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PFORZHEIM IM ERSTEN WELTKRIEG EIN STADTRUNDGANG HEUTE

PFORZHEIM IM ERSTEN WELTKRIEG - … · Der Erste Weltkrieg und seine Geschichte stand in Deutschland lange Zeit im Schatten ... gen folgen, so dass sich die Julikrise zu einem Weltkrieg

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PFORZHEIM IM ERSTEN WELTKRIEG

EIN STADTRUNDGANG HEUTE

IM ERSTEN WELTKRIEG 32 PFORZHEIM

IMPRESSUMPforzheim im Ersten Weltkrieg Ein Stadtrundgang heute

ist ein Projekt der Klassenstufe 9 des Schiller-Gymnasium Pforzheim Siedlungstraße 75180 Pforzheim www.schiller-gymnasium-pforzheim.de

in Kooperation mit Claudia Baumbusch, Beauftragte für kulturelle Bildung bei den Pforzheimer Museen Marktplatz 1 75175 Pforzheim www.stadt-pforzheim.de

Das Projekt wurde unterstützt durch

Stadtarchiv Pforzheim Institut für Stadtgeschichte www.stadtarchiv.pforzheim.de

Löbliche Singergesellschaft von 1501 Pforzheim www.loebliche-singer-pforzheim.de

Abbildungen Titel: Foto einer Pforzheimer Familie Alle Fotos: Privat bzw. mit freundlicher Unter-stützung der Projektpartner

Grafische Gestaltung und Druck: Druck+Medien Pforzheim Bernhard Layer www.druckundmedien-pf.de

PFORZHEIM IM ERSTEN WELTKRIEG

EINFÜHRUNGDer Erste Weltkrieg und seine Geschichte stand in Deutschland lange Zeit im Schatten der Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur und den Gräueln des Zweiten Weltkriegs. Bei unseren europäischen Nachbarn dagegen nimmt die Erinnerung an diese erste kriegeri-sche Katastrophe des 20. Jahrhunderts einen zentralen Platz ein.

Diese Lücke zu schließen war Teil eines Pro-jektes der Klassenstufe 9 des Schiller-Gym-nasiums in Kooperation mit der Beauftragten für kulturelle Bildung beim Kulturamt der Stadt Pforzheim und der Löblichen Singer-gesellschaft von 1501. Es basiert auf der Aus-stellung „Leben im Krieg. Pforzheim im Ersten Weltkrieg 1914-1918“, die aus Anlass des 100. Jahrestages des Kriegsausbruchs von der Historikerin Alexandra Jäger kuratiert wurde. Von ihr stammen die einleitenden Texte zur Situation Pforzheims im Ersten Weltkrieg.

Im Rahmen des Projekts gingen die Schüler folgenden Fragen nach:

An welchen Orten Pforzheims lässt sich der Erste Weltkrieg mit seinen Folgen für die Goldstadt heute noch anschaulich erläutern und darstellen? Und wie lässt sich dieses weit zurückliegende Ereignis und seine lokalen Bezüge heranwachsenden und zugezogenen Bürgern der Stadt heute vermitteln.

Mit der vorliegenden Broschüre, die die Er-gebnisse der Schüler zusammenfasst und zugänglich macht, werden die wichtigsten Orte innerhalb Pforzheims präsentiert, an de-

nen noch heute der Erste Weltkrieg und sei-ne Folgen für Pforzheim erfahrbar sind. Die verschiedenen Stationen lassen sich zu einem Rundgang zusammenstellen, der ein Bild des Krieges und seiner Auswirkungen für die da-maligen Menschen in Pforzheim entstehen lässt:

1. Rodviertel und Bleichstraße (Villen, Kollmar & Jourdan-Fabrikgebäude) zu den Ursachen des Ersten Weltkriegs und zur Kriegswirt-schaft.

2. Innenstadt (Sedanplatz, „Kniender Jüng-ling“, Turnplatz, Hauptbahnhof) zu Milita-rismus und Kriegswirklichkeit.

3. Stadtarchiv (Fotos, Briefe, Zeitungsberichte aus der Zeit) zur zeitgenössischen Darstel-lung des Krieges.

4. Hauptfriedhof (Soldatengräberfeld und Einzelgräber) zu Erinnerungs- und Ge-dächtniskultur.

Wir danken allen beteiligten Schülern und Lehrern, den Mitarbeitern des Stadtarchivs und der Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforzheim.

Claudia Baumbusch und Kai Adam

Pforzheim, im Juli 2015

INHALT Einführung 3

Vorwort 4

Zur Situation Pforzheims im Ersten Weltkrieg

Zur Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs 5

Es ist Krieg! 5

Patriotismus und Propaganda 6

Ernüchterung 6

Der Krieg erreicht die Stadt 7

Der Krieg an der „Heimatfront“ 7

Stationen eines Rundgangs zum Ersten Weltkrieg

Rodviertel und die Bleichstraße 8

Villa „Rodi“ 9

Ehemaliges Kollmar & Jourdan- Fabrikgebäude 12

Sedanplatz 13

„Kniender Jüngling“ an der Roßbrücke 13

Turnplatz 14

Hauptbahnhof 14

Stadtarchiv 15

Hauptfriedhof 17

Soldatengräberfeld des Ersten Weltkriegs 17

Grabmal Albrecht Reinhold 18

Grabmal Max Wittum 18

Grabmal Familie Bode 19

Stadtplan mit den Stationen 10

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VORWORT LÖBLICHE SINGERGESELLSCHAFT VON 1501 PFORZHEIMIch begrüße die bildungspolitische Partner-schaft zwischen Schiller-Gymnasium und Kul-turamt Pforzheim und bin davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist, um zwei gute Ziele zu realisieren:

1. Jungen Menschen Geschichte lebendig nahe zu bringen.

2. Junge Menschen zum Nachdenken darüber zu bringen, was jeder Einzelne persönlich dazu beitragen kann, dass Schlechtes aus der Geschichte sich nicht wiederholt.

Das sind hohe Ziele. Aber geht es uns nicht allen so, dass das eigene Bewusstsein zu Ursache und Wirkung von Ereignissen nur dann in uns entsteht, wenn wir uns persönlich mit einem abstrakten Thema intensiv, mit Leidenschaft und persönlichem Engagement befassen? Nur dann kann eine eigene Einstellung dazu in uns entstehen. Und nur dann können wir unsere persönliche Einstellung dazu an Ande-re weitergeben: Freunde, Familie, Nachbarn.

So entstehen aus dem Miteinander-Reden, Berichten und Diskutieren neue Meinungen und Einstellungen. Und so entstehen die per-sönlichen Meinungen und Geisteshaltungen, für die man dann auch im privaten Umfeld und öffentlich eintreten kann.

So entsteht aus Projekten mit Bildungszielen auch eine politische Meinung. Für die es sich auch einzusetzen lohnt, wenn sie den Grund-sätzen entspricht, die hier bei uns in Deutsch-land als Umgang miteinander und unterein-ander festgelegt sind: Im Grundgesetz, in der Menschenrechts-Charta, im Völkerrecht.

Wie die Erkenntnisse „Nie wieder Krieg“ unse-rer europäischen Großmütter und Großväter - unter dem Eindruck der 17 Millionen Toten und der Schrecken des Ersten Weltkriegs - ge-rade heute und jetzt - gefährdet sind, sehen wir jeden Tag in den Nachrichten: Krieg in Sy-rien und Irak. Krisen im Iran, Afghanistan, der

Ukraine, Palästina, Israel und in Zentral-Afri-ka.

Mit Tod, Flüchtlingen und Zerstörung.

Aus Deutschland ziehen junge Männer, kaum älter als ihr, als Kämpfer in den Irak. Schließen sich dem „IS“ an. Töten, morden, vergewalti-gen. Pforzheim nimmt hunderte Kriegsflücht-linge aus dieser Region auf. Männer, Frauen und Kinder suchen Schutz und Hilfe bei uns.

Da entstehen für uns alle in Deutschland und bei unseren ehemaligen Kriegsgegnern Frankreich, England, USA die Fragen: Was können wir dagegen tun? Was haben wir aus der Vergangenheit als Nation gelernt? Was tun wir, und wie tun wir was?

Die Löblichen Singer treten ein und engagie-ren sich gegen Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus. Wir veranstalten jedes Jahr Themenabende hierzu, mit dem Ziel, Be-wusstsein zu bilden. Wir verlegen Stolperstei-ne in Pforzheim und halten so die Erinnerung an staatliche Verbrechen an Juden, körperlich und geistig behinderten Menschen, Angehö-rige anderer Religionen, Opositionellen und Homosexuellen wach.

Wir unterstützen in diesem Zusammenhang Projekte an unseren Schulen. Wir sind stolz auf euch, begrüßen euer Projekt, unterstüt-zen und fördern es. Euer Projekt braucht Öf-fentlichkeit. Auch und gerade deshalb, dass andere Mitbürger darüber nachdenken und Stellung dazu beziehen, die dann hoffentlich heißen wird: nie wieder Krieg, nie wieder Dik-tatur, nie wieder staatlichen Terror.

Wir wollen gemeinsam eine Welt, die für alle Menschen - gleich welcher Nationalität, Haut-farbe und Religion - menschlich, lebenswert und friedlich ist.

Claus Kuge

ZUR SITUATION PFORZHEIMS IM ERSTEN WELTKRIEG Pforzheim war im Ersten Weltkrieg kein direk-ter Kriegsschauplatz und blieb von Kampfes-handlungen verschont. Die Front verlief we-sentlich weiter westlich, in Lothringen und in der Champagne, im heutigen Frankreich. Dennoch waren die Stadt und ihre Bewoh-

ner früh vom Krieg und seinen Auswirkun-gen betroffen. Ein Hauptgrund dafür war der Eisenbahnanschluss an einer der wichtigsten Nachschub- und Versorgungslinien in Süd-deutschland.

ZUR VORGESCHICHTE DES ERSTEN WELTKRIEGSAm 28. Juni 1914 werden der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie in Sarajevo durch ein At-tentat getötet. Dieses Ereignis ist Auslöser für die sogenannte Julikrise, deren politischen Entwicklungen am 28. Juli 1914 in der Kriegs-erklärung Österreich-Ungarns an Serbien münden.

Das Deutsche Reich hält an seiner Bündnist-reue zu Österreich-Ungarn fest und erklärt nach der Mobilmachung Russlands am 1. Au-

gust 1914 dem serbischen Bündnispartner Russland den Krieg. Weitere Kriegserklärun-gen folgen, so dass sich die Julikrise zu einem Weltkrieg auswächst.

Am Tag des Attentats besucht Großherzog Friedrich II. von Baden in Pforzheim den Verbandstag der Militärvereine. Während der Parade vor dem Saalbau erhält er die Nach-richt von der Ermordung des Thronfolger-paares. Daraufhin bricht Friedrich II. seinen Besuch ab und reist zurück nach Karlsruhe.

ES IST KRIEG!Der Ausbruch des Krieges versetzt Pforzheim in einen erregten und angespannten Zustand. Von „freudig vaterländischer Stimmung“ ist in der zeitgenössischen Chronik Pforzheim im Weltkrieg zu lesen.

Viele junge Männer melden sich freiwillig für den Krieg. Der jüngste ist 15 Jahre alt, der älteste bereits 63. Zugleich wird in der sozi-aldemokratischen Zeitung Pforzheimer Freie Presse zu einer Friedenskundgebung aufge-rufen.

Einig ist man in der Auffassung, dass Deutsch-land einen gerechten Krieg führe und sich verteidigen müsse. Die anfänglichen militäri-

schen Erfolge scheinen die Siegesgewissheit vieler zu bestätigen.

Mit der Verkündung des Kriegszustandes und der Mobilmachung ändert sich das Leben in Pforzheim schlagartig.

Grenzen und Bahnhöfe werden nun stärker überwacht, das Militär übernimmt Aufgaben der vollziehenden Gewalt. Das in Pforzheim ansässige Militärbezirkskommando ist die Anlaufstelle für die einberufenen Reservisten und für Kriegsfreiwillige.

Die Lage Pforzheims an der Bahnstrecke in Richtung Westen bedingt einen starken Durchgangsverkehr der Truppen.

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PATRIOTISMUS UND PROPAGANDAKriegspropaganda ist ein wichtiges Mittel, um sich die Unterstützung der eigenen Bevölke-rung zu sichern. Alle Kriegsparteien nutzen Propaganda, um Feindbilder zu verfestigen und die Opferbereitschaft der Bevölkerung zu stärken. Auf Alltagsgegenständen finden sich patriotische Sprüche, Zeitungen veröf-fentlichen vaterländische Gedichte. Der Krieg hält mit „Soldätlesspielen“ auch Einzug in die Kinderzimmer.

Die Möglichkeiten nationale Geschlossenheit und Solidarität zu zeigen sind vielfältig. Fi-nanziell können die Bürger den Krieg mit der

Zeichnung von Kriegsanleihen oder mit der Aktion „Gold gab ich für Eisen“ unterstützen. Andere Initiativen engagieren sich für Hinter-bliebene oder Kriegsversehrte. Liebesgaben-transporte stärken die Moral der Soldaten im Feld vornehmlich mit Kleidung und Ge-nussmitteln. Der soziale Druck in irgendeiner Form Solidarität zu zeigen, ist groß.

Patriotismus zeigt sich auch in der Eindeut-schung fremdsprachiger Wörter. So vermerkt die Pforzheimer Chronik Pforzheim im Welt-krieg die Namensänderung des „Cafe Wind-sor“ in „Cafe Etzel“.

ERNÜCHTERUNGIm Herbst 1914 wird deutlich, dass der Bewe-gungskrieg ins Stocken gerät und zu einem Stellungskrieg erstarrt. Beide Seiten gra-ben sich an der Westfront in kilometerlange Schützengräben ein. Der Krieg wird zum All-tag und Ernüchterung macht sich breit.

Bereits im August hat Pforzheim den ersten toten Soldaten zu beklagen. Der Gastwirtsohn Otto Staib fällt an der Westfront. Zahlreiche weitere Pforzheimer Soldaten werden ihm folgen.

Am 12. Oktober 1914 feiert Pforzheim die Er-oberung der strategisch wichtigen Stadt Ant-werpen auf dem Marktplatz. Eine Panik bricht unter den Menschen aus - das Rangieren ei-nes Bierwagens wird für einen Fliegerangriff gehalten. Die Stadt nimmt in Folge dessen Ab-stand von zentralen Siegesfeiern. Sie werden nun in den Kirchen abgehalten. Gelegenheit dazu haben die Pforzheimer durch die verfes-tigten Frontlinien nur noch selten.

DER KRIEG ERREICHT DIE STADTDurch Verwundete, Gefangene und statio-nierte Soldaten ist der Krieg im Stadtbild prä-sent.

Im August und September 1914 werden das Osterfeldschulhaus und der städtische Saal-bau zu Lazaretten umfunktioniert. Später kommen Räume der Goldschmiedeschule und des Mädchenheims hinzu. Auch die städ-tische Klinik und das Krankenhaus Siloah neh-men Verwundete auf. Bedingt durch die Lage Pforzheims handelt es sich zumeist um Solda-ten der Westfront. Neben deutschen Solda-ten werden auch Kriegsgefangene versorgt. Die Verstorbenen finden auf dem Hauptfried-hof ihre letzte Ruhe.

Mit der Verlegung der Betriebsabteilung II des Kriegsbekleidungsamtes des badischen XIV. Armeekorps wird Pforzheim 1915 Garni-sonsstadt. Das Schneiderbataillon ist für die Verwaltung und Herstellung von Uniformen zuständig. Die Fertigungsstätte ist in der Brötzinger Schule untergebracht. Im Jahr 1916 kehrt es wieder nach Karlsruhe zurück.

Ein Jahr später wird Pforzheim durch die Sta-tionierung der 1. Maschinengewehr-Ersatz-kompanie erneut Garnisonsstadt. Die Aus-bildungseinheit dieser neuen Waffengattung wird am Ende des Krieges selbst in das Feld ziehen.

DER KRIEG AN DER „HEIMATFRONT“Kurz nach Kriegsbeginn wird die Versor-gungslage der Bevölkerung stetig schlechter. Der Bedarf des Heeres an Rohstoffen und Nahrungsmitteln, der Arbeitskräftemangel, schlechte Ernten und die Folgen der briti-schen Seeblockade führen bald zu Mangel und materieller Not. Die Versuche staatlicher Behörden mit Preisbremsen und Rationie-rungen entgegenzuwirken, führen nicht zum Erfolg.

Während des Kohlrübenwinters 1916/1917 – Kartoffeln werden durch Rüben ersetzt - sinken die Lebensmittelrationen zeitweilig auf ein Drittel der Friedensmenge. Wer die finanziellen Möglichkeiten hat, greift auf den Schleichhandel zurück.

Zu Beginn des Krieges entstehen in Pforzheim die ersten Volksküchen für Bedürftige.

Der Rationierung von Brot und Mehl ab März 1915 folgt die Zwangsbewirtschaftung wei-terer Lebensmittel wie Kartoffeln, Eier oder Fleisch aber auch von Kleidungsstoffen.

Im Juli 1915 richtet die Stadt eine Kommission ein, die die Lebensmittelversorgung der Be-

völkerung sichern soll. In Folge der Rohstoff-knappheit werden Metalle beschlagnahmt – 1917 erfolgt sogar die Abnahme der Pforz-heimer Kirchenglocken.

IM ERSTEN WELTKRIEG 98 PFORZHEIM

STATIONEN EINES RUNDGANGS ZUM ERSTEN WELTKRIEG

RODVIERTEL UND DIE BLEICHSTRASSE

Das Rodgebiet in Pforzheim, auf einem Hö-henrücken zwischen Enz und Nagold gelegen, wurde ab 1896 als neues Wohnviertel für wohlhabende Bauherren erschlossen. Zu die-ser Zeit boomte die Pforzheimer Schmuckin-dustrie. Die Bevölkerung der „Goldstadt“ versechsfachte sich zwischen 1860 und 1910. Der deutsch-französische Krieg 1870/71, aus dem Deutschland als Sieger hervorgegangen war, und die damit verbundenen Repara-tionszahlungen von Frankreich an Deutsch-land kurbelten die Wirtschaft zusätzlich an. Davon profitierte auch die Schmuckindustrie. Viele erfolgreiche Unternehmer und höhere Angestellte benötigten neuen, repräsenta-tiven Wohnraum. Die Stadt wuchs über ihre mittelalterlichen Stadtgrenzen im Talkessel hinaus und dehnte sich ab den 1890er Jahren auf die Hanglagen aus. Um 1900 entstanden die ersten prächtigen Wohnbauten auf dem Rod, wo zuvor Gärten und Äcker lagen. Als Haupterschließungsachse diente die nach dem Frankfurter Frieden (10. Mai 1871) be-nannte Friedenstraße. Die hangparallelen Straßenverläufe wurden mit kurzen Staffeln

untereinander verbunden. Die Straßenna-men erinnern an gewonnene Schlachten der Deutschen (Schlacht von Dijon, Weißen-burg, Gravelotte, Nuits) und verdienstvol-le hochrangige badische Militärs während des deutsch-französischen Krieges (Mathy, Winsloe), dessen Ausgang mit den Friedens-verhandlungen von Frankfurt (1871) im Jahre 1896 gerade 25 Jahre zurück lag.

Glücklicherweise blieb das Rodgebiet in gro-ßen Teilen von den schlimmen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges verschont.

Die Mehrzahl der ursprünglichen Häuser im Rodgebiet entstand zwischen 1900 und 1914, also noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrie-ges. In der Architektur der Gebäude, egal ob Einzel-, Doppel- oder Mehrfamilienhaus, spie-gelt sich die patriotische, deutschnationale Grundhaltung vieler Bauherren wider.

Mit der aufwändigen Gestaltung der Neubau-ten demonstrierten sie ihren Wohlstand. Sie bedienten sich zahlreicher historischer und regionaler Vorbilder und ahmten frühere Baustile aus einer vermeintlich „guten alten Zeit“ nach, etwa romanische Säulen, gotische Maßwerkformen, mittelalterliche Erker und Türme. Auch bei der Materialwahl griffen sie auf regionale Baustoffe zurück, die in frühe-ren Jahrhunderten in unserer Gegend üblich waren: grauer Schiefer für Dächer und Giebel oder roter und gelber Sandstein aus Schwarz-wald und Kraichgau für den Sockel und Fens-tergestaltungen. Je nach Bauherr und seine Vorlieben wurden auch antike Zitate verwen-det, z. B. Pfeiler und Säulen im Stil der grie-chischen Antike mit ionischen oder korinthi-schen Kapitellen.

VILLA „RODI“Die Villa Rodi in der Friedenstr. 58 ist eine der bekanntesten Villen im Rodgebiet. Sie weist typische Architekturmerkmale mit regional-historischem Bezug auf, wie sie um die Jahr-hundertwende gebräuchlich waren.

Errichtet wurde die Villa 1906 von der Schmuckfabrikantenfamilie Rodi. In ihre Ge-staltung sind mittelalterliche und regional- typische Bauzitate eingeflossen: Der aus dem Burgenbau entlehnte Turm erinnert an den englischen Spruch „My home is my castle“. Fachwerkverzierungen wechseln mit Gliede-rungselementen aus hellem Sandstein wie den rundbogigen Fensterrahmen. Eine vielge-staltige Dachlandschaft und abwechslungs-reiche Fassaden vermitteln einen höchst mär-chenhaften und malerischen Eindruck. Dazu trägt auch die Gartengestaltung mit dunklen Nadelhölzern bei.

Das Relief mit dem Pfau symbolisiert Wohl-stand und Luxus und verweist auf das Selbst-verständnis des Bauherren, der sich seines Status wohl bewusst war. Im Übrigen war die Villa mit der zu dieser Zeit modernsten Technik ausgestattet und besaß eine Fri-schwasser- und eine Abwasserleitung. Teile der originalen Innenausstattung wie die alten Wandvertäfelungen und Fließen sind heute noch erhalten.

Im Gegensatz zum Rodgebiet dominieren in der Bleichstraße eine Bebauung mit groß-städtisch anmutenden, mehrgeschossigen Stadthäusern und Fabriken. Der Südteil der Bleichstraße blieb von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verschont und zeigt noch heute ansehnliche historische Häuser aus der wilhelminischen Gründerzeit unmittelbar nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.

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EHEMALIGES KOLLMAR & JOURDAN-FABRIKGEBÄUDE

Vor dem Ersten Weltkrieg galt die Pforzhei-mer Schmuckfabrik Kollmar & Jourdan in der Bleichstraße 81, gegründet 1885, als welt-größter maschineller Kettenhersteller. Der Firmengründer, Emil Kollmar, hatte die erste Kettenfertigungsmaschine im Schmuckbe-reich entwickelt. Jeden Morgen strömten rund 2000 Mitarbeiter zu ihren Arbeitsplät-

zen in das prachtvolle, „Fabrikschloss“. Es wurde 1901-10 in Skelettbauweise errichtet und mit farbigen Keramikziegeln verziert.

Durch Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg hat es sein ursprüngliches Aussehen in den oberen Geschossen stark verändert. Auch im Innern haben aufgrund neuer Nutzungen zahlreiche Umbaumaßnahmen stattgefun-den.

Während des Ersten Weltkrieges wurden alle kriegstauglichen männlichen Arbeitskräfte in den Krieg eingezogen.

Die Schmuckindustrie ist vom Kriegsausbruch besonders hart betroffen. Weder Absatz- noch Importmärkte sind erreichbar. Auch von den Rohstofflieferungen sind die Firmen ab-geschnitten. So verlegt auch Kollmar & Jour-dan seine Geschäfte auf die Herstellung von kriegswichtigen Gütern und produziert Pfer-degasmasken.

SEDANPLATZ

Der am Beginn von Bleich- und Dillsteiner-straße gelegene Sedanplatz wird durch die charakteristische Dreieckgestalt geprägt. Von hier nehmen Bleichstraße und Dillweißenstei-ner Straße ihren Ausgang.

Der Name des Platzes erinnert seit 1871 an den französischen Ort Sedan, der Ent-scheidungsschlacht im Deutsch-Französi-schen Krieg, die mit der Gefangennahme von

Napoleons III. und der Niederlage der franzö-sischen Armee endete.

Zwischen 1871 und 1918 wurden zum Geden-ken an die Kapitulation Frankreichs und die für Deutschland siegreiche Schlacht jährlich am 2. September der Sedantag mit patrioti-schen Ansprachen und der Verherrlichung deutschen Heldentums gefeiert.

„KNIENDER JÜNGLING“ AN DER ROSSBRÜCKEWohl im letzten Kriegsjahr schuf der Pforzhei-mer Bildhauer Emil Bäuerle diese Figur eines niederknienden Kriegers. Sie war Teil einer Brunnenanlage, die einst an der Ecke Hohl-straße/Dillweißensteiner Straße stand.

Die Finanzierung geht auf eine private Initi-ative zurück. Die Gestalt des zu Boden sin-kenden Kriegers verkörpert keine heldische Kriegsverherrlichung, sondern steht ganz im Gegenteil in der Tradition mahnender Denk-mäler, die an den verlorenen Krieg und das maßlose Leid der Menschen erinnern.

Die Aufstellung am heutigen Standort erfolg-te in den 90er Jahren, nachdem die Figur jahr-zehntelang im ehemaligen Friedhofsareal im Oststadtpark stand.

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TURNPLATZ

Der Turnplatz erhielt seinen Namen von den Turnvereinen, die sich hier während des Krieges trafen. Bei Kriegsbeginn wurden auf dem Platz Pferde- und Soldatenmusterungen durchgeführt.

Am zweiten Mobilmachungstag waren alle Pforzheimer Pferdebesitzer aufgefordert, ihre Pferde an drei Tagen zur Musterung zur Verfügung zu stellen. Eine fünfköpfige Kom-mission nahm die Begutachtung vor. Zeit-gleich wurden auf dem Platz Schlitten und Fuhrwerke gemustert, die für den Krieg zu Transportzwecken beschlagnahmt wurden.

Im Verlauf des Krieges wurden zur Behand-lung verwundeter Soldaten auf dem Turn-platz Reservelazarette in vier Baracken mit je 160 Betten eingerichtet, ein Plan, der nicht zur Ausführung gelangte.

HAUPTBAHNHOFMit Ausbruch des Krieges entwickelte sich der Bahnhof zu einem Ort von zentraler Bedeu-tung für die Kriegsführung. Er war nicht nur Ort der Verabschiedung Pforzheimer Solda-ten an die Front, sondern auch Durchgangs-ort für Truppentransporte aus Bayern und Württemberg in Richtung Westen.

Die Pforzheimer Bevölkerung sah es als Eh-renpflicht an, die durchfahrenden Soldaten an sogenannten Erfrischungsstationen zu versorgen. Großzügige Spenden an Brot, But-ter, Wurst, Limonade, Obst usw. wurden den Soldaten von Mitgliedern des Männerhilfs-vereins, der Schützengesellschaft, des Turn-vereins, der Feuerwehr und Jugendfeuerwehr angeboten. Sieben Gruppen, bestehend aus zwölf bis fünfzehn Personen, bedienten die ankommenden Züge. Tausende Soldaten wur-den auf diese Weise erfrischt. Begrüßt und verabschiedet wurden die Soldaten mit pat-riotischen Liedern der Stadtkapelle. Die ur-sprüngliche Begeisterung wich allerdings bald der Ernüchterung, als die ersten Gefallenen und Verwundeten aus Pforzheim ankamen. Eine neu eingerichtete Sanitätsstation leiste-te ärztliche Hilfe für Verwundete, die weiter zu fahren hatten oder wegen der Schwere ihrer Verletzungen in Pforzheimer Lazarette eingeliefert werden mussten.

STADTARCHIVDas Stadtarchiv - Institut für Stadtgeschich-te ist „Gedächtnis der Verwaltung“ sowie Ansprechpartner in allen Fragen der Stadt-geschichte. Das Archiv übernimmt und ver-wahrt amtliche Unterlagen und Akten sowie Sammlungsgut verschiedenster Art und aus unterschiedlichen Quellen. Neben Akten städtischer Ämter gehören deshalb zu den Beständen Zeitungen, Fotos, Plakate, Pläne, Karten, Filme und vieles mehr.

Die Materialien stehen jeder Person, die sich für die Geschichte Pforzheims interessiert, zur Einsicht  zur Verfügung.

Das alte Stadtarchiv wurde im zweiten Welt-krieg zerstört und damit auch viele Doku-mente vernichtet. Am heutigen Standort des Archivs in der Kronprinzenstraße 28 steht Be-suchern für ihre Recherchen ein Lesesaal zur Verfügung.

Die Bestände des Stadtarchivs zum Themen-komplex Erster Weltkrieg enthalten verschie-denste Archivalien, die über den Verlauf des Krieges Auskunft geben. Dazu zählen in ers-ter Linie die Extrablätter der damaligen Zei-

tungen, „Pforzheimer Anzeiger“ und „Freie Presse“. Stetige Erfolgsnachrichten lassen die Menschen auf ein baldiges Kriegsende hof-fen. Schilderungen vom Grauen des Krieges bleiben aus.

Die Sozialdemokraten vertreten zunächst kriegsgegnerische Positionen. In der Pforz-heimer sozialdemokratischen Zeitung „Freie Presse“ erscheint ein ganzseitiger Aufruf für eine Friedenskundgebung am 31. Juli 1914. Sie muss jedoch wegen der Verkündung der „dro-henden Kriegsgefahr“ abgesagt werden.

Am 4. August 1914 stimmen die Sozialde-mokraten überraschend im Reichstag für die Bewilligung der Kriegskredite. Sie stellen sich damit unter die Parole der nationalen Geschlossenheit. In Pforzheim spiegelt die Berichterstattung der „Freien Presse“ diese Entwicklung wider.

Ein Dokument ersten Ranges sind die in ei-nem Gedenkbuch versammelten Feldpost-karten- und briefe sowie das Kriegstagebuch Max Wittums, der sechs Wochen nach Kriegs-ausbruch in Frankreich fiel.

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Zahlreiche Schreiben des jungen Pforzheimer Soldaten Hans Erpf aus dem Briefwechsel mit seiner Mutter sind im Stadtarchiv erhalten geblieben. Er wird mit seiner Nachrichtenab-teilung zunächst an der Westfront eingesetzt und meldet sich dann freiwillig für ein Orient-korps. Er ist zeitweilig in Mossul und Aleppo im heutigen Syrien und Irak stationiert.

Auch der spätere Pforzheimer Bürgermeister Gustav Adolf Schultze bewahrte als Erinne-rung an seine Dienstzeit Fotoalben auf, in de-nen er Fotografien seiner Kameraden und der Kriegsschauplätze versammelte. Er kämpfte

zuerst an der Westfront und wurde dann in Albanien und Mazedonien eingesetzt. Er er-hielt das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse.

Neben Fotografien der Schlachtfelder, Bom-bentrichtern oder zerstörten Orte finden sich im Album der Westfront auch Versuche, das Soldatenleben auf humorvolle Art festzuhal-ten. Das Album der Dienstzeit in Albanien und Mazedonien erinnert teilweise an Reisebilder – aber auch hier fehlen nicht die Hinweise auf Truppenmärsche, Soldaten oder Solda-tengräber.

Neben diesen Quellen, die von bekannten Pforzheimer Familien stammen, bewahrt das Stadtarchiv auch andere Zeitzeugnisse auf, wie etwa das Badische Kriegskochbüchlein von 1915. Damals werden auch die Inhalte der Kochbücher an die angespannte Ver-sorgungslage angepasst. Kriegsrezepte ha-ben ebenso Konjunktur wie Hinweise, ohne Fett zu kochen. Der Ersatz von Fetten beim Kochen wird als gesundheitsfördernd bewor-ben - aus der Not wird eine Tugend.

HAUPTFRIEDHOF

Der Hauptfriedhof befindet sich auf einer An-höhe im Norden der Innenstadt. Er gilt als ei-ner der schönsten Parkfriedhöfe Süddeutsch-lands.

Gegründet wurde die Anlage 1877. Der vor-malige Friedhof im heutigen Oststadtpark war im Zusammenhang mit den zahlreichen Bestattungen als Folge des Deutsch-Französi-schen Krieges 1870/71 und der rasanten Be-

völkerungszunahme im späten 19. Jahrhun-dert voll belegt.

Der älteste Teil des heutigen Hauptfriedhofs wurde ursprünglich von der Alten Eisinger Straße (heute: Bernhardsgasse) erschlossen. Aufgrund der weiterhin hohen Zahl an Beer-digungen und neuen Maßgaben im Bestat-tungswesen wurde der Friedhof zwischen 1914 – 17 erweitert und mit einem neuen Haupteingang an der Ispringer Straße, einer Aussegnungshalle und Leichenkammern ver-sehen.

Die Architektur dieser Bauwerke zeigt verhal-tene Jugendstilformen. Auch ein Krematorium wurde errichtet. Die Bauzeit fiel mitten in den Ersten Weltkrieg und verzögerte sich entspre-chend. Erst 1917 wurde die neue, inzwischen vierzehn Hektar große Anlage eingeweiht.

SOLDATENGRÄBERFELD DES ERSTEN WELTKRIEGSVom Eingang her erschließt die 500 Meter lan-ge, baumbestandene Hauptallee den Fried-hof in West-Ost-Richtung.

Den Auftakt der Gräber bilden hinter rahmen-den Hecken die Felder der Soldatengräber beider Weltkriege. Die regelmäßig aufgereih-ten Grabstellen sind alle mit dem identischem Grabkreuz und einheitlicher Bepflanzung ge-schmückt. Sie folgen der Vorstellung, dass im

Tod alle Soldaten gleich sind, egal, welchen militärischen Rang sie zu Lebzeiten inne hat-ten.

Das Feld für die Gefallenen des Ersten Welt-krieges vor der Aussegnungshalle bildet ein Rechteck, in dessen platzähnlicher Mitte einst ein Denkmal stand. Auf hohem Sockel mit der Aufschrift „Unseren Helden“ zeigte es einen unbekleideten, niedergestreckten Jüngling. Stadtarchiv Pforzheim

Institut für Stadtgeschichte Kronprinzenstr. 28  75177 Pforzheim

Tel. 0 72 31 / 39 - 28 99 Fax 0 72 31 / 39 - 16 74

www.stadtarchiv.pforzheim.de [email protected]

Öffnungszeiten Lesesaal

Di./Mi. 9 - 12 Uhr und 14 - 16 Uhr  Do. 9 - 18 Uhr

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Dieses Denkmal wurde noch während des Zweiten Weltkrieges abgeräumt, wohl weil es der damaligen Vorstellung von heldenhaftem

Soldatentod nicht entsprach. An seine Stelle trat später ein metallener Lorbeerkranz auf flachem Sockel, der mit der Inschrift „Unse-ren Gefallenen“ an die toten Soldaten beider Weltkriege erinnern soll.

Unter den Toten, die hier die letzte Ruhestät-te fanden, sind zahlreiche Soldaten, die nicht aus Pforzheim stammten und vermutlich in Pforzheimer Lazaretten starben. Auch drei russische Soldaten wurden hier bestattet.

GRABMAL ALBRECHT REINHOLD FELD 78

Nicht alle gefallenen Pforzheimer des Ersten Weltkrieges wurden auf dem Soldatengräber-feld bestattet.

Einige Familien wünschten für ihre gefallenen Söhne individuelle Gräber, die in ihrer Symbo-lik meist auch den Bezug zum Krieg aufneh-men.

So zum Beispiel das an der Südseite der Hauptallee errichtete Grabmal des 1915 in der Schlacht bei Ypern gefallenen Albrecht Reinhold.

Das Grabmal des 21-jährigen Kriegsfreiwil-ligen ziert eine sogenannte Mars-Putte mit überdimensionalem antikisierenden Krieger-helm und einer umgekehrten Fackel als Sinn-bild für das erloschene Leben.

GRABMAL MAX WITTUM FELD 24Das Grabrelief des Pforzheimer Schmuckfa-brikantensohnes Max Wittum im weiteren Verlauf der Hauptallee, ebenfalls auf der Südseite gelegen, zeigt einen antikisierenden Krieger mit Umhang und Langschwert unter einem schlichten Dreiecksgiebel.

Max Wittum wurde 1881 in Pforzheim ge-boren. Nach der Schule absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung, zunächst im el-terlichen Betrieb, später in der Schmuckfirma Kollmar & Jourdan. Nach vielen Reisen und Aufenthalten im Ausland kehrte er 1909 in

den Betrieb seines Vaters zurück. Er heiratete, hatte zwei Kinder.

Am 2. August 1914 „folgte er dem Ruf des Kaisers und erlitt den Heldentod am 18. Sep-tember desselben Jahres in der Schlacht bei Craonne-Laon“. Dieses Zitat seines Vaters entstammt einem Gedenkbuch, das dieser nach dem Tod des Sohnes anlegte und das heute im Stadtarchiv verwahrt wird. Es ent-hält die Feldpostkarten und -briefe Max Wit-tums sowie sein Kriegstagebuch und vermit-telt aus direkter Augenzeugenschaft heraus die Geschehnisse des Krieges.

Den Hauptteil der geschätzen Zahl von über 28 Milliarden Sendungen aller Art während des Ersten Weltkriegs machten die überwie-gend portofreien Feldpostkarten und –briefe aus. Sie spielten eine immense Rolle für die Motivation der Truppe und sind als Quellen von unschätzbarem Wert, da es aus dieser Epoche heute keine Zeitzeugen mehr gibt.

GRABMAL FAMILIE BODE FELD 6Als weiteres von zahlreichen Beispielen in-dividueller Soldatengrabmäler, sei die Grab-stätte der Pforzheimer Verlegerfamilie Bode erwähnt.

Die Figurengruppe aus weißem Marmor über-ragt die Grabmalwand. Eine zeitlose Frau-engestalt mit langem Gewand und Schleier, vermutlich Patria, die Personifikation des Va-terlandes, trauert mit festem Blick in die Fer-ne um ihre „Söhne“, die neben ihr niedersin-ken und mit ihren Uniformen auf den Ersten Weltkrieg verweisen.

Emma Bode, die das Grabmal in Auftrag gab hat zum Gedenken an die Gefallenen ihrer Familie nachträglich das Wandbild des Münchner Malers Max Feuerstein in der Aus-segnungshalle gestiftet.

Die Schüler der K

lassenstufe 9 des Schuljahres 2014/15 des Schiller-Gym

nasiums Pforzheim

vor der Skulptur des „Knienden Jünglings“.