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NLP Und Lernen

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NLP Und Lernen

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  • ieser berhmte Song von Bob Dy-lan hat mich spontan dazu inspi-

    riert, einmal ber die Vernderungennachzudenken, die sich seit dem erstenKontakt mit NLP in meinem Leben erge-ben haben.

    Dies macht deshalb Sinn, weil Vern-derungsarbeit immer eine beidseitigeWirkung hat, nicht nur bei dem/den Kli-enten im jeweiligen Fachbereich, son-dern gleichermaen auch bei den Thera-peuten, Trainern oder Beratern. Letztge-nannte sind immer auch Teil des gesam-ten Systems Vernderung und damitauch Mit-Betroffene bei den verschiede-nen Prozessen.

    Schon nach kurzer Zeit des Nachden-kens und Rcksprens wurde mir klar,da sich in vielen Bereichen meines Le-bens etwas verndert hat und da es ei-gentlich mehr als einen Artikel erfordert,um von diesen Vernderungen zu berich-ten. Ich bentigte also eine Idee fr einethematische Eingrenzung ... und die In-spiration dazu kam mir recht schnell.

    Meine erste umfangreiche Systemati-sierung und Zusammenfassung ber dasNLP war mein 1990 erschienenes BuchDas neue Lernen gewesen. Damals binich mir beim Schreiben klar geworden,da das NLP ein hchst interessantes Kon-zept sei, das ungeahnte Mglichkeitenbeinhaltet. Desweiteren wollte ich mitdiesem Buch eine Verbindung herstellenvom NLP zu meinem wirtschaftspdago-gischen Know-How.

    Der Buchtitel Das neue Lernen hatmich nun inspiriert und mir die Leitfragefr diesen Artikel gefunden:

    Lassen Sie mich dazu auf vier Aspekteeingehen, die in meinen Augen beson-ders auffllige Vernderungen mit sich ge-bracht haben, nmlich

    1. wie sich mein Zielverstndnisgrundlegend verndert hat,

    2. wie ich gelernt habe, Verantwor-tung fr mein Handeln, fr meineEinstellung, fr meine Motivationzu bernehmen,

    3. wie ich mich auf die Suche nachguten Fragen und die Kunst desFragenstellens begeben und

    4. wie ich den Wert von Hausaufga-ben fr den Lernproze wieder-entdeckt habe.

    Ziele haben viele, doch welche da-von sind eigentlich meine Ziele?

    Als Wirtschaftspdagoge habe ich michwhrend meines Studiums intensiv mitden pdagogischen Ziel- und Unterrichts-modellen auseinandergesetzt. Die dortverbreiteten Zielmodelle haben ihre Vor-bilder in naturwissenschaftlichen Model-len, wo es um ein Systematisieren, Klassi-fizieren und Aufbauen von Ordnungssy-stemen geht.

    Man verhlt sich gewissermaen so, alsknnte man die Welt der Ziele hnlichwie die Welt der Pflanzen oder Tiere inein schlssiges Ordnungssystem bertra-gen, um dadurch Klarheit und Transpa-renz fr jedermann zu schaffen, der mitZielen zu tun hat.

    Ich habe mich mit diesem Verstndnisvon Zielen immer recht schwer getan,weil sie zwar nach auen hin einleuch-tend und zwingend wirken, doch beieiner konkreten Umsetzung eine groeLcke klafft zwischen Anspruch undWirklichkeit. Im Laufe der Jahre ist mir im-mer klarer geworden, da die Qualittvon Unterricht durch solch ein Umgehenmit Zielen nicht verbessert werden kann,weil zwei Aspekte unbercksichtigt blei-ben: Zum einen bleibt man mit solch ei-ner Zielanalyse im Problemrahmen haf-

    ten und zum anderen werden diese Zielelosgelst von den Personen betrachtet,um die es eigentlich geht, nmlich um dieLernenden selbst. Und diese sind mir imLaufe der Zeit immer wichtiger gewor-den.

    Lebendiges Lernen ist aber untrennbarmit der Person des Lernenden, des Ziele-inhabers, verbunden. Wer dessen Einzig-artigkeit, Flexibilitt, Verschiedenartigkeitund Widersprchlichkeit nicht hinrei-chend wrdigt, der kann sich noch sobemhen, der wird letztlich immer mitWindmhlen kmpfen, aber keinen Er-folg erzielen knnen.

    Wie wenig die Menschen in diesenKonzepten gewrdigt wurden, sei da-durch erlutert, da lange Zeit Lehrzieleund Lernziele gleich behandelt wurden,ohne zu bercksichtigen, da es sich da-bei um die Ziele von zwei oder mehr ver-schiedenen Personen handelt. Man ver-hielt sich gem des Prinzips, wer dieMacht hat, der definiert das Problem undblendete aus der Sicht der Lehrenden aus,was nicht in den vorbestimmten Problem-horizont pate.

    Ich schreibe diese Zeilen aus der Be-troffenheit heraus, da heutzutage zwarschon mit Worten zwischen Lehr- undLernzielen unterschieden wird, im pda-gogischen Alltagsgeschft aber immerwieder Flle auftreten, in denen dieserUnterschied nicht im praktischen Han-deln durchschlgt. So knnen z.B. die invielen Seminarangeboten und Lehrpl-nen enthaltenen Zielformulierungen, wieDer Teilnehmer/Lernende wird nachdiesem Seminar ..., leicht als aus Lehrer-sicht formulierte Lernziele interpretiertwerden.

    Ich mchte mich keineswegs davonausschlieen, von Fall zu Fall selbst fr an-dere zu denken, angeblich zu wissen, wasgut fr diesen oder jenen Menschen seiund denselben dadurch Ziele vorzuge-ben, ohne sie befragt zu haben.

    Bachmann NLP und Lernen

    NLP und Lernen:Was ist bei mir eigentlich anders geworden?

    VON WINFRIED BACHMANN

    D

    The Times They Are A-Changin

    Was ist eigentlich neu (an-ders) geworden in meinemLernverstndnis und Lernver-halten, nachdem ich das NLPkennengelernt habe?

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  • Wenn Lehrziele aber als Lernziele(oder Ziele eines Therapeuten und die ei-nes Klienten oder die eines Beraters unddie eines Kunden oder die eines Trainersund die eines Seminarteilnehmers) alsdeckungsgleich behandelt werden, so be-deutet dies wenn man so will einen tie-fen Eingriff in die Persnlichkeiten derLernenden, ohne die Betroffenen dar-ber berhaupt befragt zu haben.

    Ich freue mich, da das NLP Metho-den bereithlt, die insbesondere die For-mulierung und Klrung von Zielen aus dersubjektiven Sicht einzelner Menschen er-mglicht. Dies ist dadurch mglich, dadie NLP-Zielmodelle eine formale Struk-tur zur Verfgung stellen, die inhaltlichvon jeder Person ausgefllt werden kann.Als Lehrender (Trainer, Berater, Thera-peut) kann ich mich auf diese Struktur be-schrnken und mich dadurch davor be-wahren, vorschnell inhaltliche Vorgabenzu machen.

    Durch diese Modelle ist es mglich,Menschen in ihrer Einzigartigkeit wirklichernst zu nehmen und mit ihnen konstruk-tiv zu arbeiten. Und im Zuge solcher Kl-rungsprozesse kann es sein, da durch dieZielarbeitn persnliche Ziele klarer werden

    und dadurch die Bereitschaft an-gestachelt wird, wchst, diese Zie-le nun wirklich zu erreichen oder

    n da sich Ziele im Laufe der Aus-einandersetzung zunehmend ver-

    ndern, indem etwa bergeord-nete Ziele bewut werden ... und /oder

    n da sogenannte Eigentlich wollteich ja schon immer mal ...-Zieleihres vermeintlichen Reizes ent-kleidet werden und schlielichvon der betreffenden Person be-graben werden knnen.

    Mir ist besonders das regelmige kri-tische Prfen meiner Ziele wichtig gewor-den und die Mglichkeit, Baustellen inmeinem Leben endlich zuschtten zuknnen, die ich lange Jahre offengehal-ten hatte und wo mir durch dieses Offen-halten im Laufe der Zeit viel Energie undKraft verloren gingen. NLP hat mir dabeigeholfen, mich auf die Ziele zu konzen-trieren, die mir wirklich etwas bedeutenund die ich wirklich erreichen will.

    Wer trgt fr was eigentlich dieVerantwortung?

    Ich mchte am Beispiel des Motivierensdeutlich machen, zu welchen Lern-hemmnissen es fhrt, wenn nicht klar ist,wer fr was die Verantwortung zu ber-nehmen hat.

    Die Motivationsphase, die als Ein-stiegsphase in Unterrichts- und Weiterbil-dungskonzepten gilt, hat die Funktion,andere Menschen neugierig auf ein The-ma zu machen. Doch diese Phase bedeu-tet oftmals mehr Last als Lust auf den

    Schultern der Pdagogen. Denn so wur-de und wird diese Phase oft noch inter-pretiert viel hngt ja dann offensichtlichvon den Pdagogen ab, von deren Fhig-keiten, Interesse zu wecken, ... und wennihnen dies nicht gelingt, dann mssen siehalt mit dem Mierfolg leben: Wenn sienicht die richtigen Worte finden, dannhaben sie halt auch nicht richtig moti-viert.

    Das Wissen um diese Last auf denSchultern von Lehrern, Trainern etc. hatLernende dazu verleitet, ihr eigenes Enga-gement zunchst zurckzuhalten, um ersteinmal abzuwarten, was der da vorneeigentlich auf die Beine stellt. Undwenn die Show halt nicht den eigenenAnforderungen entspricht, sich mit derbilligen Entschuldigung ich wurde nichtmotiviert aus jeglicher Verantwortung zustehlen.

    Diese Praxis der Verantwortungsber-tragung hat sich im brigen auch in ande-re Bereiche ausgebreitet, sie steckt zumBeispiel hinter der Erwartungshaltung vonKunden, die sich einen Berater oder Trai-ner engagieren, damit dieser deren Pro-bleme lst, oder eines Klienten, der einenTherapeuten aufsucht, damit dieser ihmsagt, was zu tun ist.

    Ich bin und wurde vor diesem Hinter-grund ausgebildet und habe lange Jahreden Karren des Motivieren-Mssens,des Verantwortung-Tragens gezogen ...und Verantwortung fr andere bernom-men bzw. anderen keine Gelegenheit ge-geben, Verantwortung fr sich selbst zubernehmen. Ich habe mich vor diesemKarren ganz und gar nicht wohl gefhlt,ich habe mich angestrengt, gesthnt unterder Last und das ist das Tragische an die-ser Konstellation oft gar nicht den Lohnfr meine Mhen erhalten.

    Das NLP hat mir gezeigt, wofr ich imLehr-Lern-, im Trainings- oder Beratungs-geschehen verantwortlich bin. Ich habegelernt, da die Verantwortung fr denErfolg nicht ausschlielich auf die Schul-tern der Lehrenden gehrt, sondern vonallen Beteiligten getragen werden sollte.Im NLP wird immer wieder deutlich her-vorgehoben, da jeder selbst verantwort-lich ist fr sein Leben, fr sein Lernen, frsein Handeln und Nichthandeln.

    Mir fallen im Zusammenhang von Ver-antwortung die fnf Freiheiten ein, wel-

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    Bachmann NLP und Lernen

  • che auf Virginia Satir zurckgehen. Dennin der Freiheit fr etwas steckt ja implizitauch die Verantwortung, diese Freiheitenzu nutzen:Die Freiheit, zu sehen und zu hren,

    was gerade ist anstelle von wassein sollte oder war oder sein wird;

    die Freiheit, zu sagen,was ich fhle und denke anstellevon was man fhlen oder denkensollte;

    die Freiheit, zu fhlen,was ich gerade fhle anstelle da-von, was man in dieser oder jenerSituation fhlen sollte;

    die Freiheit, zu fragen,was ich fragen mchte anstelle ei-nes Bettelns um die Erlaubnis zumFragen;

    die Freiheit, Risiken einzugehenin eigener Verantwortung anstelleeines stndigen Bemhens umden sicheren Weg.

    Und als sechste Freiheit mchte ichnoch hinzufgen die Freiheit, alle obengenannten Frei-heiten zurckzuweisen.

    Doch wofr ist nun ein Lehrender ver-antwortlich im Lehr-Lernproze?

    Aufgabe und Verantwortung von Leh-renden ist es meiner Ansicht nach, imRahmen von Lehr-Lernprozessen Rap-port, d.h. einen guten Kontakt, zu denLernenden herzustellen; dieser Kontaktbraucht sich dabei nicht so sehr auf Worteund Inhalte zu konzentrieren, sondern istvielmehr als Verantwortung gedacht frden allgemeinen Rahmen, innerhalb des-sen der gesamte Lehr-Lernproze abluft.Als Lehrender wird man gewissermaenvom bisher blichen Lerninhaltsverwal-ter (d.h. der, der alles vorher wei) nunzum Lernrahmen-Gestalter, d.h. zu je-mandem, der sich vor allem um die Lern-organisation im weitesten Sinne km-mert.

    Es geht darum, Angebote zu machen,eine Brcke zum Lernenden anzubieten;ob der Lernende diese Angebote dannaufgreift und nutzt, das steht in dessenVerantwortung.

    Eines sollte dabei von vornherein klarsein: Inhalte knnen nur ber den Grabenvom Lehrenden zum Lernenden trans-portiert werden, wenn eine Brcke be-

    steht. Aufbau und Unterhaltung derBrcke ist beider Job. Dem Lehrendenselbst obliegt es lediglich, ein erstes Ange-bot zu machen.

    Die Kunst, gute Angebote zur Kommu-nikation zu machen, ist eine Kunst, die imNLP intensiv untersucht wird. Die Kon-zepte des Pacing und Leading dienen jadazu, die Qualitt eines Kontakts zu ver-bessern.

    Und daran arbeiten auch alle neuerenEntwicklungen. Whrend das klassischeNLP mehr den Aspekt untersucht hat, wieman den anderen wahrnehmen und indas System des anderen gehen kann, gehtes im DHE (Design Human Engineering)mehr darum, die eigene innere Einstel-lung von vornherein so optimal vorzutu-nen, da schon allein dadurch der Zugangzum anderen offen ist.

    Was mir auch noch deutlich gewordenist: Gerade die Kunst des Rapports ist inhohem Mae darauf angewiesen, von an-deren stndig zu lernen und zwar nichtnur von Fachkollegen und Leuten des ei-genen Horizonts, sondern insbesonderedie Lernchancen anzunehmen, die inFachfremden verborgen liegen. Es ist keinZufall, da das NLP seine Erfolge feiert so-wohl im therapeutischen als auch impdagogischen und medizinischen undim Management-Bereich.

    Die hnlichkeiten, die zum Beispielbestehen zwischen dem, was Pdagogenals Motivation bezeichnen, NLP als Rap-port und im Verkauf als Akquise angese-hen wird, betrachte ich als persnlicheEinladung, n in meiner Funktion als Pdagoge

    Verkaufsbcher zu lesen, um michber Lehren und Lernen zu infor-mieren,

    n mich in meiner Funktion als NLP-ler in pdagogischer Literatur berRapport zu informieren

    n und/oder in meiner Funktion alsManagement-Trainer schlielichNLP-Literatur dahingehend aus-zuwerten, was dort ber die Kunstdes Fhrens und Begleitens ent-halten ist.

    Auch darin liegt fr mich eine Strke desNLP, da es von seiner Anlage her n als Strukturmodell eine Heimat fr

    viele verschiedene Inhalte bietetund

    n als Modellingkonzept das Know-how enthlt, um das in den ver-schiedenen Kontexten Erworbenewieder in den eigenen Anwen-dungsbereich zurckzutragen.

    Wo und wie kann ich das Fragenund Fragenstellen lernen?

    Schule das ist der Ort, wo einem Fragenbeantwortet werden, die man gar nichtgestellt hat. Aus diesem Bonmot gehtschon hervor, da in der Schule der Ak-zent eher auf der Antwort und dem Ant-wortgeben liegen. Das Fragen wird hierkaum gelehrt ... und diese Erfahrung giltsinngem auch fr alle anderen Bil-dungseinrichtungen, die ich kennenge-lernt habe.

    Dabei bietet der Weg ber die Frageoftmals einen weitaus eleganteren Zu-gang zu anderen Menschen und zu neuenThemen als der Weg ber die Antwort.

    Mit Fragen kann man weitaus leichterund eleganter Vernderungen initiierenals mit Antworten. Denn Antworten sindihrer Natur nach ja Ratschlge ... und ge-gen Schlge jeglicher Art regt sich allzuleicht Widerstand. Offene Fragen habendemgegenber eher einen Angebotscha-rakter, wo die Entscheidung ber die Ver-nderung bei dem Gegenber verbleibt.Dieser wird zwar durch die Frage vor dieNotwendigkeit einer Vernderung ge-stellt, jedoch mehr als Einladung denn alsForderung.

    Das NLP ist ja seinem Wesen nach einKonzept, welches dadurch entstanden ist,da Menschen gute Fragen gestellt habenund aus den ermittelten Antworten dannStrukturmodelle entwickelt wurden. Dieursprngliche Frage von Bandler undGrinder Was ist eigentlich der Unter-schied im therapeutischen Handeln vonPerls, Satir, Erickson im Vergleich zu denvielen anderen Therapeuten? hat ja zuden ersten NLP-Konzepten gefhrt.

    Die Kunst des Fragenstellens ist dem-nach fr das NLP typisch. Diese berra-gende Bedeutung der Frage ist mir erst inden letzten Jahren bewut geworden, da-vor hatte ich ebenfalls vorrangig Lernin-halte gelernt, Antworten gewissermaen,

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    Schule das ist der Ort, woeinem Fragen beantwortet werden,

    die man gar nicht gestellt hat.

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  • aber mir nie bewut gemacht, auf welcheFragen ich eigentlich durch die InhalteAntworten bekommen habe.

    Zudem enthllen Qualitt und Zahlder Fragen, die mir zu einem Fachgebietoder einer Person einfallen, wie starkmein persnliches Interesse an Personoder Gegenstand ist. Es besteht demnachein unmittelbarer Zusammenhang zwi-schen meinem Interesse und meinen Fra-gen.

    Denn so ist mir aufgefallen zu Ge-genstnden oder Personen, die michnicht interessieren, fallen mir auch keineFragen ein. Und umgekehrt knnen sichPersonen oder Themen, fr die ich michinteressiere, kaum retten vor den Fragen,die ich habe. Daraus ergibt sich: Wer kei-ne Fragen hat, den interessiert ein Menschoder ein Gegenstand auch nicht. Fragenzu suchen und zu formulieren ist dem-nach der Knigsweg, um Interesse fr ei-nen Gegenstand oder eine Person zu ent-wickeln.

    Hinsichtlich der Qualitt von Fragengilt folgendes: Die Qualitt einer Frage hatentscheidenden Einflu auf die Qualittder Antworten, die ich erhalten werde.Diese Aussage lt sich unmittelbar ausder Anwendung des Meta-Modells derSprache, dem frhesten NLP-Konzept,ableiten. Gerade die aufschlieendeFunktion dieser Fragen gestellt von her-ausragenden Therapeuten ermglichtees ja deren Klienten, das Gefngnis ihrerselbstgewhlten Wirklichkeit zu verlassenund ihre Landkarte der Wirklichkeit neuzu schreiben.

    Ich habe mich in meinem neuestenBuch NLP wie geht denn das? vor-nehmlich mit der Wirkungsweise systemi-scher Fragen beschftigt und dabei her-ausgearbeitet, da verschiedene Fragenzu unterschiedlichen Ergebnissen fhren: n So haben Was-Fragen im we-

    sentlichen eine sammelnde Funk-tion, indem Phnomene, Dingezusammengetragen werden,

    n Warum-Fragen zielen eher aufdie Begrndungen und Motive ab,welche hinter Handlungen ver-borgen sind, und

    n Wie-Fragen sind schlielich dieFragen, die vornehmlich auf L-sungen und auf Zielerreichung ab-stellen.

    Wer demnach nur Fragen Was gehrtzu ...? stellt, erhlt viele Informationenzum bestehenden System (Zahlen-Da-ten-Fakten, ohne aber schon handlungs-leitende Impulse zu erhalten), wer nachdem Warum ...? fragt, der erhlt Infor-mationen ber die System-Zusammen-hnge (Begrndungen, weshalb A mit Bzusammenhngt und wieder zu A zurck-fhrt), wer aber Wie kann ich ...? oderWelche Fhigkeiten und Kenntnissebentige ich ...? fragt, der erhlt den Im-puls, um sein System (seinen Problemrah-men) zu verlassen, um sich auf ein Zielsy-stem, auf Lsungsanstze einzustellen.

    Nun mchte ich nicht so verstandenwerden, als seien nur noch Wie-Fragensinnvoll und die einzig erstrebenswerten.Jeder Fragetyp hat seine besonderenQualitten, ich sollte mir als Fragestellerjedoch klar darber werden, was ich mirmit welchem Fragetyp einhandele.

    Das NLP ist an Vernderungen interes-siert. Demzufolge wird den Wie-Fragenbesondere Aufmerksamkeit gewidmet.Diese konsequente lsungsorientierteSichtweise, welche das NLP auszeichnet,

    ist in unserer Gesellschaft ungewohnt undvielen Menschen auch gar nicht bewut.

    Ich mchte ihnen an einem Beispielerlutern, welche Wirkungen Wie-Fra-gen besitzen: Ich erhalte in Seminaren oftAngebote von Teilnehmern, zu diesemoder jenem Problem aus NLP-SichtStellung zu nehmen, also Antworten zugeben im Sinne von was sagt das NLP zu...? oder warum passiert ...?. Diese Fra-gen sind oftmals nichts anderes als Einla-dungen, mit den Teilnehmern nach denalten Regeln, nach ihren Regeln mitzu-spielen. Wenn ich mich darauf einlassenwrde, dann wchst die Gefahr, da ichmich hoffnungslos verliere im Dickichtder Wenns und Abers und der ge-sellschaftlichen Bedingungen und vieleranderer Grnde, die es gerade dieser Per-son unmglich machen, an ihrer konkre-ten Situation etwas zu ndern.

    Vernderungen sind nur mglich,wenn es gelingt, nach neuen Regeln (imZielrahmen) zu spielen, nach Regeln, dieaus dem Problemhorizont heraus undhinein in einen Zielrahmen fhren, umden Teilnehmern schmackhaft zu ma-chen, mit Hilfe dieser neuen Regeln an ih-re Probleme heranzugehen. Das ist einzentrales Anliegen des NLP.

    Ich bevorzuge dabei folgende Frage-Entwicklungsschritte:n Was bin ich bereit einzusetzen,

    damit sich bei mir etwas ndert? n Welche Fhigkeiten und Kennt-

    nisse bentige ich, um mich in ei-ner konkreten Situation als kom-petent zu erleben?

    n Wie kann ich mir diese Fhigkei-ten und Kenntnisse mglichst ele-gant und mit viel Spa aneignen?

    n Wie komme ich nun in Fahrt?Was ist mein erster Schritt?

    Welche besondere Rolle spielen Hausaufgaben im Vernde-rungsproze?

    Hausaufgaben zu machen hat mich niebesonders gereizt. In meiner Schulzeithatte ich mich immer wieder gefragt, war-um Hausaufgaben sein mssen (achtenSie auf die Frage!) ... und auf diese Fragedann Antworten erhalten wie n ... weil es gut fr dich ist,n ... weil der Lehrer es so will;

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  • n ... weil es immer so war und im-mer so sein wird

    ... und diese Antworten haben michnicht zufriedengestellt.

    Denn eigentlich hatte ich immer dannkeine Lust mehr, die gleiche Sache erneutzu tun, wenn ich ein Prinzip, eine Sacheverstanden hatte, denn dann war irgend-wie die Luft raus und damit wurden dannHausaufgaben zu einem berflssigenbel. Auch das Argument bung machtden Meister! hat mich zumindest imHinblick auf Hausaufgaben kaum be-wegt.

    Irgend etwas in mir fehlte, was michangetrieben htte, um diese gerne zu tun.Oder lag es vielleicht an der Formulierungder Hausaufgaben? Vielleicht daran, dader schulische Kontext des Erlernens vonneuen Dingen und der Kontext des Erledi-gens von Hausaufgaben der gleiche warund demzufolge kein Sinn in dieserneuerlichen Wiederholung lag?

    Ich habe in mir festgestellt, da dieSpannung dann am grten ist, wenn ichetwas (noch) nicht beherrsche, und dasich die Spannung mit dem Erreichen ei-nes Ziels schnell auflst. Demnach geht esdarum, diese Spannung wiederzubele-ben, indem das neuerliche Lernen in ei-nem anderen, in einem neuen Kontextstattfindet, nmlich im Kontext der prakti-schen, lebensnahen Anwendung. Unddaran fehlte es mir in der Schule weitge-hend... und oft auch in Trainings und Se-minaren, die ich besucht habe.

    Dem Umsetzen und Anwenden inneuen Kontexten liegt fr mich folgendeFrage zugrunde: Wenn mir das, was ichgelernt habe, wirklich etwas bedeutet,was genau ist mein erster Schritt?!?

    ber die Bedeutung des ersten Schrittshabe ich dabei viel aus dem verkuferi-schen Kontext gelernt. Bei greren Kauf-objekten ist es dort allgemein blich, eineAnzahlung zu leisten. Diese Anzahlung istnichts anderes als der erste Schritt, siestellt den Kunden vor eine konkrete Ent-scheidung (Will ich oder will ich nicht?)und mit der geleisteten Anzahlung istdann der erste Schritt vollzogen.

    Die Anzahlung selbst hat dabei nur ei-nen symbolischen Wert, und dennoch istdiese Geste entscheidend fr den Erfolgder Aktion ... denn sie markiert die Zeitvor und nach einer Entscheidung, sie be-

    deutet den ersten Schritt zur Realisierungeines Vorhabens.

    Ich habe dann daran gearbeitet, diesesPrinzip auch wieder fr das Lernen undHandeln zu nutzen. Es geht im Grunde ge-nommen gar nicht um das ben an sich wer ben will, mag ben , sondern dar-um, sich ernsthaft zu entscheiden, ob das,was ich gelernt habe, mir wirklich etwasbedeutet und wie ich es anwenden mch-te.

    Voraussetzung ist sicherlich, da dasGelernte einen lebenspraktischen Bezughat. Das ist die eine Seite der Medaille, dieandere Seite ist die der Entscheidung, derUmsetzung und Anwendung. Und dieletztgenannte Seite gilt es im unmittelba-ren zeitlichen Zusammenhang mit demLernproze ebenfalls zu aktivieren. Darinliegt fr mich der tiefere Sinn von Haus-aufgaben verborgen.

    Ferner sollte die Umsetzung und An-wendung von denjenigen vorgenommenwerden, die es angeht. Was mir nmlichauffllt, ist, da die Formulierung derHausaufgaben fast ausschlielich von denLehrenden vorgenommen wird, so als obdieser Personenkreis um den Sinn fr dieLernenden Bescheid wte. Und wasfr mich weit schwerer wiegt damit auchwieder eine Last auf sich ldt, die den Leh-renden gar nicht ausschlielich gehrt,nmlich die Last der Verantwortung frdie praxisnahe Umsetzung. Die intensiveSuche nach guten Hausaufgabenformu-lierungen und die geringe Bereitschaftvieler Lernenden, diese wirklich zu tun, istja ein beredtes Zeugnis dafr, da an die-ser Stelle eine offensichtliche Lcke klafftzwischen Anspruch und Wirklichkeit.

    Ich frage mich oft, warum nicht dieLernenden strker in die Verpflichtunggenommen werden, etwa dadurch, dasie als Hausaufgabe mit offenen Fragenentlassen werden wie: Wie knnt ihrdas, was ihr heute gelernt habt, schonhier-und-jetzt in eurem Leben anwen-den? Sucht doch einige Beispiele undAnwendungsmglichkeiten und wendetdiese an!

    Eine solche Frage belt die Verant-wortung fr die Umsetzung bei denen,die es letztlich ja auch zu verantwortenhaben, nmlich bei jedem Menschenselbst. Zugleich wird damit auch deutlich,da Lernen nur dann einen Sinn macht,

    wenn ich es auch mglichst schnell an-wenden kann.

    Von Carlos Castaneda ist mir das Wortgelufig: Wer zgert, der verhlt sich so,als sei er unsterblich! Und ich verstehedieses Wort so, da eine gute Idee so-gleich ohne Zgern umgesetzt werdensollte, weil sonst die Gelegenheit unwie-derbringlich vorbergeht ... und ebennicht wiederkommt.

    Knnte es sein, da wir deshalb so vie-len entscheidungsunwilligen Erwachse-nen begegnen, weil diese in ihren Jugend-jahren in ihren Lernprozessen nicht ge-lernt haben, Entscheidungen zu treffenund Projekte mutig anzugehen, etwasauszuprobieren?

    Und welche Erfahrungen habenSie gemacht?

    So weit zu einigen Facetten, wie sich meinLernverstndnis und -verhalten durch dasKennenlernen von und Beschftigen mitNLP gendert hat. Ich bin berzeugt da-von, da jeder, der sich in dieses Konzeptintensiv einarbeitet, hnliche oder andereErfahrungen gemacht und Vernderun-gen, Entwicklungsschritte bei sich selbstentdeckt hat.

    Ich mchte Sie, liebe Leser, dazu einla-den, gleichfalls unter der berschriftWas ist bei mir anders geworden? ihrepersnlichen Erfahrungen mitzuteilen.

    Ich freue mich auf Ihre Zuschriften, Ihr Winfried Bachmann.

    Angesprochene Literatur:

    Bachmann, W.: Das neue Lernen. Junfer-

    mann, Paderborn 1991.

    Bachmann, W.: NLP wie geht denn das?

    Junfermann, Paderborn 1995.

    Bachmann NLP und Lernen

    5.

    ber den Autor:

    Dr. Winfried Bachmann ist als selbstndiger

    Trainer, Coach und Prozeberater in den Berei-

    chen Persnlichkeitsentwicklung, Balancing und

    Kreativitt, Fhren und Verkaufen ttig. Als NLP-

    Fachautor sowie als Redakteur von MultiMind

    NLP aktuell ist er an der konzeptionellen Verbrei-

    tung des NLP im deutschsprachigen Raum betei-

    ligt.

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