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These 2 | Phase: Struktur | Manuela Tanja Schmid Im Modul „Architektur & Struktur“ befasse ich mich mit der in der ersten Abbildung gezeigten Struktur. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Körper, wobei beide eine ähnliche Form haben (Definition von Form, siehe These 1) . Der Kern, der im Längsschnitt eine Trapezform aufweist, druchdringt asymmetrisch das zweite Volumen (im Schnitt ebenfalls trapezförmig). Beim inneren Element ist die geneigte Fläche eine Scheibe (Aussenwand), und beim anderen eine Platte (Dachkonstruktion). Im Weiteren gibt es im Gebäudeinneren eine Rampe, welche die Räume miteinander verbindet. Sie ist das dritte geneigte Element in meinem Projekt. Aufgrund dieser Struktur und der Tatsache, dass ich mein Entwurfsprojekt auf diese Woche betonieren musste, stellte sich die Frage, wie weit solche schrägen Konstruktionen überhaupt noch in Ortbeton ausgeführt werden können, respektive ob eine Schalung für eine geneigte Decke aufwändiger ist als bei einer flachen. Und weshalb überhaupt? Ab welcher Neigung sind schräge Flächen überhaupt eine Herausforderung, gibt es Unterschiede in der Betonkonsistenz, muss der Beton anders verdichtet werden? Und welche Anreize, Möglichkeiten, Nutzen bieten geneigte Decken für einen Architekten? Ausgangslage. «Obwohl geneigte Flachdecken einen grösseren Schalungs- aufwand erfordern, geben sie dem Architekten eine Richtung zur Gebäudestruktur und deren inneren Organisation vor.» Fragestellungen. Zwei geneigte Betonflächen bilden zusammen mit deren geraden Konstruktionen ein statisches System. Für die Struktur werden alle einzelne Teile voneinander abhängig.

«Obwohl geneigte Flachdecken einen grösseren Schalungs ... · Den genauen Winkel, ab welcher mit einer Konterschalung betoniert werden muss, ist schwierig eindeutig zu definieren

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Page 1: «Obwohl geneigte Flachdecken einen grösseren Schalungs ... · Den genauen Winkel, ab welcher mit einer Konterschalung betoniert werden muss, ist schwierig eindeutig zu definieren

These 2 | Phase: Struktur | Manuela Tanja Schmid

Im Modul „Architektur & Struktur“ befasse ich mich mit der in der ersten

Abbildung gezeigten Struktur. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Körper,

wobei beide eine ähnliche Form haben (Definition von Form, siehe These

1). Der Kern, der im Längsschnitt eine Trapezform aufweist, druchdringt

asymmetrisch das zweite Volumen (im Schnitt ebenfalls trapezförmig).

Beim inneren Element ist die geneigte Fläche eine Scheibe (Aussenwand),

und beim anderen eine Platte (Dachkonstruktion). Im Weiteren gibt es im

Gebäudeinneren eine Rampe, welche die Räume miteinander verbindet. Sie

ist das dritte geneigte Element in meinem Projekt.

Aufgrund dieser Struktur und der Tatsache, dass ich mein Entwurfsprojekt

auf diese Woche betonieren musste, stellte sich die Frage, wie weit solche

schrägen Konstruktionen überhaupt noch in Ortbeton ausgeführt werden

können, respektive ob eine Schalung für eine geneigte Decke aufwändiger

ist als bei einer flachen. Und weshalb überhaupt? Ab welcher Neigung sind

schräge Flächen überhaupt eine Herausforderung, gibt es Unterschiede in

der Betonkonsistenz, muss der Beton anders verdichtet werden? Und welche

Anreize, Möglichkeiten, Nutzen bieten geneigte Decken für einen Architekten?

Ausgangslage.

«Obwohl geneigte Flachdecken einen grösseren Schalungs-aufwand erfordern, geben sie dem Architekten eine Richtung zur Gebäudestruktur und deren inneren Organisation vor.»

Fragestellungen.

Zwei geneigte Betonflächen bilden zusammen mit deren geraden Konstruktionen ein statisches System.Für die Struktur werden alle einzelne Teile voneinander abhängig.

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Einleitung. Grundsätzlich sind geneigte Betonkonstruktionen keine Seltenheit. Im

Gegenteil, bei vielen Bauten treten Gefälle in der Tragkonstruktion auf,

wie beispielsweise bei einem Balkon oder einem Flachdach. Solche

Gefällsschichten sind in der Regel aber nur auf einer Seite (oben) und

betragen ca. 1-3%. Diese geringe Neigung wird meistens einfach mittels

einer zusätzlich angebrachten Lattung abtaloschiert.

Ebene Flachdecke > es treten nur Vertikalkräfte auf*;

Die einwirkenden Kräfte. Gemäss Ingenieur ist eine Neigung ab 5% eine effektiv schräge Fläche

und demnach eine grössere Herausforderung. Obwohl die Geometrie einer

geneigten Decke an sich noch die gleiche ist, treten im Gegensatz zu einer

horizontalen Decke bei einer geneigten Decke (durch das Eigengewicht)

seitliche Schubkräfte auf, die durch das Auflager aufgenommen werden

müssen.

Einseitig geringes Gefäll im alltäglichen Ortbetonbau; Bsp.: Flachdach> Gefälle führt Wasser ab;

Einfache Schalung> einzubringender Beton wird nur an der Deckenunterseite konstruktiv begrenzt;

Konterschalung / Doppelschalung> hat oben und unten eineBegrenzung für den fliessenden Beton;

Einbringung Beton

Ein

brin

gung

Bet

on

seitlicheSchubkräfte

Geneigte Flachdecke > es treten neben den Vertikalkräften auch Horizontalkräfte auf;*äussere Einflussfaktoren werden in diesem Rahmen nicht berücksichtig;

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Die Betonzusammensetzung hängt bei geneigten Decken vor allem von der

Menge der Einlagen ab. Es ist besonders darauf zu achten, dass der Beton

trotz vielen „Hindernisse“ überall hinfliessen kann, weshalb er meist etwas

flüssiger angemischt wird. Doch genau das ist auch eine Herausforderung.

„Trotz vielen Einlagen darf der Beton auch nicht zu flüssig angemischt werden.“(Herr Deuber, gelernter Maurer | April 2014 )

Je mehr Einlagen es sind, desto schwieriger ist auch das Verdichten. Bei

einer Konstruktion mit vielen Einlagen ist es beispielsweise schwieriger mit

einer Vibriernadel (heutige Standard-Verdichtungsmethode) zu verdichten, da

die Nadel durch die engen Platzverhältnisse nicht richtig verdichten kann.

Überlegungen zur Verdichtung müssen so oder so unbedingt schon im

Vorraus gemacht werden. Doch manchmal ist es nicht möglich, Einlagen

oder Bewehrung wegzulassen, sodass in solchen Fällen selbstverdichtender

Beton verwendet wird (kommt aus diesem Grund auch oftmals bei

Umbauten zum Einsatz).

Die Schalungen.

Die Betonkonsistenz und das Verdichten.

Bei einer ebenen Flachdecke wird normalerweise eine einfache Schalung

ausgeführt. Dabei wird nur die untere Seite der Decke geschalt und

die obere abtaloschiert. Bei geringen Neigungen haftet der Beton beim

Einbringen an der Bewehrung, bei steileren rutscht er allerdings hinunter. In

solchen Fällen wird auf der Oberfläche eine weitere Schalung angebracht,

so dass der Frischbeton nicht wegfliesst. Als Konterschalung (oder auch

Doppelschalung genannt) wird oftmals eine normale Wandschalung gedreht,

bei der der Druck am unteren Ende wie bei einer vertikalen Wand über die

Schalungsbinder zusammengebunden wird und somit dem Betondruck

standhält.

Höhenverstellbare Stütze trägt Schalungskonstr; Stützenkopf in Höhe und Winkel flexibel;

Schematisches Schalungskonzept einer geneigten Flachdecke;

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Unterschiedliche Neigungender Steildächer (30° und 42°)

Sieben Bauvolumen aufeinandergestapelt. Innenraumbild.

Ab wann ist eine Vorfabrikation sinnvoller?

Da davon ausgegangen werden kann, dass spätestens ab einer Neigungen

von 30° ein zusätzlicher Schalungsaufwand in Kauf genommen werden

muss, kann man sich die Frage stellen, ob vorfabrizierte Elemente zum

Einsatz kommen.

In Gegensatz zu Ortbeton ist das Schalen im Werk sicherlich einfacher.

Auch kann (vor allem bei Sichtbeton) bei der Vorfabrizierung eine bessere

Betonqualität sichergestellt werden (sei dies in der Konsistenz, in der

Oberflächenbeschaffenheit oder in der Konstruktionsstärke).

Trotz vieler Vorteile waage ich es zu bezweifeln, dass geneigte Decken ab

einem Winkel von 25° per se vorfabriziert werden sollten. Bei vorfabrizierten

Elementen sind in jedem Fall die maximalen Dimensionen, respektive der

Transport zu berücksichtigen. Bei vielen Werken liegen diese im Bereich

2.50 m (Breite) / 30.00 (Länge) m. Die Ausführung wird im Weiteren durch

die Anzahl der geneigten Elemente, der finanziellen Mitteln und/oder

dem architektonischen Konzept bestimmt. In jedem Bauvorhaben sollte

aber mit einem Fachplaner besprochen werden, welche Ausführung im

Zusammenhang mit der architektonischen Konzeptidee im konkreten Fall

sinnvoller ist.

Bei geneigten Flachdecken treten zum einen mehr Kräfte auf und zum

anderen benötigen sie ab einem gewissen Neigungswinkel zusätzliches

Schalungmaterial. Den genauen Winkel, ab welcher mit einer Konterschalung

betoniert werden muss, ist schwierig eindeutig zu definieren.

Gemäss einer Universität in Deutschland können in der Regel Neigungen

bis 25° ohne Rückenschalung betoniert werden. Bei steileren Flächen wird

geraten, Rücksprache mit einer Fachperson zu nehmen.

Bei meiner Recherche bin ich aber auf ein Beispiel gestossen, welches diese

„Faustregel“ sogar übertrifft.

Die schweizer Architekten Herzog & de Meuron zeigen am Beispiel

des VitraHauses sieben aufeinandergestapelte Bauvolumen, deren

Dachneigungen 30° und 42° sind. Die 30° Schrägen wurden an Ort und

ohne Konterschalung betoniert, während die 42° geneigten Decken eine

zusätzliche Rückenschalung und Verflüssigungsmittel benötigten.

„Machbare“ Neigung.

Bei Sichtbeton sollte die Konstruktionsstärke (in Ortbeton oder vorfabriziert ausgeführt) nicht zu tief angesetzt werden, weil immer zusätzlich bewehrt werden muss, um Risse zu minimieren.

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Ausführungen anhand meines

Arch+Stru Projekts:*

Nach den Ausführungen zur Herstellung von geneigten Flachdecken

interessiert jetzt noch, wie solche geneigten Deckenkonstruktionen in einem

Raum wahrgenommen werden.

Grundsätzlich kennen wir geneigte Deckenkonstruktionen vor allem von

Satteldächern, Pult- oder Schmetterlingsdächern. Hierbei ist allerdings nur

der Dachstock geneigt, die anderen Geschosse haben Wände und Decken,

die klar vertikal und horizontal konstruiert sind. Diese Verknüpfung von

horizontalen und vertikalen Elementen führt zum „ausgewogenen Verhältnis“.

In der griechischen Architektur (Klassik, Romanik, Klassizismus) stand dies

für ein Zeichen „gemässigter Macht“.

Schräglagen werden im Allgemeinen eher als unruhig, dynamisch oder

dramatisch aufgenommen, senkrechte bzw. waagerechte Formelemente

dagegen als ausgewogen, ruhig, sicher und stabil.

*Ausführungen in diesem Kapitel entspringen subjektiv; basieren auf eigener Einschätzung und Kommentaren von Mitstudenten;

Was bedeuten Schrägen in der Architektur?

Um die folgenden Ausführungen anschaulicher zu machen, zeige ich sie

anhand meines Entwurfsprojektes. Es gibt zwei Volumen, die ähnlich sind

und einander durchdringen.

Im folgenden beschränke ich mich auf die genauere Betrachtung des oberen

Volumes. Hierbei gibt die geneigte Fläche gegensätzliche Richtungen (nord/

süd, aufwärts/abwärts) vor:

Beide Einzelvolumen haben je nur 1 schräge Fläche, dazu jeweils 5 vertikale/horizontale Flächen;

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Nur eine Schräge im orthogonalen Feld wird als ein Reiz oder eine Spannung

im Gesamten betrachtet. Welche Auswirkungen haben aber mehrere

geneigte Elemente in einem Raum?

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Auch mehrere Schrägen können interessant sein, sie bewirken allerdings

auch eine gewisse Unruhe und Unüberschaubarkeit. Diese können mittels

anderen klar gegliederten Elementen (Materialien, Licht, Raumhöhe, o.ä,)

ausgeglichen werden.

Der Architekt Daniel Libeskind betont schräge Formen mittels Licht- und Raumführung noch zusätzlich.

Schräge Wand ‚widerspricht‘ geneigter Decke, weil sie komplett andere Fluchtrichtungen hat;

Hier gibt es hingegen klare Linien, alle Wände sind in die gleichen Richtungen wie die Decke orientiert;

Verschieden orientierte Wände, geben die Idee „verschiedene Richtungen“ der Decke wieder;

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- HSLU: Reader Beton. Luzern 2014.- Bauingenieur: Hr. Froidevaux.- Bauleiter: Hr. Waser.- Maurer und Hochbauzeichner: Hr. Deuber.- Vorfabrizierte Betonelemente: Hr. Müller.- Baustoffkunde für Bauberufe. Kapitel 7-Beton.- www.uni-kl.de (10.04.14).- www.betonsuisse.ch (10.04.14).

- Tec21 19/2010: Alles im Beton. Spaziergang der Kräfte.- www.daniel-libeskind.com (10.04.14).- www.doka.com (17.04.14).- www.forum.bauforum24.biz (17.04.14).- HSLU: Syntax. Zeichen&Zeichenbeziehungen Ordnungsfaktor Richtung. (VISKOP) FS13.- www.peri.com (17.04.14)- www.mbt-bautechnik.ch (17.04.14).

Quellenangabe.

Hochschule Luzern, Technik & Architektur | Stru+Mat FS 14 | Modulverantwortung: Angela Deuber

Fazit & Erkenntnisse. Schlussfolgernd ist die These «Obwohl geneigte Flachdecken einen

grösseren Schalungsaufwand erfordern, geben sie dem Architekten

eine Richtung zur Gebäudestruktur und deren inneren Organisation vor.»

grundsätzlich zu bestätigen.

Der grössere Aufwand erfolgt spätestens ab einer Deckenneigung

von 30°, wobei in jedem Fall frühzeitig ein Fachplanern/Unternehmer mit

Erfahrung hinzugezogen werden sollte. Idealerweise sollten Muster mit

der entsprechenden Schalungstechnik und der idealen Betonrezeptur

erstellt werden, so dass das gewünschte Ziel erreicht wird. Wenn

Sichtbeton erwünscht ist, sollten alle Beteiligten frühzeitig auf eine exakte

Ausführungsqualität sensibilisiert werden.

Auch ist die These insofern zu bestätigen, dass ein Raum durch

eine geneigte Decke geprägt wird. Durch eine Schräge entstehen

Richtungstendenzen und es gibt unterschiedliche Wahrnehmungen/

Empfindungen innerhalb eines Raumes. Eine geneigte Decke gibt Regeln

für das architektonische Konzept vor, indem sie auf zwei Seiten gerichtet ist.

Ein Hauptziel meines Konzeptes ist, dass die Gebäudestruktur die gesamte

Raumanordnung ‚logisch‘ in sich auffangen mag.