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News Juni 2007 Bezahlbare Qualität bei Innovationen in der medizintechnischen Versorgung … … so das Thema des fünften InnoKardio-Qua- litätsgipfels Anfang Mai in Berlin, bei dem in die  Diskussion zwischen Ärzten und Krankenkassen  erstmals auch Politiker und Industrie einbezogen  wurden. In einem Punkt waren sich die Teilnehmer  der von Prof. Dietrich Andresen (Berlin) und  Prof. Günter Neubauer (München) moderier- ten Veranstaltung einig: Qualitativ hochwertige  Medizin muss mit qualitätsorientierter Vergütung  einhergehen. Es gilt, hierzu Qualitätsstandards zu  definieren, die von allen Beteiligten im Gesund- heitssystem akzeptiert werden. Staatssekretär Klaus Theo Schröder stellte  die Bedeutung der Me- dizintechnik in Deutsch- land  aus  Sicht  der  Bundesregierung vor:  Mit einer jährlichen  Wachstumsrate von  derzeit 6 Prozent in  der  Medizintechnik  und  mehr  Beschäf- tigten im gesamten Gesundheitswesen als z. B.  in der Autoindustrie ist die ökonomische Relevanz  der Branche enorm. Hinzu komme, so Schröder,  die hohe Qualität der Infrastruktur und der gute  Ausbildungsstand der Beschäftigten. Dass die  Bundesregierung im Sinne der Wettbewerbs- stärkung auch weiterhin daran arbeiten wird,  die Rahmenbedingungen für alle Beteiligten des  Gesundheitswesens zu verbessern, betonte  Jens Spahn (MdB, Obmann der CDU im Gesundheits- ausschuss). Die Vorstandsvorsitzenden von DAK und  AOK Rheinland/Hamburg, Prof. Herbert Reb- scher und Wilfried Jacobs wiesen darauf hin,  dass die Kassen jetzt per Gesetz qualitativ hoch- wertige Leistungen besser vergüten können. Im  Bereich der interventionellen Kardiologie wird  dies allerdings von AOK und DAK schon lange  praktiziert: Beide Kassen haben in zahlreichen  Verträgen zur integrierten Versorgung Qualitäts- standards formuliert, die dafür sorgen, dass nur  solche Drug-eluting Stents vergütet werden, die  diesen Kriterien entsprechen. Es sei die Verant- wortung der Fachgesellschaften, diese Standards  festzulegen. Jacobs und Rebscher dankten aus- drücklich  Prof. Sigmund Silber als Vertreter der  Deutschen Gesellschaft für Kardiologie für den  Mut, im aktuellen Positionspapier zu DES klare  Empfehlungen auszusprechen. Aufbauend auf der Bewertung der Evidence-  Based-Medicine-Prinzipien als Grundlage für  Qualität durch Prof. Silber, gab  PD Dr. Wolfgang Bocksch tiefere Einblicke in die praktischen  Schwierigkeiten, in Deutschland für den Einsatz  hochwertiger Medizinprodukte im Krankenhaus  adäquate Vergütung zu erreichen. Erstmalig trat im Rahmen eines Qualitäts- gipfels ein Vertreter der Industrie auf. Dr. Ulf Tomaschek (Boston Scientific) stellte die enorme  Innovationskraft der Industrie im Gesundheits- sektor und ihren Beitrag zu mehr Qualität in der  Behandlung und im Leben der Patienten dar. Seine  Forderung an die Politik: eine Verbesserung der  Grundlagen zur Qualitätssicherung von Medizin- technikprodukten. Einigkeit demonstrierten alle  Teilnehmer über die unzureichende Aussagekraft  des CE-Zeichens und die Notwendigkeit eines ver- besserten Zulassungsverfahrens im Sinne eines  tatsächlichen, echten Gütesiegels. DGK Positionspapier:   Aktuelle Empfehlungen zu DES  2 „Herz im Takt“ – Gelebte  Versorgungsinnovation  3 Innovative Medizintechnik –   zwischen Qualität und Ökonomie  3 „SBK KardioPro“ – Ein Programm zur  rechtzeitigen Erkennung und gezielten  Behandlung koronarer Herzerkrankungen  4 Fortbildung:   InnoKardio setzt auf Simulatoren  5 Möglichkeiten zur Strahlendosisreduktion   der kardialen CT-Diagnostik in der   klinischen Routine  6 Drug-eluting Stents:  Revolution oder Risiko?  8 Inhalt Interventionelle Kardiologie PD Dr. med. Michael Gross, Universitätsklinikum Charité, Campus Buch, Franz-Volhard-Klinik, Berlin Staatssekretär Schröder „Inventionen sind nicht unbedingt Innovationen“ Dr. med. Stefan Hoffmann Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin Das sagte Prof. Rebscher, Vorstandvorsitzender der DAK, anlässlich des InnoKardio Qualitäts- gipfels in Berlin. Erstmalig hatten wir neben Ärzten auch Vertreter von Gesundheitsökonomie und -politik sowie der medizintechnischen Indus- trie eingeladen. Wir diskutierten über den Einsatz medizinischer Fortschritte in Deutschland und die Bedeutung des Forschungsstandortes Deutsch- land. Und scheinbar erstmalig waren sich alle einig. Die Politik sieht die überragende Bedeutung des Gesundheitsmarktes Deutschland in erster Linie als wirtschaftlichen Wachstumsfaktor. Hier spielt nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch eine hervorragende Ausbildung der Ärzte eine entscheidende Rolle, so Staats- sekretär Schröder. Gut für uns: Andere Länder müssen sich Experten einkaufen, wir bilden sie aus. Die Kassen sind bereit, hohe Qualität extra zu vergüten, wenn der Nutzen einer Methode be- legt ist. Ein Paradebeispiel ist hier sicherlich der Einsatz von Drug-eluting Stents (DES). Ihr Nutzen ist nicht nur medizinisch unumstritten, sie sind auch kosteneffektiv. Der medizinische Nutzen ist jedoch nur für drei von 17 DES belegt – und wir haben ja nicht nur einmal das Scheitern neuerer DES erlebt. DES ist nicht DES und Invention nicht Innovation. Sollte jedoch eine Invention sich als Innovation erweisen, so darf man sie den Pati- enten nicht vorenthalten und ihr Einsatz muss auch konsequent vergütet werden. Viel Spaß bei der Lektüre der neuen Ausgabe von InnoKardio NEWS wünscht Ihnen Stefan Hoffmann

News - Sigmund Silber · 2015. 8. 12. · der kardialen CT-Diagnostik in der ... spielt nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch eine hervorragende Ausbildung ... Der

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Page 1: News - Sigmund Silber · 2015. 8. 12. · der kardialen CT-Diagnostik in der ... spielt nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch eine hervorragende Ausbildung ... Der

NewsJuni 2007

Bezahlbare Qualität bei Innovationen in der medizintechnischen Versorgung …

… so das Thema des fünften InnoKardio-Qua-litätsgipfels Anfang Mai in Berlin, bei dem in die Diskussion zwischen Ärzten und Krankenkassen erstmals auch Politiker und Industrie einbezogen wurden. In einem Punkt waren sich die Teilnehmer der von Prof. Dietrich Andresen (Berlin) und Prof. Günter Neubauer (München) moderier-ten Veranstaltung einig: Qualitativ hochwertige Medizin muss mit qualitätsorientierter Vergütung einhergehen. Es gilt, hierzu Qualitätsstandards zu definieren, die von allen Beteiligten im Gesund-heitssystem akzeptiert werden.

Staatssekretär Klaus Theo Schröder stellte die Bedeutung der Me-dizintechnik in Deutsch-land  aus  Sicht  der Bundesregierung vor: Mit  einer  jährlichen Wachstumsrate  von derzeit  6 Prozent  in der  Medizintechnik und  mehr  Beschäf-

tigten im gesamten Gesundheitswesen als z. B. in der Autoindustrie ist die ökonomische Relevanz der Branche enorm. Hinzu komme, so Schröder, die hohe Qualität der Infrastruktur und der gute Ausbildungsstand der Beschäftigten. Dass die Bundesregierung im Sinne der Wettbewerbs-stärkung auch weiterhin daran arbeiten wird, die Rahmenbedingungen für alle Beteiligten des 

Gesundheitswesens zu verbessern, betonte Jens Spahn (MdB, Obmann der CDU im Gesundheits-ausschuss).

Die Vorstandsvorsitzenden von DAK und AOK Rheinland/Hamburg, Prof. Herbert Reb-scher und Wilfried Jacobs wiesen darauf hin, dass die Kassen jetzt per Gesetz qualitativ hoch-wertige Leistungen besser vergüten können. Im Bereich der interventionellen Kardiologie wird dies allerdings von AOK und DAK schon lange praktiziert: Beide Kassen haben in zahlreichen Verträgen zur integrierten Versorgung Qualitäts-standards formuliert, die dafür sorgen, dass nur solche Drug-eluting Stents vergütet werden, die diesen Kriterien entsprechen. Es sei die Verant-wortung der Fachgesellschaften, diese Standards festzulegen. Jacobs und Rebscher dankten aus-drücklich Prof. Sigmund Silber als Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie für den Mut, im aktuellen Positionspapier zu DES klare Empfehlungen auszusprechen.

Aufbauend auf der Bewertung der Evidence- Based-Medicine-Prinzipien als Grundlage für Qualität durch Prof. Silber, gab PD Dr. Wolfgang Bocksch tiefere Einblicke in die praktischen Schwierigkeiten, in Deutschland für den Einsatz hochwertiger Medizinprodukte im Krankenhaus adäquate Vergütung zu erreichen.

Erstmalig trat im Rahmen eines Qualitäts-gipfels ein Vertreter der Industrie auf. Dr. Ulf Tomaschek (Boston Scientific) stellte die enorme Innovationskraft der Industrie im Gesundheits-sektor und ihren Beitrag zu mehr Qualität in der Behandlung und im Leben der Patienten dar. Seine Forderung an die Politik: eine Verbesserung der Grundlagen zur Qualitätssicherung von Medizin-technikprodukten. Einigkeit demonstrierten alle Teilnehmer über die unzureichende Aussagekraft des CE-Zeichens und die Notwendigkeit eines ver-besserten Zulassungsverfahrens im Sinne eines tatsächlichen, echten Gütesiegels.

DGK Positionspapier:  Aktuelle Empfehlungen zu DES  2

„Herz im Takt“ – Gelebte Versorgungsinnovation  3

Innovative Medizintechnik –  zwischen Qualität und Ökonomie  3

„SBK KardioPro“ – Ein Programm zur rechtzeitigen Erkennung und gezielten Behandlung koronarer Herzerkrankungen  4

Fortbildung:  InnoKardio setzt auf Simulatoren  5

Möglichkeiten zur Strahlendosisreduktion  der kardialen CT-Diagnostik in der  klinischen Routine  6

Drug-eluting Stents: Revolution oder Risiko?  8

Inhalt

Interventionelle Kardiologie

PD Dr. med. Michael Gross, Universitätsklinikum Charité, Campus Buch, Franz-Volhard-Klinik, Berlin

Staatssekretär Schröder

„Inventionen sind nicht unbedingt Innovationen“

Dr. med. Stefan HoffmannVivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin

Das sagte Prof. Rebscher, Vorstandvorsitzender der DAK, anlässlich des InnoKardio Qualitäts­gipfels in Berlin. Erstmalig hatten wir neben Ärzten auch Vertreter von Gesundheitsökonomie und ­politik sowie der medizintechnischen Indus­trie eingeladen. Wir diskutierten über den Einsatz medizinischer Fortschritte in Deutschland und die Bedeutung des Forschungsstandortes Deutsch­land. Und scheinbar erstmalig waren sich alle einig. Die Politik sieht die überragende Bedeutung des Gesundheitsmarktes Deutschland in erster Linie als wirtschaftlichen Wachstumsfaktor. Hier spielt nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch eine hervorragende Ausbildung der Ärzte eine entscheidende Rolle, so Staats­sekretär Schröder. Gut für uns: Andere Länder müssen sich Experten einkaufen, wir bilden sie aus. Die Kassen sind bereit, hohe Qualität extra zu vergüten, wenn der Nutzen einer Methode be­legt ist. Ein Paradebeispiel ist hier sicherlich der Einsatz von Drug­eluting Stents (DES). Ihr Nutzen ist nicht nur medizinisch unumstritten, sie sind auch kosteneffektiv. Der medizinische Nutzen ist jedoch nur für drei von 17 DES belegt – und wir haben ja nicht nur einmal das Scheitern neuerer DES erlebt. DES ist nicht DES und Invention nicht Innovation. Sollte jedoch eine Invention sich als Innovation erweisen, so darf man sie den Pati­enten nicht vorenthalten und ihr Einsatz muss auch konsequent vergütet werden.

Viel Spaß bei der Lektüre der neuen Ausgabe von InnoKardio NEWS wünscht Ihnen

Stefan Hoffmann

sigisilber
Hervorheben
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Prof. Dr. med. Sigmund Silber, Kardiologische Praxis und Praxisklinik, München

DGK Positionspapier: Aktuelle Empfehlungen zu DES

• Sechs Monate Clopidogrel: bei „einfachen Stenosen“ und Fehlen einer Komorbidität mit er-höhtem Risiko einer Stentthrombose

• Zwölf Monate Clopidogrel:  bei Patienten mit erhöhtem Risiko einer Stentthrombose

Patientenbezogene Risikofaktoren für eine Stentthrombose sind:• höheres Patientenalter• deutlich erniedrigte linksventrikuläre Auswurffraktion  

(LV-EF < 30 %)• Niereninsuffizienz• akutes Koronarsyndom

Für eine Empfehlung, Clopidogrel länger als ein Jahr zu geben, gibt es zur Zeit noch keine ausreichenden Daten.

Qualität in der Medizin – jetzt auch ein politisches Thema?Aufbauend auf dem Positionspapier der DGK ist es auch ein besonderes Anliegen von InnoKardio, mit praxisorientierten Hinweisen die Diskus-sion in erweiterten Kreisen zu führen. Der InnoKardio Qualitätsgipfel in Berlin bot hier eine gute Gelegeheit: Ärzte und Kostenträger appellierten gemeinsam an die Politik, die Bestimmungen zum Wirksamkeits- und Sicherheitsnachweis bei hochinvasiven Medizintechnikprodukten wie DES im Vergleich zu anderen, weniger invasiven Verfahren anzuheben.  Laut Jens Spahn, CDU, werde in eigens eingerichteten Gremien be-reits daran gearbeitet, die CE –Zulassung in absehbarer Zeit neu zu definieren.

Leitlinien sind hilfreich, um Klarheit in die verwirrende Datenflut zur Sicherheit von DES zu schaffen. Neben den bekannten europäischen Leitlinien wurde in Deutschland zunehmend der Ruf nach einer ein-heitlichen Stellungnahme der deutschen Fachgesellschaft (DGK) laut. Diesem Bedürfnis folgend, stellte die DGK auf dem Mannheimer Kongress am 13.04.2007 ein neues Positionspapier ihrer Klinischen Kommission vor. Das Positionspapier bietet einen kurzen Überblick über die aktuelle Studienlage zu DES und gibt auf dieser Basis Emp-fehlungen zum Einsatz von DES.

Die konkreten Handlungsempfehlungen orientieren sich strikt an der Bewertung der Studienlage im Sinne evidenzbasierter Medizin und zwar nach drei Kriterien:

a) Wirksamkeit nach 6–9 Monaten Mit hoher Evidenz liegen Daten für Taxus, Cypher und Endeavor vor.

b) Wirksamkeit im Langzeitverlauf Es liegen Daten für Cypher und Taxus vor. Zu beachten ist, dass ein 

Vergleich zwischen DES und Kontrollstent (BMS = Bare Metal Stent) möglich ist, nicht aber zwischen den DES untereinander – wegen der Unterschiedlichkeit der zugrunde liegenden Studien.

c) Sicherheit der DES Auch hier liegen Langzeitdaten bislang nur für Taxus und Cypher 

vor. Wiederum sind lediglich Aussagen hinsichtlich Unterschieden zwischen DES und BMS möglich, die aber alle nicht statistisch signifikant sind.

Antithrombozytäre TherapieDer Stellenwert der dualen antithrombozytären Nachbehandlung als Teil des DES-Therapiekonzeptes kann nicht oft genug betont werden. Randomisierte, prospektive Studien zur Frage der Dauer der Nachbe-handlung liegen zwar nicht vor. Aber die Empfehlung, ob Clopidogrel nach DES sechs oder zwölf Monate zu geben ist (ESC Leitlinien zur PCI, European Heart Journal, 2005), kann und muss vom individuellen Risiko einer Stentthrombose abhängig gemacht werden.

Während in den USA bislang nur der Taxus- und der Cypher-Stent von der FDA zugelassen sind, sind in Deutschland nicht weniger als 17 (!) Drug-eluting Stents CE-zertifiziert. Wie kommt das? Kaum zu glauben aber wahr: Hierzulande braucht ein DES nicht etwa eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz sondern lediglich die für Medizinprodukte übliche CE-Zulassung.

 Dass das CE-Kennzeichen beileibe kein hinreichendes Kriteri-um für Sicherheit und Wirksamkeit ist, kannten wir schon vom „GoldStent“ und es zeigte sich kürzlich wieder am Beispiel des CoStar-Stent. In USA bisher nur im Rahmen klinischer Studien eingesetzt, war er in Deutschland dank einer kleinen, nicht randomisierten Studie bereits CE-zertifiziert und wurde von einigen Kliniken eingesetzt. Nun zeigte sich der CoStar in einer randomisiert-kontrollierten Vergleichsstudie dem Taxus-Stent unterlegen. Und nun? Der Hersteller Johnson & Johnson hat angekündigt, den CoStar vom Markt zu nehmen. 

 Das hätte man den Patienten gerne erspart. InnoKardio setzt sich daher für strengere Zulassungskriterien für DES ein.

Prof. Dr. med. Sigmund Silber

Methode der Stent Patienten Nach- Tod Tod Metaanalyse beobachtung BMS DES

Patienten-  Cypher  1.748  4 Jahre  5,3 %  6,7 % individuell

Patienten-  Taxus  3.513  2–4 Jahre  6,6 %  6,1 % individuell

Intention-  Cypher  1.748  3–4 Jahre  3,33 %  4,67 % to-treat

Intention-  Taxus  3.364  1–4 Jahre  2,01 %  2,15 % to-treat 

DES: Hürden für Zulassung in Deutschland zu niedrig?

sigisilber
Hervorheben
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Innovative Medizintechnik – zwischen Qualität und Ökonomie

Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg

Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, sprach auf dem Berliner InnoKardio Qualitätsgipfel zum Thema Qualitätssicherung in der Medizin unter den Rahmenbedingungen des neuen GKV-Wettbewerbsstärkungs-gesetzes.

Etwas Gutes hat das neue Gesetz: Es zwingt alle Beteiligten, den Tun-nelblick einmal abzustellen und in der Umsetzung dieses Gesetzes ge-meinsam das daraus zu machen, was es hätte sein sollen.

Die Definition von Qualität ist schwierig, aber notwendigWir Krankenkassen dürfen jetzt höhere Qualität in der Medizin bes-ser bezahlen. Das ist gut. Nicht gut ist, dass wir bei schlechterer Qua-lität die Bezahlung nicht kürzen dürfen. Davon abgesehen stellt sich natürlich immer wieder die Frage: Was ist denn Qualität in der Medi-zin? Wer definiert, was evidenzbasierte Qualität ist? Im Zusammen-hang mit der Installierung von Brustkrebs-DMP (Disease Manage-ment Programme) konnte ich selbst mit erleben, wie schwierig es ist,  

„evidence based medicine“ umzusetzen. Der Prozess ist mühsam aber notwendig – eine Institution wie das IQWiG ist daher sehr zu  begrüßen. Für uns alle wäre es von Vorteil, wenn die wissenschaft-lichen Fachgesellschaften dieses Institut in Form von besserer Zu-sammenarbeit mehr unterstützen würden. 

Wie erkennt der Patient Qualität?Spannend ist auch die Frage: Wie erkennt der Patient, ob ein Arzt oder ein Krankenhaus qualitativ gute Medizin anbietet? Mit der Veröffent-lichungspflicht von Qualitätsberichten gehen wir prinzipiell in die rich-tige Richtung. Nur leider sind diese Berichte in aller Regel nicht nur lieblos gemacht sondern für den Patienten auch nahezu unverständ-lich. Schade – und unintelligent, denn hier werden Chancen vertan, sich gut zu positionieren.

Aktuell: DES & Qualität Im Rheinland haben wir Drug-eluting Stents von Anfang an als inno-vative Medizin gesehen und schon früh über Zusatzentgelte mit den kardiologischen Kliniken finanziert. Positiv bewerte ich, dass zwei DES-Anbieter schon frühzeitig Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf-gelegt haben, z. B. ein großes Patientenregister. Heute, im Angesicht der Diskussion um Wirksamkeit und Sicherheit der DES, ist es wich-tiger denn je, die Qualität von DES zu definieren. Wir als Kostenträ-ger danken der DGK ausdrücklich dafür, dass sie als Fachgesellschaft jetzt ein Positionspapier herausgegeben hat, das die verfügbaren DES nach evidenzbasierten Kriterien wertet und konkrete Empfehlungen für ihren Einsatz in der Klinik und Praxis gibt.

Prof. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender DAK

Die gesetzlichen Krankenkassen gelten nicht gerade als aktive Innovationstreiber. Dass es auch ganz anders sein kann, zeigt „Herz im Takt“, ein jüngst im hohen Norden von der DAK initiiertes Kardiologie-Projekt. InnoKardio befragte Prof. Herbert Rebscher, den Vorstandsvorsitzenden der DAK, dazu.

Was ist das Neue an „Herz im Takt“?Neu ist die Bildung eines flächendeckenden Versorgungsnetzes, das alle einbezieht, die an der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankten beteiligt sind: die Uniklinik Schleswig-Holstein, die Reha-Kliniken und die niedergelassenen Ärzte der Region. „Herz im Takt“ schafft erst-mals eine solide Vertragsgrundlage für den häufig geforderten, bis-lang aber kaum umsetzbaren Austausch zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor.

Wie funktioniert der sektorenübergreifende Austausch?Ein vom Bund Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK) entwickeltes Datenverarbeitungssystem erlaubt den Aufbau einer gemeinsamen Kommunikationsplattform und somit die verbesserte Dokumentation 

der Patientendaten. Behandlungsfra-gen werden in interdisziplinären Fall-konferenzen geklärt. Der gesamte Be-handlungsprozess ist transparent und nachvollziehbar.

Wie wollen Sie die Behandlungsqualität konkret verbessern?Neben der lückenlosen Vernetzung und Dokumentation wird der Auf-bau einer neuen Chest Pain Unit optimale Voraussetzungen für eine schnellere und qualitätsgesichertere Behandlung schaffen. Etwa beim Einsatz von Drug-eluting Stents: Verwendet werden nur die drei DES, die dank ausreichender Evidenznachweise von den Fachgesellschaften empfohlen werden. Auch in der Nachsorge wollen wir mehr Qualität erreichen: Das heikle, aber wichtige Thema Lebensstilveränderung darf nicht dem Patienten alleine überlassen werden – bei „Herz im Takt“ werden die Angehörigen mit einbezogen.

Was ist das langfristige Ziel von „Herz im Takt“?Unser Interesse gilt grundsätzlich der Optimierung der Patienten-versorgung – und zwar sowohl in qualitativer Hinsicht als auch was die Kosten betrifft. In diesem Sinne bietet „Herz im Takt“ – im Un-terschied zur Kunstwelt der klinischen Studien – unter praxisnahen Bedingungen die Möglichkeit für systematische Dokumentation und damit für Versorgungsforschung. Die DAK plant die Ausweitung von „Herz im Takt“ auch auf andere Universitätskliniken Deutschlands. Mit dem Universitären Herzzentrum der Uni-Klinik Eppendorf stehen wir kurz vor dem Abschluss der Vereinbarung.

„Herz im Takt“ – Gelebte Versorgungsinnovation

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Anschließend findet ein ausführliches Beratungsgespräch beim be-handelnden Arzt und die Einteilung in eine bestimmte Risikogruppe statt. Je nach Befund und Risikograd erfolgen gezielte Therapie und eine individuell abgestimmte Sekundärprävention. Patienten mit er-höhtem Risiko, die innerhalb von einigen Wochen nach der Analyse keine Maßnahmen im Bereich der Lebensführung ergriffen haben, werden durch die SBK-Gesundheitsberatung kontaktiert, um ihnen konkrete Hilfestellungen und Kurse, Trainings oder Fachcoachings ergänzend zur kardiologischen Versorgung anzubieten. 

Patienten mit Verdacht auf KHK erhalten sofort beim Facharzt eine umfangreiche Untersuchung und individuelle Therapieplanung, die eine CT-Angiografie und die Einsatzmöglichkeit von Perfusions-MR ein-schließt. Patienten mit Indikation zur PCI erhalten Zugang zur modernen Versorgung mit Drug-eluting Stents, die von der SBK als Kassenleistung übernommen werden. Die Entscheidung über Auswahl des oder der Stents, ob mit oder ohne Beschichtung, liegt allein beim Arzt, der sich dafür an Leitlinien orientieren muss. Allerdings ist der Einsatz auf jene Stents beschränkt, die in kontrollierten Studien ihren Nutzen und ihre Überlegenheit bewiesen haben (Cypher, Taxus, Endeavor).

Nachsorge: Patient und Arzt vernetzt Alle an „SBK KardioPro“ Beteiligten sind über eine elektronische Patientendokumentation miteinander vernetzt. Sie vereinfacht die Zusammenarbeit der behandelnden Ärzte untereinander, so dass für Patienten schädliche Doppeluntersuchungen vermieden werden. Die Patienten haben über das Internet Zugang zur Dokumentation und können jederzeit selbst Einträge zu Symptomatik und Lebensqualität vornehmen.  

Fazit„Mit ‚SBK KardioPro’ wird eine leitliniengerechte Therapie über alle Versorgungsstufen hinweg sichergestellt“, fassen die SBK-Kooperationspartner das Konzept zusammen. „(Sekundär-)Präventive Maßnahmen gewinnen bei Gesunden, Risikopersonen und Patienten mit KHK deutlich an Gewicht und Nachhaltigkeit, damit es gar nicht erst zu einer KHK/Herzinfarkt kommt.“ 

„SBK KardioPro“ – Ein Programm zur rechtzeitigen Erkennung und gezielten Behandlung koronarer Herzerkrankungen

Die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) hat gemeinsam mit renom-mierten Herzspezialisten und dem Institut für klinisch-kardiovaskuläre Forschung (IKKF) das kardiologische Präventions-, Diagnose- und Vorsorgeprogramm „SBK KardioPro“ entwickelt. „SBK KardioPro“ rich-tet sich an gesunde Versicherte über 45 Jahre, Personen mit Verdacht auf koronare Herzerkrankung und Patienten mit Indikation zur PCI. Im Rahmen von „SBK KardioPro“ verfolgen Fachärzte und Kliniken zusammen mit der SBK folgende Ziele: •  Frühzeitige Erkennung kardiovaskulärer Erkrankungen und Redu-

zierung der Risikofaktoren; •  Förderung der fachärztlichen Versorgung von Patienten mit kar-

diologischen Erkrankungen auf der Grundlage medizinischer Leitlinien, einer modernen Pharmakotherapie und integrierter Versorgungsprozesse (integrated medical pathways); 

• Gewährleistung eines hohen Qualitätsniveaus der Versorgung;•  Konsequente Vor- und Nachsorgeuntersuchungen, Follow-ups, 

Beratungen, gezielte Sekundärprävention und Sportgruppenangebote, die im Studienprotokoll vorgegeben sind.

TeilnahmevoraussetzungenFür teilnehmende Ärzte und Kliniken bestehen hohe Anforderungen an Ausstattung, Strukturqualität und Prozessabläufe. Gleiches gilt für die Einrichtungen, die für die radiologisch-kardiologische Diagnostik im Bereich des Cardio-CT und der Koronarkalkbestimmung verant-wortlich sind. 

Prävention – Beratung – Diagnostik – TherapieZum Programm gehört zunächst ein vom Kardiologen oder Hausarzt durchgeführter individueller Risiko-Check. Er basiert auf dem PROCAM Score, der das individuelle Risiko ermittelt, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt oder plötzlichen Herztod („Zehnjahresrisiko“) zu erleiden. Mit Hilfe dieses individuellen Risikoprofils soll der Patient sein Gesamtrisiko senken. 

Teilnahmevoraussetzungen für niedergelassene Ärzte

• nachgewiesene selbständige Durchführung von mindestens 1.000 Linksherzkathetern und 300 PCi innerhalb der letzten 4 Jahre pro untersucher

• nachweis von mindestens 400 Koronarangiografien pro Zentrum (150 pro untersucher)

• Teilnahme an jährlichen KHK-spezifischen zertifizierten Fortbildungen

• Teilnehmende Ärzte sind an die internetbasierte elektronische Dokumentation (MARVin) gebunden und verpflichtet, diese aktuell zu halten

• Dokumentation und Überprüfung der indikationsstellung diagnostischer und interventioneller Maß­nahmen sowie ausführliche Aufklärung über nutzen und Risiken von interventionen

• Organisation einer 24-Stunden-Erreichbarkeit kardiologischer Fachärzte durch die notfallambulanz des Krankenhauses

• Berichterstattung an den zuweisenden Arzt, Dokumentation aller interventionen in der elektronischen Patientenakte

SBK KardioPro im Überblick

Prävention  • PROCAM Score  • Lifestyle- und Gesundheitsberatung  • Kursprogramme der SBK  •  Umfassende Information der Versicherten  

durch die SBK

Diagnose  •  Allgemeine diagnostische Verfahren: Belastungs-EKG, Stress-Echokardiografie, Sonografie, Labor

  • Koronarkalkbestimmung  •  Nicht-invasive Diagnostik zur Abklärung von 

Gefäßverengungen  • Perfusions-MRT, Szintigrafie

Therapie •  Behandlung von Plaques mittels Drug-eluting Stents  •  Konsequenter Einfluss auf Risikofaktoren:  

Übergewicht, Bluthochdruck, Raucherstatus,  riskante Fettstoffwechselwerte

  •  Leitliniengerechte Nachsorge – elektronische  Patientenakte

Cathleen Wenning-Weber ist Leiterin des Projekts „SBK KardioPro“ der Siemens-Betriebskrankenkasse

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Fortbildung: InnoKardio setzt auf Simulatoren Zwei Tage Theorie und Praxis – in Duisburg erfolgreich gestartet

Koronarintervention unter realitätsnahen Bedingungen durchzuführen. Vorprogrammierte Module konfrontierten die Ärzte mit unterschied-lichsten Szenarien von der einfachen Stentimplantation bis hin zur komplexen Intervention an einer Bifurkationsstenose. Dabei musste die Interventionsstrategie festgelegt, das richtige Material ausgewählt und eingesetzt sowie der Umgang mit Komplikationen wie einer Dis-sektion oder einem Verschluss gemeistert werden. 

Parallel zur Simulatorarbeit – und diese ergänzend – fanden kurze Vorlesungen zu technischen Aspekten der Koronarinterventionen statt, etwa zu Planung und Materialauswahl, Umgang mit Komplikationen und dem Einsatz von Protektionssystemen.

Das Engagement und Inter-esse  der  Teilnehmer  war erfreulich  hoch  und  das Konzept der Veranstaltung wurde  durchweg  gelobt. In Gesprächen zeigte sich, dass gerade die praktische Ausbildung im Katheterlabor oft nicht ausreichend inten-siv ist, um jüngere Kollegen hinlänglich für eine selbstän-dige Kathetertätigkeit, etwa in einer Oberarztposition, zu qualifizieren. Das stressfreie Training der eigenen manu-ellen Fähigkeiten an Simulatoren und in kleinen, betreuten Gruppen könnte künftig eine wichtige Rolle in der Qualitätssicherung bei der Ausbildung zum Kardiologen spielen. In diesem Sinne konnte die Veranstaltung in Duisburg nicht nur von den Teilnehmern, sondern auch von InnoKardio als Modellprojekt für weitere Veranstaltungen als voller Erfolg gewertet werden.

Die praktische Ausbildung im Katheterlabor reicht oft nicht aus, um junge Ärzte auf das selbständige Kathetern vorzubereiten. Mit der zweitägigen Veranstaltung „Herausforderungen bei der Diagnose und Therapie der KHK in Theorie und Praxis“ am 2. und 3. Februar 2007 in Duisburg hat Innokardio deshalb jetzt ein neues Fortbildungs-konzept umgesetzt: praxisorientierte Vorträge rund um das Thema „Herzkatheter“ in Verbindung mit einem hands-on Training in kleinen Übungsgruppen an verschiedenen Katheter-Simulatoren. Die Fortbil-dung richtete sich einerseits gezielt an Kardiologen in der Ausbildung, die ihre theoretischen und praktischen Fähigkeiten im Herzkathe-terlabor vertiefen wollten, andererseits aber auch an praktizierende Kollegen in der Klinik und im niedergelassenen Bereich, die an Tipps und Tricks zur Meisterung der Herausforderungen in der täglichen Arbeit im Katheterlabor interessiert waren.

Der erste theoretische Ver-anstaltungsteil am Freitag Nachmittag war unterschied-lichen Vorträgen zum Thema Koronardiagnostik gewidmet. Neben Übersichtsreferaten zur koronaren Anatomie und Physiologie sowie zu arteriel-len und venösen Zugangswe-gen standen auch alternative Bildgebungsverfahren wie intravaskulärer Ultraschall (IVUS), MSCT und MRI auf dem Programm. 

Der Samstag Vormittag stand ganz im Zeichen des praktischen Si-mulatortrainings. Gleich drei unterschiedliche Kathetersimulatoren standen den Teilnehmern zur Verfügung: Corosim, Mentice und Cathi. Jeder Simulator wurde von einem Mentor betreut, der mit kleinen Gruppen arbeitete.

Corosim ist ein mechanischer Simulator. Er bietet die Möglichkeit, den Umgang mit unterschiedlichen Führungskathetern zu trainieren: Am künstlichen, schlagenden Herzen galt es, die Katheter sicher im rechten und linken Koronarostium zu platzieren. Hier waren natur-gemäß besonders die Anfänger im Kathetern sehr interessiert. Die beiden anderen, elektronischen Simulatoren erlaubten es, koronare Interventionen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades vom Einführen des Führungskatheters bis zum mehr oder weniger erfolgreichen Ab-schluss des Eingriffs zu simulieren. Ein kompliziertes Zusammenspiel von Sensoren, Motoren und elektronischer Bildverarbeitung führen bei diesen Simulatoren zu der nahezu perfekten Illusion, als würde man am „echten“ Patienten arbeiten. Sowohl die taktile Rückkopplung am Führungskatheter oder Koronardraht als auch die optischen Informa-tionen am Bildschirm gestatteten es den Teilnehmen, gefahrlos eine 

Dr. med. Peter Braun, Herzzentrum Duisburg

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PD Dr. med. Jörg Hausleiter, Deutsches Herzzentrum München

Möglichkeiten zur Strahlendosisreduktion der kardialen CT-Diagnostik in der klinischen Routine

Die Abschätzung der effektiven CT-Dosis erfolgte gemäß Empfehlungen der European Working Group for Guidelines on Quality Criteria in CT (2000). Grundlagen waren dabei das Dosis-Längen-Produkt und ein Umrechnungsfaktor für Untersuchungen des Brustkorbs. Die benö-tigten Messwerte  wurden  den archivierten Protokolldaten entnom-men.

Zur objektiven Beurteilung der Bildqualität dienten Bildrauschen sowie Kontrast-Rausch-Verhältnis  und Signal-Rausch-Verhältnis bei den appli-zierten Akquisitionsprotokollen. Die Berechnung des Bildrauschens erfolgte aus der Standardabweichung der Dichtewerte eines groß-en Untersuchungsbereichs im linken Ventrikel. Die Auswertung der                CT-Koronarangiografien erfolgte unabhängig von einander durch zwei Untersucher anhand von axialen Schichten und von drei Dünnschicht-MIP-Projektionen. Die diagnostische Bildqualität wurde gemäß der  AHA-Segmentierung der Koronarien an Gefäßsegmenten mit mindes-tens 2 mm Durchmesser evaluiert und in drei Klassen eingeteilt.

StudiendesignDie Hauptindikationen für eine kardiale CT-Diagnostik (mit MSCT 16 respektive MSCT 64) waren Brustschmerz, Koronardiagnostik bei erhöhtem KHK-Risiko, kardiale Statuserhebung vor geplanter  EP-Diagnostik, Follow-up nach Bypass-OP und positiver Stresstest.

Die EKG-getriggerte Dosismodulation kam bei ca. 82 % aller Unter-suchungen (an beiden Systemen)  zum Einsatz, während die ernied-rigte Röhrenspannung von 100 kV bei ca. 22 % der Untersuchungen eingesetzt wurde, und das vorwiegend am SOMATOM Sensation 16 Cardiac.

Wirksame Methoden zur DosisverringerungDer Einsatz der EKG-getriggerten Dosismodulation führte an beiden CT-Systemen bei 120 kV zu einer deutlichen Reduktion der Effektivdosis: Beim SOMATOM  Sensation 16 Cardiac von 10,6 auf 6,4 mSv (– 40 %), beim SOMATOM  Sensation 64 Cardiac  von 14,8 auf 9,4 mSv (– 37 %). Das zusätzliche Absenken der Röhrenspannung auf 100 kV verminderte die Effektivdosis  zusätzlich auf 5,0 mSv beim SOMATOM  Sensation 16 Cardiac und auf 5,4 mSv beim SOMATOM  Sensation 64 Cardiac.  Die Dosisreduktion betrug dabei  beachtliche 53 % beim SOMATOM  Sensation 16 Cardiac 16-Zeiler bzw. 64 % beim SOMATOM  Sensation 64 Cardiac. >>

CTA – eine Quelle erhöhter Strahlenbelastung?Die kontrastverstärkte Mehrschicht-CT-Angiografie der Koronarien  (CTA) wird zunehmend zur Diagnostik der Koronaren Herzkrankheit (KHK) eingesetzt.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Diskussionen in der Öffent-lichkeit über eine wachsende Strahlenbelastung durch medizinische Diagnostik ist eine Abschätzung und Bewertung moderner CT-Verfahren in der Kardiologie dringend erforderlich. Auch nicht radiologisch  tätige Ärzte sind  über die applizierte Strahlendosis bei gängigen CT- und Röntgenuntersuchungen nur unzureichend informiert, wie verschiedene Studien zeigen. So konnten nur 33,6 % der Befragten die Strahlenbelastung einer Computertomographie des Brustraums richtig einschätzen.1

Im Folgenden wird deshalb eine große klinische Studie zum Thema „Strahlenbelastung bei kardialer CT-Diagnostik“ aus dem Deutschen Herzzentrum München vorgestellt.2 Es werden insbesondere auch Verfahren gezeigt, die die Strahlendosis signifikant reduzieren kön-nen. 

Einleitung1035 Patienten mit stabilem Sinusrhythmus wurden in die Studie ein-geschlossen. Die kardiale CT-Diagnostik wurde an 2 verschiedenen CT-Scannern durchgeführt, dem SOMATOM Sensation 16 Cardiac und dem SOMATOM Sensation 64 Cardiac der Firma Siemens Medical Solutions. 

Zum Zwecke der Strahlenreduktion wurden 2 verschiedene Ansätze evaluiert. Zum einen die EKG-getriggerte Dosismodulation, bei der der Röhrenstrom während der Systole um 80 % reduziert wird. Außerdem wurde der Effekt einer Reduktion der Röhrenspannung von 120 kV auf 100 kV untersucht. 

Koronaranomalie, SOMATOM Sensation 64 Cardiac © DHM München

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Die Bildqualität bleibt konstantTrotz der beschriebenen eindrucksvollen Reduktion der Strahlendosis wurde die diagnostische Qualität der CT-Datensätze nicht negativ  beeinflusst. Selbst das 100 kV-Protokoll in Kombination mit EKG-getriggerter Dosismodulation zeigte eine diagnostische Qualität ver-gleichbar dem Protokoll ohne Strahlenreduktion!

Hohe Dosis = hohe diagnostische Qualität?Wie bei jeder Diagnostik muss auch die Indikation zur kardialen  CT-Diagnostik kritisch gestellt werden. Dies bezieht neben anderen Aspekten insbesondere die resultierende Strahlenbelastung in den Entscheidungsprozeß mit ein. 

Wir konnten in der vorliegenden Studie an 1035 Patienten zeigen, dass sehr effiziente Strategien zur Strahlenreduktion existieren, ohne dass es zu einer Verminderung der diagnostische Qualität der Untersuchung kommt. Diese Strategien (EKG-getriggerte Dosismodulation und 100 kV-Protokoll) sind sowohl beim SOMATOM Sensation 16 Cardiac und beim SOMATOM Sensation 64 Cardiac wirksam.

Dabei ist die diagnostische Qualität der MSCT 64–Koronardiagnostik überlegen, was insbesondere aus einer drastischen Reduktion nicht verwertbarer Koronarsegmente begründet ist.

Dosisreduktion ist machbarDie Bildrekonstruktion erfolgt bei der kardialen CT-Diagnostik normaler- weise in der Diastole, weil dort die geringste Bewegung des Herzens auftritt. Deshalb kann mittels der EKG-getriggerten Modulation des Röhrenstroms die Dosis in der Systole um bis zu 80 % abgesenkt wer-den. Daraus resultiert eine Dosisreduktion um ca. 40 % bei MSCT 16 und um ca. 37 % bei MSCT 64. Die EKG-getriggerte Modulation des Röhrenstroms ist also ein effizientes Verfahren zur Dosisreduktion bei kardialer CT-Diagnostik.

VRT-Darstellung der Koronarien © DHM München

0

3

6

9

12

15

18(mSv) A

16-MSCT120 kV without dose modulation

16-MSCT120 kV with dose modulation

16-MSCT 100 kV with dose modulation

64-MSCT120 kV without dose modulation

64-MSCT120 kV with dose modulation

64-MSCT100 kV with dose modulation

Circulation 2006; 113:1305-1310

Dosisreduktion durch EKG-getriggerte Dosismodulation sowie Reduktion der Röhrenspannung bei SOMATOM Sensation 16 und SOMATOM Sensation 64

Dose estimate

Eine auf 100 kV verringerte Röhrenspannung kann besonders bei kontrastmittelunterstützten CTA-Untersuchungen zu weiteren Dosiseinsparungen ohne Verlust an Bildqualität führen. Die Kombination beider Strategien führte zu einer Reduktion der Dosis um 53 % bzw. 60 %.

In anderen Studien konnten wir auch zeigen, dass aufgrund des  höheren Auflösungsvermögens der 64-Schicht-MSCT hier ein größerer Anteil an Koronarsegmenten der Auswertung  zugänglich wird.

Um die aktuelle  Diskussion über eine erhöhte Strahlenbelastung in der bildgebenden Diagnostik zu versachlichen, sind auf allen Seiten genaue Kenntnisse der system- und protokollbedingten Strahlungsdosen so-wie der Verfahren zur Dosisreduktion erforderlich. Gleichzeitig muss auch in der kardiologischen Diagnostik die Auswahl der adäquaten bildgebenden Verfahren mit besonderer Umsicht erfolgen. 

Literatur:1 RöFo 2007;179: 261–267 

2 Circulation 2006; 113: 1305–1310

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�IMPRESSUM Ausgabe Juni 2007 • Herausgeber: InnoKardio, www.innokardio.de • Druck: Pennrich Druck GmbH, 55411 Bingen am Rhein     Redaktion: Haas & Health Partner Public Relations GmbH, 65344 Eltville, www.haas-health.de

Was macht InnoKardio?

• Die Initiative ist ein freier Zusammenschluss innovativer Kardiologen

• Übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Versorgungs-situation von KHK-Patienten in Deutschland

• Hierzu gehört, die Behandlung mit innovativen Techniken  zu fordern und zu fördern

• Regionale Symposien, Fortbildungen und Podiumsdiskus-sionen informieren Ärzte und fördern den gesundheits-politischen Dialog mit Ärztekammern, Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen

Updates zu Medizin, Wissenschaft und Gesundheitsökonomie

InnoKardio informiert aktuell zu folgenden Themenbereichen:

•  Medizinisch-wissenschaftliches Update:  Key Slides der wichtigsten kardiologischen Kongresse mit  Download-Möglichkeit

• Gesundheitsökonomisches Update:  Änderungen im DRG-Katalog oder Beschlüsse des G-BA  und IQWiG

• Beide Updates können auf der Webseite abonniert werden

www.innokardio.de

lassenen DES erfüllen lediglich drei die von Fachgesellschaften gefor-derten und in ernst zu nehmenden klinischen Studien überprüften Nachweise über Sicherheit und Wirksamkeit. Nur TAXUS, CYPHER und ENDEAVOR weisen die erforderliche Evidenz auf. Dennoch setzen viele Krankenhäuser auch ungenügend untersuchte Stents ein, etwa weil diese preisgünstiger zu haben seien. Aktuelles Beispiel sei der CoStar-Stent (Conor bzw. Johnson & Johnson, Cordis), der jetzt aufgrund schlechten Abschneidens im Vergleich zum TAXUS-Stent vom Markt genommen wird. In den USA wurde der CoStar bisher nur im Rahmen klinischer Studien eingesetzt – bei uns war er auf Basis von zwei kleinen, nicht randomisierten Studien bereits zugelassen und wurde Patienten in der Routineversorung implantiert.

Eine solche Praxis unterstützt Wilfried Jacobs, Vorstand der AOK Rhein-land/Hamburg, in keiner Weise. Seine Krankenkasse war schon früh vom Nutzen der innovativen Stents überzeugt. Zugleich legt die AOK im Interesse ihrer Versicherten größten Wert auf Qualität und Evidenz und legt daher im Rahmen zahlreicher integrierter Versorgungsverträge fest, dass ausschließlich die von den Fachgesellschaften empfohlenen DES einzusetzen sind. Qualität bemesse sich allerdings nicht ausschließlich am Produkt, sondern auch an der Erfahrung des einsetzenden Arztes. Die Fachgesellschaften seien hier verstärkt gefordert, Qualitätskriterien zu entwickeln und für deren Umsetzung zu sorgen.

Mitglieder der Kardiologen-Initiative InnoKardio und Wilfried Jacobs als Vertreter der Krankenkassen diskutierten auf einer Medien-Veranstaltung von InnoKardio in Berlin die aktuelle Situation der Drug-eluting Stents: Lange als Revolution gefeiert, sind die Medikamente freisetzenden Gefäßstützen seit Monaten wegen vermeintlicher Sicherheitsrisiken in die Kritik geraten. Wie gehen Ärzte und Leistungsträger damit um?  Dr. med. Stefan Hoffmann, Berlin, fasste zusammen: Eine sorgfältige Analyse der vorliegenden Daten zur späten Stentthrombose lässt dieses Risiko zwar nicht verschwinden, relativiert es aber sehr. Für Kardiologen gilt jetzt, in Übereinstimmung mit dem aktuellen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, DES noch differenzierter ein-zusetzen als bislang. Dabei gilt es insbesondere, auch auf Qualität im Sinne ausreichender Evidenz für die Sicherheit und Wirksamkeit – auch im Langzeitverlauf – zu achten.

Prof. Dr. med. Wolfgang Rutsch, Berlin, betonte die Konkurrenzsituation, die seit dem Beginn des Siegeszugs der innovativen Drug-eluting Stents (DES) zwischen interventioneller Kardiologie und Herzchirurgie entstand. Die Bypass-Operation sei in vielen Indikationen längst nicht mehr der Goldstandard. Für ihn sei es nicht die Frage, ob die Herzchirurgie ver-schwindet, sondern wann. Was den Einsatz von DES beträfe, sollten Kardiologen heute nicht nur sorgfältig auf die Indikation achten, son-dern vor allem auch dafür sorgen, dass die antithrombozytäre Therapie leitliniengerecht umgesetzt wird.

„Stent ist nicht gleich Stent“, so Prof. Dr. med. Sigmund Silber, Mün-chen. Die CE-Kennzeichnung als einzige Zulassungshürde für DES in Deutschland sei ganz klar zu niedrig. Von den derzeit 17 bei uns zuge-

Drug-eluting Stents: Revolution oder Risiko?Presse Roundtable anlässlich des Qualitätsgipfels am 9. Mai in Berlin

Dr. med. Stefan Hoffmann, Berlin

Erste InnoKardio online Fortbildung – 4 CME Punkte

In der ersten online Fortbildung von InnoKardio geht es um das brandaktuelle Thema: „Wirkstoff-freisetzende Stents in der Behandlung der Koronaren Herzkrankheit – Nutzen oder Schaden?“

Neben Grundlagenwissen wie z. B. den Leitlinien zur perkuta-nen Koronarintervention wird auch die aktuelle Debatte um die Sicherheit der DES (Stent-Thrombose) diskutiert.

www.innokardio-cme.de

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