstand —‚ wenn es sich auch die Verfasserin versagt hat, den wissen- schaftlichen Ernst und die gelehrte Würde ihrer Arbeit durch Anflüge eigenen Humors zu gefährden. Trotzdem ist dieses hochwissenschaftliche Werk ein vergnügli- ches Buch, von all dem, was daraus zu lernen ist, ganz zu schweigen. Ein Menschenrecht Schimpfen ist ein Menschenrecht. Die Römer, noch unter der urbansten Haut rustikal bis auf die Knochen, wie sie es bis in ihre Dekadenz hinein geblieben sind, haben von diesem Recht ohne Scheu und Scham Ge- brauch gemacht. Schade, daß sich kein Römer an eine Ars maledicendi als an ein Gegenstück zu Ovids Ars amandi gemacht hat! So bleibt unsereinem, dem dieses Naturrecht so heilig ist wie einem alten Römer, nichts anderes, als zum Wörterbuch und zu ein paar wissen- schaftlichen Spezialarbeiten zu greifen, wenn er wissen will, wie einst die Herren der Welt auf dem Forum, im Senat, vor dem Richter, im Lager (und auf ihm habet sua castm Cupido!) im Hinterhof. in der Gesindestube, in den Tabemen und Popinen und in ihren Büchern einander beschimpft haben. Dank solchen, mit belese- nem Fleiß erarbeiteten Sammlungen, besonders der vorliegenden Typologie, gehört nur wenig Phantasie dazu, sich diese leicht erregbaren, wortfreudigen und anschaulich formulierenden Südländer vorzustellen, Stuttgart, den 15. Juli 1966 3. Jahrgang wie sie einander bald mit Spritzem, bald mit Kübeln aus der Cioaca Maxima ihres Schimpfwörterlexikons die blütenweiße Toga besudeln. Es ist herzerfrischend, sie nach so vielen Jahrhunderten noch ganz unge- hemmt das, und mehr als das, aussprechen zu hören, was wir, Heuchler und Schwächlinge allzumal, besten- falls grade noch zu denken wagen und dies mit schlechtem Gewissen. Kein Zweifel, die Kunst, sich gegeneinander in ungewählter Sprache auszudrücken, ist im Niedergang: die Pfeile der Alten waren spitz, die unseren sind vergiftet . .. Ilona Opelt hat ihrem Buch ein Schimpfwörter-ver- zeichnis angehängt, das nicht weniger als etwa 1400 Nummern umfaßt. Zählt man die disqualizierenden, verstärkenden und nuancierenden Beiwörter dazu, so kommt man leicht auf 2000 Ausdrücke, die heute For- malbeleidigungen wären oder doch den Grenzen der Strafbarkeit bedenklich nahekämen. Es darf jedoch ohne weiteres angenommen werden, daß ein vollstän- diger Thesaurus lateinischer Invektiven und Injurien diese Zahl mit X multipliziert aufweisen würde. Denn von dem uns überlieferten Bruchteil vom Gesamten der römischen Literatur kommt nur ein noch kleinerer Bruchteil als Quelle für unser Spezialgebiet in Be- tracht. Die Schriftwerke des hohen Stils geben für eine Untersuchung solcher Art nicht viel her, die Haupt- quelle aber, das sogenannte Vulgärlatein, also die Um- gangssprache des Mannes auf der Straße, rieselt für uns nur noch dürftig, hat doch dieses Volkslatein in der Literatur selten, und wenn, dann bereits stilisierten Niederschlag gefunden: in der Komödie, in der Satire, im bissigen Epigramm, gelegentlich in der Elegie und in den romanartigen Gebilden des Petronius und des Apuleius, vor allem aber, und hier allerdings erfreuli- cherweise so unstilisiert wie unorthographisch in Wandinschriften und Kritzeleien. Dennoch kann man von einer Stoffülle sprechen. Sie zu gliedern und die einzelnen Schimpfwörter aus dem Milieu und der Situation heraus, in denen sie gebraucht wurden, in ihrer Wirksamkeit und Nuancierung ver- ständlich, ja schmeckbar zu machen, dies dürfte der Verfasserin wohl am meisten Kopfzerbrechen bereitet haben. Wollte sie eine den Leser langweilende lexika- lische Aufzählung vermeiden und zu einer Typologie kommen, so blieb nicht vie1 anderes, als eine Einteilung nach den menschlichen und sozialen Beziehungen, in denen Beschimpfer und Beschimpfter zueinander ste- hen, vorzunehmen. Und so hat es die Verfasserin auch gemacht. Ihre Anordnung geht von diesen Verhältnis- sen aus; sie beginnt mit dem Schimpfen im Bereich der Liebe, die Ehe mit eingeschlossen, von der Werbung bis zum Krach. Es folgen die Auseinandersetzungen zwi- schen Vater und Sohn, zwischen Herrn und Sklaven. den Sklaven untereinander, das Schimpfen auf Stände und Berufe, das Verhältnis zwischen Lehrer und Schü- ler, die politische Polemik, der soldatische Schimpfjar— gon, das Schimpfen vor Gericht und schließlich das Hadern mit den Göttern und die literarische Fehde. Nicht unbedingt eine Dame . . . Daß es bei dieser systematisierenden Gliederung nicht ohne Überschneidungen und Wiederholungen ab- geht, ist unvermeidlich. Zwar sagt die Verfasserin ein- mal, respektvolle und respektlose Sprache seien stän- disch und gesellschaftlich gebunden, ichkeit und Grobheit nicht nur Sprach-, sondern Lebensstil; aber

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er Übersetzer Diskussionsbeiträge'und Informationen

Herausgegeben vom Verband Deutscher Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e. V.

Nr. 7-8

Josef Eberle:

Über die Kunst, lateinisch zuschimpfen

Historiae sub aqua, sub aqua maledicere pe'rgunt.Nach Ovid

Es ließe sich folgende Komödienszene ausdenken: Einfinguistisch, soziologisch und psychologisch gleicher-maßen interessierter Gelehrter wird im Verlauf einesDisputs von seinem Gesprächspartner mit einemSchimpfwort belegt. Anstatt nun auf den groben Klotzeinen groben Keil zu setzen, lüftet der Beschimpfte mitverbindlichem Dankeschön den Hut (Schwabe dürftealso der Professor nicht sein), zieht sich in seine Stu-dierstube zurück, meditiert unter Beiziehung einschlä-giger Fachliteratur über das ihm Widerfahrene unddestilliert schließlich aus seinen Studien diese Quintes-senz: „Fassen wir zusammen: unter Berücksichtigungaller Gesichtspunkte läßt sich das Schimpfwort folgen-dermaßen definieren: Das Schimpfwort ist die nominaleprädikativische Feindanrede oder Feindbezeichnungnormbezogen-negativen Inhalts, die in beleidigenderAbsicht geschieht und in der sich zugleich die Erregungdes Schimpfenden löst. In dieser Definition ist dieMöglichkeit der indirekten Beschimpfung gleich miteingeschlossen, daß der Schimpfende nämlich nichtseinen Feind beschimpft, sondern bei einem Drittenüber ihn schimpft . . .“

Diese Definition steht in einer kürzlich im Universi-tätsverlag Carl Winter in Heidelberg erschienenen Un—tersuchung von Ilona Opelt über „Die lateinischenSchimpfwörter und verwandte sprachliche Erschei—nungen“ (284 Seiten, Lwd.‚ 46 DM). So abstrakt, wieman danach befürchten müßte, geht es nun freilich indem verdienstvollen Werk nicht zu — dem wider-spricht schon sein handfester Gegenstand —‚ wenn essich auch die Verfasserin versagt hat, den wissen-schaftlichen Ernst und die gelehrte Würde ihrer Arbeitdurch Anflüge eigenen Humors zu gefährden. Trotzdemist dieses hochwissenschaftliche Werk ein vergnügli-ches Buch, von all dem, was daraus zu lernen ist, ganzzu schweigen.

Ein MenschenrechtSchimpfen ist ein Menschenrecht. Die Römer, noch

unter der urbansten Haut rustikal bis auf die Knochen,wie sie es bis in ihre Dekadenz hinein geblieben sind,haben von diesem Recht ohne Scheu und Scham Ge-brauch gemacht. Schade, daß sich kein Römer an eineArs maledicendi als an ein Gegenstück zu Ovids Arsamandi gemacht hat! So bleibt unsereinem, dem diesesNaturrecht so heilig ist wie einem alten Römer, nichtsanderes, als zum Wörterbuch und zu ein paar wissen-schaftlichen Spezialarbeiten zu greifen, wenn er wissenwill, wie einst die Herren der Welt auf dem Forum, imSenat, vor dem Richter, im Lager (und auf ihm — habetsua castm Cupido!) im Hinterhof. in der Gesindestube,in den Tabemen und Popinen und in ihren Bücherneinander beschimpft haben. Dank solchen, mit belese-nem Fleiß erarbeiteten Sammlungen, besonders dervorliegenden Typologie, gehört nur wenig Phantasiedazu, sich diese leicht erregbaren, wortfreudigen undanschaulich formulierenden Südländer vorzustellen,

Stuttgart, den 15. Juli 1966 3. Jahrgang

wie sie einander bald mit Spritzem, bald mit Kübelnaus der Cioaca Maxima ihres Schimpfwörterlexikonsdie blütenweiße Toga besudeln. Es ist herzerfrischend,sie nach so vielen Jahrhunderten noch ganz unge-hemmt das, und mehr als das, aussprechen zu hören,was wir, Heuchler und Schwächlinge allzumal, besten-falls grade noch zu denken wagen — und dies mitschlechtem Gewissen. Kein Zweifel, die Kunst, sichgegeneinander in ungewählter Sprache auszudrücken,ist im Niedergang: die Pfeile der Alten waren spitz, dieunseren sind vergiftet . . .

Ilona Opelt hat ihrem Buch ein Schimpfwörter-ver-zeichnis angehängt, das nicht weniger als etwa 1400Nummern umfaßt. Zählt man die disqualifizierenden,verstärkenden und nuancierenden Beiwörter dazu, sokommt man leicht auf 2000 Ausdrücke, die heute For-malbeleidigungen wären oder doch den Grenzen derStrafbarkeit bedenklich nahekämen. Es darf jedochohne weiteres angenommen werden, daß ein vollstän-diger Thesaurus lateinischer Invektiven und Injuriendiese Zahl mit X multipliziert aufweisen würde. Dennvon dem uns überlieferten Bruchteil vom Gesamten derrömischen Literatur kommt nur ein noch kleinererBruchteil als Quelle für unser Spezialgebiet in Be-tracht. Die Schriftwerke des hohen Stils geben für eineUntersuchung solcher Art nicht viel her, die Haupt-quelle aber, das sogenannte Vulgärlatein, also die Um-gangssprache des Mannes auf der Straße, rieselt füruns nur noch dürftig, hat doch dieses Volkslatein in derLiteratur selten, und wenn, dann bereits stilisiertenNiederschlag gefunden: in der Komödie, in der Satire,im bissigen Epigramm, gelegentlich in der Elegie undin den romanartigen Gebilden des Petronius und desApuleius, vor allem aber, und hier allerdings erfreuli-cherweise so unstilisiert wie unorthographisch — inWandinschriften und Kritzeleien.

Dennoch kann man von einer Stoffülle sprechen. Siezu gliedern und die einzelnen Schimpfwörter aus demMilieu und der Situation heraus, in denen sie gebrauchtwurden, in ihrer Wirksamkeit und Nuancierung ver-ständlich, ja schmeckbar zu machen, dies dürfte derVerfasserin wohl am meisten Kopfzerbrechen bereitethaben. Wollte sie eine den Leser langweilende lexika-lische Aufzählung vermeiden und zu einer Typologiekommen, so blieb nicht vie1 anderes, als eine Einteilungnach den menschlichen und sozialen Beziehungen, indenen Beschimpfer und Beschimpfter zueinander ste-hen, vorzunehmen. Und so hat es die Verfasserin auchgemacht. Ihre Anordnung geht von diesen Verhältnis-sen aus; sie beginnt mit dem Schimpfen im Bereich derLiebe, die Ehe mit eingeschlossen, von der Werbung biszum Krach. Es folgen die Auseinandersetzungen zwi-schen Vater und Sohn, zwischen Herrn und Sklaven.den Sklaven untereinander, das Schimpfen auf Ständeund Berufe, das Verhältnis zwischen Lehrer und Schü-ler, die politische Polemik, der soldatische Schimpfjar—gon, das Schimpfen vor Gericht und schließlich dasHadern mit den Göttern und die literarische Fehde.

Nicht unbedingt eine Dame . . .Daß es bei dieser systematisierenden Gliederung

nicht ohne Überschneidungen und Wiederholungen ab-geht, ist unvermeidlich. Zwar sagt die Verfasserin ein-mal, respektvolle und respektlose Sprache seien stän-disch und gesellschaftlich gebunden, Höflichkeit undGrobheit nicht nur Sprach-, sondern Lebensstil; aber

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das ist cum grano salis zu nehmen. In.der Literaturmag das gelten, das reale Leben pflegt nicht nach demBuch zu sprechen. Da ist nicht jeder Herr auch ein fei-ner Herr, nicht jeder Sklave ein Krakeeler, nicht JederRitter ein Kavalier, und eine domina nicht unbedingteine Dame.

So gibt es denn unzählige Schimpfwörter, die in allenSchichten und Kreisen gang und gäbe sind, auch kom—men gewisse Verwünschungen jedem zornig Erregten,unabhängig von seinem Bildungsgrad und gesellschaft-lichem Rang, ganz von selbst auf die Zunge. Besondersdas Tierreich bietet unbegrenzte Möglichkeiten zu be—schimpfenden Vergleichen, vom spöttisch neckenden biszur massiven Beleidigung. Man müßte den großenBrehm abschreiben, wollte man alle lateinischenSchimpfwörter aus dem Bereich der Zoologie aufzäh-len. Viele davon sind auch uns geläufig, wenn auchmitunter mit anderer Akzentuierung. Das Schimpfwort„Schwein“ zum Beispiel, das dem Römer die Qual derWahl zwischen sus, porcus, maialis und verres ließ(Cicero spielt in seinen Reden gegen Verres mit Gustodiesen Doppelsinn aus) — das Wort „Schwein“ zielt beiden Römern weniger auf das Schmutzige, als auf dieGefräßigkeit dieses schmackhaften Haustiers. Einzweibeiniger Esel (asinus, asellus) war bei ihnen nichtnur ein Dummkopf, sondern auch ein roher oder bissi-ger Kerl; Ovid gebraucht asellus sogar in obszönemSinn. Im Gegensatz dazu galt der Esel im Alten Testa-ment als ein edles Tier, mit dem verglichen zu werdenein Lob und keine Beleidigung war. Hund, Rindvieh,Affe, Wanze, Schlange, Papagei und viele andere Wör-ter klangen, auf Menschen gemünzt, damals auch nichtfreundlicher als heute. Dem Wort feles (Katze, aberauch Iltis und Marder) fehlt im Lateinischen der Be-griff „falsch“, sein Hauptton liegt, sofern es auf Men-schen bezogen wird, auf „räuberisch“; einen Jungfern-jäger nannte man feles virgina'ria. Pica (Elster) meinteine Plaudertasche, nicht eine diebische Person. Kuh,Kalb, Ziege, Gans sind bei den Römern keine Schimpf-wörter. Dagegen könnte man beklagen, daß eine sotreffende Anrede wie maena deglupta (abgehäuteteSardine) bei uns nicht üblich ist.

Ein anderes Wort, mit dem wir Gottes großen Tier-garten bereits verlassen haben, feiert heutzutage fröh-liche Urständ: fungus (Pilz) war bei den Römern einherabsetzendes Wort für einen danach aussehendenKopf und weitergehend für Dummkopf; das Wort ist inunseren „Pilzköpfen“ wieder erstanden. Auch caepacirrata (du betrottelte Zwiebel) wäre eine schöne Be-reicherung unseres Sprachschatzes. Als zierliche Ara-besken seien noch vermerkt furuncule (du Furunkel),cadaver und caro putrida (du Aas).

In den Liebes- und Ehebeziehungen beginnt dasSchimpfen harmlos mit durus, was, wenn es ein Mäd-chen zu ihrem Freund sagt, „Treuloser“ heißt, und mitdura (Spröde), wenn er es ihr gegenüber gebraucht. ImCrescendo der Auseinandersetzung folgen dann impro-bus (böse), impudens (unverschämt), ferreus (harther-zig), ineptus (blöde), saevus (tobsüchtig), mobilis(flatterhaft) und schlechtweg ‚falsus (falsch). Bei laut-starkem Krach vernimmt man Hauptwörter wie malabestia (gemeines Vieh), sterteia (Schnarchliese), Cas-sandm caltgaria (gestiefelte Kassandra), simpler rustica(Trampel), vipera (Schlange), fast: et furia (Brandfackelund Furie), adultera (Ehebrecherin), oblatratria: (Xan-thippe), fulcipedz’a (eigentlich eine, die den Fuß durchhohe Absätze höher macht, also eine hochfahrendePerson, auch eine Widerbelferin). Die so Beschimpftekonnte sich revanchieren mit nebulo (Windbeutel),nequissimus (Nichtsnutz), ancillarius (Schürzenjäger),cuculus (Kuckuck), vetulus nerven: (alter Bock), fürei-feac (Galgenstrick), lutum (Dreckskerl) und noch safti-geren Ausdrücken, die, weil sie aus der Sphäre desObszönen stammen, hier unterschlagen werden müssen.

Vom Regenwurm zum BockMan kann sich danach vorstellen, wie es in den Ge-

sindekammern, also bei den Sklaven, zugegangen ist.Auch hier spielen Tiernamen ihre Rolle, angefangenvon lumbricus (Regenwurm) bis zum hircus (stinkenderBock). Bezeichnenderweise werfen die Sklaven einan-der ihr Sklaventum an den Kopf, indem sie ihre

Schimpfwörter dem eigenen Milieu entnehmen: ver-bero (von verberare = auspeitschen, also einer, derSchläge verdient), ebenso mastigia (Peitsche, also Tau-genichts, Schurke), carcer (Gefängnis, also Dofesbru-der), suduculum flagri (Schweißtuch der Peitsche),pistrinorum civitas (Bürger der Tretmiihle), compediumtritor (Abnützer der Fußschellen), cructs ofi’la (Gal-genfutter), corvorum cibaria (Rabenfraß). An Phantasiehat es diesen Burschen wahrlich nicht gefehlt. Das zei-gen auch die mehr allgemeinen Charakterisierungenwie vasus fictilis (Ausschußware), silicemium (Lei—chenschmaus), hara suis (Schweinestall), matella(Nachttopf), bellum pomum (sauberes Früchtchen) oder,auf Sklavinnen gemünzt, culcitula (eigentlich Kopfkis—sen, gemeint ist Maträtzchen — des Herrn natürlich).

Kupplem, Geldverleihern, Parasiten, Köchen, Ein-geweidebeschauern, Dirnen gegenüber warf man mitgestanzten Beschimpfungen um sich: mit sector zona-rius (von zona = Gürtel, also Beutelschneider), stercus(Misthaufen) und ähnlichem. Ein Sklave heißt in derKomödie „Die Geliebte seines Herrn“ nostri fundi cala-mitas (du leibhaftiger Ruin unseres Vermögens). Solda-ten führen ihre eigene Sprache; sie klingt auch nichtfeiner. Selbst ihren siegreichen Feldherrn verschonensie nicht, wie man aus den Versen weiß, die CaesarsLegionäre bei seinem gallischen Triumph hinter demTriumphwagen drein gesungen haben.

„Die politische Polemik“, sagt Ilona Opelt, „greift instilistischer Hinsicht nach den Sternen und nach derGosse.“ Häufiger, wie man sagen muß, nach dieser. Inbeiden Tonarten ist Cicero unübertroffener Virtuose —fur uns wenigstens, denn von ihm hat sich literarischam meisten erhalten. (Sein poetisches Gegenstück istCatull, von dem vieles von dem bereits zitiertenstammt.) Der große Redner bringt es fertig, in einememzigen Satz über die Anhänger Catilinas einen ganzenKatalog pathetischer Beschimpfungen unterzubringen;man muß ihn wörtlich zitieren: „...quis veneficus(Giftmischer), quis gladiator (Bandit), quis latro (Stra—ßenräuber), quis sicarius (Meuchehnörder), quis pum-cida (Vatermörder), quis testamentorum subiecto'r (Erb-schleicher), quis circumscriptor (Betrüger), quis ganeo(Prasser), quis nepos (Liedrian), quis adulter (Ehebre-cher), quis corruptor iuventutis (Jugendverderber), quiscorruptus (korruptes Element), quis perditus (Ab-schaum) . . .“ Das sind nicht eigene Erfindungen Ciceros,alle diese Beschimpfungen sind Schablonen, die mandem Parteigegner unbesehen aufpinselte, und da sieaus revolutionären Zeiten stammen, scheinen sie immergepaßt zu haben. Selbst im Senat, der einst Ausländernals eine Versammlung von Königen erschien, fielendergleichen Liebenswürdigkeiten; und kein römischerGerstenmaier nahm daran Anstoß. So etwas wie Ord-nungsrufe scheint das römische parlamentarischeLeben nicht gekannt zu haben.

Ahnt man hinter den negativen Begriffen, mit denenman den politischen Gegner belegte, noch so etwas wiedas positive Ideal, an dem man diesen maß, so wird esnach unserer Auffassung ganz schlimm, wo die Belei-digungen die Intimsphäre berühren. Auch da kannteman keine Hemmung, und auch da sind die Schimpf-wörter je nach dem politischen Lager, in dem man ge—rade stand, ohne weiteres auf einen andern übertrag-bar. Es ist aus Gründen des guten Tons unmöglich, hierauch nur in Andeutungen zu sprechen — stercus curiae(Misthaufen der Kurie), einem der most honorable Mit-glieder des Hohen Hauses an .den Kopf geworfen, istnoch das Mildeste. Cicero, das Muster eleganter römi—scher E10quenz, nennt den M. Antonius, einen der zweimächtigsten Männer der Welt, in einer seiner Redenlibidinosus, petulans, iracundus, contumeliosus, super-bus, semper poscens, sempe'r rapiens, semper ebrius,also: ausschweifend, frech, jähzornig, schmähsüchtig,hochfahrend, ständig fordernd, ständig räuberisch,ständig besoffen. Daß ihn der Triumvir schließlich aufdie Proscriptionsliste setzen ließ, wird danach minde-stens begreiflich. Nichts wird geschont, nicht Herkunft,nicht Stand, nicht Alter, nicht Aussehen, nicht Armut,nicht Vermögen, nicht körperliche Gebrechen, nichteinmal die Mutter des Betroffenen. Und in der Liste derso Schimpfenden und so Beschimpften fehlen wenigeuns bekannte Namen dieser alle Begriffe von Anstandund Würde zersetzenden Revolutionszeit.

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' „Du Philosoph!“Nicht besser steht es mit der forensischen Kunst des

Schimpfens. Hier kommt noch hinzu, daß_ vor GerichtKläger wie Angeklagter, Beschuldiger wie Beschuldig-ter Immunität genossen, also straflos verleumden undbeleidigen durften. Die Zeugen des Prozeßgegnerswaren selbstverständlich verlegen, bestechen, ehrlos,frech, waren unglaubwürdige Habenichtse, Schwätzer,niedriger Herkunft. Selbst den Richtern blieb es gele-gentlich nicht erspart, von den Parteien als gekauftund bestechen bezeichnet zu werden. Eine für unsereOhren erstaunlich klingende Beschimpfung eines Zeu-gen dürfte philosophe (du Philosoph, gemeint ist: duSophist) sein; die ganze Verachtung des Römers fürnutzlose Gedankenakrobatik drückt sich darin aus.Wiederum bietet Cicero, diesmal als Anwalt, ein injeder Hinsicht klassisches Beispiel des freien Wortesvor Gericht; in seinem Plädoyer in Sachen Clodia ge-gen Caelius schimpft er die gewesene Geliebte Catullsin aller Öffentlichkeit temeraria, procax, irata multe’r,immoderata multer, mulier potens quadrantaria: einverwegenes, freches, jähzorniges, maßloses Frauenzim-mer, kurz eine einfiußreiche Drei-Groschen—Dirne. Unddies die Gattin eines Konsulars und Schwester einesmächtigen Tribuns des römischen Volkes! Daß unterdiesen Umständen die Gerichtsverhandlungen in Romein ebenso dankbares Publikum fanden wie heutzutageäiifitmäna‘lreißer auf dem Fernsehschirm -— wen wun-

e as.Wer nun meinen sollte, bei den Geistigen, also bei

den Vertretern von Literatur und Wissenschaft, sei esmanierlicher zugegangen, Wäre auf dem Holzweg. ImGegenteil, die literarische Polemik schoß mit nochspitzeren Pfeilen. Ihre Schützen waren bei nicht weni-ger erregbarer Gemütsart sprachlich ausdrucksfähiger,ihre Bosheit war kälter, weil sie durch den Intellektgefiltert war, ihr Witz treffender, weil verletzte Eitel-keit wie ein Vergrößerungsglas gegenüber den Schwä—chen anderer wirkt. Amens und demens, ineptus undinlittemtus (verrückt, ungekonnt und analphabetisch)sind geradezu feine Pizzicati gegen die Trompetenstößeluteus Gigas (Gigant aus Dreck), so Martial überdas dichterische Werk eines andern; oder cecatae char-tae, so Catull über die Annalen des Volusius. Da wirdein wissenschaftlicher Kollege zum camelus salttta'ns(zum tanzenden Kamel), ein anderer zum psittacus(nachplappernden Papagei) oder zu einer telpa (einemblinden Maulwurf). Für den alten Cato sind Dichternoch schlechtweg grassatores (Faulenzer), und füreinen Dichter der späteren Zeit seine Kritiker subduc-tisupercilicarptores = Augenbrauenhochzieherkritiker,ein Wort, das ich zur Einführung in unseren literari-schen Jargon empfohlen hätte, gäbe es nicht schon dasneudeutsche Wort highbrows.

Kein RechtsschutzZum Schluß drängt sich dem modernen Menschen

unabweislich eine Frage auf, die über das Thema un—seres Buches hinausgreift und darum dort auch nichtaufgeworfen wird: Ließen sich denn die Besch-impftenund Beleidigten solche Mißachtung ihrer Persönlichkeitklaglos gefallen? Gab es etwa gar keinen Rechtsschutzvor Beleidigern, keine gerichtliche Ahndung gewollterEhrverletzungen? Es ist doch auffällig, daß man vonBeleidigungsprozessen, wenigstens was verbale Belei-digungen betrifft, so gut wie nichts hört, und dies beieinem Volk, zu dessen großartigsten und nachhaltigstenLeistungen die Jurisprudenz, die Festsetzung und Ent-wicklung des Rechts, seiner Begriffe und seiner Termi-nologie bis in die subtilsten Unterscheidungen hineingehört. Doch, es gab die sogenannte Injurienklage, alsodie Privatklage gegen „jede absichtliche Nichtachtungfremder Persönlichkeit“. „Das alte Injurienrecht“, sagtRudolf Sohm in seinen „Institutionen“, „war englundro “. Nach den zwölf Tafeln gab es eine Klage nurwegen körperlicher Mißhandlung als solcher ohneRücksicht auf die Absicht der Beleidigung. Nach jenemZwölf—Tafel-Gesetz (um 450 v. Chr.)‚ dem ältestenDokument kodifizierten Rechts der Römer, hatte mitder Todesstrafe zu rechnen, qui malum camen incan—tasset —- das wird in einer modernen Ausgabe so über-setzt: „wer ein Schmähgedicht gesungen hat“. Die

Übersetzung ist offenkundig falsch, auch wenn sie sichauf Cicero berufen kann. Horaz machte sich über dieseAuslegung von carmen lustig: wer auf irgend jemandenschlechte Gedichte gemacht. habe, müsse mit Gerichtund Verurteilung rechnen. Schön, aber was, wenn ergute gemacht habe? . . . Dann gingen die zwölf Tafelnunter in Gelächter und der Spötter frei aus (sat. II,1, 82). Nein, carmen bedeutete in jener alten Zeit nochausschließlich Beschwörungs—‚ Verwünschungs- undVerfluchungsformel, Erst das spätere prätorische Rechtbezog auch die nichtkörperliche Verletzung eines andearen, also die verbale Beleidigung, in den Begriff derInjurie mit ein. Entscheidend aber war, daß diesesRecht die Beleidigungsabsicht zur Voraussetzung einermöglichen Ahndung hatte, die in einer Geldbuße be—stand. Das Aussprechen der Wahrheit war an Sichkeine Injurie.

Eine uns der Antwort auf unsere Frage vielleichtnäherbringende Bestimmung des römischen Rechtsschränkte die Möglichkeit zur Injurienklage insofernein, als sie dann nicht mehr erhoben werden konnte,wenn der Beleidigte einmal an den Tag gelegt hatte,daß er sich die Beleidigung nicht zu Gemüte ziehe,wenn er eine andere Genugtuung genommen oder sonstmit dem Gegner sich verglichen hatte (Arndts und vonArnesberg, Lehrbuch der Pandekten, Stuttgart, 1883).

Das scheint vor allem die politische Injurie zu be-treffen. Die hundertjährige Revolution seit den Grac—chen bis nach Actium hatte die öffentlichen Sitten ver-wildern lassen und das Gefühl für altrömische dignitas,sofern es tiefer saß als machtpolitischer Ehrgeiz, abge-stumpft. Zudem wechselte man das politische Lagerwie das Hemd; wer gestern noch maBIOS beschimpfterGegner gewesen, war heute gelebter Parteifreund undumgekehrt. Und nicht zuletzt taten die unglaubhaftenSuperlative der Beschimpfungen und die Gewöhnungan ihren wahllosen Gebrauch ihre neutralisierendeWirkung. Kurz, man war ebenso hart im Nehmen ge—worden wie im Geben. Und jedermann wußte, was ervon dieser Wüsten allseitigen Schimpferei zu haltenhatte — und machte seine Abstriche.

Mit freundlicher Genehmigung der „Stuttgarter Zeitung"

Franz Johannes Bulhardt (VDÜ), Bukarest:

Heinrich Heine in rumänischerSprache

In der Reihe „Cele mai frumoase poezii“ („Die schön-sten Gedichte“) ist im Jugendverlag Bukarest ein neuerBand erschienen, der dem rumänischen Leser eineAuswahl aus dem Schaffen Heinrich Heines vermittelnwill. Entsprechend dem Charakter dieser Serie ist eszwar ein verhältnismäßig schmächtiger Band, dennochhat der Übersetzer, J. Cassian—Matasaru, versucht, denWerdegang Heinrich Heines anhand charakteristischerBeispiele aus allen seinen Werken wiederzugeben.

So finden wir hier Verse aus dem „Buch der Lieder“,der „Harzreise“, dem Zyklus „Die Nordsee“, „Neue Ge-dichte“, „Zeitgedichte“, dem „Romanzero“, „Deutsch-land, ein Wintermärchen“, „Letzte Gedichte“ u. a. m.

Es ist nicht das erstemal, daß Heinrich Heine inrumänischer Sprache erscheint: Schon Stefan O. Josifund Barbu Nemteanu haben zu ihrer Zeit gut gelun-gene Übertragungen veröffentlicht, später haben Alex—andru Phillippide, Emil Dorian u. a. sich Verdiensteum rumänische Fassungen Heines erworben. Im Jahre1956 ist sogar ein umfangreicher Sammelband von über14 000 Versen erschienen, an dem 30 Übersetzer betei-ligt waren. Leider haben die so verschiedenen Tempera-mente der Übersetzer, von denen nicht ein jeder auchdie nötige geistige Affinität zum Schaden Heines besaß,dazu beigetragen, daß dieser Band einen etwas hybri-den Charakter bekam.

Daher Wurde die neue Auswahl einem einzigenÜbersetzer anvertraut, der die Voraussetzungen füreine gute Nachdichtung bewiesen hatte und es tatsäch—lich vermochte, dem kleinen, aber anspruchsvollenWerk ein einheitliches Gepräge zu geben und eineNachdichtung zu schaffen, die zweifellos unter denrumänischen Fassungen einen großen Schritt vorwärtsbedeutet.

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. Der Übersetzer hat in diesen Nachdichtungen dietypische Atmosphäre der Lyrik Heines und seine poe-tischen Visionen ausgezeichnet wiedergegeben und mitfeinem Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen auchseine dichterische Hilfsmittel und Pointierungen in derrumänischen Fassung wiedererstehen lassen. Aus derReihe dieser Gedichte möchten wir ganz besonders dierepräsentativen „Lieder“ Heines erwähnen, die vonMendelssohn-Bartholdy, Schumann, Schubert und ande-ren vertont wurden und die nun auch in der rumäni-schen Version sangbar sind:

„Lorelei“, „Die Grenadiere“, „Im wunderschönenMonat Mai“, „Auf Flügeln des Gesanges“ usw. Sehrgeglückt sind auch die Gedichte mit satirischemCharakter wie „Am Meer“, „Wir saßen und trankenam Teetisch“, „Die Wahlesel“, um nur einige zu nen-nen, so wie die Verse „Das Sklavenschiff“, „Die Welt istdumm“, „Ich grolle nicht“ usw.

Nach der Lektüre dieses Bandes bedauerteman, daßnoch nicht eine vollständige Ausgabe Heines in rumä-nischer Sprache erschienen ist, die wie der vorliegendeBand dem rumänischen Leser ein einheitliches Ge-samtbild Heines vermittelt.

10 Jahre „Lebende Sprachen”„Der moderne Dolmetscher und Übersetzer kommt

heute nicht mehr ohne eine umfangreiche fremd-sprachliche Dokumentation aus“, schreiben Herausge-ber und Verlag anläßlich des zehnjährigen Bestehensder Zeitschrift LEBENDE SPRACHEN. Schon im Jahre1955, als sich die deutschen Dolmetscher- und etlicheÜbersetzerverbände zum Bundesverband der Dolmet-scher und Übersetzer zusammenschlossen, war die Fülleder Veröffentlichungen — Wörterbücher, Sprachhand-bücher und Informationsquellen allerArt—für den ein-zelnen kaum mehr übersehbar. Inzwischen sind Termi—nologieforschung und Wörterbuchwesen derart ange-wachsen, daß das Problem der Dokumentation noch drin—gender geworden ist. Die redaktionelle Politik vonLEBENDE SPRACHEN hat es sich deshalb zur Aufgabegemacht, alle wichtigen bibliographischen Quellenin denArbeitssprachen der Zeitschrift — Deutsch, Englisch,Französisch, Italienisch, Niederländisch, Spanisch — zuverfolgen und für ihre Leser auszuwerten. Der kriti-schen Auseinandersetzung mit Übersetzungen bekann-ter literarischer Werke widmet sich die Rubrik „Über-setzungskritik“, die wir unseren Mitgliedern besondersans Herz legen möchten.

Seit dem neunten Jahrgang hat LEBENDE SPRA-CHEN als weltweites Forum für die Diskussion vonSprach- und Übersetzungsproblemen einen Terminolo-giedienst eingeführt, in dem Anfragen sowie Antwor-ten und Informationen aus allen Terminologiegebietendem großen Leserkreis der Zeitschrift zur Kenntnisgebracht werden. Von Fall zu Fall erscheinen Sonder-bibliographien über bestimmte Gebiete wie z. B. Berg—bau und deutsche und englische Rechtstexte und derenÜbersetzungen.

Wir meinen, daß unsere Mitglieder eine so wertvolle,lebendige und aufschlußreiche Fachzeitschrift, zu derenMitherausgebern unser Verband gehört, nicht entbeh-ren können und wünschen ihr weiterhin ein gutesFortbestehen.

Der V. D. Ü.

***

Im Rahmen des „Literarischen Colloquium Berlin“fand vom 1. Juni bis 10.Juni 1966 in Berlin ein Collo—quium statt, das sich mit Fragen und Problemen derÜbersetzung beschäftigte. Auf Einladung von ProfessorWalter Höllerer und Dr. Walter Hasenclever versam-melten sich in Berlin für zehn Tage Übersetzer ausmehreren Ländern, um „anhand eines von Ihnen her—gestellten Beispiels Ihre Auffassung von der Herstel-lung einer dichterischen Übersetzung in einem Referatzu erläutern“. Ehrenfried Pospisil (VDÜ) hat als Teil-nehmer dieses Colloquiums versucht, die interessante-sten Beiträge für den ÜBERSETZER zusammenzustel-len, die wir in einer unserer kommenden Nummernzum Abdruck bringen wollen.

Homo interpresÜb’ ersetzen mit „übersetzen“

Uns selbst loben? Der Anstand verbietet’s. Wie aberdann über ein Buch sprechen, das der Ehrenpräsidentunseres Verbandes, Professor Rolf Italiaander, heraus—gegeben hat? Das vor allem Referate und Vorträge ent-hält, die während des von unserem Verbande (mit)organisierten „Internationalen Kongresses literarischerÜbersetzer in Hamburg 1965" gehalten worden sind?Das großartige Aufsätze von ausländischen und inlän-dischen Kolleginnen und Kollegen versammelt? Daswir, ohne zu erröten, eine herrliche Anthologie viel—schichtiger Ansichten über Kunst und Leid, Gewinnund Not der Übersetzer nennen? Aber uns selbst loben?O nein!

Dies jedoch ist erlaubt: Die Form der Anzeige. DieAnzeige will auf etwas aufmerksam machen, will wer-ben, wirksam locken; sie prostituiert sich. Und also be-haupten wir schamlos: „übersetzen“ ist ein gutes Buch,ist das beste Buch, das nach einem Kongreß literari—scher Translatoren erschienen ist. Mehr noch: Es istdas allerbeste Buch, an dem unser Verband mitgewirkthat; zugegeben, zum erstenmal mitgewirkt hat.

Was wird in diesem Buch verschwiegen? Daß seinLeser, sofern er Übersetzer und gelegentlich Zweiflerist, sich nach der Lektüre wieder mit Vergnügen aufdas Hochseil der Sprache wagen wird, um dort als —wenn auch nicht als bilanz-, so doch balancesicherer— Transporteur des literarischen Ex- und Importhan—dels zu „arbeiten“ (wie die Artisten der Manege, dieArtisten des Worts bewußt nüchtern sagen). Aberwarum wird das verschwiegen? Weil ein gutes Buchüber}:1 seine Geheimnisse schweigt. Ergo ist’s ein gutesBuc . . .

Der Band wiegt nicht schwer (268 Gramm). Aber erwiegt schwer; gemessen an der Wertskala „übersetzen“= 1:00. Ein solches Gewicht ist nur „mit Unterstützungder UNESCO in Paris“ zu tragen. Dank! Die 29 Beiträ-ger sind Austräger von rund 75 000 Wörtern. Es hättenein paar mehr sein dürfen. Wann wäre je des Gutenzuviel gewesen?

Inhalt macht noch keinen Gehalt. Hier dominiert derGehalt. Und das will bei 192 Seiten inhaltsreicher In-formationen etwas heißen. Sie können nicht einmaleinzeln angedeutet werden. Die Redakteurin diesesBlattes klagt ohnedies über Platzmangel. Jedoch, einpaar kurzatmige Hinweise wird sie gestatten. Ein paarnur.

Hans Erich Nossack gibt jungen Schriftstellern denRat, „sich auf jeden Fall einmal im Übersetzen zu ver-suchen“; sie würden dabei ihren Wortschatz verdop—peln, den Reichtum ihrer Sprache kennenlernen.Richard Friedenthal verweist auf den Wandel derSprachen: „Große Werke müssen immer wieder über-tragen werden.“ Der Ungar György Radö, ein viel-sprachiger „Homo interpres“, erklärt (mit Beispielen),wer fähig sei, Inhalt, Form, Klang, Stimmung oderAtmosphäre „im Originalwerk zu erkennen und ihrgemeinsames Maximum in der anderen Sprache zureproduzieren“, sei ein „literarischer Übersetzer“. Pro-fessor Wolf-Hartmut Friedrich ärgert sich über seineStudenten, wenn sie beim Übersetzen aus klassischenSprachen den heutigen Straßenjargon bemühen. DieterE. Zimmer sagt unmißverständlich, was auf den Fel-dern der Übersetzer (manchmal) blüht — und verdor—ren sollte: „BeSSerwisserei, Zensur, Flüchtigkeit, Igno-rierung des Zusammenhangs, Satzback, faule Emphase,Teutonisierung, Sprachklischees, mangelnde Sprach-phantasie, die direkte Rede auf Stelzen, Kenntnismän-gel“ und leider einiges mehr. Marcel Reich-Ranickiverrät, wie den „armen WaiSenkindern der Literatur“,den Übersetzern zu helfen sei: Durch die literarischeÖffentlichkeit. Es werden präzise Vorschläge gemacht.Sie sollten beherzigt werden!

Bediich Bösser aus Prag plädiert für eine Kritik, diekeineswegs undurchführbar ist: Gebt dem gebildetenÜbersetzer gebildete Kritiker, „die am besten die an—strengende Arbeit des Übersetzers aus eigener Erfah-rung kennen“. Der tschechoslowakische Dozent .l‘ii‘iLevf bejaht die sich selbst gestellte Frage: „Willtranslation theory be of use to translators?“ KurtHeinrich Hansen verlangt dringend nach einem Wör-

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terbuCh „Deutsch-Deutsch“ (in Ost-Berlin wird zur Zeiteines redigiert und ediert). Zlatko Gorjan, Präsidentder FIT, erinnert daran, daß ein Übersetzer von Büh-nenwerken „Einfühlungsvermögen in den akustischenWert des gesprochenen Wortes“ besitzen müsse. Wiesich mit Charme das Staunen lehren läßt, beweist Pro-fessor Annemarie Schimmel mit ihrem sich von kei—nem Epitheton omans einfangen lassenden Aufsatz„Übersetzungen orientalischer Poesie“.

Frei sei der Übersetzer! Frei möge er übersetzen, ruftder Verleger Klaus Piper in die Welt, nicht ganz so frei,wie es die Mitarbeiter an der Synchronisation einesFilms dürfen, es sein müssen (Pierre Francois Caille:„La traduction au einema“). Was sein darf, was seinmuß -— Paridam von dem Knesebeck bedenkt’s auchfür die Übersetzer der im Slang geschriebenen Bücher.

Wie übel es um die Linguistik in Asien, wie schlechtes um die Grammatiken afrikanischer Sprachen bestelltist, berichtet Professor Rolf Italiaander. Und welcheunsäglichen Mühen das Übersetzen aus dem afrikani-schen Vai bereiten kann, demonstriert Professor AugustKlingenheben mit solcher Intensität, da13 die Lektüreeinem Alptraum gleichkormnt: Was soll unsereins nurmachen, wenn er allein aus der Klangfarbe erratenkann, ob das eine Wort nun „Hose“ oder „schön“,„Mutter“ oder „Ziege“, „aber“ oder „Krieg“ heißt? Dar-auf vermag nicht einmal ein Rechtsgelehrter wie Dr.Friedrich Karl Fromm, der Justitiar des VDÜ, eineAntwort zu geben, wenn er den Übersetzern beibringt,wie sie besser, vorteilhafter ihre Urheberrechte wahr-nehmen können.

Noch einmal: Eine Anzeige, ein paar Andeutungen;nur karg, wie es sich gehört; bedrückend unvollständig,wie es der Platzmangel diktiert. Karl Kraus hat dasWort geprägt: „Übersetzen heißt: Üb-ersetzen.“ DerTitel des hier angezeigten Buches macht’s möglich:Üb’ ersetzen mit „übersetzen“.

Helmut M. Braem (VDÜ)„übersetzen — Vorträge und Beiträge vom Internationalen

Kongreß literarischer Übersetzer in Hamburg 1985“; heraus-gegeben von Rolf ItaJiaander. Athenäum—Verlag, Frankfurtam Main/Bonn: 19! 5., 17,40 DM. Für Mitglieder aller der FITangeschlossenen Verbände 15 DM. Bestellungen über den Vor-stand des VDU.

Übersetzerpreis des RumänischenSchriftstellerverbandesan Professor Dr. Zoltan Franyo verliehen

Im Rahmen einer Feierstunde im Hause der Schrift—steller, Bukarest, wurde in Anwesenheit des Präsiden-ten des Staatskomitees für Kultur und Kunst, N.Macovei, und des Vizepräsidenten des Staatskomiteesfür Kultur und Kunst, Alexander Balaci, sowie desVorsitzenden des Rumänischen Schriftstellerverbandes,Zaharia Stancu, und des Vizepräsidenten Jon Pas sowieanderer Honoratioren und zahlreicher geladenerSchriftsteller die Preise des Rumänischen Schriftstel-lerverbandes für das Jahr 1965 an junge Dichter,Schriftsteller und Kritiker verliehen. Gleichzeitig er-hielt der fast achtzigjährige Prof. Dr. Zoltan Franyo fürseine langjährige erfolgreiche Tätigkeit als Übersetzerder rumänischen Literatur in die deutsche und ungari-sche Sprache den Übersetzerpreis des RumänischenSchriftstellerverbandes. Die „Laudatio“ hielt ZahariaStancu, der Vorsitzende des Rumänischen Schriftstel-lerverbandes, selbst, dessen Arbeiten von dem Ausge—zeichneten schon von ihren ersten Anfängen an bis zuseinen großen, in alle Weltsprachen übersetzten Roma-nen übertragen worden sind. Anschließend fand einEmpfang statt. .

F. J. Bulhardt (VDÜ), Bukarest

***Im August ist das VDÜ-Büro in Stuttgart nicht be-

setzt. Wir bitten, dies bei Anfragen zu bedenken undsich in ganz dringenden Fällen an unseren Vizepräsi-denten, Herrn Dr. Walter Schürenberg, l Berlin 46,Kindelbergweg 5, zu wenden.

Der VDÜ teilt mit:Professor Dr. Wolfgang Schadewaldt, von der Mit-

gliederversammlung des VDÜ in Berlin am 30. April1966 zum Ehrenmitglied vorgeschlagen, hat die Wahldankend angenommen.Wir begrüßen als neue Mitglieder:

Dr. Hans Gaertner, Prag lO-Vriovice, Näm. Kubanskerevoluce 27, CSSR. _ .

Emmy Poggensee, 8032 Zürich/Schweiz, Ritterstraße 14.

Neue Werke unserer Mitglieder:Paul Baudisch: (zusammen mit R. Schaller) Henry

Fielding, Sämtliche Romane in vier Bänden, Bd. I:„Geschichte der Abenteuer Joseph Andrews’“ und „DieLebensgeschiche des Mr. Jonathan Wild, des Großen“,Hanser Verlag, München.

Franz Johannes Bulhardt: „Häuschen, Fränzchen unddas P1astelin“, Erzählungen für Kinder von DimenyiLajos. Aus dem Ungarischen, Jugendverlag Bukarest.

Hanns Grössel: Paul Leautaud: Literarisches Tage—buch 1893—1956, Rowohlt Paperback, Rowohlt, Rein-bek.

Kurt Heinrich Hausen: „Kaltblütig“ von TrumanCapote, Limes Verlag, Wiesbaden.

Rolf Italiaander: (Herausg.) „In der Palmweinschenke“,Pakistan in Erzählungen der besten zeitgenössischenAutoren. Auswahl R. Italiaander; Einleitungen R. Ita-liaander und A. Schimmel; Übersetzungen A. Valeton,F. Weidner u. a., Erdmann, Herrenalb.

Gustav Keim: „Sie flogen einen Sommer lang“ vonPenelope Farmer, Boje-Verlag, Stuttgart.

Heinz Kotthaus: „Vasco da Gama und der Seewegnach Indien“ von Henry H. Hart, Carl SchünemannVerlag, Bremen.

Hans-Georg Noack: „Vom Feuer gejagt“ von ArthurCatherall, Schaffstein-Verlag, Köln.

Hans Reisiger: „Elizabeth und Essex“ von LyttonStrachey, Manesm Bibliothek der Weltliteratur,Manesse, Zürich.

Ernst Sander: „Die kurze Straße“ von Thyde Monnier,Sonderausgabe, Marion v. Schröder Verlag, Hamburg.

Pauline Schneider: „Zehn Tage allein“ von A. Mint-schikowski. Aus dem Russischen, Jugendverlag, Buka-rest.

Herta Weber-Stumfohl: „Ich, Fredrike“ von Anna LisaWärnlöf, 2 Bände, Thienemanns Verlag, Stuttgart.

Ursula v. Wiese: „Die Kunst, ungetrübt zu fischen“von John Baily, Die Arche, Zürich.

Spenden zwischen 10 und 135 DM erhielt der Ver-band von Benno Hübner und Günther Vulpius.

Deutschland an zweiter Stelle mitÜbersetzungen

Die Bibel, Shakespeare und Lenin gehören zu denmeistübersetzten Werken der Weltliteratur. Und dieBundesrepublik gehört nach der Sowjetunion zu denübersetzungsfreudigsten LändernrDas geht aus einemjetzt in New York veröffentlichten Untersuchungsbe-äicht der UNO (Index Translationum) für das Jahr 1964

ervor.Danach wurden von der Bibel im Jahr 1964 Überset-

zungen in 33 Sprachen angefertigt, Shakespeare-Stückeund -Gedichte wurden in 29 Ländern in 35 Sprachenübersetzt. An dritter Stelle folgen die Werke Lenins.

Der „Index“ führt unter anderem auch die Bücherauf, die 1964 von einzelnen Ländern übersetzt wurden:im Staat Monaco waren es nur drei, unter ihnen einigeStücke Georg Büchners. Die meisten Übersetzungen desJahres 1964 -— nämlich 4405 — wurden in der Sowjet-union vorgenommen. Die Zahl der Bücher ist jedochgeringer, da einige mehrmals übersetzt wurden ——außer ins Russische audi in andere innerhalb der So—wjetunion gesprochene Sprachen.

Erst an sechster Stelle stehen die USA, nach derBundesrepublik, Italien, den Niederlanden und Frank-reich. Die geringste Zahl der Übersetzungen -— nachMonaco — gab es in Syrien (zwei) und Costa Rica (eineReisebeschreibung). Weder in Ghana noch im Senegalwurde 1964 ein einziges Buch übersetzt.

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Übersetzer und Übersetzungen inder CSSR '

Als verhältnismäßig kleines Land, dessen Haupt—sprachen Tschechisch und Slowakisch im Auslandwenig bekannt sind, ist die Tschechoslowakei“ daraufangewiesen, den einheimischen Lesern die Schatze derWeltliteratur wie auch der internationalen Kunst, For—schung, Technik und Wissenschaft durch gute Überset-zungen zugänglich zu machen. Eine nicht wenigerwichtige Aufgabe ist es aber auch, Werke tschechischerund slowakischer Autoren in fremde Sprachen zuübertragen.

Große Verdienste hat sich in Prag der Verlag Artiaerworben, der Sach-, Fach- und Kinderbücher sowieBelletristik in fremdsprachigen Fassungen heraus-bringt und vornehmlich exportiert; deutsche Texte sinddabei sehr häufig. Weiter gibt es in Prag den VerlagOrbis; seine Fremdsprachen-Redaktion ediert Schrif-ten, die für die CSSR werben. Ferner geben auch derAcademia-Verlag in Prag und der Verlag der Slowaki-schen Akademie der Wissenschaften in Bratislava(Preßburg) fremdsprachige Bücher und Zeitschriftenheraus. Aber es bestehen noch weitere Institutionen,die Übersetzungen „produzieren“, wovon das Überset-zer— und das Dolmetscherzentrum des Prager Informa-tionsdienstes (PIS) eines der wichtigsten ist.

Einerseits besteht in der CSSR ein außerordentlichgroßer Bedarf an Übersetzungen, andererseits hat dieOrganisation der Übersetzer bis vor kurzem viel zuwünschen übriggelassen. Vor einigen Jahren löste derTschechoslowakische Schriftstellerverband den bei ihmbestehenden „Kreis der Übersetzer“ einseitig auf undgründete eine Übersetzersektion beim Verband, in dieaber nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl der be—deutendsten literarischen Übersetzer aufgenommenwurde. Aus schwer verständlichen Gründen lehnteund lehnt der Schriftstellerverband es prinzipiell ab,auch Übersetzer aufzunehmen, die in fremde Sprachenübertragen. Die „obdachlosen“ Traducteurs bemühensich seit einiger Zeit, einen eigenen Verband zuschaffen. Im Rahmen der Tschechoslowakischen wis-senschaftlich-technischen Gesellschaft konnte eineFachgruppe für Übersetzungen gegründet werden, derin und aus dem Tschechischen/Slowakischen übertra-gende Fachübersetzer sowie Übersetzer wissenschaftli-cher und literarischer Werke in fremde Sprachen an-gehören. Die Deutsch-Übersetzer haben hier eineeigene Sektion.. Die materielle Situation der Übersetzer in der CSSRist ziemlich günstig. Dennoch gibt es nicht allzuvieleKolleginnen und Kollegen, die freiberuflich nur vomÜbersetzen leben; die meisten sind Rentner oder ver-dienen ihr Geld mit einer anderen Beschäftigung. Nachdem geltenden Autorenrecht ist der Übersetzer alsUrheber seiner Übersetzung berechtigt, über alle sichdaraus ergebenden ideellen und materiellen Rechte undBerechtigungen frei zu verfügen, wobei er freilich dieoriginären Rechte des ursprünglichen Autors nichtverletzen darf. Gegenüber Übersetzern in anderenLändern steht er sich in der CSSR insofern günstig, dadie Rechte — auch Nebenrechte — niemals an einenVerlag übergehen; der Verlag erhält nur quasi dieLizenz zur Vervielfältigung der Übersetzung: zu denvereinbarten und teils gesetzlich geregelten Bedingun-gen. Die Honorare nach Bogen und Auflagen oder Ver—sen und Normen sind in einer amtlichen VerordnungEstgelegt, die ich hier nur auszugsweise wiedergeben

ann.Zu unterscheiden sind Prosaübersetzungen und

Nachdichtungen. Bei Prosa erhält der Übersetzer fürdie erste Auflage ein Bogenhonorar und für jede wei-tere Auflage einen Prozentsatz des ursprünglichenHonorars. Gezahlt wird bei belletristischen Werken 350bis 750 Kös pro Druckbogen (Touristenumrechnungs-kurs 4 Kös = 1 DM), für Übersetzungen aus klassischenund orientalischen Sprachen und von wissenschaftlichenTexten 600 bis 1200 pro Druckbogen, bei technischerund Fachliteratur 280 bis 600 Kös. Für Übersetzungenin fremde Sprachen werden im Schnitt 600 bis 750 Köspro Bogen gezahlt, und die Honorare sollen vermutlichin absehbarer Zeit noch erhöht werden. Für literarische

Übersetzungen gibt es dann für weitere Auflagen: fürdie 2. 70 Prozent, die 3. 50 Prozent, 4. 40 Prozent, _5.bis 10. Auflage je 30 Prozent, für die 11. und Jede wei-tere je 20 Prozent des Grundhonorars. Bei den übrigenWerken gibt es für die 2. Auflage 60 Prozent und fürdie 3. und jede weitere Auflage 25 Prozent des Grund-honorars. Bei wesentlich überarbeiteten Neuauflagenkönnen die Sätze erhöht werden.

Anders sind die Verhältnisse bei den nachdichtendenÜbersetzern, die praktisch den Autoren gleichgestelltsind. Hier wird nach Normen gerechnet, wobei alleAuflagen zusammengezählt werden. Die Grundnorm istbei Nachdichtungen ins Tschechische 5000, ins Slowa-kische 3000 Exemplare. (Eine tschechische Auflage von15 000 sind also 1. bis 3. Norm.) Das Grundhonorar be-trägt 4 bis 7 Kös für einen Vers; für die 2. Norm gibtes 80 Prozent, die 3. 70 Prozent, die 4. 60 Prozent, die 5.und 6. je 50 Prozent, die 7. und jede weitere Norm je40 Prozent. Das Honorar wird meist zu zwei Drittelnnach Ablieferung und Prüfung der Übersetzung, dasletzte Drittel binnen einem Monat nach Erscheinen be-zahlt. Der Übersetzer braucht also nicht zu warten, bisdie Bücher verkauft sind ; allerdings sind Druckfristenbis zu zwei Jahren keine Seltenheit.

Übersetzer von Theaterstücken erhalten vermittelsder offiziellen Theater- und Literaturagentur DiliaTantiemen ausbezahlt, die etwa 2 bis 7 Prozent derBrutto-Spieleinnahmen betragen. Dilia hat auch dasgesetzliche Recht, die Autoren beim Abschluß von Ver-trägen mit dem Ausland zu vertreten.

Freiberuflich tätige Übersetzer haben die Möglich-keit, im Rahmen der Nationalversicherung in den Ge-nuß von Krankengeld und Renten zu kommen sowiemit ihren Familienangehörigen kostenlos ärztlich be—treut zu werden und Medikamente zu erhalten (gegeneine Gebühr von 1 Kös pro Rezept).

Allerdings müssen die literarischen Übersetzer ihreVersicherung selbst bezahlen, und zwar in Höhe vonetwa 10 Prozent ihrer Einkünfte — meist etwa 100 bis150 Kös monatlich, da von dem Gesamteinkommennoch gewisse Pauschalbeträge abgehen. Eine weitereVergünstigung ist eine verhältnismäßig niedrige Steuer; .sie beträgt etwa 10 Prozent der jährlichen Einkünfte.

All diese Angaben gelten nur für autorenrechtlichgeschützte Übersetzungen; die sonst üblichen Honoraresind wesentlich niedriger und die Steuern höher. Soerhalten zum Beispiel Dolmetscher 7 bis 20 Kös proStunde; der höchste Satz gilt für Simultandolmetscher,die, sofern sie auswärts arbeiten, mindestens achtStunden je Tag vergütet bekommen.

In letzter Zeit wurde dank der Einsicht des Tsche-choslowakischen Zentrums für Buchkultur —— derhöchsten staatlichen Behörde für die Koordinierungdes Verlagswesens —— auch eine spezielle Buchhandlungeingerichtet, wo sich Privatkunden jedes beliebigeFach- und Sachbuch aus dem Ausland bestellen kön-nen. Dadurch ist es —— nach sechzehn Jahren ——— mög-lich, auch die nötigen Wörterbücher und ähnlicheArbeitshilfen aus dem westlichen Ausland frei zu be-schaffen. Allerdings sind diese Werke bei ihrem hohenOriginalpreis und dem Verrechnungskurs von 1 DM =7 Kös sehr teuer, ja zuweilen unerschwinglich. Sehrbillig sind dagegen Wörterbücher aus der UdSSR unddie recht guten Lexika aus der DDR (Verrechnungskurs1 MDN = 2 Käs). Auch das Angebot von den in derCSSR gedruckten Wörterbüchern ist in jüngster Zeitrecht reichhaltig. Außerdem findet man viele ältereWörterbücher preiswert in den Antiquariaten.

Trotz vieler günstiger Aspekte bleiben noch so man-che Probleme ungelöst. Eines der brennendsten istwohl der Mangel am fähigem Nachwuchs, besondersfür Übertragungen in fremde Sprachen, da die aktivenÜbersetzer zumeist nicht mehr zu den Jüngsten zählen.Viele von ihnen haben in dem betreffenden Land, indessen Sprache sie übersetzen, einmal längere Zeit ge-lebt. Sehr wichtig wären daher für den Nachwuchs län-gere Studienreisen und Aufenthalte im Ausland, wofürdie bisherigen Paßvorschriften und Devisenbestim-mungen nur verhältnismäßig wenige Möglichkei—ten boten. Es ist zu hoffen, daß sich die Dinge auchauf diesem Gebiet in den nächsten Jahren wesentlichbessern werden. Die ersten Schritte dazu sind schongetan. Dr. Hans Gaertner (VDÜ), Prag

(x

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C")

Ein ÜbersetzerZum Tode von Georg Goym

Der Übersetzer der Werke von James Joyce, Dr. GeorgGoyert, Mitglied des PEN—Clubs, ist am 11. Mai mWitten verstorben. Erst 1927, als im Rhein-Verlag diedamals dreibändige Goyertsche Übersetzung des„Ulysses“ von James Joyce -— 400 000 Wörter umfas-send — erschien, wurde klar, wer und wie modern die-ser bescheidene Studienrat am Gymnasium in Wittenwar. Mit Joyce war Goyert befreundet; die Freund-schaft führte dazu, daß der große Ire den Deutschenaus Witten an der Ruhr mit dem alleinigen Überset-zungsrecht auszeichnete. Vorher waren Goyerts Über-setzungen anderer Autoren aus dem angelsächsischenSprachraum, aus dem Französischen und Flämischenentstanden. Zahllose Übersetzungen folgten, unterihnen Werke von Autoren wie Flaubert, Rimbaud, Loti,Camus, Thyde Monnier, de Coster, Poe, Whitman, D. H.Lawrence, Faulkner, O’Casey, Ellison, Morrien. Vorallem durch seine Übersetzung der Werke von JamesJoyce gehört Goyert in die nicht zahlreiche Gruppe jenerÜbersetzer und Editoren, die die Literatur dieses Jahr-hunderts in Deutschland wirklich „sichtbar“ machten.

Zwei SonetteJales Supervislle: Widmungagedidnt aus Les am].lnconnus, Choix de Poömes, Gallhnard, Paris

Denise, ecoute-moi‚ tout sera paysage,Un frais mystere tremble en man coeur

aujourd’hui,La tristesse et 1a joie ont leur propre feuillage,Et j’en sais dessiner l’enlacement fortuit.

L’heure vit, i1 te faut caresser son plumageQui garde les couleurs du jour et de 1a nuit;Je ferai battre au vent 1a tente du voyageDans l’aube qui sent bon comme un panier de

fruits.

Ah! ne me reponds pas qu’il est toujours facileDe plier a son gofit une muse docileEt que 1e vers sait bien que le poete ment;

Ce sonnet que mürit et gonfle l’esperanceEnclöt un tel desir d’ecarter 1e tourmentQu’il fera doux l’amour et chere 1a souffrance.

Hör zu, Denise, zur Landschaft wird alles heute,ein frisches Geheimnis zittert im Herzen mir,in ihrem Laub stehn die Traurigkeit und die

Freude, 'und ich vermag’s zu zeichnen, ihr wahlloses Blatt-

gewirr.Die Stunde lebt, streichle du ihr Gefieder leise,das die Farbe der Nacht und die Farbe des Tages

zeigt.Im Wind will ich flattern lassen das Zelt der Reise,wenn wie ein Fruchtkorb duftend der Tag auf-

steigt.Ach, antworte nicht, es sei immer leicht, es genüge,je nach Geschmack die gefügige Muse zu lenkenund der Vers wisse ganz genau, daß der Dichter

lüge.Dies Sonett wird uns reife, schwellende Hoflnung

schenkenUnd schließt den Wunsch, allen Schmerz zu besei-

tigen, ein,Damit es uns süß läßt die Liebe, teuer das Leiden

sein.(Deutsche Übertragung von Jeannie Ebner, VDÜ)

Kehrst du zurückKehrst du zurück, laß es nicht nachts geschehenund schüttle nicht den Tau aus deinen Haaren,Laß sie nur so, wie sie im Winde waren,als gelbe Monde um dein Antlitz stehen.

In deinen Augen will ich alles sehen,darinnen noch die fremden Schiffe fahren,in fremden Gärten jene unnahbarenund nackten Götter ernst vorübergehen.

Wenn du zurückkehrst, tu die Erde nicht, ‘heiliger Haine ab von deinen Schuhenund nicht das Salz von deinem Angesicht,

aus deinen Augen Frauen nicht und Sterneeh du dich bücktest, um bei mir zu ruhen:spürt doch mein Mund so die geliebte Ferne.

Ernst Penzoldt

When you retumWhen you return, don’t let the light be deadand do not shake the dew out of your hair,but leave it as it was, in Wind and air,a wreath of yellow moons around your head.

I want to see it all right in your eyes,wherein strenge ships still sail the Seven Seas,where in strange gardens naked deitieswalk past aloof, serious und very wise.

If you retum, you must not shake a traceof earth from holy places from your feetbut leave the briny taste upon your face,

leave women in your eyes and galaxiosbefore you stoop to bed yourself with me:my lips feel keenly distant memories.

(translated by Eva Bomemann, VDÜ)Hinweis

Wolfgang Schadewaidts Übersetzung von HomersOdyssee, die bisher nur in einer Taschenbuchausgabevorlag, wurde vom Artemis Verlag in seiner „Biblio-thek der Alten Welt“ in überarbeiteter und nunmehrendgültiger Form veröffentlicht. In einem Nachwort zudieser bereits berühmten Prosaübersetzung, für dieWolfgang Schadewaldt im vergangenen Jahr mit demÜbersetzerpreis der Deutschen Akademie für Spracheund Dichtung ausgezeichnet wurde, setzt sich der Über-setzer ausführlich mit der Problematik des Ubersetzensvon griechischen Hexametern auseinander und erläu-tert, warum er für seine Übertragung auf die äußerescheinbare Gebundenheit des Verses verzichtet hat, uman deren Stelle eine „innerlich gebundene Rede" zusetzen, die der „Rede der Syntax des homerischen Sat-zes im deutschen Wortlaut einen Rhythmus der Vor-stellungen, Gedankenrhythmus abgewinnt, der mit dergedankenrhythmischen Wortfolge dem deutschen Aus—druck von selbst auch wieder eine Art innerer Musi-kalität verleiht“. (Der in Leinen gebundene Band hat448 Seiten und kostet 28,— DM.) ‚

Auf der Suche nach neuem DeutschWeder auf der Bühne noch im Rundfunk wird heute

noch die deutsche Hochsprache gesprochen, derenRegeln 1898 von dem Germanisten Theodor Siebs nie-dergelegt und seither als verbindlich betrachtet wordensind. Eine systematische Untersuchung des gespro—chenen Deutsch wird daher Hauptgegenstand der wis-senschaftlichen Arbeit einer neuen Zweigstelle des inMannheim beheimateten Instituts für deutsche Sprachesein, die in Kiel aufgebaut und dort von den Professo-ren Werner Winter und Hugo Steger geleitet wird.

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Der Präsident des Instituts für deutsche Sprache.Professor Hugo Moser (Universität Bonn), bezeichnetediese Forschungsarbeit als besonders aktuell, nachdemvor kurzem in Halle an der Saale ein neues Ausspra-chewörterbuch erschienen ist, das von den Regeln Siebserheblich abweicht. „Der Siebs“ ist in der Sprachwis-senschaft ein ebenso fester Begriff für das mundart-freie gesprochene Deutsch wie etwa „der Duden“ fürdie Rechtschreibung.

Das vor zwei Jahren am Sitz der Duden-Redaktion inMannheim gegründete Institut für deutsche Sprachehat eine Dokumentation der deutschen Gegenwarts-sprache nach 1945 in den Mittelpunkt seiner Arbeits-vorhaben gestellt. In verschiedenen Kommissionenund an den Nebenstellen Bonn, Innsbruck, Saarbrük—ken und Kiel beschäftigt sich das Institut mit der Er-fassung und Erforschung des Bestands der heutigenGegenwartssprache, daneben hat es sich kulturpoliti-sche Aufgaben gestellt, wie beispielsweise Fragen derSprachpflege, Beiträge zur Sprachpädagogik oder derRegulierung der Aussprache.

Wissenschaftler und JournalistenDas Institut erfaßt nach Auskunft seiner Sprecher

mehr oder weniger alle Stellen, die sich um die deut-sche Sprache bemühen, es wird aus Mitteln der Thys-sen-Stiftung und aus Zuschüssen insbesondere derLänder Baden—Württemberg und Nordrhein-Westfalensowie der Stadt Mannheim finanziert. Im wissenschaft-lichen Rat des Instituts sind 60 Persönlichkeiten ver-treten, von denen etwa 40 dem deutschsprachigen Raumentstammen und in der Mehrzahl Ordinarien für Ger-manistik an deutschen Hochschulen, aber auch be—kannte deutsche Journalisten sind.

Das Institut, das an der Zweigstelle Bonn besondersdie Frage der Sprache im geteilten Deutschland unter-sucht. steht in enger Fühlung auch mit Germanistender DDR. Es zählt auch Wissenschaftler aus Polen undder Tschechoslowakei zu seinen Mitgliedern, eine Ant-wort der vor etwa einem halben Jahr um ihre Mitar-beit angegangenen Germanisten der Sowjetunion stehtbisher noch aus.

zweifel an der IdentitätSaul Bellow: „Herzog“, übersetzt von Walter Hasen-

clever, Kiepenheuer 8a Witsch, Köln, 420 Seiten,DM 20,—.

In kleinem Druck und auf der Rückseite des Titel-blatteS, wie das nun leider in Deutschland üblich ist,steht der Name des Übersetzers: Walter Hasenclever.Ich weiß nicht, wer bei Kiepenheuer & Witsch denverrückten Einfall hatte, für die Übersetzung diesesRomans nicht den Schwiegersohn der Gliedkusine einerVerlagssekretärin zu verpflichten, sondern einen Dich-ter wie Hasenclever, dessen Drama „Der Sohn“ (voreinem halben Jahrhundert uraufgeführt) eine gleicheekstatische Sehnsucht nach Leben und Freiheit atmetewie Saul Bellows Roman. Jedenfalls muß jede Bespre—chung der deutschen Ausgabe dieses Buches mit einemDank an den Verleger beginnen -— und mit einemDank an Hasenclever, der nicht Worte und Sätze über-trug, sondern den Atem eines großen Romans.

Carl Brinitzer. „Vom Zweifel am Menschen“ im RheinischenMerkur vom 15. Oktober 1965.

Merke: Walter Hasenclever, deutscher Dichter undDramatiker, geb. 1890, gest. 1940; Walter Hasenclever.deutscher Literaturkritiker und Übersetzer, geb. 1910.

„Der Monat“

MetamorphoseIm Jahre 1902 wurde Goethes berühmtes Nachtgedicht

„Über allen GipfelnIst Ruh.In allen WipfelnSpürest duKaum einen Hauch.Die Vöglein schweigen im Walde.Warte nur, baldeRuhest du auch."

ins Japanische übertragen. Neun Jahre später über-setzte ein Franzose in der irrigen Meinung, es handlesich um ein japanisches Originalgedicht, die Goethe-verse aus dem Japanischen ins Französische. Von einemdeutschen Nachdichter fernöstlicher Lyrik wurde dasGoethe-Gedicht schließlich ins Deutsche zurücküber—setzt und als „Japanisches Nachtlied“ in einer deut-sehen Zeitschrift veröffentlicht. Aus den Versen warmittlerweile folgendes geworden:

„Stille ist im Pavillon aus Jude.Krähen fliegen stummzu beschneiten Kirschbäumen im

Mondlicht.Ich sitzeund weine.“

Einladung zur außerordentlichen Jahres-versammlung des VDÜ in Frankiurt/Main

Wie bereits in unserer Juni—Nummer 1966(Nr. 6) angekündigt, wurde während der am30. April 1966 in Berlin veranstalteten Jahres-versammlung des VDÜ beschlossen, anläßlichder kommenden Frankfurter Buchmesse eineaußerordentliche Jahresversammlung abzuhalten.Das vorgesehene Datum ist Samstag, der 24. Sep-tember, vormittags 10 Uhr im Ausstellerrestau-rant, Halle 3 (Walter—Kolb-Halle), 1. Stock.

Die Messe findet vom 22. bis 27. Septemberstatt, Eröffnung am 21. September um 18 Uhr.

Anträge müssen bis zum 24. August 1966 demVorstand, Helmut M. Braem, 7 Stuttgart-BadCannstatt l, Im Geiger 53, vorliegen.

Wichtige Neuerscheinung für alle Übersetzerund Autoren

URHEBERRECHT: Kommentar zum Urheberrechts-gesetz von Dr. Friedrich Karl Fromm und Dr. WilhelmNordemann. Beide Autoren sind bekannte Spezialistenfür Urheber- und Verlagsrecht. Dr. Fromm —- Justitiarder deutschen Schriftstellerverbände, des VDÜ und ähn-licher Vereinigungen — hat eine jahrzehntelange Be—ratungserfahrung auf diesem Gebiet.

Ca. 400 Seiten. Leinen ca. DM 44,—.Verlag W. Kohlhammer GmbH, 7000 Stuttgart 1,

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DER UBERSE’I‘ZER erscheint monatlich. Einzelpreis 50 P: zuzüglich Versandkosten. Herausgeber: Verband Deutscher Übersetzerliterarischer und wissenschaftlidier Werke e. V. (VDÜ). Präsident Helmut M. Braem. 7 Stuttgart-Bad Cannstatt 1. ImGeiger53.—Redaktion: Eva Bomemann. 0 Frankfuruuain. Max-Boek-strsße 21, Telefon 52 13 15. Postscneckkonto für die Zeitschrift DER ÜBER-SETZER: Stuttgart Nr. 938 60. Konten des VDÜ: Postscheekkonto Hamburg Nr. 64 47, Dresdner Bank. Stuttgart. Nr. 480 680. - Fürunverlangte Manuskripte keine Haftung, Nachdruck mit Genehmigung der Redaktion und mit Quellenangabe gestattet. - Drudt:Mittelbayerische Druckerei- und Verlags-Gesellschaft mbE. M Regensburg.

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