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Keimzelltumoren N. Meidenbauer Medizinische Klinik 5 Universitätsklinikum Erlangen

N. Meidenbauer Medizinische Klinik 5 Universitätsklinikum ... · Körperliche Untersuchung (Palpation des Hodens, inguinale LK, supraklavikuläre LK, Anamnese, B -Symptomatik) Sonographie

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Keimzelltumoren

N. Meidenbauer Medizinische Klinik 5

Universitätsklinikum Erlangen

Folien nur zur privaten Verwendung

Folien teilweise übernommen www.esmo.org

Jörg Beyer Andrea Necchi (E-learning) Robert Huddart

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Selten, aber nicht sooo selten

1-1,5% aller Tumorerkrankungen und 5% aller urologischen Tumoren

Häufigste maligne Erkrankung junger Männer (<45 Jahre): 25% aller malignen Erkrankungen

Zunehmende Inzidenz:

Rosen A, Eur Urol 60: 374; 2011

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„Alter schützt?!“

Altersgipfel: bei Nichtseminomatösen Keimzelltumoren (NSGCT):

25-35 Jahre bei Seminomen zweigipflig: 25-35 Jahre und 40-50

Jahre 10% aller Pat. sind jünger als 20 Jahre, 70%

zwischen 20-40 Jahren und 20% sind älter als 40 Jahre

5% der Fälle treten bilateral auf

Ausgehend von Keimzellneoplasie in situ

Keine Keimzellneoplasie in situ. ß-HCG negativ

Testosteron;Östrogen, OP!!! ( CTx und RTx wenig effektiv. Mitotane?) Östrogenproduktion. OP Assoz. Mit Peutz-Jeghers und Carney-Syndrom.

Sehr selten. Üblicherweise benigne. OP Tumormarker negativ

OP. Sehr schlechte Prognose

Pathologie der Keimzelltumoren

Keimzelle Maligne entarteter Spermatozyt

TIN

Spermatozytisches Seminom

Embryonales Karzinom

Seminom

Dottersacktumor Chorionkarzinom Teratom

Extraembryonale Differenzierung

Embryonale Differenzierung

n. Wittekind, Der Onkologe 2008

ca. 55%-60%

ca. 40%-45%

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Risikofaktoren für die Entstehung eines Keimzelltumors

Vorangegangener Hodentumor: 30fach erhöhtes Risiko für kontralateralen Tumor gegenüber der Normalbevölkerung.

Maldescensus testis: 4-8fach erhöhtes Risiko auch nach operativer Therapie (Funikuloyse und Orchidopexie)

Pos. Familienanamnese: Vater (2fach) Bruder (11fach) Infertilität (Inzidenz 1:200) Hodenatrophie,-oder Hypotrophie (< 12ml) Intersexuelle Fehlbildung (z.B. Klinefelter-Syndrom)

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Diagnostik bei V.a Keimzelltumor

Körperliche Untersuchung (Palpation des Hodens, inguinale LK,

supraklavikuläre LK, Anamnese, B-Symptomatik) Sonographie bilateral mit 7,5 MHz-Schallkopf

intra-oder extratestikulär? Kontralaterale Auffälligkeiten? Meist intratestikuläre hypoechogene Läsion; Sensitivität nahezu

100% selten: „burned out tumor“ entspricht sonographisch kleinen

umschriebenen Mikrokalzifikationen

Pathologie

Seminom vs. Non-Seminom vs. Gemischt Teratomanteil? Wichtig für Therapieentscheidung Tumorgröße? Rete testis-Infiltration? Lymphovaskuläre Infiltration?

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Staging

CT-Thorax/Abdomen/Becken (vor OP!) ZNS-MRT: bei fortgeschrittener Erkrankung (multiple

pulmonale Metastasen, hohes beta-HCG) oder Symptomen Skelettszintigraphie nur bei Symptomen PET-CT: Kein Einsatz im Primärstaging, Tumormarker: Für Prognoseeinschätzung und Verlaufskontrolle

lokalisiertes Stadium niedrigster Wert nach Ablatio testis metastasiertem Stadium prätherapeutisch

Fertilitätsdiagnostik + Kryokonservierung: FSH, LH, Testosteron, Spermiogramm

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Serum-Tumormarker AFP:50-70% bei NSGCT erhöht

HWZ: 5-7 Tage; Norm: bis 10ng/ml Produktion hauptsächlich von Dottersackanteilen Ausschluss reines Seminom!!

β-HCG: erhöht bei 40-60% der NSGCT; 20% bei Seminomen HWZ: 12-36 h, Norm: <5ng/ml Bildung von synzytiotrophoblastenähnlichen Zellen exzessive Werte beim reinen Chorionkarzinom Andere Histologien: wenn synzytiotrophoblastenähnlichen Zellen

vorhanden. Niedrige Werte LDH:

erhöht bei 80% aller fortgeschrittenen Tumore unspezifischer Marker, Konzentration proportional zur

Tumormasse

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Kontralaterale Biopsie zum Ausschluss GCNIS (früher TIN)?

- USA: Keine Biopsie, regelmäßige Kontrolle + Europa: Biopsie bei hohem Risiko ( Vol.< 12 ml, Kryptorchismus, schlechtes Spermiogramm)

Therapie: Radiatio (16-20 Gy) o. Beobachtung (o. Orchiektomie (nur wenn 2. Hoden gesund)) Nach Chemo: Biopsie nach 1 Jahr (bei 1/3 noch +)

Rauschenberg R. Grand Black Tie Sperm Glut

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Sonderfall: Retroperitoneale RF ohne prim. Hodentumor

V.a. Hodentumor immer gegeben! Diagnost.-therap. Procedere: Best. d. Tumormarker (AFP oder β-HCG Erhöhung sichert

die Diagnose. Keine Histo. Erforderlich, falls schwierig) Biopsie d. Befundes bei norm. Tumormarkern (schlecht diff.

Karzinome oder Adenokarzinome sind verdächtig auf extragonadalen KZT , v.a. Dottersacktumore)

bei unklarem Biopsiebefund oder persis. Verdacht: Operative Freilegung bzw. bei ausgedehnter Metastasierung Behandlung wie Keimzelltumor

Mediastinale und/oder retroperitoneale und/oder cerebrale Raumforderungen Hodenraumforderung? Tumormarker? Primär extragonadaler Keimzelltumor? oder

Histologie: Undifferenziertes Karzinom oder undifferenziertes Adenokarzinom mit passendem Metastasierungsmuster

Nachfärbung: Dottersacktumor?

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Vorsicht Falle!

Stadieneinteilung

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Bild: Canadian cancer society

pTX: Primärtumor kann nicht untersucht werden pT0: kein Hinweis auf Primärtumor (z.B. Hist. nur Narbe im Hoden bei „burned out tumor) pTis: Intratubuläre Keimzellneoplasie (CIS) pT1: auf Hoden/Nebenhoden beschränkt, ohne Lymph,-oder Blutgefäßinvasion. Tumor kann Tunica albuginea infiltrieren pT2: wie T1 +Invasion von Lymph,-oder Blutgefäßen. oder Infiltration der Tunica vaginalis pT3: Tumor infiltriert Samenstrang pT4: Tumor infiltriert Scrotum

Klinische Klassifikation TNM-Klassifikation der Hodentumoren (UICC)

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maximal 5 LK > 5 LK <2cm

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Klinische Klassifikation TNM-Klassifikation der Hodentumoren (UICC)

S-Serumtumormarker

Sx: Serumtumormarker nicht verfügbar oder nicht durchgeführt S0: Serumtumormarker im Normbereich LDH (IE/l) β-HCG (mIE/ml) AFP (ng/ml) S1: <1,5fach der Norm u. <5000 u. <1000 S2: 1,5 bis 10fach der Norm od. 5000-50.000 od. 1000-10.000 S3: >10fach der Norm u. >50.000 u. >10.000

Prognostische Einteilung (IGCCCG)

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Überleben>90%

Überleben ca, 78%

Überleben ca. 45%

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Stadium I

Surveillance adjuvante Therapie

Seminom

Rezidivwahrscheinlichkeit ca. 12%-17% (unselektionierte Patienten)

Wahrscheinliche Risikofaktoren Infiltration Rete testis? Tumor > 4 cm? Lymphovaskuläre Invasion (LVI+)??? Rezidiv 32% bei beiden RF, ohne RF ca. 7%

Adjuvante Chemo Rezidivrate 3-4%, bei Rete testis-Infiltration 9% Langzeitfolgen nicht bekannt

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Überlebenswahrscheinlichkeit 99% (unabhängig von Vorgehen) Surveillance

Standardoption (insbesondere bei low risk) Erspart ca. 85% jegliche Therapie und Toxizität Mehr CTs notwendig, Motivation für engmaschige Kontrollen

erforderlich Rezidive v.a. in den ersten beiden Jahren Bei Rezidiv mehr Chemo (3x PEB)+ mehr Toxizität (viel Tox für

wenige)

Adjuvante Chemotherapie 1 Zyklus Carboplatin AUC 7 (Dosis nicht reduzieren!!!!) Rezidivwahrscheinlichkeit zwischen 3-6% Wahrscheinlich keine Spättoxizität? (wenig Tox für viele)

Radiotherapie Nicht mehr empfohlen wegen erhöhter Rate sekundärer

Malignome im Strahlenfeld (Effektivät = Carbo)

Risikoadaptiertes Vorgehen?

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Nicht Seminome Stadium I

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Rezidiv 13-23% Rezidiv 48%

1 oder 2 Zyklen PEB adjuvant

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Vergrößerte LK: Stadium II?

Verdächtige, aber nicht eindeutige LK ohne Markererhöhung (< 2 cm) Kontrolle in 8 Wochen

Seminom: Vergrößerte LK ohne Markererhöhung Kontrolle in 8 Wochen. Therapie bei Wachstum oder positiver

Histologie

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Zytostatika-Kombinationen

Nicht-Seminom CS II A/B

Marker positiv Chemotherapie für metastasiertes Stadium (s.

Prognoseeinteilung)

Marker negativ Kontrolle, falls kein Rückgang oder Progress OP Retroperitoneale Lymphadenektomie

Bei Nachweis von Tumor Surveillance vs, adjuv. Chemo CT-gesteuerte Biopsie

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Behandlung fortgeschrittener Tumoren (ab CS IIC) Behandlung gesteuert durch Prognoseeinteilung PEB bleibt Standardschema Keine Dosisreduktion! Keine Verschiebung außer bei neutropenem Fieber oder Thrombos < 100/nl

am d 21 Alternative bei Bleomycin-Kontraindikation: 4x Cisplatin/Etoposid Engmaschiges Monitoring auf Bleomycin-Toxizität (Husten, Dyspnoe, Diff.

Kap.) Bei massiver Tumorlast/Symptome gleich Chemo vor Orchiektomie! Cave:Tumorlysesyndrom bei hoher Tumorlast bzw. ARDS bei ausgedehntem

Lungenbefall: Hochdosiert Dexamethason zur Chemo bzw. Vorschalten von z.B. 3 d Cis/Eto vor volldosiertem PEB

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Therapie fortgeschrittenes Stadium

Good risk: 3x PEB/PEI (cave Risikofaktoren Lungentoxizität!)

Intermediate/Poor risk: 4x PEB/PEI Bei wahrscheinlicher Lungen-OP: Eher PEI oder

Verzicht auf Bleomycin Woche 11+12 Kontrolle des Ansprechens

Markerkontrolle unmittelbar vor jedem Zyklus! Bildgebung nach 2 Zyklen und nach Abschluss der Chemotherapie Bei eindeutigem Progress oder steigenden Markern: Salvage-

Therapie Fallende Marker, Wachsender Tumor: Growing-Teratoma-

Syndrome: OP nach Ende Chemo

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Und nun?

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Orchiektomie nach Chemo? Immer! Hohe Rate an Teratom und vitalem Tumor

Resektion Resttumor? Seminom: Generell nein

Bei Resttumor > 3cm PET-CT Nicht-Seminom: Generell ja (> 1 cm)

Bei multiplen Metastasen OP z.B. retroperitoneal: Teratom od. vit. Tumor: Andere

Manifestationen ebenfalls resezieren Bei eindeutig steigenden Markern: Salvage Chemo Beta-HCG kann persistieren (< 50) (bei initial extrem hohen

Werten)

Poor risk-Erkrankung

Bei ausgedehntem Lungenbefall (ARDS!), ausgedehntem Leberbefall oder sehr schlechtem AZ Mini-Zyklus vorschalten (z.B. Cis 20 mg/m²+Eto 100 mg/m² d1-

3) Nach Erholung normal dosierte Therapie anschließen (4 Zyklen) An Zentrum verlegen (Besseres Überleben!)

ZNS-Befall Initial: Falls CR nach Chemo: Rolle von OP+RT unklar Bei Rezidiv mit ZNS+: Multimodale

Therapie+Hochdosischemotherapie

Marker-Kontrolle nach 1. Zyklus Bei unzureichendem Abfall Intensivierung anstreben

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Vorgehen bei Rezidiv

Histologie gewinnen wenn möglich Seminom

Nach Strahlentherapie: PEB Nach Chemotherapie: konventionelle (VIP/TIP) vs. HDCT Radiatio bei lokalisiertem Rezidiv OP von Resttumor

Nicht-Seminom Nach OP: PEB Nach Chemotherapie: konventionelle (VIP/TIP) vs. HDCT

Bei guter Prognose konventionell dosiert, schlechte Prognose Hochdosis (sequentiell): Datenlage jedoch nicht eindeutig!

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Salvage-Therapie

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J Clin Oncol 28:4906-4911, 2010

35 Lorch et al, JCO 2011

Very low risk Very high risk

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Vorteil für Hochdosischemotherapie für alle prognostischen Subgruppen: 3 Jahres Überleben 55% vs. 46 % (p < 0,001)

3. oder weiteres Rezidiv

HDC, falls noch nicht erfolgt Mono- oder Kombinationstherapie

Paclitaxel, Gemcitabine, Oxaliplatin Ansprechraten bis zu 50% Langzeitüberleben möglich (+ Chirurgie)

Chirurgie?

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Spätes Rezidiv (> 2 Jahre nach Erstlinienchemotherapie)

Häufigkeit zwischen 1,4% (Seminom) und 3,6 % (Nicht-Seminom)

Oft resistent gegenüber Chemotherapie Komplette Resektion anstreben Falls nicht möglich: Biopsie+Chemo + sekundäre OP Konventionell dosiert oder Hochdosis?

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Nachsorge

Rezidiverkennung (ersten beiden Jahre) Meist durch Bildgebung und/oder Tumormarker Frequenz der CTs abhängig von Stadium und Therapie (3-5

insgesamt) Sonographie kontralateraler Hoden!

Langzeittoxizitäten (lebenslang) Kardiovaskuläre Risikofaktoren minimieren Erhöhtes Risiko für KHK, metabolisches Syndrom Zweitkarzinome und Leukämien Testosteronsubstitution? Infertilität, Hörschäden, Nierenschäden Bleomycintoxizität meist passager

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Das müssen Sie wissen

Tumormarker: Vor und nach OP Immer Orchiektomie (auch nach Chemo!) Seminom

Niemals AFP-Erhöhung! Stadium I: Beobachtung oder Carbo AUC 7 1x (nach Risiko?) Metastasiert: PEB, eher keine Residualtumorresektion (PET-CT >

3cm)

Nicht-Seminom Stadium I: Beobachtung oder 1x PEB (nach Risiko) Metastasiert: PEB, regelhaft Residualtumorresektion (> 1 cm) Poor risk: Mini-Zyklus vorschalten (ARDS, Leberversagen)

Rezidive: Hochdosis erwägen Spätrezidive (> 2 Jahre nach Cis): OP

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