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VERLAGSHAUS J. FRANK | BERLIN Bibliothek Belletristik | Quartheft 22

Q22 // Ron Winkler // Torp // Prosa-Miniaturen

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Es gab den Tagtorp, den Dunkeltorp. Es gab den Ellenbogentorp. Aber auch den Kniekehlentorp, gerade wenn er weit draußen durch hohen Schnee ging. So, wie es den Generaltorp gab. Und den Zwischentorp. Den kaum hörbar eingeflüsterten Torp. Den Bittermandel­versüßertorp.

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Verlagshaus J. Frank | BerlinBibliothek Belletristik | Quartheft 22

TorpRon Winkler

Pètrus Åkkordéon

sechs

Torps einarmiger Morgen:Wie um sich mit schwierigkeiten an ungewohnter stelle zu über-raschen, verwehrte sich Torp oft in den Morgenstunden zwei-händig ausgeführter Tätigkeit. Man habe sich, meinte Torp, auf Notlagen vorzubereiten, müsse auf Niederlagen eingestellt sein. Die Lähmungserscheinungen der anderen habe er längst mitbe-kommen. Da seien doch oftmals nur noch rettungsanker am Werk.

01

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achT

Torp war jemand,der auf eigenen sprachregelungen bestand. Wenn er die Wohnung verließ, sagte er eigensinnig, er komme auf die Welt. Und er wachte auch nicht auf, sondern heran. Das sagte Torp nicht, das behielt Torp für sich. in Gastwirtschaften rief er den bedienungen jedoch gern verschwörerisch zu, man möge ihm noch den einen oder anderen Freund einschenken.

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NeUN

zehN

Torp dachte, manchmalmüsse er sich, wenn niemand zu erwarten war, selbst besuchen. Nicht weil er dachte wenigstens das, sondern eher, um sich auf etwaiges Torptum hin zu überprüfen. Dann ging er in für ihn möglichst untypischer Weise und verstohlen die Treppen hinauf, klingelte freundlich, bevor er dezent aufschloss, grüßte still lächelnd und ließ möglichst beiläufig den schlüssel in seiner hose verschwinden. Während er sich den Flur entlangführte, blickte er unauffällig neugierig in alle zimmer und versuchte dabei, den charakter und vielleicht sogar das befinden des haus-herrn auszumachen, eines, wie er meinte sagen zu können, nahen Freundes. Meist empfing ihn schon ein Kaffeegedeck, wie um ihm mitzuteilen, dass er den Weg nicht zu bereuen habe.

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Torp war zweisprachigaufgewachsen: in der sprache seines Landes und der Fleischer-sprache, welche ihm sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits beigebracht worden war. Die Landessprache erschien ihm lange zeit als fettarmer Dialekt. heute noch ist er davon überzeugt, aufschneiden komme von Aufschnitt. Den stromverbrauch rechnet er in pfunde um.

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DreizehN