1
REGION 3 ZÜRICHSEE-ZEITUNG OBERSEE DIENSTAG, 17. APRIL 2012 Muslime wollen separate Gräber – Gemeinden sind skeptisch BESTATTUNG. Das St. Galler Friedhofgesetz soll künftig eigene Grabfelder für Verstorbene anderer Religionen ermöglichen. Mit die- sem Anliegen sind Muslime an den Kanton gelangt. Kommt die Vor- lage durch, liegt der Ball bei den Gemeinden. Im Linthgebiet sind diese noch zurückhaltend bis kritisch. RAMONA KRIESE Noch vor einem Jahr schlug die Vorlage im Kantonsparlament hohe Wellen: Ins- besondere bürgerliche Parteien hielten nicht viel von separaten Grabfeldern für Muslime, wiesen den umstrittenen Arti- kel in der Friedhofverfassung entschie- den zurück. Jetzt, gut ein Jahr später, wird die Vorlage erneut diskutiert. Der Kanton ging über die Bücher, suchte das Gespräch mit den Gemeinden. Bei einem Ja haben diese neu die Kom- petenz, separate Grabfelder innerhalb bestehender Friedhöfe zu errichten – sofern das Bedürfnis besteht. Doch wie ist überhaupt die gängige Praxis? In Rapperswil-Jona werden vie- le Muslime nach ihrem Tod in ihr Hei- matland überführt. Das betreffe einen Grossteil der verstorbenen Muslime, weiss Mediensprecher Hansjörg Golde- ner. Zahlen dazu gibt es allerdings keine. Der andere Teil der Muslime akzeptiert als einzige Alternative eine christliche Erdbestattung. Konkrete Nachfragen nach einer islamischen Beerdigung, die insbesondere eine Ausrichtung nach Mekka bedingen würde (siehe Kasten), sind bei der Stadt bisher keine eingegan- gen. Das bedeute aber nicht, dass auch kein Bedürfnis vorhanden sei, wagt Gol- dener zu bedenken. Denn: «Wo kein An- gebot bekannt ist, da fragt auch keiner nach.» Der Anteil der Bürger anderer Kon- fessionen beträgt in Rapperswil-Jona 28 Prozent; hiervon sterben pro Jahr etwa 20 Personen. Grundsätzlich stehe man der Vorlage offen gegenüber, sagt Goldener. Trotz- dem wolle man erst abwarten, ob die Vorlage durchkomme. Wie eine mögliche Umsetzung in Rapperswil-Jona aussehen könnte, sei noch unklar. «Ist das gerechtfertigt?» In Schmerikon will der Gemeinderat erst prüfen, ob das Bedürfnis nach getrenn- ten Grabfeldern vorhanden sei. Ob allein der relativ grosse Ausländeranteil dies rechtfertige, sei fraglich, sagt Gemeinde- präsident Félix Brunschwiler. Er weiss von einigen Schmerkner Muslimen, die sich mit einer gewöhlichen Erdbestat- tung zufriedengaben – also auf dem ge- meindeeigenen Friedhof, neben Verstor- benen mit christlichem Glauben. «Es ist fraglich, ob ein solches Angebot sinnvoll ist», sagt auch Eschenbachs Gemeinde- präsident Josef Blöchlinger. Er spricht ein mögliches Platzproblem an, wie es gerade auf kleineren Friedhöfen in länd- lichen Gemeinden der Fall sein könne. Es sei auch eine Kostenfrage: «Das könn- te viel Geld verschlingen.» In Eschen- bach machen die 107 Türken einen Grossteil der Muslime aus. «Womöglich würde die Umsetzung an einem zentra- len Ort der Region genügen – etwa in Rapperswil-Jona.» In Uznach hat sich der Gemeinderat noch nicht mit der Vorlage befasst. Man möchte darüber befinden, wenn klar ist, ob diese im Kantonsrat eine Mehrheit findet, sagt Gemeindepräsident Erwin Camenisch. «Integration über Tod hinaus» An den Kanton geraten ist die Anfrage von Kirchenvertretern sowie der Dach- organisation islamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liech- tenstein (Digo). «Muslime wenden sich schon seit Jahren an uns und fragen nach Möglichkeiten für eine islamische Be- stattung», sagt Präsident Hisham Maizar. Gerade Muslime der zweiten und dritten Generation seien stark mit ihrer Wohn- gemeinde verwurzelt: Sie wünschen sich, dass verstorbene Eltern oder Verwandte in ihrer Nähe beigesetzt werden – und nicht etwa, dass sie in ihr Heimatland re- patriiert werden. Dies sei nicht nur sehr aufwändig, son- dern auch teuer: Kosten von 10 000 bis 15 000 Franken sind damit verbunden. Ausserdem gehe Integration über den Tod hinaus. Für viele Muslime komme eine Rückführung des Leichnams in die Heimat je länger, je mehr nicht in Frage. Als Alternative bleibt ihnen einzig, sich – entgegen islamischer Regeln – neben Verstorbenen anderer Konfessionen be- statten zu lassen. Mit beiden Varianten sind die Angehörigen nicht wirklich glücklich, sagt Maizar. Nur eine eigene Abteilung innerhalb eines Friedhofs ma- che eine würdige Bestattung nach islami- schem Glauben möglich. Eigene Grab- felder oder islamische Friedhöfe gibt es in der Schweiz bisher in grösseren Städ- ten wie Zürich, Luzern, Winterthur, Genf oder Lugano. Auf dem muslimischen Friedhof in Lugano ist alles nach Mekka ausgerichtet. Bild: key Bestattungen im Islam Im Islam ist die Erdbestattung die ein- zig erlaubte Art der Beisetzung. Dazu gehört als Erstes die rituelle Waschung des Leichnams. Dies kann in der Lei- chenhalle oder im Spital stattfinden. Zentral ist zudem die Ausrichtung des Leichnams nach Mekka (Ort des Glaubens). Die Beerdigung erfolgt im Idealfall auf einem Grabfeld für Mus- lime oder auf einem islamischen Fried- hof. Dabei geht es vor allem darum, dass Spiritualität und Ritualität er- möglicht werden, erklärt Hisham Mai- zar, Präsident der Dachorganisation is- lamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liechtenstein. Ferner verweist er auf die Einhül- lung des Leichnams in Tücher. In der Regel wird der Dahingeschiedene oh- ne Sarg bestattet, um den Verwesungs- vorgang zu beschleunigen. In nicht- islamischen Ländern ist es den Musli- men jedoch gestattet, Verstorbene in einem einfachen Sarg beizusetzen. «Als hier lebende Muslime möchten wir dem Staat und seinen Auflagen entgegenkommen», erklärt Maizar. Die zu Unrecht verbreitete Annahme, Muslime wollten nur in «reiner Erde» begraben werden (an einem Ort, an dem keine Menschen andern Glau- bens ruhten), weist er entschieden zu- rück. Dies sei eine extremistische Posi- tion und habe nichts mit einem gemäs- sigten Islam der Mitte zu tun, für den seine Organisationen stehen. Auch in puncto «ewige Grabesruhe» seien die hier lebenden Muslime zu einem Kom- promiss bereit: «Schön wäre es, wenn man die sterblichen Überreste nach 20 oder 25 Jahren in einer speziellen Ecke des Friedhofes belassen könnte.» Vor der Beisetzung kommt es schliesslich zu einem rituellen Gebet. (rkr) Das sagen die Parteien Der Vorlage für getrennte Grabfelder stehen viele Parteien positiv gegen- über: Unterstützung erhalten die Mus- lime etwa von der SP, GLP und UGS. Die Glaubensfreiheit schliesse auch den Beerdigungsritus mit ein, sagt Hanspeter Raetzo, Präsident der SP Rapperswil-Jona. «Ich sehe keinen Grund, der gegen die Vorlage spricht. Was stört es uns, Menschen aus ande- ren Religionen etwas entgegenzukom- men?» Dem schliesst sich Nils Rickert von der GLP an. Er betont jedoch, dass man bei der Umsetzung eine ge- wisse Sensibilität beachten müsse: zum Beispiel mit einer übersichtlichen räumlichen Distanz zu den anderen Gräbern. Und Marco Fäh, Präsident der UGS Linth, könnte sich eine Um- setzung eher in grösseren Gemeinden oder der Stadt Rapperswil-Jona vor- stellen. Die CVP steht der Vorlage grund- sätzlich offen gegenüber, knüpft ihre Unterstützung jedoch an Bedingun- gen: So müssten die Muslime auf die «ewige Grabesruhe» verzichten – es sei denn, sie nehmen die Mehrfachbe- legung eines Grabes in Kauf. Für den Fall, dass rituelle Räume erwünscht sind, müssten die betroffenen Reli- gionsgemeinschaften selber für die Kosten aufkommen oder bereits be- stehende Räume nutzen. Als dritten Punkt führt Yvonne Suter, Präsidentin der CVP Linth, die «reine Erde» auf, von der sich islamische Organisatio- nen jedoch klar distanzieren (siehe Kasten rechts). Leicht kritisch stehen FDP und SVP der Vorlage gegenüber. Sonderrege- lungen für einzelne Religionen be- fürworte man eher nicht, sagt FDP- Präsident Marc Hanslin. Und SVP- Präsident Raphael Weber betont, man müsse sich zuerst genau über die Vor- stellungen der Muslime informieren. Ansonsten habe die SVP durchaus Verständnis für den Wunsch der Mus- lime. (rkr) LEBEN IN CHINA VON TANYA KÖNIG Prepaid Gas I n China funk- tioniert alles anders – oder gar nicht. Wie kürzlich das Kochgas. Meine Mitbewohne- rin schimpft, sie könne keine Pasta kochen. Nichts gehe. Das Feuer am Herd lodere kurz auf und verginge gleich wieder. Ich versuche, sie zu beru- higen. In Peking müsse man die Gas- karte bei der Bank of Beijing laden und zuhause durch den Zähler ziehen. Dann fliesst das Gas, bis der Zähler bei null ist. Genauso funk- tioniert es mit dem Strom – alles Prepaid. W ir gehen also zur Bank. Der Sicherheitsbeamte am Ein- gang erklärt uns, dass wir die Karte auch am Automaten aufladen kön- nen und uns die Schlange für den Schalterservice so erspart bliebe. Be- geistert stehen wir vor dem Auto- maten, verstehen jedoch kein Schriftzeichen. Er – sichtlich stolz, uns helfen zu können – nimmt die Karte und lässt sie durch den Auto- maten, drückt irgendwelche Knöpfe und bittet mich zu zahlen. Doch es funktioniert nicht. Nach einem zwei- ten Versuch meint er, der Automat scheine kaputt zu sein. Wir müssen doch anstehen. Zuhause schiebe ich die Karte durch den Zähler, meine Mitbewoh- nerin macht den Herd an. Eine Flamme flackert auf, doch unsere Freude ist – wie die Flamme – von kurzer Dauer. «Restgas», meint unser Mitbewohner. Wir versuchen es noch ein paar Mal, bis wir auf die Idee kommen, die Batterien auszu- tauschen. Aber auch das hilft nichts. M ittlerweile sind meine Mitbe- wohner in die Schweiz zurück- gekehrt, und ich sitze noch immer ohne Gas zuhause. Meine chine- sisch-deutsche Nachbarin Ziyi hilft mir und ruft die Gasfirma an. «Mor- gen um 9 Uhr kommt ein Mechani- ker vorbei», sagt sie. «Er hat gefragt, ob du die Batterien ausgetauscht hättest.» – «Ja», antworte ich. – «Gut, ich glaube, die kommen näm- lich nicht so gerne.» Am nächsten Tag stelle ich den Wecker auf 8.30 Uhr, obwohl ich bis Mittag hätte schlafen können. Ich warte. Keiner erscheint. Gegen 12 Uhr knurrt mein Magen; doch ich traue mich nicht aus dem Haus, ich könnte den Mechaniker verpassen. Um 13 Uhr rufe ich Ziyi an und be- klage mich, dass der Gas-Mann noch nicht erschienen sei. Sie ruft die Gas- firma an und schimpft, man lasse die Leute nicht warten. Das sei respekt- los! Später schreibt sie mir, er kom- me gegen 19 Uhr. Ich bin verärgert und erleichtert zugleich. Nun kann ich mir wenigstens etwas zum Essen holen. K urz nach 19 Uhr klopft es an der Tür, ein sympathischer Chi- nese tritt ein und schaut sich den Kasten an. Er bittet mich um die Karte, schiebt sie durch den Zähler und zündet den Herd an. Die Flam- me geht auf – sie bleibt. Bis ich ka- piert habe, wieso es funktioniert, ist er bereits verschwunden. Ich schäme mich. Ich hätte nach dem Austau- schen der Batterien die Karte noch- mals durch den Zähler schieben müssen. Manchmal muss man halt den komplizierten Weg gehen, um das Einfache zu begreifen. Tanya König (24) lebt seit August in Peking, wo sie im Rahmen ihres Sinologie-Studiums an der Universität Zürich Chinesisch lernt. Das Ende ihrer Kolumne kann man auf www.you- tube.com/cosmotay anschauen. Mehr über sie auf http://about.me/tanyayuan

Prepaid Gas

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Eine Kolumne über meinen Alltag in Peking.

Citation preview

Page 1: Prepaid Gas

REGION 3 ZÜRICHSEE-ZEITUNG OBERSEEDIENSTAG, 17. APRIL 2012

Muslime wollen separate Gräber – Gemeinden sind skeptisch

BESTATTUNG. Das St. Galler Friedhofgesetz soll künftig eigene Grabfelder für Verstorbene anderer Religionen ermöglichen. Mit die­sem Anliegen sind Mus lime an den Kanton gelangt. Kommt die Vor­lage durch, liegt der Ball bei den Gemeinden. Im Linth gebiet sind diese noch zurückhaltend bis kritisch.

RAMONA KRIESE

Noch vor einem Jahr schlug die Vorlage im Kantonsparlament hohe Wellen: Ins­besondere bürgerliche Parteien hielten nicht viel von separaten Grabfeldern für Muslime, wiesen den umstrittenen Arti­kel in der Friedhofverfassung entschie­den zurück. Jetzt, gut ein Jahr später, wird die Vorlage erneut diskutiert. Der Kanton ging über die Bücher, suchte das Gespräch mit den Gemeinden. Bei einem Ja haben diese neu die Kom­petenz, separate Grabfelder innerhalb bestehender Friedhöfe zu errichten – sofern das Bedürfnis besteht.

Doch wie ist überhaupt die gängige Praxis? In Rapperswil­Jona werden vie­le Muslime nach ihrem Tod in ihr Hei­matland überführt. Das betreffe einen Grossteil der verstorbenen Mus lime, weiss Mediensprecher Hansjörg Golde­ner. Zahlen dazu gibt es allerdings keine. Der andere Teil der Muslime akzeptiert als einzige Alternative eine christliche Erdbestattung. Konkrete Nach fragen nach einer islamischen Beerdigung, die insbesondere eine Aus richtung nach Mekka bedingen würde (siehe Kasten), sind bei der Stadt bisher keine eingegan­gen. Das bedeute aber nicht, dass auch kein Bedürfnis vorhanden sei, wagt Gol­dener zu bedenken. Denn: «Wo kein An­gebot bekannt ist, da fragt auch keiner nach.»

Der Anteil der Bürger anderer Kon­fessionen beträgt in Rapperswil­Jona 28 Prozent; hiervon sterben pro Jahr etwa 20 Personen.

Grundsätzlich stehe man der Vorlage offen gegenüber, sagt Goldener. Trotz­dem wolle man erst abwarten, ob die Vorlage durchkomme. Wie eine mögliche Umsetzung in Rapperswil­Jona aussehen könnte, sei noch unklar.

«Ist das gerechtfertigt?» In Schmerikon will der Gemeinderat erst prüfen, ob das Bedürfnis nach getrenn­ten Grabfeldern vorhanden sei. Ob allein der relativ grosse Ausländeranteil dies rechtfertige, sei fraglich, sagt Gemeinde­präsident Félix Brunsch wiler. Er weiss von einigen Schmerk ner Muslimen, die sich mit einer gewöhlichen Erdbestat­tung zufriedengaben – also auf dem ge­meindeeigenen Friedhof, neben Verstor­

benen mit christlichem Glauben. «Es ist fraglich, ob ein solches Angebot sinnvoll ist», sagt auch Eschenbachs Gemeinde­präsident Josef Blöchlinger. Er spricht ein mögliches Platzproblem an, wie es gerade auf kleineren Friedhöfen in länd­lichen Gemeinden der Fall sein könne. Es sei auch eine Kostenfrage: «Das könn­te viel Geld verschlingen.» In Eschen­bach machen die 107 Türken einen Grossteil der Muslime aus. «Womöglich würde die Umsetzung an einem zentra­len Ort der Region genügen – etwa in Rapperswil­Jona.»

In Uznach hat sich der Gemeinderat noch nicht mit der Vorlage befasst. Man möchte darüber befinden, wenn klar ist, ob diese im Kantonsrat eine Mehrheit findet, sagt Gemeindepräsident Erwin Camenisch.

«Integration über Tod hinaus» An den Kanton geraten ist die Anfrage von Kirchenvertretern sowie der Dach­organisation islamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liech­tenstein (Digo). «Muslime wenden sich schon seit Jahren an uns und fragen nach Möglichkeiten für eine islamische Be­stattung», sagt Präsident Hi sham Maizar. Gerade Muslime der zweiten und dritten Generation seien stark mit ihrer Wohn­gemeinde verwurzelt: Sie wünschen sich, dass verstorbene Eltern oder Verwandte in ihrer Nähe beigesetzt werden – und nicht etwa, dass sie in ihr Heimatland re­patriiert werden.

Dies sei nicht nur sehr aufwändig, son­dern auch teuer: Kosten von 10 000 bis 15 000 Franken sind damit verbunden. Ausserdem gehe Integration über den Tod hinaus. Für viele Muslime komme eine Rückführung des Leichnams in die Heimat je länger, je mehr nicht in Frage. Als Alternative bleibt ihnen einzig, sich – entgegen islamischer Regeln – neben Verstorbenen anderer Konfessionen be­statten zu lassen. Mit beiden Varianten sind die Angehörigen nicht wirklich glücklich, sagt Maizar. Nur eine eigene Abteilung innerhalb eines Friedhofs ma­che eine würdige Bestattung nach islami­schem Glauben möglich. Eigene Grab­felder oder islamische Fried höfe gibt es in der Schweiz bisher in grösseren Städ­ten wie Zürich, Luzern, Winterthur, Genf oder Lugano.

Auf dem muslimischen Friedhof in Lugano ist alles nach Mekka ausgerichtet. Bild: key

Bestattungen im IslamIm Islam ist die Erdbestattung die ein­zig erlaubte Art der Beisetzung. Dazu gehört als Erstes die rituelle Waschung des Leichnams. Dies kann in der Lei­chenhalle oder im Spital stattfinden. Zentral ist zudem die Ausrichtung des Leichnams nach Mekka (Ort des Glaubens). Die Beerdigung erfolgt im Idealfall auf einem Grabfeld für Mus­lime oder auf einem islamischen Fried­hof. Dabei geht es vor allem darum, dass Spiritualität und Ritualität er­möglicht werden, erklärt Hisham Mai­zar, Präsident der Dachorganisation is­lamischer Gemeinden der Ostschweiz und des Fürstentums Liechtenstein.

Ferner verweist er auf die Einhül­lung des Leichnams in Tücher. In der Regel wird der Dahingeschiedene oh­ne Sarg bestattet, um den Verwesungs­vorgang zu beschleunigen. In nicht­islamischen Ländern ist es den Musli­

men jedoch gestattet, Verstorbene in einem einfachen Sarg beizusetzen. «Als hier lebende Muslime möchten wir dem Staat und seinen Auflagen entgegenkommen», erklärt Maizar. Die zu Unrecht verbreitete Annahme, Muslime wollten nur in «reiner Erde» begraben werden (an einem Ort, an dem keine Menschen andern Glau­bens ruhten), weist er entschieden zu­rück. Dies sei eine extremistische Posi­tion und habe nichts mit einem gemäs­sigten Islam der Mitte zu tun, für den seine Organisationen stehen. Auch in puncto «ewige Grabesruhe» seien die hier lebenden Muslime zu einem Kom­promiss bereit: «Schön wäre es, wenn man die sterblichen Überreste nach 20 oder 25 Jahren in einer speziellen Ecke des Friedhofes belassen könnte.» Vor der Beisetzung kommt es schliesslich zu einem rituellen Gebet. (rkr)

Das sagen die Parteien Der Vorlage für getrennte Grabfelder stehen viele Parteien positiv gegen­über: Unterstützung erhalten die Mus­lime etwa von der SP, GLP und UGS.Die Glaubensfreiheit schliesse auch den Beerdigungsritus mit ein, sagt Hans peter Raetzo, Präsident der SP Rapperswil­Jona. «Ich sehe keinen Grund, der gegen die Vorlage spricht. Was stört es uns, Menschen aus ande­ren Religionen etwas entgegenzukom­men?» Dem schliesst sich Nils Rickert von der GLP an. Er betont jedoch, dass man bei der Umsetzung eine ge­wisse Sensibilität beachten müsse: zum Beispiel mit einer übersichtlichen räumlichen Distanz zu den anderen Gräbern. Und Marco Fäh, Präsident der UGS Linth, könnte sich eine Um­setzung eher in grösseren Gemeinden oder der Stadt Rapperswil­Jona vor­stellen.

Die CVP steht der Vorlage grund­sätzlich offen gegenüber, knüpft ihre Unterstützung jedoch an Bedingun­

gen: So müssten die Muslime auf die «ewige Grabesruhe» verzichten – es sei denn, sie nehmen die Mehrfachbe­legung eines Grabes in Kauf. Für den Fall, dass rituelle Räume erwünscht sind, müssten die betroffenen Reli­gionsgemeinschaften selber für die Kosten aufkommen oder bereits be­stehende Räume nutzen. Als dritten Punkt führt Yvonne Suter, Präsidentin der CVP Linth, die «reine Erde» auf, von der sich islamische Organisatio­nen jedoch klar distanzieren (siehe Kasten rechts).

Leicht kritisch stehen FDP und SVP der Vorlage gegenüber. Sonderrege­lungen für einzelne Religionen be­fürworte man eher nicht, sagt FDP­Präsident Marc Hanslin. Und SVP­Präsident Raphael Weber betont, man müsse sich zuerst genau über die Vor­stellungen der Muslime informieren. Ansonsten habe die SVP durchaus Verständnis für den Wunsch der Mus­lime. (rkr)

LEBEN IN CHINAVON TANYA KÖNIG

Prepaid Gas

In China funk­tioniert alles

anders – oder gar nicht. Wie kürzlich das Kochgas. Meine Mitbewohne ­ rin schimpft, sie könne keine Pasta kochen. Nichts gehe. Das Feuer am Herd lodere kurz auf und verginge gleich wieder. Ich versuche, sie zu beru­higen. In Peking müsse man die Gas­karte bei der Bank of Beijing laden und zuhause durch den Zähler ziehen. Dann fliesst das Gas, bis der Zähler bei null ist. Genauso funk­tioniert es mit dem Strom – alles Prepaid.

Wir gehen also zur Bank. Der Sicherheitsbeamte am Ein­

gang erklärt uns, dass wir die Karte auch am Automaten aufladen kön­nen und uns die Schlange für den Schalterservice so erspart bliebe. Be­geistert stehen wir vor dem Auto­maten, verstehen jedoch kein Schriftzeichen. Er – sichtlich stolz, uns helfen zu können – nimmt die Karte und lässt sie durch den Auto­maten, drückt irgendwelche Knöpfe und bittet mich zu zahlen. Doch es funktioniert nicht. Nach einem zwei­ten Versuch meint er, der Automat scheine kaputt zu sein. Wir müssen doch anstehen.

Zuhause schiebe ich die Karte durch den Zähler, meine Mitbewoh­nerin macht den Herd an. Eine Flamme flackert auf, doch unsere Freude ist – wie die Flamme – von kurzer Dauer. «Restgas», meint unser Mitbewohner. Wir versuchen es noch ein paar Mal, bis wir auf die Idee kommen, die Batterien auszu­tauschen. Aber auch das hilft nichts.

Mittlerweile sind meine Mitbe­wohner in die Schweiz zurück­

gekehrt, und ich sitze noch immer ohne Gas zuhause. Meine chine­sisch­deutsche Nachbarin Ziyi hilft mir und ruft die Gasfirma an. «Mor­gen um 9 Uhr kommt ein Mechani­ker vorbei», sagt sie. «Er hat gefragt, ob du die Batterien ausgetauscht hättest.» – «Ja», antworte ich. – «Gut, ich glaube, die kommen näm­lich nicht so gerne.»

Am nächsten Tag stelle ich den Wecker auf 8.30 Uhr, obwohl ich bis Mittag hätte schlafen können. Ich warte. Keiner erscheint. Gegen 12 Uhr knurrt mein Magen; doch ich traue mich nicht aus dem Haus, ich könnte den Mechaniker verpassen. Um 13 Uhr rufe ich Ziyi an und be­klage mich, dass der Gas­Mann noch nicht erschienen sei. Sie ruft die Gas­firma an und schimpft, man lasse die Leute nicht warten. Das sei respekt­los! Später schreibt sie mir, er kom­me gegen 19 Uhr. Ich bin verärgert und erleichtert zugleich. Nun kann ich mir wenigstens etwas zum Essen holen.

Kurz nach 19 Uhr klopft es an der Tür, ein sympathischer Chi­

nese tritt ein und schaut sich den Kasten an. Er bittet mich um die Karte, schiebt sie durch den Zähler und zündet den Herd an. Die Flam­me geht auf – sie bleibt. Bis ich ka­piert habe, wieso es funktioniert, ist er bereits verschwunden. Ich schäme mich. Ich hätte nach dem Austau­schen der Batterien die Karte noch­mals durch den Zähler schieben müssen. Manchmal muss man halt den komplizierten Weg gehen, um das Einfache zu begreifen.

Tanya König (24) lebt seit August in Peking, wo sie im Rahmen ihres Sinologie-Studiums an der Universität Zürich Chinesisch lernt. Das Ende ihrer Kolumne kann man auf www.you-tube.com/cosmotay anschauen. Mehr über sie auf http://about.me/tanyayuan