4
Für unseren Firmen- sitz in Bern suchen wir einen Niederlassungs- leiter mit Ofziers- laufbahn in der Schweizer Armee oder im Reservebataillon. Melden Sie sich zum Morgenappell in unserer Hauptzentrale. Antreten ist um Punkt 5:30 Uhr. Sie besitzen echte oder gekaufte MBA-Titel und bringen ein ausgeprägtes Showtalent mit, um unsere Finanzabtei- lung im Austausch mit Medien oder Analysten zu reprä- sentieren. Grundkenntnisse in Mitarbeiterführung sind für diese Aufgabe überflüssig. Vorstand Controlling & Finance in New York Sie sind Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder ein enger Freund des Bundes- kanzlers Werner Faymann? Dann schicken Sie Ihre Bewer- bungsunterlagen an Chiffre 9999. Alles Weitere wird sich dann klären. Technischer Geschäftsführer in Wien Für unsere Marketing- abteilung suchen wir für Montag kommender Woche eine junge, ehrgeizige Führungskraft, die bereits mindestens 20 Anstellungen bei konkurrierenden Technologieunterneh- men aufweisen kann. Führungskraft Marketing in Shanghai Eine Ausbildung in den USA oder Europa setzen wir voraus. Als künftiger Vorstand unseres Unternehmens haben Sie keine Probleme damit, Ihre Arbeit in einem zugigen, lauten und dicht- gedrängten Großraumbüro und ohne eigene Sekretärin zu er- ledigen, um möglichst nah bei Ihren Mitarbeitern zu sein? Sie besitzen mindestens jeweils 500 Xing-, LinkedIn-, Face- book- oder Twitter-Kontakte? Dann freuen wir uns auf Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen. GESCHÄFTSFÜHRENDER VORSTAND IN ROM Für die Leitung unserer Firma suchen wir eine Führungskraft, die sich in ers- ter Linie teuer und stilbewusst kleidet. Zudem setzen wir die Herkunft aus ei- ner angesehenen Familie des Landes voraus. Fachkenntnisse spielen eine untergeordnete Rolle. KARRIERE 18 Vorstandsposten in Hamburg

Niederlassungs- fi ziers- Vorstand Controlling & Finance in ... · viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Niederlassungs- fi ziers- Vorstand Controlling & Finance in ... · viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den

Für unseren Firmen-sitz in Bern suchen wir einen

Niederlassungs-leiter mit Offi ziers-laufbahnin der Schweizer Armee oder im Reservebataillon. Melden Sie sich zum Morgenappell in unserer Hauptzentrale. Antreten ist um Punkt 5:30 Uhr.

Sie besitzen echte oder gekaufte MBA-Titel und bringen ein ausgeprägtes Showtalent mit, um unsere Finanzabtei-lung im Austausch mit Medien oder Analysten zu reprä-sentieren.

Grundkenntnisse in Mitarbeiterführung sind für diese Aufgabe überflüssig.

Vorstand Controlling & Finance in New York

Sie sind Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) oder ein enger Freund des Bundes-kanzlers Werner Faymann? Dann schicken Sie Ihre Bewer-bungsunterlagen an Chiffre 9999. Alles Weitere wird sich dann klären.

Technischer Geschäftsführer in Wien

Für unsere Marketing-abteilung suchen

wir für Montag kommender Woche

eine junge, ehrgeizige Führungskraft, die bereits mindestens 20 Anstellungen bei

konkurrierenden Technologieunterneh-men aufweisen kann.

Führungskraft Marketing

in ShanghaiEine Ausbildung in

den USA oder Europa setzen wir voraus.

Als künftiger Vorstand unseres Unternehmens haben Sie keine Probleme damit, Ihre Arbeit in einem zugigen, lauten und dicht-gedrängten Großraumbüro und ohne eigene Sekretärin zu er-ledigen, um möglichst nah bei Ihren Mitarbeitern zu sein?

Sie besitzen mindestens jeweils 500 Xing-, LinkedIn-, Face-book- oder Twitter-Kontakte? Dann freuen wir uns auf Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen.

GESCHÄFTSFÜHRENDER VORSTAND IN ROM

Für die Leitung unserer Firma suchen wir eine Führungskraft, die sich in ers-ter Linie teuer und stilbewusst kleidet. Zudem setzen wir die Herkunft aus ei-ner angesehenen Familie des Landes voraus. Fachkenntnisse spielen eine untergeordnete Rolle.

KARRIERE18

Vorstandsposten in Hamburg

18_21_d_Karriere_RZ.indd 2 07.10.09 13:55

Page 2: Niederlassungs- fi ziers- Vorstand Controlling & Finance in ... · viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den

KARRIERE 19

International gültige Regeln für den Aufstieg gibt es nicht. Bei aller Globalisierung gelten für jedes Land nach wie vor ganz eigene Karrieremuster. Lebensläufe, die etwa in den USA oder in China gern gesehen sind, werden in Europa schnell aussortiert – und umgekehrt.

ie waren sicher, einen ihrer Besten nach Deutschland geschickt zu haben. Doch am

Ende kostete diese Personalentscheidung den US-Konzern mehrere Millionen US-Dollar. Das Unternehmen wollte ein Technologiewerk in Ostdeutschland aufbauen und warb für den Füh-rungsjob eine absolute Spitzenkraft an. Der Top-manager war in den USA bereits weit auf der Kar-riereleiter nach oben geklettert. In Deutschland ging es für ihn hingegen wieder etliche Stufen hin-unter. Schon nach nur kurzer Zeit musste er seine Koffer packen.

Raubeine haben ausgedientZum Verhängnis wurde ihm ein klassischer Fall von Culture-Clash: Der Manager hatte nach den Arbeits-regeln gehandelt, die in den USA gelten und ihm dort den Weg nach oben geebnet hatten. Dort hat das Ergebnis oberste Priorität – unter welchen Qua-len es auch entstanden sein mag. Der neue Chef aus Übersee gab sich in bester Cowboymanier raubeinig, oberflächlich und schenkte seinen Mitarbeitern kei-nerlei Achtung. „Heute wird jedoch immer mehr Wert auf kulturelle und länderspezifische Eigen-arten gelegt“, sagt Personalberater Ulrich F. Acker-mann, Vorstand der Londoner Transearch Internati-onal Partners plc und laut „BusinessWeek“ einer der hundert weltweit einflussreichsten Headhunter.

Für Ackermann veranschaulicht die Geschichte von Mr. Cowboy perfekt, dass der Karriere-Cul-ture-Clash überall lauern kann. In global agieren-den Konzernen sei es zwar wichtig geworden, die oberen Führungspositionen mit ausländischen Mitarbeitern zu besetzen. Doch die Aufstiegs-, Ver-haltens- und Führungsregeln blieben „homema-de“. Es scheint sogar fast so zu sein, dass nationale Eigenheiten bei der Bewerberauswahl eine immer wichtigere Rolle spielen, je vernetzter die Welt ist. Führungskräfte, die sich auf allen Kontinenten be-weisen wollen, sollten sich unbedingt auch mit den jeweiligen nationalen Dos und Don’ts im Joballtag und für Lebensläufe auseinandersetzen – egal ob man eine Karriere in einem weltweit tätigen Kon-zern oder in einem stärker national ausgerichteten Unternehmen anstrebt. Zurück zum Beispiel: Auch in Deutschland zählt am Ende des Berufstages selbstredend das Ergebnis. Cowboys oder reine Kontrollfreaks haben jedoch ausgedient. „Füh-rungspersönlichkeiten müssen nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen und Bäuche der Beleg-schaft treffen“, erklärt Ackermann.

Chef residiert auf fünf QuadratmeternDas geht mittlerweile so weit, dass Unterneh-mergrößen auf Statussymbole verzichten. Etwa Ludwig Georg Braun, Vorstandsvorsitzender des

S

Karriere, career, carrière, la carrera, carriera, shengqian

1585 AUSGABE 3/09

18_21_d_Karriere_RZ.indd 3 13.10.09 11:13

Page 3: Niederlassungs- fi ziers- Vorstand Controlling & Finance in ... · viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den

KARRIERE20

Ohne Allüren: In Europa verzichten zunehmend Führungskräfte auf Privilegien und reihen sich ein ins Großraumbüro.

deutschen Medizintechnik-Riesen B. Braun Mel-sungen mit fast 40.000 Mitarbeitern weltweit: Wie alle anderen Mitarbeiter in der Zentrale sitzen der CEO und seine Vorstandskollegen in komplett verglasten Büros – von fünf Quadratmetern Größe. „Sie können kein neues Bürosystem einführen und dann selbst nicht mitmachen. Sie müssen Ihren Mitarbeitern als Beispiel vorangehen“, sagt Braun überzeugt. In anderen Ländern, wo sich die Posi-tion in der Zahl der Sekretärinnen, der Größe des Büros und des Blumenstraußes auf dem Schreib-tisch spiegelt, wäre diese Haltung undenkbar.

Undenkbar ist in den meisten Ländern auch die in Japan noch übliche lebenslange Beschäftigung. Der Großteil der Japaner bleibt seinem Arbeitgeber treu und steigt innerhalb des Unternehmens auf. Ein typisch japanischer Lebenslauf würde in anderen Staaten direkt aussortiert. Ein solcher Bewerber be-käme in den USA sogar den Stempel „Lebt hinter dem Mond“. Erst recht in China. Ackermann: „Chi-nesen sind in dieser Hinsicht noch extremer: Sie betreiben Jobhopping at its best.“ Manche verlassen schon nach sechs oder sogar zwei Monaten wieder den Arbeitgeber. In Europa werde bei der Suche nach Topkräften eine Mischform bevorzugt: „Zwei bis drei Jahre sollte der Bewerber schon bei einem Arbeitgeber geblieben sein.“

Sowohl in Europa als auch in den USA müssen Be-werber eine weitere Entwicklung im Auge behal-ten: soziale Netzwerke. Studien belegen, dass Per-sonaler Online-Netzwerke wie LinkedIn, Xing oder Facebook nicht nur vermehrt benutzen, um Bewerber auf ihre Unternehmen aufmerksam zu machen, sondern hier auch aktiv neue Mitarbeiter suchen. In manchen Firmen ist die Mitgliedschaft in einem Online-Netzwerk sogar ein Muss, wie etwa beim US-Konzern Best Buy. Dieser suchte per Stellenanzeige einen Manager, der neben Topaus-bildung und Berufserfahrung auch mindestens 250 Twitter-Kontakte mitbringen musste.

Manchmal hat dieses Einstellungskriterium ganz banale Gründe. Je mehr Kontakte, desto mehr Freunde, die mit Mundpropaganda erreicht werden können. Da immer noch zwei Drittel aller Kaufent-scheidungen auf Empfehlungen von Freunden be-ruhen, ist es für Unternehmen wichtig, Angestellte zu haben, die in ihrem großen Bekanntenkreis für Produkte werben.

Nicht allein deshalb gilt: je mehr Kontakte, desto höher die Karrierechancen. Wissenschaftler der Michigan State University fanden jüngst heraus, dass mit der Zahl der Facebook-Kontakte das so-ziale Ansehen steigt – zumindest bis zu einem ge-

18_21_d_Karriere_RZ.indd 4 07.10.09 10:53

Page 4: Niederlassungs- fi ziers- Vorstand Controlling & Finance in ... · viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den

KARRIERE 21

wissen Grad. Wer zu wenig Online-Freunde hat, wird von vielen als Verlierer abgestempelt. Wer zu viele hat, wirkt verzweifelt. Rund 300 Kontakte sind laut Forscherteam ideal.

Ein paar hundert Online-Freundschaften erhöhen das Ansehen und sind auch in anderer Hinsicht kar-riereförderlich: Stellenangebote werden hauptsäch-lich über lose Bekannte kommuniziert. Kein Wun-der, dass in Zeiten der Wirtschaftskrise, in denen viele ihren Job verlieren, die Neuanmeldungen bei eben diesen Online-Netzwerken boomen. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen von Hilla Dotan, Forscherin an der Managementfakultät der Uni-versität von Tel Aviv. Laut Dotan hilft ein großer Bekanntenkreis, Türen zu öffnen. „Wer einmal drin ist und dies auch bleiben möchte, braucht je-doch Wissen und Fähigkeiten“, so Dotan.

Eine dieser Fähigkeiten ist der MBA-Abschluss, der Master of Business Administration. Er ist vor allem in den USA ein absolutes Muss. Zwangsläufig büffeln muss man deshalb aber nicht. „In den USA werden sehr viele Lebensläufe gefälscht“, sagt Ackermann. „Daher hat sich sogar eine ganze Bran-che entwickelt, die Lebensläufe der Manager auf ihren Wahrheitsgehalt prüft.“ In Deutschland hat sich die regelrechte MBA-Hörigkeit in den vergan-

genen vier bis fünf Jahren allerdings wieder relati-viert: Soft Skills toppen im Zweifelsfall auch die schönste MBA-Titelsammlung. Am Messer zu lecken, kostete den JobIn Frankreich hingegen zählt nicht die Art des Titels, sondern wo er erworben wurde: Man muss auf einer der drei bis vier Eliteschulen gewesen sein. In Italien entscheidet vor allem die eigene Her-kunft: Die richtige Familie begründet die Manage-mentlaufbahn. In Österreich öffnet das richtige Parteibuch Türen, in der Schweiz dagegen eine Offizierslaufbahn. In Russland und China wieder-um muss die Vita westliche Stationen aufweisen.

In Russland und dem restlichen Europa ist es zu-dem wichtig, die richtige Kleidung zu haben. Wer hier die falschen Schuhe zum Anzug trägt oder ein schlechtes Benehmen hat, verbaut sich selbst den Weg nach oben. Wie ein Niederländer, der für einen Vorstandsposten in Deutschland vorgesehen war. Die ersten Gespräche bestand er noch mit Bravour. Doch bei einem Abendessen mit zwei Aufsichts-ratsmitgliedern endete der Aufstieg abrupt. Der designierte Vorstand leckte beim Essen sein Messer ab. „Ich saß mit am Tisch“, erinnert sich Acker-mann, „sah die Gesichter der Aufsichtsräte und wusste sofort: Das war’s.“

1585 AUSGABE 3/09

Ulrich F. Ackermann, 56, ist geschäftsführender Gesellschafter von Transearch Deutschland und Vorstand der Transearch International Partners plc, London. Davor war der studierte Wirtschaftswissenschaftler Vor-standschef der Hugo Boss AG, der Adidas-Sarragan S.A. (Schweiz) und der Adidas Austria AG.

„In den USA ist immer noch stark der Showman gefragt und nicht wie in Europa der Manager, der eine umfassende Führungs-persönlichkeit mitbringt.“

Foto

s: A

gent

ur F

ocus

/Pet

er M

arlo

w/M

agnu

m

18_21_d_Karriere_RZ.indd 5 07.10.09 10:53