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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 65 (1977) 23-39 (Nr. 1009) Wissenschaftliches Hauptlaboratorium der Bayer AG, 5090 Leverkusen, Bayerwerk Polyuretdionpolyurethane und blockierte Polyuretdione - neue Rohstoffe fiir Pulverlacke Peter Miiller, Kuno Wagner, Richard Miiller und Bernd Quiring Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Dr. E. h. mult. Otto Bayer zum 75. Geburtstag gewidmet (Eingegangen am 6. Mai 1977) ZUSAMMENFASSUNG : Die Ringoffnung der Uretdiongmppe in Gegenwart von nukleophilen Reaktionspart- nern und die technische Bedeutung dieser Reaktion sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Die Untersuchungen machen deutlich, da13 hydroxylgruppenhaltige Polyester und niedermolekulareZerewitinow-aktive Wasserstoffatome tragende Verbindungen sich bei Temperaturen von 1W12O"C in Losung, aber auch in der Schmelze mit den freien NCO-Gruppen der Uretdiondiisocyanate nach dem Diisocyanat-Polyadditionsver- fahren umsetzen lassen, ohne daB nennenswerte Uretdionringoffnung eintritt. Auf Grund dieser Erkenntnis konnen mit den Uretdiondiisocyanaten Kettenverlangerungenzu Poly- uretdionpolyurethanen durchgefuhrt werden. Durch Umsetzung mit Blockierungsmitteln (z. B. E-Caprolactam)werden neuartige blockierte Uretdione und blockierte Polyuretdion- polyurethane erhalten. Es wird nachgewiesen, daI3 die Vierringe im Temperaturbereich von 140-1 80°C vollsthdig aufspalten. Gleichzeitig vorliegende hydroxylgruppenhaltige Verbindungen reagieren mit den latenten NCO-Gruppen der Uretdione unter Urethanbil- dung. Durch geeignete Wahl und Kombination der Ausgangsverbindungen lassen sich kristalline, hochschmelzende, gut mahlbare Polyuretdionpolyurethanpulver gewinnen. Die neuen technisch verwertbaren Synthesenfuhren zu umweltfreundlichen,losungsmittel- freien Verfahren der elektrostatischen Pulverbeschichtung. SUMMARY: This paper is concerned with the ring opening of the uretdione group in presence of nucleophilic partners and of the technological significance of this reaction. It is shown that at temperatures from loo" to 120°C both polyesters containing hydroxyl groups and lowlmolecular weight compounds carrying Zerewitinow-active hydrogen atoms react in solution as well as in the molten state with free NCO groups of uretdione diisocyanatesby the diisocyanatepolyaddition process. Under these conditions no opening of the uretdione ring occurs. 23

Polyuretdionpolyurethane und blockierte polyuretdioneneue rohstoffe für pulverlacke

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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 65 (1977) 23-39 ( N r . 1009)

Wissenschaftliches Hauptlaboratorium der Bayer AG, 5090 Leverkusen, Bayerwerk

Polyuretdionpolyurethane und blockierte Polyuretdione - neue Rohstoffe fiir Pulverlacke

Peter Miiller, Kuno Wagner, Richard Miiller und Bernd Quiring

Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Dr. E. h. mult. Otto Bayer zum 75. Geburtstag gewidmet

(Eingegangen am 6. Mai 1977)

ZUSAMMENFASSUNG : Die Ringoffnung der Uretdiongmppe in Gegenwart von nukleophilen Reaktionspart-

nern und die technische Bedeutung dieser Reaktion sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Die Untersuchungen machen deutlich, da13 hydroxylgruppenhaltige Polyester und niedermolekulare Zerewitinow-aktive Wasserstoffatome tragende Verbindungen sich bei Temperaturen von 1W12O"C in Losung, aber auch in der Schmelze mit den freien NCO-Gruppen der Uretdiondiisocyanate nach dem Diisocyanat-Polyadditionsver- fahren umsetzen lassen, ohne daB nennenswerte Uretdionringoffnung eintritt. Auf Grund dieser Erkenntnis konnen mit den Uretdiondiisocyanaten Kettenverlangerungen zu Poly- uretdionpolyurethanen durchgefuhrt werden. Durch Umsetzung mit Blockierungsmitteln (z. B. E-Caprolactam) werden neuartige blockierte Uretdione und blockierte Polyuretdion- polyurethane erhalten. Es wird nachgewiesen, daI3 die Vierringe im Temperaturbereich von 140-1 80°C vollsthdig aufspalten. Gleichzeitig vorliegende hydroxylgruppenhaltige Verbindungen reagieren mit den latenten NCO-Gruppen der Uretdione unter Urethanbil- dung. Durch geeignete Wahl und Kombination der Ausgangsverbindungen lassen sich kristalline, hochschmelzende, gut mahlbare Polyuretdionpolyurethanpulver gewinnen. Die neuen technisch verwertbaren Synthesen fuhren zu umweltfreundlichen, losungsmittel- freien Verfahren der elektrostatischen Pulverbeschichtung.

SUMMARY: This paper is concerned with the ring opening of the uretdione group in presence

of nucleophilic partners and of the technological significance of this reaction. It is shown that at temperatures from loo" to 120°C both polyesters containing hydroxyl groups and lowlmolecular weight compounds carrying Zerewitinow-active hydrogen atoms react in solution as well as in the molten state with free NCO groups of uretdione diisocyanates by the diisocyanate polyaddition process. Under these conditions no opening of the uretdione ring occurs.

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These results give rise to the use of uretdione diisocyanates for chain extensions yielding polyuretdione polyurethanes. Reactions with blocking agents (e.g. E-caprolactam) result in new types of blocked uretdione and blocked polyuretdione polyurethanes. It is shown that the four-membered rings are split completely at temperatures from 140" to 180°C. Compounds containing hydroxyl groups which are available in the reaction mixture react with the latent NCO groups of the uretdiones to form urethanes. By selection and combination of suitable starting compounds crystalline, high-melting polyuretdione polyurethane powders of good milling properties can be obtained. The new syntheses of technical usefulness yield non-polluting polyurethane powder coatings for application by electrostatic spraying.

1. Einleitung

Dimere Isocyanate - im angelsachsischen Sprachgebrauch Uretdione ge- nannt - sind seit 1870 bekannt.

A. W. Hofmann' beobachtete, daD sich Isocyanate unter dem EinfluD von basischen Katalysatoren polymerisieren. Neuere Arbeiten uber die Kataly- se zeigten, daD es sich bei der Dimerisierung um eine temperaturabhangige, katalysierte Gleichgewichtsreaktion handelt'. Auf Grund dieser Erkenntnis wurde deutlich, daD 1. Isocyanate metastabile Verbindungen sind, 2. Isocyanatdimere thermodynamisch stabilere Verbindungen als Isocyanate

sind, 3. Isocyanattrimere thermodynamisch stabilere Verbindungen als Isocyanatdi-

mere sind. Durch geeignete Wahl der basischen Katalysatoren gelingt es, aus Isocyana-

ten Isocyanatdimere zu bilden. Dimere Isocyanate sind nicht zuletzt auch deswegen technisch interessante Verbindungen, weil sich die Uretdionvierringe bei Raumtemperatur gegenuber Wasser und Alkoholen chemisch inert verhal- ten ; bei hoheren Temperaturen hingegen werden die Vierringe thermisch geoffnet und setzen Isocyanatgruppen frei3.

Technische Bedeutung besitzt schon lange das aromatische Uretdiondiiso- cyanat des 2,4-Toluylendiisocyanats als Vernetzungskomponente in auf Kau- tschukmischwalzen verarbeitbaren und thermoplastisch vernetzbaren Poly- urethanen. Neue uretdiongruppenhaltige Polyadditionsprodukte besitzen ganz andere Eigenschaften, so daD Uretdionpolyisocyanate auch zur Synthese von selbstvernetzenden Polyurethan-Pulvern herangezogen werden konnen.

Die neuen, technisch verwertbaren Synthesen fuhren zu umweltfreundlichen Lackierungsverfahren elektrostatisch aufspriihbarer Polyurethan-Pulverlacke.

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2. Untersuchungen uber die Uretdionringoflnung

2.1 Aromatische Uretdione

Aus der Literatur' geht hervor, daD Uretdione bei erhohter Temperatur in zwei Isocyanatmolekule aufspalten.

Diese Reaktion, die nach moderner elektronentheoretischer Betrachtungsweise zu den elektrocyclischen Synchronreaktionen zu zahlen ist, mu13 den Gesetzen von Woodward und Hofmann unterliegen4. Neben der rein thermischen, vollstandigen Ringspaltung ist auch die halbseitige Ringoffnung der Uretdione mittels Alkoholen und Aminen zu Allophanaten und Biureten literaturbe- kannt'.

Ein mit dimerem Toluylendiisocyanat (@Desmodur TT) modifiziertes Poly- urethan setzt erst beim Erhitzen auf 160°C Isocyanatgruppen frei, die dann sofort mit noch vorhandenen Hydroxylgruppen unter Vernetzung abreagieren. Es ist dabei jedoch nicht eindeutig geklart, ob bei erhohter Temperatur teilweise Ringoffnung des Uretdionrings unter Allophanatbildung eintritt, oder ob sich tatsachlich die Uretdionvierringe bei 160°C so offnen, daB zwei neue Isocyanat- gruppen entstehen. Diese Frage war von Interesse in bezug auf die OH-NCO Aquivalenz der fertigen Systeme. Um diese Frage zu klaren, muDte eine von der Isocyanatzahlbestimmung unabhangige Methode angewendet werden, die es erlaubt, indirekt auf die vollstandige oder halbseitige Uretdionringoff- nung zu schlieaen. Dazu wurde eine definierte Menge @Desmodur TT rnit einem groDen UberschuD eines gut standardisierten Polyesters aus Adipinsaure und Athylenglykol (OH-Zahl 56, @Desmophen 2000) in der Schmelze umge- setzt. AnschlieDend wurde bei verschiedenen Temperaturen und definierten Reaktionszeiten die OH-Zahl des Polyesters bestimmt. Erwarmt man @Desmo- phen 2000 (0,3 OH-Aquivalente) nach Entwassern im Vakuum mit @Desmodur TT (0,075 freie NCO Aquivalente) 1 h auf 140"C, so findet man eine Iso- cyanatzahl von Null. Die Hydroxylzahl des mit @Desmodur TT modifizierten Polyurethans betragt nach diesen Reaktionsbedingungen 36,8. Theoretisch sollte die Hydroxylzahl 40 betragen. Aus diesem Befund ist zu folgern, daD bereits bei 140°C nach einer Stunde Reaktionszeit eine geringfugige Ringoff- nung des Uretdionringes stattfindet. Nach weiteren 30 min Reaktionszeit bei

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155°C findet man eine OH-Zahl von 32,4. Steigert man die Temperatur alle 30min sprungweise um ca. lO"C, so zeigt sich eine kontinuierliche Abnah- me der OH-Zahl. Nach 120 min Gesamtreaktionszeit, nachdem schliel3lich in der Endphase 180°C erreicht sind, findet man den berechneten Wert der OH-Zahl, der nach uollstandiger Uretdionringoffnung zu erwarten ist.

Langeres Erhitzen bei sprunghafter Temperatursteigerung andert die OH- Zahl des Polyurethans nicht mehr. Diese Ergebnisse sind sowohl in Tab. 1 als auch in Abb. 1 wiedergegeben.

Tab. 1. Abnahme der OH-Zahl eines uretdiongruppenhaltigen Hydroxypolyurethans in Abhangigkeit von der Temperatur.

Reaktionszeit (min)

Reaktions- OH-Zahl OH-Zahl temperatur gefunden berechnet ("C)

60 weitere 30 weitere 30 weitere 30 weitere 30 weitere 30 weitere 30 weitere 30

140 155 162 170 180 200 220 230

36,8 32,4 - 28,s 26,3

26,6 26,8

-

40

26,8 26,8 26,8 26,8

OH-Zahl

30

26

140 150 160 170 180 190 200 Temp. OC

Abb. I. Abhangigkeit der OH-Zahl eines hydroxylgruppenhaltigen Polyuretdionpoly- urethans von der Temperatur.

Die Versuchsergebnisse machen folgendes deutlich : 1. Hydroxylgruppenhaltige Polyester lassen sich bei Temperaturen von 100-

120°C in der Schmelze mit den freien NCO-Gruppen des dimeren Toluylen- diisocyanats umsetzen, ohne daD nennenswerte Uretdionringoffnung eintritt.

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2. Die Vierringe aromatischer Uretdiongruppen in Polyurethanen mit uber- schussigen H ydroxylgruppen spalten im Temperaturbereich zwischen 140 und 180 "C vollstandig auf. Die freigelegten Isocyanatgruppen reagieren mit den gleichzeitig vorliegenden Hydroxylgruppen unter Urethanbildung.

3. Die Abnahme der OH-Zahl in Abhangigkeit der Temperatur 1aDt sich graphisch durch eine lineare Funktion charakterisieren.

2.2 Aliphatische Uretdione

Aliphatisch und cycloaliphatisch substituierte Uretdione konnen aus alipha- tischen oder cycloaliphatischen Diisocyanaten durch Behandeln mit Tri-n-bu- tylphosphin gewonnen werden. Man erhalt dunnviskose Produkte, welche durch Dunnschichtdestillation weitgehend von den monomeren Diisocyanaten befreit werden. Es wurde erst in jungster Zeit erkannt, daD das dunnviskose Reaktionsprodukt, das sich aus Hexamethylendiisocyanat und katalytischen Mengen von Tri-n-butylphosphin bildet, zu ca. 1/3 aus trimerem Hexamethy- lendiisocyanat (Isocyanurat) und zu ca. 2/3 aus dimerem Hexamethylendiiso- cyanat-Uretdion besteht.

Die exakte Komponentenverteilung konnte durch gelchromatographische Analyse sichergestellt werden6. Das fur die Untersuchungen eingesetzte Ge- misch A besitzt die in Tab. 2 gezeigte Komponentenverteilung :

Tab. 2. Komponentenverteilung eines Uretdion-Isocyanuratgemisches (A) auf Basis von Hexamethylendiisocyanat.

Flachen- %

Hexamethylendiisocyanat Uretdion Polyuretdion Isocyanurat Polyuretdion Polyuretdion Isocyanurat Polyuretdion hoher molekulare Komponenten

<1 43,O

29,7

11,s

6 4

3,1 690

Durch Titration mit Di-n-butylamin kann analytisch der Gesamt-NCO-Ge- halt der Mischung bestimmt werden, wahrend durch Titration mit Di-sek-butyl- amin der Gehalt an freien NCO-Gruppen bestimmt wird. Das Polyisocyanat-

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gemisch besitzt einen NCO-Gehalt von 22,5% freiem NCO, 39,4% Gesamt- NCO und demnach 16,9% im Uretdionanteil gebundenem latenten NCO.

Setzt man das Polyisocyanatgemisch A (Tab. 2) mit Trimethylolpropan bei 100-120°C in einem NCO/OH-Aquivalentverhaltnis von 1 :3 um, so erhalt man ein Reaktionsprodukt, das neben hohermolekularen, mehrere Uretdion- und Isocyanuratgruppen aufweisenden Strukturelementen die nachfolgend idealisiert wiedergegebene Verbindung (I) enthalt.

Das IR-Spektrum dieses Adduktes zeigt, da13 die Absorptionsbanden, die durch den Uretdionring hervorgerufen werden, auch nach der Reaktion mit Trimethylolpropan erhalten geblieben sind (s. Tab. 3).

Tab. 3. Charakteristische IR-Absorptionsbanden eines uretdiongruppenhaltigen Hy- droxypolyurethans vor und nach der Vernetzung.

v>=O [crn-l] v ,,Ringbande" [an-']

Uretdion/Isocyanuratgemisch A 1760-2 780 1330-1 350 Harz der idealisierten Struktur I 1760-1 780 1330-1 350 Vernetzter Film - -

Einbrennversuche ohne Katalysatorzusatz bei 160, 170 und 180°C (30min) ergaben keine vernetzten Lackfilme. Setzt man aber dem Addukt (I) 1% Zinnoctoat als Katalysator zu, so erhalt man bei einer Einbrenntemperatur von 160°C und einer Einbrennzeit von 1/2 h vernetzte, klebfreie, kratzfeste und elastische ifberziige, die in Toluol und khylenglykoldiacetat unloslich sind.

Das IR-Spektrum des vernetzten Films weist keine Uretdionringbanden mehr auf.

Aus diesen analytischen Untersuchungen iiber die Uretdionringoffnung kann zusammenfassend gefolgert werden : a) Die freien NCO-Gruppen aromatischer und aliphatischer Uretdiondiiso-

cyanate lassen sich im Temperaturbereich < 120°C mit OH-funktionellen

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Verbindungen umsetzen, ohne daI3 nennenswerte Uretdionringoffnung ein- tritt.

b) Im Temperaturbereich 140-1 80°C reagieren gleichzeitig vorliegende hydro- xylgruppenhaltige Verbindungen mit den latenten NCO-Gruppen der Uret- dione unter Urethanbildung. Auf Grund der vorstehend genannten Untersu- chungen zur Analytik der OH-Zahl-Abnahme zeigt sich, daI3 die Uretdion- ringe unter diesen Bedingungen nicht in Isocyanuratringe umgewandelt werden.

c) Die vollstandige Ringoffnung aliphatisch substituierter Uretdione wird bei ca. 160°C durch Zinn (11)-Verbindungen katalysiert.

3. Voraussetzungen f i r elektrostatisch aufspriihbare Polyurethan-Pulverlacke

Uretdiongruppen enthaltende Polyurethane und Polyester-Polyurethane mussen, wenn sie fur die EPS-Beschichtung Anwendung finden sollen, so aufgebaut sein, daI3 sie folgende Forderungen erfullen : a) Der Erweichungspunkt der Polyesterurethane mu8 so niedrig liegen, daI3

das Pulver auf einer geheizten Mischschnecke ohne vorzeitige Vernetzung pigmentiert werden kann.

b) Die pigmentierten Polyurethane mussen nach Abkuhlen glashart und leicht vermahlbar sein.

c) Die hergestellten Pulver mussen auch nach Lagerung bei ca. 50°C rieselfahig bleiben. Sie durfen weder verbacken noch chemische Vorreaktionen einge- hen.

d) Nach Auftragen auf den zu lackierenden Gegenstand mussen die Pulver bei der nachfolgenden thermischen Behandlung zu einem Uberzug mit gleichmaI3igem Verlauf verschmelzen.

e) Erst nach dem Schmelzvorgang mit gutem Verlauf darf Vernetzung eintre- ten.

f) Die vernetzten Lackuberzuge sollen ein gutes mechanisches und chemisches Lackeigenschaftsbild zeigen; sie sollen beste Wetterfestigkeit aufweisen.

Die von uns gefundenen Aufbaumethoden fuhren zu Systemen, bei denen die vorgenannten Anforderungen erfullt werden.

4. Synthese einfacher, lagerfahiger Polyester-Polprethanpulver mit eingebauten Uretd iongruppen

Fur die Synthese selbstvernetzender Polyurethanpulver muI3te ein neues Syntheseprinzip erarbeitet werden. Erste Versuche, bei denen hochmolekulare

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Verbindungen (MG ca. 20000) aufgebaut wurden, zeigten, daD unvernetzte, mit Uretdiongruppen modifizierte Polyesterurethane kautschukelastische Ei- genschaften besitzen. Selbst glasharte, sprode, gut mahlbare Polyester verlieren diese fur EPS-Pulver unerlaolichen Eigenschaften, wenn man Polyurethane mit groDen Molekulargewichten aufbaut.

Unverzweigte Polyester, die zum Aufbau von uretdiongruppenhaltigen Po- lyurethanen verwendet wurden, zeigten nach ,,Linearvernetzung" schlechte mechanische und chemische Lackeigenschaften.

Stark verzweigte Polyester konnen in der Schmelze rnit uretdiongruppenhal- tigen Polyisocyanaten nicht umgesetzt werden, da vorzeitige Vernetzung auf- tritt.

Die breite experimentelle Bearbeitung dieses Gebietes zeigte, dal3 man fur die Synthese selbstvernetzender Polyurethanpulver Polyester rnit mittleren Molekulargewichten von ca. 3000-5000 verwenden muD. Eine mittlere OH- Funktionalitat von 4 ergibt die besten Eigenschaftsbilder der synthetisierten Pulver und der daraus gebildeten Lacke. Daruber hinaus wurde deutlich, dal3 sich bifunktionelle Polyester rnit uretdiongruppenhaltigen Diisocyanaten in der Schmelze und in einem Losungsmittel miteinander umsetzen lassen, ohne daD nennenswerte Kettenverlangerung zu hochmolekularen Verbindungen eintritt. Die Prapolymeren, die neben dem im Uretdion latenten NCO noch freies NCO aufweisen, werden anschlieI3end durch Reaktion rnit Trimethylol- propan zu Produkten rnit einer mittleren OH-Funktionalitat von 4 umgesetzt.

Im einzelnen hat sich folgender Syntheseweg zum Aufbau selbstvernetzender EPS-Pulver als reproduzierbar erwiesen', der in folgendem Schema dargestellt ist :

on oy

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Polyuretdionpolyurethane

500 Teile eines linearen Polyesters aus Phthalsaure und Athylenglykol der OH-Zahl 56 werden wahrend 30min bei 130°C im Wasserstrahlvakuum entwassert. Man kiihlt anschlieBend auf 110°C ab und fugt 169,3 Teile einer niederviskosen Uretdiongruppen enthaltenden Polyisocyanatmischung zu, die zu 67 Gew.- % aus dimerem Hexamethylendi- isocyanat und zu 33 Gew.-% aus Tris-isocyanatohexylisocyanurat besteht. Der Isocyanat- Gehalt dieser Mischung liegt bei 24,92 Gew.- %. Das Reaktionsgemisch wird zur Durchfuh- rung und Beendigung der Prapolymerbildung 25 min bei 110°C gehalten. Hierauf werden 67 Teile Trimethylolpropan eingeriihrt. Das Polyadditionsprodukt wird nun auf ein Metallblech gegossen und 2 h auf 110°C nachgeheizt. Es resultiert ein springhartes, leicht pulverisierbares Harz, das fur die Herstellung harter, glanzender, lichtechter Filme geeignet ist.

Das Uretdiongruppen enthaltende Polyadditionsprodukt wird durch folgende Kennzah- len charakterisiert : Durchschnittsmolekulargewicht 2950 Mittlere OH-Funktionalitat 3,99 Gehalt an Uretdiongruppen 3,83 Gew.-% Gehalt an Hydroxylgruppen 2,3 Gew.-%

5 . Synthese uon Pol~~urerdion-Polyurethanen

Abspalterfreie Reaktivpulver als Vernetzer fur Zweikomponenten EPS-Pul- verlacke lassen sich nach einem ahnlichen Reaktionsschema wie oben be- schrieben auch aus uretdiongruppenhaltigen Pol yisocyanaten und niedermole- kularen Diolen herstellen.

Die Reaktion von dimerem Toluylendiisocyanat (@Desmodur TT) mit nieder- molekularen Diolen - wie Neopent ylglykol, Hexandiol, Oktandiol, und beson- ders bevorzugt 2-Athylhexandiol-l,3 - im Verhaltnis 4: 5 la& sich im Losungs- mittel Toluol bei 90-100 "C vorzuglich durchfuhren. Die Reaktionsprodukte kristallisieren beim Abkuhlen aus der Toluollosung aus. Im folgenden ist das Reaktionsschema gezeigt :

0

t i & Q N = ) N a C H ,

OCN 0 NCO +

0 0 0 0

EPS-MRFAHREN. bei Einbrennbedinounoen

1 2 O=C=N-R-OH + 3 O-C=Nd-N=C=O

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Die Schmelzpunkte und Aufspalttemperaturen der aromatischen Polyuret- dion-Polyurethanpulver sind indessen sehr hoch (200-250°C). Es ist auffallend, daB die Schmelzpunkte und Aufspalttemperaturen von aromatischen Polyuret- dion-Polyurethanen weit oberhalb des Schmelzpunktes von 'Desmodur TT liegen. Sterische Abschirmung der Uretdionringe sowie die zwischenmolekula- ren Krafte der gehauft und regelmaDig angeordneten aromatischen Ringe als auch die Haufung der Urethangruppen durften die Ursache dieses Phano- mens sein. Aus anwendungstechnischen Grunden wurde versucht, die Schmelz- punkte der aromatischen Polyuretdion-Polyurethane zu senken. Allein durch Variation der Diolkomponente konnte dieses Ziel nicht erreicht werden. Selbst aliphatische Seitengruppen in den zum Aufbau der Polyuretdion-Polyurethane verwendeten Diolen zeigten nur geringfiugige Verbesserungen.

Ersetzt man hingegen beim Aufbau der Polyuretdion-Polyurethane einen kleinen Teil des ODesmodur TT durch monomeres Toluylendiisocyanat ('Des- modur TI oo), so erhalt man erheblich niedriger schmelzende Polyurethan-Poly- urethane. Der ,,Storeffekt" des eingebauten T oo bewirkt gleichzeitig eine wesentlich bessere Vertraglichkeit der Polyuretdion-Polyurethanvernetzer mit Pol yestern.

Die Beobachtung, daD 'Desmodur TI oo als ,,Storkomponente" zum Aufbau von @Desmodur TT-haltigen Polyuretdion-Polyurethanvernetzern geeignet ist, fuhrt zu einem einfachen Eintopf-Verfahren der Herstellung von Polyuret- dion-Polyurethanens.

@Desmodur Tloo laOt sich in Toluol durch Zugabe von Tri-n-butylphosphin bei 20°C innerhalb von 2-3 h soweit dimerisieren, daD sich dabei ein NCO-Ge- halt det Isocyanatmischungvon 30 bis 31 % NCO einstellt. Bei gleichbleibender Temperaturfuhrung andert sich der NCO-Gehalt der Mischung auch nach langeren Reaktionszeiten nur noch unwesentlich. Durch anschlieBende Zugabe von Schwefel wird der Dimerisierungskatal ysator unter Phosphinsulfidbildung desaktiviert.

Erhitzt man nach Schwefelzugabe das Gemisch auf 90-10O0C, so erhalt man eine klare Losung, ohne da13 sich dabei der NCO-Gehalt der Mischung noch andert - obwohl in der Losung dimeres und monomeres Toluylendiiso- cyanat gleichzeitig vorliegen. Bei dieser Temperatur gibt man die Diolkompo-

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nente zum Reaktionsansatz hinzu. Nach erfolgter Polyaddition kristallisiert das

beim Abkuhlen aus der Toluollosung aus. Technisch lyurethan durch Spruhtrocknung gewonnen.

Pol yuretdion-Polyurethan wird das Polyuretdion-Po-

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Polyuretdion polyurethane

Das Eintopfverfahren ist in weiten Grenzen variierbar. Durch geeignete Wahl und Kombination der Ausgangsdiisocyanate sowie der Hydroxylverbin- dungen konnen auf diese Weise Polyuretdion-Polyurethane als abspalterfreie Vernetzer fur die verschiedensten Anwendungsbereiche mit unterschiedlichen Eigenschaften erhalten werden.

6. Herstellung eines fertigen Pulverlacks'

Bei den im folgenden beschriebenen Herstellungsverfahren handelt es sich um Labor- entwicklungen; eine technische Nutzung der Produkte ist bisher nicht realisiert.

31 3,2 Teile 2,4-Toluylendiisocyanat werden in 1 300 Teilen andestilliertem Toluol gelost. Bei 5-7°C fugt man der Mischung 7,2 Teile Tri-n-butyl-phosphin zu. Bereits nach kurzer Zeit beginnt sich das Dimerisierungsprodukt kristallin abzuscheiden. Nach 1,5 h ist der NCO-Wert (freies NCO) von anfanglich 48,3% auf 29,6% abgefallen. Nach 3,5h betragt der NCO-Wert (freies NCO) 26,6 %. Nun desaktiviert man den Dimerisierungska- talysator durch Einriihren von 22,8 Teilen wanner IOproz. Schwefellosung in Toluol und setzt dem Ansatz 33,6 Teile Hexamethylendiisocyanat als zusatzliche Storkomponente hinzu. Danach betragt der NCO-Gehalt der Mischung 28,7%. Die Mischung wird unter Riihren auf 90°C erhitzt; man erhalt eine klare Losung. Auch bei dieser vorgenannten Temperaturfuhrung andert sich der NCO-Gehalt (freies NCO) nicht mehr, obwohl irn Reaktionsgemisch Uretdiondiisocyanat und freies Diisocyanat nebeneinander vorliegen. Nun fugt man der Mischung 0,3 Teile Benzoylchlorid und 1943 Teile 2-khylhexandiol-l,3 in einem Gui3 zu. Die Reaktionsmischung wird anschliel3end 3h bei 90°C geruhrt. Danach ist freies NCO nicht mehr IR-spektroskopisch nachweisbar. Man 1aDt abkiihlen. Dabei kristallisiert das Polyuretdion-Polyurethan aus der Toluollosung aus. Der Kristall- brei wird auf Bleche verteilt und an der Luft getrocknet. Man erhalt ein mehlfeines, frei- fliekndes Pulver vom Schmp. 160-163 "C. Das mittlere Molekulargewicht des Polyuret- dion-Polyurethans betragt 3 650. Das Polyuretdion-Polyurethan besitzt 10,3 % im Uret- dionanteil gebundenes, latentes NCO. (Die endstandigen OH-Gruppen sind hierbei vom Gesamt-Uretdiongehalt des Polyuretdion-Polyurethans abgezogen.)

34 Teile dieses Polyuretdion-Polyurethans werden mit 100 Teilen eines verzweigten Terephthalatpolyesters, der eine OH-Zahl von 50 besitzt, zusarnmen mit Titandioxid als Pigment in feinteiliger Form vorgemischt.

Als Verlaufshilfsmittel wird ein Copolymeres von Butylacrylat und 2-Athylhexylacrylat verwandt. Eingearbeitet wird das Verlaufsmittel in Form eines sog. Master-batches, d. h. es werden 100 Teile des Polyesters mit 10 Teilen des Verlaufshilfsmittels verschmolzen und nach dem Erstarren zerkleinert.

Die Homogenisierung erfolgt auf einem 2-welligen, selbstreinigenden Extruder. Die Manteltemperatur wird so gewahlt, daD die Austrittstemperatur der Schmelze bei ca. 125 "C liegt. Der Schmelzkuchen wird iiber eine kontinuierlich arbeitende Quetsch- und Kiihleinrichtung schnell abgekiihlt. Nach dem Erkalten auf Temperaturen von 20-30 "C wird erst grob vorgemahlen und hierauf eine Feinmahlung unter Geblasekuhlung durchgefiihrt. Das anfallende feinteilige Pulver wird schlieDlich durch Windsichten oder

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durch mechanisches Sieben von groberen Anteilen oberhalb einer Teilchengrok von ca. 90 pm befreit.

AnschlieDend erfolgt Applikation dieses so erhaltenen Pulverlackes iiber eine elektrosta- tische Spriiheinrichtung.

Die gewahlten Spannungen konnen - bezogen auf das Werkstiick - positiv oder negativ gewahlt werden und konnen im Bereich zwischen ca. 20 und to0 kV liegen.

Zur Erhaltung homogener, gut verlaufender und mechanisch einwandfreier Filme erfolgt ein Aufschmelzen und Ausharten im Einbrennofen im Temperaturbereich zwischen 16Ck220"C. Tab. 4 zeigt die Eigenschaften einer Lackierung auf Basis eines derartigen Pulverlackes* :

Tab. 4. Eigenschaften eines Polyuretdion-Polyurethan-Pulverlacks.

Hartungsbedingungen 30 min 180°C 10 min 200°C

Erichsen Tiefung nach DIN 53 156

9 mm bis BlechriD

Konischer Dorn nach 81 % 87% ASTM D 522-41 Gitterschnitt nach 0 0 DIN 53 151 Bleistiftharte nach 3H 3H DIN 46450 Verlauf sehr gut sehr gut Reverse Impact (inchlpound) > 80 > 80 Glanz 20" -85% 80% Korrosionsfestigkeit nach 400h/3 mm 400h/3 mm DIN 53167

Die Abschnitte 5 und 6 beschreiben die Synthese und Verwendung von aromatische Uretdiongruppen enthaltenden Polyurethanen. Die iiber aroma- tische Isocyanate vernetzten Polyurethanlackierungen sind fur hellpigmentierte AuDenanwendungen wenig geeignet, da sie unter der Einwirkung des Sonnen- lichtes leicht vergilben. Hingegen sind aliphatische Uretdiongruppen enthalten- de Polyisocyanate zur Herstellung von lichtechten Polyurethan-Pulverlackie- rungen geeignet.

7. Lichtechte Polyuretdion-Polyurethane

Ausgangsprodukt zur Herstellung von lichtechten Polyuretdion-Polyure- thanen ist das oben beschriebene Uretdion/Isocyanurat-Gemisch des Hexa-

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Polyuretdionpolyurethane

methylendiisocyanats (A). Bei der Synthese der aliphatischen Polyuretdion-Po- lyadditionsprodukte ist es wichtig, Monoalkohole mitzuverwenden, um vorzei- tige Vernetzung zu vermeiden. Da diese Kettenabbrecher die mittlere Funktio- nalitat des Uretdion/Isocyanurat-Gemisches auf den Wert zwei herabsetzen, ist es moglich, lichtechte Polyuretdion-Polyadditionsprodukte herzustellen. Bei Verwendung des gut kristallisierenden 1,4-Bis-(2-hydroxydthoxy)-benzols erhalt man leicht pulverisierbare Polyuretdion-Polyurethane.

Die aliphatischen Polyuretdion-Polyurethane konnen ebenfalls mit verzweig- ten Terephthalatpolyestern zu hochglanzenden, elastischen, lichtechten und extrem wetterfesten Lackuberziigen ausgehartet werden*.

8. Polyuretdion-Polyurethane mit blockierten Endgruppen'

8.1 Niedermolekulare Vernetzer

Abspalterfreie pulvrige Polyuretdion-Polyurethanvernetzer, deren Herstel- lungsweise und deren Eigenschaften in dieser Arbeit beschrieben sind, enthalten 8-12 % latente NCO-Gruppen, welche beim Erhitzen unter Uretdionringoff- nung freigelegt werden und dann fur Diisocyanat-Polyadditionsreaktionen zur Verfugung stehen. Polyuretdion-Polyurethane, deren endstandige NCO-Gruppen mit Blockie-

rungsmitteln verschlossen sind, stellen einen neuen Typ abspalterarmer Ver- netzer dar. Diese nicht funktionellen Verbindungen besitzen 15-29 % an ver- kapptem Gesamt-NCO und sind als abspalterarme Reaktivsysteme mit hohem latenten NCO-Gehalt fur Pulverlackformulierungen anwendungstechnisch hervorragend geeignet.

Die beschriebenen Synthesebedingungen lassen sich auf die Synthese end- standig blockierter Polyuretdion-Polyurethane ubertragen.

So kann man die freien NCO-Gruppen des @Desmodur TT im Losungsmittel Toluol bei 100°C mit Caprolactam, Butanonoxim und Kresol ohne nennens- werte Uretdionringoffnung umsetzen.

Die Bis-Addukte kristallisieren bereits nach .der Bildung aus der heiI3en Toluollosung als filtrierbare Pulver aus. Je nach den angewandten Mengenver- haltnissen zwischen dem Uretdiondiisocyanat und der Verkappungskompo- nente erhalt man Verbindungen, in denen beide oder auch nur eine der freien Isocyanatgruppen des 'Desmodur TT blockiert sind, wie das folgende Formelschema zeigt :

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P. Muller, K. Wagner, R. Muller und B. Quiring

-C-HN . - 0

n

Auch das im Abschnitt 5 beschriebene ,,in situ" Verfahren kann auf die Synthese endstandig blockierter Uretdiondiisocyanate ubertragen werden.

8.2 Hohermolekulare Vernetzer

Uretdiondiisocyanate lassen sich (gemal3 Abschnitt 5 ) in Toluol oder Xylol durch Zugabe von Diolen auch in der Weise umsetzen, dal3 hohermolekulare Polyuretdion-Polyurethane mit endstandigen NCO-Gruppen erhalten werden. Dies ist in folgendem Schema dargestellt :

0

H ~ Q N $ NQCH~ + HO-R-OH

OCN 0 NCO

0

0

n=Obis6

Die freien NCO-Gruppen der Polyuretdion-Polyurethane werden anschliel3end durch Zugabe von E-Caprolactam abgeblockt. Bei diesem Syntheseweg lassen sich, je nach Wahl der verkniipfenden Diole, endstandig blockierte Polyuret- dion-Polyurethane aufbauen, die neben blockierten Endgruppen zwei bis acht Uretdionringe im Molekul enthalten. Analog la& sich das Polyisocyanatge-

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Polyuretdionpolyurethanr

misch aus dimerem und trimerem Hexamethylendiisocyanat (A) zu isocyanat- freien, lichtechten, endstandig blockierten Polyuretdion-Polyurethan-Vernet- zern umsetzen. Gerade bei diesen auf Basis von Hexamethylendiisocyanat aufgebauten Vernetzern kann man durch die Wahl des verknupfenden Diols die Eigenschaften des, Endproduktes bemerkenswert gut steuern. Wahlt man Butandiol-I ,4 als verknupfendes Diol und t:-Caprolactam als Blockierungsmit- tel, so erhalt man ein harzartiges, leicht losliches Endprodukt. Verwendet man aber gut kristallisierende Diole wie beispielsweise 1,4-Bis-(2-hydroxy-ath- oxy)-benzol, so entstehen sprode, gut mahlbare Harze, welche wiederum als Vernetzer fiir lichtechte Pulverlacke anwendungstechnisch interessant sind.

Die Reaktionen mit dem Polyisocyanatgemisch (A) lassen sich sowohl in Losung als auch in der Schmelze durchfihren.

9. Reaktionsweisen endstandig blockierter Uretdiondiisocyanate und endstandig blockierter Polyuretdion-Polyurethane

9.1 Monoaddukte

Die Reaktion von dimerem Toluylendiisocyanat mit 1 mol 6-Caprolactam liefert in toluolischer Losung im wesentlichen monoblockiertes @Desmodur TT :

Das Monoaddukt verhalt sich bei Additionsreaktionen unter milden Bedingun- gen (< 120°C) wie ein Monoisocyanat. So lassen sich mit der freien Isocyanat- gruppe Additionsreaktionen durchfuhren, wahrend der Uretdionvierring und das endstandig blockierte NCO erst bei hoherer Temperatur (160-1 80 "C) die Isocyanatgruppen freigeben. Nach Reaktion der freien NCO-Gruppe mit verzweigten Polyestern werden selbstvernetzende Harze erhalten :

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P. Miiller, K. Wagner, R. Miiller und B. Quiring

OH H O ~ O H + cm) -

OH

OH A OH = vermeigter Terephmalabwfyester

Das im Formel bild idealisiert wiedergegebene selbstvernetzende Polyadditions- produkt besitzt beispielsweise 2 latente und 1 blockierte NCO-Gruppe und 3 freie Hydroxylgruppen.

9.2 Bisaddukte

Addiert man zwei Molekule 8-Caprolactam an 1 mol @Desmodur TT, so erhalt man das Addukt IV:

Dieses enthalt 14,65% latentes und 14,65% blockiertes NCO, so dal3 der Vernetzer insgesamt 29,3 % NCO aufweist. Das kristalline Addukt schmilzt bei 1 85-1 90 "C unter Uretdionringoffnung zu einer klaren, niederviskosen Flussigkeit. Nach Abkuhlen der Schmelze entsteht ein zahviskoses Addukt der Konstitution V:

Dieses Monoaddukt V ist ein halbseitig blockiertes Toluylendiisocyanat, bei dem die reaktivere NCO-Gruppe in 4-Stellung freiliegt, wahrend die weniger reaktive NCO-Gruppe des Toluylen-2,4-diisocyanats durch 8-Caprolactam blockiert ist. Das IR-Spektrum dieser Verbindung weist bei 2 230 cm- ' die NCO-Bande auf, wahrend die Uretdionringbande bei 1 780 cm- erwartungs- gemal3 nach dem Aufschmelzen vollkommen verschwunden ist.

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Polyuretdionpolyurethane

Das Verkappungsmittel, in diesem Falle E-Caprolactam, spaltet sich ohne Reaktionspartner auch bei 200-220°C nicht ab. Der Abspaltereffekt kommt offenbar nach neueren Untersuchungen erst dadurch zustande, da13 gleichzeitig angebotene nicht fliichtige Zerewitinow-aktive Verbindungen den Abspalter von der Isocyanatgruppe nukleophil verdrangen.

Das Bis-Addukt IV ist als abspalterarmer Vernetzer mit hohem NCO-Gehalt im Gemisch mit verzweigten Terephthalsaurepolyestern ebenfalls zur Herstel- lung von elektrostatisch aufspruhbaren Pulverlacksystemen geeignet.

' A. W. Hofmann, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 4 (1871) 246 A. Farkas, G.-A. Mills, Catalytic Effects in Isocyanate Reactions, Advances in Catalysis, Vol. 13 (1962) 393 0. Bayer, Angew. Chem. 59 (1947) 257 R. B. Woodward, R. Hoffmann, Angew. Chem. 81 (1969) 797 H.-F. Piepenbrink in Houben-Weyl-Muller, Methoden der organischen Chemie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, Bd. 8, 1952, S. 222 K. W. Kriiger, Bayer AG, unveroffentlicht

' DOS 2312391 (1973), Bayer AG, Erf.: B. Quiring, K. Wagner, R. Muller, P. Muller * DOS 2420475 (1974), Bayer AG, Erf.: P. Muller, K. Wagner, R. Muller

DOS 2502934 (1975), Bayer AG, Erf.: P. Muller, K. Wagner, R. Muller

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