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Berg- und Hüttenmännische Monatshefte
Originalarbeit
BHM (2010) Vol. 155(6): 285 – 288DOI 10.1007/ s00501-010-0575-6Printed in Austria© Springer-Verlag 2010
In den letzten Jahren sind die Maß-Zusammenfassung: nahmen und Aufwendungen zur Verbesserung der Sicher-heit von Personen auf Untertagebaustellen wesentlich er-höht worden. Als ein wichtiger Bestandteil eines Sicher-heitskonzeptes hat sich ein funktionierendes System zur Er-fassung der Personen, die sich im Untertagbereich aufhal-ten, herausgestellt. Um rasch und effizient Hilfsmaßnahmen für verunglückte oder eingeschlossene Personen einleiten zu können, ist es notwendig zu wissen, wie viele Personen sich in welchen Bereichen unter Tage befinden. Je rascher Einsatzkräfte am Unfallort eintreffen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Einsatzes.
Personal Access Control System on Tunnel Sites – an Important Part to Improve Safety for all Employees
During the last years, the activities and expenses Abstract: to improve the safety of employees on underground sites have been increased substantially. As an integral part of health and safety systems, a functioning system to register the people, who are in the underground area, is essential. To set quickly emergency services for injured or buried per-sons, it is very important to know how many people are in the different tunnel areas. The faster rescue crews arrive at the scene, the better the likelihood of a successful opera-tion.
1. Einleitung
Systeme und Einrichtungen zur Erfassung von Personen auf Untertagebaustellen sind ein wichtiger Bestandteil zur Erhö-hung der Sicherheit für alle Beteiligten, damit im Ernstfall
bei Schadensereignissen wie Unfällen, Gerätebränden oder auch Verbrüchen für die betroffenen Personen rasch und ef-fizient Notfallmaßnahmen eingeleitet werden können.
2. Leitgedanken eines Personenerfassungssystems
Um in einem Ernstfall auf Untertagebaustellen gezielt Not-fallmaßnahmen für verunfallte oder verunglückte Personen einleiten zu können, ist ein funktionierendes Personenerfas-sungssystem unumgänglich. Für die alarmierten Einsatz-kräfte ist es für eine rasche Hilfestellung absolut notwendig, sofort und zeitgenau feststellen zu können, wie viele Perso-nen sich unter Tage aufhalten. Wenn sich daher jemand auf Tunnelbaustellen begeben hat, ohne von einem Personener-fassungssystem registriert worden zu sein, kann das für den Einsatzfall ernste Folgen nach sich ziehen, da nach ihm dann auch nicht gesucht wird. Es ist daher von großer Bedeutung, dass sich alle Personen und ganz speziell solche, die sich nur sehr selten unter Tage aufhalten und daher auch wenig Er-fahrung in solchen Betrieben haben (wie z. B. Besucher, Lie-feranten, Subunternehmer und andere), an die Anwendung eines Personenerfassungssystems strikt halten.
Korrespondenzautor: Ing. Raimund Binder, ALPINE BeMo Tunneling, Bernhard-Höfel-Straße 11, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail: [email protected]
Personenerfassung auf Untertagebaustellen – ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit für alle Beteiligten
Raimund Binder
ALPINE BeMo Tunneling, Innsbruck, Österreich
Eingegangen am 10. Mörz 2010 angenommen: 9. Mai 2010
Abb. 1: Übung der Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr Jena/Thüringen
BinderBHM, 155. Jg. (2010), Heft 6 285© Springer-Verlag
Originalarbeit
3. Gesetzliche Grundlagen
Es gibt in Österreich und Deutschland keine speziellen For-derungen in Gesetzen und Verordnungen, die solche Sys-teme zur Personenerfassung auf Untertagebaustellen klar verlangen. In letzter Zeit haben jedoch immer mehr Bau-herren erkannt, dass der Einsatz solcher Anlagen für die Er-höhung der Sicherheit unter Tage große Bedeutung hat, und sind in Ausschreibungen durch gezielte Vorgaben speziell darauf eingegangen. Die Umsetzung diesbezüglicher Sys-teme kann natürlich je nach Projektgröße und Ausdehnung einfach oder auch sehr umfangreich sein. Als Stand der Technik wird daher das in der Richtlinie RVS 09.01.51 der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr für eine „Planung und Umsetzung eines Sicher-heits- und Gesundheitsschutzkonzeptes auf Untertagebau-stellen“, Ausgabe 1. Februar 2009, geforderte Konzept der Zugangskontrolle angewendet, wie nachstehend zitiert ist.
4. Konzept der Zugangskontrolle (gemäß Punkt 9.2.8. der Richtlinie)
Allgemeines
Vor Baubeginn sind die Anforderungen für die Zugangs-kontrolle zur Baustelle, welche alle in diesem Zusammen-hang stehenden Modalitäten detailliert regeln, zu erstellen. Das Konzept für die Zugangskontrolle ist vom Ersteller des
Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzeptes auszuarbei-ten und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten fortzu-schreiben.
Erfassung
Alle Personen, die den Untertagebereich einer Baustelle betreten, sind zu erfassen. Es ist im Hinblick auf die Sicher-heit der Retter vom Grundsatz auszugehen, dass im Ereig-nisfall ausschließlich von der Zugangskontrolle erfasste Personen gesucht werden. Die Erfassung der Anwesenheit unter Tage erfolgt über mechanische (z. B.: Listen, Steckkar-tensystem) oder – insbesondere bei komplexen Anlagen mit mehreren Zugängen – über elektronische Systeme (z. B. Chip), wobei der unmittelbare Zugriff zu dieser Dokumen-tation jederzeit sicherzustellen ist.
Vom Bauherrn sind alle Auftragnehmer, die eigenen Mit-arbeiter und alle Besucher zur Einhaltung der Vorgaben der Zugangskontrolle zu verpflichten.
Im Einsatzfall erfolgt die Zugangskontrolle der Einsatz-kräfte durch den jeweiligen Einsatzdienst selbst.
5. Einteilung von Personenerfassungssystemen:
Zunächst gibt es einfache manuelle/mechanische Sys-■■
teme, die an den Tunnelzugängen mit z. B. Tafeln und Steckkarten, Anhängern oder ähnlichen Lösungen um-gesetzt werden. An diesen Tafeln ist jederzeit die Anzahl der Personen, die sich unter Tage aufhalten, feststellbar. Diese Varianten sind sehr einfach, erfüllen aber ihren Zweck auf meist kleineren Baustellen durchaus, wenn sie konsequent von allen beteiligten Personen angewen-det werden.Die nächste Möglichkeit sind bereits elektronische Zu-■■
gangskontrollsysteme an den Eingängen nach unter Tage, die mittels Transponderchips und Antennensystemen im Zugangsbereich arbeiten. Dabei ist es absolut notwendig, dass diese Funkchips ausnahmslos jede Person, die sich im Untertagebereich aufhält, mitführt. Ohne diese Bau-teile ist die Erfassung nicht möglich. Die Antennensys-teme erfassen die Chips bei Durchquerung in beiden Richtungen (d. h. sowohl beim Eintritt in den Tunnel als
Abb. 3: Personenerfassung mit Steckkartensystem
Abb. 2: Richtlinie RVS 09.01.51
Binder BHM, 155. Jg. (2010), Heft 6286 © Springer-Verlag
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auch beim Verlassen) und die jeweils zugeordnete Person wird im Programm registriert. Meist sind in der Nähe der Portale die Computer zur Registrierung geschützt aufge-stellt (z. B. in geeigneten Containern), über die es möglich ist, jederzeit die Anzahl der unter Tage befindlichen Perso-nen abzurufen. Dabei ist es wichtig, dass im Ernstfall die Einsatzkräfte sofort Zugang zu den Daten dieses Systems haben, um rasch für die betroffenen Personen reagieren und Hilfsmaßnahmen einleiten zu können. Das aufwendigste System stellen elektronisch/visuelle ■■
Ortungssysteme an den Tunneleingängen und unter
Tage in einzelnen Korridoren dar (z. B. alle 100–250 m), die auch wieder als Basis zur Erfassung mit den Trans-ponderchips arbeiten. Das Prinzip ist grundsätzlich wie-der dasselbe wie bei den elektronischen Zugangskont-rollsystemen, nur sind zusätzlich an den Eingangsberei-chen z. B. Videokameras installiert, um damit auch eine visuelle Kontrolle zu ermöglichen. Weiters sind im Un-tertagebereich mit zusätzlichen Antennen alle z. B. 100–250 m Korridore ausgebildet, über die die weitere Erfas-sung der Personen in den einzelnen Bereichen möglich ist. Diese gesammelten Daten und Informationen wer-den in eine Leitzentrale übertragen, in der dann die Dar-stellung und Verteilung der Personen möglich ist wie auch die Abbildung der Bilder von den Videokameras. Die Besetzung der Leitzentrale ist üblicherweise ständig bei laufenden Arbeiten notwendig, d. h. unter Umstän-den auch über 24 h.
6. Aktivitäten des Arbeitskreises „Verkehrswege im Tunnelbau“ für ein Kollisionsvermeidungssystem für Baugeräte
Aufgrund zahlreicher Unfälle im Zusammenhang mit den Arbeitsbewegungen von Baumaschinen unter Tage haben sich Mitglieder des Arbeitskreises „Verkehrswege im Tun-
Abb. 4: Antenne für Zugangskontrolle
Abb. 6: Zutrittsbereich mit Videoüberwachung
Abb. 5: Computer für Personenregistrierung Abb. 7: Leitzentrale
BinderBHM, 155. Jg. (2010), Heft 6 287© Springer-Verlag
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nelbau“ in Österreich (bestehend aus Mitarbeitern des Ar-beitsinspektorates, der Baustellenkoordinatoren, der Allge-meinen Unfallversicherung, Planern und ausführenden Baufirmen) unter anderem mit dem Thema Personenerken-nung und Ortung im Umkreis von Baumaschinen beschäf-tigt. Der Grundgedanke dabei ist, technische Lösungen zu
suchen, die es dem Fahrer erlauben, gefährdete Personen in unmittelbarer Nähe zu den Maschinen ohne zusätzliche Funkchips zu erkennen. Mögliche Systeme könnten entwe-der Warnungen signalisieren oder automatisch in den Ge-räteantrieb eingreifen, um Unfälle zu verhindern. Zurzeit wird an möglichen Lösungen gearbeitet, die eventuell in Zukunft an Maschinen umgesetzt werden können.
Abb. 8: Übersichtsdarstellung eines Ortungssystems
Abb. 9: Kollisionserkennungssystem für Baumaschinen
Binder BHM, 155. Jg. (2010), Heft 6288 © Springer-Verlag