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Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage GERMAN

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Ulrich ElwertAlexander Flassak

Nachtragsmanagementin der Baupraxis

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Aus dem Programm

vieweg

Musterbriefe für Auftragnehmervon W. Heiermann und L. Linke

Musterbriefe für Auftraggebervon W. Heiermann und L. Linke

Handkommentar zur VOBvon W. Heiermann, R. Riedl und M. Rusam

Nachtragsmanagement in der Baupraxisvon U. Elwert und A. Flassak

Kommentar zur VOB/Cvon P. Fröhlich

Leitfaden für Bausachverständigevon N. Arbeiter und K.-H. Keldungs

Baukosten bei Neu- und Umbautenvon K. D. Siemon

Beweissicherung im Bauwesenvon K.-H. Keldungs

Bauwesen

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Ulrich ElwertAlexander Flassak

Nachtragsmanagementin der BaupraxisGrundlagen – Beispiele – Anwendung

2., erweiterte und aktualisierte Auflage

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Bibliografische Information Der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage April 20052. Auflage 2008

Alle Rechte vorbehalten© Friedr.Vieweg & Sohn Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008

Lektorat: Karina Danulat / Annette Prenzer

Der Vieweg Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media.www.vieweg.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen unddie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.deDruck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, HeusenstammGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.Printed in Germany

ISBN 978-3-8348-0193-7

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V

Vorwort zur 2. Auflage

Auch zwei Jahre nach der Erstauflage dieses Buchs ist das Thema Nachträge weiter-hin ein alltägliches und dennoch mit erheblichem Konfliktpotenzial beladenes Gebiet des Baugeschehens. Erfreulicherweise wird den Verfahren zur alternativen, außerge-richtlichen Konfliktbeilegung – nicht zuletzt auf Grund der in der § 18 Nr. 3 VOB/B Ausgabe 2006 neu aufgenommenen Regelung zur Streitbeilegung – immer größere Bedeutung zugemessen.

Die positive Aufnahme in der Fachwelt machte eine Neuauflage erforderlich. Dies haben wir zum Anlass genommen, das Buch grundlegend zu aktualisieren und zu erweitern, sowie der aktuellen Rechtsprechung und Neufassung der VOB/B Folge zu tragen.

Besonderer Dank gilt den zahlreichen Rezensenten der ersten Auflage, die mit wert-vollen Hinweisen und Ergänzungsvorschlägen zu der nun vorliegenden Auflage bei-getragen haben.

Hinweise, Anregungen und Kritik – auch und gerade aus der Praxis – sind weiterhin ausdrücklich willkommen.

Ravensburg/Heppenheim, im August 2007 Ulrich Elwert

Alexander Flassak

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VI Vorwort

Vorwort zur 1. Auflage

Das viel diskutierte Thema Nachträge hat in der Praxis – nicht zuletzt auf Grund der aktuell wirtschaftlich schwierigen Lage der Baubranche – nach wie vor eine besonde-re ökonomische Bedeutung. Bei nahezu jedem größeren Bauvorhaben treten Nach-tragssachverhalte auf, die nicht selten erhebliches Konfliktpotenzial bergen und mit-unter in langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen der Vertragsparteien münden. Nachträge werden häufig nur in ihrer negativen Auswirkung betrachtet. Dabei stellen sie bei entsprechender Handhabung für die Vertragspartner ein adäqua-tes Mittel dar, um nach Abschluss des Bauvertrags während der Baumaßnahme auf Leistungsänderungen und -ergänzungen sowie Störungen des Bauablaufs reagieren zu können.

Das vorliegende Buch soll daher in kompakter und leicht verständlicher Form einen umfassenden Einblick in das Themengebiet Nachtragsmanagement geben. Wir hof-fen, damit einen Beitrag zu einem qualifizierten, objektiven und fairen Umgang mit Nachtragssachverhalten und zur Vermeidung von Konflikten leisten zu können.

Dieses Buch ist im Besonderen an Leser gerichtet, die bereits beruflich, unabhängig davon, ob auf Auftraggeber- oder auf Auftragnehmerseite tätig, in das Thema invol-viert sind, eignet sich aber ebenso für Studenten und interessierte Praktiker, die sich mit dem Thema Nachtragsmanagement auseinandersetzen wollen. Es kann zudem zur Auffrischung bereits erlangter Kenntnisse sowie als Lehr- oder Nachschlagewerk Verwendung finden.

Ein besonderer Dank gilt allen Fachkollegen, die durch anregende Diskussionen und Hinweise zur Entstehung des Buches beigetragen haben. Frau Kinscherf-Atanasov danken wir für die engagierte Unterstützung bei der Anfertigung des Manuskriptes.

Hinweise, Anregungen und Kritik – auch und gerade aus der Praxis – sind ausdrück-lich willkommen.

Heppenheim, im Februar 2005 Ulrich Elwert

Alexander Flassak

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VII

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung......................................................................................................................... 11.1 Zielsetzung, Abgrenzung und Gliederung .......................................................... 11.2 Ausgangssituation .................................................................................................. 2

2 Begriffsdefinitionen ...................................................................................................... 7

3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen...................................................... 113.1 Der Bauvertrag ......................................................................................................... 11

3.1.1 Bauvertrag nach BGB Werkvertragsrecht.................................................................. 113.1.2 Bauvertrag nach VOB................................................................................................... 12

3.2 Bauvertragstypen ..................................................................................................... 123.2.1 Der Einheitspreisvertrag.............................................................................................. 123.2.2 Der Pauschalvertrag ..................................................................................................... 133.2.3 Stundenlohnvertrag und Selbstkostenerstattungsvertrag....................................... 143.2.4 Mischformen.................................................................................................................. 143.2.5 Neue Vertragsmodelle ................................................................................................. 15

3.3 Das Bausoll................................................................................................................ 183.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag ................................. 20

3.4.1 Auftragnehmerpflichten .............................................................................................. 213.4.2 Auftraggeberpflichten.................................................................................................. 23

3.5 Vertragsfristen und Termine .................................................................................. 263.5.1 Regelungen des BGB .................................................................................................... 263.5.2 Regelungen der VOB/B ................................................................................................ 263.5.3 Die Rechtsfolgen von Terminüberschreitungen ....................................................... 28

3.6 Terminplanung ....................................................................................................... 293.6.1 Darstellungsformen von Terminplänen .................................................................... 313.6.2 Vorgangsabhängigkeiten, Anordnungsbeziehungen .............................................. 373.6.3 Ermittlung der Vorgangsdauern ................................................................................ 38

3.7 Kalkulation................................................................................................................ 393.7.1 Bauauftragsrechnung ................................................................................................... 403.7.2 Kalkulationselemente................................................................................................... 413.7.3 Kalkulationsverfahren.................................................................................................. 433.7.4 Verfahrensablauf der Kalkulation über die Angebotssumme ................................ 463.7.5 Die EFB-Blätter der öffentlichen Auftraggeber......................................................... 50

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VIII Inhaltsverzeichnis

4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen................................................ 534.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln ................................................................................. 54

4.1.1 Lohnpreisgleitklauseln................................................................................................. 544.1.2 Stoffpreisgleitklauseln.................................................................................................. 56

4.2 Mengenänderungen................................................................................................. 564.2.1 Auswirkung von Mengenminderungen .................................................................... 584.2.2 Auswirkung von Mengenmehrungen........................................................................ 594.2.3 Ermittlung des neuen Einheitspreises........................................................................ 594.2.4 Ausgleichsberechnung ................................................................................................. 62

4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen................................................................. 624.3.1 Das Änderungsrecht des Auftraggebers.................................................................... 624.3.2 Die Leistungsänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B.......................................................... 644.3.3 Die zusätzliche Leistung nach § 2 Nr. 6 VOB/B ........................................................ 644.3.4 Abgrenzung geänderter und zusätzlicher Leistungen............................................. 654.3.5 Ankündigungserfordernis für gesonderte Vergütung............................................. 654.3.6 Vereinbarung des neuen Preises vor Ausführungsbeginn...................................... 66

4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen ..................................... 674.5 Leistungen ohne Auftrag......................................................................................... 694.6 Besondere planerische Leistungen......................................................................... 714.7 Stundenlohnarbeiten................................................................................................ 724.8 Behinderung des Auftragnehmers......................................................................... 73

4.8.1 Behinderungsanzeige und Offenkundigkeit ............................................................. 734.8.2 Verlängerung der Ausführungsfristen....................................................................... 744.8.3 Anpassungspflicht des Auftragnehmers ................................................................... 764.8.4 Die Berechnung der Fristverlängerung...................................................................... 774.8.5 Schadenersatzansprüche.............................................................................................. 804.8.6 Zusammenfassung........................................................................................................ 81

4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB .................................................... 834.10 Störung der Geschäftsgrundlage.......................................................................... 85

4.10.1 Voraussetzungen ...................................................................................................... 854.10.2 Rechtsfolgen .............................................................................................................. 86

4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen...................................... 884.12 Sonderprobleme bei Nachträgen.......................................................................... 90

4.12.1 Nachlassvereinbarungen ......................................................................................... 904.12.2 Vergabegewinne bei der Mindermengenvergütung............................................ 914.12.3 Vergütung der Kosten für die Nachtragsbearbeitung ......................................... 91

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Inhaltsverzeichnis IX

4.12.4 Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers............................................ 934.12.5 Zur Ausschreibungspflicht von Nachträgen ........................................................ 944.12.6 Nachtragsforderungen von Nachunternehmern.................................................. 944.12.7 Vollmacht und Vertretungsbefugnisse .................................................................. 954.12.8 Kalkulationsirrtum................................................................................................... 964.12.9 Spekulationspreise ................................................................................................... 974.12.10 Erschwernisse infolge nicht beachteter Bedenkenanmeldungen..................... 98

4.13 Zusammenfassung................................................................................................. 99

5 Beispielrechnungen ....................................................................................................... 1015.1 Kalkulation über die Angebotssumme ................................................................. 1015.2 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln ................................................................................. 1045.3 Mengenänderungen – Mehrmengen ..................................................................... 1055.4 Mengenänderungen – Mindermengen.................................................................. 1085.5 Ausgleichsberechnung ............................................................................................ 1095.6 Geänderte Leistungen.............................................................................................. 1115.7 Zusätzliche Leistungen............................................................................................ 1125.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen.............................................. 1135.9 Behinderung des Auftragnehmers......................................................................... 116

6 Dokumentation............................................................................................................... 1256.1 Vertragsunterlagen .................................................................................................. 1266.2 Vertragsterminplan mit Fortschreibung ............................................................... 1276.3 Bautagesberichte....................................................................................................... 1276.4 Besprechungsprotokolle.......................................................................................... 1296.5 Dokumentenmanagement....................................................................................... 1306.6 Planlieferlisten .......................................................................................................... 1346.7 Foto- und Videodokumentation............................................................................. 1366.8 Aufmaßprotokolle.................................................................................................... 1386.9 Behinderungs- und Mängelanzeigen .................................................................... 1386.10 Soll-Ist-Vergleiche .................................................................................................. 1396.11 Übersicht.................................................................................................................. 140

7 Handhabung von Nachträgen...................................................................................... 1437.1 Aufbau eines Nachtrags .......................................................................................... 1437.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen.............................................. 1457.3 Nachtragsprüfung und -bewertung ...................................................................... 1477.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr....................................................... 149

7.4.1 Nachtragsdurchsetzung............................................................................................... 149

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X Inhaltsverzeichnis

7.4.2 Nachtragsabwehr .......................................................................................................... 1507.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen................................................ 1517.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen................................................. 152

7.6.1 Änderungs- und Vertragsmanagement ..................................................................... 1527.6.2 Nachtragsmanagementsysteme .................................................................................. 1537.6.3 Möglichkeiten des EDV-Einsatzes .............................................................................. 157

8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung ................................................ 1598.1 Nachtragsprophylaxe .............................................................................................. 1608.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung ................................................. 165

8.2.1 Verfahren vor staatlichen Gerichten........................................................................... 1658.2.2 Schiedsgerichtsverfahren (Arbitration)...................................................................... 1668.2.3 Schiedsgutachtenverfahren.......................................................................................... 1688.2.4 Schlichtung..................................................................................................................... 1698.2.5 Anrufungsverfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B............................................................. 1698.2.6 Mediation ....................................................................................................................... 170

8.3 Neue Formen des Streitmanagements................................................................... 1718.3.1 Dispute Review Board.................................................................................................. 1728.3.2 Dispute Adjudication Board........................................................................................ 1748.3.3 Adjudication in England.............................................................................................. 1778.3.4 Die Baubegleitende Einigungsstelle (BEST) .............................................................. 178

8.4 Zusammenfassung ................................................................................................... 179

Anhang – VOB/B ................................................................................................................ 181

Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 195

Sachwortverzeichnis .......................................................................................................... 201

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1

1 Einleitung

Mengenänderungen, geänderte oder zusätzliche Leistungen und Behinderungen füh-ren bei nahezu jedem Bauvorhaben zu Nachtragsforderungen des Auftragnehmers und nicht selten zu erheblichem Konfliktpotenzial zwischen den Vertragsparteien über die Berechtigung und Höhe der Ansprüche.

Selbst bei einer im Wesentlichen reibungslos abgewickelten Hochbaumaßnahme muss unabhängig von der jeweiligen Vergabeform mit einem Nachtragsvolumen von ca. 5 % der ursprünglichen Vertragssumme gerechnet werden.1 Ein Nachtragsaufkom-men in Höhe von 30 % der geplanten Kosten ist heute keine Seltenheit mehr.2 Und dennoch bereitet der Umgang mit der Dokumentation und Bewertung von Nachträ-gen den Vertragspartnern mitunter erhebliche Schwierigkeiten.

Insbesondere bei Behinderungssachverhalten ist eine nachträgliche Rekonstruktion von Ursachenzusammenhängen objektiv kaum mehr möglich, so dass eine zeitnahe und pragmatische Nachtragsklärung unter Beachtung baubetrieblicher, technisch-wirtschaftlicher und juristischer Aspekte auch im Sinne eines zügigen Projektfort-schritts unerlässlich ist.

Ungeklärte Nachträge führen in der Regel zu einer Klimaverschlechterung zwischen den Vertragsparteien, binden Kapazitäten und können bei verschleppter Klärung erhebliche Kosten verursachen.

1.1 Zielsetzung, Abgrenzung und Gliederung

Dieses Buch bietet eine grundlegende Einführung in die Thematik des Nachtragsma-nagements. Aufbauend auf baubetrieblichen und baurechtlichen Grundlagen wird durch Anwendungshinweise und Praxisbeispiele der in der Baupraxis nahezu un-vermeidliche Umgang mit Nachtragssachverhalten dargestellt.

Ziel dieses Buches ist es, allen Baubeteiligten, die sich mit dem Thema Nachträge konfrontiert sehen, egal ob auf Auftragnehmer- oder Auftraggeberseite tätig, einen praxisnahen Handlungsleitfaden an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sich Nach-tragssachverhalte sachgerecht, kurzfristig, fair und emotionsbefreit – nach Möglich-keit außergerichtlich – klären lassen. Hierbei wurde besonderer Wert auf eine kom-pakte Darstellung gelegt.

1 Vgl. Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 2. Aufl. 2003, Rdn. 682 2 Vgl. Wirth, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 92

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2 1 Einleitung

Dem Inhalt ist ein Kapitel mit der Definition von Begriffen vorangestellt, die im Zu-sammenhang mit Nachträgen in der Praxis häufig synonym, missverständlich oder falsch verwendet bzw. unterschiedlich abgegrenzt werden (Kapitel 2).

Ganz wesentlich für die zielgerichtete und wirtschaftliche Entwicklung und Anwen-dung eines Nachtragsmanagementsystems sind fundierte baubetriebliche und bau-rechtliche Fachkenntnisse. Aus diesem Grund wird den theoretischen Grundlagen eine besonders hohe Bedeutung beigemessen.

Aufbauend auf allgemeinen baubetrieblichen und baurechtlichen Grundlagen (Kapi-tel 3) werden daran anschließend mögliche Nachtragsursachen sowie deren An-spruchsgrundlagen und die Nachtragsfolgen behandelt (Kapitel 4).

Auf Basis der zuvor dargestellten Grundlagen beinhaltet Kapitel 5 Beispielrechnun-gen zu üblichen Nachtragssachverhalten. Die theoretischen Grundlagen werden hier anhand konkreter Praxisbeispiele nachvollziehbar angewendet.

Unumgänglich für die Beurteilung von Nachtragssachverhalten ist die genaue Kennt-nis des tatsächlichen Bauablaufs. Möglichkeiten zur Dokumentation zeigt Kapitel 6 auf.

Die häufig auf Grund unsachgemäßer Anwendung konfliktauslösende Handhabung von Nachträgen – der Aufbau eines Nachtrags, die Nachtragsprüfung und -bewer-tung, Nachtragsdurchsetzung und Nachtragsabwehr sowie Abrechnung und Vergü-tung, Erfassung und Dokumentation von Nachträgen – ist in Kapitel 7 dargestellt.

In Kapitel 8 werden Formen der Nachtragsprophylaxe sowie Methoden zur alternati-ven Streitbeilegung untersucht, um Nachtragsforderungen entweder gänzlich zu ver-meiden oder diese sachgerecht, einvernehmlich und vor allem zügig aufzulösen. Im Interesse der Vertragsparteien sollten Nachtragsforderungen in jedem Fall kurzfristig und verbindlich geklärt werden, um den weiteren Bauablauf nicht übermäßig zu be-einträchtigen.

Als Anhang ist der vollständige Text der VOB/B – Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen – in der Fassung von 2006 enthalten.

1.2 Ausgangssituation

Das Thema Nachtragsmanagement hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeu-tung gewonnen, nicht zuletzt auf Grund der anhaltenden strukturellen Krise der Bauwirtschaft und stetig sinkenden Bauinvestitionen (Abbildung 1-1). In wirtschaft-lich schwierigen Zeiten, wenn die Spielräume der Projektbeteiligten enger werden und der Kostendruck zunimmt, haben Nachtragsforderungen und die oftmals daraus resultierenden Konflikte Hochkonjunktur. Das durchschnittliche Nachtragsvolumen

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1.2 Ausgangssituation 3

der Bauunternehmen liegt derzeit bei etwa 11 % der gesamten Bauleistungssummen im Jahr.3

80

100

120

140

160

180

200

220

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Deutschland WestDeutschland OstGesamt

Abbildung 1-1 Bauinvestitionen in konstanten Preisen, 1991=1004

Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage der Baubranche zunehmend entspannt, sind die Wettbewerbspreise zum Teil auf einem Niveau angelangt, das den Bauunterneh-men kaum noch ermöglicht, Gewinne zu generieren. Die Folge davon ist, dass Nach-tragsforderungen zur vermeintlichen Aufbesserung der Baustellenergebnisse an At-traktivität gewonnen haben. Nachträge sind jedoch kein Rettungsanker für schlechte Vertragspreise. Ein solcher Ansatz mit überhöhten, unangemessenen Forderungen ist in der Regel nicht durchsetzbar und häufig streitauslösend.

Kennzeichnend für Bauprojekte sind

immer kürzere Realisierungszeiträume, knappe, feste Budgets sowie hohe Qualitätsanforderungen.

Im Zuge steigenden Termin- und Kostendrucks ist eine zunehmende Zahl an Bauab-laufstörungen zu verzeichnen. Fast kein Bauvorhaben größeren Umfangs wird genau-so realisiert, wie es ursprünglich geplant war. Gerade bei Großbauvorhaben ändern sich im Zuge der Bauausführung die Anforderungen des Nutzers bzw. werden erst nach einer in der Ausführungsphase erfolgten Vermietung festgelegt.

3 Vgl. Kattenbusch/Kuhne, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 4/2002, S. 43 4 Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V.; Statistisches Bundesamt Deutschland

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4 1 Einleitung

Ausschreibungen werden oftmals aus wirtschaftlichen und mitunter auch politischen Gründen unter hohem Zeitdruck gefertigt. Die Leistungsbeschreibung oder die der Leistungsbeschreibung zu Grunde liegenden Planungen werden häufig unvollstän-dig, fehlerbehaftet oder nicht mit dem erforderlichen Vorlauf erbracht.

Ein weiteres Charakteristikum von Bauprojekten liegt in der langen Produktionsdau-er für die Herstellung eines Bauwerks. Dieses Langzeitverhältnis der Vertragspartner führt zu gegenseitigen Kooperationspflichten, die bei anderen Vertragsverhältnissen in dieser ausgeprägten Form nicht notwendig sind.

Die Dauer eines Bauprojektes wird nicht nur durch den Zeitraum der Bauphase be-stimmt, sondern auch durch das oft langwierige Planungs- und Genehmigungsver-fahren. Der Zeitraum zwischen Investitionsentscheidung und Fertigstellung des Ob-jekts kann in Abhängigkeit der Größenordnung und des Komplexitätsgrades zwi-schen drei und fünf Jahre, in Einzelfällen mehr als zehn Jahre betragen.5 Dies kann zu Nachfrageänderungen führen, so dass die Immobilie nicht mehr entsprechend der Planung am Markt nachgefragt wird oder infolge des Wettbewerbsdrucks auf Ände-rungswünsche des Nutzers auch während der Bauausführung eingegangen werden muss. Dies hat Abweichungen der Bauausführung von der Planung zur Folge, was wiederum zu Nachträgen der Bauunternehmen führt. Gleichzeitig wird zur Reduzie-rung der Gesamtdauer die Ausführungsphase gestrafft und mit Teilen der Planungs-phase überlagert. Eine baubegleitende Planung bringt jedoch fast zwangsläufig Plan-änderungen und Planergänzungen mit sich. Die Folge der Änderungen des Bauvor-habens nach Art, Umfang und zeitlichem Ablauf sind Nachtragsforderungen, die bei komplexen Bauvorhaben in dreistelliger Anzahl nicht mehr unüblich sind.

Nicht zuletzt auf Grund der angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Unter-nehmen ist eine zunehmende Härte vertraglicher Auseinandersetzungen, die Häu-fung von Rechtstreitigkeiten aber auch eine nachlassende Entscheidungsbereitschaft der Auftraggeber zu verzeichnen. Auseinandersetzungen am Bau werden angesichts der derzeitigen Konjunkturlage am Baumarkt zunehmend mit juristischen Mitteln geführt. Bei Großbaumaßnahmen wirken regelmäßig offen oder aber verdeckt Bauju-risten an den Bauverträgen, der Korrespondenz während der Durchführung der Bau-phase und der Bewältigung von Krisensituationen im Bauverlauf mit.

Bemerkenswert ist die hohe Anzahl von Nachtragsforderungen gegenüber öffentli-chen Auftraggebern. Dies lässt darauf schließen, dass entweder die Leistungsbe-schreibungen lückenhaft sind oder die Auftragnehmer davon ausgehen, dass gegen-über öffentlichen Bauherren zahlreiche Nachtragsforderungen durchsetzbar sind, was aber nachweislich Abbildung 1-2 nicht der Fall ist.

5 Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 603

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1.2 Ausgangssituation 5

11 % 10 %

40 %

15 %

0

10

20

30

40

50

Proz

ent d

er A

uftr

agss

umm

e

privateBauherren

öffentlicheBauherren

gestellte Nachtragsforderungen

genehmigte/akzeptierte Nachträge

Abbildung 1-2 Nachtragsforderungen und davon genehmigte Nachträge6

Ein Grundproblem im Umgang mit Nachträgen ist deren verzögerte Abwicklung und Klärung. So werden zum überwiegenden Teil erst nach dem Ende der Bauausführung Nachtragsvereinbarungen getroffen.

Zeitpunkt der Vereinbarung von Nachträgen

vor der Bauausführung

2%

während der Bauausführung

47%

nach der Bauausführung

51%

Abbildung 1-3 Zeitpunkt der Nachtragsvereinbarung7

War vor einigen Jahren der Rohbau, gemessen an der Zahl der eingereichten Nach-träge, noch die maßgebliche Gewerkegruppe, so hat sich dieser Trend mittlerweile verschoben. Nicht zuletzt auf Grund der Zunahme baubegleitender Planungen haben 6 Vgl. Girmscheid, 2003, S. 14 7 Bundesrechnungshof: Bemerkungen 2002 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 179

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6 1 Einleitung

inzwischen insbesondere die Bereiche Ausbau und Gebäudehülle sowie Technische Gebäudeausrüstung (TGA) einen bedeutenden Anteil am Gesamtnachtragsvolumen einer Baumaßnahme.

24,8 %

49,8 %

25,4 %

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Ausbau- undGebäudehülle TGARohbau

Abbildung 1-4 Nachtragsvolumen nach Gewerkegruppen8

In Anbetracht dieser gravierenden Probleme durch den in der Praxis immer wieder anzutreffenden unzulänglichen Umgang mit Nachträgen, die verschleppte und un-sachgemäße Nachtragsklärung, die unsystematische und unstrukturierte Nachtrags-erfassung und -dokumentation sowie die kostenintensive und für das Bauvorhaben meist schädliche Zunahme von Baustreitigkeiten leistet dieses Buch einen Beitrag zum sachgerechten, methodischen und fairen Umgang mit Nachtragssachverhalten sowie zur Nachtragvermeidung und Risikominimierung.

8 Vgl. Racky, 1997, S. 98

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7

2 Begriffsdefinitionen

In der Praxis ist häufig die unrichtige oder widersprüchliche Verwendung terminolo-gischer Begriffe zu beobachten und selbst in der Fachliteratur werden die Begriffe sehr unterschiedlich definiert, abgegrenzt und kontrovers diskutiert. Es erscheint daher zweckmäßig, die für das Verständnis der weiteren Ausführungen grundlegen-den Begriffe vorab zu definieren.

Bauinhalt Dieser Begriff umfasst die bauvertraglich vereinbarte Artund den Umfang des herzustellenden Bauwerks, alsowas zu bauen ist.9

Bauumstände Wie und unter welchen Randbedingungen zu bauen istbeinhaltet der Begriff der Bauumstände, der in die Kate-gorien Bauablauf, Bauverfahren und Beschaffenheit un-tergliedert werden kann.10

Behinderung Behinderungen sind alle Ereignisse, die sich auf den vorhergesehenen Leistungsablauf sachlich, zeitlich oder räumlich, hemmend oder verzögernd auswirken, ohnedie Leistungserbringung unmöglich zu machen.11 Die Behinderung kann nach Aufnahme der Bauarbeiten auf-treten oder bereits zu Beginn und damit den Auftrag-nehmer schon an der Aufnahme seiner Tätigkeit hin-dern.12

Behinderungen sind Störungen mit negativen zeitli-chen und/oder finanziellen Folgen.13

Besondere Leistungen Besondere Leistungen können nach § 2 Abs. 3 HOAI zuden Grundleistungen hinzu oder an deren Stelle treten, wenn besondere Anforderungen an die Ausführung desAuftrags gestellt werden, die über die allgemeinen Leis-tungen hinausgehen oder diese ändern. Sie sind in denLeistungsbildern nicht abschließend aufgeführt.

9 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 29 10 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, a. a. O.; Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 33 11 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 VOB/B Rdn. 2; Leineweber, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 136 12 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 2 13 Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 606

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8 2 Begriffsdefinitionen

Besondere Leistungen sind entsprechend Abschnitt 4.2 der VOB/C (DIN 18 299 ff.) Leistungen, die nicht Neben-leistungen gemäß Abschnitt 4.1 sind und nur dann zurvertraglichen Leistung gehören, wenn sie in der Leis-tungsbeschreibung erwähnt sind. Werden solche Leis-tungen vom Auftraggeber nachträglich verlangt, so be-steht für den Auftragnehmer ein Anspruch auf besonde-re Vergütung.14

Beschleunigungs-maßnahmen

Beschleunigungsmaßnahmen bezeichnen das direkteEingreifen des Unternehmers in den planmäßigen Bau-ablauf, mit dem Ziel, die Bauzeit zu verkürzen um da-durch Zwischen- oder Endtermine einhalten zu können. Durch den Auftraggeber angeordnete Beschleuni-gungsmaßnahmen berechtigen zu Vergütungsansprü-chen des Auftragnehmers.

Claim Claims sind Forderungen aus einem Vertrag, die eine Vertragspartei an die andere stellen kann, wenn

– die andere Partei auf Grund vertraglicher Regelungen Änderungen der Leistung fordert,

– die Vertragsabwicklung durch Ursachen gestört wird, die der Sphäre der anderen Partei zuzurechnen sind,

– die andere Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nur mangelhaft erfüllt

– und kein Einvernehmen über die Berechtigung der Forderung dem Grunde und der Höhe nach gefunden wird.15

Eigenclaims sind Claims, die man selbst an die andereVertragspartei stellt, Fremdclaims bezeichnen Forderun-gen, die die andere Vertragspartei an einen selbst stellt.Des Weiteren kann nach sachlichen, terminlichen und als Folge daraus auch nach finanziellen Claims unterschie-den werden. Die Begriffe Nachtrag und Claim werden häufig synonym verwendet. Übersetzt bedeutet Claim jedoch Anrecht oder Rechtsanspruch und umfasst damit ohne Wortergänzungen nur die Durchsetzung eigenerAnsprüche.

14 Vgl. Ahrens/Bastian/Muchowski, 2004, S. 34 15 Oberndorfer, 2003, S. 20

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2 Begriffsdefinitionen 9

Claim-Management Claim-Management hat zum Ziel, Abweichungen vom vertraglich Vereinbarten zu erkennen, gerechtfertigte Ansprüche daraus abzuleiten und diese durchzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Vorgaben geplant, Sachverhalte erfasst und ausgewertet sowie Ansprüche daraus angemeldet, aufbereitet, geltend gemacht und ihre Durchsetzung verfolgt werden.

Oder anders ausgedrückt: Gegenstand des Claim-Managements sind die geordneten, zielgerichteten Akti-vitäten zur Behandlung von Claims bei der Abwick-lung von Aufträgen, bezogen auf die Institutionalisie-rung, Wirkungsbereiche, Verfahrensweisen und Hilfs-mittel/Werkzeuge.16

Gewerk Veraltete, aber heute noch weitgehend übliche Bezeich-nung für die einzelnen gewerblichen Bauleistungen.Diese werden auch zutreffend als Leistungsbereicheoder Fachlose bezeichnet (vgl. § 4 Nr. 3 VOB/A).

Nachtrag Weder im gesetzlichen Werkvertragsrecht nach BGBnoch in der VOB/B wird der Begriff des Nachtrags ver-wendet. Es handelt sich hier nicht um einen Rechtsbe-griff, sondern um eine in der Baupraxis etablierte Be-zeichnung für die nachträgliche Geltendmachung von Vergütungsanpassungen oder den Anspruch auf Bau-zeitverlängerung durch den Auftragnehmer, begründet durch eine nach Vertragsschluss eingetretene Verände-rung des Bauinhalts oder der Bauumstände.17

Nachtragsleistungen sind Leistungen, die ohne Einwir-kung oder gar Verschulden des Auftragnehmers nachVertragsschluss erforderlich werden.18

Nachtragsmanagement Das Nachtragsmanagement umfasst alle Tätigkeiten, diebei der Vorbereitung und Durchsetzung (Auftragneh-mer) bzw. bei der Prophylaxe und Prüfung (Auftragge-ber) von Nachträgen oder Nachtragspotenzialen auftre-ten.19

16 Vgl. hierzu DIN 69 905:1997-05; Oberndorfer, 2003, S. 20 f. 17 Vgl. u. a. Girmscheid, 2003, S. 38; Konermann, 2001, S. 26; Heiermann, in: Baumarkt und Bauwirtschaft,

9/2003, S. 22 18 Vgl. Usselmann, in: BauR 2004, 1217 19 Vgl. Konermann, 2001, S. 138

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10 2 Begriffsdefinitionen

Organisationshandbuch Die aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen eines Projektes werden in Form eines Organisations-handbuches zusammengefasst. Es dient zur Schaffung von Klarheit über die Projektziele, die Projektstruktur, die Aufbau- und Ablauforganisation sowie das Informa-tions- und Kommunikationssystem der Projektbeteilig-ten. 20

Projekthandbuch Das Projekthandbuch beinhaltet die aktuelle Dokumen-tation der jeweils vorliegenden Pläne, Berechnungen und Beschreibungen.21 Es bildet damit die aktuelle Pro-jektdokumentation und beinhaltet unter anderem auch das Organisationshandbuch.

Störung Bei dem Begriff der Störung handelt es sich um einenOberbegriff für alle Änderungen des Bauinhalts oder der Bauumstände, die eine Bedeutung für den geplan-ten Produktionsprozess, nicht aber notwendigerweise negative Folgen (höhere Kosten, längere Bauzeit) ha-ben.22

Unterbrechung Eine Unterbrechung liegt vor, wenn entgegen dem ver-traglich vorgesehenen Ablauf ein vorübergehender Ar-beitsstillstand bei der Leistungsdurchführung eintritt.23

Eine Bauunterbrechung ist somit im Vergleich zur Be-hinderung eine wesentlich schwerwiegendere Ablauf-störung, da der Bauablauf für einen bestimmten Zeit-raum völlig zum Erliegen kommt.

Im Einzelfall ist es oft nur schwer möglich, eine Abgren-zung zwischen Behinderung und Bauunterbrechung vorzunehmen, da in der Praxis die Grenzen häufig flie-ßend sind. So kann eine Behinderung sich durchaus auch aus einer Anhäufung kleinerer Bauunterbrechun-gen, insbesondere bei Einzelgewerken, ergeben.24

20 Vgl. Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO, 2004, S. 177 21 Vgl. Ahrens/Bastian/Muchowski, 2004, S. 46; Nr. 9 der Schriftenreihe des AHO, 2004, S. 178 f. 22 Vgl. Winzen, in Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 605 23 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 2 24 Vgl. Reister, 2004, S. 362

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11

3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Grundlegend für die Behandlung und Bewertung von Nachträgen sind sowohl bau-betriebliche als auch baurechtliche Kenntnisse. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel zunächst die Bereiche Bauvertrag, Bauvertragstypen, Bausoll, Leistungspflich-ten der Vertragspartner, Vertragsfristen und Termine sowie Kalkulation behandelt.

3.1 Der Bauvertrag

Der Bauvertrag unterliegt als Werkvertrag den Grundsätzen des Werkvertragsrechts der §§ 631 ff. BGB und ist Schuldvertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, auf den die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts und des Schuldrechts des BGB anzuwenden sind. Das Vertragsrecht wird beherrscht von den Grundsätzen der Ab-schlussfreiheit, der Gestaltungsfreiheit sowie der Formfreiheit.

Der Bauvertrag ist oft das wichtigste Dokument im Rahmen eines Bauvorhabens. Nach ihm richten sich Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Er beeinflusst je-doch nicht selten auch die Rechtsbeziehungen anderer Beteiligter. Im Idealfall sollten im Bauvertrag die Leistungspflichten des Auftragnehmers ebenso geregelt sein wie die Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen, aber selbstverständlich auch die Gegenleis-tungen, nämlich die Vergütung, die Bereitstellung des Grundstücks und andere Be-reitstellungs- und Koordinierungspflichten des Auftraggebers.25

Was nicht bereits im Bauvertrag geregelt wurde, lässt sich später zumeist nicht mehr oder nur mit hohem Aufwand korrigieren.

3.1.1 Bauvertrag nach BGB Werkvertragsrecht Der Bauvertrag ist kein Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 Abs. 1 BGB sondern stets Werkvertrag nach den Vorschriften der §§ 631 ff. BGB. Der Auftragnehmer schuldet als Vertragsleistung einen Erfolg – die Herstellung eines Werkes –, nicht bloße Arbeit; der Auftraggeber hingegen schuldet die Abnahme und Vergütung der Bauleistung. Einer der zentralen Grundsätze des Werkvertragsrechts ist die Vorleis-tungspflicht des Auftragnehmers, dessen Vergütung entsprechend § 641 BGB erst mit der Abnahme der Leistung fällig wird.

Das BGB bietet grundlegende Regelungen für die verschiedensten Arten von Werk-verträgen und ist vorwiegend auf punktuelle Austauschverträge, weniger auf die speziellen Belange des Bauvertrags ausgerichtet.

25 Näheres hierzu in Kapitel 3.2

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12 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Im Rahmen des Werkvertragsrechts kann die Bauleistung auch von Nachunterneh-men und nicht vom Auftragnehmer selbst ausgeführt werden. Es kommt gemäß § 631 ff. BGB nicht darauf an, ob der Auftragnehmer die Werkleistung selbst erbringt, er schuldet diese lediglich.

3.1.2 Bauvertrag nach VOB Die VOB/B enthält die „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“. Die Vorschriften der VOB/B gelten nicht automatisch, sondern müs-sen als Abweichung vom gesetzlichen Werkvertragsrecht des BGB vereinbart werden. Die VOB/B enthält Regelungen, die auf die Besonderheiten von Bauleistungen ausge-richtet sind, während die BGB-Vorschriften Gültigkeit für sämtliche Werkverträge haben und daher Verallgemeinerungen beinhalten, die den Anforderungen eines durchschnittlichen Bauvorhabens oft nicht gerecht werden.

Die VOB ist weder Gesetz, noch Rechtsnorm, Gewohnheitsrecht oder Handelsbrauch. Da es sich bei der VOB/B um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt, gilt die VOB/B nicht ohne weiteres, sondern muss ausdrücklich als Vertragsbestandteil aufgenommen werden. Für öffentliche Auftraggeber ist die Ver-wendung der VOB/B zwingend vorgeschrieben, gleiches gilt für Teil A der VOB, der „Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen“ enthält und den Geschehensablauf bis zum Abschluss des Bauvertrages regelt.

Ist die VOB/B wirksam vereinbart, gehen deren Bestimmungen den §§ 631 ff. BGB oder anderen einschlägigen gesetzlichen Regelungen des BGB vor, zumal diese grundsätzlich dispositivem Recht26 unterliegen.27

3.2 Bauvertragstypen

Für die Realisierung von Bauvorhaben existieren unterschiedlichste Bauvertragsty-pen, die je nach Komplexität und Planungsstand individuell und projektabhängig ausgewählt und gestaltet werden müssen. Einen für alle Bauprojekte gleichermaßen gut geeigneten idealen Bauvertragstyp gibt es nicht.

3.2.1 Der Einheitspreisvertrag Beim Einheitspreisvertrag wird die Leistung in technische Teilleistungen (Positionen) aufgesplittet. Eine Position des Leistungsverzeichnisses enthält 26 Dispositives Recht (auch nachgiebiges bzw. abänderliches Recht) bezeichnet rechtlich vorgeschriebene

Regelungen, die im Gegensatz zum zwingenden Recht durch die Beteiligten geändert werden können. So ist z. B. das Vertragsrecht des BGB grundsätzlich abänderbar, das Verfahrensrecht in aller Regel nicht. (vgl. hierzu Creifelds Rechtswörterbuch, 18. Aufl. 2004, S. 1094)

27 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., Vor VOB/B Rdn. 1

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3.2 Bauvertragstypen 13

die Ordnungszahl der jeweiligen Position, die voraussichtliche Leistungsmenge (Vordersatz) und die Leistungseinheit, die Leistungsbeschreibung, den Einheitspreis und den voraussichtlichen Gesamtpreis pro Position, der sich aus Multiplikation des Vordersatzes mit dem Einheitspreis ergibt.

In der Regel obliegt dem Auftraggeber beim Einheitspreisvertrag die Mengenermitt-lung. Abgerechnet und vergütet wird beim Einheitspreisvertrag entsprechend § 2 Nr. 2 VOB/B nach tatsächlich ausgeführten Mengen, auch wenn diese von den bei Ver-tragsschluss genannten Mengen abweichen sollten. Der im Angebot genannte Ge-samtpreis ist nicht bindend, sondern stellt für den Bauherrn nur einen Anhaltspunkt dar, mit welchen Kosten er zu rechnen hat.28 Einheitspreise sind dagegen stets Fest-preise und für den Auftragnehmer bindend, sofern keine Gleitklauseln (siehe hierzu auch Kapitel 4.1) vereinbart wurden. Um die tatsächliche Bauleistung und damit den zu vergütenden Gesamtpreis zu ermitteln, bedarf es eines Aufmaßes oder der rechne-rischen Ermittlung gemäß § 14 VOB/B.

3.2.2 Der Pauschalvertrag Beim Pauschalvertrag steht die Vergütung von Anfang an fest, abgerechnet wird hier unabhängig von den ausgeführten Mengen, sofern der Auftraggeber nach Vertrags-schluss keine Mengenänderungen angeordnet oder anderweitig verursacht hat.

Unterschieden wird zwischen Detail- und Global-Pauschalvertrag.

Der Detail-Pauschalvertrag ist grundsätzlich so aufgebaut wie ein Einheitspreisver-trag und wird lediglich auf der Vergütungsseite mit einer Pauschalvereinbarung ver-sehen. Hier ist die Leistung nicht pauschal, sondern detailliert bestimmt. Es gilt die Vollständigkeitsvermutung des Bausolls, Abweichungen davon sind regelmäßig Grundlage von Mehrvergütungsansprüchen. Beim Global-Pauschalvertrag ist dage-gen auch die Leistung, zumindest in Teilbereichen, global, d. h. durch allgemeine Beschreibungen bestimmt (funktionale Ausschreibung). Ein Global-Pauschalvertrag führt dazu, dass dem Auftragnehmer notwendigerweise planerische Aufgaben bei der Bausoll-Festlegung (Ausführungsplanung) übertragen werden.

Ein Prototyp des Global-Pauschalvertrags ist der Schlüsselfertigbau in seinen unter-schiedlichen Ausgestaltungsvarianten.

Ein einfacher Global-Pauschalvertrag regelt typischerweise nur ein Gewerk. Dem gegenüber steht der komplexe Global-Pauschalvertrag, bei dem die Leistungsseite mehrerer Gewerke bzw. Leistungsbereiche, regelmäßig ein ganzes Bauwerk oder eine

28 Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1165

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14 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Gewerkezusammenfassung, z. B. Technische Gebäudeausrüstung, durch globale Ele-mente beschrieben ist, also insbesondere durch nur funktionale Beschreibung ohne Detaillierung.29

3.2.3 Stundenlohnvertrag und Selbstkostenerstattungsvertrag Bei geringerem Umfang von Leistungen, die überwiegend Lohnkosten verursachen, kann ein Stundenlohnvertrag geschlossen werden. In der Praxis wird der Stunden-lohnvertrag oftmals auf andere Weise umgesetzt, beispielsweise als „Arbeiten auf Regie“ bzw. „Regiearbeiten“ oder auch „Arbeiten im Tagelohn“ als Anhang zu einem auf dem Leistungsgedanken basierenden Einheitspreisvertrag. Da die VOB jedoch den Leistungsgedanken als vorrangig anerkennt, sollen Stundenlohnverträge nur bei lohnintensiven Bauleistungen geringen Umfangs wie Neben- oder Hilfsleistungen zur Anwendung kommen und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen Vereinbarung. Diesbezüglich entstehen in der Praxis immer wieder Streitigkeiten, da eine wirksame Vereinbarung mit dem Auftraggeber oftmals nicht geschlossen wurde.

Sofern eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung als Grundlage zur Preisbildung nicht möglich ist, kann die Selbstkostenerstattung auf Nachweis zuzüglich eines vorbestimmten Zuschlags für den Gewinn vereinbart werden. Wie schon der Stundenlohnvertrag sollte der Abschluss eines Selbstkostenerstattungsver-trags eine wirkliche Ausnahme darstellen, weil er noch weniger als der Stundenlohn-vertrag einen jedenfalls bei Vertragsabschluss eindeutig bewertbaren Ausgleich zwi-schen dem Marktwert der Leistung und der Gegenleistung des Auftraggebers dar-stellt. Aus diesem Grund sieht § 5 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A auch ausdrücklich vor, dass während der Ausführung ein Leistungsvertrag geschlossen werden soll, sobald eine einwandfreie Preisermittlung möglich wird.

3.2.4 MischformenMischformen zwischen den zuvor erläuterten Vertragstypen sind in der Praxis bei Bauverträgen häufig und in unterschiedlichsten Ausprägungen anzutreffen.

Bei Einheitspreisverträgen werden oftmals einzelne Positionen oder Positionsgruppen mit einer pauschalen Vergütung versehen. Der Einheitspreisvertrag enthält damit Elemente des Pauschalvertrags. Häufig anzutreffen ist die Pauschalierung für das Einrichten, Vorhalten und Räumen der Baustelleneinrichtung oder eine Teilpauschale für die erforderlichen Wasserhaltungsarbeiten. Auch umgekehrt ist die Vereinbarung von Einheitspreispositionen im Rahmen eines Pauschalvertrags keine Seltenheit. Dies bietet sich z. B. dann an, wenn für einen Teil der vorgesehenen Leistung Ausfüh-rungsart und Umfang genau bestimmt werden kann, für einen anderen Teil der Leis-tungen aber diese Voraussetzungen fehlen. 29 Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 75 f.

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3.2 Bauvertragstypen 15

Speziell im Schlüsselfertigbau werden in Ergänzung der Pauschalpreisangabe häufig Einheitspreislisten eingefordert, die den Preis für mögliche Änderungs- und Zusatz-leistungen regeln und von den Vertragspartnern als Vertragsbestandteil vereinbart werden. Sie haben deshalb Vorrang vor der allgemeinen Vergütungsregelung gemäß § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B.

Dem Vorteil der vermeintlichen Kostensicherheit steht allerdings die Kalkulations-schwierigkeit des Auftragnehmers entgegen, der diese Einheitspreise mengenunab-hängig kalkulieren muss.

3.2.5 Neue Vertragsmodelle Auf der Grundlage der Struktur von Global-Pauschalverträgen kommen in der Praxis vermehrt Vertragsformen vor, die neben der Definition des Bausolls als komplexem Leistungsziel weitere Aufgaben aus dem Lebenszyklus eines Bauwerks vertraglich regeln. Die Ausweitung dieser originären Bauherrenaufgaben auf das ausführende Unternehmen erstreckt sich vor der Ausführung der eigentlichen Bauleistung neben den Planungsaufgaben auf den Bereich der Finanzierung sowie zeitlich nach Erstel-lung in die Bereiche des Betreibens und Unterhaltens eines Bauwerks hinein.30

Diese neuen Vertragsmodelle basieren zum überwiegenden Teil auf einem Partne-ring-Konzept. Hierbei werden klassische Vertragsbeziehungen zu echten Partnerbe-ziehungen ausgebaut, so dass ein Projektteam mit gemeinsamen Zielen entsteht. Part-nering wurde im Zuge einer strukturellen Krise der Bauwirtschaft Ende der neunzi-ger Jahre in den USA nach dem Vorbild bereits in der Automobilindustrie erfolgreich eingesetzter Kooperationskonzepte entwickelt.

Grundgedanke des Partnerings ist es, die unterschiedlichen Zielsetzungen und Inte-ressen der Vertragspartner zu bündeln und zu optimieren, um gemeinsam festgelegte Ziele kooperativ und partnerschaftlich erreichen zu können. Grundlage hierfür ist der Wandel gegenläufiger Interessen der Projektpartner zu einer Interessenkoalition zu beiderseitigem Vorteil.31 Partnering-Modelle lassen sich durchaus in vertragliche Re-gelungen fassen und operationalisieren. In der Regel werden die Projektpartner früh-zeitig eingebunden, so dass bereits in der Planungsphase auf eine breitere Wissens- und Erfahrungsbasis zurückgegriffen werden kann, um dadurch unter anderem Nachträge auf Grund unzureichender Planung zu vermeiden.

Ein wertvoller Anfang für Partnering-Modelle in Deutschland wäre bereits ein ent-sprechendes Verhältnis zwischen Haupt- bzw. Generalunternehmer und Subunter-nehmern.32

30 Vgl. hierzu Reister, 2004, S. 27 ff. 31 Vgl. Ahrens/Bastian/Muchwoski, 2004, S. 408 32 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 304

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16 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

3.2.5.1 GMP-Vertrag Bei einem GMP-Vertrag (Guaranteed Maximum Price bzw. Garantierter Maximal-preis) handelt es sich um einen Bauvertrag mit zusätzlichen Vereinbarungen zur Ver-gütungsbestimmung. Diese zusätzliche Vereinbarung zur Vergütungsbestimmung sieht in der Regel vor, dass Gewerke, die nicht vom Auftragnehmer sondern von Na-chunternehmern ausgeführt werden, auf Marktbasis vom Auftragnehmer, auch als GMP-Partner bezeichnet, an den Bauherrn berechnet werden, während Leistungen, die der Auftragnehmer selbst erbringt, in der Regel pauschal vergütet werden. Zu-sätzlich garantiert der Auftragnehmer auf eigenes Risiko für das Gesamtprojekt einen Höchstpreis.33 Die Abrechnung erfolgt nach dem in Deutschland bislang unüblichen „open-books-Prinzip“, das den Auftragnehmer zu weitgehender Offenlegung seiner Kalkulation und Abrechnungen verpflichtet. Durch gemeinsam zu optimierende Pla-nung und Ausführung soll in kooperativer Form dieser garantierte Maximalpreis unterschritten werden. Die eingesparten Kosten werden nach festgelegten Prozentsät-zen auf den Auftraggeber und den GMP-Partner verteilt.

Prägendes Element eines GMP-Vertragsmodells ist die konzeptionell vorgegebene enge Kooperationsverpflichtung der Vertragspartner mit wechselseitigen Anreizme-chanismen. Zielsetzung einer solchen Vereinbarung ist die Optimierung des Bauvor-habens zu beiderseitigem Vorteil, der Generalunternehmer als klassischer „Vertrags-gegner“ wird zum Partner des Bauherrn.

Unterschieden wird zwischen einem einstufigen und einem zweistufigen GMP-Modell:

Beim einstufigen GMP-Modell handelt es sich prinzipiell um einen Generalunter-nehmer-Vertrag mit Pauschalfestpreisabrede, der mit zusätzlichen Regelungen zur Vergütungsfindung und einer klar definierten Kooperationsverpflichtung im Hin-blick auf Optimierung, Nachunternehmervergabe und gemeinsame Problemlösung, z. B. bei Nachtragsstreitigkeiten, ergänzt wird.34 Im Rahmen des zweistufigen GMP-Modells berät der GMP-Partner den Bauherrn bereits bei der Grundlagenermittlung bis hin zur Genehmigungsphase. Erst auf Basis der gemeinsam ermittelten Planungs-ergebnisse erfolgt die Vergabe an den endgültigen GMP-Vertragspartner, der nicht zwingend identisch sein muss mit dem in einer Frühphase des Projekts beauftragten „GMP-Berater“.35

Die Nachtragsgefahr wird bei GMP-Modellen nur insoweit eingegrenzt, dass sich der GMP-Partner bereits in der Planungsphase optimierend beteiligt.36 Lösen sollte man

33 Vgl. Weeber/Bosch, 2000, S. 47 34 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, VOB/B Anhang, Rdn. 44 35 Vgl. Weeber/Bosch, 2000, S. 48 ff.; Passarge/Werner, in: Freiberger Handbuch zum Baurecht, 2001,

§ 1 Rdn. 148 ff. 36 Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 191

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3.2 Bauvertragstypen 17

sich jedoch von der Vorstellung, dass dieses Modell Nachtragsforderungen gänzlich ausschließt.37

3.2.5.2 Construction-Management In den USA hat sich mit dem Construction-Management eine besondere Projektorga-nisationsform etabliert, die auch bei deutschen Großprojekten zunehmend Verbrei-tung findet. Der Construction-Manager nimmt hierbei die zentrale Stelle – quasi als Projektmanager – in der Projektorganisation ein. Prinzipiell unterscheidet man die zwei alternativen Abwicklungsformen38

Construction-Management mit Ingenieurvertrag und Construction-Management mit Bauvertrag,

die sich vor allem in der vertraglichen Risikoübernahme für die Einhaltung von Bau-zeit und Baukosten unterscheiden.

Der Construction-Manager kann wie ein Projektsteuerer tätig werden (Construction-Management at agency). Er kann aber auch zusätzlich Objektplanungsleistungen mit erbringen (extended services Construction-Management). In der Einsatzform des „Management Contracting“ oder des „Construction-Management at risk“ beauftragt der Construction-Manager Nachunternehmer im eigenen Namen, ggf. auch mit Risi-koübernahme, z. B. im Rahmen eines garantierten Maximalpreises.39

3.2.5.3 Verträge im Rahmen von BOT- bzw. PPP-Projekten Infolge angespannter Haushaltslagen von Bund, Ländern und Gemeinden hat die private Finanzierung öffentlicher Baumaßnahmen auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zeigen, dass der Neubau und Ausbau, der Betrieb und die Instandhaltung von Hoch- und Ingenieurbauwerken einschließlich der Infrastruktur durch private Unternehmen in der Regel wirtschaft-licher umgesetzt werden und so zu finanziellen Entlastungen führen können.

In Großbritannien werden beispielsweise bereits rund 20 % der öffentlichen Investiti-onen im Zuge von Public Private Partnership (PPP) realisiert. Unter optimistischen Annahmen wird sich das Public Private Partnership Volumen für das Bauhauptge-werbe in Deutschland mittelfristig aber bei maximal 5 % der heutigen Gesamtleistung bewegen.40

37 Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 536 38 Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 67 ff. 39 Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 191 40 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 309

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18 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Build-Operate-Transfer- (BOT) sowie Public-Private-Partnership-Modelle sind hoch komplexe Vertragsformen, in denen Projekte, insbesondere unter Gründung von Pro-jektgesellschaften, entwickelt, finanziert, errichtet, betrieben und schließlich übertra-gen werden.

3.3 Das Bausoll

Was der Auftragnehmer auf Grund des Vertrags als Leistung schuldet wird als Bau-soll bezeichnet. Es ist die durch den Bauvertrag nach Bauinhalt und ggf. nach Bauum-ständen näher bestimmte Leistung des Auftragnehmers zur Erreichung des werkver-traglich geschuldeten Erfolgs.41 Eine Abweichung von Bauist und Bausoll ist die Grundlage für Nachträge.

Die VOB kennt den Begriff des Bausolls nicht. Stattdessen werden die Begriffe Leis-tung (§ 1 Nr. 1 VOB/B) bzw. Bauleistung (§ 1 VOB/A) verwendet.

Das Bausoll wird durch die Gesamtheit aller zum Vertragsinhalt gewordenen Unter-lagen bestimmt, ob unmittelbarer Vertragstext oder als Anlage zum Vertrag, verbal oder zeichnerisch. Wesentlicher Vertragsbestandteil ist die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis beim Einheitspreisvertrag oder Detail-Pauschalvertrag bzw. die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm bei Funktionalausschreibungen.42

Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 631 Abs. 1 BGB die „Herstellung des verspro-chenen Werks“. Er schuldet also, wie es für den Typus Werkvertrag kennzeichnend ist, nicht nur Arbeit, sondern den Erfolg, nämlich die Herstellung des Werkes wie versprochen, und dies zumindest bei Leistungsverträgen (Einheitspreisvertrag oder Pauschalvertrag) unabhängig davon, mit welchem Aufwand der Auftragnehmer das Herstellungsziel – bei unveränderten Randbedingungen – erreicht.

Insbesondere bei funktionalen Leistungsbeschreibungen ist darauf zu achten, dass für die Erzielung des Werkerfolgs durch den Auftragnehmer Mindestqualitäten ausrei-chend sind, sofern der Auftraggeber keine weitergehenden Angaben hierzu gemacht hat.

Stimmen die als Vertragspflicht des Auftragnehmers definierte Vertragsleistung, also das Bausoll, und die spätere Bauausführung, das Bauist, überein, so hat der Auftrag-nehmer nur Anspruch auf den vertraglich festgelegten Werklohn, das Vergütungssoll. Jeder Anspruch auf einen Nachtrag setzt eine Abweichung des im Vertrag festgeleg-ten Bausolls vom Bauist voraus.43

Hierbei sind insbesondere auch nachträgliche Vertragsergänzungen und vertragsre-levante Nebenabreden zu berücksichtigen. Die exakte Bestimmung des Bausolls ist 41 Vgl. Diederichs, 1999, S. 453; Reister, 2004, S. 28; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 26 42 Vgl. hierzu auch § 9 VOB/A 43 Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 606

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3.3 Das Bausoll 19

wesentlicher Einflussfaktor für das Nachtragsmanagement, da mit dem Bausoll Art und Umfang der vertraglichen Leistung bestimmt wird. Hinsichtlich der Interpretati-on über den Umfang des Bausolls haben Auftragnehmer und Auftraggeber häufig unterschiedliche Vorstellungen. Der Auftraggeber erwartet den optimalen Ausfüh-rungsstandard bei möglichst niedrigem Preis, der Auftragnehmer hingegen kalkuliert aus Wettbewerbsgründen zunächst den aus den Verdingungsunterlagen zu entneh-menden minimal geforderten Ausführungsstandard.44

Die Beurteilung, ob eine Nachtragsforderung des Auftragnehmers gerechtfertigt und begründet ist, setzt somit detaillierte Kenntnisse des vertraglich geschuldeten Leis-tungsumfangs voraus. Erst wenn dieses Soll klar ist, lässt sich feststellen, ob es von diesem Soll Abweichungen gegeben hat, die unter Umständen eine Anpassung des Werklohns zur Folge haben können.45

Für den Abschluss eines Bauvertrags ist es nicht maßgebend, ob die Leistung durch den Vertrag eindeutig bestimmt ist. Die Leistung muss jedenfalls bestimmbar sein, was ausreichend aber auch erforderlich ist.46 Das Bausoll kann demzufolge auch noch nachträglich festgelegt werden. Inhaltlich wird das Bausoll auch dadurch bestimmt, dass der Auftragnehmer mängelfrei bauen muss, also ein Werk herzustellen hat, das gemäß § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 VOB/B und § 13 Nr. 1 VOB/B zum Zeitpunkt der Ab-nahme den anerkannten Regeln der Technik47 entspricht. Vertraglich können zudem die Bauumstände festgelegt werden, so z. B. der zeitliche, organisatorische oder logis-tische Ablauf, ebenso die Wahl der eingesetzten Bauverfahren.

In der Praxis tritt des Öfteren der Fall widersprüchlicher oder mehrdeutiger Angaben in den Vertragsunterlagen auf. Grundsätzlich gilt: die speziellere geht der allgemeine-ren Vertragsregelung vor.48

Bei der Prüfung dieser Angaben in Bezug auf mögliche Nachtragssachverhalte, bei deren Auslegung der „objektive Empfängerhorizont“49 maßgebend ist, kann folgen-des Schema herangezogen werden:

44 Vgl. Konermann, 2001, S. 25 45 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 100 46 Vgl. hierzu Grundsatzurteil BGH „Kammerschleuse“ BauR 1997, 126; Kapellmann/Messerschmidt, 2007,

§ 2 VOB/B Rdn. 29 47 Als „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ werden Regeln bezeichnet, deren Richtigkeit wissen-

schaftlich erwiesen ist, die sich in der Praxis bereits bewährt haben und die der Mehrheit der Fachleute bekannt und von ihnen anerkannt sind. Hierzu zählen u. a. DIN-Normen, die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen der VOB/C, die Eingeführten Technischen Baubestimmungen (ETB) oder auch die Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton.

(vgl. hierzu u. a. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 100; Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 119 ff.) 48 Vgl. Hofmann/Frikell, 3. Aufl. 2000, S. 81 49 Zur Auslegung dürfen nur solche Umstände herangezogen werden, die für den Bieter erkennbar waren

oder erkennbar sein mussten. (Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 110)

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20 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

1. Schritt:Wortlautauslegung

Auslegung ergibt: Leistung vom Bausoll umfasst

Kein Anspruch des Bieters

Auslegung ergibt: Leistung vom Bausoll nicht umfasst

2. Schritt:Prüfung der erkennbaren

Randbedingungen

Hätte der Bieter den Widerspruch im LV erkennen können?

Widerspruch/Mehrdeutigkeitwar erkennbar

Widerspruch/Mehrdeutigkeitwar nicht erkennbar

Vorsätzlich unterlasseneRückfrage

keine Ansprüche

Ansprüche gemäß § 2 Nr. 5/Nr. 6 VOB/Bbei Leistungsanordnung gemindert durch

§ 254 BGB (Mitverschulden)

Ansprüche gemäß § 2 Nr. 5 oderNr. 6 VOB/B bei entsprechender

Leistungsanordnung

Abbildung 3-1 Auslegung der Vertragsunterlagen50

3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag

Bei der Herstellung eines Bauprojektes stehen die Leistungspflichten des Auftrag-nehmers im Vordergrund. Er muss die technischen Verfahren, Materialien und Bau-teile mit denen er baut selbst verantworten und dabei die anerkannten Regeln der Technik sowie die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen berücksichtigen. Es ist seine Sache, die Ausführung der Vertragsleistung zu leiten, Ordnung auf der Ar-beitsstelle zu halten und die Unfallverhütungsvorschriften gegenüber seinen Arbeit-nehmern zu beachten.51

Aber selbst bei vollständiger Erfüllung der eigenen Leistungspflichten ist der Auf-tragnehmer auf die Mitwirkung des Auftraggebers angewiesen.

50 In Anlehnung an Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 620 51 Vgl. Winzen, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 537

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3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag 21

Der Bauvertrag ist kein punktuell zu vollziehender Austauschvertrag, sondern zwingt die Vertragspartner gerade bei konfliktträchtigen, größeren Bauvorhaben in eine Langzeitbeziehung, deren Entwicklung sich in ihren Einzelheiten bei Vertrags-schluss kaum verlässlich vorhersehen lässt.52 Die Parteien des Bauvertrags sind zur Kooperation verpflichtet, das heißt zur Mitwirkung und gegenseitigen Information.53

Deshalb darf der Auftraggeber nur in seltenen Ausnahmefällen passiv abwarten, ob der Auftragnehmer die Schwierigkeiten auf der Baustelle zu lösen imstande ist. Liegt das Problem nicht allein in der betrieblichen Sphäre des Unternehmers, muss der Bauherr aktiv im Sinne eines Mit-Arbeitens eingreifen.54

Nachfolgend werden die Leistungspflichten des Auftragnehmers und Auftraggebers im Einzelnen dargestellt.

3.4.1 Auftragnehmerpflichten

Grundsatz der Eigenverantwortung des Unternehmers Entsprechend § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 VOB/B muss der Auftragnehmer die Leis-tung unter eigener Verantwortung nach den anerkannten Regeln der Technik und unter Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften ausführen. Der Auf-tragnehmer muss dafür einstehen, dass er über die entsprechenden Kenntnisse fachli-cher Art verfügt und die einschlägigen Vorschriften kennt. Die in dieser Regelung enthaltene Generalklausel gilt auch für den BGB-Werkvertrag.55

Die Verantwortlichkeit des Auftragnehmers wird nur in Ausnahmefällen gemindert. So wird der Grundsatz der Eigenverantwortung nicht dadurch eingeschränkt, dass sich der Auftragnehmer an eine Weisung des Auftraggebers oder des vom Auftrag-geber eingesetzten Planers gehalten hat.56 Ob die jeweilige Anordnung technisch in Ordnung ist oder zu Mängeln oder Schäden führt, muss er selbst überprüfen und erforderlichenfalls Bedenken anmelden. Den Bauherrn trifft aber bei unzweckmäßi-gen und falschen Weisungen grundsätzlich ein Mitverschulden.

Wenn die Leistung ohne Eingreifen des Bauherrn mangelhaft geworden ist, darf sich der Unternehmer nicht darauf berufen, dass dies bei ordnungsgemäßer Aufsicht durch die Projektleitung des Auftraggebers oder des Architekten nicht passiert wäre. Die Vertragspflichten des Projektleiters und Architekten bestehen nur gegenüber dem Bauherrn, nicht gegenüber dem Unternehmer.57

52 Vgl. Leupertz, in: Baurecht und Baupraxis (BrBp), 5/2003, S. 172 53 BGH BauR 2000, 409 f.; BauR 1996, 542 54 Vgl. Winzen, a. a. O. 55 Dähne, BauR 1973, 268 56 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 33; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 4 Nr. 2 VOB/B

Rdn. 13 57 Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 2548; BGH, BauR 1982, 79

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22 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Pflicht zur Ordnung auf der Arbeitsstelle Die Verpflichtung des Auftragnehmers, Ordnung auf der Baustelle zu halten, ist ebenfalls ein Spezialfall des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit. Der Inhalt der Pflicht besteht beispielsweise darin, Material und Hilfsmittel richtig zu lagern, die Geräte sicher zu betreiben und die Arbeitsvorgänge einschließlich des Lärmschutzes so zu planen und durchzuführen, dass niemand persönlich oder in seinem Vermögen zu Schaden kommt.

Pflicht zur Prüfung und Anzeige von Bedenken Nach § 4 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vom Bauherrn bzw. seinen Planern vorgesehene Art der Ausführung, insbesondere hinsichtlich Vor-leistungen anderer Unternehmer, bauseits gelieferter Stoffe oder Bauteile unverzüg-lich, und zwar möglichst schon vor Beginn der Arbeiten, schriftlich mitzuteilen. Der Auftragnehmer darf also die Planung und andere Anordnungen des Auftraggebers nicht blind umsetzen, sondern muss erkennbare Fehlerquellen aufdecken. Es handelt sich um eine Pflicht der gegenseitigen Rücksichtnahme, die aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben resultiert und deshalb auch beim BGB-Werkvertrag gilt.58

Pflicht zum Schutz der ausgeführten Leistung Gemäß § 4 Nr. 5 VOB/B hat der Auftragnehmer die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm zur Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Be-schädigung und Diebstahl zu schützen. Für den BGB-Bauvertrag gilt dasselbe, weil der Unternehmer gemäß den §§ 641 und 644 BGB bis zur Abnahme die Gefahr trägt, das heißt beschädigte oder abhanden gekommene Leistungen auf seine Kosten wieder herstellen muss. Für Schäden durch Witterung oder Grundwassereinwirkung ist der Auftragnehmer nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr. 5 Satz 2 VOB/B nicht verantwortlich. Entsprechendes gilt für die Beseitigung von Schnee und Eis, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart wurde.

Beseitigung vertragswidriger Stoffe oder Bauteile Nach § 4 Nr. 6 Satz 1 VOB/B sind Stoffe oder Bauteile, die dem vertraglichen Leis-tungssoll oder Proben nicht entsprechen, auf Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von der Baustelle zu entfernen. Bei diesen Verpflich-tungen handelt es sich um Mängelbeseitigungsansprüche, die abweichend von der BGB-Regelung schon vor Abnahme gelten. Damit soll verhindert werden, dass der Auftragnehmer mangelhafte oder vertragswidrige Stoffe für die Leistungserbringung

58 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 46; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 4 Nr. 3 VOB/B

Rdn. 50

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3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag 23

verwendet; der Mangelhaftigkeit des Bauwerks wird dadurch in einem frühen Stadi-um vorgebeugt.59

Verpflichtung des Auftragnehmers, die Leistung selbst zu erbringen Gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer die Leistung im eigenen Be-trieb auszuführen. Einem Nachunternehmer darf er sie nur mit schriftlicher Zustim-mung des Auftraggebers übertragen. Die Zustimmung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Betrieb des Auftragnehmers nicht auf die entsprechende Leis-tung eingerichtet ist.

Diese Regelung gilt nur für den VOB-Vertrag. Im Werkvertragsrecht des BGB gibt es keine persönliche Leistungsverpflichtung des Unternehmers, so dass ohne Vereinba-rung der VOB/B uneingeschränkt Nachunternehmer vom Auftragnehmer eingesetzt werden können.

Pflicht zur Anzeige und Ablieferung wertvoller Funde In § 4 Nr. 9 VOB/B ist die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Anzeige und Ablie-ferung wertvoller Funde geregelt. Etwaige Mehrkosten, die mit dem Bergen des Fun-des verbunden sind, erhält der Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B – also bei vorheriger Ankündigung des Mehrvergütungsan-spruchs – ersetzt.

Pflicht zur gemeinsamen Zustandsfeststellung von Teilen der Leistung Nach Regelung des § 4 Nr. 10 VOB/B ist der Zustand von Teilen der Leistung, die später nur schwer oder gar nicht überprüft werden können, gemeinsam von Auftrag-nehmer und Auftraggeber festzustellen.

Dies dient dazu, unselbständige Leistungsteile, für die keine Teilabnahme vorgesehen oder möglich ist, auf die ordnungsgemäße und funktionstüchtige Ausführung zu überprüfen. Das Ergebnis der Untersuchung ist schriftlich niederzulegen.60

3.4.2 Auftraggeberpflichten Der Auftragnehmer wird bei der üblichen Aufgabenteilung das Bauwerk nur dann pünktlich und ordnungsgemäß fertig stellen können, wenn der Bauherr mitwirkt. Die Beachtung dieser Mitwirkungspflichten ist jedoch nicht einklagbar. Trotzdem bleibt die Missachtung der Kooperationspflicht durch den Auftraggeber nicht ohne nachtei-lige Folgen: Er gerät in Annahmeverzug, wenn der Unternehmer bereit und in der Lage ist, die Leistung auszuführen.

59 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 4 VOB/B Rdn. 130 ff. 60 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 4 Rdn. 109

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24 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Pflicht zur Bereitstellung des Grundstücks Das Grundstück muss baureif zur Verfügung gestellt werden, d. h. alle Vorausset-zungen, die nicht zu der vom Unternehmer geschuldeten Bauleistung gehören, müs-sen erbracht sein. Zur Mitwirkungspflicht des Auftraggebers zählen alle Leistungen von Vorunternehmern, deren vorherige Fertigstellung notwendige Voraussetzung für den Baubeginn des folgenden Unternehmens sind.61

Pflicht zur Herbeiführung der notwendigen Genehmigungen Entsprechend § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ist die Beschaffung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, die Voraussetzung für die Leistungserbringung sind, Aufgabe des Auftraggebers, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart wurde. Die Mitwirkungs-pflicht bezieht sich auf das Beibringen der Genehmigungen aus verschiedenen Rechtsgebieten, wie öffentlichem Baurecht, Straßenverkehrsrecht, Wasserrecht und Umweltrecht. Entsprechendes gilt für privatrechtliche Genehmigungen, die Voraus-setzung für das Bauvorhaben sind.

Pflicht zum Abstecken der Hauptachsen, Baustrecken, Grenzen und Höhenfest-punkte des Baugeländes Das Abstecken der Hauptachsen, Baustrecken, Grenzen und die Schaffung von Hö-henfestpunkten ist Sache des Auftraggebers (§ 3 Nr. 2 VOB/B). Häufig wird diese Vorbereitungsarbeit im Rahmen des Bauvertrags an den Auftragnehmer übertragen.

Pflicht zur Zustandsfeststellung Der Zweck der Regelung des § 3 Nr. 4 VOB/B besteht darin, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, wenn nach Durchführung der Arbeiten Zufahrtsstraßen oder das Ge-lände Schäden aufweisen. Deshalb soll vor Beginn der Arbeiten in einer von den Ver-tragsparteien zu unterzeichnenden Niederschrift der Zustand der Straßen des Gelän-des und etwaiger baulicher Anlagen festgehalten werden. Diese Maßnahmen sind nach der Konzeption der VOB/B Aufgabe des Auftraggebers.

Pflicht zur Übergabe der Ausführungsunterlagen Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer entsprechend § 3 Nr. 1 VOB/B brauchba-re und zuverlässige Pläne zur Verfügung stellen. Entscheidend ist, dass die Ausfüh-rungsunterlagen rechtzeitig vor dem Beginn der jeweiligen Leistung vorliegen müs-sen, andernfalls hat der Auftragnehmer im Behinderungsfall Schadenersatzansprü-che.

Falls vertragliche Vereinbarungen hierüber nicht getroffen wurden, können die nach-folgend aufgeführten und als übliche und objektiv notwendige Mindestvorlaufzeiten

61 BGH BauR 2000, 722

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3.4 Leistungspflichten der Vertragspartner beim Bauvertrag 25

anzusehende Fristen für die Planlieferung angesetzt werden, sofern vom Auftrag-nehmer fristgebundene Leistungen zu erbringen sind:62

Schalpläne: Vorabzüge: 6 Wochen

Ausführungsunterlagen: 3 Wochen bis 20 Arbeitstage

Bewehrungspläne: 3 Wochen bis 25 Arbeitstage

Aussparungspläne: 5 Arbeitstage

Fertigteilpläne: 1 bis 2 Wochen Dispositionszeitraum zusätzlich

Es ist dringend zu empfehlen, eine vertragliche Regelung der Planvorlauffristen zu vereinbaren, da eine fehlende Abmachung regelmäßig zum Konflikt zwischen den Bauvertragspartnern führt, sobald Störungen des planmäßigen Bauablaufs eintreten. Darüber hinaus ist eine vertragliche Festlegung der Planlieferfristen bereits in § 11 Nr. 3 VOB/A ausdrücklich vorgesehen.

Ordnungs- und Koordinierungspflicht des Auftraggebers Arbeiten mehrere Unternehmer auf der Baustelle, so hat der Auftraggeber gemäß § 4 Nr. 1 Satz 1 VOB/B deren Zusammenwirken zu regeln. Ein Baustelleneinrichtungs-plan mit Lagerplätzen für Material und Flächen für Unterkünfte, Baustellenbüros u. ä. ist Sache des Auftraggebers. Entsprechendes gilt für den Bauzeitenplan, in dem der zeitliche Ablauf und das Ineinandergreifen der Gewerke dargestellt wird.

Nach der Baustellenverordnung63 ist der Auftraggeber zusätzlich verpflichtet, einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan aufzustellen. Die Koordinierungspflicht wird bei Einschaltung eines Generalunternehmers auf diesen übertragen.

Pflicht zur Überlassung von Lager, Arbeitsplätzen und Energieanschlüssen Gemäß § 4 Nr. 4 VOB/B gehört es – sofern nichts anderes vereinbart ist – zur Mitwir-kungspflicht des Auftraggebers, die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle, wozu auch die Flächen für Unterkünfte und Sanitäreinrichtungen gehören, die vorhandenen Zufahrtswege und Anschlüsse für Wasser, Energie etc. zur Verfü-gung zu stellen.

Pflicht zur Auskunft über den Beginn der Leistung und Abruf § 5 Nr. 2 VOB/B regelt den Sonderfall, dass im Vertrag kein Baubeginntermin festge-legt wurde. In diesem Fall ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, auf Verlangen des Auftragnehmers über den voraussichtlichen Beginn Auskunft zu erteilen. Verletzt der Auftraggeber seine Mitwirkungspflicht, unverzüglich Auskunft über den Baubeginn

62 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1314; Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 353 63 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (BaustellV)

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26 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

zu geben, steht dem Auftragnehmer nach einer Behinderungsanzeige ein Anspruch auf Bauzeitverlängerung zu. Wenn dem Auftraggeber zusätzlich Verschulden zur Last fällt, darf der Auftragnehmer Schadenersatz verlangen und ggf. bei ergebnisloser Fristsetzung den Bauvertrag kündigen.

3.5 Vertragsfristen und Termine

Terminsicherheit und die Einhaltung von Vertragsfristen ist für den Bauherrn insbe-sondere bei fremdfinanzierten Projekten von entscheidender Bedeutung. Häufig muss das Bauprojekt zu einem bestimmten Zeitpunkt dem späteren Nutzer auf Grund be-reits abgeschlossener Miet- oder Kaufverträge übergeben werden. Auch die Einhal-tung vereinbarter Zwischentermine kann für den Beginn der Leistungserfüllung an-derer Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen.

3.5.1 Regelungen des BGB Falls weder vertragliche Termin- und Fristfestsetzungen noch die Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag vereinbart wurden, bestimmen sich die Zeitpunkte für den Ausführungsbeginn und den Fertigstellungstermin alleine nach den Vorschriften des BGB. Das Werkvertragsrecht selbst enthält keine Regelung, wann die Leistungen aus-zuführen sind. § 271 BGB sieht jedoch vor, dass der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken kann, wenn eine Leistungszeit weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist.64 Da die Leistung des Auftrag-nehmers häufig von Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers abhängt, wird deut-lich, dass diese gesetzliche Regelung den Bauvertragsparteien wenig Sicherheit und Klarheit gibt. Eine weitergehende Vorschrift findet sich in den §§ 323 und 325 BGB, in denen die Folgen der Nichteinhaltung der Vertragsfristen geregelt sind. Als Rechts-folge ist hier bei Terminüberschreitungen das für Bauvorhaben meist unangemessene Rücktrittsrecht vorgesehen. Auf Grund der für die Baupraxis ungenügenden Vor-schriften des BGB sollten die Vertragsparteien, sofern die VOB/B nicht vereinbart wurde, Regelungen hinsichtlich der Ausführungstermine und -fristen und die Rechts-folgen bei Nichteinhaltung vorsehen.

3.5.2 Regelungen der VOB/B Regelungen zu Terminen und Fristen finden sich in § 5 der VOB/B. Hierbei wird un-terschieden zwischen der Frist für den Ausführungsbeginn, den im Bauzeitenplan enthaltenen Einzelfristen sowie der Fertigstellungsfrist.

64 Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 552

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3.5 Vertragsfristen und Termine 27

Sofern für den Ausführungsbeginn keine Vertragsfrist vereinbart wurde, hat der Auf-traggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat mit den Arbeiten entsprechend § 5 Nr. 2 VOB/B innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung zu beginnen. Voraussetzung ist allerdings die Erfüllung der erforderlichen auftraggeberseitigen Mitwirkungs-handlungen. Der Auftragnehmer muss die Baustelle insoweit einrichten, dass dies auf einen ernsthaften Baubeginn schließen lässt. Das kann die Errichtung der Baustellen-einrichtung oder aber auch die Herstellung von Bauteilen im Werk des Auftragneh-mers sein, nicht jedoch die Aufstellung eines Bauschildes oder Bauvorbereitungs-maßnahmen wie Planung und Arbeitsvorbereitung.65

Den Beginn der Ausführung hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber gemäß § 5 Nr. 2 Satz 3 VOB/B anzuzeigen. Diese Regelung ist hinsichtlich einer möglichen Teil-fertigung im Werk des Auftragnehmers und vor allem bei einer vertraglich vereinbar-ten Fertigstellungsfrist nach Baubeginn zweckmäßig.

Der Auftragnehmer hat die Bauausführung angemessen zu fördern (§ 5 Nr. 3 VOB/B). Hierzu zählt auch die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Zwischentermine. Ver-bindliche Fristen (Vertragsfristen) liegen nur vor, wenn sie im Bauvertrag als solche bestimmt sind oder sich deren Verbindlichkeit zweifelsfrei bei der Vertragsauslegung ermitteln lässt.66 Eine Vertragsfrist muss somit klar und eindeutig als Vertragsfrist festgelegt sein. Notwendig ist weiterhin die eindeutige Bestimmbarkeit der Frist und die Regelung, welcher Leistungsumfang bis zu diesem Termin zu erbringen ist.

Der Grund für die strengen Anforderungen an die Vereinbarung von Vertragsfristen liegt in den erheblichen Rechtsfolgen von Vertragsstrafen nach § 11 VOB/B bis hin zur Auftragsentziehung. Termine aus Bauzeitenplänen sind regelmäßig nicht Vertrags-fristen (§ 5 Nr. 1 VOB/B), sofern sie nicht ausdrücklich und verbindlich als solche vereinbart wurden. Die Fristen des Bauzeitenplans dienen in erster Linie der Über-wachung des Baufortschritts. Sollen nach Ansicht des Auftraggebers bestimmte Zwi-schentermine zwingend eingehalten werden, so sind diese vertraglich eindeutig zu fixieren.

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die geschuldete Bauleistung termingerecht fertig zu stellen. Maßgeblich hierfür ist die vertraglich vorgesehene Frist. Der vertragsver-einbarte Fertigstellungszeitpunkt ist, unabhängig davon, ob er kalendermäßig be-stimmt ist oder ob er sich aus dem Vertrag errechnen lässt, Vertragsfrist.

Die Fertigstellung der Leistungen bedeutet indes nicht, dass sämtliche Leistungen bereits mängelfrei erbracht wurden, Voraussetzung ist aber, dass die Leistung keine wesentlichen Mängel aufweist.

65 Vgl. Nunn, a. a. O. 66 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 5 Rdn. 4

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28 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

3.5.3 Die Rechtsfolgen von Terminüberschreitungen Die Rechtsfolgen einer Terminüberschreitung regelt § 5 Nr. 3 und 4 VOB/B. Die dort aufgeführten Rechtsfolgen treten ein bei

Verzögerung des Beginns der Ausführung, Verzug mit der Fertigstellung, Verletzung der Pflicht zur Abhilfe nach § 5 Nr. 3 VOB/B.

Für die aufgeführten Verzögerungen kommen nachfolgend aufgeführte Rechtsfolgen in Betracht:

Der Auftraggeber kann am Vertrag festhalten und Schadenersatz nach § 6 Nr. 6 VOB/B verlangen. Der Auftraggeber kann den Vertrag nach fruchtlosem Ablauf einer angemes-senen Nachfrist, verbunden mit einer Kündigungsandrohung, kündigen. Darüber hinaus kann der Auftraggeber bei entsprechender Vereinbarung Vertragsstrafen geltend machen.

Sind die Arbeitskräfte, Geräte und Stoffe oder Bauteile so unzureichend, dass die Bauausführung offenbar nicht eingehalten werden kann, muss der Auftragnehmer, § 5 Nr. 3 VOB/B folgend, auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen. Zeigt sich während der Ausführung, dass die Ausführungsfristen nicht mehr eingehalten wer-den können, steht dem Auftraggeber das Eingriffsrecht zu, den Auftragnehmer auf-zufordern, durch erhöhten Personaleinsatz oder Aufstockung von Geräten, Stoffen oder Bauteilen unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Eine Fristsetzung zur Abhilfe sieht § 5 Nr. 3 VOB/B nicht vor, ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit durchaus zu empfehlen.67

Voraussetzung hierfür ist, dass die Ausführungsfristen offensichtlich nicht eingehal-ten werden können und die Ursachen der unzureichenden Bauausführung im Ver-antwortungsbereich des Auftragnehmers liegen. Bei auftraggeberseitiger Verursa-chung der Ausführungsverzögerung ist die Vorschrift nicht anwendbar, es besteht für den Auftraggeber aber die Möglichkeit, allerdings kostenauslösende Beschleuni-gungsmaßnahmen zu vereinbaren. Anhaltspunkt für offenbar nicht einhaltbare Aus-führungsfristen kann die Überschreitung von Einzelfristen sein, wobei es sich hier auch um Fristen und Termine aus dem Bauzeitenplan handeln kann, ohne dass diese zwingend als pönalisierte, also vertragsstrafenbewehrte, Zwischentermine vereinbart sein müssen. Sofern eine Frist nicht kalendermäßig bestimmt ist, ist als weitere Vor-aussetzung eine Mahnung erforderlich.

67 Vgl. Nunn, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 559

Page 40: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.6 Terminplanung 29

Für die Geltendmachung des Schadenersatzes muss der Auftragnehmer in Verzug geraten sein. Dies setzt Verschulden des Auftragnehmers voraus. Zum Umfang des Schadens im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B gehört jeder Nachteil, den der Geschädigte an seinem Vermögen oder seinen sonstigen geschützten Rechtsgütern erleidet. Voraus-setzung ist hierfür, dass der Schaden kausal auf den vom Auftragnehmer zu vertre-tenden Umstand zurückzuführen ist.

Zu den Vermögensschäden zählen u. a.

verlängerte Zwischenfinanzierungskosten, vorübergehende Lagerung von Gegenständen, Mehrkosten für Architekten- und Ingenieurleistungen bei verlängerter Bauzeit.

Der Schaden selbst wird nach der sog. Differenzhypothese als Unterschied des bei ungestörtem Bauablauf zu erwartenden und wegen der Behinderung eingetretenen Vermögensstandes ermittelt. Den entgangenen Gewinn hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen, wenn er die zum Schadenersatz führenden Umstände grob fahr-lässig oder vorsätzlich verursacht hat. Voraussetzung für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches ist der konkrete Schadensnachweis.

Voraussetzung für eine Auftragsentziehung ist die angemessene Nachfristsetzung zur Vertragserfüllung sowie die Kündigungsandrohung bei fruchtlosem Fristablauf. Die Kündigung ist zudem nach Fristablauf ausdrücklich zu erklären. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B kann die Entziehung des Auftrags auch auf einen in sich abgeschlosse-nen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden.

3.6 Terminplanung

Wesentlicher Bestandteil der Strukturierung und Organisation einer Baumaßnahme ist die Terminplanung, die je nach Anwendungszweck und Projektfortschritt in un-terschiedlichen Detaillierungsstufen und Darstellungsformen erstellt wird. Im Rah-men der Terminplanung wird das komplexe Projektgeschehen in Teilvorgänge zer-legt, deren logische Abfolge unter Berücksichtigung technischer, technologischer, produktionsbedingter und kapazitativer Abhängigkeiten festgelegt und ihre Dauer bestimmt wird.68 Terminpläne können darüber hinaus für die Ermittlung der erfor-derlichen Kapazitäten und des Ausgabenverlaufs eingesetzt werden.

Der zeitliche Umfang des Terminplans hängt von der jeweiligen Betrachtungsweise ab. Die Terminplanung des Bauherrn enthält neben der Planung und Ausführung des Bauvorhabens auch vorgelagerte Tätigkeiten, z. B. die Bedarfsermittlung, sowie Inbe-triebnahme und Verfolgung der Gewährleistungsfristen. Hierbei steht die Koordina- 68 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 115

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30 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

tion der Projektbeteiligten im Vordergrund. Der bauherrenseitige Terminplan ist demzufolge projektorientiert, während die Terminplanung von Planern und ausfüh-renden Unternehmen objektorientiert ist und sich mitunter nur auf Teilbereiche des Gesamtvorhabens bezieht.

Die Erstellung eines Terminplans für ein Projekt ist ohne Klärung der Ablaufsstruktur des Projekts und einer sorgfältigen und ausreichenden Bemessung der Fristen nicht möglich. Da Bauprojekte aus wirtschaftlichen Erwägungen in immer kürzeren Reali-sierungsphasen durchgeführt werden, nimmt die Bedeutung aber auch der Komplexi-tätsgrad der Terminplanung weiter zu. Dabei ist die Terminplanung der Planung ebenso bedeutend wie die Terminplanung der Ausführung. Die Koordination paralle-ler Tätigkeiten und Planungen ist hierbei besonders störanfällig.

Im Laufe eines Bauprojekts werden Terminpläne in unterschiedlichen fortschreiten-den Detaillierungsstufen erstellt. Folgende Unterscheidung in vier Stufen hat sich in der Praxis bewährt:

RahmenterminplanGeneralterminplanGrobterminplan Detailterminplan

Der Rahmenterminplan beinhaltet die Termine der signifikanten Planungs- und Aus-führungsphasen und hat die Gesamtdarstellung des Projektablaufes zum Zweck. Er wird bereits in einer frühen Projektphase erstellt, um einen groben Gesamtüberblick der zeitlichen Projektabwicklung zu erhalten.69

Der Generalterminplan stellt den Terminrahmen für die Planung, Bauvorbereitung und Bauausführung dar, bietet also ebenfalls eine Gesamtdarstellung des Projektab-laufs, gliedert die Baumaßnahme allerdings in deutlich mehr Einzelvorgänge. Er defi-niert als sog. Meilensteinplan die Eckdaten des Planungs- und Bauablaufs. Mögliche Meilensteine70 bei Bauprojekten sind:

PlanungsbeginnErteilung der Baugenehmigung BaubeginnBeginn Rohmontage Haustechnik Regenfester Rohbau (Kanal, Fallrohre, Regenrinnen) Wetterfester Rohbau (Fassade, Fenster, Verglasung)

69 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 110 70 Meilensteine werden mitunter auch als Ecktermine bezeichnet.

Page 42: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.6 Terminplanung 31

Winterfester Rohbau (Heizung, evtl. auch provisorisch) Start „nasser“ Ausbau (Putz, Estrich etc.) Gesamtfertigstellung und Abnahme/Übergabe Einzug, Nutzungsbeginn

Der Generalterminplan enthält im Gegensatz zum Rahmenterminplan oftmals bereits durch Anordnungsbeziehungen verknüpfte Vorgänge, so dass Abhängigkeiten ein-zelner Vorgänge direkt aus dem Terminplan ableitbar sind.71

Detailterminpläne sind für die eigentliche Planungs- und Ausführungsorganisation erforderlich. Auf dieser detaillierten Ebene der Ablaufplanung können die Dauern einzelner Vorgänge wenige oder auch nur einen Tag betragen. Diese Terminpläne in Form von Feinnetzplänen oder vernetzten Balkenplänen sind Grundlage einer detail-lierten Kapazitätseinsatzplanung sowie der Ablaufkontrolle und -steuerung.

Die Terminplanung ist ein über die Projektdauer anhaltender dynamischer Prozess. Terminpläne sollten stets den tatsächlichen Gegebenheiten Folge tragen und Verände-rungen oder Störungen des Bauablaufs durch Überarbeitungen und Aktualisierungen nachführen. Ein nicht fortgeschriebener und durch die tatsächlichen Gegebenheiten bereits überholter Terminplan ist wertlos. Von besonderer Bedeutung ist der Ver-tragsterminplan. Dies ist der Terminplan, der als Vertragsbestandteil in den Bauver-trag einbezogen wurde und für mögliche terminbedingte Ansprüche der Vertrags-partner maßgebend ist. In der Praxis wird oftmals vertraglich geregelt, dass ein noch zu erstellender Terminplan zum Vertragsbestandteil vereinbart wird. Dem ist nicht zu widersprechen sofern es sich um einen realisierbaren Ablaufplan handelt, dem die Vertragspartner zustimmen können. Leider sind die nachgereichten Terminpläne viel zu oft auf Grund sehr undetaillierter Darstellung nur begrenzt aussagekräftig. Der Vertragsterminplan ist besonders zu kennzeichnen um Verwechslungen vorzubeu-gen, da zunächst nur dieser Terminplan bindend ist.

3.6.1 Darstellungsformen von Terminplänen In der Baupraxis haben sich bei der Terminplanung folgende Darstellungsformen bewährt:

BalkenpläneTerminlisten NetzpläneLiniendiagrammeBauphasenpläne

71 Mehr dazu in Kapitel 3.6.2

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32 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Die Wahl der Darstellungsform einer Terminplanung hängt davon ab, wer mit dem Terminplan arbeiten wird, welche Darstellungsform für diese Zielgruppe verständ-lich und übersichtlich ist, welche Detaillierungsstufe in welcher Projektphase möglich und notwendig ist und welcher Aufwand mit der Terminplanerstellung aber auch der Fortschreibung des Terminplans verbunden ist.

3.6.1.1 Balkenplan Ein Balkenplan ist die einfachste und gebräuchlichste Darstellungsform von Termin-plänen. Er bietet eine zeitproportionale Darstellung des Terminablaufs und ermög-licht auf einfache Weise stichtagsbezogene Fortschrittskontrollen. Die Vorgänge72

können unterschiedlich gegliedert und zu Sammelvorgängen zusammengefasst wer-den. Bei zunehmender Vorgangszahl verliert der Balkenplan jedoch an Übersichtlich-keit. Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vorgängen sind grundsätzlich nicht erkennbar. Auswirkungen von Veränderungen einzelner Vorgänge und etwaige Puf-ferzeiten und Flexibilitäten lassen sich somit nicht direkt ableiten. Hinzu kommt, dass bei der Erstellung eines Balkenplans kein Zwang zur Einhaltung einer Ablauflogik besteht, wie es beispielsweise bei der Netzplanerstellung der Fall ist, so dass bereits bei der Aufstellung die Gefahr existiert, dass wesentliche Abhängigkeiten nicht er-kannt und berücksichtigt werden.

Abbildung 3-2 Balkenplan

Eine Weiterentwicklung des Balkenplans ist ein sog. vernetzter Balkenplan, der die Darstellung der Anordnungsbeziehungen der jeweiligen Vorgänge durch Pfeilver-bindungen zwischen den Balken vorsieht. 72 Als Vorgang wird ein Zeit erforderndes Ablaufelement bezeichnet, das ein bestimmtes Geschehen be-

schreibt, z. B. einen Teilprozess oder einen Arbeitsgang, und eindeutig definiert und abgegrenzt ist. Ein Ereignis beschreibt das Eintreten eines bestimmten Zustands.

Page 44: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.6 Terminplanung 33

Abbildung 3-3 Vernetzter Balkenplan

Werden Balkenpläne für die Steuerung der Projektabwicklung verwendet, ergibt sich das Problem, dass der Balkenplan auf Grund seiner statischen Darstellung an Aussa-gekraft verliert, sobald Störungen des Bauablaufs auftreten. Bei störungsbedingten Verschiebungen oder Ausführungsverlängerungen einzelner Vorgänge müssen die abhängigen Nachfolgevorgänge entsprechend neu ausgerichtet werden. Das hat zur Folge, dass bei jeder bauzeitrelevanten Störung ein neuer Balkenplan erstellt werden muss.73

3.6.1.2 Terminlisten Bei Terminlisten handelt es sich um tabellarische Auflistungen von Vorgängen mit ihren jeweiligen Anfangs- und Endterminen und ggf. auch der Vorgangsdauer ohne jegliche grafische Darstellung des Terminablaufs. Terminlisten sind einfach und ohne besondere Hilfsmittel in kurzer Zeit zu erstellen, jedoch weitestgehend ungeeignet bei komplexen Projekten und der Darstellung von Abhängigkeiten zwischen den einzel-nen Vorgängen.

3.6.1.3 Netzplan Mit Hilfe der Netzplantechnik können komplexe Ablaufstrukturen mit gegenseitigen Abhängigkeiten erfasst und dargestellt werden. Der Aufsteller des Plans wird hierbei zu einer konsequenten Vorgehensweise unter Berücksichtigung der Abläufe und Ab-hängigkeiten gezwungen. Charakteristisches Merkmal von Netzplänen ist die Ver-knüpfung der einzelnen Tätigkeiten durch Anordnungsbeziehungen (siehe hierzu Kapitel 3.6.2). Durch die vollständige Verknüpfung der einzelnen Vorgänge kann rechnerisch ein sog. kritischer Weg ermittelt werden. Die Veränderung der Dauer

73 Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 465

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34 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

eines Vorgangs auf dem kritischen Weg wirkt sich unmittelbar auf alle nachfolgenden Vorgänge auf dem kritischen Weg sowie den Endtermin aus. Vorgänge, die nicht auf dem kritischen Weg liegen, verfügen über zeitliche Puffer, so dass hier eine Verlänge-rung der Dauer unter Umständen für alle übrigen Vorgänge irrelevant sein kann.

Gemäß DIN 69 900, Teil 1, werden folgende Pufferzeiten74 unterschieden:

Gesamte Pufferzeit (GP) Zeitspanne zwischen frühester und spätester Lage eines Ereignisses bzw. Vorgangs Freie Pufferzeit (FP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang gegenüber seiner frühesten Lage verschoben werden kann, ohne die früheste Lage anderer Ereignisse bzw. Vorgänge zu beeinflussen Freie Rückwärtspufferzeit (FRP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang gegenüber seiner spätesten Lage verschoben werden kann, ohne dass die späteste Lage anderer Ereignisse bzw. Vor-gänge beeinflusst wird Unabhängige Pufferzeit (UP) Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. ein Vorgang verschoben werden kann, wenn sich seine Vorereignisse bzw. Vorgänger in spätester und seine Nachereignisse bzw. Nachfolger in frühbester Lage befinden

,

Es existieren verschiedene Verfahren der Netzplantechnik, von denen der Vorgangs-knoten-Netzplan am häufigsten Verwendung findet.75 Hierbei werden die einzelnen Vorgänge als Knoten des Netzplanes, die Abhängigkeiten durch vorgangsverbinden-de Pfeile dargestellt. Ein Knoten bzw. Vorgangsfeld eines Netzplanes kann folgen-dermaßen dargestellt werden:

Vorgangs-Nr.

Dauer D

Vorgangsbeschreibung

FrühesterAnfang (FA)

FrühestesEnde (FE)

SpätesterAnfang (SA)

SpätestesEnde (SE)

Freier Puffer(FP)

Gesamtpuffer(GP)

Kapazitätsangabe

Abbildung 3-4 Vorgangsfeld eines Netzplanes 74 Pufferzeit = Zeitspanne, um die, unter bestimmten Bedingungen, die Lage eines Ereignisses bzw. eines

Vorgangs verändert oder die Dauer eines Vorgangs verlängert werden kann (DIN 69 900, Teil 1). 75 Daneben existieren noch der Ereignisknoten-Netzplan, bei dem Ereignisse als Knoten dargestellt werden,

und der Vorgangspfeil-Netzplan, bei dem die Darstellung der Vorgänge in Pfeilform erfolgt.

Page 46: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.6 Terminplanung 35

Nachdem zunächst Dauer und Abhängigkeiten aller Vorgänge des Netzplanes ermit-telt wurden, werden im Zuge einer Vorwärtsrechnung die frühest möglichen Anfänge der Vorgänge einschließlich des frühest möglichen Projektendes berechnet. Anschlie-ßend werden, ausgehend von der Einhaltung des angestrebten Projektendes, die spä-test möglichen Endtermine der Vorgänge ermittelt. Vorgänge, bei denen die frühest möglichen und spätest zulässigen Termine identisch sind, liegen auf dem kritischen Weg. Für die übrigen Vorgänge können entsprechende Pufferzeiten dargestellt wer-den.

Netzpläne sind ohne besondere Fachkenntnisse nur schwer lesbar, erfordern einen in der Regel deutlich höheren Bearbeitungsaufwand als andere Darstellungsformen und bieten keine zeitproportionale Darstellung. Oftmals werden sie im Rahmen der Ter-minplanung für die interne Bearbeitung verwendet, während die Projektbeteiligten die transformierten Pläne z. B. in Form von Balkenplänen erhalten.

Anfang

01 1

Ausschreibung Rohbau

301 31

Ausschreibung Ausbau

4031 71

Baustelleneinrichtung

21 3

Erdarbeiten

153 18

Ausführung Ausbau

120121 241

Ausführung Rohbau

9031 121

Außenanlagen

20111 131

Baustelle räumen

5241 246

Ende

0246 246

246246 0

0

246241 0

0

241121 0

0

12181 50

50

241221 110

110

12131 0

0

311 0

0

3116 13

13

1614 13

0

11 0

0

Vorgang

DFA FE

SESA GP

FP

kritischer WegNF=0

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0 NF=-10t

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0

NF=0

Abbildung 3-5 Netzplan

3.6.1.4 Liniendiagramm Liniendiagramme finden im Bauwesen vorwiegend als Weg-Zeit- oder aber als Vo-lumen-Zeit-Diagramme Anwendung.76 Liniendiagramme werden bei Bauvorhaben mit ausgeprägter Fertigungsrichtung verwendet. Diese Darstellungsform eignet sich daher insbesondere für die Planung von Linienbaustellen (z. B. Verkehrswege- und

76 Vgl. Kochendörfer/ Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 97 ff.

Page 47: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

36 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Leitungsbau) aber auch für die Taktplanung wiederkehrender Prozesse bei Hochbau-projekten.

Bei einem Weg-Zeit-Diagramm wird auf einer Achse der Baufortschritt in Fertigungs-richtung – zumeist maßstabsgerecht – aufgetragen, die andere Achse bildet die Zeit-achse. Die einzelnen Tätigkeiten ergeben in diesem Diagramm Kurven, bei konstan-tem Arbeitsfortschritt Geraden. Die Neigung dieser Linien stellt den Arbeitsfortschritt je Zeiteinheit dar. Die Leistungsgeschwindigkeit ist bei einer zweidimensionalen Dar-stellung umso größer, je steiler oder – wie in nachfolgendem Beispiel – flacher die Vorgangslinie verläuft; je nachdem, ob die Zeitachse horizontal oder vertikal ange-ordnet ist. Gleichzeitig können die kritischen Abstände zwischen den Vorgängen direkt im Plan abgelesen werden. Arbeitsunterbrechungen werden parallel zur Zeit-achse dargestellt.

Erdarbeiten / Planum

Frostschutzschicht

Pflaster- und Bordsteinarbeiten

Tragschicht

Baustelle räumen

0+00

0

+100

Pflaster- und Bordsteinarbeiten

+50

+200

+150

+250

+300

+350

Zeit

Weg

Lichtzeichen-anlage

Abbildung 3-6 Liniendiagramm

3.6.1.5 Bauphasenplan Bei Bauphasenplänen wird der planmäßige Arbeitsfortschritt anhand von mehreren grafischen Darstellungen veranschaulicht, die den Stand der Tätigkeiten zum jeweili-gen Stichtag abbilden. Damit ist diese Darstellungsform auch für einen Personenkreis ohne bauspezifische Vorkenntnisse sehr anschaulich und leicht verständlich.77

77 Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-214 f.

Page 48: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.6 Terminplanung 37

Andererseits enthält diese abstrahierende Stichpunktbetrachtung nur einen groben und eingeschränkten Informationsgehalt und ist für komplexe Bauabläufe und die Planungskoordination nicht geeignet, kann aber sehr wohl als Ergänzung einer weite-ren Darstellungsform der Terminplanung eingesetzt werden.

3.6.2 Vorgangsabhängigkeiten, Anordnungsbeziehungen Die einzelnen Vorgänge des Terminplans sind Bestandteil eines strukturierten Ge-samtablaufs. Hierbei bestehen Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen, die auch als Anordnungsbeziehungen bezeichnet werden. Diese Abhängigkeiten können sowohl technischer als auch betrieblicher Art sein. Abhängigkeiten technischer Art beeinflus-sen die Ablaufstruktur auf Grund konstruktiver, technologischer und bautechnischer Gesichtspunkte. Hierbei stellt sich die Frage, welcher Vorgang oder Teile davon fertig gestellt sein muss, damit der betrachtete Vorgang beginnen oder enden kann. Daneben können auch betriebsbedingte (Bereitstellung von Ressourcen), rechtliche (Baugenehmigung) oder sonstige externe Bedingungen ausschlaggebend sein.78

Bei einer zeitlichen Folge voneinander abhängiger Vorgänge werden die unmittelbar vor- bzw. nachgeordneten Vorgänge als Vorgänger bzw. Nachfolger bezeichnet.

Anordnungsbeziehungen bezeichnen quantifizierbare Abhängigkeiten zwischen Er-eignissen oder Vorgängen und stellen die Abhängigkeiten der Vorgänge untereinan-der, die Reihenfolge und Startbedingungen der Vorgänge oder Abhängigkeiten von Ereignissen dar:

Normalfolge (NF) oder auch Ende-Anfang-Beziehung (EA) Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers Anfangsfolge (AF) oder auch Anfang-Anfang-Beziehung (AA) Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers Endfolge (EF) oder auch Ende-Ende-Beziehung (EE) Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers Sprungfolge (SF) oder auch Anfang-Ende-Beziehung (AE)Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers

Eine Normalfolge, bei der ein Nachfolgevorgang unmittelbar nach Beendigung seines Vorgängers ohne Wartezeit beginnen kann, wird kurz mit NF=0 bezeichnet. Beim Einsatz von Anordnungsbeziehungen ist auf eine eindeutige Darstellung der zeitli-chen Abstände zu achten.79

78 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2005, S. 136 79 Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Ein Arbeitstag

bezeichnet schlicht einen Tag, an dem gearbeitet wird. Dies kann auch ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag sein. Üblicherweise werden für eine volle Woche fünf Arbeitstage angesetzt.

Page 49: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

38 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Balkenplan Netzplan Liniendiagramm

Normalfolge (NF);Ende-Anfang-Beziehung (EA)- ohne Wartezeit -

Normalfolge (NF);Ende-Anfang-Beziehung (EA)- mit Wartezeit -

Anfangsfolge (AF);Anfang-Anfang-Beziehung (AA)

Endfolge (EF);Ende-Ende-Beziehung (EE)

Sprungfolge (SF);Anfang-Ende-Beziehung (AE)

A

A

A

A

A

B

B

B

B

B

B

B

B

B

B

A

A

A

A

A

t

t

t

t

t

t

t t

A B

A B

A B

A B

A B

NF 0

NF t

AF t

EF t

SF t

Abbildung 3-7 Anordnungsbeziehungen80

3.6.3 Ermittlung der Vorgangsdauern Die Berechnung der Vorgangsdauern für die Terminplanung erfolgt durch Quantifi-zierung des Arbeitsumfangs, den Ansatz entsprechender Zeitbedarfs- oder Auf-wandswerte für die Leistungserbringung und unter Berücksichtigung der einzu-setzenden Arbeitskräfte, sonstiger Kapazitäten sowie der täglichen und wöchentli-chen Arbeitszeit. Die kalkulativen Zeitbedarfswerte stammen im Regelfall aus der unternehmensinternen Nachkalkulation. Daneben existieren zahlreiche Publikationen mit statistisch ermittelten Kennwerten, die jedoch unter Umständen auf die projekt-spezifischen Einflussfaktoren angepasst werden müssen. Eine Prognose von Vor-gangsdauern ist stets mit Unsicherheiten behaftet. Daher sollten die Vorgangsdauern bei zunehmendem Detaillierungsgrad oder Fortschreibung der Terminplanung wie-derholt auf die aktualisierten Rahmenbedingungen abgestimmt werden. 80 In Anlehnung an Kochendörfer/ Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 103

Page 50: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 39

Tabelle 3.1 Zeitbedarfswerte und Tagesleistungen im Ausbau81

Leistung Zeitwert (h/m2)

Kolonnen- stärke

Tagesleistung(m2/Tag)

Wochenleistung (m2/Woche)

Betonwerkstein 1,00 3 24 120

Zimmerarbeiten 0,20 4 160 800

Dachdeckung– Ziegel – Blech

1,30 1,00

33

1824

90120

Putzarbeiten – Innen – Außen

0,50 1,20

2+14820

240100

Fliesenarbeiten – Wand – Boden

1,50 1,00

21116

5580

Estricharbeiten 0,30 2+1 80 400

Malerarbeiten 0,30 4 107 535

Bodenbeläge (Textil) 0,30 2 53 265

Trockenbau – abgehängte Decke – Paneel-Decke

0,75 0,45

44371

215355

Tabelle 3.2 Zeitbedarfswerte für die haustechnischen Gewerke82

Gewerk Zeitaufwand

Klima / Lüftung 0,20 – 0,25 h/m3 BRI

Heizung 0,10 – 0,15 h/m3 BRI

Sanitär 0,15 – 0,25 h/m3 BRI

Elektro 0,25 – 0,35 h/m3 BRI

3.7 Kalkulation

Um Nachtragsforderungen sachgemäß beurteilen zu können, ist ein Grundverständ-nis für die Kalkulationsverfahren von Bauunternehmungen unerlässlich, da im Regel-fall Mehrkostenforderungen auf die Preisermittlungsgrundlagen und somit die Ur-kalkulation der Unternehmen abzustellen sind. Die Qualität der kalkulatorisch ermit-telten Vertragspreise bzw. das Vertragspreisniveau soll auch bei Nachtragsvergütun-gen erhalten bleiben. 81 Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 2006, S.116; Greiner/Mayer/Stark, 2007, S.161 82 Vgl. Greiner/Mayer/Stark, 2007, S.162

Page 51: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

40 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

3.7.1 Bauauftragsrechnung Die Hauptaufgaben der Bauauftragsrechnung bestehen in der Kostenermittlung für Bauleistungen vor, während und nach der Leistungserstellung. In Abhängigkeit vom Abwicklungsstadium des Bauauftrags werden die in Abbildung 3-8 dargestellten Kalkulationsarten unterschieden:

Kalkulation

Vorkalkulation

nach Auftragserteilungvor Auftragserteilung

Erstellung desAngebots

Arbeits-vorbereitung

Erstellung derBauleistung

Auftrags-verhandlungen

Nachkalkulation

Angebots-kalkulation

Auftragskalk.(Vertragskalk.)

Arbeits-kalkulation

Nachtrags-kalkulation

Abbildung 3-8 Aufbau der Bauauftragsrechnung83

Vor Vertragsschluss wird durch das Unternehmen zunächst eine Angebotskalkulati-on erarbeitet, die sich an der auftraggeberseitig vorgegebenen Leistungsbeschreibung und den Rahmenbedingungen ausrichtet. Sie dient der Ermittlung der zu erwarten-den Kosten und der Angebotspreisfindung. Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlus-ses gültige Angebotskalkulation wird als Auftrags- oder Vertragskalkulation bezeich-net und kann entweder die unveränderte oder eine im Zuge der Auftragsverhand-lungen modifizierte und beispielsweise mit einem Nachlass versehene Angebotskal-kulation sein. Für öffentliche Auftraggeber sind Verhandlungen über den Angebots-preis jedoch unzulässig.

Da Nachtragsforderungen im Regelfall, zumindest wo möglich, auf die Preisermitt-lungsgrundlagen des Hauptvertrags abzustellen sind, ist die Auftrags- oder Vertrags-kalkulation für die Kalkulation von Nachtragsangeboten von maßgebender Bedeu-tung. Bei sorgfältiger Ausschreibung wird der Auftraggeber bereits mit dem Angebot die verschlossene und versiegelte Kalkulation zur Hinterlegung verlangen, um da-durch die Preisermittlungsgrundlagen zu dokumentieren und im Bedarfsfall einsehen zu können. Diese hinterlegte Kalkulation wird auch als Urkalkulation bezeichnet.

83 Vgl. hierzu Drees/Paul, 2002, S. 20; KLR Bau, 2001, S. 30

Page 52: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 41

Die Arbeitskalkulation dient der Konkretisierung der zum Zeitpunkt des Vertragsab-schlusses oftmals auf Erfahrungswerte, frühere Angebote, unvollständige Preisanfra-gen und grobe Planungsvorgaben gestützten Kalkulation. Sie ist Basis des Kosten-Controllings für das Bauunternehmen. Im Rahmen der abschließenden Nachkalkula-tion werden die bei der Ausführung tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt, so dass die Ansätze der Vorkalkulation überprüft und für künftige Bauvorhaben Richt-werte für die Erstellung von Angebotskalkulationen geschaffen werden können.

3.7.2 Kalkulationselemente Die Kalkulation setzt sich aus verschiedenen Leistungselementen zusammen, die nachfolgend kurz erläutert werden:

Einzelkosten der Teilleistungen (EKdT) Die Einzelkosten der Teilleistungen, das heißt die einzelnen Teilleistungen direkt und verursachergerecht zurechenbaren Kosten, können in Kostenartengruppen unterglie-dert werden. Die Einzelkosten werden folglich ohne Schlüsselung direkt dem jeweili-gen Kostenträger zugeordnet. Nach Vorgabe der Kosten- und Leistungsrechnung Bau (KLR Bau) werden acht Kostenarten unterschieden, die in der Praxis häufig zu vier Kostenarten verdichtet werden (Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstige Kosten und Fremdleistungskosten).

Gemeinkosten der Baustelle (BGK) Gemeinkosten der Baustelle sind solche Kosten, die durch das Betreiben der Baustelle als Ganzes entstehen und sich keiner Teilleistung direkt zuordnen lassen.84 Die Ge-meinkosten der Baustelle werden in einer gesonderten Berechnung erfasst und bei der Bildung der Einheitspreise den Einzelkosten der Teilleistungen indirekt über Vertei-lungsschlüssel zugeschlagen. Einen Sonderfall bilden die unechten Gemeinkosten,die zwar bestimmten Leistungen direkt zurechenbar wären, aber aus Vereinfa-chungsgründen wie Gemeinkosten behandelt werden. Dies ist vorwiegend der Fall, wenn die direkte Zuordnung dieser Kosten zu den einzelnen Kostenträgern einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde, z. B. bei Kleinmaterialien wie Schrauben. Im Zusammenhang mit der Kostenermittlung eines Bauprojektes ist es notwendig, die Kosten nach ihrem zeitlichen Verhalten zu differenzieren. Während sich bestimmte Kostenarten in Abhängigkeit der Dauer des Bauvorhabens – oft zeit-proportional – verändern, fallen andere Kosten nur einmal an und sind unabhängig von der Bauzeit.

Diese Unterscheidung ist von besonderer Bedeutung bei der Bewertung einer Bau-zeitveränderung, z. B. im Zusammenhang mit Leistungsänderungen, Zusatzleistun-gen und Behinderungen. 84 Vgl. KLR Bau, 2001, S. 41

Page 53: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

42 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Baustellengemeinkosten

Zeitabhängige GemeinkostenZeitunabhängige Gemeinkosten

Kosten der Baustelleneinrichtung

Kosten der Baustellenausstattung

Technische Bearbeitung und Kontrolle

Bauwagnisse

Sonderkosten

LadekostenFrachtkostenAuf-/Um-/Abbaukosten

HilfsstoffeWerkzeuge und KleingeräteAusstattung für Büros und Unterkünfte(soweit nicht unter zeitabh. Kosten erfasst)

Konstruktive BearbeitungArbeitsvorbereitungBaustoffprüfung, Bodenuntersuchung

Sonderwagnisse der BauausführungVersicherungen

Ungewöhnliche BauzinsenLizenzgebührenLohnsummensteuerARGE-KostenWinterbaumaßnahmenSonstige einmalige Kosten

Vorhaltekosten

Betriebskosten

Kosten der örtlichen Bauleitung

Allgemeine Baukosten

GeräteBesondere AnlagenBaracken, ContainerFahrzeugeEinrichtung, BüroausstattungRüst-/Schal- und Verbrauchsstoffe

GeräteBesondere AnlagenUnterkünfteFahrzeuge

GehälterTelefon, Porto, BüromaterialPkw-/Reisekosten

HilfslöhneInstandhaltung der Wege, Plätze und ZäunePachten und MietenKosten zur Versorgung der Baustelle

Abbildung 3-9 Zeitunabhängige und zeitabhängige Baustellengemeinkosten85

Allgemeine Geschäftskosten (AGK) Während die Gemeinkosten der Baustelle auftragsbedingt anfallen, entstehen die All-gemeinen Geschäftskosten durch den Betrieb als Ganzes und nicht durch einen be-stimmten Bauauftrag. Hierzu zählen u. a. die Kosten der Unternehmensleitung oder -verwaltung, Büromieten, Betriebskosten, Kosten des Bauhofes, Steuern, öffentliche Abgaben (sofern nicht gewinnabhängig), Werbung, allgemeine Rechtsberatung und die Unternehmenspräsentation.86 Die Allgemeinen Geschäftskosten können den ein-zelnen Bauaufträgen nur mit Hilfe von Zuschlagssätzen, die im Allgemeinen zwi-schen 6 % und 8 % der Auftragssumme liegen, zugerechnet werden.87

85 Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-63 86 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 663 87 Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-67; nach Auffassung Brecheler/Friedrich/Hilmer/Weis, 1998,

S. 66, liegt der AGK-Anteil in der Größenordnung von 8 % bis 15 % des Nettoumsatzes.

Page 54: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 43

Wagnis und Gewinn (WuG) Der Zuschlag für Wagnis und Gewinn wird in der Regel in einem Prozentsatz, bezo-gen auf den Umsatz (Nettoangebotspreis), ausgedrückt. Der Wagnisanteil deckt das allgemeine Unternehmenswagnis, das Kalkulationswagnis, Preiswagnis, Wagnis aus personellen Fehlleistungen und das Gewährleistungswagnis nach Abnahme ab.88

Wagnisse, die sich individuell aus einem Bauobjekt ergeben, sind innerhalb der Bau-stellengemeinkosten als Sonderwagnisse anzusetzen.89 Der Wagnisanteil dient in der Kalkulation zur Berücksichtigung kostenverursachender, im Einzelnen aber unvor-hersehbarer Ereignisse, mit deren Eintreten aber auf Grund der betrieblichen Erfah-rung gerechnet werden muss. Den Selbstkosten des Unternehmers, also der Summe aus den Einzelkosten der Teilleistungen, den Baustellengemeinkosten und den All-gemeinen Geschäftskosten, wird ein Gewinnzuschlag hinzugerechnet. Dieser kann bei schwierigen Marktverhältnissen durchaus 0 sein, sollte sich aber jedenfalls mit-tel- bis langfristig positiv entwickeln. Da ein kalkuliertes aber nicht realisiertes Wag-nis als Gewinn erscheint, werden Wagnis und Gewinn zusammengefasst und übli-cherweise mit einem gemeinsamen Prozentsatz in die Kalkulation aufgenommen.90

3.7.3 Kalkulationsverfahren Im Baugewerbe finden wegen der Einzelfertigung auf immer wieder neuen Baustellen mit jeweils projektspezifischen Produktionsbedingungen die in der stationären In-dustrie verwendeten Kalkulationsverfahren, beispielsweise die Divisionskalkulation, nicht oder nur sehr vereinzelt Anwendung. Das für Bauprojekte übliche Kalkulati-onsverfahren ist die Zuschlagskalkulation, entweder als Kalkulation über die Ange-botssumme oder aber als Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen.

Bei einer Zuschlagskalkulation werden die Gesamtkosten in Einzel- und Gemeinkos-tenanteile untergliedert. Im Rahmen der Kalkulation von Bauleistungen auf Grundla-ge eines Leistungsverzeichnisses können die Einzelkosten der Teilleistungen den Po-sitionen direkt zugeordnet werden. Die Gemeinkosten der Baustelle, die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn werden auf die Leistungspositionen umgelegt. Der Einheitspreis beinhaltet demnach einen Kostenanteil, der dieser Position direkt zuzuordnen ist und auch nur auf Grund dieser Position verursacht wird sowie einen weiteren Anteil der insgesamt anfallenden oder im Fall von Wagnis und Gewinn er-wünschten Gemeinkosten. Aus der Summe der Einzelkosten der Teilleistungen und den umgelegten Gemeinkostenanteilen ergibt sich die Angebotssumme.

88 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 663; Zilch/Diederichs/Katzenbach,

2002, S. 2-67 89 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 20 90 Kapellmann hält die Unterscheidung zwischen Wagnis und Gewinn im Rahmen der Kalkulation sogar

für unrichtig und sinnlos (Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 139).

Page 55: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

44 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

a) Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen91

Bei kleineren oder gleichartigen Bauvorhaben wird gelegentlich auf eine detaillierte Bestimmung der Gemeinkosten verzichtet. Die Zuschläge werden mit Hilfe der Bau-betriebsrechnung oder auf Grund von Erfahrungswerten mit ähnlichen Bauwerken festgelegt. Diese Variante ist eine Vereinfachung der unter b) beschriebenen Kalkula-tion über die Angebotssumme und immer dann anwendbar, wenn für die Kalkulation einer Baumaßnahme genügend Erfahrungswerte von früheren Baumaßnahmen mit vergleichbarer Kostenstruktur vorliegen und herangezogen werden können.

Den direkten Kosten der einzelnen Teilleistungen werden prozentual vorgegebene Deckungsanteile der Baustellengemeinkosten, der Allgemeinen Geschäftskosten so-wie Wagnis und Gewinn hinzugerechnet.

Einzelkosten der Teilleistungen

Her

stel

lkos

ten

Allgemeine Geschäftskosten

Netto-Angebotssumme

Mehrwertsteuer

Brutto-Angebotssumme

Selb

stko

sten

Wagnis und Gewinn Erm

ittlu

ng d

er E

inhe

itspr

eise

Gemeinkosten der Baustelle

Abbildung 3-10 Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen

91 Auch als „Kalkulation mit vorberechneten Zuschlägen“ bezeichnet.

Page 56: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 45

b) Kalkulation über die Angebotssumme92

Das am häufigsten verwendete Zuschlagsverfahren ist die Kalkulation über die An-gebotssumme. Hierbei werden die Baustellengemeinkosten nicht anhand eines pau-schalen Zuschlagsatzes, sondern objektspezifisch kalkulativ ermittelt. Die Allgemei-nen Geschäftskosten sowie die Zuschläge für Wagnis und Gewinn werden, wie bei der Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen auch, mit vorberechneten Zu-schlagsätzen den Herstellkosten hinzugerechnet. Durch eine möglichst detaillierte Ermittlung der projektspezifischen Baustellengemeinkosten werden die Besonderhei-ten und Rahmenbedingungen der jeweiligen Baumaßnahme berücksichtigt und die Kalkulationsrisiken erheblich verringert.

Bei der Kalkulation über die Angebotssumme kann der Umlagebetrag mit einem ein-heitlichen oder auch unterschiedlichen Zuschlagsätzen auf alle Kostenarten verteilt werden

Einzelkosten der Teilleistungen

Her

stel

lkos

ten

Allgemeine Geschäftskosten

Gemeinkosten der Baustelle

Netto-Angebotssumme

Mehrwertsteuer

Brutto-Angebotssumme

Selb

stko

sten

Wagnis und Gewinn

Ermittlung derEinzelkostenzuschläge

Ermittlung derEinheitspreise

Abbildung 3-11 Kalkulation über die Angebotssumme

92 Auch als „Kalkulation über die Angebotsendsumme“ bezeichnet.

Page 57: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

46 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

3.7.4 Verfahrensablauf der Kalkulation über die Angebotssumme Bei einer Kalkulation über die Angebotssumme sind zwei Rechengänge durchzufüh-ren: Zunächst wird die vorläufige Angebotssumme durch Addition der Einzelkosten der Teilleistungen, den Gemeinkosten der Baustelle sowie den umsatzbezogenen Gemeinkosten ermittelt. Die Summe aller Kosten ist in einem zweiten Schritt auf die einzelnen Positionen zu verteilen. Daraus ergeben sich die Einheitspreise der Positio-nen, die neben den direkten Einzelkosten der Teilleistungen zudem Deckungsanteile der Gemeinkosten enthalten.

3.7.4.1 Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen Ausgehend von einer Gliederung der Kosten in vier unterschiedliche Kostenarten werden in einem ersten Kalkulationsschritt zunächst die Einzelkosten der jeweiligen Teilleistungen getrennt nach Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstigen Kosten und Fremd-leistungskosten ermittelt. Die Kostenartengliederung kann auch in anderer Weise mit weniger oder mehr Kostenarten vorgenommen werden. Ein Ansatz mit vier Kostenar-ten hat sich in der Praxis jedoch im Allgemeinen als ausreichend erwiesen. Hierzu zählen die Lohnkosten der einzelnen Teilleistungen, die sich aus der Multiplikation des erwarteten Aufwandswertes (Arbeitsstunden je Mengeneinheit) und dem ange-setzten Mittellohn ergeben. Unter Mittellohn versteht man das arithmetische Mittel sämtlicher auf einer Baustelle oder in Teilbetrieben einer Baustelle voraussichtlich entstehenden Lohnkosten je Arbeitsstunde.93 Folgende Mittellöhne werden in der Bauwirtschaft gebildet:

Tabelle 3.3 Die verschiedenen Mittellohnarten

Bezeichnung Beschreibung

Mittellohn A Mittellohn Arbeiter – Mittellohn ohne anteilige Kosten des aufsicht-führenden Personals, auch als Grundmittellohn bezeichnet

Mittellohn AP Mittellohn Arbeiter und Poliere – Mittellohn mit anteiligen Kosten des aufsichtführenden Personals

Mittellohn APS bzw. Mittellohn AS

Der Mittellohn A und P einschließlich der Anteile für lohngebunde-ne Kosten (Sozialkosten) wird als Mittellohn AS bzw. Mittellohn APS bezeichnet

Mittellohn APSL bzw. Mittellohn ASL94

Durch die Einbeziehung der Lohnnebenkosten in den Mittellohn APS oder AS ergibt sich der Mittellohn APSL bzw. ASL

93 KLR Bau, S. 32 94 Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen veröffentlichten Formblätter EFB

1a und EFB 1b erweitern den Mittellohn APSL bzw. ASL um „Sonstiges“ und bezeichnen diesen Lohn als Kalkulationslohn. Im Formblatt EFB-Preis 1c wird der Mittellohn APS bzw. AS als Kalkulationslohn be-zeichnet (vgl. hierzu Drees/Paul, 2002, S. 51).

Page 58: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 47

Im Rahmen der Baukalkulation werden die Lohnkosten anhand des Mittellohns ein-schließlich lohngebundener Kosten und Lohnnebenkosten (APSL bzw. ASL) berech-net.

Die Verwendung von Mittellöhnen dient der Vereinfachung der Kalkulation, führt aber gleichzeitig zu Kalkulationsungenauigkeiten.

Die kalkulierten Gerätekosten umfassen im Regelfall nur die Vorhaltekosten. Hierzu zählen:

Kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung ReparaturkostenFremdmieten der Geräte

Kosten des Gerätebetriebs (Betriebs- und Schmierstoffe, Bedienung) und der Geräte-bereitstellung (Transport, Auf- und Abbau) werden meist anderen Kostenartengrup-pen wie Lohn- und Gehaltskosten oder Baustelleneinrichtung zugerechnet. Zur Be-rechnung der Gerätekosten kann die Baugeräteliste 2001 (BGL)95 herangezogen wer-den.

Gerätekosten, die nicht eindeutig als Bestandteil einer bestimmten Teilleistung zu klassifizieren sind und für die Ausführung unterschiedlicher Teilleistungen verwen-det werden, können entweder als eigene Position oder aber auch in den Gemeinkos-ten der Baustelle Berücksichtigung finden.

Die Sonstigen Kosten umfassen vorwiegend die für die jeweilige Teilleistung benö-tigten Kosten der Bau- und Fertigungsstoffe. Diese setzen sich aus folgenden Bestand-teilen zusammen:

Einkaufspreis nach Abzug aller Rabatte ohne Skontoabzug Bezugskosten für die Anlieferung zur Baustelle Baustoffverluste (z. B. infolge von Streuverlusten, Bruch, Verschnitt)

Hinzu kommen Kosten des Rüst-, Schal- und Verbaumaterials einschließlich der Hilfsstoffe sowie alle übrigen Kosten, die sich eindeutig einer bestimmten Teilleistung zuordnen lassen und nicht zu den Lohn- oder Gerätekosten zählen.

Als Fremdleistungskosten werden die Leistungen gewertet, die zwar Bestandteil der vertraglich zu erbringenden Bauleistung sind, jedoch nicht selbst ausgeführt sondern von einem Nachunternehmer erbracht werden. Hier hat der Hauptunternehmer nur Bauleitungsaufgaben, so dass hier der Ansatz für die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn geringer veranschlagt werden kann als bei Eigenleistungen. 95 Baugeräteliste 2001 (BGL), herausgegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Wiesbaden;

Berlin: Bauverlag, 2001

Page 59: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

48 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

Damit können nun für jede Teilleistung bzw. Position entsprechend dem Kostenver-ursachungsprinzip die direkten Kosten berechnet werden.

3.7.4.2 Ermittlung der Angebotssumme Nachdem die direkten Kosten der einzelnen Positionen, die Einzelkosten der Teilleis-tungen, ermittelt wurden, müssen die Kosten – wieder getrennt nach Kostenarten (Lohnkosten, Gerätekosten, Sonstigen Kosten und Fremdleistungskosten) – ermittelt werden, die zwar durch die Baumaßnahme insgesamt anfallen, aber nicht oder nur mit unwirtschaftlichem Aufwand einzelnen Positionen zugeordnet werden können. Diese als Gemeinkosten der Baustelle bezeichneten Kosten bilden zusammen mit der Summe der Einzelkosten der Teilleistungen die Herstellkosten, die unmittelbar durch die Leistungserbringung entstehen.

Hinzu kommt noch ein umsatzbezogener Anteil für die Allgemeinen Geschäftskosten, der in Verbindung mit den Herstellkosten zu den Selbstkosten des Unternehmens führt.

Abschließend wird den Selbstkosten ein prozentualer Ansatz für Wagnis und Gewinn zugerechnet, um die (vorläufige) Angebotssumme zu erhalten.

Die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn werden in der Regel mit umsatzbezogenen Prozentsätzen in die Kalkulation einbezogen. In diesem Kalkulati-onsschritt ist der Umsatz, also die Angebotssumme inklusive der umsatzbezogenen Kostenelemente, noch nicht bekannt. Es ist daher eine Umrechnung der umsatzbezo-genen Elemente auf eine bis dahin errechenbare Bezugsgröße erforderlich. Dies sind die Herstellkosten, so dass eine Umrechnung der umsatzbezogenen Kostenelemente in Bezug auf die Herstellkosten wie folgt durchgeführt werden muss:

p100px100

p

p = Prozentsatz der Zuschläge bezogen auf die Angebotssumme p’ = Prozentsatz der Zuschläge bezogen auf die Herstellkosten

Beispiel: AGK – 8 % der Angebotsendsumme WuG – 4 % der Angebotsendsumme p’ = AGK + WuG, bezogen auf die Herstellkosten

%64,13)48(100)48(x100

p

Page 60: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

3.7 Kalkulation 49

3.7.4.5 Ermittlung der Einzelkostenzuschläge Nachdem die Angebotssumme ermittelt wurde, müssen die Gemeinkosten der Bau-stelle, die Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn nach einem zu wählenden Schlüssel als Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen verteilt werden. Hierbei werden zumeist unterschiedliche Zuschlagsätze für die einzelnen Kostenarten verwendet.

Üblicherweise wird eine Verteilung gewählt, bei der die Lohnkosten einen hohen Anteil, die übrigen Kostenarten einen vergleichsweise niedrigen Anteil erhalten:

Sonstige Kosten 10 bis 20 % Gerätekosten 10 bis 20 % Kosten der Fremdleistungen 5 bis 15 %

Der Restumlagebetrag ist anschließend auf die Lohnkosten umzulegen:

[%]LöhneenEinzelkostderSumme

100xbetragRestumlageagLohnzuschl

Der um den Lohnzuschlag erhöhte Mittellohn (ASL bzw. APSL) wird auch als Kalku-lationslohn bezeichnet.

Vorsicht ist geboten, falls ein überwiegender Teil der Leistungen von Nachunterneh-mern erbracht werden soll. Hier kann die Zuschlagsverteilung auf die geringe Zahl der mit Eigenlohnanteilen kalkulierten Positionen zu völlig verzerrten Einheitspreisen führen, die bei der Ableitung einer Nachtragsforderung zu Problemen führen können. Für diesen speziellen Fall ist eine einheitliche Verteilung der Zuschläge zweckmäßi-ger.

3.7.4.6 Ermittlung der Einheitspreise Mit den im vorangegangenen Schritt ermittelten Zuschlagsätzen werden nun die ein-zelnen Kalkulationsansätze der Kostenarten beaufschlagt. Die mit den Umlageantei-len beaufschlagten Kostenarten der einzelnen Teilleistungen werden aufsummiert und ergeben somit den Einheitspreis. Dadurch sind die Kosten, die nicht direkt ein-zelnen Teilleistungen bzw. Positionen zugeordnet werden können vollständig über Zuschlagsätze in indirekter Form berücksichtigt.

Die Addition der mit den jeweiligen Mengenansätzen (Vordersätzen) multiplizierten Einheitspreise führt zur Angebotssumme, die von der vorab berechneten Angebots-summe auf Grund von Rundungsungenauigkeiten geringfügig abweichen kann.

Page 61: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

50 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

3.7.5 Die EFB-Blätter der öffentlichen Auftraggeber Bei Baumaßnahmen öffentlicher Auftraggeber muss der Bieter die Gliederung seiner Angebotssumme gemäß Vergabehandbuch, Ausgabe 2002, darlegen. Der Bieter hat, sofern die Angebotssumme mehr als 50.000 € beträgt, das seiner Kalkulationsmethode entsprechende EFB-Preis-Formblatt96 auszufüllen und mit seinem Angebot abzuge-ben.97

Erforderliche Eintragungen sind

die Einzelkosten der Teilleistungen: – Löhne, – Sonstige Kosten, – Gerätekosten und – Fremdleistungen; die Gemeinkosten der Baustelle und die umsatzbezogenen Gemeinkosten (Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn).

Die Formblätter sollen aussagekräftige Grundlagen für die Beurteilung der Angemes-senheit der Angebotspreise schaffen, können aber auch als Grundlage zur Wertung von Nachtragsangeboten herangezogen werden.

Die EFB-Blätter werden häufig auch als „Lügenblätter“ tituliert, obwohl dies aus bau-betrieblicher Sicht keine treffende Bezeichnung ist, da bei korrekter Angabe der in den EFB-Blättern abgefragten Details sich für zusätzliche und geänderte Leistungen eine für beide Seiten vernünftige und belastbare Grundlage ergibt, um prüfbare Nachtragspreise ermitteln zu können.98 Langwierige Nachtragsverhandlungen kön-nen dadurch auf ein vertretbares Maß reduziert werden.

Die Formblätter EFB Preis 1 a–d, in denen Angaben zur Kalkulation zu machen sind und die ausdrücklich nicht Angebots- bzw. Vertragsbestandteil werden, dienen der Preisprüfung bei Vergabe und können bei der Bildung und Beurteilung von Nach-tragspreisen als Kalkulationsgrundlage herangezogen werden.99 Bei Zweifeln an der Schlüssigkeit und Richtigkeit der Eintragungen in diese Formblätter darf der Auf-traggeber umfassende Klärung verlangen.

96 EFB-Preis 1a – Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen

EFB-Preis 1b – Angaben zur Kalkulation über die Endsumme EFB-Preis 1c – Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen bei Leistungen des Ausbaugew. EFB-Preis 1d – Angaben zur Kalkulation bei Leistungen des Maschinenbaus und der Elektrotechnik EFB-Preis 2 – Aufgliederung wichtiger Einheitspreise

97 VHB 2002, § 10 A, Seite 2 von 4 98 Vgl. Reister, 2004, S. 156 99 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 24 VOB/A Rdn. 12

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3.7 Kalkulation 51

12,90

12,41

1,94

27,25

27,25 33,51 9,13

36,38

Abbildung 3-12 Anwendungsbeispiel zum Formblatt EFB-Preis 1b (Seite 1 von 2)

Page 63: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

52 3 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen

27,25 €/h 9.800 h = 267.050,00

in 2.4 enth.

48.500,00

274.350,00

27.200,00

617.100,00 140.627,27

4.750,00

-

8.800,00

17.650,00

4.400,00

14.100,00

49.700,0060.618,1830.309,09

757.727,27

140.627,27

89.479,77

7.275,00

41.152,50

2.720,00

33,51

15,00

15,00

10,00

- -

- -

Abbildung 3-13 Anwendungsbeispiel zum Formblatt EFB-Preis 1b (Seite 2 von 2)100

100 Zeile 2.1 (Umlage auf eigene Lohnkosten): 89.479,77 € / 267.050,00 € = 33,5067 %, gerundet 33,51 %

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53

4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und Auswirkungen von Nachträgen dargestellt. Hierbei wird die in Kapitel 2 vorgenom-mene Definition eines Nachtrags zu Grunde gelegt, die alle Ansprüche auf Vergü-tungsanpassung und Bauzeitverlängerung durch nach Vertragsschluss eingetretene Änderungen des Bauinhalts oder der Bauumstände erfasst. In der Fachliteratur wird der Begriff des Nachtrags zum Teil deutlich enger gefasst. Es erscheint jedoch auf Grund der unterschiedlichen Abgrenzung sinnvoll, alle möglichen Ursachen für Ver-gütungsanpassungen und Bauzeitmodifizierungen zu berücksichtigen.

Die vier Ursachenblöcke von Nachträgen sind

Preisanpassungen während der Bauzeit, Leistungsänderungen bzw. Zusatzleistungen, Leistungsstörungen und grobe Fehler in der Preisermittlung.

Die nachfolgend aufgeführten möglichen Nachtragsursachen werden in diesem Kapi-tel eingehend behandelt.

Tabelle 4.1 Mögliche Nachtragsursachen

Nachtragsursache Anspruchsgrundlage Kapitel

Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Kapitel 4.1

Mengenänderungen § 2 Nr. 3 VOB/B Kapitel 4.2

Geänderte und zusätzliche Leistungen § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B Kapitel 4.3

Selbstübernahme oder Entfall von Leistungen § 2 Nr. 4 VOB/B Kapitel 4.4

Leistungen ohne Auftrag § 2 Nr. 8 VOB/B Kapitel 4.5

Besondere planerische Leistungen § 2 Nr. 9 VOB/B Kapitel 4.6

Stundenlohnarbeiten § 2 Nr. 10 VOB/B Kapitel 4.7

Behinderung des Auftragnehmers § 6 VOB/B Kapitel 4.8

Entschädigungsanspruch § 642 BGB Kapitel 4.9

Störung der Geschäftsgrundlage § 2 Nr. 7 VOB/B / § 313 BGB Kapitel 4.10

Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen HOAI Kapitel 4.11

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54 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

4.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln

Der einmal vertraglich vereinbarte Preis, egal ob beim Einheitspreisvertrag, beim Pauschalvertrag oder beim Stundenlohnvertrag, ist immer Festpreis, d. h. er verändert sich während der Laufzeit des Vertrags nicht, unabhängig davon, wie sich die Kosten des Auftragnehmers entwickeln. Ausnahmen hiervon sind die Regelungen des § 2 Nr. 3 VOB/B zu Mengenänderungen beim Einheitspreisvertrag (Kapitel 4.2) sowie der Entschädigungsanspruch nach § 2 Nr. 7 VOB/B (Kapitel 4.10).

Soll der Preis während der Vertragslaufzeit veränderlich sein, muss dies ausdrücklich durch Gleitklauseln vereinbart werden. Der öffentliche Auftraggeber kann entspre-chend § 15 VOB/A eine solche Änderungsmöglichkeit der Vergütung ausschreiben und vereinbaren, wenn „wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten (sind), deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss ist.“ Ist das Preiswagnis hin-sichtlich der Lohn- oder Baustoffkosten für den Auftragnehmer besonders hoch, kön-nen für Löhne, bei denen in ihrem Ausmaß nicht absehbare Änderungen zu erwarten sind und für Baustoffe, bei denen mit erheblichen Preisänderungen zu rechnen ist, Preisvorbehalte in Form von Preisgleitklauseln vereinbart werden. Voraussetzung hierfür ist, dass wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwar-ten sind, deren Eintritt oder Ausmaß zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unge-wiss ist.101

Die Einzelheiten hierzu sind im Rahmen des Bauvertrags präzise zu regeln. Zu beach-ten ist dabei, dass jede Gleitklausel die tatsächlichen Voraussetzungen, gemäß denen sich der Festpreis ändern soll, klar festlegen und eindeutig regeln muss, was anstelle des Festpreises für die Vergütung der nach einem festgelegten Stichtag erstellten Leis-tung gelten soll.102

Neben den hier beschriebenen Lohn- und Stoffpreisgleitklauseln finden auch Index-klauseln und Umsatzsteuerklauseln vereinzelt Anwendung.

4.1.1 Lohnpreisgleitklauseln Für die Vereinbarung von Lohnpreisgleitklauseln existieren drei gebräuchliche Ver-fahren:

a) Centklausel In der Praxis am weitesten verbreitet ist die Centklausel. Bei dieser wird bei einer Lohnänderung um einen Cent je Stunde die Vergütung für die nach Wirksamwerden der Lohnänderung zu erbringende Leistung um einen im Vertrag vereinbarten Ände-rungssatz erhöht oder auch vermindert. Der Personalkostenanteil an der Auftrags-

101 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 15 VOB/A Rdn. 7 102 Vgl. Reister, 2004, S. 182

Page 66: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.1 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln 55

summe muss dabei vom Bieter vorab festgelegt werden, und zwar mittelbar durch Angabe des Änderungssatzes.

Ausgangsfaktoren für die Mehr- oder Mindervergütung sind

der für die Bauarbeiten maßgebende Lohn, der Promillesatz, um den sich die Vergütung bei einer Änderung des maß-gebenden Lohns um einen Cent je Stunde ändert, also der sog. Änderungs-satz,die Tarifänderung des maßgebenden Lohns und die nach der Lohnände-rung noch zu erbringende Leistung.

Nach den „Grundsätzen zur Anwendung von Preisvorbehalten bei öffentlichen Auf-traggebern“103 müssen Preisvorbehaltsregelungen eine Bagatell- oder Selbstbeteili-gungsklausel einschließen. Üblich ist eine Vereinbarung, wonach Lohnmehrkosten bis zu 0,5 % der Abrechnungssumme nicht erstattet werden.104

Das Vergabehandbuch 2002 beinhaltet als Formblatt EFB-LV LGl einen Vordruck für die Vereinbarung einer Lohngleitklausel in Form einer Centklausel.

Da der angebotene Änderungssatz dem Wettbewerb unterstellt ist, muss er bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden.

b) Lohnlistenregelung Bei der sog. Lohnlistenregelung sind die Löhne der auf der Baustelle eingesetzten und in den Lohnlisten erfassten Arbeitskräfte Grundlage für die Erstattung von Lohn-mehraufwendungen. Ausgangspunkt ist der „Lohnsprung“, d. h. die Erhöhung des Tariflohns unter Berücksichtigung der Lohnzusatzkosten und der vermögenswirksa-men Leistungen.

c) Prozentregelung Die Prozentregelung entspricht in ihrem Wesensmerkmal der Centklausel, mit dem Unterschied, dass bei der Prozentregelung die Ausgangsbasis für die Erstattung von Lohnmehraufwendungen nicht die Änderung des maßgebenden Lohns um einen Cent je Stunde, sondern um 1 % ist. Zu beachten ist vorwiegend bei langfristigen Bau-vorhaben, dass vertraglich zu fixieren ist, ob die Ausgangsbasis für die Erstattung von Mehraufwendungen der ursprüngliche, d. h. bei Angebotsabgabe geltende, oder der jeweils bei Eintritt der Lohnerhöhung geltende Lohn sein soll.

103 Enthalten im VHB 2002 104 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, A § 15 Rdn. 21

Page 67: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

56 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

4.1.2 Stoffpreisgleitklauseln Stoffpreisgleitklauseln dürfen nur bei Materialien vereinbart werden, die ihrer Eigen-art nach Preisveränderungen in besonderem Maß ausgesetzt sind und bei der Herstel-lung des Auftragsgegenstandes einen wertmäßig hohen Anteil haben.105 Bedeutung haben die Stoffpreisgleitklauseln vor allem bei Materialien, deren Preise stark von den Energiepreisen abhängen. Das Vergabehandbuch enthält mit dem Formblatt EFB StGl (Stoffpreisgleitklausel Stahl) einen entsprechenden Vordruck für Stahlprodukte.

Die einer Gleitung unterworfenen Stoffe müssen vertraglich vereinbart werden, eben-so, ob der Preis ab Werk oder der Preis frei Baustelle maßgebend sein soll.

Tabelle 4.2 Kurzübersicht: Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln

Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln

Anspruchsgrundlage: Vertragliche Vereinbarung (vgl. § 15 VOB/A) einer Änderungsklau-sel mit festgelegtem Änderungssatz

Voraussetzungen: Lohn- oder Materialpreissteigerung mit Übersteigung des Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsbetrags, sofern vereinbart

Rechtzeitige Anzeige und Nachweis der Lohn- oder Materialpreis-steigerung durch den Auftragnehmer

Anspruch: Preisanpassung entsprechend der Vereinbarung als Lohnlisten-, Prozent- oder Centklausel

Lohn- und Stoffpreisgleitklauseln finden bei Nachträgen keine Anwendung, sofern in den Preisen der Nachtragsangebote bereits etwaige Lohn- oder Preisänderungen be-rücksichtigt wurden.

4.2 Mengenänderungen

Im Rahmen eines Einheitspreisvertrags ist der Einheitspreis vorbehaltlich der Rege-lungen des § 2 Nr. 3 VOB/B eine grundsätzlich unveränderliche Größe. Dies gilt je-doch nur, solange die tatsächlich ausgeführte Leistungsmenge bei unveränderten Planinhalten nicht um mehr als 10 % von der ausgeschriebenen Menge abweicht. Der vertraglich festgelegte Einheitspreis bleibt auch dann unverändert, wenn Mengen-schwankungen in einem Toleranzrahmen von ±10 %, d. h. insgesamt 20 %, eintreten. Eine Schwankungsbreite dieser Größenordnung ist dem Auftragnehmer nach Willen

105 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, A § 15 Rdn. 24

Page 68: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.2 Mengenänderungen 57

des Verordnungsgebers durchaus zumutbar. Diesen Umstand hat der Auftragnehmer im Rahmen der Kalkulation zu berücksichtigen.

Der Einheitspreis ist demzufolge für die Bandbreite zwischen 90 % und 110 % der Menge laut Vordersatz des Leistungsverzeichnisses fixiert. Sofern darüber hinaus Mehr- oder Mindermengen anfallen, ist der Einheitspreis nach Maßgabe des § 2 Nr. 3 VOB/B variabel.

Die Leistungsmenge ist demgegenüber, als besonderes Kennzeichen des Einheits-preisvertrags, von Anfang an variabel und die Vergütung an den ausgeführten und nicht den ausgeschriebenen Mengen ausgerichtet.106 Abgerechnet wird stets nach tat-sächlich ausgeführten Mengen.

§ 2 Nr. 3 VOB/B umfasst nur den Einheitspreisvertrag, nicht jedoch Stundenlohnver-träge, selbst dann, wenn im Leistungsverzeichnis angenommene Personal- oder Gerä-testunden ausgeworfen sind. Die Vorschrift ist ebenfalls nicht auf Pauschalverträge oder Selbstkostenerstattungsverträge anwendbar.107 Beim Pauschalpreis trägt der Unternehmer grundsätzlich das Mengenrisiko. Gleichzeitig hat der Auftraggeber aber bei Mengenminderungen keinen Rückforderungsanspruch wegen überhöhter Vergü-tung bei geringeren Mengen.

Mengenabweichungen beim BGB-Werkvertrag sind nur über die Regelungen des § 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage – erfasst.108

Gründe für die Anpassung des Preises auf Verlangen bei Mehr- oder Mindermengen über 10 % gegenüber den Vordersätzen des Leistungsverzeichnisses sind:

a) Basisänderungen für Kalkulationsumlagen Die ausgeschriebenen Vordersätze bilden die Ausgangsbasis für die Umlagezuschlä-ge im Rahmen der Kalkulation des Auftragnehmers (vgl. hierzu Kapitel 3.1.1). Eine deutliche Mengenminderung würde bei der betreffenden Position neben der Senkung der direkten Kosten aber auch zu einer Unterdeckung der anteilig umzulegenden Deckungsbeiträge des Auftragnehmers führen. Hierzu zählen die Baustellengemein-kosten, Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn.

b) Änderung der Rahmenvorgaben für auftragnehmerseitige Produktionsplanung Unter Umständen können deutliche Veränderungen der ausgeschriebenen Leis-tungsmengen unter Wirtschaftlichkeitsaspekten grundsätzlich andere Produktionsar-ten oder Betriebsmittel erfordern. Dies gilt für mengenabhängig geplante Fertigungs-weisen, Geräte aber auch Kapazitätsplanungen des Auftragnehmers.

106 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 500 107 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 144 108 Vgl. hierzu Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1173 und die Ausführungen in Kapitel 4.10

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58 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2 Nr. 3 VOB/B ist nach herrschender Meinung, dass die Mengenänderung ausschließlich auf einer Änderung der vorge-fundenen Verhältnisse oder einer Realisierung bzw. Konkretisierung der inhaltlich unveränderten vertragsgegenständlichen Planung beruht.109 Voraussetzung ist also stets die unveränderte Leistungsbeschreibung. Hat sich die Planung und damit das Bausoll auf Grund einer Anordnung des Auftraggebers geändert, ist dies kein Fall von § 2 Nr. 3 VOB/B sondern von § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B (vgl. Kapitel 4.3). Dies ist deshalb bemerkenswert, da die Vorschriften für Leistungsänderungen und zusätzliche Leistungen keinen Toleranzrahmen vorsehen, in dem die vereinbar-ten Einheitspreise unverändert bleiben. Jede nach Vertragsabschluss aufgetretene Planinhaltsänderung durch Anordnung des Auftraggebers schließt die Anwendbar-keit des § 2 Nr. 3 VOB/B aus. Eine angeordnete Mengenmehrung fällt hingegen in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 6 VOB/B, eine angeordnete Mengenminderung ist als freie Teilkündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B ggf. in Verbindung mit § 2 Nr. 4 VOB/B zu behandeln.110

Die Formulierung „unter einem Einheitspreis erfasste Leistung oder Teilleistung“ des § 2 Nr. 3 VOB/B kennzeichnet eine im Leistungsverzeichnis unter eigener Position mit eigenem Vordersatz erfasste Leistung, stellt also die Anwendung des Paragraphen auf Einzelpositionen dar.

4.2.1 Auswirkung von Mengenminderungen Bei der Kalkulation des Auftragnehmers fallen neben den direkten zuweisbaren Ein-zelkosten der Teilleistungen auf die einzelnen Positionen umzulegende Kostenanteile für Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn an. Diese werden in Relation zu den Vordersätzen in die Einheitspreise eingerechnet, so dass bei tatsächlicher Ausführung der ausgeschriebenen Mengen diese Kostenan-teile vollumfänglich erlöst werden können. Eine Mengenminderung führt demzufolge regelmäßig zu einer Unterdeckung der umgelegten Kostenbestandteile. Üblicherweise wird sich der Einheitspreis also bei über 10 % der ausgeschriebenen Menge hinausge-henden Mengenminderungen berechtigterweise erhöhen, da nunmehr eine verringer-te Leistungsmenge die für die betreffende Position einkalkulierten Umlagekosten erzielen muss. Nur in Ausnahmefällen ändern sich auch die direkten Kosten je Men-geneinheit. Die Erhöhung soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, „der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt“.111

109 Vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1991, 219; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 77;

Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 505 110 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Fn. 909 111 § 2 Nr. 3 Satz 1 und 2 VOB/B

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4.2 Mengenänderungen 59

Folge der über 10 % hinausgehenden Mengenminderungen ist der Anspruch beider Vertragsparteien auf die Anpassung des Einheitspreises nach Verlangen.

Bei der Mengenminderung gibt es im Gegensatz zur Mengenmehrung nur einen neu-en Einheitspreis. Ist die ausgeführte Menge geringer als 90 % des Vordersatzes, so wird auf Verlangen insgesamt ein neuer Einheitspreis gebildet, der alte Einheitspreis wird hinfällig.

4.2.2 Auswirkung von Mengenmehrungen Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Ver-langen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu ver-einbaren. Daraus folgt, dass die erbrachte Menge beim Einheitspreisvertrag in jedem Fall vergütet wird, möglicherweise aber zu unterschiedlichen Preisen. Methodisch gibt es für den Fall der Mengenmehrung zwei Einheitspreise für ein- und dieselbe Leistungsposition (auch als „gespaltener Einheitspreis“ bezeichnet)112: Bis 110 % der vorgesehenen Menge bleibt es bei dem ursprünglich vertraglich vereinbarten Ein-heitspreis, bis dahin verbleiben also die Vorteile des für die überschreitenden 10 % regelmäßig zu hohen Preises beim Auftragnehmer. Die über 110 % hinausgehenden Mengen werden mit einem neuen, üblicherweise geringeren, Einheitspreis verrechnet.

Da Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind, ist sowohl eine Herabsetzung des Einheitspreises für die Mehrmenge als auch eine Heraufsetzung möglich.

4.2.3 Ermittlung des neuen Einheitspreises Der neu zu bildende Einheitspreis ist auf der gleichen Kalkulationsgrundlage zu bil-den wie der bisherige Preis. Er setzt sich zusammen aus

den direkten Kosten, den Einzelkosten der Teilleistung, den Baustellengemeinkosten, den Allgemeinen Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn.

Im häufigsten Fall sind die direkten Kosten (Lohn, Material etc.) je Mengeneinheit konstant, das heißt die direkten Kosten steigen proportional mit der ausgeführten Menge. Für die Einbeziehung der Baustellengemeinkosten kommt es auf den konkre-ten Einzelfall an. Bewirkt beispielsweise eine Mengenmehrung größer 10 % keine zusätzlichen Baustellengemeinkosten, da diese mit dem bis 110 % der ausgeschriebe-nen Menge gültigen Einheitspreis bereits gedeckt sind, so ist der neue Einheitspreis für die über 110 % hinausgehenden Mengen ohne Baustellengemeinkostenzuschlag

112 Vgl. Kapellmann/Langen, 16. Aufl. 2007, Rdn. 37

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60 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

zu berechnen. Andererseits bewirkt die Mengenminderung nicht zwangsläufig eine Verringerung der Baustellengemeinkosten, so dass der ausfallende Deckungsbeitrag in den neuen Einheitspreis einzurechnen ist. Die Allgemeinen Geschäftskosten wer-den hingegen in der Regel je Geschäftsperiode geplant und umgelegt auf den gesam-ten Umsatz; zu dieser gehören die erfahrungsgemäß auftretenden Mengenmehrungen und -minderungen. Systemgerecht müssen also alle Herstellkosten mit den Allgemei-nen Geschäftskosten beaufschlagt werden. 113 In Ergänzung der Formulierung des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B zählt nach herrschender Meinung der Gewinn zu den bei der Neuberechnung des Preises umlagefähigen Bestandteilen. Gleiches gilt für das Wag-nis, sofern es allgemeine Unternehmerrisiken abdeckt und nicht auf ein konkretes Bauprojekt bezogen ist. Nicht realisiertes Wagnis ist Gewinn und damit umlagefähig. Der kalkulatorisch vorgesehene Zuschlag für Wagnis und Gewinn bleibt demnach unverändert.

Ursprünglich eingeräumte Preisnachlässe und Skonti sind auch auf den neuen Preis zu gewähren.114

Wer für sich günstige Tatsachen behauptet, muss sie beweisen. Verlangt der Auftrag-nehmer bei Mengenunterschreitung oder ausnahmsweise Mengenüberschreitung die Vereinbarung eines neuen Preises, so hat er auch die Darlegungs- und Beweislast. Gleiches gilt für den Auftraggeber, sofern er bei Mengenmehrungen die Herabset-zung des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises fordert. 115

Sowohl Auftragnehmer als auch Auftraggeber haben die Befugnis, eine Änderung des vertraglich vereinbarten Einheitspreises zu verlangen. Grund hierfür ist, dass sowohl eine Erhöhung als auch eine Minderung des Einheitspreises in Betracht kommt und damit im jeweiligen Fall sowohl der einen als auch der anderen Vertragspartei die Änderung des Einheitspreises zu Gute kommen kann.

Ein Änderungsverlangen ist so lange möglich, bis die Schlussrechnungsforderung des Unternehmers auftraggeberseitig anerkannt oder beglichen wurde.116

In Bauverträgen wird mitunter die Anpassung des Einheitspreises bei Mengenände-rungen vertraglich abbedungen.117 Eine solche Regelung ist individualrechtlich mög-lich, bei Formularverträgen oder als AGB durchaus umstritten.118 Durch ein BGH-Urteil bestätigt, aber in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, ist die Zulässigkeit

113 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 148 114 Vgl. Heiermann, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 11/2003, S. 22 115 Vgl. Hofmann/Frikell, 3. Aufl. 2000, S. 29 116 Vgl. Heiermann, a. a. O. 117 Zum Beispiel: „Mengenänderungen führen nicht zu Änderungen von Einheitspreisen“ oder „Mehr- oder

Minderleistungen, auch über 10 v. H., berechtigen nicht zu einer Änderung der Einheitspreise.“ 118 Vgl. hierzu Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1171; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B

Rdn. 142

Page 72: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.2 Mengenänderungen 61

einer Klausel, die auch beim Einheitspreisvertrag das Mengenrisiko durch Vertrags-vereinbarung auf den Auftragnehmer überträgt.119

Sofern die Mengenabweichung gegenüber dem Vordersatz auf mangelnder Sorgfalt des Auftraggebers bei der Planung und Ausschreibung beruht, besteht für den Auf-tragnehmer die Bindung an den alten Einheitspreis jedenfalls dann nicht, wenn die Mehrmengen in Größenordnungen von mehr als 25 % auftreten.120

Tabelle 4.3 Kurzübersicht: Mengenänderungen – Mehrmengen

Mengenänderungen – Mehrmengen

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B

Voraussetzungen: Einheitspreisvertrag

Überschreitung des Mengenansatzes einer Leistungsposition von über 10 % ohne Eingriff des Auftraggebers

Preisanpassungsverlangen

Anspruch: Abrechnung der Menge bis 110 % nach vertraglichem Einheitspreis

Anpassung des Preises nach den Preisermittlungsgrundlagen des Vertrages für die über 110 % hinausgehende Menge

Tabelle 4.4 Kurzübersicht: Mengenänderungen – Mindermengen

Mengenänderungen – Mindermengen

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B

Voraussetzungen: Einheitspreisvertrag

Unterschreitung des Mengenansatzes einer Leistungsposition um mehr als 10 % ohne Eingriff des Auftraggebers

Preiserhöhungsverlangen

Kein Ausgleich durch Erhöhung der Mengen anderer Positionen oder auf andere Weise

Anspruch: Anpassung (Erhöhung) des Preises nach den Preisermittlungs-grundlagen des VertragesAbrechnung der gesamten ausgeführten Menge mit dem neuen Einheitspreis

119 Die Formularklausel „Die Einheitspreise sind Festpreise für die Dauer der Bauzeit und behalten auch

dann ihre Gültigkeit, wenn Massenänderungen im Sinne von § 2.3 VOB/B eintreten“ ist zulässig (so BGH BauR 1993, 723; a. A.: Knacke, in: Dem Baurecht ein Forum, 1997, S. 249 m. w. N.).

120 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 165

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62 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

4.2.4 Ausgleichsberechnung Der Sinn des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B liegt darin, dem Auftragnehmer auch bei verrin-gerter Menge insbesondere die kalkulatorischen Deckungsbeiträge gemäß Vorder-satzmenge zu erhalten. Wenn allerdings der Auftragnehmer durch Überdeckung an anderer Stelle desselben Vertrags einen Ausgleich erhält, muss er die Überdeckung mit der Unterdeckung verrechnen. Sachgerecht ordnet § 2 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/B die Verrechnung der Überdeckung an, die der Auftragnehmer durch „Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise erhält.“

Eine Überdeckung der Baustellengemeinkosten wird sich dabei regelmäßig nicht er-geben, weil Mehrmengen im Rahmen des § 2 Nr. 3 VOB/B normalerweise nicht mit zusätzlichen Baustellengemeinkosten belastet sind. Verbleibende erhöhte Deckungs-beiträge sind erst von der 110 % überschreitenden Menge an zu berücksichtigen. Eine Überdeckung auf andere Weise kann dadurch entstehen, dass der Auftragnehmer für geänderte oder zusätzliche Leistungen Vergütung gemäß § 2 Nr. 5, 6, 7 Abs. 1 Satz 4 oder 8 VOB/B erhält und diese Vergütung einen Umlageanteil enthält.

4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen

4.3.1 Das Änderungsrecht des Auftraggebers Abweichend vom allgemein geltenden vertragsrechtlichen Grundsatz, dass Verträge nur unter der Voraussetzung einer Einigung der Vertragsparteien durch überein-stimmende Willenserklärung geändert werden können, räumt § 1 Nr. 3 VOB/B dem Auftraggeber das Recht ein, einseitig Änderungen des Bauentwurfes anzuordnen.121

Dieses Änderungsrecht stellt eine wesentliche Erweiterung des BGB-Werk-vertragsrechts dar. Der im BGB geregelte Vertragstypus des Werkvertrags kennt kei-nen Änderungsvorbehalt zu Gunsten des Bestellers. Ein solcher kann jedoch gemäß § 315 BGB individualvertraglich vereinbart werden. Ohne eine solche Vereinbarung stellt jeder Nachtrag im BGB-Werkvertrag eine Vertragsänderung bzw. einen neuen Vertrag dar.122

Der Begriff Bauentwurf bezieht sich in dieser Regelung jedoch nicht nur auf die Ent-wurfsplanung gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 3 HOAI. Bauentwurf i. S. d. § 1 Nr. 3 VOB/B ist die Gesamtheit aller Vorgaben für die bautechnische Leistung des Auftragnehmers.123

Das einseitige Änderungsrecht bezieht sich nur auf den Bauentwurf und damit auf 121 Wortlaut des § 1 Nr. 3 VOB/B: „Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber

vorbehalten.“ 122 Vgl. Hertwig, Seminarunterlagen 2003, S. 4; Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 1148 123 Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 1 VOB/B Rdn. 51

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4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen 63

den Bauinhalt, nicht jedoch unmittelbar auf eine Änderung der Bauumstände. Da der Bauablauf der Disposition des Auftragnehmers unterliegt, gibt es hier keine Veranlas-sung oder Rechtfertigung, den Auftraggeber in die vertraglichen Rechte des Auftrag-nehmers einseitig und willkürlich eingreifen zu lassen. Ausgeschlossen sind aller-dings nur unmittelbare Bauumstands- oder Bauzeitänderungen, also wenn der Auf-traggeber bei unverändertem Leistungsziel Änderungsanordnungen gibt, die sich allein auf Ausführungsart oder Bauzeit richten.124 Nach den Gesichtspunkten von Treu und Glauben ist die Grenze der Änderungsbefugnis des Auftraggebers dann überschritten, wenn der Betrieb des Auftragnehmers auf die im Wege der Änderung geforderte Leistung nicht eingerichtet ist. Eine Verpflichtung zur Einschaltung eines qualifizierten Nachunternehmers durch den Auftragnehmer existiert nicht.125

Während § 1 Nr. 3 VOB/B dem Auftraggeber das Recht zur einseitigen Änderung von Leistungen einräumt, verleiht ihm § 1 Nr. 4 VOB/B die Befugnis, „nicht vereinbarte Leistungen“ zu verlangen, sofern diese zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, nicht dem bloßen Gestaltungswillen des Auftraggebers unterlie-gen und unter der Voraussetzung, dass der Betrieb des Auftragnehmers auf derartige Leistungen eingerichtet ist. Eine besondere Formerfordernis für die Ausübung einer einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärung ist im Rahmen der VOB/B nicht vor-gesehen. Die Anordnung kann daher auch konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen.126 Eine Vertragsklausel zur Schriftformerfordernis von auftraggeberseitigen Anordnungen im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach Ansicht Ka-pellmanns zulässig.127 Eine solche Klausel, die für Anordnungen gemäß § 1 Nr. 3 und Nr. 4 VOB/B die Schriftform erfordert, dient dem auftraggeberseitigen Interesse an Eindeutigkeit, Beweis- und Rechtssicherheit, da hiermit Streitigkeiten über angebliche Anordnungen wirksam unterbunden werden können.

Das BGB enthält entsprechende Regelungen, wie bereits oben erwähnt, nicht. Nach, allerdings strittiger, Auffassung der einschlägigen Fachliteratur hat der Auftraggeber aber auch bei Bauverträgen ohne Einbeziehung der VOB/B eine einseitige Ände-rungsbefugnis, da bei größeren Bauvorhaben notwendige Änderungen stets unver-meidbar sind und dem Auftraggeber bei mangelnder Einigung mit dem Auftragneh-mer nur die Vertragskündigung zu einer anderen aber notwendigen Ausführung verhelfen könnte.128

Im Falle auftragnehmerseitiger Planungsverpflichtungen kommt es mitunter vor, dass der Auftragnehmer die Pläne nach eigenem Empfinden verändert, dadurch den Ver-tragsinhalt modifiziert und dem Auftraggeber zur Freizeichnung vorlegt. Eine Frei-

124 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 1 VOB/B Rdn. 53 125 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 1 Nr. 4 VOB/B Rdn. 5 126 Vgl. hierzu Kapellmann/Langen, 16. Aufl. 2007, Rdn. 49 127 Kapellmann, in: Dem Baurecht ein Forum, 1997, S. 231 128 Vgl. hierzu Jacob/Ring/Wolf, 2001, § 1 – Der Bauvertrag Rdn. 265

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64 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

gabe von Plänen durch den Auftraggeber ist allerdings nur dann als Anordnung zu werten, wenn die auftragnehmerseitigen Änderungen für den Auftraggeber eindeutig und unmissverständlich kenntlich gemacht wurden, so dass davon auszugehen ist, dass der Auftraggeber die Veränderungen des Vertragsinhalts wissentlich angenom-men hat.

Eine Anordnung liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Ein-haltung des vorgegebenen Terminplans auffordert. Der Auftraggeber ist nach dem Weisungsrecht gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B durchaus dazu berechtigt, dem Auf-tragnehmer Anweisungen zur vertraglichen Ausführung zu geben, ohne dass diese einen Nachtrag begründen.129

4.3.2 Die Leistungsänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B Gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B steht dem Auftraggeber das Recht zu, die Planung zu ändern und die daraus folgende Ausführungsänderung auch ohne Zustimmung des Auf-tragnehmers von diesem zu verlangen. Die daraus resultierende geänderte Leistung führt nach Vorschrift des § 2 Nr. 5 VOB/B zu einer Vergütungsanpassung, ohne dass sich die Parteien auf eine Mehrvergütung dem Grund und der Höhe nach geeinigt haben müssen.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2 Nr. 5 VOB/B ist immer das Vorliegen einer Anordnung des Auftraggebers, die auch konkludent erfolgen kann. In diesem Zusammenhang zählen geänderte Pläne ausdrücklich als Anordnung des Auftragge-bers.130

4.3.3 Die zusätzliche Leistung nach § 2 Nr. 6 VOB/B Die Vorschrift des § 2 Nr. 6 VOB/B korrespondiert mit § 1 Nr. 4 VOB/B, wonach dem Auftraggeber das Recht eingeräumt wird, zusätzliche Leistungen, die zur Ausfüh-rung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, einseitig anzuordnen. Auch daraus resultiert ein entsprechender Vergütungsanspruch des Auftragnehmers. Die Mehrvergütung für zusätzliche Leistungen ist gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B möglichst auf Grundlage der Angebotskalkulation zu ermitteln, was im Einzelfall jedoch schwierig sein kann, da ja eine neue Leistung abzurechnen ist, für die es nicht unbedingt ver-wendbare Kalkulationselemente aus der bisherigen Kalkulation geben muss.

Zusätzlich ist eine Leistung immer dann, wenn sie bisher als Bausoll nicht vereinbart war. Wenn der Auftraggeber allerdings eine völlig neue, mit dem bisherigen Bauver-trag nicht mehr unmittelbar zusammenhängende Leistung anordnet, ist dies keine zusätzliche Leistung im Sinne des § 2 Nr. 6 VOB/B, sondern im Ergebnis ein Angebot auf Abschluss eines neuen, ergänzenden Vertrags. Der Auftragnehmer ist dann weder 129 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 3 Rdn. 13 130 BGH BauR 1998, 874

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4.3 Geänderte und zusätzliche Leistungen 65

zur Ausführung noch zur Beibehaltung der Preisermittlungsgrundlagen des ur-sprünglichen Bauvertrags verpflichtet. Eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 1 Nr. 4 VOB/B muss in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum geschulde-ten Werkerfolg stehen.

4.3.4 Abgrenzung geänderter und zusätzlicher Leistungen Bei einer Leistungsänderung i. S. d. § 2 Nr. 5 VOB/B kommt an Stelle der vertraglich vereinbarten Leistung eine andere Leistung zur Ausführung, d. h. die Art und Weise der Ausführung wird verändert. Eine zusätzliche Leistung hingegen liegt vor, wenn die Leistung außerhalb des bestehenden Vertrags liegt und nicht vertragsgegenständ-lich in der Leistungsbeschreibung enthalten war.

4.3.5 Ankündigungserfordernis für gesonderte Vergütung Bei auftraggeberseitig geforderten Leistungen, die nicht im Vertrag vorgesehen sind, regelt § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B den Anspruch des Auftragnehmers auf gesonderte Ver-gütung, dass er „jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen muss, bevor er mit der Leistung beginnt.“ Der Mehrvergütungsanspruch besteht nur dann, wenn ihn der Auftragnehmer vorher angekündigt hat. Die Übersendung eines Baubespre-chungsprotokolls mit entsprechendem Vermerk kann als Ankündigung gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B bereits genügen.131

Für geänderte Leistungen enthält § 2 Nr. 5 VOB/B eine solche Anspruchsvorausset-zung nicht. Gerade bei angeordneten Leistungsänderungen wäre aber eine Ankündi-gung für den Auftraggeber angebracht, da er zwar bei zusätzlichen Leistungen davon ausgehen muss, dass der Auftragnehmer diese auch nur gegen zusätzliche Vergütung erbringt, auf der anderen Seite aber geänderte Leistungen keineswegs in jedem Fall Mehrkosten verursachen. Ein Ankündigungserfordernis auch für geänderte Leistun-gen wäre nach Ansicht der Autoren, wenn schon bei zusätzlichen Leistungen vorge-schrieben, auch bei geänderten Leistungen zur Gleichbehandlung erforderlich. Damit entfiele auch eine mit Ausnahme der Ankündigung als Anspruchsvoraussetzung unnötige Differenzierung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen.

Um beide Fälle der modifizierten Leistungen gleich zu stellen, hat der Bundesge-richtshof wie folgt entschieden:132

Ein Ankündigungserfordernis bei zusätzlichen Leistungen besteht danach nicht, so weit die Ankündigung im konkreten Fall für den Schutz des Auftraggebers entbehr-lich ist.

131 BGH BauR 2004, 495 132 BGH BauR 1996, 542; BGH BauR 1991, 210

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66 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Das ist der Fall, wenn

der Auftraggeber von der Entbehrlichkeit ausging oder davon ausgehen musste,keine Alternative zur sofortigen Leistung durch den Auftraggeber blieb, der Auftragnehmer die Ankündigung ohne Verschulden versäumt hat, wo-bei der Auftragnehmer auf Grund seiner fachlichen Kenntnisse regelmäßig in der Lage sein sollte, durch auftraggeberseitige Anordnungen verursachte Abweichungen vom planmäßigen Leistungsumfang zu erkennen.133

4.3.6 Vereinbarung des neuen Preises vor Ausführungsbeginn Zur Vergütung geänderter Leistungen „soll die Vereinbarung vor der Ausführung getroffen werden“ (§ 2 Nr. 5 Satz 2 VOB/B), bei zusätzlichen Leistungen ist die Vergü-tung gemäß § 2 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 VOB/B „möglichst vor Beginn der Ausführung“ zu vereinbaren.

Der Auftraggeber hat auf Grund des vertraglichen Änderungsvorbehalts in § 1 VOB/B das Recht zur einseitigen nachträglichen Leistungsmodifizierung. Der Auftragnehmer muss die angeordnete Leistungsmodifikation ausführen,134 hat als Äquivalent aber ebenso das Recht zur Anpassung der Vergütung.135 „Die Kooperationspflichten sollen u. a. gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Ver-trags an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beige-legt werden. Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Nr. 5 und Nr. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen um dadurch spätere Konflikte zu vermeiden.“136

Nach herrschender Meinung hängt der Mehrvergütungsanspruch des Auftragneh-mers sowohl bei geänderten Leistungen als auch bei zusätzlichen Leistungen nicht davon ab, ob die Preisvereinbarung vor der Ausführung zustande gekommen ist.

Auch beim Pauschalpreisvertrag kann der Auftragnehmer eine gesonderte Vergütung verlangen, wenn der Auftraggeber nachträglich Leistungsänderungen oder zusätzli-

133 Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 200 134 Bei zusätzlichen Leistungen unter der Maßgabe, dass sein Betrieb auf derartige Leistungen eingerichtet

ist (§ 1 Nr. 4 VOB/B). 135 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2003, § 2 VOB/B Rdn. 203 136 BGH „Kooperationspflicht“ BauR 2000, 409

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4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen 67

che Leistungen verlangt. Entscheidend ist, ob im Vergleich zur vertraglichen Leistung tatsächlich eine geänderte oder zusätzliche Leistung vorliegt. Dies ist durch Ausle-gung der Leistungsbeschreibung festzustellen. Ein Anspruch des Auftragnehmers auf eine Vergütungsanpassung ist unabhängig davon, ob sich der Leistungsinhalt in er-heblichem Umfang oder nur geringfügig verändert hat.

Tabelle 4.5 Kurzübersicht: Geänderte Leistungen

Geänderte Leistungen

Anspruchsgrundlage: § 1 Nr. 3 VOB/B i. V. m. § 2 Nr. 5 VOB/B

Voraussetzungen: Änderung des Bauentwurfs oder der Leistungsbeschreibung ein-schließlich dadurch bedingter Mengenänderungen oder andere Anordnungen des Auftraggebers bzgl. Bauzeit oder Ausführungsart

Auswirkung der Anordnung auf die Preisermittlungsgrundlagen

Anspruch: Änderung des Einheits- oder Pauschalpreises unter Berücksichti-gung aller durch die Änderung verursachten kalkulativen Mehr- oder Minderkosten

Tabelle 4.6 Kurzübersicht: Zusätzliche Leistungen

Zusätzliche Leistungen

Anspruchsgrundlage: § 1 Nr. 4 VOB/B i. V. m. § 2 Nr. 6 VOB/B

Voraussetzungen: Auftraggeberseitig angeordnete notwendige Zusatzleistung und Ankündigung des zusätzlichen Vergütungsanspruches durch den Auftragnehmer

Anspruch: Zusätzlicher Vergütungsanspruch nach den Kalkulationsgrundlagen und den besonderen Kosten der geforderten Leistung

4.4 Selbstübernahme oder Entfall vereinbarter Leistungen

§ 2 Nr. 4 VOB/B regelt die Selbstübernahme vereinbarter Leistungen durch den Auf-traggeber und die Gültigkeit des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B, sofern nichts anderes ver-einbart wurde. Es handelt sich hierbei um eine Schutzbestimmung zu Gunsten des Auftragnehmers, deren Zweck darin besteht, dem Auftragnehmer den vertraglich festgelegten Vergütungsanspruch in berechtigtem Umfang zu erhalten.137

137 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 4 VOB/B Rdn. 1

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68 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Die Selbstübernahme ist nicht auf in sich abgeschlossene Teile der Leistung begrenzt, sondern kann auch auf Leistungselemente begrenzt werden sofern der Produktions-ablauf des Auftragnehmers nicht in unvertretbarem Maße beeinträchtigt wird und untragbare Gewährleistungsvermischungen auftreten.138 Die Selbstübernahme ist ein Unterfall der freien Teilkündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B, der den Auftraggeber dazu berechtigt, den Vertrag bis zur Leistungsvollendung jederzeit einseitig ganz oder teilweise zu kündigen. Diesem dem Auftraggeber weitgehend eingeräumten einseitigen Kündigungsrecht steht der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers gegenüber, der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Auf-wendungen oder anderweitigen Erwerbs hat.

§ 2 Nr. 4 VOB/B umfasst nicht die Fallgestaltung, dass der Auftraggeber die ganze Restleistung selbst übernehmen will; die Vorschrift stellt ersichtlich darauf ab, dass aus einer noch zu erbringenden Leistung nur einzelne Leistungsteile vom Auftrag-nehmer übernommen werden. Die Rechtsfolgen der Selbstübernahme durch den Auf-traggeber regelt § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B. Zunächst ist durch den Auftragnehmer eine Teilvergütung für die ausgeführten Teilleistungen zu ermitteln, um von der dann verbleibenden Restvergütung die ersparten Kosten oder anderweitigen Erwerb in Abzug zu bringen, um schließlich den ersten Betrag mit und den zweiten ohne Mehr-wertsteuer in Rechnung stellen zu können.

Übernimmt der Auftraggeber Teile der ursprünglich dem Auftragnehmer übertrage-nen Arbeiten, so gehen diese Leistungen mit all ihren Folgen aus dem Verantwor-tungsbereich des Auftragnehmers heraus. Sind die auftraggeberseitig übernommenen Leistungsteile, wie z. B. die Beistellung von Baustoffen, jedoch in technischer und funktionaler Hinsicht untrennbarer Bestandteil oder Vorleistung der auftragnehmer-seitigen Leistungsverpflichtung, so trägt der Auftragnehmer die Leistungs- und Ge-währleistungspflicht auch weiterhin. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Klauseln, die den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bei freier Teilkündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B bzw. der entsprechenden Regelung in § 649 BGB einschränken oder beseitigen, unwirksam.139

Tabelle 4.7 Kurzübersicht: Selbstübernahme

Selbstübernahme

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 4 VOB/B bzw. § 8 Nr. 1 VOB/B (§ 649 BGB)

Voraussetzungen: Selbstübernahme von Leistungen durch den Auftraggeber oder Entfall vereinbarter Leistungen durch Teilkündigung

Anspruch: Vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen

138 Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 171 139 Vgl. Vygen, 2007, S. 182 f.

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4.5 Leistungen ohne Auftrag 69

4.5 Leistungen ohne Auftrag

§ 2 Nr. 8 VOB/B regelt die Folgen, wenn der Auftragnehmer Leistungen „ohne Auf-trag“ (quantitative Abweichung) oder unter „eigenmächtiger Abweichung vom Ver-trag“ (qualitative Abweichung) ausführt. Es handelt sich also um Leistungen, die der Auftragnehmer vertraglich nicht schuldet und zusätzlich, ohne bestehende Vertrags-basis, erbracht hat. In Abweichung von geänderten Leistungen (§ 1 Nr. 3 VOB/B, § 2 Nr. 5 VOB/B) bzw. zusätzlichen Leistungen (§ 1 Nr. 4 VOB/B, § 2 Nr. 6 VOB/B) fehlt hier die Legitimation oder Anordnung durch den Auftraggeber, der Auftragnehmer hat die Leistungen hier eigenmächtig erbracht. Entsprechend werden die Leistungen außerhalb des Vertrags nicht vergütet. Gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B hat der Auftraggeber das Recht, die Beseitigung der Leistung zu verlangen, wenn der Auf-tragnehmer keinen Vergütungsanspruch hat. Der Beseitigungsanspruch setzt voraus, dass das Belassen der Leistung einen Schaden darstellt. Der Auftraggeber muss die Beseitigung ausdrücklich vom Auftragnehmer verlangen. Nach Ablauf einer ange-messenen Frist kann der Auftraggeber die Leistung auch im Wege einer Ersatzvor-nahme auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen. Darüber hinaus haftet der Auftragnehmer für Schäden, die dem Auftraggeber hieraus entstehen.140 Wenn der Auftragnehmer eine Leistung ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag erbringt, erhält er dennoch eine Vergütung, wenn der Auftraggeber die Leistung nachträglich anerkennt.

Als Anerkenntnis sind zu werten

die Abnahme der betreffenden Leistung, Abschlagszahlungen auf die entsprechende Nachtragsrechnung, Mängelrügen bezüglich der betreffenden Leistung.

Kein Anerkenntnis sind demgegenüber

das gemeinsame Aufmaß,141

die Prüfung der Rechnung,142

Leistungsausführung ohne Protest des Auftraggebers.143

Das Anerkenntnis des Auftraggebers setzt keine Schriftform voraus und kann kon-kludent abgegeben werden.144

140 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 8 VOB/B Rdn. 2 141 BGH BauR 1974, 201 142 BauR 2002, 465 143 OLG Stuttgart BauR 1993, 743 144 BGH NZBau 2002, 153

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70 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Eine weitere Vergütungsvorschrift enthält § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B, wonach der Auftragnehmer Anspruch auf Vergütung hat, wenn die Leistung notwendig war, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach und der Auftragnehmer sie unverzüglich dem Auftraggeber angezeigt hat.

Diese Regelung gilt sowohl für geänderte als auch zusätzliche Leistungen, hat aber auf Grund des 1996 neu eingefügten Absatzes 3 des § 2 Nr. 8 VOB/B mit verringerten Anspruchsvoraussetzungen keine praktische Bedeutung mehr. Nach den in § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B erwähnten Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ist für den Aufwendungsersatz des Auftragnehmers lediglich erforderlich, dass die Leistung ohne Auftrag oder unter Abweichung vom Vertrag

interessengemäß war und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach.

Auch hier ist es sachgerecht, die Vergütung nach den Maßstäben auszurichten, die auch für geänderte oder zusätzliche Leistungen gelten. Die Beweislast trägt der Auf-tragnehmer, der alle Anspruchsvoraussetzungen für § 2 Nr. 8 Abs. 2 oder Abs. 3 VOB/B darlegen muss, also

die Bausoll-Bauist-Abweichung, die nachträgliche Anerkenntnis nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B oder die Notwendigkeit der Leistung, den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Auftraggebers und die unverzügliche Anzeige (§ 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B) oder die Interessengemäßheit der Leistung und den wirklichen oder mutmaßli-chen Willen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B).

Tabelle 4.8 Kurzübersicht: Leistungen ohne Auftrag

Leistungen ohne Auftrag

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 8 VOB/B

Voraussetzungen: Leistungserbringung durch den Auftragnehmer

Vergütungsanspruch dem Grunde nach durch: – nachträgliche Anerkenntnis des Auftraggebers – objektives Erfordernis für die Leistungserbringung (die Leistung war für die Vertragserfüllung notwendig und entsprach dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers und wurde frühzeitig durch den Auftragnehmer angezeigt)

Anspruch: Vergütung entsprechend § 2 Nr. 5 VOB/B für geänderte Leistungen oder gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B für zusätzliche Leistungen

Page 82: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.6 Besondere planerische Leistungen 71

4.6 Besondere planerische Leistungen

Verlangt der Auftraggeber die Erbringung zusätzlicher planerischer Leistungen durch den Auftragnehmer, hat er diese gemäß § 2 Nr. 9 VOB/B zu vergüten. Voraus-setzung der Vergütung ist, dass die Erstellung von „Zeichnungen, Berechnungen oder anderen Unterlagen“ nicht zur Vertragspflicht des Auftragnehmers gehört. Außer-dem muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine gesonderte Vergütung zuge-stehen, wenn er diesen nicht von ihm erstellte technische Berechnungen nachprüfen lässt. Die Regelung des § 2 Nr. 9 VOB/B ist einer zusätzlichen Leistung gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B gleichgestellt und gilt sowohl beim Einheitspreisvertrag als auch beim Pauschalvertrag, sofern die besonderen planerischen Leistungen nicht ohnehin vom Vertrags-Soll erfasst sind.

Voraussetzung eines Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist das ausdrückliche Verlangen des Auftraggebers nach einer Beschaffung oder Anfertigung von Ausfüh-rungsunterlagen bzw. der Nachprüfung technischer Berechnungen.145 Grundsätzlich sind alle außerhalb des Vertrags liegenden Anforderungen des Auftraggebers zur Beschaffung von Ausführungsunterlagen vergütungspflichtig, mit Einschränkung der durch die gewerbliche Verkehrssitte umfassten Planungsleistungen, die keinen nen-nenswerten Eigenaufwand des Auftragnehmers erfordern und der ursprünglichen vertraglichen Leistungspflicht zuzurechnen sind.146

Die Verpflichtung des Auftragnehmers, der Aufforderung des Auftraggebers zur Beschaffung oder Anfertigung von Ausführungsunterlagen nachzukommen, be-schränkt sich auf Unterlagen, die im Zusammenhang mit der auszuführenden ver-traglichen Bauleistung stehen.147

Der Auftraggeber schuldet, wenn nichts anderes vereinbart wurde, die übliche Vergü-tung entsprechend § 2 Nr. 6 VOB/B oder § 632 Abs. 2 BGB. Die HOAI hat für die bau-bezogenen, hier angesprochenen ergänzenden Planungsleistungen keine passenden Leistungsbilder; so weit aber ein HOAI-Leistungsbild die geforderten Leistungen annähernd richtig beschreibt, lassen sich die entsprechenden Sätze der HOAI mit einer gegebenenfalls notwendigen Anpassung heranziehen.148

145 In der Fachliteratur umstritten ist die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Erbringung der auftragge-

berseitig verlangten Nachprüfung technischer Berechnungen ohne Einverständniserklärung, wohinge-gen entsprechend der Formulierung des § 2 Nr. 9 Abs. 1 VOB/B zur Beschaffung oder Anfertigung von Ausführungsunterlagen eindeutig das Einverständnis des Auftragnehmers nicht erforderlich ist (vgl. hierzu Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9 VOB/B Rdn. 8; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 180).

146 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9 VOB/B Rdn. 3 ff. 147 Vgl. Ingenstau/Korbion, a. a. O. 148 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 315; Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 9

VOB/B Rdn. 10

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72 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Tabelle 4.9 Kurzübersicht: Besondere planerische Leistungen

Besondere planerische Leistungen

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 9 VOB/B i. V. m § 632 Abs. 2 BGB (ggf. i. V. m. HOAI)

Voraussetzungen: Erbringung zusätzlicher planerischer Leistungen oder die Nachprü-fung technischer Berechnungen durch den Auftragnehmer auf aus-drückliches Verlangen des Auftraggebers

Anspruch: Vergütungsanspruch in Höhe der üblichen Vergütung, falls möglich entsprechend den Vorgaben der HOAI (Mindestsätze)

4.7 Stundenlohnarbeiten

§ 2 Nr. 10 VOB/B regelt, dass ein Auftraggeber lediglich dann Vergütung auf Stun-denlohnbasis verlangen kann, wenn diese Vergütungsart bereits vor Beginn der Ar-beiten ausdrücklich vereinbart worden ist. Der Stundenlohnvertrag wird in § 5 Nr. 3 VOB/A unter Vergabegesichtspunkten näher erläutert. Wenn eine Stundenlohnver-einbarung getroffen ist, regelt § 15 VOB/B die näheren Einzelheiten der Stundenlohn-vergütung. Nur wenn eine Vereinbarung über die Bezahlung in Stundenlohn getrof-fen wurde, ist zur Beurteilung der Einzelheiten der Stundenlohnvergütung § 15 VOB/B relevant.

Eine Stundenlohnvereinbarung muss ausdrücklich regeln, welche konkreten Arbeiten von der Stundenlohnregelung umfasst werden. Eine stillschweigende oder konklu-dente Vereinbarung ist nicht möglich, die Schriftform aber nicht zwingend erforder-lich.149 Die Verpflichtung zur Stundenlohnvereinbarung vor Ausführung im Rahmen der Regelungen des § 2 Nr. 10 VOB/B ist allerdings eine unwirksame Einschränkung, da sich die Vertragsparteien auch noch während der Ausführung oder nachträglich auf eine Stundenlohnvergütung einigen können.150

Ohne weitere Anhaltspunkte und ausdrückliche Vereinbarung reichen unterschriebe-ne Stundenlohnzettel nicht aus, um eine Stundenlohnvereinbarung nachzuweisen.151

Die Beweislast trägt der Auftragnehmer.

Die Regelung des § 2 Nr. 10 VOB/B gilt grundsätzlich nur für VOB-Verträge. Bei Bau-verträgen, die nach den §§ 631 ff. BGB abgeschlossen werden, kommt eine Stunden-lohnbezahlung nach § 632 Abs. 2 BGB auch ohne besondere Vereinbarung der Ver-tragsparteien in Betracht, wenn die Art der Leistung sachgerecht ist sowie Treu und

149 Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 317 150 Bestätigt durch BGH BauR 1994, 760 151 BGH BauR 1994, 760; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 2 Rdn. 182

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4.8 Behinderung des Auftragnehmers 73

Glauben dies erfordern, weil eine anderweitige Kalkulation auf der Grundlage der für Leistungsverträge maßgebenden Richtpunkte nicht erfolgen kann.152

Tabelle 4.10 Kurzübersicht: Stundenlohnarbeiten

Stundenlohnarbeiten

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 10 VOB/B

Voraussetzungen: Ausdrückliche Stundenlohnvereinbarung mit konkreter Leistungs-benennung

Anspruch: Vereinbarte Stundenlohnvergütung

4.8 Behinderung des Auftragnehmers

Im Baugeschehen ist es nicht selten, dass es während der Ausführung der Leistung zu Behinderungen oder Unterbrechungen kommt, die bei Vertragsabschluss für den Auftragnehmer weder bekannt noch voraussehbar waren. Behinderungen sind, wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, Störungen des Produktionsablaufs mit unplanmäßigen Einwirkungen auf den vom Auftragnehmer unter Beachtung vertraglicher Vorgaben geplanten Produktionsablauf. Eine Unterbrechung ist der vorübergehende Stillstand der Arbeiten. Dauert eine Unterbrechung länger als drei Monate, sind beide Ver-tragsparteien gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B nach Ablauf dieser Frist zur (schriftlichen) Ver-tragskündigung berechtigt.

4.8.1 Behinderungsanzeige und Offenkundigkeit Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung seiner Leistun-gen behindert, so hat er dies gemäß § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B dem Auftraggeber unver-züglich schriftlich mitzuteilen. Hierfür genügt, wenn der Auftragnehmer subjektiv der Meinung sein darf, eine Behinderung liege vor; eine bestimmte Kenntnis der hin-dernden Umstände ist nicht erforderlich.153 Der Auftragnehmer muss dem Auftragge-ber gegenüber mit der Anzeige zum Ausdruck bringen, durch welche konkreten Um-stände er sich in der Leistungserbringung behindert glaubt und welche Konsequen-zen in terminlicher, organisatorischer und finanzieller Art sich hieraus für den weite-ren Bauablauf ergeben.

152 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 2 Nr. 10 VOB/B Rdn. 5 153 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 6

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74 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Die Behinderungsanzeige dient der Information des Auftraggebers über die Störung und soll ihm die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen und einen eventuell entste-henden Schaden möglichst gering zu halten. Für die Anzeigepflicht ist unerheblich, ob die Behinderung dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber zuzurechnen ist. Die Anzeige muss alle Tatsachen enthalten, aus denen sich für den Auftraggeber die Gründe für die Behinderung oder Unterbrechung ergeben. Eine Angabe zum unge-fähren Umfang und der Höhe eines Ersatzanspruchs ist nicht zwingend erforderlich.

Unterlässt der Auftragnehmer die Behinderungsanzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkun-dig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren (§ 6 Nr. 1 VOB/B). Der Auftragnehmer trägt die Beweislast, dass er die Behinderung formgerecht angezeigt hat oder dass die Störung und deren behindernde Auswirkungen offenkundig wa-ren.154

Eine Verletzung der Anzeigepflicht hat für den Auftragnehmer zur Folge, dass er weder Anspruch auf Fristverlängerung noch auf Schadenersatz hat.

Für eine Behinderungsanzeige ist die Schriftform vorgeschrieben, unter Umständen kann aber die mündliche Anzeige genügen.155 Eine ordnungsgemäße Anzeige kann auch dadurch nachgewiesen werden, dass der Auftragnehmer die entsprechenden Tatsachen richtig und vollständig in das Bautagebuch einträgt oder in einem Bespre-chungsprotokoll aufführt und diese Eintragungen unverzüglich an den Auftraggeber oder dessen bevollmächtigten Vertreter weiterleitet.156

Es sollte vermieden werden, auf formularmäßige und inhaltsleere Behinderungsan-zeigen zurückzugreifen. Stattdessen ist stets die konkrete Behinderung anhand der tatsächlichen Baustellensituation zu schildern.

Die Behinderungsanzeige ist prinzipiell an den Auftraggeber zu richten. Im Allge-meinen ist eine Anzeige an den mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten ausreichend, sofern die Behinderung nicht durch diesen herbeigeführt wurde.157

4.8.2 Verlängerung der Ausführungsfristen Gemäß § 6 Nr. 2 VOB/B werden Ausführungsfristen verlängert, soweit der Unter-nehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung seiner Leistung behindert ist und diese Behinderung verursacht wird durch einen vom Auftraggeber zu vertretenden Um-stand bzw. durch einen Umstand aus seinem Risikobereich, durch Streik oder Aus-

154 BGH BauR 1999, 645 155 Siehe hierzu ausführlich Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 Nr. 1 VOB/B Rdn. 4 156 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 7 157 Vgl. Herig, 2003, § 6 VOB/B Rdn. 7

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4.8 Behinderung des Auftragnehmers 75

sperrung oder aber durch höhere Gewalt und andere für den Unternehmer unab-wendbare Umstände.158

Wenn der Auftragnehmer in seiner planmäßigen Leistungserfüllung behindert ist, die Behinderung rechtzeitig angezeigt hat oder die Behinderungstatsache und deren hin-dernde Wirkung offenkundig waren, werden die Ausführungsfristen verlängert.

Nur vom Auftraggeber zu vertretende Umstände berechtigen den Auftragnehmer zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B infolge Be-hinderung.

4.8.2.1 Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers Umstände aus dem Risikobereich des Auftraggebers führen zur Verlängerung der Ausführungsfristen. Ein Verschulden des Auftraggebers ist hierzu nicht erforderlich. Wesentlich ist aber, dass es sich um Umstände handelt, die ihren Ausgangspunkt in dem dem Auftraggeber zuzurechnenden Bereich haben. Die hindernden Umstände können sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Natur sein. Hierzu zählen u. a. die Verletzung von Mitwirkungspflichten, das Verlangen geänderter oder zusätzlicher Leistungen, unzureichende oder verspätete Vorunternehmerleistungen, fehlende Baugenehmigungen aber auch unvorhersehbare Baugrund- und Wasserverhältnis-se.159

4.8.2.2 Streik, Aussperrung Durch Streik im Betrieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbei-tenden Betrieb verursachte Behinderungen führen zur Verlängerung der Ausfüh-rungsfristen, unabhängig davon, ob der Streik arbeitsrechtlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Aussperrungen hingegen werden nur bei Anordnung durch die Be-rufsvertretung des Arbeitgebers fristverlängernd anerkannt.

Das finanzielle Risiko von Streik oder Aussperrung regelt die VOB nur indirekt, in-dem sie Schadenersatzansprüche aus Behinderungen in § 6 Nr. 6 VOB/B an Verschul-den anknüpft und daher jede Partei die finanziellen Folgen selbst zu tragen hat.160

4.8.2.3 Höhere Gewalt, unabwendbare Umstände Ausführungsfristen werden auch durch „höhere Gewalt“ oder andere „für den Auf-tragnehmer unabwendbare Umstände“ verlängert.

158 Vgl. auch Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 123 ff. 159 Vgl. Ingenstau/Korbion, 16. Aufl., § 6 Nr. 2 VOB/B Rdn. 7; BGH BauR 1990, 210; BGH BauR 1997, 1019 160 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 24

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76 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Ein-sicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häu-figkeit vom Unternehmer in Kauf zu nehmen ist.161

Unabwendbare Umstände sind demgegenüber Ereignisse, die zwar nicht als höhere Gewalt eingestuft werden können, die aber „nach menschlicher Einsicht und Erfah-rung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass ihr Eintritt und ihre Folgen unter Ein-satz wirtschaftlich vertretbarer Mittel auch bei äußerster Sorgfalt nicht verhindert oder ihre Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden kön-nen.“162 Während außergewöhnliche Witterungsverhältnisse im Einzelfall ausnahms-weise unter dem Gesichtspunkt der höheren Gewalt oder der unabwendbaren Um-stände eine Verlängerung der Ausführungsfristen bewirken können, folgt aus § 6 Nr. 2 Absatz 2 VOB/B, dass Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots gerechnet werden musste, keinesfalls zu Fristverlängerungsansprüchen führen.163

Bereits das geringste Verschulden des Auftragnehmers schließt die Annahme höherer Gewalt oder eines unabwendbaren Umstandes aus. Die finanziellen Auswirkungen höherer Gewalt oder unabwendbarer Umstände trägt jede Partei selbst.

4.8.3 Anpassungspflicht des Auftragnehmers Gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer bei Behinderungen „alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der Arbeiten zu er-möglichen.“ Der Auftragnehmer muss dieser Pflicht ohne besondere Aufforderung des Auftraggebers nachkommen. Im Rahmen der auftragnehmerseitigen Anpas-sungspflicht kann es unter Umständen zweckmäßig sein, den planmäßigen Bauablauf zu ändern. Der Auftragnehmer muss sich im Zuge seiner Schadensminderungspflicht mit dem Auftraggeber über diese Anpassungsmaßnahmen abstimmen und ihn in-formieren.164 Für den Auftragnehmer ist es jedoch nicht erforderlich, Personal oder Maschinen zu verstärken, es besteht demzufolge keine Verpflichtung zu Beschleuni-gungsmaßnahmen.165 Sobald die hindernden Umstände weggefallen sind, hat der Auftragnehmer die Arbeiten ohne weiteres und unverzüglich wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon in Kenntnis zu setzen.

161 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl. 2003, B § 6 Rdn. 14; Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 126 162 BGH BauR 1997, 1019 f. 163 Hinsichtlich der oftmals streitbefangenen Abgrenzung außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse ver-

weisen wir auf die Berechnungsmethode von Flassak/ Toffel, vorgestellt in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 5/2007, S. 54 ff.

164 Vgl. hierzu Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 30 165 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 36

Page 88: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.8 Behinderung des Auftragnehmers 77

4.8.4 Die Berechnung der Fristverlängerung Gemäß § 6 Nr. 4 VOB/B setzt sich die Fristverlängerung aus der Dauer der Behinde-rung und, falls erforderlich, einem Zuschlag für die Wiederaufnahme sowie eine et-waige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit zusammen.

Die unmittelbare Verzögerung ergibt sich aus der verlängerten Leistungsdauer des Teilvorgangs gegenüber dem geplanten Soll-Ablauf.

Der Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten dient zur Berücksichtigung von Einarbeitungsverlusten, die sich aus der Räumung von Schnee- und Eisresten, War-tungsarbeiten an Geräten und Installationen sowie Ausbesserungsarbeiten von Win-terschäden und der Wiedereinarbeitung des Personals ergeben. Der Zuschlag richtet sich nach Art und Umfang der betroffenen Tätigkeiten und lässt sich ggf. aus dem ungestörten Bauablauf vergleichbarer Leistungsteile ableiten. In der Baupraxis hat sich für die Ermittlung der Verlustzeiten durch Wiederaufnahme der Arbeiten die Verwendung von Minderleistungskennzahlen bewährt. An dieser Stelle sei auf das Verfahren von Lang verwiesen.166

Weiter ist gemäß § 6 Nr. 4 VOB/B bei der Fristverlängerung eine etwaige Verschie-bung in eine ungünstigere Jahreszeit zu berücksichtigen, die bei witterungsabhängi-gen Tätigkeiten zu einer Bauverzögerung führen kann.

Ideali

sierte

Baulei

stung

ssum

me

bei u

nges

törtem

Ablauf

50

100

Theoretische Gesamtverzögerung

Minderleistungwährend derStörung

Minderleistungbei Wiederanlauf

Minderleistung ausjahreszeitlicherVerschiebung

Bauzeit

Bauleistung in %

Abbildung 4-1 Gestörter Bauablauf – Bauzeitverzögerung167

166 Lang „Ein Verfahren zur Bewertung von Bauablaufstörungen und zur Projektsteuerung“, 1988 167 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 383

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78 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Bei terminlichen Auswirkungen auftraggeberseitiger Störungen ist ein behinderungs-bedingt modifizierter Soll-Ablauf, basierend auf dem ursprünglichen Vertragster-minplan, fortzuschreiben. Dabei sind jeweils dem Einzelfall entsprechend die Behin-derungsauswirkungen, Unterbrechungen, Zeiträume für die Wiederaufnahme, Inten-sitätsabfälle und Verzögerungen durch Arbeitsverschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit ursachenkausal und plausibel zu berücksichtigen. Hierbei sind Abhilfe-maßnahmen gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B zu treffen und versteckte Puffer auszuschöpfen.

SekundärverzögerungSekundärverzögerungen entstehen auf Grund von Behinderungen oder Bauablaufstö-rungen, die sich als Folgewirkungen aus Primärverzögerungen ergeben. Hierunter können z. B. eine witterungsbedingte Minderleistung und daraus resultierend ein verzögerter Bauablauf verstanden werden, die erst durch eine vorangehende Bauab-laufstörung entstehen konnten, da der planmäßige Bauablauf nicht zur Ausführung in dieser Zeit geführt hätte.168

Primärverzögerung Bei Primärverzögerungen handelt es sich um direkte Auswirkungen von Behinde-rungen oder Ablaufstörungen auf den Bauablauf auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen einer der Vertragspartner bzw. auf Grund von Umständen, die keiner der Vertragspartner zu vertreten hat. 169

Besteht die Behinderung in einer Handlung (z. B. angeordneter Baustopp) und führt dies zum Baustillstand (Unterbrechung), so lässt sich der Beginn des Fristverlänge-rungszeitraumes leicht feststellen. Besteht die Behinderung dagegen in einer Unter-lassung, so muss festgestellt werden, wann der Auftraggeber hätte handeln müssen. Diese Feststellung des Soll-Zeitpunkts für die Mitwirkung ist oft schwierig.

Um die zeitmäßigen Auswirkungen verspäteter auftraggeberseitiger Behinderungen korrekt feststellen zu können, ist jeder tatsächliche oder vermeintliche Behinderungs-fall zu untersuchen:170

Was ist in terminlicher Hinsicht als Soll vereinbart, und zwar sowohl für den Auf-traggeber als auch für den Auftragnehmer? Nur dann, wenn bei Vertragsabschluss festgelegt worden ist, wann jeweils insbeson-dere die auftraggeberseitige Mitwirkung stattfinden soll, sind die auftraggeberseitig zu erfüllenden Soll-Termine klar vorgegeben. Nur in solchen Fällen ist durch spätere Ermittlung der jeweiligen Ist-Termine die auftraggeberseitige Mitwirkung festzustel-len und ob diese tatsächlich verspätet war. Sind dagegen beim Vertragsabschluss 168 Vgl. Reister, 2004, S. 364 169 Vgl. Reister, a. a. O. 170 Vgl. hierzu ausführlich Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1243 ff.

Page 90: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.8 Behinderung des Auftragnehmers 79

bzw. vor Baubeginn keine terminlichen Festlegungen für die Mitwirkungspflichten des Auftraggebers vereinbart worden, so ist nachträglich ein Soll für die auftragge-berseitigen Mitwirkungen zu formulieren.

Welche Ist-Gegebenheiten sind eingetreten, und zwar sowohl für den Auftragge-ber als auch für den Auftragnehmer? Was ist also Ist-Behinderungszeitraum? Im weiteren Sinn ist das auch eine Frage der Ursachenverknüpfung von Störung und Folge.Die Feststellung der jeweiligen Ist-Termine der Mitwirkung des Auftraggebers ist un-problematisch, sofern auftragnehmerseitig darauf geachtet wird, dass jeder Planein-gang durch eine Quittung dokumentiert wird bzw. mindestens als solcher ins Bauta-gebuch eingetragen wird.

Wie wirken sich die jeweils festgestellten Ist-Gegebenheiten – jede für sich – auf die Terminsituation des Auftragnehmers aus? Sofern eine auftraggeberseitige Mitwirkung zu spät erfolgt, besteht zunächst einmal die Vermutung, dass sie sich behindernd auf den Bauablauf auswirkt. Das ändert aber nichts daran, dass pro verspäteter Mitwirkung der Auftraggeber widerlegen kann, dass sich tatsächlich kein Ausführungstermin im Ist wegen dieser verspäteten Mitwirkung auf einen gegenüber dem Soll-Ausführungstermin später liegenden Ter-min verschiebt bzw. dass der Soll-Termin nur mit Hilfe von Beschleunigungsmaß-nahmen einhaltbar ist.

Man kann allerdings nicht deshalb, weil lediglich einer von 15 Ausführungsplänen um 5 Tage später als vereinbart, aber immer noch 3 Wochen vor Ausführung eintrifft, daraus zwingend schließen, dass sich die Ausführung um 5 Tage verschiebt. Jeder Einzelfall ist als solcher zu beurteilen, aber die Vermutungswirkung bleibt erhalten.

Eine abstrakte Fristverlängerungsberechnung als Auswirkung mehrerer Störungen ist ebenso wie eine abstrakte Schadensberechnung unzulässig.171 Für jede Störung ist daher gegebenenfalls der Zeitpunkt der geschuldeten Mitwirkung, die vertraglich geplante Vorgangsdauer und die störungsmodifizierte Dauer unter Berücksichtigung der Minderungspflicht gemäß § 6 Nr. 3 VOB/B und eventuell bestehender Puffer zu untersuchen.172 In der Praxis sollte daher der Auftragnehmer für jede Störung bzw. jeden Störungskomplex einen störungsmodifizierten Bauzeitenplan aufstellen, der dann seinerseits Ausgangspunkt für die Untersuchung der nächsten Störungsauswir-kung ist.173

171 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1268 172 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 40 173 BGH „Behinderungsschaden II“ NZBau 2002, S. 381

Page 91: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

80 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

4.8.5 Schadenersatzansprüche Behinderungen in der Bauausführung können neben einer Verlängerung der verbind-lich festgelegten Ausführungsfrist auch zu Schadenersatzansprüchen führen. Die Anwendung des § 6 Nr. 6 VOB/B setzt voraus, dass hindernde Umstände vorliegen, die der Auftraggeber zu vertreten hat. Schadenersatzansprüche seitens des Auftrag-nehmers kommen also ausnahmslos nur bei einem Verschulden des Auftraggebers in Betracht, z. B. bei einer Verletzung der Mitwirkungspflichten. Voraussetzung ist aber, dass die entstandenen Mehrkosten tatsächlich auf die Verzögerung der Bauarbeiten und diese Verzögerungen auf die vom Auftraggeber zu vertretenden hindernden Umstände zurückzuführen sind. Zu beachten ist weiterhin, dass Nachtragsangebote gemäß § 2 Nr. 5 und § 2 Nr. 6 VOB/B grundsätzlich alle durch die Änderungsanord-nung verursachten Mehrkosten, einschließlich der zeitabhängigen, abdecken müssen und demnach keine Möglichkeit gegeben ist, die entstandenen Mehrkosten aus Bau-zeitverlängerung gesondert über § 6 Nr. 6 VOB/B geltend zu machen.174

Um Ansprüche auf Schadenersatz geltend zu machen, muss der Auftragnehmer fol-gende Voraussetzungen nachweisen:

Vorliegen hindernder Umstände hindernde Umstände stammen aus dem Verantwortungsbereich des AuftraggebersAnzeige oder Offenkundigkeit Schaden

Hindernde Umstände bezeichnen hierbei Störungen natürlicher oder rechtlicher Na-tur mit Folgewirkungen, die bei Vertragsabschluss unvorhersehbar waren, nicht je-doch eine dauernde Unmöglichkeit der Bauausführung. Die Regelung des § 6 Nr. 6 VOB/B schließt explizit jegliche Ansprüche auf Schadenersatz aus, wenn die hindern-den Umstände nicht durch den Auftraggeber zu vertreten sind. Durch die Anzeige oder offenkundige Umstände muss der ursächliche Zusammenhang zwischen der Störung und der verzögernden Wirkung dargelegt werden. Dies ist besonders be-deutsam beim baupraktisch häufig vorkommenden Fall von parallel auftretenden Behinderungen und Behinderungsfolgen. Der Schadenersatzanspruch des Auftrag-nehmers ist in seinem Umfang dadurch begrenzt, dass der Ersatz des entgangenen Gewinns im Allgemeinen ausgeschlossen ist. Anspruch auf Schadenersatz kann nur gewährt werden, wenn der Auftraggeber die Behinderung durch eigenes Verschulden oder Fahrlässigkeit verursacht hat. Hierzu zählen die Verletzung einer vertraglichen Pflicht, Rechtswidrigkeit oder Verschulden.175

174 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 252 175 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1271

Page 92: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.8 Behinderung des Auftragnehmers 81

Im Falle höherer Gewalt oder unabwendbarer Umstände sowie Streik oder Aussper-rung hat der Auftragnehmer gemäß § 7 Nr. 1 VOB/B, Verteilung der Gefahr, lediglich Anspruch auf Fristverlängerung und Vergütung der bereits ganz oder teilweise aus-geführten vertraglich vereinbarten Leistung nach § 6 Nr. 5 VOB/B.

Der Schaden des Auftragnehmers ist konkret zu ermitteln und erfolgt durch Gegen-überstellung der hypothetischen Vermögenslage bei behinderungsfreier Abwicklung der Arbeiten und der tatsächlichen Vermögenslage unter Einfluss der Behinderung (Differenzhypothese).176 Als ersatzfähiger Schaden gelten Stillstandskosten, Mehrkos-ten wegen verlängerter Bauzeit, Beschleunigungskosten und Sachverständigenkosten. Bei Vereinbarung der VOB/B ist entgangener Gewinn nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu ersetzen.177

4.8.6 Zusammenfassung

Behinderung

StörungStörung

Verzögerung des BauablaufsVerzögerung des Bauablaufs

kausalerZusammenhang

Behinderungsanzeige oder Offenkundigkeit

Ursache der Behinderung

aus dem Risikobereich des Auftraggebers

stammend

aus dem Risikobereich des Auftraggebers

stammendvom Auftraggeber

zu vertretenvom Auftraggeber

zu vertreten

Nachweis

Dauer der durch Störung verursachten VerzögerungDauer der durch Störung verursachten Verzögerung SchadenhöheSchadenhöhe

Rechtsfolge

Fristverlängerung nach § 6 Nr. 2 VOB/B

Fristverlängerung nach § 6 Nr. 2 VOB/B

Schadenersatznach

§ 6 Nr. 6 VOB/B

Schadenersatznach

§ 6 Nr. 6 VOB/B

Unverzügliche Behinderungsanzeige

Unverzügliche Behinderungsanzeige

Offenkundigkeit inUrsache und Wirkung

Offenkundigkeit inUrsache und Wirkung

Behinderung

Bauzeitverlängerung infolgeÄnderung der Planungsgrundlage

Bauzeitverlängerung infolgeÄnderung der Planungsgrundlage

Ursache der Behinderung

Mehr-/MindermengenMehr-/Mindermengen

Schadenersatznach § 6 Nr. 6 VOB/B

Schadenersatznach § 6 Nr. 6 VOB/B

Rechtsfolge

Mehrvergütungnach § 2 Nr. 3, 5 oder 6 VOB/B

Mehrvergütungnach § 2 Nr. 3, 5 oder 6 VOB/B

Rechtsfolge

LeistungsänderungZusatzleistungAnordnung des Auftraggebers

Fristverlängerung nach § 6 Nr. 2 VOB/B

Fristverlängerung nach § 6 Nr. 2 VOB/B

im Einzelfall

Abbildung 4-2 Ansprüche des Auftragnehmers aus Bauzeitverzögerung

176 Vgl. hierzu BGH „Behinderungsschaden I“ BauR 1986, 347 177 Vgl. Herig, 2004, § 6 VOB/B Rdn. 38 ff.; Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 90

Page 93: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

82 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Tabelle 4.11 Kurzübersicht: Behinderung – Fristverlängerung

Behinderung – Fristverlängerung

Anspruchsgrundlage: § 6 Nr. 2 und 4 VOB/B

Voraussetzungen: Behinderung des Auftragnehmers in der ordnungsgemäßen Aus-führung seiner Leistung auf Grund von Umständen aus dem Risi-kobereich des Auftraggebers, Streik, Aussperrung oder höherer Gewalt und anderer unabwendbarer Umstände

Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B

Anspruch: Fristverlängerung, bestehend aus der Behinderungsdauer, einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit

Tabelle 4.12 Kurzübersicht: Behinderung – Schadenersatz

Behinderung – Schadenersatz

Anspruchsgrundlage: § 6 Nr. 6 VOB/B

Voraussetzungen: Behinderung des Auftragnehmers durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers (Verletzung von Mitwirkungs-pflichten), Fahrlässigkeit des Auftraggebers oder seiner Erfüllungs-gehilfen

Schadensursächlichkeit der Behinderung

Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B

Konkreter Nachweis des behinderungsbedingten Schadens

Anspruch: Schadenersatzanspruch mit der Möglichkeit zur Schadenschätzung nach § 287 ZPO

Ansprüche des Auftragnehmers auf Erstattung der Mehrkosten können sich sowohl aus § 2 Nr. 3, 5 und 6 VOB/B als auch aus § 6 Nr. 6 VOB ableiten, wobei die Regelun-gen des § 2 VOB/B die vorrangige Anspruchsgrundlage darstellen. Falls die Behinde-rung durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers verursacht wur-de, regelt § 6 Nr. 2 VOB/B die Ansprüche auf Fristverlängerung.

Page 94: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB 83

4.9 Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB

Bei ihrer Leistungserfüllung sind die bauausführenden Unternehmen oftmals auf die fristgerechte Erbringung der Leistung der vor ihnen tätigen Gewerke angewiesen. Kommt es auf Grund fehlender, verspäteter oder mangelhafter Vorleistungen zu Ver-zögerungen des Bauablaufs, so löst dies zwangsweise Mehrkosten bei den zeitabhän-gigen Kosten aus.

Bis zu einem Urteil des BGH 1999178 ging die Rechtsprechung davon aus, dass der Bauherr Verzögerungen der Vorunternehmer nicht zu verantworten hat und dem Auftragnehmer hieraus zwar Bauzeitverlängerungsansprüche, jedoch kein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens bzw. daraus entstandener Mehrkosten zustehen. Erst mit dem oben erwähnten und in der Fachliteratur umstrittenen Grundsatzurteil hat der BGH entschieden, dass § 642 BGB neben § 6 Nr. 6 VOB/B anwendbar ist.179 Mit Einführung der VOB/B 2006 wurde dies zudem direkt in § 6 Nr. 6 Satz 2 der VOB/B verankert.

Dies führt dazu, dass der Auftragnehmer Anspruch auf „angemessene Entschädi-gung“ hat, wenn der Auftraggeber mit einer zur Leistungserbringung erforderlichen Mitwirkungshandlung in „Annahmeverzug“ gerät.180 Ein Annahmeverzug liegt vor, wenn der Auftragnehmer seinerseits leisten darf, zur Leistung bereit ist und im Stan-de ist und seine Leistung wie geschuldet dem Auftraggeber anbietet, dieser das Leis-tungsangebot aber nicht annimmt bzw. annehmen kann, da die Voraussetzungen für die Erbringung der auftragnehmerseitigen Leistung auf Grund fehlender Vorleistun-gen noch nicht geschaffen sind. Annahmeverzug setzt kein Verschulden, z. B. durch mangelhafte Koordinierung des Auftraggebers, voraus.

Die Anwendung des § 642 BGB ist an folgende Voraussetzungen gebunden:181

Der Auftraggeber hat vertragliche Mitwirkungshandlungen. Der Auftragnehmer ist leistungsbereit und bietet seine Leistungserbringung an.Der Auftraggeber bzw. sein Vorunternehmer hat eine erforderliche und ihm obliegende Handlung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß er-füllt. Es ist dadurch kausal nachweisbar zu einer tatsächlichen Behinderung der Leistungserfüllung des Auftragnehmers gekommen.

178 BGH BauR 2000, 722 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BGH BauR 1985, 561) 179 Vgl. Leinemann, 2002, § 6 VOB/B Rdn. 81 180 Vgl. Reister, 2004, S. 501 181 Vgl. Reister, 2004, S. 502

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84 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Der Auftragnehmer hat die Behinderung dem Auftraggeber durch eine qua-lifizierte Behinderungsanmeldung zeitnah angezeigt und ihn auf die Aus-wirkungen der Behinderung hingewiesen. Eine Anzeigepflicht entfällt, falls die Behinderung und deren Auswirkungen offenkundig waren. Die Behinderungen in der Bauausführung und die damit verbundenen Mehrkosten sind ursächlich mit der angezeigten Behinderung verbunden.

Bei Vorliegen o. g. Voraussetzungen besteht für den Auftragnehmer gemäß § 642 BGB ein Entschädigungsanspruch. Zu beachten ist, dass § 6 Nr. 6 VOB/B dem Auftrag-nehmer die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruchs eröffnet, also den Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens, während aus § 642 BGB ein Entschädigungsan-spruch resultiert.182 Schadenersatz ist gemäß Differenzhypothese der Unterschied zwischen hypothetischer ungestörter Vermögenslage des Auftragnehmers und der tatsächlichen störungsbedingten Vermögenslage. Entschädigung ist dagegen ein Aus-gleich, berechnet nach dem Behinderungszeitraum und der Höhe der vereinbarten Vergütung, gekürzt um eventuell ersparte Aufwendungen oder um das, was der Auf-tragnehmer durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erspart hat.183 Der Entschädigungsanspruch ergibt sich aus den direkten Kosten, die aus der Angebots- bzw. Auftragskalkulation abzuleiten sind und den kalkulierten Zuschlägen für All-gemeine Geschäftskosten. Zuschläge für Baustellengemeinkosten kommen nicht in Betracht, solange sich die tatsächlichen Baustellengemeinkosten nicht erhöhen. Ge-mäß bereits erwähntem BGH-Urteil ist ein Gewinnzuschlag ebenfalls unzulässig. Dem wird in der Fachliteratur jedoch widersprochen und ein Zuschlag für Wagnis und Gewinn befürwortet.184

Tabelle 4.13 Kurzübersicht: Entschädigungsanspruch

Entschädigungsanspruch

Anspruchsgrundlage: § 642 BGB

Voraussetzungen: Behinderung des Auftragnehmers durch notwendige und nicht rechtzeitig oder mangelhaft erbrachte Vorunternehmerleistungen bzw. Verletzung der Mitwirkungspflichten des Auftraggebers (An-nahmeverzug)

Kein Verschulden des Auftraggebers erforderlich

Behinderungsanzeige bzw. Offenkundigkeit gem. § 6 Nr. 1 VOB/B

Anspruch: Vergütungsgleicher Entschädigungsanspruch, jedoch ohne entgan-genen Gewinn (umstritten)

182 Vgl. Leinemann, 2002, § 6 VOB/B Rdn. 172 183 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 6 VOB/B Rdn. 90 184 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 324

Page 96: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.10 Störung der Geschäftsgrundlage 85

4.10 Störung der Geschäftsgrundlage

§ 313 BGB enthält nach der Schuldrechtsmodernisierung erstmals eine gesetzliche Regelung zur „Störung der Geschäftsgrundlage“. Diese gilt für alle Verträge und somit für Werkverträge jeglicher Art, sowohl für Einheitspreisverträge als auch für Pauschalverträge. Dadurch verliert die in § 2 Nr. 7 VOB/B getroffene Regelung zum Pauschalvertrag hinsichtlich der Störung der Geschäftsgrundlage an Bedeutung.185

Die Bestimmungen des § 313 BGB gelten auch beim VOB-Vertrag unverändert.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann sowohl die Leistung als auch die Vergü-tung des Vertrags betreffen. So kann sich einerseits der Leistungsinhalt in für den Auftragnehmer unzumutbarer Weise ändern, andererseits aber auch die Kosten für eine ansonsten unveränderte Leistung. Der zweite und im Übrigen nicht durch den Regelungsinhalt des § 2 Nr. 7 VOB/B erfasste Fall wird in der Praxis jedoch nur in Krisenzeiten auftreten und wurde in der Gerichtspraxis der vergangenen 50 Jahre dementsprechend nicht behandelt. Eine unzumutbare Leistungsänderung ist hinge-gen sehr wohl, wenn auch nur vereinzelt, in der Baupraxis zu finden. Allerdings sel-ten beim Einheitspreisvertrag, sondern vielmehr beim Pauschalvertrag, bei dem der Auftragnehmer das Mengenrisiko und beim Global-Pauschalvertrag auch das Ausle-gungs- und Vervollständigkeitsrisiko trägt.186

4.10.1 Voraussetzungen Der Rückgriff auf die Störung der Geschäftsgrundlage ist als „Notbremse“ zu verste-hen, alle vertraglichen und gesetzlichen Regelungen, die die Folgen von Leistungsstö-rungen regeln, sind vorrangig.

Eine weitere Voraussetzung, neben der vorrangigen Ausschöpfung von Spezialrege-lungen, ist das Vorliegen einer so schwerwiegenden Veränderung der Leistung, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar wird. Ob eine Veränderung der Leistung schwerwiegend ist, lässt sich anhand der Kostenfolge der Veränderung beurteilen. Zwar ist jeder Einzelfall isoliert zu bewerten, es kann aber davon ausgegangen wer-den, dass Mehrkosten in einer Größenordnung von mehr als 20 %, bezogen auf die gesamte Pauschalvergütung, in der Mehrzahl aller Fälle zu einer Einschätzung als Störung der Geschäftsgrundlage führen werden.187 Wesentlicher Faktor für die Beur-teilung ist neben der absoluten Höhe der Mehrkosten188 auch die Prüfung, inwieweit 185 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 277 186 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, a. a. O. 187 Sofern im Pauschalvertrag selbst die Vergütung in Teilpauschalen aufgegliedert ist, genügt bereits eine

geringere Größenordnung der Gesamtpauschale. (Vgl. hierzu Kapellmann/Schiffers, Bd. 2, 4. Aufl. 2006, Rdn. 1529)

188 So können bei einer Vertragssumme von 300 Mio. € bereits Mehrkosten in Höhe von 15 Mio. € und damit weniger als 20 % der Gesamtsumme die Unzumutbarkeitsgrenze überschreiten. (Vgl. Kapellmann/Mes-serschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 279)

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86 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

die Kostensteigerung auf die Addition vieler Einzelpositionen oder aber auf eine sig-nifikante Abweichung bei wenigen oder einer Einzelposition zurückzuführen ist.

Weitere und wesentliche Voraussetzung der Störung der Geschäftsgrundlage ist, dass sich die Kosten verursachenden Umstände nach Vertragsschluss unvorhersehbar so geändert haben, dass die Parteien den Vertrag nicht oder zumindest nicht in dieser Form geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung und deren Ausmaße vorhergese-hen hätten. Ganz außerhalb des erfahrungsgemäß Üblichen und Unvermeidbaren liegende Abweichungen vom vertraglichen Soll sind vom normalen Vertragsrisiko nicht mehr erfasst. Maßgebend ist, was für einen durchschnittlich sorgfältigen Baube-teiligten als Risiko erkennbar war; fahrlässig fehlerhafte Risikobewertung schließt Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage aus.

Ferner ist zu prüfen, ob die Vertragspartner die Möglichkeit dieses Risikoeintritts erkannt und vertraglich gerade dieses Risiko einer Partei zugeteilt haben. Dadurch würde festgelegt, auch im Falle des Risikoeintritts am Vertrag festzuhalten. Abschlie-ßend besteht die Möglichkeit, dass beiderseitige Fehlvorstellungen der Vertragspart-ner zu einem Anspruch aus Störung der Geschäftsgrundlage führen kann. Wenn also beide Parteien übereinstimmend dem Vertrag bestimmte „wesentliche Voraussetzun-gen zu Grunde gelegt haben“, die sich aber als falsch herausstellen, wird die Basis der Vertragsvereinbarung aufgehoben.

Ein typischer Anwendungsfall der Störung der Geschäftsgrundlage ist eine außerge-wöhnliche Mengenentwicklung. Beim Pauschalvertrag trägt der Auftragnehmer zwar grundsätzlich das Mengenrisiko, vom erfahrungsgemäß Üblichen und Unvermeidba-ren unerkennbare Abweichungen, die ein wirtschaftlich unzumutbares Volumen er-reichen, begründen auch hier eine Störung der Geschäftsgrundlage. Eine außerge-wöhnliche Mengenentwicklung kann auch bei einer einvernehmlichen aber fehlerhaf-ten Mengenermittlung der Vertragsparteien als Preisbasis eines Pauschalvertrags entstehen.

Des Weiteren können außergewöhnliche Verfahrensprobleme zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen, beispielsweise die gemeinsame Festlegung auf ungeeig-nete Bauverfahren oder unter Zeitdruck vermiedene Erkundungen, z. B. hinsichtlich der Bodenverhältnisse.189

4.10.2 Rechtsfolgen Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann zu einem Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütungsanpassung oder Kündigung des Vertragsverhältnisses führen.

189 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 287

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4.10 Störung der Geschäftsgrundlage 87

VergütungsanpassungAls Regelfolge der Störung der Geschäftsgrundlage sieht § 313 BGB die Vertragsan-passung vor, was zu einer Anpassung der vertraglich vereinbarten Vergütung führt. Die Höhe der Vergütung hängt von der Festlegung der Zumutbarkeitsgrenze ab und wird einer Schätzungsbandbreite unterliegen. Ob die Anpassung der Vergütung auf die Preisermittlungsgrundlagen des Vertrags abzustellen ist, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert.190

KündigungWenn eine Vertragspartei zu Unrecht eine Anpassung des Pauschalpreises wegen Störung der Geschäftsgrundlage verweigert, ist die andere Partei dazu berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Ferner ist eine Kündigung möglich, wenn eine Anpassung des Vertrags unmöglich oder unzumutbar ist.

Die Darlegungs- und Beweislast einer Störung der Geschäftsgrundlage und einer daraus resultierenden Vergütungsanpassung trägt derjenige, der sich darauf beruft, im Regelfall also der Auftragnehmer.

Tabelle 4.14 Kurzübersicht: Störung der Geschäftsgrundlage

Störung der Geschäftsgrundlage

Anspruchsgrundlage: § 2 Nr. 7 VOB/B und § 313 BGB

Voraussetzungen: Pauschalpreisvertrag

Erhebliche, nicht erkennbare Abweichung der ausgeführten vertrag-lich vereinbarten Leistungen

Unzumutbarkeit des Festhaltens am Pauschalpreis bei Überschrei-tung der Zumutbarkeitsgrenze (ab ca. 20 %)

Ausgleichsverlangen des Auftragnehmers

Anspruch: Anpassung des Pauschalpreises an die ausgeführte Leistung

– Berücksichtigung von Mehr- oder Minderkosten

– Grundlagen der Preisermittlung zum Vertrag als Bemessungsbasis

Lösung vom Vertrag nur in absoluten Ausnahmefällen

Kündigungsmöglichkeit des Auftragnehmers, falls der Auftraggeber sich endgültig und eindeutig einem Anpassungsverlangen wider-setzt

190 Widersprechend u. a. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 289

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88 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt werden konnte, dass für Bau-verträge zwischen Auftraggeber und Bauunternehmen die Anspruchsgrundlagen und Folgen von Nachträgen, zumindest bei vereinbarter VOB/B, zum überwiegenden Teil eindeutig festgelegt sind, stellt sich nun die Frage nach möglichen Anspruchs-grundlagen bei Leistungsstörungen von Architekten- und Ingenieurleistungen.

Die bisher häufig auf Bauablaufstörungen beschränkte Verwendung des Störungsbe-griffs und ihre kostenmäßige Bewertung für die betroffenen Bauunternehmen muss daher erweitert werden.

Zur Abgrenzung der vertraglich vereinbarten von der gestörten Leistung muss zu-nächst eine Definition der als „normal“ bezeichneten Architekten- und Ingenieurleis-tung vorgenommen werden.

Die HOAI regelt den Preis der – kursorisch – umschriebenen Leistung, ist aber Preis-recht und nicht Leistungsrecht, auch wenn die HOAI oftmals als normative Leis-tungsbeschreibung missverstanden wird. Die HOAI ist zwar Indikator für die vom Architekten bzw. Ingenieur zu leistenden Tätigkeiten, kann aber aus rechtlichen Gründen (Erfolgskriterium des Werkvertragsrechts) und auf Grund inhaltlicher Ab-grenzungsschwierigkeiten nicht ohne weiteres zur Bestimmung der normalen Archi-tekten- und Ingenieurleistungen herangezogen werden.191

Die Feststellung des zu erbringenden Leistungsumfangs für das zu planende und zu realisierende Objekt sollte anhand der Vertragsunterlagen möglich sein. Typisch für Architekten- und Ingenieurleistungen ist die Prozesshaftigkeit der Planung und Rea-lisierung zur Optimierung eines Bauwerks. Die vielfältigen Planungs-, Koordinie-rungs-, Beratungs- und Überwachungsleistungen müssen zumindest teilweise wie-derholt überdacht und unter ähnlichen Anforderungen erbracht werden.192 Neben dem möglichst detailliert beschriebenen Leistungsumfang sollte auch die Leistungs-zeit vertraglich vereinbart werden. Hierzu zählen sowohl die Gesamtdauer der Leis-tungserbringung als auch zeitliche Festlegungen hinsichtlich des Ablaufs einzelner Leistungen, z. B. die Vorlage des Entwurfs, der Bauantragsunterlagen, Baubeginn und Bauende. Dies führt zu einer sicheren Beurteilungsgrundlage der zu erbringenden und zu kalkulierenden normalen Architekten- bzw. Ingenieurleistung.

Gestörte Architekten- und Ingenieurleistungen entstehen

als Änderung von Leistungszielen während der Leistungserstellung in Be-zug auf Qualitäten, Quantitäten, Kosten und Termine;

191 Vgl. Schramm, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 144 f. 192 Vgl. Schramm, a. a. O.

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4.11 Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen 89

als Änderungen des Leistungsumfangs zum einen in Form von Mehr- oder Minderleistungen gegenüber dem vereinbarten Soll, zum anderen sind möglicherweise bereits erbrachte Leistungen mit veränderten Leistungszie-len zu wiederholen; als terminliche Änderungen. Diese sind zu unterscheiden in die Anfangs-verschiebung vor Leistungsbeginn, die Verzögerung, die Beschleunigung und die Leistungsunterbrechung.193

Störungen wirken sich auf den vertraglich vereinbarten Leistungsablauf aus, es kommt zu zeitlichen Änderungen der zu erbringenden Leistungen oder zu inhaltlich geänderten und zu wiederholenden Leistungen. Ob gestörte Architekten- oder Inge-nieurleistungen durch die Regelungen der HOAI angemessen honoriert werden kön-nen, wird im Folgenden dargestellt.

Das Leistungsbild des Architekten kennt nach § 15 HOAI lediglich an zwei Stellen den ausdrücklichen Bezug auf Änderungsleistungen, nämlich bei den Besonderen Leistungen in der Vorplanung (Untersuchen von Lösungsmöglichkeiten nach grund-sätzlich verschiedenen Anforderungen) und der Genehmigungsplanung (Ändern der Genehmigungsunterlagen infolge von Umständen, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat).

Beim Planungsvertrag handelt es sich um einen BGB-Werkvertrag mit Überlagerun-gen durch das gesetzliche Preisrecht der HOAI. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung von den im Laufe der Planung geschuldeten Optimierungen zu den darüber hinausgehenden vergütungspflichtigen Planänderungen. In der Leistungs-phase 2 des § 15 Abs. 1 HOAI schuldet der Architekt das Erarbeiten eines Planungs-konzepts einschließlich Untersuchung alternativer Lösungsvarianten als Grundleis-tung. Optimierungsvorstellungen des Bauherrn sind hier ohne zusätzlichen Vergü-tungsanspruch in die Planung einzubeziehen, sofern nicht „grundsätzlich verschie-dene Anforderungen“ i. S. d. § 20 HOAI gestellt werden.194

Werden auf „Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vor- und Entwurfsplanun-gen“ (Leistungsphasen 2 und 3) „nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt“, besteht neben der vollen Honorierung der „umfassendsten Vor- und Ent-wurfsplanung“ auch für wiederholt erbrachte Leistungen ein – allerdings geminder-ter – Honoraranspruch.195

Für Besondere Leistungen, die zu den Grundleistungen hinzutreten, ist ein Honorar-anspruch gemäß § 5 Abs. 4 HOAI nur dann gegeben, „wenn die Leistungen im Ver-hältnis zu den Grundleistungen einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitauf-

193 Vgl. Messerschmidt, 2002, S. 607 ff. 194 Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 5 f. 195 Vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, 6. Aufl. 2004, § 20 HOAI Rdn. 1 f.

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90 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

wand verursachen und das Honorar schriftlich vereinbart worden ist.“ Grundsätzlich besteht kein Zurückbehaltungsrecht des Architekten an Besonderen Leistungen, wenn sie im Sinne des werkvertraglichen Erfolgs notwendig sind.196

4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen

Neben den genannten und überwiegend in der VOB/B und dem BGB-Werkvertrags-recht geregelten Nachtragssachverhalten existieren einige Sonderprobleme, die re-gelmäßig zum Konflikt zwischen den Vertragsparteien und reger Diskussion in der einschlägigen Fachliteratur führen.

4.12.1 Nachlassvereinbarungen Nachlass ist die vertraglich vereinbarte prozentuale oder auch konkrete bezifferte un-bedingte Kürzung des Vertragspreises bei unverändert bleibender Leistung des Auf-tragnehmers.197 Es handelt sich hierbei nicht um eine Zahlungsmodalität sondern um eine Preisvereinbarung. Solange die Leistungen des Hauptvertrags planmäßig er-bracht werden, ist die Gewährung des vertraglich vereinbarten Nachlasses unstrittig. Oftmals streitgegenständlich ist jedoch die Wirksamkeit eines Nachlasses bei Nach-tragsforderungen des Auftragnehmers.

Bei einer Nachlassvereinbarung ist davon auszugehen, dass der Auftragnehmer diese auf die Vertragssumme beschränkt und nicht auf bei Vertragsschluss unübersehbare Auswirkungen erstreckt. Summenmäßige Nachlässe bleiben dieser Annahme folgend auf diese Summe beschränkt, wirken sich also auf Nachtragsvergütungen nicht aus, sofern die Gesamtabrechnungssumme die Vertragssumme überschreitet. Prozentuale Nachlässe erstrecken sich ohne entsprechende individuelle Vertragsvereinbarung ebenfalls nicht auf Nachtragsvergütungen, sofern die Gesamtabrechnungssumme die ursprüngliche Vertragssumme überschreitet.

Nach herrschender Meinung ist eine Nachlassvereinbarung nur dann für Nachträge gültig, wenn dies ausdrücklich im Rahmen des Bauvertrags vereinbart wurde. Un-strittig ist dies zumindest für geänderte Leistungen, hinsichtlich zusätzlicher Leistun-gen hat das OLG Düsseldorf abweichend entschieden.198

Ein prozentualer Nachlass erstreckt sich nicht auf Lohnmehrkosten, die dem Auftrag-nehmer auf Grund einer Lohngleitklausel (siehe Kapitel 4.1) gesondert vergütet wer-den.199

196 Vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, a. a. O. 197 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1042 198 OLG Düsseldorf BauR 1993, 479 199 Vgl. Cuypers, B Rdn. 542; VOB-Stelle Niedersachsen Fall Nr. 1065 vom 30.11.1995, IBR 1996, 195

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4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen 91

Hinsichtlich der auch in der Fachliteratur umstrittenen Reichweite angebotener Preis-nachlässe kann nur dringend dazu geraten werden, für etwaige Vertragsänderungen und -ergänzungen eindeutige Regelungen hinsichtlich der Nachlassgewährung be-reits bei Vertragsabschluss aufzunehmen.

4.12.2 Vergabegewinne bei der Mindermengenvergütung Im Zusammenhang mit der Vereinbarung eines neuen Preises bei einer über 10 % hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes i. S. d. § 2 Nr. 3 VOB/B200 stellt sich die Frage nach der Handhabung möglicher Vergabegewinne des Auftragneh-mers. Dieser hat bei Mindermengen >10 % die Neubildung des Einheitspreises auf Basis der zu Grunde liegenden Preiskalkulation abzustellen.

Es ist durchaus denkbar und in der Praxis üblich, dass die vom Auftragnehmer kalku-lierten und angebotenen Einzelkosten der Teilleistungen im Verlauf der Ausfüh-rungsvorbereitung geringer als erwartet ausfallen, z. B. auf Grund von günstigen Nachunternehmerangeboten oder niedrigen Stoffkosten. Diese Vergabegewinne, die keineswegs zwangsläufig auf eine unzureichende Kalkulation des Auftragnehmers schließen lassen, sind als außerordentlicher Gewinn zu beurteilen, da alle Kosten und Umlagen vom Einheitspreis bereits gedeckt sind und der Differenzbetrag zwischen prognostizierten und tatsächlichen direkten Kosten als Überschussbetrag verbleibt.

Der Frage, ob sich die auf Verlangen zu erbringende Neubildung des Einheitspreises nach den kalkulierten direkten Kosten richten muss oder auf die tatsächlichen Kosten unter Ausschluss des Vergabegewinns abzustellen ist, hat sich Schulze-Hagen in ei-nem ausführlichen Fachaufsatz gewidmet.201 Er vertritt die Auffassung, dass die Be-rechnung auf Basis der Angebotskalkulation zu führen ist und somit ein möglicher-weise erlöster Vergabegewinn beim Auftragnehmer verbleibt.

Dies ist insofern nachvollziehbar, da andernfalls der Auftragnehmer bei Ausführung vorgesehener Leistungsmengen den Vergabegewinn widerspruchslos realisieren könnte, bei Mindermengen jedoch darauf verzichten müsste.

4.12.3 Vergütung der Kosten für die Nachtragsbearbeitung Wie bereits in Kapitel 1.3 erläutert, führen bei komplexen Projekten derzeit übliche Änderungen eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und zeitlichem Ablauf zu Nach-tragsforderungen in oftmals dreistelliger Anzahl. Dies führt dazu, dass ein solches Nachtragsaufkommen Kosten auf Auftragnehmerseite auslöst, die nicht vorhersehbar waren und damit nicht einkalkuliert wurden. Häufig wird die Aufgabe des Nach-tragsmanagements in Unternehmen einem professionellen, internen oder externen – allerdings Kosten verursachenden – Team übertragen. Die Anforderungen an die 200 Vgl. hierzu Kapitel 4.2 201 Schulze-Hagen, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 815 ff.

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92 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Aufbereitung und Darlegung der Nachtragssachverhalte durch den Auftragnehmer wurden in den vorangegangenen Kapiteln ausführlich dargestellt. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen diese Kosten vom Auftraggeber zu tragen sind, wird im Folgenden erörtert.

Im Hinblick auf den Umfang sowie die technische, baubetriebliche und rechtliche Komplexität der im Zuge der Nachtragsbearbeitung zu erfüllenden Aufgaben muss der Auftragnehmer sich zusätzlichen internen oder externen qualifizierten Personals bedienen. Die Kosten hierfür liegen bei Großbauvorhaben bei bis zu zweistelligen Millionenbeträgen.202 Eine spezielle Regelung hinsichtlich der Vergütung von Nach-tragsbearbeitungskosten enthält weder das BGB noch die VOB/B. Zu den Nachtrags-bearbeitungskosten zählen die Kosten für die Aufstellung des Nachtrags, also das Auffinden und Belegen eines modifizierten Sachverhalts, für die Nachtragskalkulati-on und für die Formulierung eines entsprechenden Nachtragstextes sowie die Ab-rechnung.203 Es handelt sich also insbesondere um Kosten, die dem Auftragnehmer dadurch entstehen, dass er die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für Vergü-tungsansprüche, Schadenersatzforderungen und Bauzeitverlängerung substantiiert und beweiskräftig darlegt.204 Hierzu zählt unter anderem auch die Dokumentation der Besprechungen mit dem Auftraggeber, seinen Architekten und Sonderfachleuten sowie den übrigen von den entsprechenden Leistungen tangierten Gewerken.

Für den Fall, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer dazu auffordert, ein Angebot über eine modifizierte Leistung zu erstellen und er dieses anschließend annimmt, hat der Auftragnehmer alle Bearbeitungskosten bereits in die Angebotspreise einzukalku-lieren, wenn er eine entsprechende Deckung erzielen will.205 Tut er dies nicht, hat er im vorliegenden Fall eines Ergänzungsauftrags keinen nachträglichen Anspruch auf den Ersatz der Kosten für die Angebotsbearbeitung oder den Abrechnungsauf-wand.206

Bei Nachträgen, die nicht dem Charakter eines Ergänzungsauftrags entsprechen, sind die Kosten der Nachtragsbearbeitung grundsätzlich erstattungsfähig.207 Allerdings sind diese Kosten eindeutig und nachvollziehbar darzulegen. Der Ansatz einer Pau-schale für die Nachtragsbearbeitung ohne weitergehende Aufschlüsselung wird im Regelfall abgewiesen.

Bedient sich der Auftragnehmer zur Erstellung der Nachträge externer Berater, Sach-verständiger und eines bauvertraglich spezialisierten Rechtsbeistands, so sind die Kosten, soweit sich diese nachweislich auf die Tätigkeit im Zusammenhang mit der 202 Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 (BauR 2003, 1796) 203 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1108 204 Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 (BauR 2003, 1796) 205 Vgl. Kapellmann/Schiffers, a. a. O., Rdn. 1109 206 OLG Köln IBR 1996, 358 207 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 228, 648; Kapellmann/Schiffers, a. a. O., Rdn. 1108

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4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen 93

Nachtragsbearbeitung beziehen, eindeutig erfasst und dokumentiert. Wird das Nach-tragsmanagement jedoch intern durch den Einsatz bzw. die Abstellung eigenen Per-sonals erbracht, sind die Kosten deutlich schwieriger nachzuweisen. Es muss daher bereits vor Beginn der Nachtragsbearbeitung geklärt sein, wie die Kosten des internen Nachtragsmanagements eindeutig und nachvollziehbar erfasst werden können. Es sollte dokumentiert werden, welcher Mitarbeiter des Auftragnehmers mit welcher Qualifikation, mit welchem Zeitaufwand, welche Tätigkeiten im Zuge der Bearbei-tung des jeweiligen Nachtrags ausgeführt hat. Die Höhe der in Ansatz zu bringenden Kosten für eigenes Personal bzw. für Sachaufwendungen wie z. B. Telekommunikati-onskosten ergeben sich aus den Ansätzen des betrieblichen Rechnungswesens. Es ist allerdings zu empfehlen, bereits bei Vertragsabschluss vorsorglich Verrechnungssätze für den Einsatz von Bauingenieuren, Kaufleuten, technischen Zeichnern, Sekretärin-nen etc. zu vereinbaren.208

Externe, insbesondere aber interne Nachtragsbearbeitungskosten sind ohne nachvoll-ziehbare und beweiskräftige Dokumentation nicht durchsetzbar.

4.12.4 Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers Nach § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B steht dem Auftragnehmer grundsätzlich ein Leistungs-verweigerungsrecht bis zur Bezahlung fälliger Forderungen für erbrachte Leistungen zu, sofern er dem Auftraggeber zuvor eine angemessene Nachfrist gesetzt hat und diese fruchtlos verstrichen ist.

In der Fachliteratur wird unterschiedlich beurteilt, ob dem Auftragnehmer ein Leis-tungsverweigerungsrecht für den Fall zusteht, wenn sich eine Preisänderung vor der Ausführung modifizierter Leistungen nicht erzielen lässt. Hier ist sicher auf die Zu-mutbarkeit für den Auftragnehmer abzustellen. So dürfte es dem Auftragnehmer jedenfalls dann nicht zumutbar sein, wenn der Auftraggeber bereits das Vorliegen einer Leistungsänderung bestreitet und eine Preisänderung grundsätzlich ablehnt. In diesen Fällen müsste der Auftragnehmer seine Leistung in Kenntnis der Tatsache erbringen, dass er seinen Vergütungsanspruch nur mit gerichtlicher Hilfe wird durchsetzen können.209 Voraussetzung für ein Leistungsverweigerungsrecht ist in jedem Fall, dass der Auftragnehmer den Nachtrag ordnungsgemäß erstellt und seine vertragskonforme Herleitung prüfbar darlegt und begründet. Ein Vergütungsan-spruch des Auftragnehmers für angeordnete Nachträge entsteht unter den Vorausset-zungen des § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B automatisch, ohne dass hierfür eine besondere Nachtragsvereinbarung notwendig ist.

Eine unberechtigte Leistungsverweigerung gibt dem Auftraggeber allerdings das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, so dass hier äußerste Zurückhaltung

208 Vgl. hierzu Marbach, in: Festschrift für Walter Jagenburg, 2002, S. 539 ff. (BauR 2003, 1803) 209 Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 34

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94 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

geboten ist und eine Leistungsverweigerung nur in schwerwiegenden Ausnahmefäl-len zu empfehlen ist. Wenn der Streit der Parteien eskaliert und der Auftragnehmer sein Leistungsverweigerungsrecht in Anspruch nimmt, entscheidet erst ein späterer Rechtstreit über die Angemessenheit des Leistungsverweigerungsrechts mit erhebli-chen Risiken für beide Vertragsparteien.210

Gemäß § 18 Nr. 5 VOB/B ist der Auftragnehmer grundsätzlich nicht befugt, in Streit-fällen die Arbeiten einzustellen. Eine Ausnahme hiervon ist nur möglich, sofern bei objektiver Betrachtung die Leistungsfortführung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben für den Auftragnehmer nicht mehr zumutbar ist.211

4.12.5 Zur Ausschreibungspflicht von Nachträgen Unter Umständen stellt sich für Auftraggeber, die bei der Vergabe der Leistungen an die Vorschriften der VOB/A gebunden sind, die Frage, ob ein Nachtrag auszuschrei-ben ist oder freihändig vergeben werden darf.

Grundsätzlich gilt: Jeder Nachtrag – und sei er noch so geringfügig – stellt im verga-berechtlichen Sinn einen neuen Auftrag dar, ist also entsprechend den einschlägigen Vorschriften ausschreibungspflichtig.212

Im Bereich der Ausschreibungspflicht nach nationalem Recht (1. Abschnitt der VOB/A) richtet sich die Zulässigkeit der freihändigen Vergabe nach den Regelungen des § 3 Nr. 4 VOB/A. Demnach kann frei vergeben werden, wenn eine Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung unzweckmäßig wäre. Nach Formu-lierung des § 3 Nr. 4 VOB/A) ist eine Ausschreibung u. a. unzweckmäßig, falls „sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen lässt.“

Im Bereich der europaweiten Ausschreibungspflicht (1. und 2. Abschnitt der VOB/A) gilt zusätzlich zu § 3 Nr. 4 VOB/A noch die Vorschrift des § 3 a Nr. 5 VOB/A. Die Re-gelung wird dahingehend erweitert, dass die Durchführung von Verhandlungsver-fahren ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung bei bestimmten zusätzlichen Leis-tungen und bestehendem Hauptvertrag mit dem Auftragnehmer zulässig ist.

4.12.6 Nachtragsforderungen von Nachunternehmern Grundsätzlich ist jedes Vertragsverhältnis isoliert zu betrachten. Die vertragliche Bin-dung zwischen Bauherrn und Hauptunternehmer ist unabhängig von derjenigen zwi-schen Hauptunternehmer und Nachunternehmer. Dies führt dazu, dass eine berech-tigte Nachtragsforderung des Nachunternehmers gegenüber dem Hauptunternehmer

210 Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 156 211 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 288 212 Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 36

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4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen 95

nicht zwangsläufig zu einem berechtigten Nachtrag des Hauptunternehmers gegen-über dem Bauherrn führt. Es ist durchaus denkbar, dass der Bauherr mit dem Haupt-unternehmer einen Pauschalpreisvertrag auf Basis einer funktionalen Leistungsbe-schreibung abgeschlossen hat, während der Nachunternehmervertrag in Form eines Einheitspreisvertrages abgeschlossen wurde. Damit hätte der Nachunternehmer bei-spielsweise das Recht, die Anpassung des Einheitspreises bei Mindermengen nach § 2 Nr. 3 VOB/B zu verlangen, während der Hauptunternehmer gegenüber dem Bau-herrn das Mengenrisiko durch die Pauschalpreisvereinbarung selbst zu tragen hätte. Diese Unterschiede der Vertragsbeziehungen lassen sich auch nicht durch Klauseln im Nachunternehmervertrag des Hauptunternehmers vermeiden, indem der Haupt-unternehmer Nachtragsforderungen des Nachunternehmers von entsprechenden Zahlungen des Bauherrn an den Hauptunternehmer abhängig macht.213

Um unterschiedliche Rechtsfolgen bei Nachträgen des Nachunternehmers zu vermei-den empfiehlt es sich, die Leistungsbeschreibungen des Hauptunternehmervertrags auch für den Nachunternehmervertrag zu verwenden.

Schwierig wird es für den Hauptunternehmer, wenn durch auftraggeberseitige An-ordnungen Leistungen so abgeändert werden, dass sie nicht mehr vom Nachunter-nehmer ausgeführt werden können, sondern für die der Hauptunternehmer ein wei-teres Unternehmen beauftragen muss und dem ursprünglich vorgesehenen Nachun-ternehmer im Wege einer freien Kündigung mit den entsprechenden finanziellen Kündigungsfolgen den Auftrag entziehen muss. Die kündigungsbedingten Kosten, die auf Grund der Änderungsanordnung des Auftraggebers entstanden sind, können in die Nachtragsberechnung des Hauptunternehmers einfließen. Die Nachweisfüh-rung der Forderungshöhe gestaltet sich jedoch schwierig, da davon auszugehen ist, dass der Hauptunternehmer nicht berechtigt ist, die Kalkulation des Nachunterneh-mers gegenüber einem Dritten zu verwenden.

4.12.7 Vollmacht und Vertretungsbefugnisse Bei Bauvorhaben bedient sich der Auftraggeber meist eines Architekten oder anderer von ihm eingeschalteter Dritter, um Anordnungen von geänderten oder zusätzlichen Leistungen gegenüber dem Auftragnehmer zu erteilen oder aber Bauaufträge insge-samt an einzelne Auftragnehmer zu vergeben. Häufig und insbesondere im Hinblick auf Nachtragsbeauftragungen herrscht Unklarheit darüber, ob ein Dritter als Vertreter des Auftraggebers in dessen Namen und Interesse Aufträge erteilen oder Anordnun-gen treffen kann und ob diese vom Umfang einer etwa bestehenden Vollmacht ge-deckt sind.214 Der Auftragnehmer muss stets darauf achten, dass Anordnungen der Auftraggeberseite durch eine Vollmacht gedeckt sind und damit rechtmäßig erteilt

213 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 246 214 Vgl. Leinemann-Schoofs, 2002, § 2 VOB/B Rdn. 10

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96 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

wurden und den Auftragnehmer zur Leistungserbringung verpflichten. Andernfalls bestehen möglicherweise Ansprüche aus § 2 Nr. 8 VOB/B.215

Grundsätzlich sollten Vollmachtsregelungen und Vertretungsbefugnisse im Rahmen des Bauvertrags schriftlich fixiert werden, um verbindlich und klar zu definieren, wer Verträge abschließen und Zusatzleistungen beauftragen kann.

Es ist zu unterscheiden zwischen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht im Sinne des § 164 BGB und den sog. Rechtsscheinsvollmachten, der Anscheins- und der Dul-dungsvollmacht. Eine rechtsgeschäftliche Vollmacht kann ausdrücklich oder still-schweigend erteilt werden. Eine in Bezug auf die Kosten limitierte Bevollmächtigung wird als begrenzte Vollmacht bezeichnet.

Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Auftraggeber das Handeln eines Dritten nicht kennt, es bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber hätte erkennen und verhindern kön-nen und der Auftragnehmer gleichzeitig annehmen durfte, dass der Auftraggeber das Handeln des Vertreters dulde.216

Wenn der Auftraggeber das Handeln eines nicht vertretungsbefugten Dritten kennt und es trotz zumutbarer Sorgfalt duldet und der Auftragnehmer diese Duldung als Vollmacht des Dritten werten kann, spricht man von einer Duldungsvollmacht.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass weder der Architekt noch der Bauleiter des Auftraggebers berechtigt sind, den Auftraggeber rechtsgeschäftlich zu vertreten. Bei-de haben keine originäre Vollmacht, für den Auftraggeber Verträge zu schließen oder Vergütungsvereinbarungen zu treffen. Die Vollmacht eines Architekten umfasst im Regelfall lediglich die Erteilung von Zusatzaufträgen geringeren Umfangs und Hand-lungen bei Gefahr in Verzug. Die klare Abgrenzung von Zusatzaufträgen geringeren Umfangs von darüber hinaus gehenden Aufträgen gestaltet sich in der Praxis jedoch schwierig und wird in der Literatur unterschiedlich gehandhabt.

4.12.8 Kalkulationsirrtum Ein Kalkulationsirrtum auf Grund einer fehlerhaften Preisermittlung des Auftrag-nehmers geht grundsätzlich zu dessen Lasten, da er das Risiko seiner Preisermittlung selbst zu tragen hat. Kalkulationsfehler des Auftragnehmers sind bei Nachträgen daher nicht auszugleichen.

Bei der Vereinbarung neuer Preise nach § 2 Nr. 3, 5 und 6 VOB/B ist ein Irrtum in den Grundlagen der Preisermittlung demzufolge unerheblich. Das Vergabehandbuch – Ausgabe 2002 – enthält in der Anlage zur Richtlinie zu § 2 VOB/B unter Ziffer 5 die folgende Empfehlung: „Wirkt sich der Kalkulationsirrtum infolge erheblicher Mehr-mengen oder umfangreicher zusätzlicher Leistungen auf den neuen Preis so aus, dass

215 Vgl. hierzu auch Kapitel 4.5 216 Vgl. Leinemann-Schoofs, 2002, § 2 VOB/B Rdn. 18

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4.12 Sonderprobleme bei Nachträgen 97

für den Auftragnehmer oder Auftraggeber ein Festhalten an der ursprünglichen Preisermittlungsgrundlage nicht zumutbar ist, kann in diesem besonders begründe-ten Einzelfall aus Billigkeitsgründen ein angemessener Preisansatz auf Grund ent-sprechend zutreffender Nachkalkulation – allerdings nur für die Mehrleistungen – vereinbart werden. Denn der Kalkulationsirrtum bezieht sich nur auf den Leistungs-umfang des abgegebenen Angebotes und des dazu erteilten Auftrags.“217

Abgesehen von dieser für den Auftraggeber jedoch nicht bindenden Regelung ist eine Korrektur des Kalkulationsirrtums durch den Auftragnehmer nur in sehr eng umris-senen Grenzen möglich.218 Eine Korrekturmöglichkeit besteht ohne Einschränkung, wenn der Auftraggeber den Kalkulationsfehler erkannt hat, den Bieter aber nicht da-rauf hingewiesen hat.219

Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unrichtige Anga-ben macht oder relevante Umstände verschweigt. In diesen Fällen verstößt der Auf-traggeber gegen Aufklärungs- und Mitteilungspflichten. Eine Preiskorrektur erfolgt auf Grundlage eines Schadenersatzanspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB).220

4.12.9 Spekulationspreise Grundsätzlich ist der Auftragnehmer bei der Ermittlung von Nachtragspreisen infol-ge von Mengenänderungen, geänderten oder zusätzlichen Leistungen an den alten Preis (alle Kostenelemente, die Bestandteil der Auftrags- bzw. Angebotskalkulation des Auftragnehmers sind und die Kalkulationsmethodik) gebunden. Es gilt der Grundsatz: Guter Preis bleibt guter Preis – schlechter Preis bleibt schlechter Preis. Ist im Rahmen einer Nachtragsberechnung der Preis der zugehörigen Position unterkal-kuliert, so muss das Preisniveau beibehalten werden. Dabei ist unerheblich, ob der Bieter einer Fehleinschätzung der Leistung unterlag (siehe hierzu auch Kapitel 4.12.8) oder ob er die Position bewusst spekulativ niedrig angesetzt hat, um etwa den Auf-trag zu erhalten. Der Auftragnehmer bleibt auch nach Auftragserteilung an die ur-sprüngliche Kalkulation gebunden. Gleiches gilt jedoch auch bei einer mit besonders hohem Gewinn kalkulierten Position und bei spekulativ erhöhten Preisen, selbst dann, wenn zwischen Preis und Leistung ein auffälliges Missverhältnis besteht.221

Hier hat der Auftraggeber ebenso wenig das Recht, die Fortschreibung der Preiser-mittlungsgrundlagen zu unterbinden und einen angemessenen Preis zu verlangen.

217 Vergabehandbuch 2002, Anlage zur Richtlinie zu § 2 VOB/B 218 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 214 219 Vgl. Heiermann/Riedl/Rusam VOB/B § 2, Rdn. 87; BGH „Kalkulationsirrtum“ BauR 1998, 1089 220 Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 808 221 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 211

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98 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

So wie der Auftragnehmer an eine mögliche Verlustkalkulation gebunden bleibt, bleibt er auch – zu seinen Gunsten – an die Gewinnkalkulation gebunden.222

Angebotstaktische Entscheidungen des Auftragnehmers haben damit direkte Aus-wirkung auf die Grundlagen der Preisermittlung und damit auch auf die Vergü-tungsanpassung im Rahmen von Nachträgen.223

4.12.10 Erschwernisse infolge nicht beachteter Bedenkenanmeldungen Nach § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B hat der Auftragnehmer Bedenken anzumelden, wenn er Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig erachtet. Trotz Anmeldung von Bedenken bleibt der Auftragnehmer allerdings verpflichtet, die An-ordnungen auszuführen, wenn der Auftraggeber weiterhin darauf besteht und der geforderten Ausführung keine gesetzlichen oder behördlichen Bestimmungen entge-genstehen.

Dem Auftragnehmer kann ein Anspruch auf Mehrkosten zustehen, wenn der Auf-traggeber trotz Bedenkenanmeldung auf der Anordnung beharrt und dadurch unge-rechtfertigte Erschwernisse verursacht werden.

Voraussetzung für den Mehrkostenanspruch des Auftragnehmers ist eine Anordnung des Auftraggebers gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B, eine sachgerechte Bedenkenanmel-dung des Auftragnehmers sowie das Ausführungsverlangen des Auftraggebers un-geachtet der mitgeteilten Bedenken. Hinzu kommt als Anspruchsvoraussetzung, dass durch diese Anordnung die Baudurchführung ungerechtfertigt erschwert wurde und dem Auftragnehmer infolgedessen nachweislich Mehrkosten entstanden sind. Aus-zugleichen sind dem Auftragnehmer tatsächlich entstandene Mehrkosten, also Kos-ten, die ohne Anordnung bei vertragsgemäßer Ausführung nicht angefallen wären.

Die Regelung nach § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B bezieht sich ausschließlich auf Anordnun-gen, die erfolgen, um die vertragsgemäße Ausführung der Leistung sicherzustellen. Handelt es sich um Anordnungen außerhalb der geschuldeten Vertragsleistungen, sind § 1 Nr. 3 VOB/B bzw. § 1 Nr. 4 VOB/B maßgebend.224

Die Darlegungs- und Beweislast für Ansprüche aus § 4 Nr. 1 Abs. 4 VOB/B liegt auf Auftragnehmerseite. Aus diesem Grund sollten Bedenken stets schriftlich angemeldet werden und nach Möglichkeit bereits einen Hinweis auf zu erwartende Mehrkosten enthalten.225

222 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 1049 223 Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 531 224 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 4 VOB/B Rdn. 42 ff. 225 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 3 Rdn. 793

Page 110: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

4.13 Zusammenfassung 99

4.13 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden mögliche Ursachen, Anspruchsgrundlagen und Folgen des von den Autoren vergleichsweise weit gefassten Begriffs der Nachträge behandelt. Selbstverständlich ist deren Auftreten und vor allem das Konfliktpotenzial nicht glei-chermaßen verteilt. Während z. B. die Umsetzung von Preisgleitklauseln in der Praxis relativ unkompliziert und eindeutig realisiert werden kann, sind andere Nachtragsur-sachen vielfach Auslöser für Konflikte zwischen den Vertragsparteien bis hin zu langwierigen Gerichtsprozessen.

Die nachfolgende Grafik zeigt die vier häufigsten Ursachen für Nachträge und daraus unter Umständen entstehende Konflikte zwischen den Vertragsparteien.

13 %

33 %

8 %

46 %

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Leistungs-änderungen

Zusatz-leistungen

Schaden-ersatz

Mengen-änderungen

Abbildung 4-3 Prozentualer Anteil der Vergütungsansprüche226

Im Vordergrund stehen hierbei Mengenänderungen, geänderte und zusätzliche Leis-tungen sowie Schadenersatzansprüche, vorwiegend auf Grund von Behinderungen des Auftragnehmers. Alle anderen möglichen Nachtragsursachen nehmen nur einen marginalen Anteil am Nachtragsgesamtaufkommen ein, gleichwohl ist auch hier das nötige Fachwissen zur korrekten Behandlung im – selteneren – Fall ihres Auftretens unumgänglich.

226 Vgl. Kattenbusch/Kuhne, in: Baumarkt und Bauwirtschaft, 4/2002, S. 42

Page 111: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

100 4 Mögliche Nachtragsursachen und Nachtragsfolgen

Tabelle 4.15 Mögliche und am häufigsten auftretende Nachtragsursachen

Nachtragsursache Anspruchsgrundlage Kapitel

Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln Kapitel 4.1

Mengenänderungen § 2 Nr. 3 VOB/B Kapitel 4.2

Geänderte und zusätzliche Leistungen § 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B Kapitel 4.3

Selbstübernahme oder Entfall von Leistungen § 2 Nr. 4 VOB/B Kapitel 4.4

Leistungen ohne Auftrag § 2 Nr. 8 VOB/B Kapitel 4.5

Besondere planerische Leistungen § 2 Nr. 9 VOB/B Kapitel 4.6

Stundenlohnarbeiten § 2 Nr. 10 VOB/B Kapitel 4.7

Behinderung des Auftragnehmers § 6 VOB/B Kapitel 4.8

Entschädigungsanspruch § 642 BGB Kapitel 4.9

Störung der Geschäftsgrundlage § 2 Nr. 7 VOB/B / § 313 BGB Kapitel 4.10

Störungen der Architekten- und Ingenieurleistungen HOAI Kapitel 4.11

Page 112: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

101

5 Beispielrechnungen

In diesem Kapitel werden die zuvor erörterten Grundlagen anhand von Beispielen vertieft. Die Fallbeispiele zeigen die grundlegende Vorgehensweise der Vergütungs-berechnung und Ermittlung von Bauzeitverlängerungsansprüchen bei Nachtrags-sachverhalten. Zur Komplexitätsreduzierung wurden zum Teil vereinfachende An-nahmen getroffen, die jeweils erläutert werden.

5.1 Kalkulation über die Angebotssumme226

Zunächst wird eine Kalkulation über die Angebotssumme durchgeführt, die bei eini-gen der nachfolgenden Beispiele als Grundlage der Berechnungen dient und die mit den in Kapitel 3.7.5 abgebildeten Angaben zur Kalkulation über die Endsumme (EFB-Preis 1b) korrespondiert.

Beispiel 1: Kalkulation über die Angebotssumme

a) Ermittlung des Kalkulationslohns:

Der Mittellohn ist eine Mittelwertbildung der Einzellöhne der auf der Baustelle täti-gen Arbeitskräfte. In der Beispielkalkulation beträgt der Mittellohn 12,90 €/h. Hinzu kommen Lohnzusatzkosten in Höhe von 96,22 % des Mittellohns und Lohnnebenkos-ten in Höhe von 15,00 % des Mittellohns. Dies führt gemäß nachfolgender Aufstel-lung zu einem Kalkulationslohn von 27,25 €/h.

Mittellohn ML 12,90 €/h+ Lohnzusatzkosten 12,41 €/h+ Lohnnebenkosten 1,94 €/h= Kalkulationslohn 27,25 €/h

b) Ermittlung der Angebotssumme:

Die Berechnung der Herstellkosten erfolgt durch Ermittlung der Einzelkosten der Teilleistungen aller Positionen des Leistungsverzeichnisses, untergliedert in die vier Kostenarten Lohnkosten, Sonstige Kosten, Gerätekosten und Fremdleistungen. Die Lohnkosten ergeben sich dabei aus der Multiplikation der aufsummierten Lohnstun-den mit dem zuvor ermittelten Kalkulationslohn.

226 Vgl. Kapitel 3.7

Page 113: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

102 5 Beispielrechnungen

Tabelle 5.1 Ermittlung der Herstellkosten

Kostenarten Lohnkosten Geräte- kosten

SonstigeKosten

Fremd- leistungen

Summe

Einzelkosten der Teilleistungen

267.050,00 €(= 27,25 €/h x 9.800 h)

48.500,00 € 274.350,00 € 27.200,00 € 617.100,00 €

Gemeinkosten der Baustelle 13.550,00 € 17.650,00 € 18.500,00 € - 49.700,00 €

Herstellkosten 280.600,00 € 66.150,00 € 292.850,00 € 27.200,00 € 666.800,00 €

Die Herstellkosten werden abschließend mit einem Zuschlag für Allgemeine Ge-schäftskosten (AGK) sowie Wagnis und Gewinn (WuG) versehen.227

Allgemeine Geschäftskosten: 8,00 % (der Netto-Angebotssumme) Wagnis und Gewinn: 4,00 % (der Netto-Angebotssumme)

Da zu diesem Zeitpunkt der Kalkulation die Angebotssumme noch nicht bekannt ist, muss zunächst eine Umrechnung auf die Herstellkosten erfolgen.

%64,13)48(100)48(100

p

Ein Zuschlag von insgesamt 12,00 % auf die Netto-Angebotssumme ist identisch mit einem Zuschlag in Höhe von 13,64 % auf die Herstellkosten.

Tabelle 5.2 Ermittlung der Angebotssumme

Basis: Herstellkosten Basis: Angebotssumme

Herstellkosten: 1 666.800,00 €

Allgemeine Geschäftskosten:

Wagnis und Gewinn: 2 13,64 % 90.927,27 €

Netto-Angebotssumme: 3 757.727,27 € 757.727,27 €

Allgemeine Geschäftskosten: 4 8,00 % 60.618,18 €

Wagnis und Gewinn: 5 4,00 %12,00 %

30.309,09 €

227 Die Zuschlagsätze können sich bei den einzelnen Kostenarten unterscheiden. Auf eine weitere Unter-

gliederung wird aus Gründen der Vereinfachung jedoch verzichtet.

Page 114: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.1 Kalkulation über die Angebotssumme 103

c) Ermittlung der Einzelkostenzuschläge:

Bei vorliegendem Kalkulationsbeispiel handelt es sich um eine Kalkulation für einen Einheitspreisvertrag.

Die bereits ermittelte Angebotssumme besteht aus Kostenbestandteilen, die den LV-Positionen direkt zurechenbar sind (Einzelkosten der Teilleistungen), aber auch aus Umlagekosten (Allgemeine Geschäftskosten, Baustellengemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn), die indirekt über einen Umlageschlüssel den Positionen zur Bildung der Einheitspreise zugeordnet werden müssen. Hierfür wird in der Praxis häufig eine unterschiedliche Schlüsselung in Abhängigkeit der Kostenart gewählt.

Tabelle 5.3 Schlüsselung der Umlagekosten

Kostenart Zuschlag EkdT Umlagebetrag

Gesamtumlagebetrag 140.627,27 €

Gerätekosten 15,00 % 48.500,00 € 7.275,00 €

Sonstige Kosten 15,00 % 274.350,00 € 41.152,50 €

Fremdleistungen 10,00 % 27.200,00 € 2.720,00 €

./. 51.147,50 €

Lohnkosten 33,51 % 267.050,00 € = 89.479,77 €

Die Zuschläge für Gerätekosten, Sonstige Kosten und Fremdleistungen wurden ge-wählt, der Restumlagebetrag in Höhe von 89.479,77 € wurde über einen Zuschlag auf die Lohnkosten verrechnet. Somit können nun den Einzelkosten der Teilleistungen aller Positionen anhand dieser Zuschläge die Umlagen zur Bildung der Einheitspreise hinzugerechnet werden. Auf Grund der Rundungen kann die Summe aller Einheits-preise, multipliziert mit den jeweiligen Vordersätzen, geringfügig von der im ersten Rechenschritt ermittelten Angebotssumme abweichen.

Der Kalkulationslohn, erhöht um den Umlagezuschlag, wird als Verrechnungslohn228

bezeichnet und beträgt hier (27,25 €/h + 27,25 €/h x 33,51 % =) 36,38 €/h.

228 Dies wird in der Fachliteratur z. T. uneinheitlich und widersprüchlich gehandhabt. Mitunter wird auch

der hier als Verrechnungslohn bezeichnete Lohn als Kalkulationslohn bezeichnet. Es ist daher unabhän-gig von den verwendeten Begriffen darauf zu achten, welcher Lohn die Umlageanteile enthält und ge-genüber dem Auftraggeber verrechnet und welcher Lohn als interner Kalkulationsansatz herangezogen wird. Allein die Begriffe geben nicht immer eindeutig Aufschluss darüber.

Page 115: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

104 5 Beispielrechnungen

5.2 Lohn-/Stoffpreisgleitklauseln229

Beispiel 2: Anwendung der Lohngleitklausel (Centklausel)

Netto-Angebotssumme: 2.800.000,00 € Ausführungszeitraum: Anfang Oktober 2002 bis Ende August 2004

a) Ermittlung des Änderungssatzes:

Lohnanteil: 48 % Kalkulierte Lohnkosten: 1.344.000,00 € (= 2.800.000,00 € x 48 %) Maßgebender Lohn: 230 13,63 €/h Errechnung des Änderungssatzes:

‰3522,0%48xh/€63,13h/€01,0 bzw. ‰3522,0

h/€63,13x€00,000.800.2€01,0x€00,000.344.1

Dieser Änderungssatz (0,3522 ‰) wird vom Auftragnehmer – oftmals in Verbindung mit einem Preisnachlass für den Pauschalpreis oder die Einheitspreise – mit dem An-gebot eingereicht. Bei öffentlichen Auftraggebern ist hierzu das Formblatt mit der Bezeichnung EFB-LV LGl – 316 (Angebot Lohngleitklausel) zu verwenden.231

b) Ermittlung des Erstattungsbetrages:

Tabelle 5.4 Ermittlung der Lohnerhöhung je Lohnperiode

Lohnerhöhung Maßgebender Lohn Lohnerhöhung Lohnerhöhung zum um aus 2. Lohnperiode je Lohnperiode

01.04.2003 2,4 % x 13,63 € = 33 Cent

01.04.2004 2,4 % x (13,63 € + 0,33 €) = 34 Cent

In diesem Beispiel wird infolge der Vereinbarung einer Lohnpreisgleitklausel durch den Auftragnehmer ein Preisnachlass in Höhe von 2,5 % auf die angebotenen Ein-

229 Vgl. Kapitel 4.1 230 Hier: Tarifstundenlohn der Lohngruppe 4 (West) ab 01.09.2002. Gemäß Vergabehandbuch 2002, Anmer-

kungen zu § 15 VOB/A, ist für das Baugewerbe der Gesamttarifstundenlohn (Tarifstundenlohn und Bau-zuschlag) eines Spezialfachbauarbeiters der Lohngruppe 4 (West) maßgebend.

231 Siehe Vergabehandbuch 2002

Page 116: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen 105

heitspreise gewährt. Auf Grund des Nachlasses vermindert sich die Netto-Angebotssumme um 70.000,00 € auf 2.730.000,00 €.

Tabelle 5.5 Ermittlung der Lohnmehrkosten

Lohnperiode Anteil Betrag Mehrlohn Änderungs-satz

Lohnmehr-kosten

1 01.09.02 – 31.03.03 20 % 546.000,00 € – – –

2 01.04.03 – 31.03.04 55 % 1.501.500,00 € 33 Cent 0,3522 ‰ 17.451,33 €

3 01.04.04 – 31.03.05 25 % 682.500,00 € 67 Cent232 0,3522 ‰ 16.105,23 €

Lohnmehrkosten gesamt: 33.556,56 €

abzgl. 5 % Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteil:233 1.677,83 €

Mehrkosten der Lohngleitklausel – netto: 31.878,73 €

Mehrkosten der Lohngleitklausel – brutto (16 % MwSt.): 36.979,33 €

Insgesamt führen die beiden Tariferhöhungen während der planmäßigen Ausfüh-rungszeit für den Auftragnehmer zu lohnbedingten Mehrkosten in Höhe von 33.556,56 € netto. Nach Abzug des Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteils hat der Auftragnehmer Anspruch auf Erstattung von 31.888,73 € netto auf Grund tariflich bedingter Lohnmehrkosten.

5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen234

Beispiel 3: Vergütungsanspruch gem. § 2 Nr. 3 VOB/B (Mehrmengen)

Im Rahmen eines Einheitspreisvertrags werden Leistungspositionen für die Erbrin-gung von Ortbeton- und Kalksandsteinwände ausgeschrieben. Diese hat der Auftrag-nehmer entsprechend Kapitel 5.1 kalkuliert und wie nachfolgend aufgeführt angebo-ten:

232 Der Mehrlohn jeder Lohnperiode ist die Summe aller vorhergehenden Lohnerhöhungen zzgl. der Lohn-

erhöhung der jeweiligen Lohnperiode (hier: 33 Cent + 34 Cent = 67 Cent). 233 Ein solcher Bagatell- bzw. Selbstbeteiligungsanteil ist in der Baupraxis üblich, bei öffentlichen Auftrag-

gebern durch entsprechende Regelung im Vergabehandbuch vorgesehen. 234 Vgl. Kapitel 4.2.2

Page 117: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

106 5 Beispielrechnungen

Tabelle 5.6 Leistungsverzeichnis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

4 Ortbetonwände in C20/25 100,00 m3 150,00 €/m3 15.000,00 €

5 KS-Mauerwerk, 17,5 cm 180,00 m2 100,00 €/m2 18.000,00 €

Während der Bauausführung stellt sich heraus, dass ohne Eingreifen des Auftragge-bers bei Pos. 4 (Ortbetonwände in C20/25) statt 100,00 m3 tatsächlich 108,00 m3 zur Ausführung kommen. Bei der Herstellung des KS-Mauerwerks erhöht sich – ebenfalls ohne jegliche Anordnung oder Änderung durch den Auftraggeber – die auszufüh-rende Menge um 30,00 m2 auf 210,00 m2.

Es ist nun zunächst zu prüfen, ob die Mehrmengen zu einer Preisanpassung berechti-gen oder ob die Mengenänderungen noch im Bereich des Toleranzrahmens gem. § 2 Nr. 3 VOB/B liegen.

Tabelle 5.7 Prüfung auf Überschreitung des Toleranzrahmens

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Soll Menge Ist Abweichung

4 Ortbetonwände in C20/25 100,00 m3 108,00 m3 + 8,00 % ( ±10 %)

5 KS-Mauerwerk, 17,5 cm 180,00 m2 216,00 m2 + 20,00 % (> ±10 %)

Aus dieser Aufstellung wird ersichtlich, dass für Position 4 kein Anspruch auf Preis-anpassung besteht, da ein neuer Einheitspreis nur für die über 110 % hinausgehende Menge zu bilden ist, diese Grenze aber hier nicht überschritten wurde. Anders verhält es sich bei Position 5: Hier liegt eine Überschreitung des Mengenansatzes vor, die über die Grenze von 110 % hinausgeht. Der ursprüngliche Einheitspreis gilt weiterhin für (110 % x 180,00 m2 =) 198,00 m2 dieser Leistung. Die darüber hinausgehende Men-ge von (210,00 m2 – 110 % x 180,00 m2 =) 12,00 m2 ist mit einem neuen Einheitspreis auf Basis der Preisermittlungsgrundlagen des Angebots abzurechnen. Basis hierfür ist die zu Beginn des Kapitels aufgestellte Kalkulation über die Angebotssumme, unter der Maßgabe, dass die kalkulierten Preise unverändert, also auch ohne Nachlassver-einbarungen o. ä. vertraglich vereinbart wurden.

Ferner wird zu Grunde gelegt, dass sich durch die anfallenden Mehrmengen weder die Baustellengemeinkosten noch die planmäßigen Ausführungsdauern verändern und demnach keine zusätzlichen mehrmengenbedingten Baustellengemeinkosten oder Ansprüche aus einer Verlängerung der Bauzeit entstehen.

Aus der Kalkulation der Einzelposition können folgende Kostenbestandteile ent-nommen werden:

Page 118: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.3 Mengenänderungen – Mehrmengen 107

Tabelle 5.8 Kostenbestandteile der Einzelposition

Kostenart Kostenbestandteileinkl. Zuschläge

Kostenbestandteileohne Zuschläge

Lohnkosten 0,9 h/m2 x 36,38 €/h = 32,74 €/m2 0,9 h/m2 x 27,25 €/h = 24,53 €/m2

Gerätekosten 55,20 €/m2 55,20 €/m2 : 1,15 = 48,00 €/m2

Sonstige Kosten 12,06 €/m2 12,06 €/m2 : 1,15 = 10,49 €/m2

Fremdleistungen 0,00 €/m2 0,00 €/m2

Summe 100,00 €/m2 83,02 €/m2

Die Einzelkosten der Teilleistung betragen 83,02 €/m2. Für die über 110 % hinausge-hende Menge werden den Einzelkosten Zuschläge für die Allgemeinen Geschäftskos-ten sowie Wagnis und Gewinn hinzugerechnet.235 Der Zuschlagsatz beträgt insge-samt:

83,02 €/m2 x 13,64 % = 11,32 €/m2

Die Baustellengemeinkosten bleiben trotz Mengenmehrung in diesem Beispiel unver-ändert und wurden bereits durch die nach ursprünglichem Einheitspreis abzurech-nende Menge der LV-Menge in kalkulierter Höhe erlöst. Damit errechnet sich der neue Einheitspreis für die Mengenmehrung über 110 % wie folgt:

Einzelkosten der Teilleistung 83,02 €/m2

+ Zuschläge (AGK, WuG) 11,32 €/m2

= Neuer Einheitspreis 94,34 €/m2

Die Abrechnung der Leistungen aus Position 5 erfolgt mit zwei Einheitspreisen:

Tabelle 5.9 Abrechnung von Position 5

Menge Einheitspreis Gesamtpreis

0 – 180 m2 180 m2 100,00 €/m2 18.000,00 €

180 m2 – 208 m2 18 m2 100,00 €/m2 1.800,00 €

208 m2 – 220 m2 12 m2 94,34 €/m2 1.132,08 €

Summe 20.932,08 € 235 Die Zuschläge müssen zunächst wieder auf die Bezugsbasis der EkdT umgerechnet werden, da sich die

prozentualen Angaben (8 % für AGK, 4 % für WuG) stets auf die Angebotssumme beziehen: %64,13

)48(100)48(100

p

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108 5 Beispielrechnungen

5.4 Mengenänderungen – Mindermengen236

Beispiel 4: Vergütungsanspruch gem. § 2 Nr. 3 VOB/B (Mindermengen)

Unter Zugrundelegung der gleichen Voraussetzungen wie in Kapitel 5.2 werden nun die Auswirkungen von Mengenminderungen beim VOB-Einheitspreisvertrag an ei-nem Beispiel dargestellt.

Tabelle 5.10 Prüfung auf Überschreitung des Toleranzrahmens

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Soll Menge Ist Abweichung

6 Ortbetonwände in C20/25 100,00 m3 90,00 m3 – 10,00 % ( ±10 %)

7 KS-Mauerwerk, 17,5 cm 180,00 m2 153,00 m2 – 15,00 % (> ±10 %)

Die Ausführungsmenge in Position 6 liegt wiederum im zulässigen Toleranzrahmen, der Einheitspreis bleibt für die gesamte Menge unverändert. Die ungedeckten Umla-gebestandteile durch die nicht zur Ausführung gekommene und daher auch nicht abrechenbare Menge von (100,00 m3 – 90,00 m3 =) 10,00 m3 sind durch den Auftrag-nehmer zu tragen. Hierfür besteht kein Ausgleichsanspruch.

Position 7 liegt außerhalb des Toleranzrahmens. Hier ist auf Verlangen des Auftrag-nehmers für die gesamte Menge ein neuer Einheitspreis zu bilden, der ursprüngliche Einheitspreis von 100,00 €/m2 findet keine Anwendung mehr.

Die Einzelkosten der Teilleistung betragen 83,02 €/m2 (vgl. Kapitel 5.3). Der ursprüng-liche Einheitspreis enthält demzufolge einen Deckungsanteil von (100,00 €/m2 – 83,02 €/m2 =) 16,98 €/m2. Multipliziert man diesen Deckungsanteil mit der nicht zur Ausführung gekommenen Menge von (180,00 m2 – 153,00 m2 =) 27,00 m2, erhält man den zusätzlich auf die Ausführungsmenge umzulegenden Deckungsanteil. Dieser beträgt 458,46 € und ist auf die ausgeführte Menge von 153,00 m2 umzulegen.

22

2 m/€00,103m00,153€46,458

m/€00,100

Der ursprüngliche Einheitspreis von 100,00 €/m2 wird ersetzt durch den angepassten Einheitspreis in Höhe von 103,00 €/m2.

Auch hier gilt wieder die Annahme, dass weder die Baustellengemeinkosten noch die Bauzeit von der Mengenminderung beeinflusst werden.

236 Vgl. Kapitel 4.2.1

Page 120: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.5 Ausgleichsberechnung 109

Tabelle 5.11 Abrechnung von Position 7

Menge Einheitspreis Gesamtpreis

153,00 m2 103,00 €/m2 15.759,00 €

Bei Mindermengen wird entsprechend § 2 Nr. 3 VOB/B für die gesamte Ausfüh-rungsmenge ein neuer Einheitspreis gebildet, während bei Mehrmengen bis zu 110 % der planmäßigen Ausführungsmenge nach dem ursprünglichen und erst bei darüber hinausgehenden Mengen nach dem neuen Einheitspreis abzurechnen ist.

5.5 Ausgleichsberechnung237

Beispiel 5: Ausgleichsberechnung gem. § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B

Gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B ist „bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unter-schreitung des Mengenansatzes […] auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsäch-lich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auf-tragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positi-onen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält.“ Diese Ausgleichsermittlung erfolgt anhand eines Soll-Ist-Vergleichs der ausgeschriebenen und der tatsächlich angefallenen Mengen. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Ausgleichsberechnung Positionen mit Mengenunterschreitungen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn die ausgeführte von der ausgeschriebenen Menge um mehr als 10 % abweicht, die Ge-meinkostenunterdeckung aber für den gesamten Fehlbetrag der Position zu ermitteln ist.238 Die 90 %-Grenze ist demnach nur Auslöser der Mindermengenbetrachtung, die Gemeinkostenunterdeckung errechnet sich jedoch aus der Differenz der gesamten Soll-Menge und der tatsächlich ausgeführten Ist-Menge. Mengenmehrungen über 10 % bei anderen Positionen werden dem Ausgleichsanspruch des Auftragnehmers gegengerechnet, allerdings nur in dem Umfang, der über 110 % der Positionsmenge hinausgeht.239 Für einen ersten Überblick können die Umlageanteile der jeweiligen Einheitspreise zunächst pauschal abgeschätzt werden. In vorliegendem Beispiel betragen die Einzelkosten der Teilleistungen, also die direkten Kosten der Positionen, etwa 75 % des Einheitspreises, der Umlageanteil kann mit 25 % angesetzt werden. Fällt das Ergebnis der Gemeinkostendeckung nicht eindeutig aus, sollte die genaue Berechnung mit dem Ansatz der tatsächlichen Umlageanteile erfolgen.

237 Vgl. Kapitel 4.2.4 238 BGH BauR 1987, 217 239 Vgl. hierzu Augustin/Stemmer „Hinweise zur Vereinbarung neuer Preise bei Bauverträgen nach VOB“

BauR 1999, 552

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110 5 Beispielrechnungen

Tabelle 5.12 Ermittlung der Gemeinkostenüber- bzw. -unterdeckung

Pos. Menge Soll Einheitspreis Menge Ist Mehrmenge> 110 % 240

Mindermenge< 90 % 241

Gemeinkostenüber- bzw. -unterdeckung 242

8 320,00 m2 47,91 €/m2 297,00 m2 - - - 9 92,00 m2 152,30 €/m2 108,00 m2 6,80 m2 - + 258,91 € 10 34,50 m2 128,79 €/m2 36,85 m2 - - - 11 886,00 m2 40,13 €/m2 797,40 m2 - - - 12 71,00 Stk. 2,10 €/Stk. 50,00 Stk. - 21,00 Stk. – 11,03 € 13 5,00 Stk. 102,75 €/Stk. 5,00 Stk. - - - 14 350,00 m3 80,00 €/m3 313,00 m3 - 37,00 m3 – 740,00 € 15 98,50 m 53,25 €/m 129,20 m 20,85 m - + 277,57 € 16 140,00 m2 2,88 €/m2 158,20 m2 4,20 m2 - + 3,02 € 17 28,75 m2 140,38 €/m2 38,70 m2 7,08 m2 - + 248,47 €

Die Saldierung der oben aufgeführten Gemeinkostenüber- und -unterdeckungen er-gibt eine Gemeinkostenüberdeckung in Höhe von 36,94 €.

Soll-MengeMindermengen Mehrmengen

+10% +20% +30% +40%-40% -30% -20% -10%

Toleranzbereich

(Pos. 8) -7,2%

(Pos. 9) +17,4%

(Pos. 10) +6,8%

(Pos. 11) -10,0%

(Pos. 12) -29,6%

(Pos. 14) -10,6%

(Pos. 13) ±0%

(Pos. 15) +31,2%

(Pos. 16) +13,0%

(Pos. 17)+34,6%

Abbildung 5-1 Mehr- und Mindermengen-Übersicht

240 Berechnung (Bsp. Pos. 9): 108,00 m2 – 110 % x 92,00 m2 = 6,80 m2

241 Berechnung (Bsp. Pos. 12): 100 % x 71,00 Stk. – 50,00 Stk. = 21,00 Stk. 242 Berechnung: 25 % (Gemeinkostenanteil) x Einheitspreis x Mehr- bzw. Mindermenge = Gemeinkosten-

überdeckung bei Mehrmengen (+) und Gemeinkostenunterdeckung bei Mindermengen (–)

Page 122: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.6 Geänderte Leistungen 111

Je höher die Anzahl der in die Ausgleichberechnung einbezogenen Positionen ist, desto eher werden sich der pauschal geschätzte und die Summe der konkreten Umla-geanteile der Einzelpositionen einander annähern.

Höchst umstritten ist in der Fachliteratur die Einbeziehung von Nachträgen in die Ausgleichsberechnung.243

5.6 Geänderte Leistungen244

Beispiel 6: Leistungsänderung durch Anordnung des Auftraggebers

Ausgeschrieben und angeboten wurde die Fliesenverlegung inkl. Materiallieferung großformatiger Fliesen. Der Auftraggeber ordnet während der Bauphase eine Ände-rung der bis dahin noch nicht ausgeführten Leistung an. Es sollen nun kleinere Flie-sen mit den Maßen 20x20 cm in einer höheren Qualität zum Einsatz kommen. Der Auftragnehmer hat diese Leistung entsprechend § 1 Nr. 3 VOB/B auszuführen, ist aber zu einer Anpassung des Einheitspreises berechtigt.

Tabelle 5.13 Leistungsverzeichnis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

18 Bodenplatten liefern, verlegen und verfugen; Oberfläche Normalbe-reich, Maße 30x30, d=8 mm, im Dünnbettverfahren

450,00 m2 46,50 €/m2 20.925,00 €

Der ursprüngliche Einheitspreis wurde wie folgt kalkuliert:

Tabelle 5.14 Ermittlung des ursprünglichen Einheitspreises

Kostenarten Lohnkosten Sonstige Kosten

Geräte-kosten

Einheits-preis

Einzelkosten der Teilleistungen 17,71 €/m2

(= 27,25 €/h x 0,65 h/m2)15,30 €/m2 4,57 €/m2

Zuschläge 33,51 % 15 % 15 %

Summe 23,64 €/m2 17,60 €/m2 5,26 €/m2 46,50 €/m2

243 Ausführlich hierzu u. a. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 624 ff. und Usselmann „Nach-

träge in der Ausgleichsberechnung richtig berücksichtigen“ BauR 2004, 1217 244 Vgl. Kapitel 4.3.2

Page 123: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

112 5 Beispielrechnungen

Auf Grund der Änderung des Fliesenformats und eines neuen Verlegemusters ist der ursprünglich veranschlagte Aufwandswert von 0,65 m2/h nicht mehr realisierbar. Dies führt zu einer Erhöhung der Lohnkosten. Hinzu kommen erhöhte Materialkosten durch Wahl einer anderen Qualitätsstufe durch den Auftraggeber. Die Sonstigen Kos-ten erhöhen sich um 1,45 €/m2 auf 16,75 €/m2 ohne Umlageanteil. Der neue Einheits-preis errechnet sich wie folgt:

Tabelle 5.15 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises

Kostenarten Lohnkosten Sonstige Kosten

Geräte-kosten

Einheits-preis

Einzelkosten der Teilleistungen 23,16 €/m2

(= 27,25 €/h x 0,85 h/m2)16,75 €/m2 4,57 €/m2

Zuschläge 33,51 % 15,00 % 15,00 %

Summe 30,92 €/m2 19,26 €/m2 5,26 €/m2 55,44 €/m2

5.7 Zusätzliche Leistungen245

Beispiel 7: Zusätzliche Leistungen auf Anordnung des Auftraggebers

Erst nach Abschluss des Bauvertrages wird erkannt, dass auf der Südseite des zu er-richtenden Gebäudes der Sonnenschutz vergessen wurde. Der Auftraggeber ordnet daher nachträglich die Ausführung eines außenliegenden Sonnenschutzes an.

Tabelle 5.16 Leistungsverzeichnis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

19 Sonnenschutzjalousien, Außenraffstore aus Aluminiumlamellen 80 mm, Elektroantrieb(54 St., 1,25x1,10)

74,25 m2 … …

Es handelt sich hier um eine zusätzliche Leistung, für die im beauftragten Leistungs-verzeichnis keine entsprechende oder zumindest ähnliche Position existiert. Der Preis für die Leistung ist daher neu, aber auf dem Preisniveau des Hauptauftrages unter Beachtung der Kalkulationsparameter, zu bilden.

245 Vgl. Kapitel 4.3.3

Page 124: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen 113

Tabelle 5.17 Ermittlung des Einheitspreises

Kostenarten Lohnkosten Sonstige Kosten

Geräte-kosten

Einheits-preis

Einzelkosten der Teilleistungen 39,51 €/m2

(= 27,25 €/h x 1,45 h/m2)30,50 €/m2 3,85 €/m2

Zuschläge 33,51 % 15,00 % 15,00 %

Summe 52,75 €/m2 35,08 €/m2 4,43 €/m2 92,26 €/m2

Bei der Kalkulation werden zunächst die Einzelkosten der Teilleistungen ermittelt. Der Aufwandswert von 1,45 h/m2 wird mit dem Kalkulationslohn der Urkalkulation multipliziert um die Lohnkosten auf Vertragspreisniveau zu errechnen. Alle Zu-schlagssätze werden unverändert aus der Urkalkulation übernommen. Dies führt zu einer transparenten und nachvollziehbaren Ermittlung des Einheitspreises der zusätz-lichen Leistung.

Tabelle 5.18 Leistungsverzeichnis mit Preiseintragung

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

19 Sonnenschutzjalousien, Außenraffstore aus Aluminiumlamellen 80 mm, Elektroantrieb(54 St., 1,25x1,10)

74,25 m2 92,26 €/m2 6.850,31 €

5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen246

Beispiel 8: Selbstübernahme von Leistungen durch den Auftraggeber

Nach Abschluss des Bauvertrags kündigt der Auftraggeber an, die Position „Aushub Baugrube BK 2–5, lösen, transportieren, auf dem Gelände lagern und wieder hinter-füllen“ aus dem Leistungsumfang des Auftragnehmers zu entnehmen und selbst aus-zuführen. Gemäß § 2 Nr. 4 VOB/B und § 8 Nr. 1 VOB/B steht dem Auftragnehmer die volle Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen zu.

In diesem Beispiel hatte der Auftragnehmer geplant, die komplette Leistung an einen Nachunternehmer zu vergeben. Es handelt sich also um die Kalkulation einer Fremd-leistung. Zwar gab es als Kalkulationsgrundlage bereits eine verbindliche Preisabfra-ge, eine Beauftragung erfolgte jedoch noch nicht, so dass dem Auftragnehmer keiner-

246 Vgl. Kapitel 4.4

Page 125: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

114 5 Beispielrechnungen

lei Forderungen durch den Nachunternehmer drohen. Erspart wird in diesem Fall die gesamte Fremdleistung.

Tabelle 5.19 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

20 Aushub Baugrube BK 2–5, lösen, transpor-tieren, auf dem Gelände lagern und wieder hinterfüllen

300,00 m3 7,50 €/m3 2.250,00 €

Der Umlageanteil des Einheitspreises dieser Position beträgt 10 % der Fremdleistung. Wir gehen wiederum davon aus, dass der Entfall dieser Position weder auf die Höhe der Baustellengemeinkosten, noch auf die Bauzeit Auswirkungen hat.

Einheitspreis 7,50 €/m3

– Fremdleistung (ersparte Aufwendung) 6,82 €/m3

= Umlagedeckungsanteil 0,68 €/m3

Dem Auftragnehmer steht demnach eine Vergütung in Höhe von insgesamt (300,00 m3 x 0,68 €/m3 =) 204,00 € zu.

Beispiel 9: Materialbeistellung durch den Auftraggeber

Bei einer weiteren Position entschließt sich der Auftraggeber dazu, das Material nicht wie ausgeschrieben vom Auftragnehmer zu beziehen, sondern es selbst zu beschaffen, aber die Leistung mit dem beigestellten Material weiterhin durch den Auftragnehmer ausführen zu lassen. Der Einheitspreis ist dementsprechend anzupassen.

Für den Auftragnehmer entfällt diese Position des Leistungsverzeichnisses somit nicht vollständig, es wird allerdings die für die Leistungserfüllung vorgesehene und kalkulierte Beschaffung des notwendigen Materials erspart.

Tabelle 5.20 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis Gesamtpreis

21 Bauwerkshinterfüllungen und Kiesunterbau d=20 cm, dichtungswilligen Boden liefern und lagenweise verdichten

120,00 m3 20,00 €/m3 2.400,00 €

Page 126: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.8 Selbstübernahme/Entfall vereinbarter Leistungen 115

Der Einheitspreis von 20,00 €/m3 enthält sowohl die Kosten der Bauleistung als auch die Kosten der Materiallieferung.

Tabelle 5.21 Kalkulation des ursprünglichen Einheitspreises

Kostenarten Lohnkosten Geräte- kosten

SonstigeKosten

Einheits-preis

Einzelkosten der Teilleistungen 9,54 €/m3

(= 27,25 €/h x 0,35 h/m3)2,44 €/m3 3,87 €/m3

Zuschläge 33,51 % 15 % 15 %

Summe 12,74 €/m3 2,81 €/m3 4,45 €/m3 20,00 €/m3

Die Sonstigen Kosten beinhalten hier ausnahmslos Materialkosten, die nunmehr er-satzlos entfallen. Darüber hinaus reduzieren sich sowohl Lohn- als auch Gerätekos-ten, da eine Anlieferung des Einbaumaterials mit eigenen Fahrzeugen entfällt. Der Aufwandswert beträgt nun 0,30 h/m3, die Gerätekosten reduzieren sich auf 1,82 €/m3

ohne Zuschläge.

Mit diesen Angaben, die der Auftragnehmer wieder konkret darzulegen hat, redu-ziert sich der Einheitspreis wie folgt:

Tabelle 5.22 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises

Kostenarten Lohnkosten Geräte- kosten

SonstigeKosten

Einheits-preis

Einzelkosten der Teilleistungen 8,18 €/m3

(= 27,25 €/h x 0,30 h/m3)1,82 €/m3 0,00 €/m3

Zuschläge 33,51 % 15 % 15 %

Summe 10,92 €/m3 2,09 €/m3 0,00 €/m3 13,01 €/m3

In der Praxis wird der Auftraggeber auf Grund der übernommenen Materiallieferung eine Reduzierung des ursprünglich vereinbarten Einheitspreises verlangen. Der Auf-tragnehmer hat unter Würdigung der Kalkulationsgrundlagen und Ermittlung der ersparten Aufwendungen einen Anspruch auf einen Einheitspreis in Höhe von 13,01 €/m3.

In diesem Fall tritt jedoch eine nicht unerhebliche Schnittstellenproblematik bei der Mängelhaftung für die Leistung auf, da der Auftragnehmer nicht allein verantwort-lich für die Leistungserbringung ist. Im Zuge seiner Prüf- und Hinweispflichten hat er den Auftraggeber über etwaige Materialmängel umgehend zu unterrichten.

Page 127: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

116 5 Beispielrechnungen

Beispiel 10: Nicht berücksichtigte Bedarfsposition

Im Leistungsverzeichnis wurde eine eindeutig als Bedarfsposition gekennzeichnete Position über die Lieferung und den Einbau von Dachflächenfenstern ausgeschrieben, vom Auftragnehmer kalkuliert und angeboten.

Tabelle 5.23 Leistungsverzeichnis mit angebotenem Einheitspreis

Pos. Leistungsbeschreibung Menge Einheitspreis

22 (B) Dachflächenfenster, Holz, öffenbar, Isolierverglasung 44,50 m2 480,00 €/m2

Die Leistung wird im Zuge der Baumaßnahme vom Auftraggeber nicht abgerufen und kommt somit nicht zur Ausführung. Nun stellt sich die Frage nach einem mögli-chen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers.

Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Ausführung angebotener Bedarfspositionen. Werden diese durch den Auftraggeber nicht in Anspruch genommen, liegt keine Teil-kündigung vor. Dies ist auch der Fall, wenn – wie hier – im Leistungsverzeichnis eine konkrete Ausführungsmenge genannt wird und auch wenn der Gesamtpreis der Be-darfsposition in die Auftragssumme des Einheitspreisvertrags eingegangen ist.247

Dem Auftragnehmer steht bei einer nicht abgerufenen Bedarfsposition kein Vergü-tungsanspruch zu, da schon aus dem Begriff Bedarfsposition nachvollziehbar und zweifelsfrei folgt, dass diese Position unter dem Vorbehalt der Auftragserteilung steht.248

Kommen Bedarfspositionen zur Ausführung, unterliegen sie, zumindest falls eine Ausführungsmenge als Vordersatz der Position ermittelt wurde, den Regelungen des § 2 Nr. 3 VOB/B in Bezug auf Mehr- und Mindermengen, da sie in der Regel mit ei-nem Umlageanteil für Baustellengemeinkosten kalkuliert wurden.

5.9 Behinderung des Auftragnehmers249

Beispiel 11: Ermittlung des Bauzeitverlängerungsanspruchs

Gegenstand der Betrachtung ist bei diesem Beispiel die Ausführung von Stahlbeton-arbeiten bei einem Neubau eines Bürogebäudes. Die einzelnen Geschosse sollen hier-bei planmäßig unmittelbar aufeinander folgend errichtet werden. Die vom Auftrag- 247 Vgl. hierzu Augustin/Stemmer „Hinweise zur Vereinbarung neuer Preise bei Bauverträgen nach VOB“

BauR 1999, 550 248 Vgl. Kapellmann/Schiffers, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Rdn. 581 249 Vgl. Kapitel 4.8

Page 128: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.9 Behinderung des Auftragnehmers 117

geber zu liefernden Ausführungspläne müssen nach vertraglicher Vereinbarung 20 Arbeitstage250 vor Ausführungsbeginn der jeweiligen Ebenen vorliegen.

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan.April

Kellergeschoss

1. Obergeschoss

Erdgeschoss

2. Obergeschoss

20 AT

20 AT

20 AT

20 AT2. OG

35 AT

1. OG

EG

KG

40 AT

35 AT

35 AT

7,5 MonateGesamtdauer

Abbildung 5-2 Bauablauf Stahlbetonarbeiten – Soll

Bei der Ausführung kommt es zu erheblichen Verzögerungen und einer verspäteten Fertigstellung der Leistungen. Hieraus sollen mögliche Bauzeitverlängerungs- und Mehrkostenansprüche des Auftragnehmers abgeleitet werden.

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan.April

Kellergeschoss

1. Obergeschoss

Erdgeschoss

2. Obergeschoss

20 AT

20 AT

20 AT

20 AT

Kellergeschoss

1. Obergeschoss

Erdgeschoss

2. Obergeschoss

20 AT

1

2 3

4 5

6

2. OG

35 AT

1. OG

EG

KG

40 AT

35 AT

35 AT

7,5 Monate

10,0 Monate

2. OG

35 AT

1. OG

EG

KG

50 AT

55 AT

40 AT

Gesamtdauer

Gesamtdauer

Ist-Ausführung:

Soll-Ausführung:

Abbildung 5-3 Bauablauf Stahlbetonarbeiten – Soll-Ist

250 Der Terminplanung liegt eine 5-(Arbeits-)Tage-Woche zu Grunde.

Page 129: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

118 5 Beispielrechnungen

Nachfolgend werden die Störeinflüsse im Einzelnen hinsichtlich eines möglichen Bauzeitverlängerungsanspruchs bewertet.

1. Anfangsverzögerung, verspäteter Baubeginn Auf Grund eines auftraggeberseitig zu vertretenden Umstandes kann die Ausführung der Leistungen erst zwei Wochen später als geplant beginnen. In diesem Fall wurde der Baugrubenaushub auf Basis einer Teilbaufreigabe vorgenommen, die endgültige und für die Leistung erforderliche Baufreigabe wurde erst verspätet erteilt. Dem Auf-tragnehmer steht der volle Zeitraum der Baubeginnverzögerung als Fristverlänge-rungsanspruch zu. Unter der Annahme, dass der Auftragnehmer Personal und Geräte anderweitig kostenneutral einsetzen konnte, kommt es hier nicht zu einem Mehrver-gütungsanspruch.

Bauzeitverlängerungsanspruch: 20 AT

2. Verspätete Planlieferung Die Ausführung der Arbeiten im Erdgeschoss des Gebäudes konnte nicht rechtzeitig beginnen, da maßgebende Ausführungspläne entgegen vertraglicher Vereinbarung erst verspätet geliefert wurden. Hier liegt ein Versäumnis des Auftraggebers vor, das ebenfalls zu einem Bauzeitverlängerungsanspruch des Auftragnehmers führt, sofern dieser nachweisen kann, dass die verspätet gelieferten Planunterlagen für die recht-zeitige Ausführung der Leistung zwingend und mit der vereinbarten Vorlaufzeit erforderlich waren. In diesem Fall waren die Pläne zur Ausführung unbedingt erfor-derlich. Die verspätete Planlieferung des Auftraggebers führte zu einer Unterbre-chung der Arbeiten, die durch eine Umstellung des Bauablaufs nicht mehr ausgegli-chen werden konnte.

Bauzeitverlängerungsanspruch: 5 AT

Am Beispiel der Planlieferungsverzüge wird deutlich, dass jede Störung für sich be-trachtet werden muss und in dieser Betrachtung alle vorangegangenen Einwirkungen auf den planmäßigen Bauablauf zu berücksichtigen sind. So sind in vorliegendem Fall zwar die Planlieferungen 3, 4 und 5 gegenüber dem ursprünglichen Terminplan eben-falls deutlich verspätet erfolgt, haben aber auf Grund der vorausgegangenen Störun-gen und dem bereits verzögerten Bauablauf keine negativen Folgewirkungen. Sie sind also für etwaige Bauzeitverlängerungsansprüche des Auftragnehmer irrelevant. Kei-nesfalls dürfen alle einzelnen Planlieferverzüge zu einer Gesamtverzögerungsdauer addiert und der planmäßigen Dauer der Arbeiten hinzugerechnet werden.

Page 130: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.9 Behinderung des Auftragnehmers 119

3. Leistungsänderung (EG) Auf Grund statischer Erfordernisse mussten durch den Auftraggeber im Bereich des Erdgeschosses nach Vertragsschluss Leistungsänderungen angeordnet werden. Diese führen zu einer verlängerten Ausführungsdauer von 10 AT.

Bauzeitverlängerungsanspruch: 10 AT

4. Zusatzleistungen (1. OG) Im 1. Obergeschoss wurde durch auftraggeberseitige Anordnung zusätzlicher Leis-tungen die planmäßige Ausführungsdauer um 15 AT erhöht.

Bauzeitverlängerungsanspruch: 15 AT

5. Auftragnehmerseitige Ausführungsverzögerungen (1. OG) Bei der Ausführung der Leistungen im Bereich 1. OG wurden die Arbeiten durch den Auftragnehmer intern unzureichend koordiniert. Zudem führte eine fehlerhafte Aus-führung zu einer zeitaufwendigen Korrektur der Leistungen. Diese Verzögerung von 15 AT hat der Auftragnehmer zu verantworten. Hierfür besteht kein Anspruch auf Bauzeitverlängerung.

eigenverschuldete Bauverzögerung: 15 AT Bauzeitverlängerungsanspruch: 0 AT

6. Witterungsbedingte Minderleistungen (2. OG) Die Ausführung der Arbeiten im 2. OG fällt entgegen der ursprünglichen Terminpla-nung in die Winterzeit. Da Stahlbetonarbeiten im besonderen Maße witterungsab-hängig sind, kann es hier zu Minderleistungen durch Verschiebung in eine ungünsti-gere Jahreszeit kommen.

Bauzeitverlängerungsanspruch: 5 AT

Grundsätzlich ist zu prüfen, ob der Auftragnehmer, z. B. infolge eigenverschuldeter Bauverzögerungen, die Ausführungsverschiebung in die Schlechtwetterzeit251 anteilig mit zu verantworten hat. Er hätte dann folgerichtig auch einen Teil der witterungsbe-dingten Minderleistungen zu tragen. Im vorliegenden Fall wird vereinfachend ange-nommen, dass dieser Anteil durch eine auftragnehmerseitige und eigenverantwort-

251 Als Schlechtwetterzeit gilt der Zeitraum vom 1. November bis zum 31. März des Folgejahres.

Page 131: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

120 5 Beispielrechnungen

lich veranlasste Verstärkung des Baustellenpersonals bei der Ausführung des 2. Ober-geschosses ausgeglichen werden konnte.

Der Auftragnehmer hat damit Anspruch auf eine Bauzeitverlängerung von 40 AT.

1. Anfangsverzögerung, verspäteter Baubeginn (KG) 20 AT + 2. Verspätete Planlieferung (EG) 5 AT + 3. Leistungsänderung (EG) 10 AT + 4. Zusatzleistungen (1. OG) 15 AT – 5. Auftragnehmerseitige Ausführungsverzögerungen (1. OG) 15 AT + 6. Witterungsbedingte Minderleistungen (2. OG) 5 AT = Bauzeitverlängerungsanspruch des Auftragnehmers 40 AT

Beispiel 12: Mehrkosten des Auftragnehmers bei einer Bauzeitverlängerung

Bei diesem Beispiel wurde der Auftragnehmer mit der Herstellung der Baugrube und Ausführung der Rohbauarbeiten beauftragt. Dem Angebot lag ein verbindlich verein-barter und als Vertragsbestandteil in den Auftrag einbezogener Terminplan zu Grun-de. Dieser ging bei realistischer Ausführungsdauer von einem unterbrechungsfreien Bauablauf mit einer Gesamtdauer von 140 Kalendertagen aus. Auf Basis dieser Dauer kalkulierte der Auftragnehmer die zeitabhängigen Kosten.

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt.

20 KT

Ausführung Rohbau

Baugrube

120 KT

140 KTGesamtdauer

Soll-Ausführung:

140 KT

25 KT

Ausführung Rohbau

Baugrube

145 KT

180 KTGesamtdauer

Ist-Ausführung:

180 KT

2

3

1

+10 KT

zusätzliche Wasserhaltung

fehlende Baufreigabe

verspätete Planlieferungen

Abbildung 5-4 Soll-Ist-Bauablauf (Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung)

Page 132: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.9 Behinderung des Auftragnehmers 121

Im Zuge der Baumaßnahme kam es zu eindeutig auftraggeberseitig verursachten Behinderungen. Bei der Baugrube wurde auf Grund des unerwartet hohen Grund-wasserpegels eine zusätzliche Wasserhaltung erforderlich, die zu einer Verlängerung der Ausführungsdauer von 5 KT führte. Ursache hierfür war eine mit mangelnder Sorgfalt durchgeführte Voruntersuchung des Baugeländes durch den Auftraggeber.

Eine Unterbrechung der Baumaßnahme war infolge fehlender Baufreigabe für die Rohbauarbeiten notwendig. Der Baustillstand von 10 KT ist ebenfalls dem Verantwor-tungsbereich des Auftraggebers zuzurechnen. Abschließend kam es im Zuge der Roh-bauarbeiten zu Planlieferverzögerungen, die insgesamt zu einer Verlängerung der Ausführungsdauer von 25 KT führten.

Für die Mehrkosten der auftraggeberseitig verursachten bzw. zu verantwortenden Bauzeitverlängerung von 40 KT gegenüber der vertraglich vereinbarten Bauzeit hat der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch.

a) Mehrkosten aus der Bauzeitverlängerung (Störungen 1 und 3):

Die Bauzeitverlängerung von 30 KT führt zu einer Erhöhung der zeitvariablen Kos-ten. Schematisch lässt sich dies anhand nachfolgender Abbildung darstellen:

vertragliche Bauzeit Bauzeitverlängerung

fixe

Kos

ten

zeitv

aria

ble

Kos

ten

MehrkostenSoll

Ist

Abbildung 5-5 Fixe und zeitvariable Gemeinkosten bei der Bauzeitverlängerung252

Es werden nun alle zeitvariablen Gemeinkosten ermittelt und auf die verlängerte Bauzeit übertragen. Wir gehen hierbei von einer proportionalen Beziehung zwischen Bauzeit und zeitvariabler Gemeinkostenänderung aus. Dies ist im Einzelfall zu prü-fen.

252 In Anlehnung an Leimböck/Klaus/Hölkermann, 10. Aufl. 2002, S. 91

Page 133: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

122 5 Beispielrechnungen

Die Zusatzleistung Wasserhaltung wird über einen gesonderten Nachtrag abgerech-net, in dem alle Aufwendungen mit Ausnahme der bauzeitverlängerungsbedingten Mehrkosten abgerechnet werden. Geräte und Stoffe, die ausschließlich auf Grund der Wasserhaltung notwendig wurden, sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt, sondern werden folgerichtig in die Nachtragsposition eingerechnet.

Tabelle 5.24 Ermittlung des modifizierten Einheitspreises

Soll Ist Differenz

Bauzeit 140 KT 170 KT253 30 KT

zeitvariable Gerätekosten der Baustelle 14.120,00 € 17.145,71 € 3.025,71 €

sonstige zeitvariable Kosten der Baustelle 12.750,00 € 15.482,14 € 2.732,14 €

Hilfslöhne 5.995,00 €= 27,25 €/h x 220 h

7.275,75 € = 27,25 €/h x 267 h

1.280,75 €

Summe 32.865,00 € 39.903,60 € 7.038,60 €

b) Stillstandskosten (Störung 2):

Zwischen der Herstellung der Baugrube und dem Beginn der Rohbauarbeiten kommt es, wie in Abbildung 5.4 ersichtlich, zu einer Bauunterbrechung auf Grund einer noch nicht vorliegenden Baufreigabe für die Rohbaumaßnahme. Die gesamte Kolonne (15 Arbeitskräfte) konnte für die Dauer des Baustillstands nicht anderweitig eingesetzt werden. Dadurch entstanden Stillstandskosten für insgesamt 10 Kalendertage bzw. 8 Arbeitstage.

€26.160,00h/€25,27AT

h8AT8AK15

c) Gesamtmehrkosten:

Mehrkosten aus Bauzeitverlängerung (30 KT) 7.038,60 €+ Stillstandskosten (10 KT = 8 AT) 26.160,00 €= Gesamtmehrkosten 33.198,60 €

253 Hier werden zunächst nur die Störungen 1 und 3 betrachtet, die zu einer Bauzeitverlängerung von 30 KT

führen. Der Baustillstand von 10 KT ist Gegenstand der Ausführungen in Teil b).

Page 134: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

5.9 Behinderung des Auftragnehmers 123

Beispiel 13: Witterungsbedingte Minderleistung

Auf Grund vorausgegangener Störungen des Bauablaufs verschiebt sich die Ausfüh-rung der Bewehrungs- und Schalarbeiten zumindest zum überwiegenden Teil in die Wintermonate (vgl. hierzu auch Beispiel 11). Dies führt zu einer Sekundärverzöge-rung durch witterungsbedingte Minderleistungen.

September Oktober November Dezember

Bewehrungs- und Schalarbeiten

Soll-Ausführung:

Ist-Ausführung:

Bewehrungs- und Schalarbeiten45 KT30 KT

Abbildung 5-6 Soll-Ist-Bauablauf (Witterungsbedingte Minderleistung)

Zur Ermittlung witterungsbedingter Produktivitätsverluste wird auf das anerkannte Berechnungsmodell von Lang verwiesen.254 Hierbei wird die witterungsbedingte Minderleistung anhand folgender Formel berechnet:

ttafmw W

mit m = prozentuale witterungsbedingte Minderleistung einer Tätigkeit255

f = Anteil der Tage mit Witterungserscheinungen, die das Arbeiten erschweren, bezogen auf die Gesamtzahl der Wintertage a = Anteil der Lohnstunden dieser Teilleistung tW = Ausführungszeit der Teilleistung, die in den Winter fällt w = Minderleistung an einer Teilleistung in Lohnstunden

Die Minderleistungskosten berechnen sich dann durch Multiplikation der witte-rungsbedingten Minderleistung w mit dem Mittellohn.

Für Bewehrungs- und Schalarbeiten ist eine Minderleistungskennzahl von ca. 25 % zutreffend. In Abweichung der Vorgehensweise von Lang wird die Verzögerungs-dauer lediglich auf Basis der anzusetzenden Eistage256 ermittelt, da davon auszugehen ist, dass an Frosttagen in unverminderter Intensität gearbeitet werden kann.

254 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 454 ff. 255 Der Wert ist einer Tabelle mit Minderleistungskennzahlen aus o. g. Literaturquelle zu entnehmen. 256 Als Eistage sind solche Tage definiert, an denen das Temperaturmaximum unter 0 °C bleibt. Frosttage

hingegen sind Tage, an denen das Temperaturminimum unter 0 °C bleibt.

Page 135: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

124 5 Beispielrechnungen

Die Baustelle in unserem Beispielfall liegt in Frankfurt/Main. Hier ist im Schnitt mit 17 Eistagen von November bis April zu rechen. Dieser Wert kann für die Orte aller amtlichen Messstationen vom Deutschen Wetterdienst für den derzeit international gültigen Vergleichszeitraum von 1961–1990 bezogen werden.257

Die Gesamtausführungszeit der Leistung beträgt (30 KT + 45 KT =) 75 KT. Der Lohn-anteil an dieser Leistung beträgt 2.500 h.

Diese Angaben führen zu folgender Verzögerungsdauer:

h25,106KT30KT45

h500.215017%25w

In diesem Beispiel entstehen Sekundärverzögerungen auf Grund einer Verschiebung der Leistung in eine ungünstigere Jahreszeit und daraus resultierender witterungsbe-dingter Minderleistungen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf (106,25 h x 27,25 €/h =) 2.895,31 €.

257 Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) legt solche Perioden als internationale Referenzzeiträume

fest. Für diese Vergleichszeiträume ist umfassendes und bereits aufbereitetes Datenmaterial beim Deut-schen Wetterdienst erhältlich:

Deutscher Wetterdienst Telefon: (069) 8062-0 Zentrale Telefax: (069) 8062-4484 Kaiserleistraße 29/35 E-Mail: [email protected] 63067 Offenbach Internet: www.dwd.de

Page 136: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

125

6 Dokumentation

Eine qualifizierte, zielorientierte, umfassende und baubegleitende Dokumentation, die sämtliche Fakten wiedergibt, die zum Nachweis von Anspruchsvoraussetzungen und der Anspruchshöhe erforderlich sind, ist die Grundvoraussetzung zur erfolgrei-chen Durchsetzung oder Abwehr von Nachtragsforderungen. Viel zu häufig wird bei Baumaßnahmen sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseite nicht auf eine ausreichende und exakte Dokumentation geachtet oder zu spät mit der Doku-mentation begonnen.

Während der Bauausführung dient die Dokumentation dem Auftraggeber zur Erken-nung von Qualitätsmängeln, Terminverzögerungen aber auch als Grundlage einer sachgerechten Prüfung und Beurteilung von Nachtragsforderungen. Die Dokumenta-tion sollte chronologisch und vollständig geführt werden und kann bei sich anbah-nenden Konfliktsituationen verdichtet werden. Auf Auftragnehmerseite ist eine sorg-fältige Dokumentation des Baufortschritts und insbesondere der ständige Abgleich mit dem bauvertraglich vereinbarten Bausoll und dem planmäßigen Bauablauf zur Erkennung und Durchsetzung potenzieller Nachtragssachverhalte unentbehrlich.

Grundsätzlich sollen mit Hilfe eines strukturierten Dokumentationssystems zeitlich zurückliegende Sachverhalte nachvollziehbar und transparent aufbereitet werden. Dies hat nach Möglichkeit mit Instrumenten zu geschehen, die in ihrer Aussage ein-deutig und nicht nachträglich manipulierbar sind und damit eine hohe Überzeu-gungs- und Beweiskraft haben.258

Eine vollständige Dokumentation unterstützt die zeitnahe Erkennung und Bearbei-tung von Nachtragssachverhalten und dient der Vermeidung umfangreicher Nachar-beiten zur nachträglichen Ermittlung der tatsächlichen Bauumstände. Darüber hinaus ist eine einwandfreie Dokumentation ein unentbehrlicher Bestandteil eines innerbe-trieblichen Kontrollsystems. Die Bedeutung der Dokumentation wird jedoch in der baubetrieblichen Praxis sehr häufig unterschätzt.

Die Dokumentation dient der Erfüllung folgender Aufgaben:

Sie schafft nachprüfbare Belege und fördert somit die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Aussagen. Sie erleichtert durch systematischen Aufbau Plausibilitätsprüfungen bezüg-lich einzelner Aussagen. Sie bewirkt die Eindeutigkeit der technischen und rechtlichen Bedingungen des Baugeschehens.

258 Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 119

Page 137: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

126 6 Dokumentation

Bei der Dokumentation sind die nachfolgend aufgeführten Kriterien zu beachten:259

Die Dokumentation sollte systematisch aufgebaut sein und einem Gliede-rungs- oder Ordnungsprinzip folgen, um relevante Informationen schnell auffinden zu können. Die Dokumentation sollte nachprüfbar, widerspruchsfrei und glaubwürdig sein.Die Dokumentation sollte möglichst wertneutral aufbereitet sein und alle zur Prüfung notwendigen Unterlagen beinhalten. Die Dokumentation sollte in ausreichendem Maße detailliert und aussage-kräftig sein. Hier ist ein möglichst optimaler Kompromiss zwischen Erfas-sungsaufwand und Dokumentationsumfang zu finden. Die Dokumentation sollte unbedingt zeitnah erfolgen, da es nachträglich, zumindest bei komplexen Bauvorhaben, kaum oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich ist, alle wesentlichen Sachverhalte objektiv zusammen-zustellen. Die Dokumentation sollte nach Möglichkeit gemeinsam erfolgen. Zur Ver-meidung oder Aufklärung späterer Streitigkeiten über Sachverhaltsdarstel-lungen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber kann eine gemeinsame Dokumentation in ganz wesentlichem Maße beitragen.

Folgende Dokumentationsinstrumente stehen hierfür zur Verfügung:

6.1 Vertragsunterlagen

Entscheidend sowohl für die Durchsetzung als auch die Abwehr von Nachtragsforde-rungen ist das Vorliegen und die genaue Kenntnis des kompletten Vertrags mit allen Anlagen, Ergänzungen und zusätzlichen – ggf. auch mündlichen – Vereinbarungen. Stehen nicht alle Vertragsunterlagen zur Verfügung, liegen unter Umständen ent-scheidende Informationen nicht vor, so dass Abweichungen vom Vertrag weder si-cher identifiziert, noch zeitnah geltend gemacht oder belegt werden können.260

Bereits vor Ausführung der Leistungen ist eine geeignete Organisation der Vertrags-unterlagen sicherzustellen. Der Informationsfluss ist derart zu gestalten, dass die di-rekt mit der Planung und Ausführung befassten Personen Abweichungen vom ver-traglichen Leistungssoll und Störungen des planmäßigen Ablaufs sofort erkennen und entsprechend reagieren können. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen zum Vertrags- und Änderungsmanagement in Kapitel 7.6.1. 259 Vgl. Reister, 2004, S. 212 f. 260 Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 120

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6.3 Bautagesberichte 127

6.2 Vertragsterminplan mit Fortschreibung

Wesentliches Instrument zur Steuerung des Bauablaufs und zum Erkennen von Be-hinderungen und Verzögerungen ist die laufende Verfolgung des Terminplans wäh-rend der Baudurchführung. Wenn ein Terminplan als Steuerungs- und Nachweisin-strument für Ansprüche gegenüber dem Vertragspartner genutzt werden soll, dann müssen die tatsächlichen Ausführungstermine, also das Bauist, fortlaufend mit den Vorgaben des Soll-Terminplans abgeglichen werden.261 Wird eine solche Dokumenta-tion der Ist-Daten im Terminplan konsequent geführt, können beide Vertragspartner frühzeitig Verzögerungen im Bauablauf erkennen und ihr weiteres Handeln darauf abstimmen.

Ein auf Grund von Bauablaufstörungen fortgeschriebener Terminplan wird als stö-rungsmodifizierter Soll-Terminplan bezeichnet.

Die Terminkontrolle erfolgt üblicherweise durch Rückmeldelisten des verantwortli-chen Bauleiters oder Architekten, die zur Feststellung und Protokollierung von Ab-weichungen der vertraglichen Terminvorgaben dienen. In Koordinationsbesprechun-gen werden geeignete Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Verzögerungen ermittelt und festgelegt.

6.3 Bautagesberichte

Unumstritten wird den Bautagesberichten die höchste dokumentarische Konnotation eingeräumt.262 Das Bautagebuch ist für jeden Arbeitstag zu erstellen und bietet da-durch einen guten Kurzüberblick zur Baustellensituation bzw. -entwicklung. Es hat, sofern es dem Auftraggeber zeitnah zugestellt und zur Kenntnis gebracht wurde, einen außerordentlich hohen Stellenwert auf Grund seiner hohen Beweiskraft und ist, zusammen mit dem Vertragsterminplan und der Leistungsbeschreibung, wichtigste Grundlage für die Rekonstruktion des Bauablaufs.

In der Baupraxis ist jedoch immer wieder festzustellen, dass den mit der Führung des Bautagebuchs befassten Personen die mögliche Bedeutung der Bautagesberichte nicht bewusst ist und trotz Verwendung vorgefertigter Formulare die Eintragungen oft unvollständig, diskontinuierlich, ungenau oder widersprüchlich und damit für späte-re Auswertungen unbrauchbar sind. Bautagesberichte sollten vorzugsweise durch Personen abgefasst werden, die über die tägliche Bauausführung und die wesentli-chen Vertragsinhalte informiert sind, um vertragsrelevante Ereignisse frühzeitig er-kennen und dokumentieren zu können.263

261 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 404 262 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 682 263 Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 2409 ff.

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128 6 Dokumentation

Es ist erforderlich, dass die Bau- oder Projektleitung durch regelmäßige Kontrollen sicherstellt, dass relevante Informationen und entscheidende Sachverhalte sorgfältig erfasst werden.

Hierzu zählen:264

Bezeichnung des Bauvorhabens Datum des Arbeitstages Fortlaufende Nummerierung Die äußeren Umstände der Baustelle (Witterungsdaten) Abweichungen vom Vertrag Störungen und daraus resultierende Verzögerungen Fortbestand von Behinderungen Personal- und Geräteeinsatz (Eigen- und Fremdpersonal bzw. -geräte) Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Stundenlohnarbeiten Eingänge von Ausführungsunterlagen Anordnungen und Verhalten des Auftraggebers bzw. dessen Erfüllungsge-hilfenAusgeführte Leistungen mit eindeutiger Angabe des Ortes bzw. Fertigstel-lungsdaten, insbesondere bei terminkritischen Arbeiten Besondere Vorkommnisse

Zur Sicherstellung vollständiger Erfassung von Anordnungen durch den Auftragge-ber oder Störungen und Behinderungen des Bauablaufs kann in den Bautagesberich-ten eine positive Kennzeichnungspflicht vorgesehen werden. Dies lässt sich bei-spielsweise über ein einfaches Ja/Nein-Feld zum Ankreuzen realisieren, das die mit der Erstellung der Bautagesberichte befasste Person dazu zwingt, den Bauablauf nochmals zu rekapitulieren und zu entscheiden , ob an diesem Arbeitstag Anordnun-gen des Auftraggebers oder dessen Vertreter – mündlich oder schriftlich – eingegan-gen sind und ob der Bauablauf einer Störung oder Behinderung unterworfen war. Dies ist entweder zu bestätigen und weitergehend zu erläutern oder zu verneinen aber kenntlich zu machen. Fehlende Eintragungen sind dadurch unmittelbar zu er-kennen und können beanstandet und zeitnah korrigiert werden. Der Arbeitsaufwand für ein schlichtes Ankreuzen ist minimal, kann aber bei einer konfliktbedingten Aus-wertung der Bautagesberichte eine äußerst wertvolle Dokumentationshilfe darstellen.

264 Vgl. Weiss, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 438; Dornbusch/Plum, 2002, S. 123; Vygen/Schubert/Lang,

4. Aufl. 2002, Rdn. 411; VHB 2002, „Richtlinien für die Führung eines Bautagebuches“, EFB-Bautgb, 357

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6.4 Besprechungsprotokolle 129

Ein Bautagebuch muss durch den Bauleiter des ausführenden Unternehmens unter-zeichnet und vom Vertreter des Auftraggebers gegengezeichnet werden. Es ist rat-sam, bereits vor Baubeginn gemeinsam festzulegen oder gar vertraglich zu regeln, welche Daten und Informationen im Rahmen der Bautagesberichterstattung fest-gehalten werden müssen und in welchen zeitlichen Abständen diese Berichte dem Auftraggeber zur Kenntnis zu übergeben sind. Auftragnehmerseitig ist darauf zu achten, dass die vom Auftraggeber oder dessen Bauleiter geprüften und anerkannten Bautagesberichte zumindest in Kopie zurückgegeben werden. Das Baugeschehen ist so festzuhalten, dass auch nach Monaten oder Jahren, z. B. im Rahmen einer gerichtli-chen Auseinandersetzung, das tatsächliche Baugeschehen auch von Unbeteiligten eindeutig rekonstruiert werden kann.

Die Führung eines Bautagebuchs sollte auftraggeberseitig, z. B. in den Zusätzlichen Technischen oder den Besonderen Vertragsbedingungen, gefordert werden. Der Auf-traggeber kann zudem das für die Bautagesberichterstattung zu verwendende Formu-lar vorgeben.265

6.4 Besprechungsprotokolle

Besprechungsprotokolle dokumentieren die Ergebnisse von planungs- und bauvorbe-reitenden oder -begleitenden Besprechungen der projektbeteiligten Akteure. Die Pro-tokollierung ist auf die schriftliche Fixierung von Sachverhalten und Entscheidungen ausgerichtet, die in Gegenwart der Teilnehmer diskutiert, vereinbart oder angeordnet wurden. Ziel der Besprechungsprotokollierung ist nicht nur die Dokumentation von Besprechungsinhalten und Ergebnissen, sondern darüber hinaus auch die Definition der sich dadurch ergebenden Aufgaben, Fristen und Zuständigkeiten.266

In Form von Besprechungsprotokollen können Vertragsinhalte konkretisiert oder modifiziert werden. Von besonderer Bedeutung ist die unmissverständliche und klare Formulierung von Protokollen, um den Verteilerkreis auf einen gemeinsamen Infor-mationsstand zu bringen und Fehlinterpretationen zu vermeiden. Protokolle sollten auch für Dritte stets nachvollziehbar sein. Es empfiehlt sich eine fortlaufende Num-merierung aller Besprechungspunkte eines Protokolls mit Bezug auf die Bespre-chungsnummer. Nicht erledigte Sachverhalte sind dabei stets in die nachfolgenden Protokolle zu übernehmen.

Bereits zu Projektbeginn sollten die erforderlichen Regelbesprechungen mit Interval-len, Teilnehmer- und Verteilerkreisen sowie Protokollverfasser festgelegt werden.

Die rechtliche Verbindlichkeit von Protokollen in Bezug auf Vertragsänderungen muss vertraglich explizit vorgesehen sein, da Protokollen grundsätzlich nur eine In- 265 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 73 f. 266 Vgl. Würfele/Gralla, 2006, Rdn. 2390

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130 6 Dokumentation

dizwirkung zugemessen wird. Mitteilungs- und Ankündigungspflichten nach VOB/B können durch die Aufnahme in Besprechungsprotokolle ersetzt werden, sofern ein bevollmächtigter Vertreter des Auftraggebers anwesend ist.267

6.5 Dokumentenmanagement

In Schriftverkehr und Protokollen sind die Sachverhalte ebenso präzise, nachvollzieh-bar und vollständig festzuhalten, wie bereits für Bautagesberichte ausgeführt wurde. Die Sachverhaltsdarstellungen sollten auch zu einem späteren Zeitpunkt noch durch Dritte nachvollziehbar sein. Besprechungs-, Aufmaß- oder Abnahmeprotokolle haben bei nachweisbarer Anerkenntnis der Teilnehmer ebenfalls eine hohe Beweiskraft. Von besonderer Bedeutung sind Behinderungsanzeigen, Mängelanzeigen und Inverzug-setzungen (vgl. Kapitel 6.8).

Dokumentenmanagement im hier verwendeten Sinn beinhaltet die sachgerechte, ziel-orientierte, umfassende und baubegleitende Ablage und Verwaltung aller nachtrags-bezogenen Dokumente und Informationen zur Unterstützung der Verfolgung von Nachträgen und Nachtragsauswirkungen auf den planmäßigen Projektablauf. Infor-mation heißt in diesem Zusammenhang nicht, ein wenig von allem zu wissen, son-dern alles von wenigen Dingen, vorausgesetzt es sind die, auf die es bei der Nach-tragsabwicklung wirklich ankommt.

Bei komplexen Bauvorhaben hat sich mittlerweile eine EDV-gestützte Verwaltung der Dokumente bewährt. Neben Systemen, die Informationen über den Inhalt und Abla-geort von Dokumenten bereitstellen, bietet sich ergänzend an, auch die Dokumente selbst zu digitalisieren und über eine Softwarelösung zugänglich zu machen. Der höhere Aufwand für die Datenerfassung (scannen und registrieren) wird durch die entfallenden Suchaktionen mehrfach kompensiert.268 Diese Form des Dokumenten-managements eröffnet die Möglichkeit des flexiblen Zugriffs auf digitalisierte Doku-mente und Informationen, sowohl im Unternehmen als auch von unterwegs. Hier finden Portallösungen mit Web-Interface, versehen mit entsprechenden Zugriffsbe-rechtigungen, zunehmend Verbreitung.

Die möglichen Vorteile eines EDV-gestützten Dokumentenmanagements sind:

Optimierung der Informationsbeschaffung durch komfortable Suchfunktio-nen.Zusammenführung der Informationen an einem Ort, z. B. einem zentralen Server.

267 BGH BauR 2004, 495 268 So Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 221 f.

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6.5 Dokumentenmanagement 131

Sicherstellung der Informationsgüte durch strukturierte Ablage und Aktua-lität von Dokumenten. Ortsungebundene Informationsverfügbarkeit. Datensicherheit durch Zugriffsberechtigungen und Archivierung.

Dem gegenüber stehen die Kosten für Hard- und Software, Lizenzierung, Implemen-tierung, Schulung, Administration und Weiterentwicklung.

Für die praktische Vorgehensweise ist die Konvertierung vorliegender oder einge-scannter Dokumente in das weit verbreitete PDF-Format empfehlenswert.269 Dieses Format bietet den Vorzug, dass das ursprüngliche Layout der Vorlagedokumente beibehalten wird und die erzeugten PDF-Dateien vergleichsweise kompakt sind. Zu-dem können inzwischen immer mehr Projektbeteiligte Dokumente bereits im PDF-Format bereitstellen. Es besteht technisch gesehen die Möglichkeit, Dokumente zu scannen und diese dann mit Hilfe einer Software zur Texterkennung (OCR-System270)einzulesen, so dass der Text weiterverwendet werden kann. Dabei kann das Layout der Vorlage beibehalten, die Daten in ein völlig neues Format überführt oder das Ori-ginal mit einer Textdatei hinterlegt werden. Durch die Texterkennung besteht später die Möglichkeit, die Dokumente im Volltext nach Stichworten zu durchsuchen. Was in der Theorie Erfolg versprechend und zeitsparend klingt, gestaltet sich in der Praxis leider nicht ganz so einfach. Trotz der immer ausgereifter werdenden OCR-Software ist eine fehlerfreie Texterfassung, insbesondere bei Vorlagen minderer Qualität wie z. B. schlechten Faxübertragungen, häufig nicht möglich und es bedarf in aller Regel der Korrekturarbeit durch den Benutzer. Der Aufwand hierfür kann – gerade bei um-fangreichen mehrseitigen Dokumenten oder der Verarbeitung einer Vielzahl von Do-kumenten – erheblich sein. Hinzu kommt die erforderliche Eingabe allgemeiner In-formationen, Dokumentverknüpfungen, Merkmale und Zuordnungen. Zudem be-steht die Gefahr, dass ein erhöhter Erfassungsaufwand speziell unter Zeitdruck in der Projektarbeit zu einer verschleppten oder mangelhaften Dokumenterfassung führt.

Es ist ausreichend und mit einem vertretbaren Aufwand verbunden, Dokumente zu digitalisieren und in das PDF-Format zu überführen271, eindeutig zu kennzeichnen und zunächst mit ganz wesentlichen Informationen und Stichworten zu versehen. Die dokumentbezogenen Informationen können bei Bedarf im Zuge des weiteren Projekt-verlaufs den Anforderungen entsprechend angepasst, ergänzt und konkretisiert wer-den. Durch den minimierten Ersterfassungsaufwand ist eine projektbegleitende Ab-arbeitung möglich. Übermäßigen Zeitverzögerungen bei der Einstellung in das Do-

269 PDF = Portable Document Format 270 OCR = Optical Character Recognition 271 Sofern die Dokumente bereits als Datei vorliegen, ist es z. B. bei Microsoft Word-Dateien auch ohne OCR-

Software möglich, diese in das PDF-Format zu konvertieren und den gesamten Text nach Stichworten zu durchsuchen.

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132 6 Dokumentation

kumentenmangement-System kann damit vorgebeugt werden. Eine frühe Verfügbar-keit aller wesentlichen Dokumentinformationen entspricht auch im Hinblick auf Nachtragssachverhalte dem übergeordneten Ziel einer möglichst zügigen Abarbei-tung von Problemstellungen. Die als wesentlich charakterisierten Dokumentinforma-tionen im Hinblick auf die Verwendung im Rahmen eines Nachtragsmanagement-Systems sind nachfolgend dargestellt.

DokumentMerkmale:

Dokumentart

Datum

Attributierung:

Schlagworte

Betreff

Anmerkungen

Empfänger

Absender

Datenbank

Imaging bzw.Konvertierung

Zuordnung:

ProjektBauwerkBauteilGewerk

OrdnerRegisterKennzeichnung

Ablage:

Dokumentverknüpfung:

Bezugnahmenund Verweise

Anlagen

Nachtragsbezug

Abbildung 6-1 Dokumentenmanagement

Für ein nachtragsbezogenes Dokumentenmanagement des Auftraggebers kann fol-gender Anforderungskatalog formuliert werden:

Merkmale

Dokumentart (Brief, Besprechungsprotokoll, Aktennotiz) Dokumentumfang (Anzahl der Seiten und ggf. Auflistung der Anlagen) Erstelldatum und Datum des Eingangs beim Empfänger Eingangsdatum Projektsteuerung Verfasser bzw. Absender Hier ist zur Vermeidung von Missverständnissen eine eindeutige Regelung vorzusehen für den Fall, dass ein Dokument durch einen Dritten weiterge-leitet wurde. Es wird vorgeschlagen, immer den Absender eines Dokuments einzutragen, unabhängig davon, ob er auch der ursprüngliche Verfasser ist. Empfänger

Page 144: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

6.5 Dokumentenmanagement 133

Zuordnung

NachtragsbezugZuordnung zu einem oder ggf. auch mehreren Nachtragsvorgängen Projektzuordnung– Projekt – Bauwerk – Bauteil – Ebene – Gewerk

Attributierung

Kurzbeschreibung Bezeichnung oder Betreff Inhalt / Schlagworte Anmerkungen

DokumentverknüpfungWeitere Dokumente, auf die im Inhalt des erfassten Dokuments Bezug genommen oder verwiesen wird sowie darin erwähnte Anlagen, sollten unbedingt erfasst wer-den, um lückenlose Verlaufsdokumentationen zu ermöglichen.

Bezugnahme und Verweise Anlagen

AblageZur Vervollständigung der Dokumentinformationen ist es notwendig, den tatsächli-chen Ablageort des Dokuments zu erfassen. Hierzu zählen:

AblageordnerRegisterDokumentkennzeichnung

Im Rahmen EDV-gestützter Dokumentenmanagement-Systeme ist es sinnvoll, den Aktualisierungsstand und den Namen des jeweiligen Bearbeiters zu erfassen.

Ein Mehr an Information kann im Einzelfall hilfreich sein. Es gilt aber zu beachten, dass der Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis zum dafür erforderlichen Erfas-sungsaufwand stehen muss. Ein Anforderungskatalog der erforderlichen Dokument-

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134 6 Dokumentation

informationen ist stets eine zielorientierte Kompromisslösung und kann, je nach Pro-jekt und Verwendungsschwerpunkt, variieren.

Grundlage eines funktionalen Nachtragsmanagements ist der schnelle und einfache Zugriff auf die benötigten Dokumente, möglichst unterstützt durch umfassende Such-funktionen. Die Aufgabe der Recherche, auch Retrieval genannt, ist das Auffinden von Informationen, die in einem Informationssystem gespeichert sind. Um ein Do-kument suchen zu können, muss es beim Erfassungsvorgang entsprechend aufberei-tet werden. Dies geschieht mit Hilfe von Stichwörtern, die einem Dokument entweder manuell oder durch eine automatische Textindexierung vergeben werden.

Abbildung 6-2 Dokumentenmanagement-System, Dokumenterfassung

6.6 Planlieferlisten

Wesentliche Vorbedingung für die Baudurchführung ist die rechtzeitige Lieferung der benötigten Ausführungspläne. Die Gegenüberstellung der Eingangsdaten mit den Soll-Daten liefert eine eindeutige, laufende Kontrolle für eventuelle Verzögerungen der Planlieferung. Inwieweit sich derartige Verzögerungen auf den Bauablauf aus-wirken, ist anhand des Terminplans zu erfassen und zu bewerten.272

Ist eine Baumaßnahme mit Planlieferungen größeren Umfangs verbunden, würden die notwendigen Informationen den Rahmen der Bautagesberichte sprengen. Daher

272 Vgl. Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 406

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6.6 Planlieferlisten 135

werden im Regelfall separate Planeingangsverzeichnisse geführt, in denen üblicher-weise für jeden Plan mindestens folgende Informationen erfasst werden:273

Plannummer, Index Planinhalt oder Bezeichnung der dargestellten Bauteile Bearbeitungsstand Änderungsumfang gegenüber dem vorangegangenen Index Soll-Liefertermin EingangsdatumVermerk über den Planstatus und das Freigabedatum Eintragung von Planweitergaben mit Datum

Mit Hilfe der Planlieferlisten ist eine ständige Kontrolle möglich, ob zum erforderli-chen Zeitpunkt alle für den jeweiligen Arbeitsabschnitt notwendigen freigegebenen Planunterlagen fristgemäß vorlagen. Sind durch den Auftragnehmer Pläne zu erstel-len, sollte bereits im Vertrag das Verfahren der Planprüfung und Freigabe durch den Auftraggeber geregelt werden. Hierbei sind insbesondere die zulässigen Prüffristen zu regeln, die Klärung der Haftungsfrage und das Zurückweisungsrecht unvollstän-diger oder fehlerhafter Pläne durch den Auftraggeber ohne eine Berechtigung des Auftragnehmers, Bauzeitverzögerungen geltend machen zu können.

Bei Eingang überarbeiteter (Ausführungs-) Pläne sind diese nach folgenden Kriterien zu prüfen, wobei die Prüfergebnisse in standardisierter Form dokumentiert werden sollten:

Prüfung auf zutreffende Bezeichnung und korrekte Plankennzeichnung (z. B. Indexfehler) Prüfung auf Vollständigkeit, Fehler und Realisierbarkeit der Pläne, Prüfung auf Ausführungsreife bei Ausführungsplänen Abweichungen gegenüber den Ausschreibungs- bzw. Vertragsplänen (Än-derung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs) Abweichungen gegenüber dem Plan mit vorangegangenen Planindex Formgerechte Freigabe der Pläne durch den Bauherrn oder dessen wirksam bevollmächtigten Vertreter gemäß Planfreigabeverfahren (bei Unklarheiten ist dringend Rücksprache zu empfehlen)

Vertragsrelevante Änderungen und Abweichungen sind dem Auftraggeber zur Kenntnis zu bringen. Oftmals sind vertragsabweichende Änderungen oder Ergän-zungen bauherrenseitig gar nicht erwünscht und können im Interesse der Projektbe- 273 Vgl. Plum, 1997, S. 38

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136 6 Dokumentation

teiligten kurzfristig wieder revidiert werden. Der Auftragnehmer sollte in geeigneter Weise dokumentieren, nach welchen Plänen die Leistung tatsächlich ausgeführt wur-de.

Eine Nachweismöglichkeit der Änderungen für alle Vertragspartner sind Planände-rungstestate, in denen Änderungen der vorgegebenen Planunterlagen festgehalten werden.274

Plan-Nr. Index Bezeichnung Status Soll-Liefertermin

Ist-Liefertermin

Plan-verfasser

Plan-empfänger Anmerkungen

Planlieferliste ProjektDatum

Abbildung 6-3 Planlieferliste

6.7 Foto- und Videodokumentation

Auf Grund der mittlerweile sehr verbreiteten Digitaltechnologie werden zur Baudo-kumentation immer häufiger Fotos, überwiegend in Form von Digitalaufnahmen, und zum Teil auch Videoaufnahmen verwendet.

Mit Fotos können örtlich begrenzt Sachverhalte zu bestimmten Zeitpunkten aufge-zeichnet werden. Dies ist besonders hilfreich, wenn bestimmte Bauzustände zur Do-kumentation von Erschwernissen und Leistungsständen festgehalten werden sollen. Das gilt insbesondere, wenn dieser Zustand später nicht mehr ersichtlich ist. Bei einer baubegleitenden Dokumentation sollte man geeignete Standorte für die Aufnahmen sinnvoll auswählen und diese beibehalten, um die Entwicklung des Bauabschnitts mit gleichem Blickwinkel darstellen zu können.

Die Foto- oder Videodokumentation ist jedoch nur dann beweiskräftig, wenn sie ein-deutig zeitlich und örtlich zugeordnet werden kann und die hierzu erforderlichen Informationen nicht oder nur sehr schwer manipuliert werden können.275 Es ist daher immer auf eine ausreichende Beschriftung des Bildmaterials zu achten. Angaben zu Zeitpunkt, Ort (Geschoss, Bauteil), Blickrichtung, Gewerk etc. sollten nicht fehlen, ebenso die Kommentierung des dargestellten Zustandes. Auch die Dokumentation von Arbeitsabläufen und Baumaßnahmen über eine Videodokumentation kann im Einzelfall sinnvoll sein. Der Vorteil gegenüber einer Fotodokumentation ist die Mög-lichkeit, während der Aufnahme parallel gesprochene Anmerkungen aufzuzeichnen 274 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 688 275 Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 130

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6.7 Foto- und Videodokumentation 137

sowie eine verbesserte räumliche Zuordnung. Eine Alternative hierzu ist der Einsatz einer stationären Kamera für die automatische kontinuierliche Bilderfassung.

Um die Beweiskraft von elektronischen Dokumenten sicherzustellen, existieren mitt-lerweile Verfahren, mit deren Hilfe Dateien, beispielsweise digitale Baustellenfotos, mit einem elektronischen Zeitstempel versehen werden können, der zudem die Ma-nipulation der Dokumente unterbindet, da er nachträgliche Veränderungen sichtbar macht. Mit Hilfe eines Hashverfahrens wird hierbei von einem beliebigen Dokument ein „elektronischer Fingerabdruck , der Hashwert276, erzeugt. Dieser Fingerabdruck des Dokumentes wird nun zu einer staatlich akkreditierten Stelle gesendet und dort mit einer amtlichen Zeit versehen und signiert, also elektronisch unterschrieben. Da-mit ist bestätigt, welches Dokument zu welcher Zeit vom Trust Center entgegenge-nommen wurde. Es ist also nachweisbar, dass das Dokument zu einem bestimmten Zeitpunkt, genauso wie durch den Fingerabdruck beschrieben, vorlag. Wird an dem elektronischen Dokument nachträglich manipuliert, ist dies an der Änderung des Fingerabdrucks, also in einem abweichenden Hashwert, sofort zu erkennen. Mittler-weile sind auf dem Markt leistungsfähige Software-Produkte zur Verwaltung und Bearbeitung umfassender Fotodokumentationen erhältlich.

Abbildung 6-4 Fotodokumentation

276 Es ist unmöglich, unterschiedliche Dokumente mit gleichem Hashwert zu erzeugen. Jede noch so geringe

Veränderung einer Datei bewirkt auch eine Änderung des Hashwertes.

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138 6 Dokumentation

6.8 Aufmaßprotokolle

Unter Aufmaß- und Mengenermittlung versteht man die Ermittlung der tatsächlich geleisteten Mengen und die Zuordnung zu den entsprechenden Positionen des Leis-tungsverzeichnisses, d. h. die schriftliche und zeichnerische Dokumentation der tat-sächlich erbrachten Bauleistungen.277 In den Allgemeinen Technischen Vertragsbedin-gungen (ATV), also dem Teil C der VOB, der beim VOB-Vertrag entsprechend § 1 VOB/B automatisch als Vertragsbestandteil einbezogen ist, finden sich jeweils in Ab-schnitt 5 der Normen jedes Leistungsbereichs die Abrechnungsregeln, nach denen die Leistungsmengen zu ermitteln sind.

Bei einem vertragsgemäß abgewickelten Pauschalvertrag ohne jegliche Änderungen und Zusatzleistungen ist trotz § 14 VOB/B ein Aufmaß für die Erstellung der Schluss-rechnung nicht erforderlich.278 Sind jedoch vertragsabweichende Leistungen angefal-len, ist das Aufmaß als Einzelnachweis des möglichen Mehrvergütungsanspruchs unerlässlich.

Aufmaßprotokolle sind möglichst ausführungsbegleitend zu erstellen. Die Leistungs-feststellung sollte im Idealfall gemeinsam mit dem Auftraggeber erfolgen, zumindest aber auftraggeberseitig gegengezeichnet werden. Dies bietet den Vorteil gegenüber einer einseitigen Mengenfeststellung durch den Auftragnehmer, dass über die tat-sächlich geleisteten Mengen, unabhängig von deren Einordnung als Bestandteil des Vertragsumfangs, später i. d. R. keine Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspart-nern mehr aufkommen können.

6.9 Behinderungs- und Mängelanzeigen

Neben den vorgenannten Dokumentationsmitteln zählt auch der Nachweis über Be-hinderungs- und Mängelanzeigen zur umfassenden Dokumentation des Baugesche-hens und kann insbesondere im Streitfall, z. B. im Rahmen von Gutachten nach Bau-fertigstellung, besondere Bedeutung erlangen. Gleiches gilt für Inverzugsetzungen.

Rechtzeitig vorgelegte Behinderungsanzeigen ermöglichen zudem die frühzeitige Einflussnahme der Vertragsparteien auf die Behinderungstatbestände zur Kosten-minderung.

Gerade für spätere Auswertungen sind Behinderungsanzeigen eine wichtige Unterla-ge, um gestörte Bauabläufe beurteilen zu können. Aus gestörten Bauabläufen ergeben sich in aller Regel zum Teil erhebliche Folgekosten und Terminverzüge. Wer die Stö-rungen des Bauablaufs zu verantworten hat, ist oftmals Gegenstand schwerwiegender Konflikte zwischen den Bauvertragspartnern. Der Auftragnehmer trägt die Beweislast 277 Vgl. Reister, 2004, S. 230 278 Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 191

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6.10 Soll-Ist-Vergleiche 139

dafür, dass er die Behinderung formgerecht angezeigt hat, sofern die Störung und die behindernden Auswirkungen nicht offenkundig waren.

Der Auftraggeber kann seinerseits in Form von Inverzugsetzungen den Auftragneh-mer zur Abhilfe bei Missständen auf der Baustelle oder bei der Erstellung der Pla-nung auffordern und damit gleichzeitig eine Anspruchsgrundlage für spätere Bewer-tungen schaffen.279

Bei der Abnahme aber auch bereits während des Bauablaufs kann der Auftraggeber den Auftragnehmer durch Mängelanzeigen zur Beseitigung der mangelhaft erbrach-ten Leistungen auffordern. Diese müssen die Mängel jeweils konkret bezeichnen. Auf Grund des Mängelbeseitigungsanspruchs des Auftraggebers ist der Auftragnehmer zur Beseitigung der vorhandenen Mängel der vertraglichen Leistung verpflichtet.

6.10 Soll-Ist-Vergleiche

Leistungsabweichungen lassen sich dokumentieren und analysieren, wenn die Ist-Daten den planmäßigen Soll-Vorgaben gegenübergestellt werden. Ein Soll-Ist-Ver-gleich kann im Hinblick auf Kosten, Quantität, Qualität oder Termine erstellt werden.

Soll-Ist-Vergleich

Projekt-ablauf

Störungen = Kostenbeeinflussung durch:

PlanungsänderungenStandardänderungenSonderwünscheKonjunkturschwankungenRegionale Marktsituation

Ist-Daten ausKostenerfassung

Abweichungen ausKostenvergleich

Kostensteuerung Kostenerfassung

Abbildung 6-5 Soll-Ist-Vergleich Kosten-Regelkreis280

Regelmäßig durchgeführte Soll-Ist-Vergleiche in einem der Komplexität des Bauvor-habens angepassten Intervall bieten die beste Ansatzmöglichkeit zur rechtzeitigen

279 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 687 280 Vgl. Sommer, 1998, S. 176

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140 6 Dokumentation

Erkennung von Abweichungen der vertragsgemäßen Leistungserfüllung und der Notwendigkeit des steuernden Eingriffs durch den Auftraggeber. Soll-Ist-Vergleiche sind zudem eine ganz wesentliche Bewertungsgrundlage für viele Nachtragssachver-halte. Eine daran anschließende Abweichungsanalyse besteht in der Ermittlung der Ursachen aufgetretener Abweichungen zwischen geplanten Sollwerten und tatsäch-lich erzielten Istwerten, z. B. hinsichtlich Qualitäten, Kosten und Terminen dem Grun-de und der Höhe nach, um den Verursacher, mögliche Anpassungsmaßnahmen zur Erreichung der Sollvorgaben und ggf. Haftungstatbestände und Schadenersatzan-sprüche festzustellen.

6.11 Übersicht

Die zeitliche Zuordnung der genannten Dokumentationsmittel ist nachfolgend darge-stellt:

Projekt-entwicklung

Planung Bauvor-bereitung

Realisierung Abnahme/Inbetriebn.

Terminplanung

Planänderungs-testate

Inverzug-setzungen

Soll-Ist-Vergleiche

Foto-/Video-dokumentation

Bautages-berichte

Besprechungs-protokolle

Planliefer-listen

strategischeEbene

taktischeEbeneoperativeEbene

Rahmenterminplanung

Generalablaufplanung

Steuerungsterminplanung

Detailterminplanung

Abbildung 6-6 Die zeitliche Zuordnung der Dokumentationsmittel281

281 Vgl. Kochendörfer/Viering, in: Heiermann/Franke/Knipp, 2002, S. 688

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6.11 Übersicht 141

Kaum ein Bauvorhaben wird ohne Störungen und Behinderungen des Bauablaufs durchgeführt. Hierbei kommt der Dokumentation bei der Durchsetzung der daraus resultierenden Ansprüche eine zentrale Bedeutung zu. Eine sorgfältig erstellte Do-kumentation unter Einsatz der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Werk-zeuge führt im Regelfall zur Vermeidung oder Verminderung von Nachtragsstreitig-keiten zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber in Unkenntnis des tatsächlichen Bauablaufs. Die jeweiligen Positionen der Vertragspartner können anhand einer aus-sagekräftigen Dokumentation nachvollziehbar und nachweisbar begründet werden.

Bei größeren und komplexen Bauvorhaben ist es durchaus denkbar, sowohl auf Auf-tragnehmer- als auch auf Auftraggeberseiten einen Mitarbeiter nur für die Erstellung der Dokumentation einzusetzen oder ein externes und darauf spezialisiertes Büro damit zu beauftragen. Die zusätzlichen Kosten hierfür können unter Umständen bei späteren Nachtragsstreitigkeiten durch Vermeidung umfangreicher Dokumentations-aufarbeitung schon wieder eingespart werden. In jedem Fall sollte die Dokumentation von fachkompetenten Personen erstellt werden und nicht erst bei Eintritt von Störun-gen des Bauablaufs und Konflikten zwischen den Vertrapspartnern einsetzen.

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143

7 Handhabung von Nachträgen

Häufig besteht in der Praxis durch den unsachgemäßen Umgang mit Nachträgen ein hohes aber vermeidbares Konfliktpotenzial. Grundsätzlich sind Nachtragsforderun-gen durch den Auftragnehmer unter Bezugnahme auf die entsprechende Anspruchs-grundlage klar und nachvollziehbar darzulegen, um dem Auftraggeber die Prüfung und Freigabe des Nachtrags zu ermöglichen.

Wie bereits mehrfach erwähnt wurde, führen überhöhte und ungerechtfertigte Nach-tragsforderungen des Auftragnehmers oder die strikte Ablehnung und Kürzung be-rechtigter Nachträge durch den Auftraggeber oftmals zu einer nachhaltigen Beein-trächtigung der Vertragsbeziehung, die zumeist für keinen der Vertragspartner von Vorteil ist und den weiteren Bauablauf nachteilig beeinflusst. Gerade im Umgang mit Nachträgen sollten die Parteien stets bemüht sein, eine faire, angemessene und ko-operative Klärung herbeizuführen und auf die Ausnutzung von Machtpositionen zu verzichten.

7.1 Aufbau eines Nachtrags

Ein vollständiger Nachtrag des Auftragnehmers umfasst folgende Bestandteile:

SachverhaltsdarstellungNachtragsbegründungNachtragskalkulationAuswirkungsprognoseNachtragsangebot

Aus der Sachverhaltsdarstellung muss für den Auftraggeber eindeutig erkennbar sein, um welche Leistungen, in welchem Zeitraum und an welchem Ort es sich kon-kret handelt und in welcher Hinsicht die Leistungen vom vertraglich fixierten Bausoll abweichen. Die daraus abgeleiteten Anspruchsgrundlagen müssen durch den Auf-tragnehmer dezidiert dargelegt werden. Eine Preisänderung oder die Vereinbarung eines neuen Preises auf Basis der Urkalkulation oder üblicher Preise ist durch eine nachvollziehbare Nachtragskalkulation zu belegen. Des Weiteren zählt zu einem voll-ständigen Nachtragsangebot durch den Auftragnehmer die Ermittlung und Benen-nung der Auswirkungen des Nachtrags in zeitlicher, finanzieller und qualitativer Sicht. Sind Auswirkungen auf den Bauablauf zu erwarten aber zum Zeitpunkt der Nachtragsforderung noch nicht zu beziffern, ist zumindest ein entsprechender Vor-behalt zu treffen. Abschließend ist auf Basis der vorgenannten Unterlagen die Ange-

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144 7 Handhabung von Nachträgen

botssumme mit Zahlungsmodalitäten und unter Berücksichtigung möglicherweise bereits geleisteter Abschlagszahlungen zu benennen.

Ein vollständiges Nachtragsangebot muss schlüssig, verständlich und zweifelsfrei sein, um dem Auftraggeber oder dessen Vertreter die zügige Prüfung, Bewertung und Annahme des Nachtrags zu ermöglichen. Auch auftragnehmerseitig dürfte Inte-resse daran bestehen, zeitnah verbindliche Planungs- bzw. Ausführungssicherheit zu erlangen und das Projekt möglichst ohne Unsicherheiten weiterzuführen. Es gibt da-her mit Ausnahme von taktischen Beweggründen oder der Zielsetzung ungerechtfer-tigter Umsatzsteigerung objektiv keinen Anlass für die Auftragnehmerseite, Nachträ-ge zu verschleppen oder intransparent zu gestalten.

Der grundsätzliche Ablauf eines Nachtrags aus Auftragnehmersicht ist in der nach-folgenden Übersicht dargestellt.

Behinderung /Störung eingetreten

Ursache ermitteln, zu-ordnen und analysieren

externe Ursache

interne Ursache

finanzielle Auswirkungen

Mehrkostenanmeldung

Bewertung, Erstellung einesNachtragsangebotes

Übergabe an AG

Prüfung durch AG

Ablehnung ?

Beauftragung des AN

Nachtragsausführung

Neubewertung undÜberarbeitung des

Nachtragsangebotes

nein

ja Prüfung der Gründe derAblehnung durch den AG

Verwerfen desNachtragsangebotes

zeitliche Auswirkungen

Behinderungsanzeige

Bewertung der Bauzeit-verlängerung, Aussagen über

zeitliche Auswirkungen, ggf. Schadenersatzforderung

nach § 6 Nr. 6 VOB/B

Wegfall der Behinderung

ggf. Klagewegbeschreiten

Nichtanerkennender Ablehnung

Anerkennender Ablehnung

Abbildung 7-1 Nachtragsbearbeitung aus Auftragnehmersicht bei Störungen des Bauablaufs282

282 In Anlehnung an Vygen/Schubert/Lang, 4. Aufl. 2002, Rdn. 607

Page 155: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen 145

Um einen Nachtrag durchsetzen zu können, muss dieser prüffähig aufgestellt sein. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Abrechnung finden sich in § 14 VOB/B fol-gende Kriterien:

Die Abrechnung muss prüfbar und übersichtlich aufgebaut sein. Bei der Rechnung muss die Reihenfolge des Leistungsverzeichnisses ein-gehalten werden. Bei der Rechnung müssen die Bezeichnungen der Vertragsbestandteile ver-wendet werden. Der Rechnung müssen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Be-lege (z. B. gemeinsame Aufmaße, Lieferscheine) zum Nachweis von Art und Umfang der erbrachten Leistung beigefügt sein. Bei der Rechnung sind Änderungen und Ergänzungen des Vertrags beson-ders kenntlich zu machen. Bei der Rechnung sind Änderungen und Ergänzungen auf Verlangen ge-trennt abzurechnen.

7.2 Der Einsatz von Formblättern und Regelabläufen

In der Praxis werden, zumeist als Bestandteil eines Organisationshandbuchs, Regelab-läufe für Nachtragsforderungen eingesetzt, an die sich die Projektbeteiligten halten sollen oder sogar vertraglich dazu verpflichtet sind.

Neben Regelabläufen, die auf die Abwicklung von Nachtragsforderungen begrenzt sind, existieren mehrstufige Verfahren, die ausgehend von formularmäßigen Ände-rungsanzeigen und Entscheidungsvorlagen zu einem Nachtragsauftrag führen, sofern alle Voraussetzungen erfüllt, die entsprechenden Formblätter verwendet und durch den Auftraggeber unterzeichnet wurden. Einseitige Abweichungen der Regelabläufe sind nicht möglich. Regelabläufe unter Verwendung vorgegebener Formblätter wir-ken zwar bürokratisch, verhelfen aber allen Projektbeteiligten bei konsistenter und disziplinierter Anwendung zu einer eindeutigen und nachvollziehbaren Dokumenta-tion und Bestätigung aller Änderungen, Entscheidungen und Nachtragsbeauftragun-gen.

Die in den Formblättern festzuhaltenden Auswirkungen der Änderungen, Entschei-dungen und Nachtragsbeauftragungen sind in das Änderungs- und Vertragsmana-gement zu integrieren.

Page 156: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

146 7 Handhabung von Nachträgen

Abbildung 7-2 Nachtragsforderung – Entscheidungsvorlage

Page 157: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.3 Nachtragsprüfung und -bewertung 147

7.3 Nachtragsprüfung und -bewertung

Grundsätzlich trägt der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm eingereichten Nachtragsforderungen.283

Eingereichte Nachträge müssen nach folgenden Kriterien geprüft werden:284

Formale Prüfung

Berücksichtigung vertragsvereinbarter Formvorschriften Vollmacht des Absenders Vollständigkeit des Nachtragsangebots Prüffähigkeit Einhaltung von Regelabläufen und Formblättern aus dem Organisations-handbuch, sofern dieses Vertragsbestandteil ist

Prüfung der Sachverhaltsdarstellung/Begründung

Verständlichkeit der Nachtragsbegründung Eindeutige, unmissverständliche und nachvollziehbare Sachverhaltsdarstel-lung und Darlegung der Nachtragsveranlassung

Prüfung der Anspruchsgrundlage

Abweichungen vom vertragsvereinbarten Bauinhalt und Bauumständen Nachtrag basiert auf vertragsentsprechender und maßgeblicher Rechts-grundlageRechtzeitige Anzeige, sofern erforderlich Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen Bezug auf die vertraglichen Preisermittlungsgrundlagen bzw. Ermittlung angemessener Preise Prozessrisiko bei strittiger Anspruchsgrundlage

Bautechnische Prüfung

Vorliegen nachtragsrelevanter Gegebenheiten Angemessenheit der Mengenansätze

283 Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 39 284 Vgl. Weiss, in: Schäfer/Conzen, 2002, S. 432

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148 7 Handhabung von Nachträgen

Wirtschaftlichkeit der geplanten Nachtragsrealisierung, Untersuchung mög-licher Alternativen (z. B. bei der Ausführung von angeordneten Zusatzleis-tungen)

Rechnerische Prüfung

Überprüfung aller Rechenschritte und zu Grunde gelegten Zahlenwerte Korrekte Verwendung von Skonto oder Nachlässen

Baubetriebliche Prüfung

Angemessenheit der Kalkulationsansätze Auswirkungen der Nachtragsforderung auf den weiteren Bauablauf (Kos-ten, Termine und Qualitäten) Mögliche Beeinträchtigungen der Leistungserbringung Dritter

Falls alle Kriterien positiv erfüllt wurden, kann der Nachtrag freigegeben werden.

Nachtragsangebot

Formale Prüfung2. Zeile

Formale Prüfung

Prüfung der Sachverhalts-darstellung / Begründung

(Baurechtliche) Prüfungder Anspruchsgrundlage

Bautechnische Prüfung

Rechnerische Prüfung

Baubetriebliche Prüfung

Architekt / Fachplaner(Projektsteuerung)

Architekt / Fachplaner(Projektsteuerung)

Architekt / Fachplaner(Projektsteuerung)

Architekt / Fachplaner

Architekt / Fachplaner

Architekt / Fachplaner(Projektsteuerung)

Abbildung 7-3 Stufen und Zuständigkeiten bei der Nachtragsprüfung

Page 159: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr 149

Nach Ablauf der dargestellten Prüfschritte kann die Berechtigung der Nachtragsfor-derung und die Angemessenheit des Nachtragsangebots beurteilt werden.

Häufig unterliegen Nachträge einer mehrfachen Bearbeitung durch die einzelnen Parteien, bis sie endgültig abschlussreif sind. Dabei werden sowohl Leistungsinhalte als auch Kostenpositionen verändert. Vor der endgültigen Unterzeichnung einer Nachtragsbeauftragung oder -vereinbarung durch den Auftraggeber ist sicherzustel-len, dass der Nachtrag ein eindeutiges Leistungsbild mit Leistungsbeschreibung, Mengenansätzen und ggf. Planunterlagen aufweist.

Anschließend bleibt zu prüfen, wer den Nachtrag aus Auftraggebersicht zu verant-worten hat und ob ggf. ein Schadenersatzanspruch gegen den Verursacher in Frage kommt oder ob die Kosten durch den Auftraggeber selbst zu tragen sind.285

Eine (berechtigte) Nachtragsforderung kann zu Veränderungen der Planungsvorga-ben für Kosten, Termine, Quantitäten und Qualitäten führen und sich unter Umstän-den als Sekundärfolge direkt oder indirekt auf die Leistungserbringung Dritter aus-wirken.

Nachtrag

Kosten /Budgeteinhaltung

Termine /Gesamtfertigstellung

Qualität /Leistungssoll

Auswirkungen auf die Leistungserbringung Dritter

Sekundärfolgen

Primärfolgen

Abbildung 7-4 Mögliche Nachtragsfolgen

7.4 Nachtragsdurchsetzung – Nachtragsabwehr

7.4.1 Nachtragsdurchsetzung Die Verfolgung von Nachtragsansprüchen durch den Auftragnehmer wird oftmals auch als Claim-Management bezeichnet.

285 Der Auftraggeber ist auch für Umstände aus seinem Verantwortungsbereich gegenüber dem Auftrag-

nehmer verpflichtet, die er zwar zu vertreten hat aber nicht selbst verschuldet haben muss. Hier besteht u. U. ein Rückgriffsrecht des Auftraggebers auf Erfüllungsgehilfen oder andere Auftragnehmer.

Page 160: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

150 7 Handhabung von Nachträgen

So genanntes vorbeugendes Claim-Management setzt bereits in der Angebotsphase ein und umfasst die Analyse der Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich:286

Reifegrad und Realisierbarkeit der Planung Vollständigkeit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung Umfang und Qualität der Voruntersuchungen (Baugrund, Kontamination, Grundwasser)Bauumstände (Zufahrt, Lagerflächen, Ver- und Entsorgung der Baustelle, übliche Witterungsverhältnisse) Risikopotenzial auf Grund vertraglicher Regelungen (z. B. Überwälzung von Risiken auf den Auftragnehmer)

Diese Untersuchungen sind Basis für die (strategische) Preisgestaltung des Auftrag-nehmers oder führen zu Vorbehalten im Angebot bzw. Klärungsbedarf mit dem Auf-traggeber.

Ziel des (aktiven) Claim-Managements ist die frühzeitige Erkennung, Analyse und Bewertung von Abweichungen zwischen vertraglich vereinbartem Bausoll und tat-sächlichem Bauist sowie die Durchsetzung daraus resultierender Ansprüche des Auf-tragnehmers. Die Grundvoraussetzungen hierfür sind

die genaue Kenntnis des vertragsumfassten Bauinhalts und der planmäßi-gen Bauumstände sowie eine aussagekräftige Dokumentation des tatsächlichen Baugeschehens.

Die Dokumentation dient einerseits dem Nachweis, dass die ausgeführte Leistung von der vertraglich vereinbarten abweicht, andererseits der nachvollziehbaren, glaubhaften und plausiblen Darstellung der daraus resultierenden Folgen hinsichtlich Kosten, Terminen und Qualität. Bei der Stellung von Nachtragsforderungen sind die Anspruchsvoraussetzungen entsprechend Kapitel 3 zu beachten und einzuhalten. Nachtragsforderungen müssen schlüssig, verständlich und zweifelsfrei aufbereitet werden. Überzogene Nachtragsforderungen können die Vertragsbeziehung dauerhaft beeinträchtigen und führen dazu, dass alle nachfolgenden Forderungen – unabhängig von deren Berechtigung – durch den Auftraggeber grundsätzlich in Zweifel gezogen werden.

7.4.2 Nachtragsabwehr Bei der Abwehr von Nachtragsforderungen ist danach zu unterscheiden, ob es sich bei den durch den Auftragnehmer geltend gemachten Ansprüchen um angeordnete

286 Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 32 f.

Page 161: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen 151

oder nicht angeordnete Leistungen handelt. Bei angeordneten Leistungen ist der Nachweis zu erbringen, dass

keine Abweichung vom vertraglichen Leistungssoll vorliegt, bei zusätzlichen Leistungen i. S. d. § 2 Nr. 6 VOB/B der Anspruch vor Be-ginn der Leistung nicht angezeigt wurde, ein Anspruch auf Bauzeitverlängerung weder beziffert noch vorbehalten wurde oder die Preise der Leistungen über dem Vertragspreisniveau liegen.

Bei Nachtragsforderungen ohne Anordnung ist der Nachweis zu erbringen, dass

die Vergütungspflicht nicht nachträglich anerkannt wurde, die Leistung nicht zur vertraglichen Leistungserfüllung erforderlich ist, die Leistung nicht dem Interesse und Willen des Auftraggebers entspricht und die Leistung nicht bei Beginn der Arbeiten angezeigt und die Entschließung des Auftraggebers nicht abgewartet wurde.

Bei Schadenersatzansprüchen auf Grund von Störungen des Bauablaufs ist zur Ab-wehr der Nachweis zu erbringen, dass

eine Abweichung vom Vertrag nicht vorlag bzw. diese Abweichung keine Verzögerung des Bauablaufs ausgelöst hat, die Behinderung nicht dem Auftraggeber zuzuordnen ist, die Behinderung nicht oder unzureichend angezeigt wurde und für den AG auch nicht offensichtlich war, die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers in ungestörten Zeiträumen be-reits unzureichend war und Möglichkeiten zur Schadensminimierung nicht genutzt wurden.287

Berechtigte Nachtragsforderungen sollten im Zuge einer fairen Vertragsbeziehung zügig, verbindlich und nach Möglichkeit vorbehaltlos beauftragt werden.

7.5 Abrechnung und Vereinbarung von Nachträgen

Die Abrechnung von Nachträgen erfolgt entsprechend den Ausführungen in Kapi-tel 4. Der Auftragnehmer trägt hierbei grundsätzlich die Beweislast. Die Berechnung

287 Vgl. Dornbusch/Plum, 2002, S. 109 ff.

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152 7 Handhabung von Nachträgen

der Nachtragsvergütung in Fortschreibung der kalkulierten und nicht der tatsächlich entstandenen oder entstehenden Kosten ist das Kennzeichen eines Vergütungsnach-trags und unterscheidet sich darin wesentlich von einer Behinderungsschadenersatz-berechnung gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B, bei der eine hypothetische Kostenlage ohne Be-hinderung einer tatsächlichen Kostenlage infolge Behinderung gegenübergestellt wird.288

Grundsätzlich sollte vor Ausführungsbeginn von Nachtragsleistungen eine förmliche Beauftragung des Nachtragsangebotes erfolgen. Eine Nachtragsvereinbarung vor Ausführung ist jedoch keine Voraussetzung für die Vergütung solcher Leistungen.

Der Auftragnehmer kann gem. § 648 a BGB Sicherheit für die von ihm zu erbringen-den Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen verlangen. Von dieser Vorschrift kann vertraglich nicht abgewichen werden.289

7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen

7.6.1 Änderungs- und Vertragsmanagement Die im Zuge des Projektfortschritts aus Sicht des Bauherrn stetig zunehmende Anzahl von Vertragsverhältnissen erfordert insbesondere bei Großprojekten ein Vertragsma-nagement, dessen wichtigster Bestandteil in der Dokumentation des Bausolls ein-schließlich dessen Fortschreibung besteht.290 Das Bausoll wird definiert durch

den Vertrag, die Leistungsbeschreibung, vertragsrelevanten Schriftverkehr, Vertragsergänzungen und ggf. vertragswirksame Sondervereinbarungen.

Aufgabe des Änderungs- und Vertragsmanagements ist es, alle relevanten vertragli-chen Informationen in aktueller Form bereitzustellen und Änderungen umgehend zu integrieren. Bestandteile des Vertragsmanagements sind die jeweiligen Verträge und Leistungsbeschreibungen mit allen ergänzenden und ersetzenden Vertragsvereinba-rungen. Insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen ist eine umfassende Ver-tragsanalyse zur Ermittlung des geschuldeten Bausolls unumgänglich, um die Berech-tigung von Nachtragsforderungen prüfen zu können. Die Vertragsanalyse bietet in Kurzfassung alle für das Nachtragsmanagement wesentlichen Informationen. 288 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 2 VOB/B Rdn. 213 289 Vgl. Reister, 2004, S. 253 290 Vgl. Kochendörfer/Liebchen, 2001, S. 203

Page 163: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen 153

7.6.2 Nachtragsmanagementsysteme Der Begriff des Nachtragsmanagements wurde bereits vorab in Kapitel 2 definiert.291

Ein System kennzeichnet ein Prinzip bzw. eine Ordnung, nach der etwas organisiert oder aufgebaut oder einen Plan, nach dem vorgegangen wird.

Nutzen von Nachtragsmanagementsystemen Die Vorzüge strukturierter Nachtragsmanagementsysteme werden mittlerweile auch von den Bauunternehmen erkannt, in der Praxis aber äußerst selten angewandt. Dies geht aus einer Untersuchung von Konermann hervor.292 Demnach bestätigen 85 % der befragten Unternehmen den Nutzen und die Wichtigkeit solcher Systeme, während zum Befragungszeitpunkt lediglich 16 % der Unternehmen ein vorbereitendes und baubegleitendes Nachtragsmanagementsystem einsetzten.

Der Nutzen eines Nachtragsmanagementsystems besteht u. a. in

einem verbesserten Geschäftsklima zwischen den Vertragsparteien, einer Ergebnisverbesserung, der juristischen Streitminderung und erhöhter Transparenz.

15 %

36 %

26 %23 %

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Ergebnis-verbesserung

jur. Streit-minderung

größereTransparenz

verbessertesKlima

Abbildung 7-5 Nutzen von Nachtragsmanagementsystemen293

291 Das Nachtragsmanagement umfasst alle Tätigkeiten, die bei der Vorbereitung und Durchsetzung (Auf-

tragnehmer) bzw. bei der Prophylaxe und Prüfung (Auftraggeber) von Nachträgen oder Nachtragspo-tenzialen auftreten.

292 Vgl. Konermann, 2001, S. 59 f. 293 Vgl. Ergebnisse der Untersuchung Konermann, 2001, S. 61 f.

Page 164: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

154 7 Handhabung von Nachträgen

Stufen des Nachtragsmanagementsystems Der typische Ablauf von Nachträgen ist in Abbildung 7-6 dargestellt. Ausgehend vom vertraglich fixierten Bausoll ist der Auftragnehmer bei Abweichungen vom Vertrag zu Nachtragsforderungen berechtigt. Eine Nachtragsforderung ist zu begründen und ein entsprechendes Angebot beim Auftraggeber einzureichen. Das Nachtragsangebot wird geprüft und entweder direkt beauftragt, abgelehnt oder verhandelt. Unter Um-ständen wird der Ablauf der Begründung und Prüfung mehrfach wiederholt, bevor ein Nachtragsergebnis erzielt wird. Das Ergebnis und die Auswirkungen der Nach-tragsforderung sind zu dokumentieren, das vertragliche Bausoll erforderlichenfalls zu modifizieren.

vertraglichesBausoll

Abweichung

Nachtrags-forderung

Nachtrags-ergebnis

Entscheidungs-dokumentation

NachtragsbegründungNachtragsangebot

NachtragsprüfungNachtragsverhandlung

ggf.

Modifikationdes Bausolls

Abbildung 7-6 Nachtragsbehandlung

NachtragsstrategieVor Einsetzung des Nachtragsmanagementsystems muss der Auftragnehmer bzw. der Auftraggeber über die Nachtragspolitik entscheiden, also ob er eine offensive oder defensive Nachtragsstrategie verfolgt. Eine offensive Nachtragsstrategie zielt auf die restriktive Nachtragsabwehr bzw. -durchsetzung, eine defensive Nachtragsstrate-gie legt den Schwerpunkt auf eine kooperative Konfliktbeilegung.

EingangDer Eingang von Behinderungsanzeigen, Nachtragsforderungen und Nachtragsange-boten muss beim Auftraggeber bestätigt werden und anschließend parallel an den Projektsteuerer, den Architekten und die zuständigen Fachplaner weitergeleitet wer-den.

Page 165: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen 155

ErfassungDer Auftraggeber bzw. dessen Vertreter (i. d. R. der Projektsteuerer) hat bereits vor Abschluss der weiteren Prüfschritte die Nachtragssachverhalte zu erfassen und nach-tragsbezogene Dokumente zu registrieren. Der Nachtragsvorgang ist damit in das System eingestellt und kann ständig aktualisiert, erweitert und der jeweilige Bearbei-tungsstand verfolgt werden.

Prüfung und Bewertung Die Prüfung und Bewertung von Nachtragsforderungen bzw. Nachtragsangeboten ist zentraler Bestandteil eines Nachtragsmanagementsystems und wurde bereits einge-hend in Kapitel 7.3 behandelt. Sie umfasst die Verfahrensschritte der formalen Prü-fung, Prüfung der Sachverhaltsdarstellung/Begründung und der Anspruchsgrundla-gen sowie die bautechnische, rechnerische und baubetriebliche Prüfung. Die einzel-nen Prüfschritte erfolgen je nach Sachverhalt in Abstimmung mit dem Architekten und den zuständigen Fachplanern.

HandlungsalternativenNach vorausgegangener Nachtragsprüfung und -bewertung ist zu überprüfen, ob für den gegebenen Sachverhalt möglicherweise Handlungsalternativen bestehen. So kann eine unwirtschaftliche Anordnung des Auftraggebers möglicherweise noch zurück-genommen werden oder für eine angeordnete Zusatzleistung eine im Vergleich zu der vom Auftragnehmer im Nachtragsangebot vorgesehene Ausführungsart opti-mierte Lösung entwickelt werden.

BewertungUnter Beachtung aller Prüfschritte und der Untersuchung von Handlungsalternativen wird das Nachtragsangebot bewertet, es wird also festgelegt, ob die Nachtragsforde-rung dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt ist.

Auswirkungen auf Kosten, Termine, Qualität Von ganz wesentlicher Bedeutung für den weiteren Projektablauf sind die Nach-tragsauswirkungen auf die Bereiche Kosten, Termine und Qualität der Bauleistung.

VerhandlungsvorbereitungIn Abstimmung mit dem Auftraggeber hat die Projektsteuerung die weitere Vorge-hensweise, insbesondere eine mögliche Verhandlungsstrategie, festzulegen. Im Fall eines sachgerechten Nachtragsangebots kann die Beauftragung direkt erfolgen, in der Regel wird der Nachtrag aber verhandelt oder infolge mangelnder Anspruchsgrund-lagen zurückgewiesen.

Page 166: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

156 7 Handhabung von Nachträgen

VerhandlungIn der Nachtragsverhandlung werden die Positionen der Vertragsparteien nochmals begründet. Ziel der Verhandlung ist eine einvernehmliche Entscheidung über den vorliegenden Nachtragssachverhalt. Sofern im Rahmen einer Nachtragsverhandlung keine Lösung erreicht wird, kann sich ein Konflikt über die Nachtragsforderungen ergeben, der unter Umständen in einem Gerichtsverfahren mündet und zu erhebli-chen Beeinträchtigungen des Bauablaufs führen kann.

ErgebnisdokumentationSofern ein Ergebnis erzielt wird, ist dies durch die Projektsteuerung in der vorgesehe-nen Weise zu dokumentieren. Alle Auswirkungen des Nachtrags sind in die Planun-gen zu integrieren und können zu einer Fortschreibung von Terminplänen, Kosten-budgets und einem modifizierten Bausoll führen.

Mit Hilfe eines strukturierten Nachtragsmanagementsystems lassen sich Nachträge zeitnah, transparent und dadurch konfliktmindernd auflösen.

Auftraggeber Projektsteuerung Architekt / Fachplaner Bauunternehmen

NachtragsforderungEingangs-bestätigung

Erfassung

Prüfung Prüfung

Bewertung Bewertung

Handlungsalternativen Handlungsalternativen

Auswirkungen aufKosten, Termine, Qualität

VerhandlungVerhandlung Verhandlung

Ergebnis-dokumentation

Auswirkungen aufKosten, Termine, Qualität

Verhandlung

Verhandlungs-vorbereitung

Verhandlungs-vorbereitung

Abbildung 7-7 Stufen eines Nachtragsmanagementsystems

Page 167: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

7.6 Erfassung und Dokumentation von Nachträgen 157

7.6.3 Möglichkeiten des EDV-Einsatzes Um das komplexe Thema der Nachträge in laufenden Projekten beherrschbar zu ma-chen, ist eine strukturierte und organisierte Vorgehensweise unerlässlich. Nur so ist gewährleistet, dass die bei baubegleitender Kontrolle festgestellten Abweichungen relativ schnell hinsichtlich möglicher Ansprüche geprüft werden können.294

Bei größeren Projekten haben sich mittlerweile EDV-gestützte Datenbanken etabliert. In der Bauabwicklung ist sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseite die IT-Unterstützung jedoch häufig unzureichend. Zwar wird vielfach mit IT-Lösungen gearbeitet, diese sind jedoch meist zu komplex und umfangreich, um die Aufgaben angemessen zu bewältigen. So kann oft nur speziell geschultes Personal die Anwendungen bedienen. Viele Projektverantwortliche greifen daher auf die bewähr-ten Vorlagen zurück, die sie zum Teil selbst in Microsoft Excel – dem immer noch am häufigsten eingesetzten „Projektmanagement-Tool“ – erstellt haben.

Den Anforderungen an ein professionelles und erfolgreiches Projektmanagement werden diese Lösungen jedoch nicht gerecht. Die Datenpflege ist zu aufwendig und die Software nicht integrierbar. Es kommt häufig zu EDV-gestützten Insellösungen, die nicht konsequent angewendet, ausgewertet und weiterentwickelt werden. Hinzu kommt, dass mitunter an unterschiedlichen Stellen des Unternehmens parallel an den gleichen Problemen gearbeitet wird, einzelne Mitarbeiter gewissermaßen private Lö-sungen erarbeiten und diese oft auch nur bei einem Projekt einsetzen oder die An-wendungen bei Personalwechseln nicht oder nicht richtig verwendet werden. Durch Bündelung der Kapazitäten könnten hier oftmals zielgerichtete und wirksame Lösun-gen entstehen.

Bei der Verwendung von EDV-Lösungen ist zwangsläufig ein Kompromiss zu finden zwischen den bestehenden Möglichkeiten der Datenerfassung und den tatsächlich im Projektablauf möglichen Arbeitsschritten. Schließlich sollte das System ein wirtschaft-liches und effizientes Werkzeug zur Unterstützung der Nachtragsbehandlung sein und umfassende Informationen bei geringstmöglichem Arbeitsaufwand bieten. Eine Softwarelösung sollte dazu dienen, eine strukturierte und zielgerichtete Vorgehens-weise zu unterstützen, alle benötigten Informationen in aktueller Form bereitzustellen und die Ergebnisse zu dokumentieren, um daraus direkt Veränderungen in den Be-reichen Kosten, Termine und Qualität ableiten zu können. Dem Nachtragsbearbeiter ist ein leistungsfähiges Werkzeug an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe die Ab-wicklung von Nachtragsforderungen auch bei komplexen und vielschichtigen Projek-ten in übersichtlicher, prozessorientierter Form erfolgen kann und alle relevanten Informationen aktuell verfügbar sind. Gleichzeitig sollte das System auf die benötigte Funktionalität beschränkt bleiben, um die Anwendbarkeit mit möglichst geringem Aufwand zu gewährleisten.

294 Vgl. Kochendörfer/Liebchen/Viering, 3. Aufl. 2007, S. 221

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158 7 Handhabung von Nachträgen

Ein möglicher Anforderungskatalog kann folgende Ziele enthalten:

Flexibilität/Vielfalt der darstellbaren Übersichten Intuitive bzw. selbsterklärende Benutzeroberfläche Multibenutzerfähigkeit mit Zugriffsbeschränkungen Arbeitsplatzunabhängigkeit Integriertes nachtragsbezogenes Dokumentenmanagement Abrufbare Arbeitshilfen und Checklisten Modularer Aufbau mit Integrationsoptionen in bestehende Systeme Zukunftsfähiges, erweiterbares Entwicklungskonzept

Page 169: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

159

8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Die Abwicklung von Bauvorhaben ist mittlerweile fast regelmäßig mit erheblichen Meinungsverschiedenheiten und kontroversen Auseinandersetzungen der Bauver-tragsparteien verbunden, die oftmals in langwierige und kostenintensive Gerichtsver-fahren münden. In kaum einem anderen Rechtsgebiet wird so viel prozessiert wie im privaten Baurecht. Ein Drittel aller Zivilprozesse sind Bauprozesse, in den neuen Bundesländern sogar die Hälfte. Andererseits ist das Prozessieren in keinem anderen Rechtsgebiet so ineffizient und unökonomisch wie im Baurecht.295 Gerade bei Bauvor-haben, insbesondere bei laufenden Baustellen, ist Zeit und Schnelligkeit ein besonders wichtiger geldwerter Faktor. Allerdings dauern selbst erstinstanzliche Entscheidun-gen oft Jahre, manchmal Jahrzehnte.296 Daran schließt sich bei entsprechender wirt-schaftlicher Bedeutung vielfach ein langwieriger Instanzenzug an.297 Die Klärung technisch komplizierter Sachverhalte erfordert zudem häufig die Einschaltung von mehreren Gutachtern und Sachverständigen. Bauprozesse sind dementsprechend kostenintensiv und beanspruchen hohe Transaktionskosten zur Information von An-wälten, Sachverständigen und Gerichten. Der Gang vor staatliche Gerichte mündet nach mehreren Jahren oftmals in einem Vergleich, der die Parteien in Anbetracht der Dauer und der bis dahin aufgewendeten Ressourcen nicht mehr zufrieden stellen kann.298 Der Kläger ist hierbei gezwungen, ein erhebliches finanzielles Risiko bei un-gewissem Ausgang des Verfahrens und damit einhergehender Rechtsunsicherheit einzugehen. Eine außergerichtliche Streitbeilegung mit Hilfe alternativer Konfliktlö-sungsverfahren ist für die Vertragspartner aus ökonomischer Sicht, allein schon aus Gründen der Senkung des eigenen wirtschaftlichen Risikos und einer zügigen Beile-gung der Streitigkeiten, vorteilhaft.

Bereits bei Vertragsabschluss sollten sich die Vertragspartner Gedanken darüber ma-chen, wie aufkommende Streitfälle gelöst werden können. Dazu gehört, die Möglich-keiten der Streitvermeidung weitestgehend auszuschöpfen, Regelungen für eine sinnvolle Streitschlichtung zu vereinbaren sowie Vorsorge für eine eventuell erforder-liche Streitentscheidung bei unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten zu treffen und entsprechende Reglungen in den Vertrag aufzunehmen.299 Dies ist zweckmäßig

295 Vgl. Kraus, in: Jahrbuch Baurecht 1998, S. 138 296 Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-81 297 Vgl. Reinelt, in: Baurecht und Baupraxis (BrBp) 4/2003, S. 133 298 Vgl. Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 20 299 Vgl. Vygen, 2007, S. 229 ff.

Page 170: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

160 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, bei dem die Kooperation noch das Handeln der Vertragspartner bestimmt.

Der besonderen Bedeutung von vertraglichen Vereinbarungen zur Streitbeilegung wurde im Rahmen der Neufassung der VOB 2006 mit Einfügung des § 18 Nr. 3 VOB/B Rechnung getragen.300 Es handelt sich dabei um eine Empfehlung des DVA als Herausgeber der VOB/B ohne rechtliche Bindungswirkung. Mit Einfügung der Rege-lung wird die Möglichkeit eines außergerichtlichen Verfahrens zur Streitbeilegung anerkannte Regel der Technik.301

Dass im Baubereich besonders viel prozessiert wird, liegt nicht unbedingt daran, dass die „Leute am Bau“ in besonderem Maße streitsüchtig wären, sondern vielmehr in der Eigenart des Bauens selbst. Das Baugeschehen ist in technischer, baubetrieblicher und rechtlicher Hinsicht vielschichtig und komplex. Kaum ein Bauprojekt wird letzt-lich so ausgeführt wie es ursprünglich geplant wurde. Zusätzliche Leistungen, Leis-tungsänderungen und Bauablaufstörungen führen zu Nachtragsforderungen des Auftragnehmers. Der Auftraggeber, dessen Finanzierung auf die ursprüngliche Pla-nung abgestellt war, muss ggf. nachfinanzieren und wird versuchen, Nachtragsforde-rungen weitestgehend abzuwehren. Die Forderungen des Auftragnehmers sind teil-weise stark überhöht, um ein unter harten Wettbewerbsbedingungen nahezu unaus-kömmlich kalkuliertes Angebot nachträglich aufzubessern und erwarteten Kürzun-gen der Forderungssumme durch den Auftraggeber vorzubeugen. Hinzu kommen bei Bauvorhaben regelmäßig unvorhergesehene technische Schwierigkeiten, wie z. B. Baugrundprobleme, Schnittstellenprobleme zwischen den Gewerken und Behinde-rungen, die das Konfliktpotenzial bei Bauprojekten erhöhen. Neben den Kosten für Anwälte und Sachverständige wird eigenes Personal zur Prozessbegleitung gebun-den, das für die eigentliche Baustellentätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Da auch langwierige Gerichtsverfahren häufig für beide Vertragsparteien zu unbefriedi-genden Resultaten führen, werden nachfolgend Möglichkeiten der Nachtragsprophy-laxe sowie alternative Formen und Verfahren zur Konfliktvermeidung und Streitbei-legung vorgestellt.

8.1 Nachtragsprophylaxe

Selbst bei einer im Wesentlichen reibungslos abgewickelten Hochbaumaßnahme muss unabhängig von der jeweiligen Vergabeform mit einem Nachtragsvolumen von ca. 5 % der ursprünglichen Vertragssumme gerechnet werden.302 Nachträge sind also weder unüblich noch zwingend ein Indiz für ungenügende Planung und Bauvorbe- 300 Wortlaut des § 18 Nr. 3 VOB/B: „Daneben kann ein Verfahren zur Streitbeilegung vereinbart werden. Die

Vereinbarung sollte mit Vertragsabschluss erfolgen.“ 301 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 18 Rdn. 28 302 Vgl. Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 2. Aufl. 2003, Rdn. 682

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8.1 Nachtragsprophylaxe 161

reitung und zumindest bei komplexen Bauvorhaben nahezu unvermeidbar. Mei-nungsverschiedenheiten über Nachtragssachverhalte sollten im Interesse aller Partei-en nach Möglichkeit außergerichtlich beigelegt werden (vgl. hierzu Kapitel 8.3). Das einseitige Änderungsrecht des Auftraggebers gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B ist ein probates Mittel, auch nach Beginn der Baumaßnahme sinnvolle Modifikationen des Leistungs-umfangs vorzunehmen, z. B. auf Grund besonderer und zum Zeitpunkt der Planung noch unbekannten Mieterforderungen, insbesondere in den Ausbaugewerken. Nach-träge sind also, zumindest in einem begrenzten Umfang, als normale Begleiterschei-nung von Bauprojekten anzusehen.

Ziel der Nachtragsprophylaxe muss jedoch die Minimierung von Nachträgen sein, insbesondere solcher Nachtragsforderungen, die durch sorgfältige und eindeutige Planung und Bauvorbereitung oder aber optimierte Koordination und Kommunika-tion hätten verhindert werden können. Dies zwingt dazu, das Augenmerk auf eine sorgfältige Definition vertraglicher Anforderungen, die Selbstdisziplin des Auftrag-gebers und ein sorgfältiges Planungscontrolling zu legen. Unberechtigte Nachtrags-forderungen sind durch sorgfältige Prüfung und schlüssige Argumentation zu wider-legen. Auftragnehmer sollten ihren Prüf- und Hinweispflichten nachkommen, Aus-führungsunklarheiten und Bedenken frühzeitig äußern und in Kooperation mit dem Auftraggeber auflösen.

60,0 %

26,4 %

11,3 %

2,3 %

0%

10%

20%

30%

40%

50%

MangelhafteLeistungs-

beschreibung

Behördlicheund techn.Auflagen

Verletzung vonMitwirkungs-

pflichten

Änderungs-wünschedes AG

60%

Abbildung 8-1 Gliederung des Nachtragsvolumens nach Ursachen303

303 Vgl. Eschenbruch, Seminardokumentation, 2002, S. 143

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162 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Komponenten der Nachtragsprophylaxe sind:

1. Geeignete Auswahl der Projektbeteiligten Grundvoraussetzung für eine optimierte Projektabwicklung ist die Auswahl eines leistungsfähigen Projektteams. Daher muss der Auftraggeber für die Einschaltung einer fachkundigen, erfahrenen, leistungsfähigen und zuverlässigen Projektleitung und Projektsteuerung Sorge tragen. Gleiches gilt für die Beauftragung von Architek-ten, Planern und Sonderfachleuten, bei denen zusätzliches Augenmerk auf die Ver-fügbarkeit ausreichender Kapazitäten gelegt werden muss. Besondere Sorgfalt ist ebenfalls bei der Auswahl der bauausführenden Unternehmen geboten.

2. Angemessene Wahl des Unternehmereinsatzes und der Ausschreibungsform Speziell die Wahl bestimmter Unternehmereinsatz- und Ausschreibungsformen be-einflussen das Nachtragswesen. Bei der Wahl einer funktionalen Ausschreibung wird typischerweise das Risiko in Kauf genommen, dass wegen noch nicht zu Ende geführ-ter Planung Streitigkeiten wegen unklaren Bausolls entstehen.

Es sollte daher schon bei der Projektinitiierung darauf geachtet werden, dass im Hin-blick auf das Änderungs- und Nachtragsmanagement vorteilhafte und den Rahmen-bedingungen angemessene, wirtschaftlich vertretbare Unternehmereinsatz- und Aus-schreibungsformen vorgesehen werden.

3. Eindeutige und erschöpfende Planung des Leistungsumfangs unter angemesse-ner Berücksichtigung der projektspezifischen Rahmenbedingungen

Fehlerhafte und unvollständige Leistungsverzeichnisse und Leistungsbeschreibungen sind die häufigste Ursache für Nachträge. Eine möglichst vollständige, umfassende und abgeschlossene Planung des Bauvorhabens ohne Änderungswünsche nach Ver-tragsschluss ist daher sicher die wirkungsvollste Methode der Nachtragsvermeidung.

Allerdings ist eine gründliche und damit lange Planungsvorlaufzeit bei Bauvorhaben derzeit untypisch. In der Praxis ist es vielmehr üblich, baubegleitend zu planen; auch als „fast-track planning“ bezeichnet. Kurze Realisierungszeiträume bieten dem Auf-traggeber mitunter erhebliche wirtschaftliche Vorteile, denen andererseits jedoch die erhöhte und unter Umständen kostenintensive Nachtragsanfälligkeit entgegengehal-ten werden muss.

Trotzdem ist der Auftraggeber zu folgenden Maßnahmen angehalten:

präzise Bestimmung des Bausolls durch Leistungsbeschreibung, Ausschrei-bungspläne, Muster sorgfältige Leistungs- bzw. Schnittstellenabgrenzung zu den Leistungen an-derer Unternehmer und Planer

Page 173: Nachtragsmanagement in der Baupraxis, 2.Auflage  GERMAN

8.1 Nachtragsprophylaxe 163

möglichst vollständige Übergabe geprüfter und vom Auftragnehmer bei der Bildung seines Angebotspreises berücksichtigter Ausführungspläne vor VertragsunterzeichnungVermeidung unklarer und widersprüchlicher Vertragsformulierungen sorgfältige Überprüfung der Ausführungspläne vor Übergabe an den Auf-tragnehmer

4. Klare Leistungsabgrenzung und Schnittstellendefinition Um Missverständnissen vorzubeugen und den Interpretationsspielraum einzugren-zen, ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass die einzelnen Leistungsbe-reiche, Funktionen und Risikoverteilungen erfasst und abgegrenzt werden und eine sachgerechte Schnittstellenregelung erfolgt.304 Dies beinhaltet die klare Definition der übertragenen Leistungen, die nachvollziehbare Beschreibung abzuarbeitender Pro-jektprozesse sowie die Abgrenzung von Leistungs- und Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Projektbeteiligten. Eine klare und eindeutige Schnittstellenregelung ist ins-besondere bei Übernahme von Planungsleistungen durch den Auftragnehmer vorzu-nehmen.

5. Ausschalten möglicher Projektrisiken Zu den Aufgaben des Auftraggebers im Rahmen der Nachtragsprophylaxe zählt zu-dem die weitestgehende Ausschaltung möglicher Projektrisiken. Hierzu gehören u. a. die Sicherung der Finanzierung für das Auftragsbudget, umfassende Baugrundunter-suchungen vor Baubeginn, die Sicherstellung infrastruktureller Voraussetzungen (Wasser, Abwasser, Strom, Telekommunikation, Zufahrtswege, Parkplätze etc.), die rechtzeitige Beibringung der baurechtlichen Genehmigungen sowie die Grundstücks-sicherung im rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Sinn.305

6. Vereinbarung kooperativer Vertragsformen Seit geraumer Zeit werden auch auf dem deutschen Markt neue Vertragsformen wie der GMP-Vertrag (vgl. auch Kapitel 3.2.4) eingeführt und bereits vereinzelt eingesetzt. Insgesamt betrachtet ist der Erfolg jedoch noch nicht überzeugend. Die geforderte Art der Offenlegung und Kooperation ist allerdings für die am Bau Beteiligten noch recht ungewohnt, so dass hier unter Umständen erhebliches Entwicklungspotenzial be-steht.

7. Eindeutige Vertragsregelungen in Bezug auf Nachträge Schon in den Bauvertragsunterlagen kann Vorsorge in Bezug auf Nachtragsstreitig-keiten getroffen werden. Hier sind eindeutige, widerspruchsfreie und angemessene 304 Vgl. Kapellmann, Schlüsselfertiges Bauen, 2. Aufl. 2004, Rdn. 195 f. 305 Vgl. Zilch/Diederichs/Katzenbach, 2002, S. 2-82

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164 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Vertragsregelungen zur Handhabung von Nachtragssachverhalten vorzusehen, die insbesondere im Fall von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden sollten, um sicherzustellen, dass die vereinbarten Regelungen im Ernstfall auch tatsächlich greifen.306

Vertragsregelungen zur Vermeidung oder Verminderung von Nachträgen können formal oder materiell anknüpfen. Formale Regelungen sehen vor, dass der Nachtrag einer bestimmten Form unterworfen wird, ein bestimmter Verfahrensablauf bei der Nachtragsstellung eingehalten werden muss oder für die Beilegung von Streitigkeiten Schiedsgutachter oder Schiedsverfahren vorgesehen werden. Eine materielle Anknüp-fung liegt vor, wenn bereits bei Vertragsschluss bestimmte Risiken auf den Auftrag-nehmer überwälzt werden. Diese Risikoüberwälzungen können sich auf Massen, Qualitäten oder externe Einflüsse beziehen.307 Knebelverträge mit erheblicher Benach-teiligung des Auftragnehmers führen jedoch in aller Regel nicht zu der gewünschten Kosten- und Terminsicherheit, sondern verschärfen oftmals das Konfliktpotenzial und belasten das Vertragsverhältnis von Beginn an. Folge ist eine „juristische Aufrüs-tung“ der jeweiligen Gegenseite zur Aufrechterhaltung und Wahrung von Rechtspo-sitionen, ungeachtet der Notwendigkeiten des Projekts. 308

8. Vorbereitung der Nachtragsabwehr bzw. Nachtragsdurchsetzung Der Auftraggeber oder seine bevollmächtigten Vertreter sollten stets auf den Eingang von Behinderungsanzeigen oder Nachtragsforderungen vorbereitet sein. Dazu gehört die prospektive Vorsorge durch ein einwandfreies Vertragsmanagement, die zeitnahe Auswertung des Schriftverkehrs und der Protokolle sowie die Verfolgung des Bau-fortschritts anhand der aktualisierten Terminplanung und eines in regelmäßigen Zeit-abschnitten durchgeführten Soll-Ist-Vergleichs. Des Weiteren sollte die Beschaffung der vollständigen erforderlichen Unterlagen zur Beurteilung einer Nachtragsforde-rung kurzfristig möglich oder bereits erledigt sein.

Nur wenn die Auftraggeberseite während der Baumaßnahme immer „auf Ballhöhe“ ist, kann auf Bauablaufstörungen und Nachtragsforderungen sachkundig, angemes-sen und vor allem schnell und ökonomisch reagiert werden. Gleiches gilt für den Auf-tragnehmer, der insbesondere seinen Dokumentationspflichten in sorgfältiger Weise nachkommen sollte, um zu einem späteren Zeitpunkt auch umstrittene Forderungen aussagekräftig belegen zu können. Gerade an der mangelnden Nachweisbarkeit von Anordnungen des Auftraggebers oder dem Vorliegen von Behinderungstatbeständen

306 Häufig wird mit sog. Vollständigkeitsklauseln versucht, das Risiko der Vollständigkeit der Leistungsbe-

schreibung auf den Auftragnehmer zu übertragen. Die Rechtsprechung hält derartige Allgemeine Ge-schäftsbedingungen zum überwiegenden Teil für unzulässig, da sie zumeist gegen das Äquivalenzprin-zip verstoßen und das Planungsrisiko unzulässig auf den Auftragnehmer verlagern (vgl. z. B. BGH „ECE-Bedingungen“ BauR 1997, 1036).

307 Vgl. Hertwig, Seminarskript, 2003, S. 18 308 Vgl. Eschenbruch, „Bei Großprojekten ist alles anders“, BauR 2004, 8

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8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung 165

scheitern Nachtragsforderungen in der Praxis immer wieder. Auftragnehmerseitig ist das Projekt so zu organisieren und strukturieren, dass potenzielle Nachträge schnell erkannt, sachgerecht bewertet, nachvollziehbar dargelegt und zeitnah vorgetragen werden können.

9. Schulung der Mitarbeiter Grundvoraussetzung einer kompetenten Beurteilung von Nachtragssachverhalten auf Auftragnehmer- und Auftraggeberseite sind umfassende Kenntnisse sowohl bau-rechtlicher als auch baubetrieblicher Grundlagen. Es ist daher erforderlich, das nötige Fachwissen der damit befassten Mitarbeiter ggf. durch regelmäßig durchgeführte Schulungen und Seminare sicherzustellen und sie mit den unternehmensinternen Strukturen und Regelabläufen im Umgang mit Nachträgen vertraut zu machen.

8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung

In Deutschland existieren bereits eine Reihe verschiedener Konfliktlösungsinstrumen-te, die alternativ zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren herangezogen werden kön-nen. Hierzu zählen:309

SchiedsgerichtsverfahrenSchiedsgutachtenverfahrenSchlichtung Mediation

Es steht also bereits eine Anzahl alternativer Konfliktlösungsinstrumente zur Verfü-gung, die allerdings nicht wesentlich zu einer Abminderung der gerichtlich ausgetra-genen Baustreitigkeiten geführt haben. Nachteilig ist auch hier die langwierige Pro-zessdauer und die damit verbundenen Kosten, ein beeinträchtigtes Kommunikations-klima und der oftmals gehemmte Projektfortschritt. Nachteilig ist zudem, dass häufig erst beim Eintritt des Streitfalls externe Sachverständige mit der Konfliktlösung be-traut werden und zunächst erheblicher Einarbeitungsbedarf besteht. Dies wider-spricht jedoch einer zeitnahen Konfliktbeseitigung mit schnellen und wirtschaftlichen Lösungen im Sinne eines optimierten Projektfortschrittes.

8.2.1 Verfahren vor staatlichen Gerichten Die am Bau Beteiligten versuchen regelmäßig, auftretende Konflikte zunächst durch außergerichtliche Verhandlungen (Negotiation) zu lösen. In Bezug auf eine eventuelle

309 In Anlehnung an Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 344 und Hertel, in: Fluchner u. a.,

2003, S. 163 ff.

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166 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Änderung der vertraglich vorgesehenen Leistung hat der BGH nochmals bekräftigt, dass die Parteien bei Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit einer An-passung grundsätzlich gehalten sind, im Wege der Verhandlung eine Klärung über eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.310

Scheitern die Verhandlungen, werden in der Bauwirtschaft noch relativ selten alterna-tive Konfliktbewältigungsverfahren herangezogen und stattdessen direkt der Ge-richtsweg beschritten. Trotz der Möglichkeit eines Prozessvergleichs ist der Zivilpro-zess ein kontradiktorisches Verfahren, das unter Darstellung der widersprechenden Interessen auf eine bindende Entscheidung zielt.311

Der endgültigen Durchsetzung berechtigter Ansprüche dient das Hauptsacheverfah-ren (Klageverfahren). Andere gerichtliche Verfahren beinhalten die Klärung einzelner Tatsachen (selbständiges Beweisverfahren) oder die Sicherung der Ansprüche (einst-weiliger Rechtsschutz). Ein Klageverfahren ist zu empfehlen, wenn außergerichtliche Verhandlungen nicht möglich oder gescheitert sind und eine rechtskräftige Entschei-dung erzwungen werden soll, aus der vollstreckt werden kann.312 Ein selbständiges Beweisverfahren kann ein geeignetes Konfliktlösungsverfahren sein, wenn eine Eini-gung außergerichtlich nicht erzielt werden kann und die Gefahr besteht, dass eine Veränderung des Zustandes der Sache bevorsteht, die dazu führt, dass diese Verän-derung später nicht mehr oder nur sehr schwer feststellbar ist.

Der mögliche Instanzenzug wird in der überwiegenden Zahl der Bauprozesse vor staatlichen Gerichten ausgeschöpft. Das bedeutet, dass schon bei geringeren Streit-werten von über 20.000 Euro meist drei Instanzen die Regel sind, oftmals sogar mehr. Über die Dauer und Kosten eines solchen Prozessen und dem damit verbundnen Aufwand für die Vertragsparteien lassen sich im Vorfeld keine verlässlichen Aussa-gen treffen. Ein Rechtsstreit ist nach Dauer, Kosten und meist auch nach seinem Aus-gang unkalkulierbar.313

8.2.2 Schiedsgerichtsverfahren (Arbitration) Die Vertragspartner können auch vereinbaren, dass alle Streitigkeiten zwischen ihnen der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Dadurch entziehen sie sich der staatlichen Gerichtsbarkeit, da das Schiedsgericht an Stelle des staatlichen Gerichts den Rechtsstreit entscheidet.

Es wird zwischen ständigen und Ad-hoc-Schiedsgerichten unterschieden. Für natio-nale Bauvorhaben sind folgende Schiedsgerichtsordnungen von Bedeutung:314

310 Vgl. BGH BauR 2000, 409 f. 311 Vgl. Eberl/Friedrich, „Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht“, BauR 2002, 251 312 Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 169 313 Vgl. Vygen, 2007, S. 229 314 Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 177

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8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung 167

Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen einschließlich Anlagenbau(SGO Bau315)Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SSOBau316)Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbar-keit e. V. (DIS)

Schiedsgerichtsverfahren eignen sich vorwiegend für größere Bauvorhaben und kom-plexere Konflikte und ermöglichen die Herbeiführung rechtskräftiger Entscheidun-gen, aus denen heraus vollstreckt werden kann.317 Baustreitigkeiten werden auch in Deutschland immer öfter im Wege eines Schiedsgerichtsverfahrens beigelegt. In den Niederlanden werden inzwischen weit über 50 % aller Baurechtsstreitigkeiten im Wege eines Schiedsgerichtsverfahrens entschieden und beendet.318

Für internationale Bauvorhaben sehen die FIDIC319-Standardvertragsbedingungenvor, dass Streitfälle zunächst dem Dispute Adjudication Board (vgl. hierzu Kapitel 8.3.2) zur Entscheidungsfindung vorgelegt werden. Ist eine der Parteien mit der Ent-scheidung nicht einverstanden, kann ein Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet werden. Die FIDIC-Standardvertragsbedingungen verweisen hinsichtlich der Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens auf die Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC), Paris. Beim internationalen Gerichtshof der ICC handelt es sich wie bei der DIS um ein institutionelles Schiedsgericht.

Das Schiedsgerichtsverfahren endet mit einem Schiedsspruch, bei vorzeitigem Ver-gleich beider Parteien während des schiedsrichterlichen Verfahrens wird der Ver-gleich mit vereinbartem Wortlaut festgehalten. Der Schiedsspruch hat nach § 1055 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Schiedsspruchs.

Der Vorteil der Vertragspartner eines Schiedsgerichtsverfahrens gegenüber einem Verfahren staatlicher Gerichte liegt in der Tatsache, dass die Parteien die Zusammen-setzung des Schiedsgerichts selbst auswählen können und damit die Möglichkeit besteht, dass sich sowohl baurechtlich als auch technisch versierte und ggf. speziali-sierte Schiedsrichter mit dem Streitfall befassen.

315 Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen einschließlich Anlagenbau, herausgegeben von der Deutschen

Gesellschaft für Baurecht e. V. und dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein e. V. 316 Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für

privates Bau- und Architektenrecht im Deutschen Anwaltverein 317 Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2002, S. 21 318 Ax/Schneider, 2004, S. 16 319 Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils

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168 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

8.2.3 Schiedsgutachtenverfahren Mit einem Schiedsgutachten können die Bauvertragspartner einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses verbindlich feststellen lassen. Dies beruht auf der Regelung des § 317 Abs. 1 BGB, wonach die Bestimmung einer Leistung einem Dritten überlassen werden kann. Wie weit die Aufgabe bzw. Befugnis des hierfür beauftragten Dritten reicht, hängt vom Inhalt der Schiedsgutachtenvereinbarung ab. Da das Schiedsgut-achten lediglich eine kognitive Feststellung und keine rechtsgestaltende Bestimmung enthält, ist es für die Vertragsparteien grundsätzlich bindend.320 Schiedsgutachtenver-fahren sind in erster Linie dafür geeignet, Streitigkeiten über Tatsachen, wie z. B. Mängel oder Nachtragsforderungen der Höhe nach, beizulegen. Konflikte über Nach-tragsforderungen dem Grunde nach können durch ein Schiedsgutachtenverfahren i. d. R. nicht gelöst werden.321 Ein Schiedsgutachten bewirkt außerdem, dass die vom Schiedsgutachter beantworteten Fragen auch bei einem späteren Prozess für den Richter bereits verbindlich festgestellt sind.322 Eine Schiedsgutachtenvereinbarung im Bauvertrag hindert zunächst die Erhebung einer Klage vor dem staatlichen Zivilge-richt oder auch dem vereinbarten Schiedsgericht, da die Klage vor Einholung des Schiedsgutachtens als zur Zeit unbegründet zurückgewiesen werden würde.323

Einem Schiedsgutachter können Feststellungen zu folgenden Aufgaben übertragen werden:324

Feststellung von Baumängeln und Bauschäden einschließlich der Verur-sacherfrage (Planungs-, Ausführungs- oder Überwachungsfehler) Feststellung der erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen Feststellung der bis zu einem Stichtag vom Auftragnehmer erbrachtenLeistungen und deren Bewertung Feststellung ausstehender Restarbeiten und deren Bewertung Feststellung der anrechenbaren Kosten gemäß § 10 Abs. 2 HOAI

Bei strittigen Tatsachen kann ein Schiedsgutachten eine schnelle Streiterledigung her-beiführen. Nicht selten liegen aber komplexe Konflikte vor, bei denen Tatsachen- und Rechtsfragen miteinander verknüpft sind. In solchen Fällen kann der Konflikt in der Regel nicht durch ein Schiedsgutachten beigelegt werden, da dieses nicht auf eine umfassende Konfliktlösung ausgerichtet ist.325

320 Vgl. Eberl/Friedrich, „Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht“, BauR 2002, 254 321 Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2002, S. 21 322 Vgl. Ax/Schneider, 2004, S. 74 323 Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 542 324 Vgl. Vygen, 2007, S. 235 f. 325 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 315

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8.2 Herkömmliche Instrumente der Konfliktlösung 169

8.2.4 Schlichtung Ziel einer Schlichtung ist die gütliche Einigung unter Anleitung des Schlichters als neutralem Dritten. Kommt eine solche konsensuale Einigung im Laufe des Schlich-tungsverfahrens nicht zustande, unterbreitet der Schlichter den Parteien einen Schlichtungsvorschlag, auch Schlichtungsspruch genannt. Dieser Schlichtungsvor-schlag ist jedoch im Gegensatz zum Schiedsspruch eines Schiedsgerichtsverfahrens nicht bindend und bedarf der Annahme durch die Parteien. Die Durchführung einer Schlichtung setzt entsprechende Schlichtungsvereinbarungen voraus.

Eine Abgrenzung zwischen Schlichtung und Mediation ist nur schwer möglich, da die Zielsetzungen ähnlich sind und es weder allgemein gültige Verfahrensstrukturen für die Mediation noch für die Schlichtung gibt und zudem die Begriffe nicht einheitlich verwendet werden. Ein wesentliches Merkmal der Mediation ist jedoch, dass den Vertragspartnern eine aktivere Rolle zukommt als dies bei Schlichtungsverfahren üblich ist.326

Gebräuchliche Schlichtungsordnungen und Schlichtungseinrichtungen sind:

Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SSOBau) die obligatorische Schlichtung nach § 15a EGZPO327

Bauschlichtungsstellen der Berufskammern der Architekten und Ingenieure die Schlichtung vor den Handwerkskammern nach § 91 Abs. 1 Nr. 11 der Handwerksordnung

8.2.5 Anrufungsverfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B Durch § 18 Nr. 2 VOB/B wird dem Auftragnehmer bei Bauvorhaben mit öffentlichen Auftraggebern nahe gelegt, zunächst einen behördeninternen Weg zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten zu beschreiten. Dazu ist die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anzurufen, damit der Versuch unternommen werden kann, eine bislang noch nicht streitbefangene – jedoch nicht unparteiliche Person – zur Vorlage eines Lösungsvorschlages einzuschalten (Abhilfeverfahren). Die dem Auftraggeber vorgesetzte Stelle soll dem Auftragnehmer die Möglichkeit zur mündli-chen Aussprache geben und ihm möglichst innerhalb von zwei Monaten nach Anru-fung schriftlichen Bescheid geben. Die Entscheidung gilt als anerkannt, sofern der Auftragnehmer nicht innerhalb von spätestens drei Monaten nach Eingang des Be-scheides schriftlich Einspruch erhebt und der Auftraggeber ihn auf diese Ausschluss-frist hingewiesen hat. Besondere Formvorschriften für die Durchführung des Abhilfe-verfahrens stellt die VOB/B nicht. Durch den erst im Rahmen der Novellierung der

326 Vgl. Hertel, in: Fluchner u. a. (Hrsg.), 2003, S. 184 327 Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

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170 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

VOB/B 2002 eingefügten Abs. 2 wird klargestellt, dass während des Schlichtungsver-fahrens die Verjährung gehemmt ist.328

Auch wenn das Verfahren in der Literatur grundsätzlich angeraten wird, ist die Be-deutung des Anrufungsverfahrens in der Praxis doch gering. Dies liegt zum einen an der Tatsache, dass der Auftragnehmer grundsätzlich bezweifeln wird, ob eine vorge-setzte Stelle nicht dazu tendiert, die Auffassung der nachgeordneten Stelle zu teilen. Hinzu kommt, dass für die Einhaltung der Zweimonatsfrist, in der die übergeordnete Stelle dem Auftragnehmer einen Bescheid zukommen lassen soll, kein Rechtsan-spruch besteht, da es sich um eine Sollvorschrift handelt und die Dauer des Verfah-rens damit nicht bindend geregelt und für den Auftragnehmer nicht absehbar ist.329

8.2.6 Mediation Mediation, die Konfliktbeilegung durch Moderation eines nicht entscheidungsfähigen Dritten, ist in den vergangenen Jahren so sehr in den Vordergrund gerückt, dass sie schon zu den herkömmlichen Verfahren der Konfliktbeilegung gezählt werden kann. Im Vordergrund steht die Entwicklung zukunftsfähiger Regelungen statt vergangen-heitsorientierter und zeitaufwendiger Lösung von Schuldfrage und Verantwortlich-keiten.

Das Verfahren der Mediation hat allerdings nur dann Erfolg, wenn die Konfliktpar-teien in der Lage sind, freiwillig, eigenverantwortlich und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Der Mediator übernimmt hierbei die Rolle eines Vermittlers und Ver-handlungshelfers, der die Parteien zu einer selbständigen Streitschlichtung führen soll. Zielsetzung des Mediationsverfahrens ist es, aufbauend auf guten Beziehungen der Vertragspartner, in fairen Verhandlungen einen sachlichen und nach Möglichkeit für alle Parteien möglichst vorteilhaften („win-win“-Situation), zumindest aber ak-zeptablen, Konsens zu finden.330

In China werden jährlich 7 bis 8 Millionen Konfliktfälle durch Mediatoren vermittelt und zu 90 % erfolgreich abgeschlossen. Diese Kooperationsbereitschaft in Streitfragen ist u. a. dadurch zu begründen, dass dort höher bewertet wird, einen Kompromiss zu erzielen, als sein persönliches Recht durchzusetzen.331

Häufig vereinbaren die Parteien bereits im Rahmen des Bauvertrags, dass beim Auf-treten von Konflikten einvernehmlich mit Mediationsverfahren eine Lösung gesucht werden soll. Meist werden die Mediatoren vorab benannt. Bei diesem Modell der Mediation können die Konflikte bereits auf einer niederen Eskalationsstufe angegan-

328 Vgl. Herig, 2004, § 18 VOB/B Rdn. 7 329 Vgl. Kapellmann/Messerschmidt, 2007, § 18 VOB/B Rdn. 20 f. 330 Vgl. FAZ „Mediatoren setzen auf Konsens statt auf Kompromiss“, 03.01.2004, S. 47;

Oberndorfer, 2002, S. 172 f. 331 Vgl. von Minckwitz/Schmitt/Viering, 2005, § 5 Rdn. 329 ff.

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8.3 Neue Formen des Streitmanagements 171

gen werden und sind daher oft einfacher zu klären.332 In der Fachliteratur wird jedoch die Anwendbarkeit der Mediation in Bausachen mitunter bezweifelt, da das Verfah-ren ohne bestimmenden Einfluss von außen auf die Kooperations- und Kompromiss-bereitschaft der Vertragspartner angewiesen ist.333 Gerade in einer derzeitig ange-spannten wirtschaftlichen Lage ist aber der Kostendruck auf die Vertragsparteien groß und das Verhältnis oftmals durch gegenseitiges Misstrauen geprägt.

8.3 Neue Formen des Streitmanagements

Viel zu häufig werden Gerichtsprozesse und Schiedsverfahren in einem wirtschaftlich nicht mehr zu vertretenden Umfang aufgebläht, weil es im Vorfeld – d. h. zum Zeit-punkt des Entstehens der Streitigkeit – versäumt wurde, rechtzeitig die Weichen für eine effiziente Streitführung bzw. Streitbeilegung zu stellen.334

Bauprozesse vor staatlichen Gerichten und Schiedsgerichten sind meist komplex, teuer und zeitaufwendig. Nicht selten stehen sie außer Relation zum Streitwert und immer wieder kommt es vor, dass eine Partei den Ausgang des Rechtsstreits gar nicht mehr erlebt, weil sie etwa Verzögerungen in der Projektrealisierung oder bei den Zah-lungen wirtschaftlich nicht verkraftet. Eine der größten Schwierigkeiten in Baupro-zessen besteht regelmäßig darin, vor Gericht die tatsächlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses zu rekonstruieren.

Zur Veranschaulichung sei folgender Fall aufgeführt:335

Im Mai 1970 beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber eine ARGE mit dem Rohbau eines Sanatoriums in Bad B. Es kommt infolge verzögerter Planbeistellungen zu Stö-rungen des Bauablaufs. Hieraus macht die ARGE Mehrkosten geltend. Die Rohbau-arbeiten werden Ende 1971 abgeschlossen. Im Dezember 1975 reicht die ARGE Klage ein, die im Mai 1976 vom Landgericht abgewiesen wird. Nach Beauftragung eines baubetrieblichen Sachverständigen zur Ausarbeitung eines Gutachtens geht die ARGE in Berufung. 1979 beauftragt das Kammergericht als Berufungsinstanz seiner-seits einen Gerichtsgutachter. Dieser liefert erst vier Jahre später, also im Jahr 1983, sein Gutachten ab. Im September 1984 ergeht das Urteil des Kammergerichts zu Gunsten der ARGE.336 Daraufhin geht der öffentliche Auftraggeber in Revision. Im Februar 1986 hebt der BGH das Urteil auf und verweist die Sache zurück an das Kam-mergericht. Dieses beauftragt darauf 1988 zwei neue Sachverständige mit der Erstel-lung eines Gemeinschaftsgutachtens, das im Juni 1989 vorgelegt wird.

332 Vgl. Fluchner u. a., 2003, S. 6 333 Vgl. Werner/Pastor, 11. Aufl. 2005, Rdn. 528 m. w. N. 334 Vgl. hierzu Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 409 335 Vgl. Wanninger, 2003, S. 70 336 Im Übrigen eine bedeutsame Entscheidung hinsichtlich der sog. „Äquivalenzkostentheorie“.

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172 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Das abschließende Urteil ergeht im Mai 1990, genau einen Tag bevor sich die Auf-tragserteilung für das streitbehaftete Objekt zum zwanzigsten Mal jährt.

Die Schilderung dieses Falls soll weder die Arbeit von Anwälten, Gerichten oder Sachverständigen diskreditieren, sondern vor Augen führen, dass die staatliche Ge-richtsbarkeit mit allen dazugehörigen Fristen und Formalien sowie der hohen Auslas-tung der Gerichte für eine überwiegende Zahl der Baustreitigkeiten, zumindest bei laufenden Bauvorhaben, auf Grund der Langwierigkeit des Prozesses unpraktikabel und unökonomisch ist.

Erklärtes Ziel der nachfolgend vorgestellten Lösungsansätze ist es daher, einzelne rechtliche Streitigkeiten, die im Rahmen einer Vertragsbeziehung entstehen, zeitnah und effizient beizulegen, anstatt zu warten, bis sie kumulieren und in ihrer Gesamt-heit auch ein für Bausachverständige nahezu unüberschaubares Ausmaß erreichen. Letztlich geht es darum, gerichtliche Auseinandersetzungen weitgehend zu vermei-den oder zumindest zügig eine vorläufige Regelung zu finden, die notfalls zu einem späteren Zeitpunkt von einem ordentlichen Gericht oder Schiedsgericht überprüft werden kann.

8.3.1 Dispute Review Board Die Idee der Dispute Review Boards (DRB) stammt aus den USA und wurde dort erstmals 1975 beim Bau des Eisenhower-Tunnels in Colorado eingesetzt.337 Die Er-kenntnis, dass aufkommende Streitigkeiten in einem Bauprojekt am besten und effi-zientesten vor Ort, zeitnah und von Personen, die weitestgehend mit dem Projekt vertraut sind, beigelegt oder entschieden werden können, hat dazu geführt, dass mitt-lerweile ein beachtlicher Teil der Bauverträge komplexer Bauvorhaben die Einrich-tung eines Gremiums vorsehen, das die Baustelle in regelmäßigen Abständen besucht und sich auf diese Weise ständig ein authentisches Bild vom jeweiligen Stand und Fortschritt der Arbeiten machen kann.338

Das üblicherweise bereits im Zuge des Bauvertrags vereinbarte Dispute Review Board besteht zumeist aus drei Mitgliedern, wobei jede Partei jeweils ein Mitglied bestellt und diese gemeinsam einen Vorsitzenden benennen. Das Vertrauen in die Objektivi-tät und Unabhängigkeit der Boardmitglieder ist dabei Grundvoraussetzung dieser Methode.339 Die Anzahl der Boardmitglieder ist flexibel, so dass es zweckmäßig sein kann, in Abhängigkeit der Größe und Komplexität des Bauvorhabens, ein ganzes Panel mit Experten unterschiedlicher Fachbereiche zu bestellen, aus dem im Streitfall ein geeignetes Board zusammengestellt wird, je nach Art des Streitgegenstandes und gefragter Expertise. So wurde beispielsweise beim Bau des Flughafens in Hongkong

337 Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 170 338 Vgl. hierzu Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 409; Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 22 339 Vgl. Rubin/Fairweather/Guy, 1999, S. 258

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8.3 Neue Formen des Streitmanagements 173

verfahren.340 Durch die frühzeitige Einrichtung eines solchen Gremiums sind die Mit-glieder im Streitfall bereits mit den Gegebenheiten und Entwicklungen, die zum Streit geführt haben, vertraut und deshalb in der Lage, schnelle und den tatsächlichen Um-ständen Rechnung tragende Vorschläge zur Konfliktlösung zu unterbreiten. Bei Groß-projekten sind regelmäßige Treffen der Boardmitglieder auf der Baustelle zweckmä-ßig, damit diese im Hinblick auf den Baufortschritt auf dem Laufenden bleiben. Das Verfahren ist weitestgehend formfrei.

Auftretende Streitigkeiten, die von den Parteien selbst nicht mehr beizulegen sind, werden dem Board bei einem Baustellentermin vorgetragen und gemeinsam erörtert. Jede Partei erhält die Möglichkeit zur Schilderung ihrer Sicht der Dinge. Das Dispute Review Board hat die Möglichkeit, ergänzende Informationen oder auch die Vorlage von Unterlagen, die für die Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich sind, zu ver-langen. Ziel des Verfahrens ist es, dass das Board nach vertraulicher Beratung zu ei-ner einstimmigen Empfehlung zur Konfliktbeilegung gelangt und die Arbeiten ohne weitere Verzögerungen fortgeführt werden können, sofern die Parteien den Vor-schlag, und sei es auch nur als vorläufige Regelung, akzeptieren.

Empfehlungen des Dispute Review Boards sind grundsätzlich nicht bindend. Es liegt also nahe zu vermuten, dass die unterliegende Partei die für sie nachteilige Empfeh-lung des Boards entweder ignorieren oder gerichtlich klären lassen wird. Erfahrungen aus der Praxis bestätigen diese Vermutung jedoch nicht. Es wird in aller Regel sehr schwierig sein, ein Gericht oder Schiedsgericht davon zu überzeugen, dass die Fest-stellungen und Empfehlungen eines mit drei oder mehr hochkarätigen Experten be-setzten Gremiums nicht sachgerecht seien. Zudem werden Empfehlungen zeitnah zum eigentlichen Konflikt unter Anhörung der Parteien und Kenntnis der Baustelle und Aktenlage getroffen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass alle für die Entscheidung bedeutsamen und relevanten Tatsachen und Argumente in der Ent-scheidung des Dispute Review Boards berücksichtigt sind. In der ganz überwiegen-den Zahl der Fälle halten sich die Parteien daher an die Empfehlung des Dispute Re-view Boards ohne den Streit einer abschließenden gerichtlichen Klärung zuzuführen. Erfahrungsgemäß werden etwa 80 % der Schlichtungsempfehlungen von den Ver-tragspartnern akzeptiert.341

Obwohl Dispute Review Boards durchaus auch bei kleineren Bauvorhaben eingesetzt werden können, wird man das Verfahren angesichts der damit verbundenen Kosten vor allem bei Großprojekten in Erwägung ziehen. Aber auch hier ist in jedem Einzel-fall zu prüfen, ob regelmäßige Baustellenbesuche der Boardmitglieder wirtschaftlich vertretbar sind oder die Kosten außer Verhältnis zum Projektumfang oder Streitpo-tenzial stehen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Dispute Review Board erst im Streitfall zu konstituieren, wobei dadurch die vorgenannten Vorteile der Pro- 340 Vgl. Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 410 341 Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 170

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174 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

jektvertrautheit, Kenntnissen von technischen und juristischen Details sowie der Kon-fliktentwicklung entfallen.

Die Kosten des Verfahrens werden grundsätzlich zwischen den Bauvertragsparteien geteilt, unabhängig davon, zu wessen Gunsten die Empfehlungen des Dispute Re-view Boards ausgesprochen werden. Die Kosten für die Einrichtung eines baubeglei-tenden Dispute Review Boards betragen bei Großbauvorhaben etwa 0,05 % bis 0,5 % der Bausumme.342

Eine Sonderform des Dispute Review Boards ist das Dispute Review Board After Completion (DRBAC) für die Behandlung von Claims, die sich im Verlauf der Bau-maßnahme auf Grund ihrer Komplexität noch nicht lösen ließen und daher aufge-schoben wurden.343 Auch hier besteht der Vorteil des Verfahrens darin, dass das Gre-mium mit dem Projekt und den Problemstellungen bereits vertraut ist und einen schnellen und sachkundigen Schlichtungsvorschlag unterbreiten kann.

8.3.2 Dispute Adjudication Board Das Dispute Adjudication Board (DAB) ist ein bei Vertragsschluss festgelegtes Gre-mium von Ingenieuren und/oder Juristen, das baubegleitend zumindest vorläufig verbindliche Entscheidungen zu Streitigkeiten zwischen den Parteien trifft, die zu endgültigen Entscheidungen werden können, sofern sie nicht vor einem ordentlichen Gericht oder einem Schiedsgericht durch einen der Vertragspartner angefochten wer-den.344 Ziel der Einrichtung eines Dispute Adjudication Boards ist es, baubegleitend Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien beizulegen und Schlichtungssprüche zu fällen, die zumindest so lange verbindlich sind, bis die Baustelle abgeschlossen ist. Falls danach noch Uneinigkeiten bestehen, können noch immer ordentliche Gerichte oder Schiedsgerichte mit dem Thema befasst werden. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen jedoch, dass die Akzeptanz der Entscheidungen eines Dispute Adjudication Boards hoch und das Bedürfnis der Parteien, sich zum gleichen Thema noch ein zwei-tes Mal zu streiten, gering ist.345 Die Musterverträge der FIDIC enthalten bereits seit der „Test Edition 1998“ für die Vertragstypen Construction, EPC346 Turnkey Projects und Plant and Design-Build entsprechende Formulierungsvorschläge zur Vereinba-rung eines Dispute Adjudication Boards.347 Durch die Aufnahme der Regelungen des Dispute Adjudication Boards in die Allgemeinen Vertragsbedingungen ist dessen Anwendung von der FIDIC als Regelfall vorgesehen. Es bleibt den Vertragspartnern

342 Vgl. Rubin/Fairweather/Guy, 1999, S. 259; Schramke, in: NZBau 8/2002, S. 410 343 Vgl. Oberndorfer, 2003, S. 175 344 Vgl. Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297 345 Vgl. Hauschka, a. a. O. 346 Engineering, Procurement and Construction 347 Auch das ICC (International Chamber of Commerce) hat institutionelle Regeln zur Organisation und

Struktur von Dispute Adjudication Boards veröffentlicht, die im September 2004 in Kraft getreten sind.

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8.3 Neue Formen des Streitmanagements 175

jedoch unbenommen, durch Individualvereinbarung die Anwendung des Dispute Adjudication Boards auszuschließen.

Dispute Adjudication Boards haben sich im Ausland, insbesondere bei der Durchfüh-rung von Großprojekten, bewährt und werden überwiegend positiv bewertet. Die Weltbank erachtet es seit 1995 als zweckmäßig, solche Gremien bei internationalen Bauprojekten vertraglich zu vereinbaren. Bei allen von der Weltbank finanzierten Projekten mit einem Gesamtbauvolumen in Höhe von mindestens 50 Millionen US-Dollar ist der Einsatz eines Dispute Review Boards oder eines Dispute Adjudication Boards zwingend vorgeschrieben.348 In Großbritannien ist seit 1995 bei allen Bauvor-haben die Vereinbarung eines dem Dispute Adjudication Boards vergleichbaren Ver-fahrens ebenfalls erforderlich.349

Das Dispute Adjudication Board besteht in Abhängigkeit der Größe des Bauprojekts und der zu erwartenden Intensität und Vielfalt der Konflikte aus einer oder drei Per-sonen. Bei einem Gremium aus drei Personen schlägt zunächst jede Partei ein Mit-glied vor, dem die jeweils andere Partei ebenfalls zustimmen muss. Die zwei benann-ten Mitglieder bestellen gemeinsam ein drittes Mitglied, das gleichzeitig den Vorsitz übernimmt.350 Grundsätzlich werden zwei Verfahrensvarianten des Dispute Adjudi-cation Boards unterschieden. Im Rahmen des FIDIC-Vertragswerkes für Ingenieur-bauwerke und Gebäude (Conditions of Contract for Constructions, kurz: CONS), auch als das neue Red Book bezeichnet, ist ein ständiges Dispute Adjudication Board vorgesehen. Dieses Gremium begleitet die Baumaßnahme von Beginn an und wird mit sämtlichen Streitigkeiten betraut. Die Mitglieder erhalten den vertragsrelevanten Schriftverkehr regelmäßig zur Kenntnisnahme und sind über die Einzelheiten und aktuellen Entwicklungen des Bauprojekts fortlaufend informiert. Die Baustelle ist zudem regelmäßig, spätestens aber alle 140 Tage zu begehen.

Die kontinuierliche Information soll die Dauer der Entscheidungsfindung im Streitfall durch das geringere Maß an notwendiger Einarbeitung erheblich mindern. Im Rah-men der Conditions of Contract for Plant and Design-Build (P&DB)351 sowie den Con-ditions of Contract for EPC/Turnkey Projects (EPCT)352 ist eine als Ad-hoc Dispute Adjudication Board bezeichnete Variante vorgesehen. Hierbei wird für jeden Streitfall

348 Vgl. hierzu IBR-Interview mit Herrn Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG,

IBR 2000, 298 349 Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297 m. w. N. 350 Vgl. Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 325 351 Sog. Orange Book

Diese Vertragsbedingungen sind für den Bau elektrischer und mechanischer Anlagen, aber auch für die Planung und Ausführung von Ingenieurbauwerken vorgesehen. Wesentliches Element ist hierbei, dass der AN sowohl weite Teile der Planungsleistung als auch die gesamte Ausführungsplanung zu erbringen hat.

352 Sog. Silver Book Dieser Vertrag findet bei Projekten Anwendung, bei denen der AN die Verantwortung für die gesamte Planungs-leistung und die schlüsselfertige Erstellung des Bauwerks übernimmt.

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176 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

innerhalb einer Frist von 28 Tagen ein Dispute Adjudication Board eingesetzt, das mit der Entscheidungsfindung beauftragt wird. Das Ad-hoc Dispute Adjudication Board wird nach der Entscheidung wieder aufgelöst, sofern zwischenzeitlich nicht bereits der nächste Streitfall entstanden ist. Selbstverständlich können trotz der Vorgaben der FIDIC-Vertragsmuster individualvertragliche Regelungen über die Einsatzform des Dispute Adjudication Boards vereinbart werden. Der grundlegende Verfahrensablauf der beiden Varianten des Dispute Adjudication Boards ist nachfolgend abgebildet:

janein

nein

Vertragsschluss

Pflicht zur Erstellungeines DAB

Einigung auf Mitglieder

Unabhängige Instanzbestimmt Mitglieder

Einsetzung des DAB

Streitfall tritt ein

Antrag auf Streitlösung an DAB

Schriftliche Stellungnahme undsonstige Mitwirkung der Parteien

Entscheidung des DAB mit Begründung

Notice of dissatisfaction?

Streitfall tritt ein

Antrag auf Erstellung eines DAB

Schriftliche Stellungnahme und sonstige Mitwirkung der Parteien

Einigung auf Mitglieder?

Unabhängige Instanzbestimmt Mitglieder

Einsetzung des DAB

Antrag auf Streitlösung an DAB

Anzahlung gem. Vereinbarung erfolgt?

Unabhängige Instanzbestimmt Mitglieder

Zahlung der Vergütung an das DAB geleistet?

keine Entscheidung

Entscheidung istverbindlich

Gütliche Entscheidung?

Umsetzung derEntscheidung

Umsetzung derVereinbarung

Streitfall gelöst

Schiedsgericht

nein

ja

nein

nein

ja

nein

ja

ja

ja

höchstens28 Tage

umgehend

höchstens84 Tage

mind.56 Tage

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Entscheidung des DAB mit Begründung

Notice of dissatisfaction?

Entscheidung istverbindlich

Gütliche Entscheidung?

Umsetzung derEntscheidung

Umsetzung derVereinbarung

Streitfall gelöst

Schiedsgericht

nein

nein

ja

ja

höchstens28 Tage

umgehend

mind.56 Tage

höchstens84 Tage

höchstens28 Tage

Abbildung 8-2 Verfahrensablauf eines Dispute Adjudication Boards

Das Dispute Adjudication Board wird aktiv, sobald eine der Parteien schriftlich einen Streitfall an das Gremium heranträgt. Parallel dazu ist der Vertragspartner ebenfalls hierüber zu informieren. Eine Entscheidung über die im Antrag formulierte Streitfra-ge ist durch das Dispute Adjudication Board spätestens 84 Tage nach Antragstellung zu treffen. Die im Gegensatz zum Dispute Review Board353 verbindliche Entschei-dung, die auch unter Hinzuziehung zusätzlicher Experten und weiterer Befragungen

353 Siehe Kapitel 8.3.2

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8.3 Neue Formen des Streitmanagements 177

und Beweisaufnahmen getroffen werden kann, ist durch das Gremium zu begründen. Ist eine der Parteien mit der Entscheidung des Dispute Adjudication Boards nicht einverstanden, hat sie die Möglichkeit, innerhalb von 28 Tagen Einspruch bei der gegnerischen Partei einzulegen (Notice of dissatisfaction), wodurch das Recht ge-wahrt wird, bezüglich dieses Streitfalles ein ordentliches Gericht oder aber ein Schiedsgericht anzurufen.

Legt keine der Parteien innerhalb der Einspruchsfrist Widerspruch ein, ist die Ent-scheidung des Dispute Adjudication Boards für beide Parteien verbindlich und um-gehend umzusetzen. Hat eine der beiden Parteien jedoch Einspruch eingelegt, sind beide Parteien angehalten, innerhalb von 56 Tagen eine Einigung herbeizuführen. Kommt es auch innerhalb dieser Frist nicht zu einer gütlichen Einigung, kann der Streitfall schließlich einem Gericht zugetragen werden. Die vom Dispute Adjudication Board getroffene Entscheidung darf hierbei vor internationalen Schiedsgerichten als Beweis herangezogen werden, die klagende Partei hat also glaubhaft darzulegen, aus welchen Gründen das Urteil des fachkompetent und unabhängig besetzten Dispute Adjudication Boards falsch ist.354

Mit Hilfe dieses Verfahrens können die Parteien in vergleichsweise kurzer Zeit Klar-heit über die Berechtigung und Höhe ihrer Ansprüche erlangen. Die vorgegebenen Fristen können auch hier individualvertraglich angepasst werden.

Die Vergütung der Mitglieder eines Dispute Adjudication Boards wird von beiden Parteien zu gleichen Teilen getragen und setzt sich aus einer Bereitschaftsgebühr, der sog. Retainer Fee (nur bei ständigen Dispute Adjudication Boards), einer als Daily Fee bezeichneten Tagespauschale und der Kostenerstattung aller Auslagen und Steuern zusammen.

Auf Grund der guten Erfahrungen hat beispielsweise die Hochtief AG nach einem ersten Einsatz eines Dispute Adjudication Boards bei einem Staudammprojekt in Chi-na das Verfahren bei Folgeprojekten wie z. B. dem Flughafen Athen, einem Stau-dammprojekt in Letsotho (Südafrika) oder dem Bau einer Schnellbahnstrecke in Tai-wan eingesetzt.355

8.3.3 Adjudication in England In England wurde 1998 im Rahmen eines Gesetzes mit der Bezeichnung Housing Grants, Construction and Regeneration Act (HGCRA) 1996 ein Konfliktlösungsver-fahren eingeführt, das bei allen Baustreitigkeiten zwingend durchgeführt werden muss, bevor ein solcher Streit einem staatlichen Gericht übertragen werden kann.356

354 Vgl. hierzu Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 328 355 Vgl. hierzu IBR-Interview mit Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG, IBR

2000, 298 356 Vgl. Haghsheno/Kilian, in: Jahrbuch Baurecht 2004, S. 331 f.

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178 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Hintergrund der Entwicklung war die völlige Überlastung der Schieds- und staatli-chen Gerichte mit Bauprozessen zu Beginn der neunziger Jahre, die ein Verfahren mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand nahezu unmöglich machten. Das Verfahren wird als Adjudication (Schlichtung) bezeichnet und entspricht in etwa dem Verfahren des Dispute Adjudication Boards, wie es in den neuen FIDIC-Verträgen vorgesehen ist (vgl. hierzu auch Kapitel 8.3.2), mit dem Unterschied, dass ein Dispute Adjudica-tion Board bereits mit Vertragsschluss bestimmt wird.

Ziel des Verfahrens ist neben der Entlastung der Gerichte die schnelle und kosten-günstige Konfliktlösung. Ein fachkundiger Adjudicator (Schlichter) hat hierbei die Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu treffen, die auf seinen eigenen Kenntnissen und Untersuchungen beruhen und die im Regelfall innerhalb von 28 Tagen nach Ein-leitung des Verfahrens mitzuteilen sind.357 Entscheidungen des Adjudicators sind zunächst verbindlich zu befolgen, können aber zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Rechtsweg angefochten werden.

Trotz der Bedenken, die ursprünglich insbesondere hinsichtlich der kurzen Frist zwi-schen Einleitung des Verfahrens und Entscheidung des Adjudicators geäußert wur-den, zeigen die zwischenzeitlich vorliegenden Gerichtsentscheidungen, dass die Ge-richte die Vollstreckbarkeit der Adjudicator-Entscheidungen nur in Ausnahmefällen, wie etwa der fehlenden Zuständigkeit des Adjudicators oder bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern, abgelehnt haben.358

8.3.4 Die Baubegleitende Einigungsstelle (BEST) In einem Fachbeitrag für das Jahrbuch Baurecht 2002 stellte Hauschka mit der Baube-gleitenden Einigungsstelle, kurz BEST, die deutsche Version eines Dispute Adjudica-tion Boards vor.359 Die Baubegleitende Einigungsstelle wird inzwischen auch vom Bayerischen Bauindustrieverband als geeignetes Mittel zur Konfliktvermeidung und Konfliktbewältigung vorgeschlagen.

Mit einem Mustervertrag zur Einrichtung einer Baubegleitenden Einigungsstelle wird der Versuch unternommen, ein im Ausland bereits bewährtes Instrument auch in Deutschland bekannter zu machen. Zielsetzung ist, wie auch bei der Einrichtung ei-nes Dispute Adjudication Boards, den Bauherren und Unternehmen unter Einbin-dung technischen und juristischen Sachverstandes zu schnellen, wenn auch ggf. vor-läufigen, Entscheidungen zu verhelfen, statt Streitigkeiten in jahrelangen Großverfah-ren vor den Gerichten verhandeln zu müssen.360 Ein solcher Vertrag muss bereits vor

357 Vgl. hierzu IBR-Interview mit Baur, Chartered Quantity Surveyor, England, IBR 2003, 113 358 Vgl. Kochendörfer, in: Projekt Management 2/2004, S. 24 359 Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 297 ff. 360 Vgl. Hauschka, in: Jahrbuch Baurecht 2002, S. 298

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8.4 Zusammenfassung 179

dem Auftreten erster Konflikte bestehen und sollte idealerweise bereits als Ergänzung des Bauvertrags abgeschlossen werden.

Um die Akzeptanz einer Baubegleitenden Einigungsstelle zu fördern, besteht diese aus einem von beiden Parteien gemeinsam benannten Vorsitzenden und jeweils ei-nem auftragnehmerseitig und auftraggeberseitig bestimmten Beisitzer. Für Entschei-dungen des dreiköpfigen Gremiums genügt die einfache Mehrheit. Die Vergütung erfolgt auf Zeitbasis, alle Auslagen werden ersetzt. Die Kostenaufteilung wird in Ab-hängigkeit des Streitfalls durch das Gremium nach billigem Ermessen festgelegt.

Die Baubegleitende Einigungsstelle wird auf Antrag tätig und hat binnen einer Wo-che den Sachverhalt mit den Streitparteien zu erörtern. Die Erörterung wird protokol-liert und von den Vertragspartnern paraphiert. Sofern nicht bereits im Rahmen der Erörterung des Sachverhaltes eine Einigung erfolgt ist, hat die Baubegleitende Eini-gungsstelle eine schriftlich zu begründende Entscheidung zu treffen. Falls erforder-lich, hat das Gremium die Befugnis, Sachverständige zur Klärung hinzuzuziehen.

Die Entscheidung der Baubegleitenden Einigungsstelle ist verbindlich, erst zwei Mo-nate nach Abnahme des Bauwerks können gerichtliche Verfahren oder Schiedsverfah-ren zur Aufhebung der Entscheidung eingeleitet werden.

8.4 Zusammenfassung

Konflikte im Bauwesen binden zumeist erhebliche personelle und finanzielle Kapazi-täten. Sie können die Fortführung des Projekts be- oder verhindern und führen mit zunehmender Dauer und Intensität zur Beeinträchtigung der konstruktiven Zusam-menarbeit der Vertragspartner, erschweren Kommunikationsprozesse und belasten Geschäftsbeziehungen. Ungelöste Konflikte sind teuer und sollten daher möglichst schnell unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen geklärt werden.

Grundsätzlich ist der Abschluss eines fairen Vertrags mit angemessener Vergütungs-vereinbarung, klarer Schnittstellenbeschreibung, transparenter Regelung der Risiko-verteilung sowie einer eindeutigen und vollständigen Leistungsbeschreibung die effektivste Art der Streitvermeidung.

Die aufgezeigten Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegung bieten den Vertrags-partnern die Option, im Bedarfsfall geeignete Verfahrensmodelle auszuwählen und anzuwenden, die für die jeweiligen Konflikte angemessen und zielführend sind. Je nach Eskalationsstufe können verschiedene Konfliktbehandlungen unterschieden werden:

Kooperative Verfahren ohne Dritte Kooperative Verfahren unter Assistenz von Dritten Entscheidung durch Dritte

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180 8 Nachtragsprophylaxe – alternative Streitbeilegung

Die Vorteile der Einrichtung eines Dispute Review Boards (DRB), eines Dispute Ad-judication Boards (DAB) oder einer Baubegleitenden Einigungsstelle (BEST) liegen auf der Hand:

Der Einsatz eines solchen Gremiums ermöglicht eine Entscheidung von neutralen Experten schon während der Bauzeit, also in einem sehr frühen Konfliktstadium auf einer niedrigen Eskalationsstufe, so dass Konflikte zeitnah beigelegt werden können, ohne den weiteren Bauablauf nachteilig zu beeinflussen. Das Verfahren ist trotz der anfallenden Kosten zumindest bei Großbauvorhaben wirtschaftlich anwendbar und im Vergleich zu Schiedsgerichtsverfahren oder Verfahren vor staatlichen Gerichten ausgesprochen kostengünstig. Erfahrungen aus der Praxis haben zudem gezeigt, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit der Anfechtung von Entscheidungen des Dis-pute Adjudication Boards äußerst selten in Anspruch nehmen.361

So ist es durchaus vorstellbar und wünschenswert, neue Formen des Streitmanage-ments, sowohl den Einsatz eines Dispute Review Boards mit Empfehlungscharakter als auch das Dispute Adjudication Board mit Bindungswirkung vermehrt bei Baupro-jekten in Deutschland einzusetzen, um die zum Teil mehrjährigen und kostenintensi-ven Nachtragsstreitigkeiten nicht weiter ausufern zu lassen und schnelle Entschei-dungen im Sinne eines zielgerichteten Projektfortschrittes zu fördern.

361 Vgl. hierzu IBR-Interview mit Dr. Goedel, Leiter der Rechtsabteilung (Ausland) der Hochtief AG, IBR

2000, 298

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181

Anhang

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen

(VOB/B Ausgabe 2006)

§ 1 Art und Umfang der Leistung

1. Die auszuführende Leistung wird nach Art und Umfang durch den Vertrag bestimmt. Als Bestandteil des Vertrags gelten auch die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C).

2. Bei Widersprüchen im Vertrag gelten nacheinander: a) die Leistungsbeschreibung, b) die Besonderen Vertragsbedingungen, c) etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen, d) etwaige Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen, e) die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, f) die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen.

3. Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber vorbehalten. 4. Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat

der Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist. Andere Leistungen können dem Auftragnehmer nur mit sei-ner Zustimmung übertragen werden.

§ 2 Vergütung

1. Durch die vereinbarten Preise werden alle Leistungen abgegolten, die nach der Leistungsbeschreibung, den Besonderen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Tech-nischen Vertragsbedingungen, den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen und der gewerblichen Verkehrssitte zur vertraglichen Leistung gehören.

2. Die Vergütung wird nach den vertraglichen Einheitspreisen und den tatsächlich ausgeführten Leistun-gen berechnet, wenn keine andere Berechnungsart (z. B. durch Pauschalsumme, nach Stundenlohn-sätzen, nach Selbstkosten) vereinbart ist.

3. (1) Weicht die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche Einheits-preis.(2) Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neu-er Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. (3) Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit

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182 Anhang

der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemein-kosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet. (4) Sind von der unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung andere Leistungen ab-hängig, für die eine Pauschalsumme vereinbart ist, so kann mit der Änderung des Einheitspreises auch eine angemessene Änderung der Pauschalsumme gefordert werden.

4. Werden im Vertrag ausbedungene Leistungen des Auftragnehmers vom Auftraggeber selbst übernom-men (z. B. Lieferung von Bau-, Bauhilfs- und Betriebsstoffen), so gilt, wenn nichts anderes vereinbart wird, § 8 Nr. 1 Abs. 2 entsprechend.

5. Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundla-gen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berück-sichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung ge-troffen werden.

6. (1) Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt. (2) Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.

7. (1) Ist als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart, so bleibt die Vergütung unverän-dert. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist (§ 313 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen. (2) Die Regelungen der Nr. 4, 5 und 6 gelten auch bei Vereinbarung einer Pauschalsumme. (3) Wenn nichts anderes vereinbart ist, gelten die Absätze 1 und 2 auch für Pauschalsummen, die für Teile der Leistung vereinbart sind; Nummer 3 Abs. 4 bleibt unberührt.

8. (1) Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, werden nicht vergütet. Der Auftragnehmer hat sie auf Verlangen innerhalb einer an-gemessenen Frist zu beseitigen; sonst kann es auf seine Kosten geschehen. Er haftet außerdem für ande-re Schäden, die dem Auftraggeber hieraus entstehen. (2) Eine Vergütung steht dem Auftragnehmer jedoch zu, wenn der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt. Eine Vergütung steht ihm auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unver-züglich angezeigt wurden. Soweit dem Auftragnehmer eine Vergütung zusteht, gelten die Berech-nungsgrundlagen für geänderte oder zusätzliche Leistungen der Nummer 5 oder 6 entsprechend. (3) Die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) bleiben unbe-rührt.

9. (1) Verlangt der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftrag-nehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte, nicht zu beschaffen hat, so hat er sie zu vergüten. (2) Lässt er vom Auftragnehmer nicht aufgestellte technische Berechnungen durch den Auftragnehmer nachprüfen, so hat er die Kosten zu tragen.

10. Stundenlohnarbeiten werden nur vergütet, wenn sie als solche vor ihrem Beginn ausdrücklich verein-bart worden sind (§ 15).

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VOB/B 183

§ 3 Ausführungsunterlagen

1. Die für die Ausführung nötigen Unterlagen sind dem Auftragnehmer unentgeltlich und rechtzeitig zu übergeben.

2. Das Abstecken der Hauptachsen der baulichen Anlagen, ebenso der Grenzen des Geländes, das dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt wird, und das Schaffen der notwendigen Höhenfestpunkte in unmittelbarer Nähe der baulichen Anlagen sind Sache des Auftraggebers.

3. Die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Geländeaufnahmen und Absteckungen und die übri-gen für die Ausführung übergebenen Unterlagen sind für den Auftragnehmer maßgebend. Jedoch hat er sie, soweit es zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung gehört, auf etwaige Unstimmigkeiten zu überprüfen und den Auftraggeber auf entdeckte oder vermutete Mängel hinzuweisen.

4. Vor Beginn der Arbeiten ist, soweit notwendig, der Zustand der Straßen und Geländeoberfläche, der Vorfluter und Vorflutleitungen, ferner der baulichen Anlagen im Baubereich in einer Niederschrift fest-zuhalten, die vom Auftraggeber und Auftragnehmer anzuerkennen ist.

5. Zeichnungen, Berechnungen, Nachprüfungen von Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen, oder der gewerb-lichen Verkehrssitte oder auf besonderes Verlangen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 9) zu beschaffen hat, sind dem Auftraggeber nach Aufforderung rechtzeitig vorzulegen.

6. (1) Die in Nummer 5 genannten Unterlagen dürfen ohne Genehmigung ihres Urhebers nicht veröffent-licht, vervielfältigt, geändert oder für einen anderen als den vereinbarten Zweck benutzt werden. (2) An DV-Programmen hat der Auftraggeber das Recht zur Nutzung mit den vereinbarten Leistungs-merkmalen in unveränderter Form auf den festgelegten Geräten. Der Auftraggeber darf zum Zwecke der Datensicherung zwei Kopien herstellen. Diese müssen alle Identifikationsmerkmale enthalten. Der Verbleib der Kopien ist auf Verlangen nachzuweisen. (3) Der Auftragnehmer bleibt unbeschadet des Nutzungsrechts des Auftraggebers zur Nutzung der Un-terlagen und der DV-Programme berechtigt.

§ 4 Ausführung

1. (1) Der Auftraggeber hat für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle zu sorgen und das Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer zu regeln. Er hat die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse – z. B. nach dem Baurecht, dem Straßenver-kehrsrecht, dem Wasserrecht, dem Gewerberecht – herbeizuführen.

(2) Der Auftraggeber hat das Recht, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung zu überwachen. Hierzu hat er Zutritt zu den Arbeitsplätzen, Werkstätten und Lagerräumen, wo die vertragliche Leis-tung oder Teile von ihr hergestellt oder die hierfür bestimmten Stoffe und Bauteile gelagert werden. Auf Verlangen sind ihm die Werkzeichnungen oder andere Ausführungsunterlagen sowie die Ergebnisse von Güteprüfungen zur Einsicht vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wenn hier-durch keine Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden. Als Geschäftsgeheimnis bezeichnete Auskünf-te und Unterlagen hat er vertraulich zu behandeln.

(3) Der Auftraggeber ist befugt, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung (Nr. 2) Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung notwendig sind. Die An-ordnungen sind grundsätzlich nur dem Auftragnehmer oder seinem für die Leitung der Ausführung bestellten Vertreter zu erteilen, außer wenn Gefahr im Verzug ist. Dem Auftraggeber ist mitzuteilen, wer jeweils als Vertreter des Auftragnehmers für die Leitung der Ausführung bestellt ist.

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184 Anhang

(4) Hält der Auftragnehmer die Anordnungen des Auftraggebers für unberechtigt oder unzweckmäßig, so hat er seine Bedenken geltend zu machen, die Anordnungen jedoch auf Verlangen auszuführen, wenn nicht gesetzliche oder behördliche Bestimmungen entgegenstehen. Wenn dadurch eine ungerecht-fertigte Erschwerung verursacht wird, hat der Auftraggeber die Mehrkosten zu tragen.

2. (1) Der Auftragnehmer hat die Leistung unter eigener Verantwortung nach dem Vertrag auszuführen. Dabei hat er die anerkannten Regeln der Technik und die gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu beachten. Es ist seine Sache, die Ausführung seiner vertraglichen Leistung zu leiten und für Ordnung auf seiner Arbeitsstelle zu sorgen. (2) Er ist für die Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und berufsgenossenschaftlichen Verpflichtun-gen gegenüber seinen Arbeitnehmern allein verantwortlich. Es ist ausschließlich seine Aufgabe, die Vereinbarungen und Maßnahmen zu treffen, die sein Verhältnis zu den Arbeitnehmern regeln.

3. Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Siche-rung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Anga-ben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.

4. Der Auftraggeber hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem Auftragnehmer unentgeltlich zur Benut-zung oder Mitbenutzung zu überlassen: a) die notwendigen Lager- und Arbeitsplätze auf der Baustelle, b) vorhandene Zufahrtswege und Anschlussgleise, c) vorhandene Anschlüsse für Wasser und Energie. Die Kosten für den Verbrauch und den Messer oder Zähler trägt der Auftragnehmer, mehrere Auftragnehmer tragen sie anteilig.

5. Der Auftragnehmer hat die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm für die Ausführung überge-benen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Auf Verlangen des Auftraggebers hat er sie vor Winterschäden und Grundwasser zu schützen, ferner Schnee und Eis zu beseitigen. Obliegt ihm die Verpflichtung nach Satz 2 nicht schon nach dem Vertrag, so regelt sich die Vergütung nach § 2 Nr. 6.

6. Stoffe oder Bauteile, die dem Vertrag oder den Proben nicht entsprechen, sind auf Anordnung des Auftraggebers innerhalb einer von ihm bestimmten Frist von der Baustelle zu entfernen. Geschieht es nicht, so können sie auf Kosten des Auftragnehmers entfernt oder für seine Rechnung veräußert wer-den.

7. Leistungen, die schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt werden, hat der Auftragnehmer auf eigene Kosten durch mangelfreie zu ersetzen. Hat der Auftragnehmer den Mangel oder die Vertragswidrigkeit zu vertreten, so hat er auch den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3).

8. (1) Der Auftragnehmer hat die Leistung im eigenen Betrieb auszuführen. Mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf er sie an Nachunternehmer übertragen. Die Zustimmung ist nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist. Erbringt der Auftragnehmer ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers Leistungen nicht im eigenen Betrieb, obwohl sein Be-trieb darauf eingerichtet ist, kann der Auftraggeber ihm eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leis-tung im eigenen Betrieb setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3). (2) Der Auftragnehmer hat bei der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teile B und C zugrunde zu legen. (3) Der Auftragnehmer hat die Nachunternehmer dem Auftraggeber auf Verlangen bekannt zu geben.

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9. Werden bei Ausführung der Leistung auf einem Grundstück Gegenstände von Altertums-, Kunst- oder wissenschaftlichem Wert entdeckt, so hat der Auftragnehmer vor jedem weiteren Aufdecken oder Än-dern dem Auftraggeber den Fund anzuzeigen und ihm die Gegenstände nach näherer Weisung abzulie-fern. Die Vergütung etwaiger Mehrkosten regelt sich nach § 2 Nr. 6. Die Rechte des Entdeckers (§ 984 BGB) hat der Auftraggeber.

10. Der Zustand von Teilen der Leistung ist auf Verlangen gemeinsam von Auftraggeber und Auftragneh-mer festzustellen, wenn diese Teile der Leistung durch die weitere Ausführung der Prüfung und Fest-stellung entzogen werden. Das Ergebnis ist schriftlich niederzulegen.

§ 5 Ausführungsfristen

1. Die Ausführung ist nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu för-dern und zu vollenden. In einem Bauzeitenplan enthaltene Einzelfristen gelten nur dann als Vertrags-fristen, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart ist.

2. Ist für den Beginn der Ausführung keine Frist vereinbart, so hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat inner-halb von 12 Werktagen nach Aufforderung zu beginnen. Der Beginn der Ausführung ist dem Auftrag-geber anzuzeigen.

3. Wenn Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile so unzureichend sind, dass die Ausführungs-fristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüg-lich Abhilfe schaffen.

4. Verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung, gerät er mit der Vollendung in Verzug, oder kommt er der in Nummer 3 erwähnten Verpflichtung nicht nach, so kann der Auftraggeber bei Auf-rechterhaltung des Vertrages Schadensersatz nach § 6 Nr. 6 verlangen oder dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe (§ 8 Nr. 3).

§ 6 Behinderung und Unterbrechung der Ausführung

1. Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren.

2. (1) Ausführungsfristen werden verlängert, soweit die Behinderung verursacht ist: a) durch einen Umstand aus dem Risikobereich des Auftraggebers,b) durch Streik oder eine von der Berufsvertretung der Arbeitgeber angeordnete Aussperrung im Be-trieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbeitenden Betrieb, c) durch höhere Gewalt oder andere für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände. (2) Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit, mit denen bei Abgabe des Angebots normaler-weise gerechnet werden musste, gelten nicht als Behinderung.

3. Der Auftragnehmer hat alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterfüh-rung der Arbeiten zu ermöglichen. Sobald die hindernden Umstände wegfallen, hat er ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Auftraggeber davon zu benachrichtigen.

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4. Die Fristverlängerung wird berechnet nach der Dauer der Behinderung mit einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit.

5. Wird die Ausführung für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, ohne dass die Leistung dauernd unmöglich wird, so sind die ausgeführten Leistungen nach den Vertragspreisen abzurechnen und außerdem die Kosten zu vergüten, die dem Auftragnehmer bereits entstanden und in den Vertragsprei-sen des nicht ausgeführten Teils der Leistung enthalten sind.

6. Sind die hindernden Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten, so hat der andere Teil Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens, des entgangenen Gewinns aber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Im Übrigen bleibt der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB unberührt, sofern die Anzeige nach Nr. 1 Satz 1 erfolgt oder wenn Offenkundigkeit nach Nr. 1 Satz 2 gegeben ist.

7. Dauert eine Unterbrechung länger als 3 Monate, so kann jeder Teil nach Ablauf dieser Zeit den Vertrag schriftlich kündigen. Die Abrechnung regelt sich nach den Nummern 5 und 6; wenn der Auftragnehmer die Unterbrechung nicht zu vertreten hat, sind auch die Kosten der Baustellenräumung zu vergüten, soweit sie nicht in der Vergütung für die bereits ausgeführten Leistungen enthalten sind.

§ 7 Verteilung der Gefahr

1. Wird die ganz oder teilweise ausgeführte Leistung vor der Abnahme durch höhere Gewalt, Krieg, Aufruhr oder andere objektiv unabwendbare vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände be-schädigt oder zerstört, so hat dieser für die ausgeführten Teile der Leistung die Ansprüche nach § 6 Nr. 5; für andere Schäden besteht keine gegenseitige Ersatzpflicht.

2. Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören alle mit der baulichen Anlage unmittelbar verbundenen, in ihre Substanz eingegangenen Leistungen, unabhängig von deren Fertigstellungsgrad.

3. Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören nicht die noch nicht eingebauten Stoffe und Bauteile sowie die Baustelleneinrichtung und Absteckungen. Zu der ganz oder teilweise ausgeführten Leistung gehören ebenfalls nicht Baubehelfe, z. B. Gerüste, auch wenn diese als Besondere Leistung oder selbständig vergeben sind.

§ 8 Kündigung durch den Auftraggeber

1. (1) Der Auftraggeber kann bis zur Vollendung der Leistung jederzeit den Vertrag kündigen. (2) Dem Auftragnehmer steht die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was

er infolge der Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 BGB).

2. (1) Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt, von ihm oder zulässigerweise vom Auftraggeber oder einem anderen Gläubiger das Insolvenzverfahren (§§ 14 und 15 InsO) beziehungsweise ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt ist, ein solches Verfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. (2) Die ausgeführten Leistungen sind nach § 6 Nr. 5 abzurechnen. Der Auftraggeber kann Schadenser-satz wegen Nichterfüllung des Restes verlangen.

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3. (1) Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Nr. 7 und 8 Abs. 1 und des § 5 Nr. 4 die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist (Entziehung des Auftrags). Die Entziehung des Auf-trags kann auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden.

(2) Nach der Entziehung des Auftrags ist der Auftraggeber berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen. Er ist auch berechtigt, auf die weitere Ausführung zu verzichten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, wenn die Ausführung aus den Gründen, die zur Entziehung des Auftrags geführt haben, für ihn kein Interesse mehr hat.

(3) Für die Weiterführung der Arbeiten kann der Auftraggeber Geräte, Gerüste, auf der Baustelle vor-handene andere Einrichtungen und angelieferte Stoffe und Bauteile gegen angemessene Vergütung in Anspruch nehmen.

(4) Der Auftraggeber hat dem Auftragnehmer eine Aufstellung über die entstandenen Mehrkosten und über seine anderen Ansprüche spätestens binnen 12 Werktagen nach Abrechnung mit dem Dritten zu-zusenden.

4. Der Auftraggeber kann den Auftrag entziehen, wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe eine Abrede getroffen hatte, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Die Kündigung ist in-nerhalb von 12 Werktagen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes auszusprechen. Nummer 3 gilt entsprechend.

5. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. 6. Der Auftragnehmer kann Aufmaß und Abnahme der von ihm ausgeführten Leistungen alsbald nach

der Kündigung verlangen; er hat unverzüglich eine prüfbare Rechnung über die ausgeführten Leistun-gen vorzulegen.

7. Eine wegen Verzugs verwirkte, nach Zeit bemessene Vertragsstrafe kann nur für die Zeit bis zum Tag der Kündigung des Vertrags gefordert werden.

§ 9 Kündigung durch den Auftragnehmer

1. Der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen: a) wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer

außerstande setzt, die Leistung auszuführen (Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB), b) wenn der Auftraggeber eine fällige Zahlung nicht leistet oder sonst in Schuldnerverzug gerät. 2. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie ist erst zulässig, wenn der Auftragnehmer dem Auftrag-

geber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt und erklärt hat, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde.

3. Die bisherigen Leistungen sind nach den Vertragspreisen abzurechnen. Außerdem hat der Auftrag-nehmer Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 642 BGB; etwaige weitergehende Ansprüche des Auftragnehmers bleiben unberührt.

§ 10 Haftung der Vertragsparteien

1. Die Vertragsparteien haften einander für eigenes Verschulden sowie für das Verschulden ihrer ge-setzlichen Vertreter und der Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedienen (§§ 276, 278 BGB).

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2. (1) Entsteht einem Dritten im Zusammenhang mit der Leistung ein Schaden, für den auf Grund gesetz-licher Haftpflichtbestimmungen beide Vertragsparteien haften, so gelten für den Ausgleich zwischen den Vertragsparteien die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen, soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist. Soweit der Schaden des Dritten nur die Folge einer Maßnahme ist, die der Auftraggeber in dieser Form angeordnet hat, trägt er den Schaden allein, wenn ihn der Auftragnehmer auf die mit der angeordneten Ausführung verbundene Gefahr nach § 4 Nr. 3 hingewiesen hat. (2) Der Auftragnehmer trägt den Schaden allein, soweit er ihn durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnis-se abgestellten Prämien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zuge-lassenen Versicherer hätte decken können.

3. Ist der Auftragnehmer einem Dritten nach den §§ 823 ff. BGB zu Schadensersatz verpflichtet wegen unbefugten Betretens oder Beschädigung angrenzender Grundstücke, wegen Entnahme oder Auflage-rung von Boden oder anderen Gegenständen außerhalb der vom Auftraggeber dazu angewiesenen Flächen oder wegen der Folgen eigenmächtiger Versperrung von Wegen oder Wasserläufen, so trägt er im Verhältnis zum Auftraggeber den Schaden allein.

4. Für die Verletzung gewerblicher Schutzrechte haftet im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander der Auftragnehmer allein, wenn er selbst das geschützte Verfahren oder die Verwendung geschützter Ge-genstände angeboten oder wenn der Auftraggeber die Verwendung vorgeschrieben und auf das Schutzrecht hingewiesen hat.

5. Ist eine Vertragspartei gegenüber der anderen nach den Nummern 2, 3 oder 4 von der Ausgleichspflicht befreit, so gilt diese Befreiung auch zugunsten ihrer gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehilfen, wenn sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.

6. Soweit eine Vertragspartei von dem Dritten für einen Schaden in Anspruch genommen wird, den nach den Nummern 2, 3 oder 4 die andere Vertragspartei zu tragen hat, kann sie verlangen, dass ihre Ver-tragspartei sie von der Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten befreit. Sie darf den Anspruch des Dritten nicht anerkennen oder befriedigen, ohne der anderen Vertragspartei vorher Gelegenheit zur Äußerung gegeben zu haben.

§ 11 Vertragsstrafe

1. Wenn Vertragsstrafen vereinbart sind, gelten die §§ 339 bis 345 BGB. 2. Ist die Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass der Auftragnehmer nicht in der vorgesehenen Frist

erfüllt, so wird sie fällig, wenn der Auftragnehmer in Verzug gerät. 3. Ist die Vertragsstrafe nach Tagen bemessen, so zählen nur Werktage; ist sie nach Wochen bemessen, so

wird jeder Werktag angefangener Wochen als 1/6 Woche gerechnet. 4. Hat der Auftraggeber die Leistung abgenommen, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er dies bei

der Abnahme vorbehalten hat.

§ 12 Abnahme

1. Verlangt der Auftragnehmer nach der Fertigstellung – gegebenenfalls auch vor Ablauf der vereinbarten Ausführungsfrist – die Abnahme der Leistung, so hat sie der Auftraggeber binnen 12 Werktagen durch-zuführen; eine andere Frist kann vereinbart werden.

2. Auf Verlangen sind in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen. 3. Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme bis zur Beseitigung verweigert werden.

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4. (1) Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen. Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schrift-lich niederzulegen. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. Jede Partei erhält eine Ausfertigung. (2) Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.

5. (1) Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung. (2) Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist. Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme. (3) Vorbehalte wegen bekannter Mängel oder wegen Vertragsstrafen hat der Auftraggeber spätestens zu den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkten geltend zu machen.

6. Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Auftraggeber über, soweit er sie nicht schon nach § 7 trägt.

§ 13 Mängelansprüche

1. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sach-mängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffen-heit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, a) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst b) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der glei-chen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.

2. Bei Leistungen nach Probe gelten die Eigenschaften der Probe als vereinbarte Beschaffenheit, soweit nicht Abweichungen nach der Verkehrssitte als bedeutungslos anzusehen sind. Dies gilt auch für Pro-ben, die erst nach Vertragsabschluss als solche anerkannt sind.

3. Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftragge-bers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Nr. 3 obliegende Mitteilung gemacht.

4. (1) Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache be-steht, und für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1 be-trägt die Verjährungsfrist für feuerberührte und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsan-lagen 1 Jahr. (2) Ist für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die War-tung Einfluss auf Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, nichts anderes vereinbart, beträgt für diese An-lagenteile die Verjährungsfrist für Mängelansprüche abweichend von Abs. 1 zwei Jahre, wenn der Auf-traggeber sich dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungs-frist nicht zu übertragen; dies gilt auch, wenn für weitere Leistungen eine andere Verjährungsfrist ver-einbart ist. (3) Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Nr. 2).

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5. (1) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auf-traggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Nummer 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist. Nach Abnahme der Mängelbe-seitigungsleistung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach Nummer 4 oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet. (2) Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber ge-setzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftrag-nehmers beseitigen lassen.

6. Ist die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar oder ist sie unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer ver-weigert, so kann der Auftraggeber durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern (§ 638 BGB).

7. (1) Der Auftragnehmer haftet bei schuldhaft verursachten Mängeln für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit. (2) Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln haftet er für alle Schäden. (3) Im Übrigen ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Her-stellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurück-zuführen ist. Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer nur dann zu ersetzen, a) wenn der Mangel auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik beruht, b) wenn der Mangel in dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit besteht oder c) soweit der Auftragnehmer den Schaden durch Versicherung seiner gesetzlichen Haftpflicht gedeckt hat oder durch eine solche zu tarifmäßigen, nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse abgestellten Prä-mien und Prämienzuschlägen bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherer hätte decken können. (4) Abweichend von Nummer 4 gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen, soweit sich der Auftrag-nehmer nach Absatz 3 durch Versicherung geschützt hat oder hätte schützen können oder soweit ein besonderer Versicherungsschutz vereinbart ist. (5) Eine Einschränkung oder Erweiterung der Haftung kann in begründeten Sonderfällen vereinbart werden.

§ 14 Abrechnung

1. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen prüfbar abzurechnen. Er hat die Rechnungen übersichtlich aufzustellen und dabei die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden. Die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung er-forderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege sind beizufügen. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sind in der Rechnung besonders kenntlich zu machen; sie sind auf Verlangen getrennt abzurechnen.

2. Die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen sind dem Fortgang der Leistung entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen. Die Abrechnungsbestimmungen in den Technischen Vertragsbe-dingungen und den anderen Vertragsunterlagen sind zu beachten. Für Leistungen, die bei Weiter-

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führung der Arbeiten nur schwer feststellbar sind, hat der Auftragnehmer rechtzeitig gemeinsame Fest-stellungen zu beantragen.

3. Die Schlussrechnung muss bei Leistungen mit einer vertraglichen Ausführungsfrist von höchstens 3 Monaten spätestens 12 Werktage nach Fertigstellung eingereicht werden, wenn nichts anderes verein-bart ist; diese Frist wird um je 6 Werktage für je weitere 3 Monate Ausführungsfrist verlängert.

4. Reicht der Auftragnehmer eine prüfbare Rechnung nicht ein, obwohl ihm der Auftraggeber dafür eine angemessene Frist gesetzt hat, so kann sie der Auftraggeber selbst auf Kosten des Auftragnehmers auf-stellen.

§ 15 Stundenlohnarbeiten

1. (1) Stundenlohnarbeiten werden nach den vertraglichen Vereinbarungen abgerechnet. (2) Soweit für die Vergütung keine Vereinbarungen getroffen worden sind, gilt die ortsübliche Vergü-tung. Ist diese nicht zu ermitteln, so werden die Aufwendungen des Auftragnehmers für Lohn- und Gehaltskosten der Baustelle, Lohn- und Gehaltsnebenkosten der Baustelle, Stoffkosten der Baustelle, Kosten der Einrichtungen, Geräte, Maschinen und maschinellen Anlagen der Baustelle, Fracht-, Fuhr- und Ladekosten, Sozialkassenbeiträge und Sonderkosten, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung ent-stehen, mit angemessenen Zuschlägen für Gemeinkosten und Gewinn (einschließlich allgemeinem Un-ternehmerwagnis) zuzüglich Umsatzsteuer vergütet.

2. Verlangt der Auftraggeber, dass die Stundenlohnarbeiten durch einen Polier oder eine andere Auf-sichtsperson beaufsichtigt werden, oder ist die Aufsicht nach den einschlägigen Unfallverhütungsvor-schriften notwendig, so gilt Nummer 1 entsprechend.

3. Dem Auftraggeber ist die Ausführung von Stundenlohnarbeiten vor Beginn anzuzeigen. Über die ge-leisteten Arbeitsstunden und den dabei erforderlichen, besonders zu vergütenden Aufwand für den Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anla-gen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, je nach der Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen (Stundenlohnzettel) einzu-reichen. Der Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 6 Werktagen nach Zugang, zurückzugeben. Dabei kann er Einwendungen auf den Stundenlohnzetteln oder gesondert schriftlich erheben. Nicht fristgemäß zurückgegebene Stundenlohn-zettel gelten als anerkannt.

4. Stundenlohnrechnungen sind alsbald nach Abschluss der Stundenlohnarbeiten, längstens jedoch in Abständen von 4 Wochen, einzureichen. Für die Zahlung gilt § 16.

5. Wenn Stundenlohnarbeiten zwar vereinbart waren, über den Umfang der Stundenlohnleistungen aber mangels rechtzeitiger Vorlage der Stundenlohnzettel Zweifel bestehen, so kann der Auftraggeber ver-langen, dass für die nachweisbar ausgeführten Leistungen eine Vergütung vereinbart wird, die nach Maßgabe von Nummer 1 Abs. 2 für einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit und Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anla-gen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten ermittelt wird.

§ 16 Zahlung

1. (1) Abschlagszahlungen sind auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages. Die Leistun-gen sind durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der

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192 Anhang

Leistungen ermöglichen muss. Als Leistungen gelten hierbei auch die für die geforderte Leistung eigens angefertigten und bereitgestellten Bauteile sowie die auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile, wenn dem Auftraggeber nach seiner Wahl das Eigentum an ihnen übertragen ist oder entsprechende Si-cherheit gegeben wird. (2) Gegenforderungen können einbehalten werden. Andere Einbehalte sind nur in den im Vertrag und in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen Fällen zulässig. (3) Ansprüche auf Abschlagszahlungen werden binnen 18 Werktagen nach Zugang der Aufstellung fällig.(4) Die Abschlagszahlungen sind ohne Einfluss auf die Haftung des Auftragnehmers; sie gelten nicht als Abnahme von Teilen der Leistung.

2. (1) Vorauszahlungen können auch nach Vertragsabschluss vereinbart werden; hierfür ist auf Verlangen des Auftraggebers ausreichende Sicherheit zu leisten. Diese Vorauszahlungen sind, sofern nichts ande-res vereinbart wird, mit 3 v. H. über dem Basiszinssatz des § 247 BGB zu verzinsen. (2) Vorauszahlungen sind auf die nächstfälligen Zahlungen anzurechnen, soweit damit Leistungen ab-zugelten sind, für welche die Vorauszahlungen gewährt worden sind.

3. (1) Der Anspruch auf die Schlusszahlung wird alsbald nach Prüfung und Feststellung der vom Auftrag-nehmer vorgelegten Schlussrechnung fällig, spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang. Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe hierfür nicht spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben, so kann der Auftraggeber sich nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen. Die Prüfung der Schlussrechnung ist nach Möglichkeit zu beschleunigen. Verzögert sie sich, so ist das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort zu zahlen. (2) Die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung schließt Nachforderungen aus, wenn der Auftrag-nehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde.(3) Einer Schlusszahlung steht es gleich, wenn der Auftraggeber unter Hinweis auf geleistete Zahlungen weitere Zahlungen endgültig und schriftlich ablehnt. (4) Auch früher gestellte, aber unerledigte Forderungen werden ausgeschlossen, wenn sie nicht noch-mals vorbehalten werden. (5) Ein Vorbehalt ist innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang der Mitteilung nach den Absätzen 2 und 3 über die Schlusszahlung zu erklären. Er wird hinfällig, wenn nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen – beginnend am Tag nach Ablauf der in Satz 1 genannten 24 Werktage – eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht oder, wenn das nicht möglich ist, der Vor-behalt eingehend begründet wird. (6) Die Ausschlussfristen gelten nicht für ein Verlangen nach Richtigstellung der Schlussrechnung und -zahlung wegen Aufmaß-, Rechen- und Übertragungsfehlern.

4. In sich abgeschlossene Teile der Leistung können nach Teilabnahme ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen endgültig festgestellt und bezahlt werden.

5. (1) Alle Zahlungen sind aufs äußerste zu beschleunigen. (2) Nicht vereinbarte Skontoabzüge sind unzulässig. (3) Zahlt der Auftraggeber bei Fälligkeit nicht, so kann ihm der Auftragnehmer eine angemessene Nach-frist setzen. Zahlt er auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nach-frist an Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen hö-heren Verzugsschaden nachweist. (4) Zahlt der Auftraggeber das fällige unbestrittene Guthaben nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zu-gang der Schlussrechnung, so hat der Auftragnehmer für dieses Guthaben abweichend von Absatz 3 (ohne Nachfristsetzung) ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 BGB angegebe-nen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist.

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(5) Der Auftragnehmer darf in den Fällen der Absätze 3 und 4 die Arbeiten bis zur Zahlung einstellen, sofern die dem Auftraggeber zuvor gesetzte angemessene Nachfrist erfolglos verstrichen ist.

6. Der Auftraggeber ist berechtigt, zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus den Nummern 1 bis 5 Zah-lungen an Gläubiger des Auftragnehmers zu leisten, soweit sie an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Dienst- oder Werkvertrags beteiligt sind, wegen Zahlungsverzugs des Auftragnehmers die Fortsetzung ihrer Leistung zu Recht verweigern und die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistung sicherstellen soll. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich auf Verlangen des Auftraggebers innerhalb einer von diesem gesetzten Frist da-rüber zu erklären, ob und inwieweit er die Forderungen seiner Gläubiger anerkennt; wird diese Erklä-rung nicht rechtzeitig abgegeben, so gelten die Voraussetzungen für die Direktzahlung als anerkannt.

§ 17 Sicherheitsleistung

1. (1) Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist, gelten die §§ 232 bis 240 BGB, soweit sich aus den nach-stehenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. (2) Die Sicherheit dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Mängelansprüche sicherzustellen.

2. Wenn im Vertrag nichts anderes vereinbart ist, kann Sicherheit durch Einbehalt oder Hinterlegung von Geld oder durch Bürgschaft eines Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden, sofern das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer – in der Europäischen Gemeinschaft oder – in einem Staat der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder – in einem Staat der Vertragsparteien des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungs-wesenzugelassen ist.

3. Der Auftragnehmer hat die Wahl unter den verschiedenen Arten der Sicherheit; er kann eine Sicherheit durch eine andere ersetzen.

4. Bei Sicherheitsleistung durch Bürgschaft ist Voraussetzung, dass der Auftraggeber den Bürgen als tauglich anerkannt hat. Die Bürgschaftserklärung ist schriftlich unter Verzicht auf die Einrede der Vor-ausklage abzugeben (§ 771 BGB); sie darf nicht auf bestimmte Zeit begrenzt und muss nach Vorschrift des Auftraggebers ausgestellt sein. Der Auftraggeber kann als Sicherheit keine Bürgschaft fordern, die den Bürgen zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet.

5. Wird Sicherheit durch Hinterlegung von Geld geleistet, so hat der Auftragnehmer den Betrag bei einem zu vereinbarenden Geldinstitut auf ein Sperrkonto einzuzahlen, über das beide nur gemeinsam verfü-gen können („Und-Konto“). Etwaige Zinsen stehen dem Auftragnehmer zu.

6. (1) Soll der Auftraggeber vereinbarungsgemäß die Sicherheit in Teilbeträgen von seinen Zahlungen einbehalten, so darf er jeweils die Zahlung um höchstens 10 v. H. kürzen, bis die vereinbarte Sicher-heitssumme erreicht ist. Sofern Rechnungen ohne Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG gestellt werden, bleibt die Umsatzsteuer bei der Berechnung des Sicherheitseinbehalts unberücksichtigt. Den jeweils einbehaltenen Betrag hat er dem Auftragnehmer mitzuteilen und binnen 18 Werktagen nach dieser Mit-teilung auf ein Sperrkonto bei dem vereinbarten Geldinstitut einzuzahlen. Gleichzeitig muss er veran-lassen, dass dieses Geldinstitut den Auftragnehmer von der Einzahlung des Sicherheitsbetrags benach-richtigt. Nummer 5 gilt entsprechend. (2) Bei kleineren oder kurzfristigen Aufträgen ist es zulässig, dass der Auftraggeber den einbehaltenen Sicherheitsbetrag erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto einzahlt. (3) Zahlt der Auftraggeber den einbehaltenen Betrag nicht rechtzeitig ein, so kann ihm der Auftragneh-mer hierfür eine angemessene Nachfrist setzen. Lässt der Auftraggeber auch diese verstreichen, so kann

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194 Anhang

der Auftragnehmer die sofortige Auszahlung des einbehaltenen Betrags verlangen und braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten. (4) Öffentliche Auftraggeber sind berechtigt, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag auf eigenes Ver-wahrgeldkonto zu nehmen; der Betrag wird nicht verzinst.

7. Der Auftragnehmer hat die Sicherheit binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss zu leisten, wenn nichts anderes vereinbart ist. Soweit er diese Verpflichtung nicht erfüllt hat, ist der Auftraggeber be-rechtigt, vom Guthaben des Auftragnehmers einen Betrag in Höhe der vereinbarten Sicherheit einzube-halten. Im Übrigen gelten die Nummern 5 und 6 außer Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

8. (1) Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für die Vertragserfüllung zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Abnahme und Stellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückzugeben, es sei denn, dass Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Sicherheit für Mängelan-sprüche umfasst sind, noch nicht erfüllt sind. Dann darf er für diese Vertragserfüllungsansprüche einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten. (2) Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von 2 Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Soweit jedoch zu diesem Zeitpunkt seine geltend gemachten Ansprüche noch nicht erfüllt sind, darf er einen entspre-chenden Teil der Sicherheit zurückhalten.

§ 18 Streitigkeiten

1. Liegen die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandvereinbarung nach § 38 Zivilprozessordnung vor, richtet sich der Gerichtsstand für Streitigkeiten aus dem Vertrag nach dem Sitz der für die Prozess-vertretung des Auftraggebers zuständigen Stelle, wenn nichts anderes vereinbart ist. Sie ist dem Auftragnehmer auf Verlangen mitzuteilen.

2. (1) Entstehen bei Verträgen mit Behörden Meinungsverschiedenheiten, so soll der Auftragnehmer zu-nächst die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen. Diese soll dem Auftrag-nehmer Gelegenheit zur mündlichen Aussprache geben und ihn möglichst innerhalb von 2 Monaten nach der Anrufung schriftlich bescheiden und dabei auf die Rechtsfolgen des Satzes 3 hinweisen. Die Entscheidung gilt als anerkannt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von 3 Monaten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch beim Auftraggeber erhebt und dieser ihn auf die Ausschlussfrist hingewiesen hat. (2) Mit dem Eingang des schriftlichen Antrages auf Durchführung eines Verfahrens nach Absatz 1 wird die Verjährung des in diesem Antrag geltend gemachten Anspruchs gehemmt. Wollen Auftraggeber oder Auftragnehmer das Verfahren nicht weiter betreiben, teilen sie dies dem jeweils anderen Teil schriftlich mit. Die Hemmung endet 3 Monate nach Zugang des schriftlichen Bescheides oder der Mit-teilung nach Satz 2.

3. Daneben kann ein Verfahren zur Streitbeilegung vereinbart werden. Die Vereinbarung sollte mit Ver-tragsabschluss erfolgen.

4. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von Stoffen und Bauteilen, für die allgemein gültige Prüfungsverfahren bestehen, und über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungsverfahren kann jede Vertragspartei nach vorheriger Benachrichtigung der anderen Vertragspartei die materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen; deren Feststellungen sind verbindlich. Die Kosten trägt der unterliegende Teil.

5. Streitfälle berechtigen den Auftragnehmer nicht, die Arbeiten einzustellen.

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Sachwortverzeichnis

AAbhilfe, Pflicht zur 28 Abhilfeverfahren 169 Abnahme 11 Abrechnung 151 Adjudication 174 AGK 42 Allgemeine Geschäftskosten 42 Änderungsmanagement 152 Anfang-Anfang-Beziehung 37 Anfang-Ende-Beziehung 37 Anfangsfolge 37 Anfangsverzögerung 118 Angebotskalkulation 40 Ankündigungserfordernis 65 Anordnungsbeziehung 37 Anpassungspflicht 76 Anrufungsverfahren 169 Anspruchsgrundlage 147 Anspruchsvoraussetzung 53 Arbeitskalkulation 41 Arbeitstag 37 Arbitration 166 Attributierung 132 Aufmaßprotokoll 138 Auftraggeberpflicht 23 Auftragnehmerpflicht 21 Auftragskalkulation 40 Auftragsverhandlung 40 Aufwandswert 46 Ausführungsfrist 26 – Verlängerung der 74 Ausgleichsberechnung 62, 109 Ausschreibung – funktionale 13 Ausschreibungspflicht 94

Aussperrung 75 Auswirkungsprognose 143

BBalkenplan 32 – vernetzter 32 Bauauftragsrechnung 40 Baugeräteliste 47 Bauinhalt 7 Bauleistung 18 Bauphasenplan 36 Bauprozess 159 Bausoll 18 Baustellengemeinkosten 42 Bautagesbericht 127 Bautechnische Prüfung 147 Bauumstände 7 Bauvertrag 11 Bauvertragstyp 12 Bauzeitenplan 25 Bauzeitverlängerung 120 Bauzeitverlängerungsanspruch 116 Bedenken 22 Behinderung 7, 73, 116 Behinderungsanzeige 73, 138 Bereitstellung – des Grundstücks 24 Beschleunigungsmaßnahme 8, 28 Besondere Leistungen – HOAI 7 – VOB/C 8 Besprechungsprotokoll 129 BEST 178 Bewertung 147 BGB 11 BGK 41 BGL 47

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202 Sachwortverzeichnis

BOT 17 Build-Operate-Transfer 17

CClaim 8 – Eigenclaim 8 – Fremdclaim 8 Claim-Management 9, 149 CONS 175 Construction-Management 17 – Construction-Management at agency 17 – extended services Construction- Management 17 Construction-Manager 17

DDatenbank 157 Detailterminplan 31 Differenzhypothese 29 DIN 18 299 8 DIN 69 900 34 DIS 167 Dispute Adjudication Board 174 Dispute Review Board 172 Dokumentation 125, 152 Dokumentationsinstrument 126 Dokumentationsmittel 140 Dokumentenmanagement 130

EEcktermin 30 EFB-LV LGl 55 EFB-Preis 50 EFB StGl 56 Eigenverantwortung 21 Einheitspreisvertrag 12 Einigungsstelle– baubegleitende 178 Einzelfrist 26 Einzelkosten– der Teilleistungen 41, 46

Einzelkostenzuschlag 49 Eistage 123 EkdT 41 Ende-Anfang-Beziehung 37 Ende-Ende-Beziehung 37 Endfolge 37 Entschädigungsanspruch 83 Entscheidungsvorlage 146 Ereignis 32 Erfassung 152 Ergebnisdokumentation 156

FFertigstellung 26 Festpreis 13 FIDIC 167 Formblätter 145 Fotodokumentation 136 Fremdleistungskosten 47 Fristverlängerung 77, 82 Frosttage 123

GGemeinkosten – der Baustelle 41 – unechte 41 – zeitabhängige 42 – zeitunabhängige 42 Generalterminplan 30 Gerätekosten 47 Gewerk 9 Gewinn 43 Gleitklausel 13, 54 GMP-Berater 16 GMP-Vertrag 16 Grobterminplan 30 Guaranteed Maximum Price 16

HHerstellkosten 44 Höhere Gewalt 75

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Sachwortverzeichnis 203

IICC 167

KKalkulation 39, 43, 101 – mit vorbestimmten Zuschlägen 44 – über die Angebotssumme 45 – Zuschlagskalkulation 43 Kalkulationsirrtum 96 Kalkulationslohn 49, 101 Klageverfahren 166 Konfliktlösungsverfahren 166 Kooperationspflicht 66 Kostenart 41 Kritischer Weg 33 Kündigung 28, 87

LLeistung 18 – Entfall vereinbarter 67 – geänderte 62 Leistung ohne Auftrag 69 Leistungsabgrenzung 163 Leistungsänderung 64, 111 Leistungsbeschreibung 18 Leistungspflichten 20 – Auftraggeberpflichten 23 – Auftragnehmerpflichten 21 Leistungsprogramm 18 Leistungsvertrag 14 Leistungsverweigerungsrecht 93 Leistungsverzeichnis 12 Liniendiagramm 35 Lohnkosten 46 Lohnpreisgleitklausel 54, 104 – Centklausel 54 – Lohnlistenregelung 55 – Prozentregelung 55

MMängelanzeige 138

Mängelbeseitigung 22 Mediation 170 Mehrmengen 59, 105 Meilenstein 30 Mengenänderung 56, 105 Mengenmehrung 59 Mengenminderung 58 Minderleistung, witterungsbedingte 119 Mindermenge 58, 108 Mischform 14 Mittellohn 46 Mitwirkungspflicht 23

NNachfolger 37 Nachkalkulation 40 Nachlassvereinbarung 90 Nachtrag 9 Nachtragsabwehr 150, 164 Nachtragsangebot 143 Nachtragsbearbeitung 91, 144 Nachtragsbegründung 143 Nachtragsbewertung 147 Nachtragsdurchsetzung 149, 164 Nachtragsfolgen 149 Nachtragskalkulation 143 Nachtragsmanagement 9 Nachtragsmanagementsystem 153 Nachtragsprophylaxe 160 Nachtragsprüfung 147 Nachtragsstrategie 154 Nachtragsursache 53, 161 Nachtragsvolumen 161 Nachunternehmer 94 Negotiation 165 Netzplan 33 Normalfolge 38 Notice of dissatisfaction 177

OOffenkundigkeit 73

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204 Sachwortverzeichnis

Orange Book 175 Ordnung 22 Ordnungs- und Koordinierungspflicht 25 Ordnungszahl 62 Organisationshandbuch 10

PPartnering 15 Pauschalvertrag 13 – Detail-Pauschalvertrag 13 – Global-Pauschalvertrag 13 Persönliche Leistungsverpflichtung 23 Planerische Leistung 71 Planlieferfrist 25 Planlieferliste 134 Planlieferung 25, 118 Pönale 28 Position 12 Positive Kennzeichnungspflicht 128 PPP – Public Private Partnership 17 Preisermittlungsgrundlage 39 Preisnachlass 60 Primärfolgen 149 Primärverzögerung 78 Produktivitätsverlust 123 Projekthandbuch 10 Projektrisiko 163 Protokoll 129 Prüfung 147 – baubetriebliche 148 – formale 147 Puffer 34 Pufferzeit 34

RRahmenterminplan 30 Rechnerische Prüfung 148 Regelablauf 145 Regelbesprechung 129 Regelkreis 139 Risikobereich 75

SSachverhaltsdarstellung 143 Schadenersatz 28, 80 Schiedsgerichtsordnung 166 Schiedsgerichtsverfahren 166 Schiedsgutachtenverfahren 168 Schlichtung 169 Schlichtungseinrichtung 169 Schlichtungsordnung 167 Schlüsselfertigbau 13 Schnittstellendefinition 163 Schulung 165 Schutz der Leistungen 22 Sekundärfolgen 149 Sekundärverzögerung 78 Selbständiges Beweisverfahren 166 Selbstkosten 44 Selbstkostenerstattungsvertrag 14 Selbstübernahme 67, 113 SGO Bau 167 Silver Book 175 Skonto 60 Soll-Ist-Vergleich 139 Spekulationspreis 97 Sprungfolge 37 SSO Bau 167 Staatliche Gerichte 165 Stillstandskosten 122 Stoffpreisgleitklausel 54, 104 Störung 10 Störung der Architekten- und Ingenieur-

leistung 88 Störung der Geschäftsgrundlage 57, 85 Störungsmodifizierter Soll-Terminplan 127 Streik 75 Stundenlohnarbeit 72 Stundenlohnvertrag 14

TTeilleistung 12

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Sachwortverzeichnis 205

Termin 26 Terminliste 33 Terminplan 29 – objektorientierter 30 – projektorientierter 30 Terminplanung 29 Terminüberschreitung 28 Transaktionskosten 159

UUmlage 41 Unabwendbare Umstände 75 Unechte Gemeinkosten 39 Unterbrechung 10 Unternehmereinsatz 162 Urkalkulation 39

VVerdingungsunterlagen 19 Vergabegewinn 91 Vergabehandbuch 50 Vergütung 11 Vergütungsanpassung 53, 87 Verhandlung 156 Verhandlungsvorbereitung 155 Vermögensschaden 29 Verteilerkreis 129 Vertragsform 163 Vertragsfrist 26 Vertragskalkulation 40 Vertragsmanagement 152 Vertragsregelung 163 Vertragsstrafe 28 Vertragsterminplan 31, 127 Vertragsunterlagen 126 Vertragswidrige Stoffe und Bauteile 22 Vertretungsbefugnis 95 Videodokumentation 136 VOB/B 12, 181 Vollmacht 95 Volumen-Zeit-Diagramm 35

Vordersatz 13, 49 Vorgang 32 Vorgangsabhängigkeit 37 Vorgangsdauer 38 Vorgangsfeld 34 Vorgänger 37 Vorkalkulation 40 Vorlaufzeit 24

WWagnis 43 Weg-Zeit-Diagramm 35 Werklohn 18 Werktag 37 Werkvertrag 11 Werkvertragsrecht 11 Witterungsbedingte Minderleistung 119 WuG 43

ZZivilprozess 159 Zusätzliche Leistung 64, 112 Zuschlagskalkulation 43 Zustandsfeststellung 23