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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds „RECEA“ Reintegration Centre Armenien Ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven 2012-2014 Evaluation 2014 Katrin Pohlmann, M.A. Gerd Häuser In Kooperation mit Karin Yaskorski Alexander Yaskorski Olga Cherkez Elina Raynova Magda Gejewska

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

„RECEA“

Reintegration Centre Armenien

Ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven

2012-2014

Evaluation 2014

Katrin Pohlmann, M.A.

Gerd Häuser

In Kooperation mit

Karin Yaskorski

Alexander Yaskorski

Olga Cherkez

Elina Raynova

Magda Gejewska

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Inhalt

1 Vorwort von Volker Tegeler ................................................................................................ 4

2 Einleitung ............................................................................................................................ 5

2.1 Hintergrund ................................................................................................................. 6

2.2 Vorgehen im Rahmen der Evaluation .......................................................................... 6

3 Analyse der aktuellen Situation Armenischer Remigranten ................................................. 7

3.1 Situation in Deutschland ............................................................................................. 8

3.2 Situation in Bulgarien .................................................................................................. 8

3.3 Die Situation in Polen .................................................................................................. 9

4 Durchgeführte Maßnahmen und Aktivitäten ...................................................................... 14

4.1 Bekanntmachung des Projektes und Versuche, die Zielgruppe zu erreichen ............ 14

4.2 Ergebnisse der Informationskampagne und Öffentlichkeitsarbeit .............................. 17

4.3 Aktivitäten zum Netzwerkausbau .............................................................................. 19

5 Auswertung der Rückkehrstatistik ..................................................................................... 22

6 Landkarte RECEA. Rückkehr nach Armenien 2013 – 2014 .............................................. 27

7 Beratungsdauer und Quantität der Beratungstermine ....................................................... 28

8 Leistungsangebot des Projekts ......................................................................................... 29

8.1 Rückkehrdokumente ................................................................................................. 29

8.2 Psychologische Betreuung ........................................................................................ 30

8.3 Sonstige Hilfen .......................................................................................................... 30

9 Monetäre Leistungen ........................................................................................................ 31

9.1 Starthilfe ................................................................................................................... 31

9.2 Hilfe zur Existenzgründung ....................................................................................... 31

10 Das RECEA Integrationszentrum in Jerewan.................................................................... 35

10.1 Tätigkeit des AWO Heimatgarten Integrationszentrums Jerewan .............................. 35

10.2 Tätigkeitsbereiche ..................................................................................................... 35

10.3 Probleme, mit denen die junge Rückkehrer konfrontieren ......................................... 36

10.4 Die Sprachsituation ................................................................................................... 37

10.5 Status der deutschen Sprache in Armenien ............................................................. 38

10.6 Spezifik von Deutsch als Fremdsprache ................................................................... 38

10.7 Die Bedeutung der Muttersprache bei der Beschulung armenischer Kinder .............. 38

10.8 Ergebnisse Integrationszentrum ................................................................................ 40

11 Abschließende Bewertung ................................................................................................ 42

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Tabellen

Tabelle 1: Output – Indikatoren.........................................…...............................................…21

Tabelle 2: Existenzgründungen........................................…................................................…33

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufenthaltsstatus .........................................…...............................................…23

Abbildung 2: Anzahl der Beratungsfälle nach Geschlecht........................................….......…24

Abbildung 3: Anzahl der Beratungsfälle nach Altersklasse..................................................…25

Abbildung 4: Anzahl der Beratungsfälle nach Länder..........................................................…26

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

1 Vorwort von Volker Tegeler

Armenien ist Bestandteil der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) und diese umfasst

auch einen ‘Aktionsplan, der Gebiete hervorhebt, in denen diese beiderseitige Zusammenarbeit

durchführbar und wertvoll vertieft werden könnte‘.

Die stärkere Zusammenarbeit der Zivilbevölkerung und die enge Kooperation im

Bildungsbereich, werden dabei ausdrücklich gefordert und gefördert.

Die in den vorliegenden Berichten beschriebenen Projektansätze und ihre Umsetzungen im

Rahmen eines von der EU finanzierten Reintegrationsprojektes mit Armenien, sollen ein

besseres Verständnis der vielfältigen Facetten des Themas Rückkehr ermöglichen und ihren

Beitrag zur wissenschaftlichen und politischen Diskussion der Migrationspolitik erbringen. Die

Ausgestaltung und Effektivität von Reintegrationsmaßnahmen sind ein wichtiger, aber

unterbewerteter Teil dieser Politik, haben aber als integraler Bestandteil des

Migrationsgeschehens eine wachsende Bedeutung.

Es gilt noch immer die Definition der UNHCR von 1993, die freiwillige Rückkehr als das Resultat

der ‘Ausübung des eigenen, freien und uneingeschränkten Willen in der sinnvollen Wahl

zwischen zurückkehren und nicht zurückkehren in das Herkunftsland Lichte der besehenden

Bedingungen im Herkunftsland und im Asylland beschreibt‘ (UNHCR 1993).

So setzen sich die vorliegenden Berichte mit den strukturellen Faktoren (Bedingungen im

Herkunftsland und Aufnahmeland); den individuellen Faktoren (persönliche Eigenschaften und

soziale Beziehungen), den politischen Maßnahmen und der Nachhaltigkeit der Rückkehr

auseinander.

Das die mittelgebende Europäische Union uns dafür die Möglichkeit eröffnet, erhebliche Mittel

und Aktivitäten zum Wohle der Rückkehrerkinder einzusetzen, erkennt an, dass im

Rückkehrprozess das Wohl der zurückkehrenden Familien, ihre Integration und ihre Gesundheit

einen ganz zentralen Stellenwert hat. Die absolute Solidarität mit dem Individuum und die

Verpflichtung, den Menschen soweit als möglich ‘eine Zukunft zu geben‘, ist dabei prioritäres

Arbeitsprinzip. Menschen, die bei uns möglicherweise verloren wären, bekommen eine neue

Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Die sprachliche, kulturelle und klimatische Nähe wird

genutzt, um den Rückkehrern und ihren Familien auch einen Beitrag zur Entwicklung ihres

Landes zu ermöglichen. Die Hilfen, auch dieses Projektes, waren nur punktuell und individuell

möglich und stellen doch einen sehr konkreten Beitrag zu einer funktionierenden und

konstruktiven Nachbarschaftspolitik dar.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

2 Einleitung

In der Europäischen Union wird eine Migrationspolitik unterstützt, die der freiwilligen Rückkehr

Vorrang vor Abschiebungen einräumt. Um diese Politik zu stützen werden immer wieder

Projekte gefördert, die ein solches Vorgehen unterstützen und auch im Rückkehrland soziale

Infrastruktur aufbauen. Das Projekt RECEA wurde von der Europäischen Union (Europäischer

Rückkehrfonds ausgewählt und erhält finanzielle Mittel zur Durchführung. Die Laufzeit des

Pilotprojektes beträgt 21 Monate und begann im Dezember 2012. Das Projekt ist transnational

angelegt. Insgesamt sind die Länder Armenien und die drei EU-Länder Deutschland, Polen und

Bulgarien am Projekt beteiligt.

Der Name des Projektes „RECEA“ setzt sich aus Bestandteilen „Reintegration Centre

Armenia“ zusammen, wovon Ziele und Aufgaben des Projekts abzuleiten sind. Das „RECEA“ -

Projekt richtet sich an alle armenische Zuwanderer, die sich in oben genannten drei

westeuropäischen Ländern legal und illegal aufhalten und auf eigenen Wunsch in ihre Heimat

Armenien zurückkehren möchten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Opfer des

internationalen Kinder- und Frauenhandels, Arbeits- und Armutsmigranten, Personen mit

abgelaufenen oder fehlenden (Besucher-) Visa, alte und kranke Menschen oder auch

unbegleitete Minderjährige.

Kernstück des Projektes ist der Aufbau eines Integrationszentrums in Jerewan. Das heißt, es

stehen für die Reintegrationsphase in Armenien umfangreiche Unterstützungsleistungen und

Hilfe, insbesondere für Kinder und Familienangehörige zur Verfügung. Diese Hilfen umfassen

sowohl Sozialberatung, als auch Sprachkurse und psychologische Unterstützung.

Der zweite Fokus des Projektes ist die Vorbereitung und Durchführung der freiwilligen

Rückreise sowie die Unterstützung der armenischen Remigranten bei ihrer sozialen und

wirtschaftlichen Reintegration im Heimatland. Deswegen sind im Programm neben der

individuellen Beratung in allen lebenswichtigen Fragen auch finanzielle Starthilfen und Mittel für

Existenzgründungen vorgesehen.

Für eine koordinierte und erfolgreiche Abwicklung des Rückkehrprozesses sowie für das

Reintegrationsmanagement ist eine internationale und regionale Netzwerkbildung zwingend

notwendig. Deswegen wird im Rahmen des Projektes auch auf die Entwicklung eines

internationalen Netzwerkes zwischen diversen staatlichen Strukturen, praktizierenden NGO’s

und Forschungsinstitutionen in allen Partnerländern abgezielt.

Um den Kenntnisstand aller Interessierenden für die Probleme und Möglichkeiten der

Remigration zu erhöhen, wird eine breite Öffentlichkeitsarbeit in Form von laufenden Berichten,

Newsletter, Artikeln in Printmedien sowie einer Internetpräsenz als Website, Blog, Facebook

angelegt.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

2.1 Hintergrund

Seit 2002 kehren jährlich mehrere hundert Armenier aus der Europäischen Union in ihre Heimat

zurück. Ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche. In ihrer Heimat werden die Rückkehrer

mit vielfältigen Problemen konfrontiert. Eine erfolgreiche Reintegration wird oftmals durch

Defizite in der Muttersprache, Unkenntnis der sozialen und kulturellen Gegebenheiten, Wechsel

der Lebensbedingungen und den Verlust von im Ausland zurückgelassenen sozialen

Bindungen beeinträchtigt und gefährdet. Die sich oftmals einstellende soziale und

wirtschaftliche Ausgrenzung kann Migration für die Betroffenen zu einer traumatischen

Erfahrung werden lassen. In Folge dessen entwickeln gerade Kinder und junge Menschen oft

psychische Auffälligkeiten, denen mit professioneller Unterstützung begegnet werden muss,

damit diese nicht langfristig die Integration negativ und damit das ganze zukünftige Leben in der

„neuen alten“ Heimat gefährden.

2.2 Vorgehen im Rahmen der Evaluation

Im Rahmen der Evaluation wurden verschiedene Fragestellungen entwickelt, mit denen

untersucht werden sollte, ob das Projekt wie geplant durchgeführt wurde und welche Aktivitäten

unternommen wurden. Ein Schwerpunkt liegt in der Begutachtung der gesamten Arbeit mit der

Zielgruppe (Rückkehr- und Reintegrationsprozeß).

Im Hauptaugenmerk der Evaluation standen folgende Fragen:

Welche Aktivitäten sind im Rahmen des Projektes durchgeführt worden?

Welche Ergebnisse sind erreicht worden?

Wie viele Beratungen sind durchgeführt worden?

Wie viele potenzielle Rückkehrer sind im Rahmen des Projektes beraten und betreut worden?

Wie viele Personen sind zurückgekehrt?

Aus welchen Ländern?

Wie viele Kinder und Jugendliche aus welchen Ländern besuchen das Zentrum in Jerewan?

Welche psychosoziale Beratung und Betreuung haben die Kinder im Zentrum bekommen?

Welche sozialpädagogische Begleitung haben die Familien im Zentrum bekommen?

Welche Unterstützung bei der schulischen Integration haben Kinder in Zentrum bekommen?

Welche Gründe treiben den armenischen Bürger, in fremde Länder zu gehen?

Wie und warum hat die Rückkehr stattgefunden?

Wo und von wem haben die Migranten über das Projekt „RECEA“ erfahren?

Welcher Hilfeleistungen wurden in Anspruch genommen?

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Wie hilfsreich war die Unterstützung des Projektes?

Da zur Hauptmethode des Evaluationsverfahrens Informationsgewinnung über Nutzen und

Effektivität sowie Effizienz des Projektes gehörte, wurde eine Reise durch die Gebiete

Armeniens organisiert. Im Verlauf dieser Evaluationsreise wurden 17 vom Projekt unterstützte

Rückkehrer besucht und befragt sowie mehrfache Expertengespräche mit den zuständigen

Projektmitarbeitern durchgeführt. Ebenfalls wurde das RECEA-Zentrum besucht und es wurden

Kinder und Jugendliche über die Arbeit des Zentrums befragt.

Die Zeit vor der Reise wurde für ein gründliches Studium aller vorhandenen schriftlichen

Primärmaterialien genutzt: Protokolle der Arbeitskreise und der Konferenz im Rahmen des

„RECEA“ - Projekts, laufende Berichte über begünstigte Heimkehrer, Fragebögen mit Angaben

über die soziale Situation, Wohnverhältnisse, Gesundheitszustand, Probleme und Ziele der

Rückkehrer, Zeitungsartikel und andere Infomaterialien zur einschlägigen Thematik. Die

gesammelten Informationen wurden ausgewertet und die Ergebnisse im Hinblick auf die

angestrebten Ziele beschrieben.

3 Analyse der aktuellen Situation Armenischer Remigranten

Die Effektivität der Arbeit in der Unterstützung von Remigranten ist eng verbunden mit

ausreichendem Kenntnisstand der Situation sowohl im Ausreise- als auch im Einreiseland der

Migranten. Gerade im Moment sehen wir am Beispiel der Ukraine, wie schnell sich die Lage

innerhalb eines Landes ändern kann. Daher muss in der Migrationsarbeit auch die politische

Diskussion sowie die politische und die wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigt werden.

Außerdem gibt es sowohl im Ausreiseland in der EU als auch in den Aufnahmeländern immer

wieder gesetzliche Neuregelungen, die ev. auch die Migranten betreffen. Migration als Solches

ist ein sehr dynamischer Prozess, der selbst von den in der Migrationsarbeit tätigen Menschen

nicht immer vorhersehbar ist. Daher ist die Aufrechterhaltung eines hohen Informationsgrades

des Projektteams von großer Wichtigkeit für den Erfolg des Projektes und auch für die

erfolgreiche Reintegration der Zielgruppe im Heimatland.

All diese verschiedenen Faktoren und die damit einhergehende Analyse müssen bei der

Projektdurchführung und auch Weiterentwicklung einbezogen werden um die Arbeit strategisch,

effizient und kosteneffektiv umzusetzen. In diesem Kapitel wird eine Analyse der Situation der

Migranten aus Armenien in Deutschland, Polen und Bulgarien gegeben.

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3.1 Situation in Deutschland

Statistische Angaben und die Materialen, die AWO Heimatgarten bei der Ausführung der

Projekte für Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen und Migranten in die NU-Staaten im

Zeitraum 2005 bis 2010 sammelte, zeigen, das ein Großteil der Rückkehrer nach Armenien in

diesen Jahren Familien mit Ehepaaren über vierzig Jahre alt mit oder ohne Kinder waren. Die

Dauer des Aufenthalts dieser Migranten in Deutschland oder in der EU war oft länger als fünf-

sechs Jahren und viele von ihnen hatten eine unbefristete Aufenthalts- oder

Niederlassungserlaubnis. Was allerdings auffällig ist, dass ein Großteil dieser Migranten in

Deutschland in Sozialwohnungen lebte. Charakteristisch für diese Gruppe von Migranten ist

eine vergleichbar gute Integration in die Gesellschaft. Die deutsche Sprache wird von dieser

Gruppe ebenfalls gesprochen. Das Sprachniveau dieser Migranten kann nach europäischem

Referenzrahmen für Sprachen durchschnittlich mit B1 oder besser bewertet werden. Diese

Migranten hatten enge Kontakte mit armenischen Organisationen und Gemeinden in

Deutschland.

Die oben genannte Charakteristik der Migranten aus Armenien hat sich im Zeitraum der

Durchführung des Projekts RECEA vom 01.12.2012 bis zum 31.08.2014 stark verändert. Die

Mehrheit der Rückkehrer waren Migranten mit einer Aufenthaltsdauer in Deutschland unter

eineinhalb Jahren und ohne Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis für die EU. Diese

Migranten beherrschen die deutsche Sprache praktisch nicht und suchen keinen Kontakt zu

armenischen sozialen Netzwerken. Die Mehrheit von ihnen sind Menschen unter 35 Jahren, oft

ohne Familie, oder alleinstehende Mütter mit Kindern. Fast alle von ihnen wohnen in

Wohnheimen für Flüchtlinge und Migranten. Viele von diesen Migranten sind über Polen oder

Frankreich nach Deutschland ausgewandert und haben Probleme mit den in diesen Ländern

gebliebenen Dokumenten. Ein Teil dieser Migranten gibt sich zunächst als armenische

Flüchtlinge aus Syrien aus, da sie sich davon Vorteile versprechen.

3.2 Situation in Bulgarien

In Bulgarien stellt sich die Situation anders dar als in Deutschland. Armenien und Bulgarien

verbindet eine lange Migrationsgeschichte. Es gibt eine große armenische Minderheit in

Bulgarien. Die Angehörigen dieser Minderheit leben meist in den großen Städten wie Sofia,

Plovdiv, Bourgas oder Varna.

Betrachten wir die neu in Bulgarien eingewanderten Armenier, so kamen diese nach dem

Zusammenbruch der Sowjetunion nach Bulgarien. Die meisten flohen vor dem Krieg und

wählten Bulgarien als Zielland, weil es bereits eine große armenische Minderheit in Bulgarien

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gab. Außerdem ähnelt die bulgarische Sprache der russischen und die meisten Armenier

beherrschen die russische Sprache, so dass die Migranten hofften wenig Sprachprobleme zu

haben. Eine andere Hoffnung war es, Bulgarien als Tor zu Westeuropa zu nutzen und

langfristig eine EU-europäische Staatsbürgerschaft zu erhalten und später noch weiter nach

Westeuropa zu migrieren. Heute sind die Armenier meist Industriearbeiter oder Handwerker.

Ein großes Problem für die Armenier in Bulgarien ist die Konkurrenz aus China, was die

Güterproduktion angeht. Güter aus China sind oft sehr günstig, was gerade für das

produzierende Gewerbe ein großes Problem darstellt, denn die Güter können nicht mehr zu

angemessenem Preis verkauft werden, was zu Gehaltseinbußen führt. Dies wiederum führt

dazu, dass eine nicht geringe Anzahl von Armeniern ihre Lebenshaltungskosten in Bulgarien

nicht mehr erwirtschaften können, was die Situation für diese Minderheit extrem verschärft.

Dennoch entschließen sich viele Familien in Bulgarien zu bleiben, zumindest so lang, bis die

jungen Männer nicht mehr zum armenischen Militärdienst, der sehr lang dauert und auch viele

Gefahren birgt, eingezogen werden können.

Dennoch beschließen immer wieder Familien doch nach Armenien zurückzukehren. Die

Personen, die im Projekt betreut wurden, haben folgende Gründe genannt:

Der Familienvater wollte zurückkehren um Familienbesitz zu verkaufen um so den Wehrdienst

der Söhne zu finanzieren

Eigentum in Armenien, um das sich gekümmert werden muss

Keine Arbeit in Bulgarien

Kein legaler Aufenthaltstitel in Bulgarien

Der Rest der Familie lebt in Armenien

Scheidungen

Mentale/psychische Probleme

Selbst nach Abschluss des Projektes wird der Projektpartner noch angerufen, obwohl keine

finanzielle Unterstützung der Rückkehr mehr möglich ist. Die öffentlichen Einrichtungen, haben

keine finanziellen Mittel um potentielle Rückkehrer zu unterstützen.

Nach Schätzungen leben aktuell mehr als 400 Armenier illegal in Bulgarien.

3.3 Die Situation in Polen

Polen und Armenien verbindet eine lange Migrationsgeschichte. Die Migration lässt sich in

verschiedene Wellen einteilen:

Die erste Welle- sog. „Alte” Diaspora: Die Armenier dieser ersten Migrationswelle kamen seit

dem XIV Jahrhundert nach Polen. Diese Bevölkerungsgruppe ist ca. 5.000 bis 15.000 Personen

groß. Die Angehörigen dieser Personengruppe sind sehr gut integriert. (Typische Namen :

Bohosiewicz, Axentowicz, Teodorowicz, Isakowicz)

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Die zweite Migrationswelle folgte nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Zu dieser doch

chaotischen Zeit, in der es keine Visumspflicht gab, sind viele Armenier nach Polen gekommen.

Es wird geschätzt, dass in dieser Zeit ca. 100.000 Armenier nach Polen kamen. Da es aber

keine Visumspflicht gab und die Einreise wenig kontrolliert wurde, gibt es keine offiziellen

Statistiken (geschätzt 100.000 Personen).

Im Jahr 2000 wurde in Polen eine Visumspflicht eingeführt, was die Einreise erschwerte. Die

schon in Polen lebenden Armenier hatten oft keine gültigen Papiere wie z.B. neue armenische

Pässe oder einen Aufenthaltsstatus wie Duldung, Flüchtling oder Niederlassungserlaubnis. Dies

führte zu einer Illegalität des Aufenthaltes in Polen. Geschätzt wird, dass bis zu 80 Prozent der

Menschen, die mit der zweiten Einwanderungswelle kamen sich bis heute illegal mit Land

aufhalten.

Demzufolge gibt es Probleme mit der richtigen Einschätzung der Zahl in Polen lebenden

Armenier – die Zahl variiert zwischen 8.000-40.000 Personen.

Die dritte Migrationswelle begann 1998. Gründe für die Migration waren die schlechte

sozioökonomische Situation in Armenien, der Konflikt mit Aserbaidschan und die politisch

positive Haltung der armenischen Politik bezüglich der Arbeit von Armeniern im Ausland.

Die Menschen hoffen darauf ihre Lebenssituation durch ein Leben in Polen langfristig

verbessern zu können. Es besteht großes Interesse darin, sich dauerhaft anzusiedeln. Wie viele

Armenier allerdings genau im Land leben lässt sich wegen der oben aufgeführten Gründe nur

schwer bis gar nicht schätzen. Häufig handelt es sich bei den Armeniern um gut ausgebildete

Menschen, die unter dem Niveau ihrer Qualifikation arbeiten. Die Hauptbeschäftigungsbereiche

von Armeniern sind Handel und Gastronomie. Dennoch kommen die Menschen nach Polen und

bleiben nicht in Armenien, weil sie dort wenig Perspektiven sehen.

Für die Armenier spielt die Familie ein sehr große und wichtige Rolle. So werden auch in Polen

Familien aufgebaut. Ehen zwischen Polinnen und Armeniern sind häufig. Im Gegensatz zu den

Armeniern, die in der ersten Migrationswelle nach Polen kamen, bilden die „neuen“ Migranten

weniger Gemeinschaften und kümmern sich um sich und ihre Familien.

In Polen gibt es für Migranten verschiedene Aufenthaltstitel:

Aufenthaltsgenehmigung fűr einen festen Zeitraum (alle zwei Jahre):

Erfordernisse

Bestätigung der Beschäftigung oder

Führung eines Unternehmens in Polen oder

Ehe mit einem polnischen Staatsangehörigen oder

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Kind unter 18 Jahren in Polen geboren („gemischte“ Ehe von Ausländern mit

Aufenthaltsgenehmigung)

Siedlungsgenehmigung (unbefristet):

Erfordernisse:

Kind unter 18 Jahren in Polen geboren oder

mindestens dreijährige Ehe mit einem polnischen Staatsangehörigen und zweijähriger

Aufenthalt in Polen oder

Mindestens zehnjährige Duldung oder fünfjähriger Flűchtlingsstatus /subsidiӓrer Schutz

Im Zeitraum von 1992 bis 2008 wurden für Armenier über 1375 Siedlungsgenehmigungen für

Armenier erteilt.

Genehmigung für sog. langfristigen Wohnsitz in der EG (unbefristet):

Erfordernisse:

Kind unter 18 Jahren in Polen geboren oder

mindestens dreijährige Ehe mit einem polnischen Staatsangehörigen und zweijӓhriger

Aufenthalt in Polen

Mindestens 10 zehnjährige Duldung oder 5-jӓhriger Flűchtlingsstatus/ subsidiӓrer Schutz

Bestätigung eines angemessenen Einkommens

Nachweis einer Krankenversicherung

Im Zeitraum von 1992 bis 2008 wurden für Armenier über 1375 Siedlungsgenehmigungen für

Armenier erteilt

Sobald man diesen Status innehat, darf man auch für kurze Aufenthalte in andere EU-Staaten

reisen. Auf der Bewerbungsliste für diesen Status stehen die Armenier auf Platz vier (nach der

Ukraine, Vietnam und Russland).

Erhalt der polnischen Staatsbürgerschaft:

Erfordernisse:

Mindestens fünfjährige Siedlungsgenehmigung /Aufenthaltskarte/langfristiger Wohnsitz der EU

Eheschließung und Erklärung der Bereitschaft zur Staatsbűrgerschaftsannahme (innerhalb von

drei Monaten nach der Eheschließung).

In den Jahren 2001-2007 erhielten 68 Armenier diesen Status, im Jahr 2008 27. Neuere

Zahlen lagen zum Zeitpunkt der Berichterstellung nicht vor.

Flűchtlingsstatus:

Für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus liegen keinen besonderen Erfordernisse vor. Im

Zeitraum von 1992-2008 wurde zwölf Armeniern der Flűchtlingsstatus zugeteilt.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Subsidiӓrer Schutz:

Es gibt keine speziellen Erfordernisse für die Gewährung des subsidiären Schutzes. Der

Subsidiäre Schutz gleicht einer Duldung. Im Jahr 2006 wurden 106 Fӓlle anerkannt, zwischen

2006-2008 weitere 14, vor Allem als Alternative zur Anerkennung des Aufenthaltes (auf Grund

der Nichteinhaltung der Bedingungen).

Viele Armenier beantragen verschiedene Formen des Status‘. Zirka 4.300 Armenier haben

bisher keine positive Entscheidung über ihren Status bekommen. Außerdem wurden auch viele

Verfahren eingestellt.

Auf Grund des Dubliner Abkommens wurden 50 Armenier an Polen „zurückgegeben“ (aus

Deutschland, der Tschechischen Republik, Dänemark und Finnland), von diesen 50 wurden 33

Fälle als Flüchtlinge anerkannt.

Das größte Problem des Aufenthaltes von Armeniern in Polen ist nach wie vor die Illegalität.

Nach Schätzungen leben ca. 20.000 Armenier in Polen (allerdings variieren die Schätzungen

zwischen 8.000 bis 40.000 Personen); davon allerdings nur 4.000 legal.

Armenier sind in Polen sind keine große Migrantengruppe, die nach Polen kommt um Asyl zu

beantragen. Wenn sie aber bleiben können, integrieren sie sich relativ schnell und finden sich

schnell in der Arbeitswelt zurecht und integrieren sich in die soziale Gemeinschaft. Sie wollen

wegen Armut und Perspektivmangel nicht nach Armenien zurück. Sie legalisieren den

Aufenthalt oder bleiben illegal im Lande.

Armenier „verschmelzen” relativ leicht mit der polnischer Gesellschaft. Es ist keine volle

Assimilation, eher eine „harmonische Integration”. Ein Grund hierfür könnte das historisch

positiv geprägte Bild der Armenier in Polen sein. Armenier gelten als tüchtig, fleißig, begabt und

gut ausgebildet.

Gründe für den Aufenthalt der armenischen Bürger in Polen sind verschieden (s.o.). Ein Grund

kann sein, dass es in Polen eine Amnestie (Abolicja) geben kann. Das bedeutet, dass es eine

freiwillige Legalisierung des Aufenthaltes gibt. Dies kann erfolgen, wenn man als auch als

Illegaler soweit wie möglich eine Integration geschafft hat (Familie, Arbeit, finanzielle Mittel).

Außerdem wird man für den illegalen Aufenthalt nicht bestraft. Eine solche Amnestie gab es

2003 und 2007. Nach der „Ausrufung“ der Amnestie gilt das Gesetz für vier Monate. Armenier

stellten im Jahr 2003 1626 Anträge und 2007 384 Anträge. Damit nehmen die Armenier die

zweite Stelle der Beantragungen nach den Vietnamesen ein. Dennoch ist das Gesetzt nicht

ohne Probleme. Die Amnestie gilt nur für vier Monate und es mangelt an Informationen

bezüglich der Auswirkungen einer Beantragung. Viele Menschen gehen irrtümlicherweise

davon aus, dass sie ein Einreiseverbot erhalten oder Abgeschoben werden, wenn sie ihren

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Aufenthalt offen legen. Während der ABOLCIJA wurden langjährig in Polen lebende Armenier

ohne Pässe bzw. mit ungültigen Pässen erfasst. Die Kinder waren teilweise in Polen geboren.

Problematisch allerdings war, dass die neuen Pässe in Armenien ausgestellt werden sollten

und nicht in der armenischen Botschaft. Gerade die Männer können daher auf Grund des

armenischen Militärdienstes allerdings nicht nach Armenien um einen Pass zu holen. Die

Legalisierung hat auch viele Vorteile:

Man kann legal eine feste Arbeitsstelle annehmen

Man kann ein Unternehmen anmelden und führen

Man kann den Status seiner Familienmitglieder positiv beeinflussen

Man kann an polnischen Hochschulen studieren

Aus den Statistiken geht hervor, dass nur in ca. 15 Prozent der Fälle die Legalisierung

abgelehnt wird.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

4 Durchgeführte Maßnahmen und Aktivitäten

4.1 Bekanntmachung des Projektes und Versuche, die Zielgruppe zu erreichen

Um die Zielgruppe in Deutschland anzusprechen sowie die im Rückkehrprozess agierenden

Netzwerkteilnehmer über das Leistungsangebot des Projektes zu informieren, haben die

Heimatgartenbüros eine intensive Informationskampagne durchgeführt. Es wurden Briefe mit

Flyern und Visitenkarten an Ausländerbehörden und Flüchtlingsbüros, Wohlfahrtsverbände wie

Malteser- und Raphaelswerke, Caritas, DRK und Diakonie sowie Vertretern der

Bezirksregierungen und Stadtverwaltungen, Sozial- und Ordnungsämtern, diverse NGO’s und

Integrationsdienste verschickt.

Die im Projekt eingesetzten Mitarbeiter arbeiten alle langjährig im Migrations- und

Rückkehrbereich und haben dadurch ein großes Netzwerk aufgebaut. Dieses Netzwerk, das

einerseits aus Institutionen, aber auch andererseits aus persönlichen Kontakten zu Flüchtlingen

besteht, wurde für die Projektdurchführung erneuert und oftmals intensiviert. Außerdem wurden

Flyer in verschiedenen Einrichtungen wie Strafanstalten, Frauenhäusern, interkulturellen

Begegnungsstätten und Ämter für interkulturelle Beziehungen Flyer verteilt und ausgelegt um

die Zielgruppe in den Einrichtungen erreichen zu können und auch die Einrichtungen an sich

über die Projektarbeit zu informieren.

Weiterhin wurden Anzeigen und Artikel zum Projektinhalt sowohl in deutschen als auch in

armenischen Medien veröffentlicht. Überdies wurden über 16 armenische Kirchen und 45

armenische Gemeinden bundesweit angeschrieben sowie persönliche Gespräche mit

Kirchenvorstehern (Kirchen in Köln und Hanau) durchgeführt. Das Ergebnis dieser Treffen war

die Bereitschaft der Kirchen ihre Gemeindemitglieder über das Programm des Projektes zu

informieren, einige wollten sogar eine Verlinkung zum Projekt auf ihren Websites einrichten.

Im Rahmen des Projektes RECEA haben in Deutschland telefonische und persönliche

Beratungen stattgefunden, unter anderem mit:

Dem Vorsitzendenden des Zentralrates der Armenier in Deutschland (ZAD) Azat Orduchanyan;

Dem Sekretariat der armenischen Diözese und dem Erzbischof, Oberhaupt der armenischen

Kirche in Deutschland, Garegin Bektschyan;

Dem Bischofswikar der armenischen Kirche und armenischer Gemeinde Hessen, Serobe

Isakhanyan;

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Dem Vorsitzenden der Deutsch-Armenischen Gesellschaft (DAG) und dem Redakteur der

Zeitschrift Armenisch-deutsche Korrespondenz (ADK), Dr. Raffi Kantian;

Dem Leiter der armenischen Gemeinde Weißrusslands und dem Herausgeber der Zeitschrift

„Aniv“ Armen Chetschoyan;

Dem Direktor der AAAS und dem Direktor des Projekts RACOB Andranik Arutyunyan;

Dem Vertreter des Fonds „Repad Armenia“ Vardan Maraschlyan;

Der Vorsitzenden der polnischen Gemeinde in Armenien Alla Kuzminska;

Dem Vorsitzenden des Vereins der armenischer Mediziner in Deutschland, Dr. Hambarzum

Mergeryan;

Dem Vorsitzenden des Deutsch-Armenischen Studentenklubs Saak Artasyan;

Dem Personal des armenischen Unternehmen A&D Food GmbH (Mitglied der armenischen

Gemeinde Köln);

Im Rahmen des Projekt RECEA wurde eine Reise nach Belgien und in die Niederlande im

Zeitraum 06.05-10.05.2013 durchgeführt. Um das Projekt bekannter zu machen, wurde eine

Informationsreise unternommen. Die Ergebnisse sind im Abschnitt 5.2 zusammen gefasst.

Während der Reise nach Belgien und in die Niederlande fanden folgende Treffen statt:

Treffen mit den Vertretern der armenischen Gemeinde Niederlande Mato Hakhwerdian,

Präsident der Föderation der armenischen Organisationen Niederlande (FAON), Vorsitzender

der kulturellen Assoziation „Abovyan“, Haag und Arutyn Simonyan, Vertreter der Föderation der

armenischen Organisationen Niederlande, Amsterdam.

Es hat ein Meinungsaustausch stattgefunden und es wurden Möglichkeiten und Perspektiven

für eine Kooperation besprochen.

Treffen mit Vertretern der armenischen Gemeinde Belgiens, Gevorg Minasian, Präsident der

Föderation der armenischen Organisationen Belgien (FAOB), Präsident des armenischen

Kultur-Wohltätigkeit Bundes, Antwerpen und Armen Minasian, Vertreter der Föderation der

armenischen Organisationen Belgien, Antwerpen.

Treffen mit den Vertretern der armenischen Gemeinde Belgien Sergei Wardanian

Präsident der armenischen Assoziation ARDIA, Antwerpen und Naira Wardanian, Vertreterin

der armenischen Assoziation ARDIA, Antwerpen

Am 27. November 2013 trafen sich Alexander Yaskorski, Mitarbeiter des Projekts RECEA und

der bevollmächtigte Vertreter Armeniens in Deutschland, Ashot Smbatyan, in Berlin.

Am Treffen in der armenischen Botschaft nahmen darüber hinaus der Botschaftsattaché Davit

Grigorian sowie der Vorsitzende des Zentralrates der Armenier in Deutschland e. V. (ZAD),

Azad Orduchanyan, teil.

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16

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Auch die Projektpartner haben verschiedene Institutionen über das Projekt informiert. Die

wichtigsten Intuitionen, die von EUROCONCRET besucht wurden, sind

Stiftung der Kultur von Armenien in Polen (Warschau)

Kreis zur Förderung der armenischen Kultur (Warschau)

Armenische Stiftung (Warschau)

Polnisch-Armenische Stiftung (Warschau)

IOM Warschau

Beratungsstelle für MigrantInnen in Warschau

Migrantenorganisationen in Bialystok

Grenzschutz Niederschlesien, Podlasie (Ostpolen)

Allerdings gab es in Polen grundsätzliche Probleme mit der Durchführung des Projektes

RECEA. Nur mit IOM Warszawa wurde über potenzielle Begünstigte für das Projekt

gesprochen. Sie haben aber keine Personen für RECEA gefunden. Alle andere Einrichtungen

sind für Armenier, die in PL leben /bleiben wollen und verbreiten die armenische Kultur oder

helfen den in Polen lebenden Armeniern.

Der Projektpartner in Bulgarien hat ebenfalls verschiedene Organisationen besucht um das

Projekt bekannt zu machen und potentielle Rückkehrer zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurden

Reisen nach Sofia und nach Bourgas unternommen um dort das Projekt vorzustellen und

potentielle Kooperationspartner zu finden. Daher wurden die wichtigsten Organisationen

besucht, die im Bereich der Migrationsarbeit tätig sind. In Sofia wurden folgende Organisationen

besucht:

Polizeieinheit für Migrationsfragen

Flüchtlingsagentur

Rotes Kreuz

IOM

Caritas

Öffentliche Beratung für Flüchtlinge und Migration (Juristen unterstützen dort Migranten in

rechtlichen Fragen)

Die armenische Kirche

Die armenische Botschaft

Den armenischen Wohlfahrtsverband

Alle Organisationen haben bereitwillig mit dem Partner gesprochen und Interesse an dem

Projekt gezeigt. Die Projektflyer wurden ausgelegt. Einige Organisitionen, vor Allem die

armenischen hatten noch nie von der Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr mit den damit

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17

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

verbundenen Vorteilen gehört. Weiterhin wurden Gespräche mit Armeniern geführt, denn Mund-

zu-Mund-Propaganda funktioniert gerade, wenn man mit Minderheiten arbeitet, meist am

besten. Die Armenier, mit denen gesprochen wurde, haben dabei geholfen das Projekt

bekannter zu machen.

In Bourgas wurden ebenfalls verschiedene Organisationen besucht:

IOM

Die armenische Kirche

Den armenischen Wohlfahrtsverband

Die örtliche Migrationspolizei

Alle diese Organisationen haben gute Kontakt zur Armeniern und der armenischen

Gemeinschaft. Außerdem konnten sie hilfreiche Angaben zur aktuellen Situation der Armenier

in Bulgarien (s.o.) geben. Die Organisationen haben die Projektflyer empfangen und wollten

diese auch verteilen.

Eine weitere Reise fand nach Plovdiv statt. Dort wurden folgende Organisationen besucht:

IOM

Den armenischen Wohlfahrtsverband

Die armenische Kirche

Den armenischen Club HOM

Zwei Chefredakteure armenischer Zeitungen

Die örtliche Migrationspolizeit

Gerade der Besuch bei der Migrationspolizei bestätigte die Annahme, dass es immernoch viele

Armenier in Bulgarien gibt, deren Aufenthalt illegal ist.

4.2 Ergebnisse der Informationskampagne und Öffentlichkeitsarbeit

Im Laufe dieser Gespräche und Beratungen wurden folgende Ergebnisse erreicht

Armenier haben zugesagt ihre Mitglieder und interessierte Personen über das Projekt RECEA

zu informieren.

Das Oberhaupt der armenischen Kirche Hessens hat Informationen über das Projekt an die

armenische Diözese Österreichs und die der Schweiz weitergeleitet.

Die Deutsch-Armenische Gesellschaft hat Informationen über das Projekt und den RECEA-

Flyer auf ihrer Internetseite eingestellt.

Es wurde ein Treffen zwecks Informationsaustausches zwischen den Projektträgern RECEA in

Armenien und den Mitarbeitern des Projekts RACOB in Jerewan organisiert.

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18

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Mit der Leitung des Zentralrates der Armenier in Deutschland ist eine Vereinbarung über die

Verteilung des Flyers RECEA während des Gedenktages der Opfer des Völkermordes am 24.

April in der Paulskirche in Frankfurt erreicht worden.

Es wurden Kontakte für mögliche Kooperationen zwischen der polnischen Gemeinde

Armeniens und dem Reintegrationszentrum für Kinder in Jerewan organisiert.

Es wurden Informationen über RECEA in der armenischen Gemeinden Belgien und in den

Niederlanden verbreitet. Weiterhin wurden an andere armenische Organisationen in Belgien

und in den Niederlanden Informationen weitergeleitet. Es wurden Möglichkeiten und

Perspektiven für Kooperationen mit armenischen Organisationen in Belgien und in den

Niederlanden besprochen.

Ebenfalls wurde Kontakt zu A&D Food hergestellt. Diese Firma beliefert sowohl Groß- als auch

Einzelhändler in Köln, Bamberg, Mannheim, München, Leipzig, Speyer, Berlin. Die meisten

dieser Lebensmittelhändler orientieren sich auf russischsprachige Kunden und haben große

Besucherfrequenz von Armeniern. Die RECEA Flyer wurden bei den Händlern, die Kunden von

A&D Food Produktion sind, ausgelegt;

Es wurden Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Unterstützung des Projekts RECEA seitens

der armenischen Botschaft besprochen. Die Botschaft hat sich im Rahmen der Gespräche

bereit erklärt, die zuständigen Behörden in Armenien und Deutschland und andere interessierte

Personen aktiv über das Projekt RECEA zu informieren.

Die Vertreter der armenischen Kirche und der armenischen Gemeinden haben sich auch bereit

erklärt, die Kinder aus den Rückkehrfamilien, die sich schon in Armenien befinden, an das

Reintegrationszentrum weiterzuleiten, dabei werden die in Deutschland geltende

Datenschutzgesetze beachtet. Aus diesem Grund sollten alle Fragen, die den Unterricht nicht

unmittelbar betreffen und sich auf die nicht über Heimatgarten zurückgekehrte Familien

beziehen, direkt an die Projektmitarbeiter in Deutschland adressiert werden.

In Folge der in Belgien und Holland durchgeführten Informationsaktionen haben Rückkehrer,

die bereits in Jerewan waren, sich an das Zentrum in Jerewan gewandt, um dort Unterstützung

bei der Reintegration zu bekommen. Zwölf Kinder aus diesen beiden Ländern haben am

Unterricht des Zentrums teilgenommen. Außerdem sind in der Zeit von eineinhalb Monaten drei

Anfragen für die Rückkehr nach Armenien aus Belgien eingegangen. Laut den Vertretern der

armenischen Gemeinde Belgien leben nur in Antwerpen (Bevölkerungszahl 500 000) 10 000

Armenier. In Antwerpen befindet sich auch ein Lager für Asylsuchende und eine

Abschiebungshaft. Eine erdrückende Mehrheit von Gerichtsentscheidungen für die

Asylbewerber aus Armenien ist momentan in Belgien negativ und in dem Lager für

Asylsuchende gibt es eine große Anzahl von Personen, die abgeschoben werden sollen.Da die

Länder Niederlande und Belgien nicht zu den ursprünglich geplanten Zielländern des Projektes

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19

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

gehörten, wurde mit der EU Kommission Rücksprache gehalten, die die Mitarbeiter dazu anhielt

die Arbeit auf die im Antrag angegeben zu konzentrieren und so das Projekt erfolgreich

abzuwickeln, da das Projekt auch ohne die Einbeziehung weiterer Länder genug Aufgaben und

Maßnahmen bündelt. So verblieb es dabei, dass Rückehrfamilien aus diesen Ländern an der

Arbeit im Zentrum teilnahmen, aber keine finanzielle Unterstützung aus dem RECEA-Projekt

bekamen. Die Hilfe, die den Remigranten in Belgien und Holland von Caritas geleistet wird,

besteht vor allem in der Bezahlung des Fahrgelds und wird von uns als nicht ausreichend

bewertet. In einem möglichen Folgeprojekt ist geplant die Niederlande und Belgien von Beginn

an in das Projekt zu integrieren um hier die Kooperation zu verstärken.

In Polen wurden verschiedene Organisationen erreicht und vor allen Dingen mit IOM eine

intensive Kooperation gepflegt. Außerdem wurden Kontakte zu Armeniern in Polen geknüpft

und die Situation von Armeniern in Polen analysiert.

In Bulgarien sind ebenfalls verschiedene Organisationen und Institutionen besucht worden. Vor

allen Dingen der direkte Kontakt zu Armeniern hat hier sehr großen Anteil am Projekterfolg.

4.3 Aktivitäten zum Netzwerkausbau

Während der 21-monatigen Projektlaufzeit sind viele Aktivitäten zur Intensivierung der

Zusammenarbeit im vorhandenen Netzwerk und zur Entwicklung neuer strategischer

Partnerschaften auf internationaler Ebene durchgeführt worden. Neben den Round Table

Meetings, Workshops und Netzwerktreffen für Stakeholders, Multiplikatoren und Akteure in den

Projektmitgliedsländern, auf deren Agenda Erfahrungsaustausch, Optimierung der

Arbeitsprozesse und Entwicklung von Best Practice Modellen für ein koordiniertes Rückkehr-

und Integrationsmanagement standen, ist auch eine internationale Konferenz in Jerewan

organisiert worden.

An dieser Konferenz, die in der armenischen staatlichen pädagogischen Universität statt fand,

haben unter Anderem der Bildungsminister Armeniens, Armen Ashotyan, der Rektor der

pädagogischen Universität Erewan Prof. Ruben Mirzachanyan, mehrere Vertreter diverser

Botschaften, Migrationsämter, staatlicher Behörden, praktizierender NGO’s und

Forschungsinstituten aus Deutschland, Polen, Bulgarien, Frankreich, Russland und Armenien

teilgenommen. Während der Konferenz konnten sich die TeilnehmerInnen über die Fortschritte

oder auch spezifischen Probleme beispielsweise mit Kindern und Jugendlichen, mit illegalen

MigrantenInnen in den einzelnen Ländern austauschen und gemeinsam Lösungsansätze

erarbeiten und Arbeitsweisen diskutieren.

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20

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Diese Treffen dienten auch der Erlangung neuer Kontakte mit unterschiedlichen Organisationen

und Einrichtungen aus dem Bereich der Migration und Sozialarbeit, dem Wissenstransfer und

der Analyse existierender Rechtspraktiken und Folgen der Remigration zwischen den

staatlichen Strukturen, Forschungszentren und NGO’s mit praktischer Migrationserfahrung.

Die Unterzeichnung eines Vertrages mit dem staatlichen Komitee für Fragen der Nationalitäten

in Jerewan setzte ein weiteres positives Zeichen für eine erfolgreiche Projektarbeit. Das

„RECEA“ - Projekt hat mittlerweile das höchste Ministerium erreicht und wird von den

hochrangigen Beamten Armeniens stark unterstützt.

Ruben Mirzakhanyan, Rektor der Universität, berichtete, dass in der Universität auf Initiative der

Pädagogischen Universität und der Wohltätigkeitsorganisation «AWO gem GmbH» ein

Reintegrationszentrum eingerichtet wurde, das das Projekt RECEA (Reintegration Centre

Armenia) implementiert: „Sprachkurse, soziale und psychologische Unterstützung und

verschiedene Kulturveranstaltungen helfen bei der Lösung zahlreicher Probleme der Armenier,

die aus der EU in ihr Heimatland zurückkehren und fördern ihre soziale Wiedereingliederung.“

Laut Bildungsminister Armen Ashotyan stehen die Probleme, die auf der Konferenz zur

Diskussion kamen, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Ministeriums für Bildung und

Wissenschaft. Im Zusammenhang mit der Rückkehr von Kindern und Jugendlichen hob er die

Probleme hervor, die mit der Organisation ihrer Schulbildung und ihrer mangelhaften

muttersprachlichen Kompetenz verbunden sind. „Bei den Diasporaarmeniern entstehen zu

unterschiedlichen Zeiten vielfältige Bildungsdefizite. In diesem Kontext gibt es Unterschiede bei

der Möglichkeit der Erbringung von Dienstleistungen im Bildungsbereich in allgemein bildenden

Schulen und Hochschulen. Die Lösung dieses Problems erfordert die Schaffung eines flexiblen

Systems, damit jeder Heimkehrer Möglichkeiten und Aussichten einer erschwinglichen

Fortsetzung der Schulbildung in Armenien sehen kann»“ sagte Armen Ashotyan.

Gagik Yeganyan, Leiter des Migrationsdienstes des Ministeriums für territoriale Verwaltung, ist

der Ansicht, dass die Reintegration der Menschen nach der Rückkehr in die Heimat in jedem

Fall sehr wichtig ist. Von der Lösung dieses Problems hänge es ab, ob der Heimkehrer in

Armenien bleibt oder wieder auswandert. Denn nach mehreren Jahren im Ausland spüre man,

wie sehr man sich in vieler Hinsicht verändert habe. G. Yeganyan berichtete, dass im

staatlichen Programm der Steuerung im Migrationsbereich für die Jahre 2012 bis 2016

unterschiedliche Lösungen besagter Probleme vorgesehen sind, u. a. Unterstützung der

Heimkehrer bei der Suche nach der Beschäftigung, Anerkennung der im Ausland erworbenen

Fertigkeiten, Diplome, Qualifizierungen, Schaffung von Bedingungen für fortlaufende

Schulbildung der Kinder der Heimkehrer, Vertiefung de Beziehungen zwischen Regierungs- und

Nichtregierungsorganisationen.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Die wissenschaftliche Konferenz verabschiedete eine Deklaration (Erklärung) über

Zusammenarbeit zwischen der armenischen staatlichen pädagogischen Universität und der

AWO.

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22

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

5 Auswertung der Rückkehrstatistik

Um Aussagen zur Zielerreichung (Effektivität) der Rückkehrarbeit im Projekt „RECEA“ treffen zu

können, wurde die interne Rückkehrstatistik für den Beratungszeitraum zwischen Dezember

2012 und August 2014 analysiert. Ein Überblick ist in der folgenden Tabelle zu finden.

Armenien RECEA August 2014

Rückkehrer RECEA

Insgesamt 52

Rückkehrer nach Ländern

Deutschland 37

Bulgarien 10

Polen 3

Belgien 2

Insgesamt 52

Rückkehrer nach Altersklasse

Unter 19 Jahre 14

20-29 Jahre 7

30-39 Jahre 15

40-49 Jahre 4

50-59 Jahre 10

60 Jahre und älter 2

Insgesamt 52

Rückkehrer nach Geschlecht

männlich 29

weiblich 23

Insgesamt 52

Rückkehrer nach Aufenthaltsstatus

Duldung 8

Aufenthaltsgestattung 36

Asylsuchend 2

Illegal 3

Ungeklärt 3

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23

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Insgesamt 52

Beratungen (Beratungsgespräche) Deutschland Bulgarien

Telefonisch 257 57 314

Persönlich 41 42 83

Insgesamt 298 99 397

Existenzgründungen : 14

Es muss darauf hingewiesen werden, dass eine optimale Auswertung der Daten in einigen

Bereichen nicht möglich war, da die Erfassung in den einzelnen Ländern uneinheitlich ist. Dies

betrifft z.B. die Kategorie „Aufenthaltsstatus“.

Es wird deutlich, dass wie im Projekt geplant, die meisten Rückkehrer aus Deutschland kamen.

Die Zielzahl von ca. 60 Personen wurde annährend erreicht. Leider konnte das Projekt nicht

weiter verlängert werden, denn die Projektmitarbeiter in Deutschland und Bulgarien haben

berichtet, dass sie bis zum Ende Nachfragen erhielten und Menschen nicht mehr helfen

konnten, weil eine Rückreise im Projektzeitraum nicht mehr machbar war.

Abbildung 1: Aufenthaltsstatus

Duldung - 815%

Aufenthaltsgestattung - 36

69%

Asylsuchend - 24%

Ungeklärt - 36%

Illegal - 36%

Rückkehrststistik RECEA Armenien (Aufenthaltsstatus)

Insgesamt: 52 Rückkehrer

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24

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Quelle: Eigene Darstellung

Aus der Abbildung wird deutlich, dass es keineswegs die Menschen sind, deren Aufenthalt

ungeklärt oder unsicher ist, zurück kehren, sondern, dass die meisten Menschen eine

Aufenthaltsgestattung haben, nach Armenien gegangen sind.

Dieser Befund ist daher von großer Bedeutung, da in der Fachpresse die Projekte für

Rückkehrer immer wieder großer Kritik ausgesetzt sind, da diese angeblich Abschiebung

fördern würden. Allerdings trifft diese Annahme weder auf dieses Projekt noch auf das vorher

durchgeführte Projekte des Träger „Brücken guter Nachbarschaft“ (s. http://int.awo-

bremerhaven.de/fileadmin/webdaten/pdf/int/abschlussbericht-report_bgn.pdf, S. 19-23) zu.

Daher muss man aus wissenschaftlicher Sicht diese Annahmen sehr kritisch betrachten.

Abbildung 2: Anzahl der Beratungsfälle nach Geschlecht

29; (56%)

23; (44%)

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

männlich

weiblich

Rückkehrerstatistik RECEA Armenien

(Geschlecht)Insgesamt: 52 Rückkehrer

Das Projekt richtete sich zwar gezielt, an Menschen, die nach Armenien zurückkehren wollen,

allerdings wurde diese Zielgruppe nicht weiter ausdifferenziert. Es geht aus der Auswertung

hervor, dass mehr Männer als Frauen das Projekt zur Rückkehr genutzt haben, einen Grund für

dieses Phänomen konnte allerdings nicht identifiziert werden.

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25

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Abbildung 3: Anzahl der Beratungsfälle nach Altersklasse

Unter 19 Jahre -14; 27%

20-29 Jahre - 7; 13%

30-39Jahre - 15; 29%

40-49Jahre - 4; 8%

50-59Jahre - 10; 19%

60Jahre und älter - 2; 4%

Rückkehrerstatistik RECEA Armenien

(Altersklasse)

Insgesamt: 52 Rückkehrer

Quelle: Eigene Darstellung.

Für die Auswertung der Altersstruktur wurden sechs Altersklassen gebildet. Es zeigt sich, dass

die Anzahl der Beratungsfälle mit steigendem Alter rückläufig ist. Mehr als ein Viertel der Fälle

(25,6% bzw. zehn Personen) waren zum Zeitpunkt der Beratung minderjährig. Dies ist darauf

zurückzuführen, dass sich unter den Beratungsfällen Familien mit mehreren Kindern befanden.

Die größten Altersklassen stellen mit 38,5% bzw. 15 Personen die jungen Erwachsenen

zwischen 20 und 39 Jahren. Insgesamt 30,7% der Grundgesamtheit entfallen auf die mittlere

Altersklassen der 40- bis unter 59-Jährigen. Mit 5,1% bilden die Senioren (ab 60 Jahren) die

kleinste Altersklasse

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26

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Abbildung 4: Anzahl der Beratungsfälle nach Ländern

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Deutschland Bulgarien Polen Belgien

37

10

3 2

Rückkehrerstatistik RECEA (Länder)

Insgesamt: 52 Rückkehrer

Quelle: Eigene Darstellung

Aus der Darstellung wird deutlich, dass die meisten Rückkehrer aus Deutschland kamen. Dies

war entspricht auch dem geplanten Projektverlauf. Die beiden Rückkehrer aus Belgien wurden

vom deutschen RECEA-Büro in Frankfurt betreut. Der bulgarische Projektpartner hat mehr

Menschen beraten als ursprünglich geplant.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

AWO Heimatgarten - RECEA

Rückkehr nach Armenien 2013 – 2014 52 Personen

Oktemberyan 4

Echmiadsin 1

Jerewan 29 Metsamor 7

Aparan 3

Gjuch Handjan

4

Kaukasus. Armenien und Nachbarländer.

Ararat 1

Artaschat 1 Masis 1

Gyumri 1

6 Landkarte RECEA. Rückkehr nach Armenien 2013 – 2014

Aus der Karte wird deutlich, dass sich die Rückkehrer zwar auf das ganze Land verteilen, dass

aber ein Großteil der Menschen nach Jerewan zurückgekehrt ist.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

7 Beratungsdauer und Quantität der Beratungstermine

Die Praxis zeigt, dass bei einem Großteil der Beratungssuchenden nur wenig Zeit zwischen

dem ersten Beratungstermin und der Rückkehr vergeht. In diesen Fällen beträgt die Zeit

zwischen dem ersten Beratungstermin und der Rückkehr ungefähr einen Monat. In anderen

Fällen dauert die Begleitung der beratungssuchenden einige Monate. Man kann deswegen die

Rückkehrer in zwei Gruppen teilen.

In der ersten Gruppe sind die Personen, die in einem kurzen Zeitraum nach der Einreichung der

Bewerbung, das heißt ca. im Laufe eines Monats, nach Armenien ausgereist sind. In der

zweiten Gruppe sind Beratungssuchende, die zwei und mehr Monate in der Beratung sind. Dies

erklärt sich dadurch, dass in der ersten Gruppe die Personen sind, die zu Beratungsbeginn

bereits mit der Ausreiseorganisation begonnen hatten.

Informationen über das Projekt haben sie hauptsächlich von den Beratern in der

Migrationberatungsstelle bekommen.

In der zweiten Gruppe sind vor allem Personen, die an eine Rückkehr denken, aber noch keine

endgültige Entscheidung getroffen haben, oder Personen deren Ausreise von indirekten

Gründen, wie zum Beispiel Gesundheitszustand, abhängig ist. Die Vertreter dieser Gruppe

erfuhren vom Projekt meistens durch armenische Organisationen und private Netzwerke.

Was die Intensität und die Anzahl der durchgeführten Beratungen betrifft, so gibt es keine

direkte Abhängigkeit vom Zeitraum zwischen dem ersten Beratungstermin und dem

Reisetermin, denn diese Parameter sind stark von den Schwierigkeiten jedes Einzelfalles

abhängig und in einigen Fallen muss man die Rückkehrer noch lange Zeit nach der Rückkehr

begleiten und beraten.

Zu Veranschaulichung hier ein Beispiel:

Frau S. mit zwei minderjährigen Kindern wandte sich am 04.07.2013 an das Projekt durch die

Migrationberatungsstelle der Caritas Chemnitz mit der Bitte ihre Ausreise möglichst schnell zu

organisieren, damit die Kindern von Beginn des neuen Schuljahres in Armenien die Schule

besuchen könnten.

Diese Bitte berücksichtigend konnten die RECEA Mitarbeiter mit den Kollegen der Caritas

Chemnitz und Oberlausitz die Familie bereits am 07.08.2013 nach Armenien schicken. Alle

Dokumente außer den Pässen, so wie Diplom, Heiratsurkunde, Führerschein, Geburtsurkunde

der Kinder wurden aber aus technischen Gründen an Frau S. vor ihrer Ausreise von der

Ausländerbehörde nicht ausgegeben. In Folge dessen wurde eine intensive Arbeit mit vielen

Beratungsgesprächen mit allen Akteuren noch mehr als drei Monaten nach der Ausreise von

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Frau S. weitergeführt, bis die Mitarbeiter des Projekts ihre Dokumente bekommen und am

21.11.2013 nach Armenien geschickt haben.

Insgesamt wurden im Rahmen des Projekts 399 Beratungsgespräche (314 - telefonisch, 83 -

persönlich) durchgeführt. Zusammenfassend kann man sagen, dass, wenn man von der

Statistik des Projektes ausgeht, jeder Rückkehrer (einschließlich der Kinder) durchschnittlich

acht Beratungsgespräche erhielten und dass die Intensität der Beratungen mit der Annäherung

des Reisetermins steigt.

8 Leistungsangebot des Projekts

Ein dauerhafter Verbleib von Remigranten in ihren Herkunftsländern kann nur durch eine

erfolgreiche Reintegration in die Ankunftsgesellschaft gewährleistet werden.

In der schlechter wirtschaftlichen Situation in Armenien sind die Leistungen des „RECEA“ –

Projekts nahezu lebenswichtig, insbesondere, wenn es sich um Menschen handelt, die in

ländlich geprägte Regionen zurückkehren. Die wirtschaftliche Existenz der Bevölkerung auf

dem Land basiert zum großen Teil auf Subsistenzwirtschaft, da Löhne und Rente verspätet

und unvollständig ausbezahlt werden und das Lohniveau mit gestiegenen

Lebenshaltungskosten nicht mithalten kann.

Heute liegt der offizielle Durchschnittslohn eines Landarbeiters, falls er überhaupt einen Job

hat, etwa 50 % unter dem Landesdurchschnitt, so dass trotz niedrigerer Lebenshaltungskosten

auf dem Land viele Familien auf Unterstützung von Familienmitgliedern, die in Jerewan oder im

Ausland (meist) in Russland) arbeiten, angewiesen sind. Auf Grund der wirtschaftlichen

Transformation nach dem Zerfall der Sowjetunion und der damit einhergehenden

Verschlechterung der ökonomischen Lage verstärkte sich der Druck zur Arbeits- und

Armutsmigration.

8.1 Rückkehrdokumente

Bezüglich der Beschaffung von Rückkehrdokumenten wurden Angaben von 16 Rückkehrern

gemacht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass hinsichtlich der Beschaffung von

Rückkehrdokumenten fast immer mit staatlichen Organisationen zusammengearbeitet werden

muss.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Bei der Ausfertigung der Dokumente der Rückkehrer für die Ausreise ist das häufigste Problem

das Fehlen oder die abgelaufene Geltungsdauer des Passes. Die Beschaffung des

Ersatzpasses oder die Verlängerung eines abgelaufenen Passes benötigt einen Antrag an das

armenische Konsulat. Das ganze Verfahren dauert ab dem offiziellen Antrag bis zum Erhalt des

benötigten Reisedokuments oft fünf bis sechs Monate und ist mit finanziellen Aufwendungen

verbunden. Die Ausländerbehörde in Deutschland bietet den freiwilligen Rückkehrern an diese

Fragen selbst zu lösen, wenn die Ausländerbehörde diese Prozedur übernimmt, werden die

Rückkehrer gewarnt, dass in diesem Fall eine Abschiebung drohen kann.

8.2 Psychologische Betreuung

Etwa 25% der im Rahmen des Projekts RECEA nach Armenien zurückgekehrten Remigranten

haben psychologische Hilfe benötigt. Unter den Rückkehrern gab es Kranke, die unter

Depressionen, Alkoholismus erhöhter Aggressivität litten, unterschiedliche psychische

Störungen hatten, auch eine Kranke im letzten Krebsstadium, die auch ständige psychologische

Unterstützung brauchte. Von daher war die Entscheidung das Element der psychologischen

Beratung in das Projekt aufzunehmen richtig. Die in Jerewan wohnenden Patienten hat die

Psychologin zu Hause besucht oder mit ihnen in dem Office der Organisation "Hope & Help"

gearbeitet. Mit der in Aparan wohnenden krebskranken Frau H. hat die Psychologin telefonisch

gearbeitet. Alle, die eine psychologische Hilfe im Rahmen des Projekts RECEA bekommen

haben, haben während des Besuchs Interviews gegeben und bemerkt, dass diese Hilfe seitens

des Projekts äußerst notwendig war und ihnen beim Reintegrationsprozess in Armenien sehr

geholfen hat.

8.3 Sonstige Hilfen

Frau H.

Krebs

Herr M.

Alkoholismus und

Depression

Herr F.

Psychische Störungen

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31

Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

9 Monetäre Leistungen

9.1 Starthilfe

Das Leistungsangebot des „RECEA“ - Projektes ist vielfältig und umfasst alle wichtigen

Lebensbereiche. Nach der Aufnahme ins Projekt können Rückkehrer eine Starthilfe in Höhe von

bis zu 2000 Euro erhalten. Nach den Berechnungen der Projektmitarbeiter sollte diese Starthilfe

für ein bescheidenes Leben in den ersten drei Monaten nach der Rückkehr sowie für die

Ausstellung fehlender Papiere und für die Rückerstattung von Schulden ausreichen, die sie für

die Besorgung der Reisedokumente im Ausland oder noch vor der Ausreise gemacht haben.

9.2 Hilfe zur Existenzgründung

Hier stellt sich zunächst die Frage, warum sich das Projektentwicklungsteam entschlossen hat,

Existenzgründungen zu fördern. Im Rahmen der Erstellung der Evaluation wurde dieses

hinterfragt und es wurden verschiedene Beweggründe genannt, warum dieses Instrument aus

Sicht der Projektmitarbeiter sehr sinnvoll und wichtig ist.

Menschen, die sich mit dem Gedanken der Rückkehr befassen, haben meist schon eine lange

Migrationsgeschichte erlebt. Sie sind aus ihrem Heimatland in ein für sie meist fremdes Land

wie Deutschland gekommen. Sie kamen mit hohen Erwartungen, mit Hoffnung auf ein neues

besseres Leben und wollten sich eine neue Existenz aufbauen, sich ein neues Umfeld schaffen

und so ein neues und erfolgreiches Leben in Deutschland/Polen/Bulgarien aufbauen. Es gibt

zweifellos viele Menschen, denen dieses Unterfangen gelingt und viele Fälle, in denen die

Integration gut gelungen ist.

Dennoch gibt es auch viele Schicksale von Menschen, bei denen aus verschiedensten Gründen

die Integration nicht so gut gelungen ist. Gründe für eine nicht als gefühlt erfolgreich gelungene

Integration können Arbeitslosigkeit, Sprachprobleme, Schulprobleme, Existenzangst, fehlendes

soziales Netzwerk, enttäuschte Erwartungen, unsicherer ausländerrechtlicher Status und auch

Heimweh sein.

Nach Aussagen der Projektmitarbeiter kehren die meisten Rückkehrer nicht mit einem kleinen

Vermögen, das die Existenz im Rückkehrland sichert, wieder in die Heimat zurück, sondern sie

verfügen bei der Rückkehr über sehr begrenzte oder gar keine finanziellen Mittel.

Allerdings ist ein sehr wichtiger Baustein einer gelungenen Reintegration im Heimatland die

langfristige Existenzsicherung. Es empfiehlt sich daher schon vor der Rückkehr genau zu

planen, wie zukünftig das Familieneinkommen sichergestellt werden kann. Eine Maßnahme

kann sein, sich bereits im Rahmen der Rückkehrvorbereitung um einen Job zu bemühen, der

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

nach der Rückkehr angetreten werden kann. Dies wird zusammen mit dem Rückkehrmanager

entsprechend vorbereitet, ist aber nicht in jedem Fall erfolgreich.

Eine andere Möglichkeit, sind Existenzgründungen. Hier geht es nicht darum große

Unternehmen aufzubauen, sondern darum, wie man es als Rückkehrer schaffen kann, mit

einem kleinen Zuschuss, die Existenz der Familie zu sichern. Im Rahmen der langjährigen

Rückkehrarbeit haben sich die Existenzgründungszuschüsse als sehr nachhaltiges Mittel einer

erfolgreichen Reintegration herausgestellt.

Damit allerdings die Existenzgründung im Rückkehrland gezielt erfolgt, wird das Thema bereits

vor der Rückkehr angesprochen. Im Rahmen der Rückkehrarbeit wurde ein Fragebogen

entwickelt, der die Grundlage für einen Businessplan bietet. Dieser Businessplan wird

zusammen mit dem Rückkehrmanager besprochen und es werden mögliche Fragen geklärt

oder Verbesserungsvorschläge gemacht. Die Idee welche Art von Unternehmen gegründet

werden soll, bleibt den Rückkehrern selbst überlassen.

Sofern das Projektteam den Businessplan und die Idee positiv gewertet, wird ein

Existenzgründungszuschuss gewährt. Dieser Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden, denn

er dient als Hilfe um das Geschäft aufzubauen. In den meisten Fällen sind die Summen, die

benötigt werden, nicht hoch. Die Kosten der Unternehmensgründung in Deutschland und den

Rückkehrländern sind nicht vergleichbar. Während in Deutschland meist ein Beitrag von

minimal mehreren 10.000 Euro gebraucht wird, reichen im Rückkehrland meist Beträge von ca.

2.000 Euro aus um die notwendigen Grundlagen für eine Existenzgründung zu schaffen.

Das Ziel der Unterstützung der Existenzgründung ist es, dass die Rückkehrer sich langfristig

eine wirtschaftliche Existenz aufbauen können. Hierzu sind Existenzgründungszuschüsse eine

sehr viel nachhaltigere Maßnahme als nur das Auszahlen von Geldbeträgen als Rückkehrhilfe.

Die Geldbeträge sind nach einer gewissen Zeit ausgegeben und die Rückkehrfamilie steht ev.

ohne weiteres Einkommen da. Daher werden Existenzgründungen gefördert, sofern die Idee

passend, umsetzbar und erfolgversprechend scheint.

Einige Rückkehrer waren an einer Existenzgründung interessiert und ließen sich

dementsprechend beraten. Nach der Analyse der eingereichten Businesspläne und

durchgeführten Gespräche mit den potentiellen Unternehmern wurden die meisten

Geschäftsideen befürwortet und daher ein Zuschuss bewilligt. Entscheidend für die Zustimmung

und Mittelvergabe waren das Vorhandensein entsprechender fachlicher Kenntnisse,

Erfahrungen und Fähigkeiten bei jedem Antragsteller sowie die Motivation und das

Durchhaltevermögen. Darüber hinaus wurden ebenfalls die Aktualität der Idee, die

Möglichkeiten der erfolgreichen Umsetzung, realistische Kostenaufstellung sowie Entwicklungs-

und Wachstumsperspektiven des Unternehmens geprüft.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Die Existenzgründer haben bis zu 3000,- Euro je nach Bedarf und Umfang des Geschäftes

erhalten. Die Summe ist so berechnet worden, dass Gebühren für die Anmeldung als

Privatunternehmer, notwendige Anschaffungen für den Start sowie laufende Fixkosten gedeckt

werden könnten bis die ersten Einnahmen kommen.

Unten sind einige Beispiele der Existenzgründungen dargestellt. Der Inhalt der Tabelle ist auf

Basis der Interviews mit den Unternehmern während der Evaluationsreise zusammengefasst.

Tabelle 2: Existenzgründungen

Begünstigter/

Geschäftsidee

Förderungssatz/

Förderungsobjekt

Vorteile Foto

Herr O./

Taxi Leistungen

2000,- Euro

Anschaffung des

Autos

Professioneller

Autofahrer

Familie K. /

Fleischgeschäft

, Milchproduktion

2000,- Euro

Anschaffung von

1 Sau, 2 Kühe,

Saatgut und

Einpflanzen von

Futterpflanzen

- 35 – jährige

Erfahrung in

Viehzucht

- Schweinestall und

Viehstall sind

vorhanden

- Kooperation mit

Sohn und

Schwiegertochter

=

Kostenersparnisse

Frau S./

Getreidekulture

n

2000,- Euro

Anschaffung:

Saatkorn,

Pflügen, Aussaat

- Arbeitserfahrung in

Agrikultur

- hohe Motivation und

Engagement

- Kooperation mit

Bruder und Mutter

= Kostenteilung

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Herr M./

Autowäsche

2000,- Euro

Anschaffung:

Werkzeug,

Räumlichkeit für

die Werkstatt

- Arbeitserfahrung

= Kostenteilung

Mehr als 40% der Rückkehrer wohnen auf dem Lande und sind mit landwirtschaftlicher Arbeit

vertraut. Die meisten Geschäftsideen stammen deswegen aus dem primären Sektor und

beinhalten Viehzucht und den Verkauf von Lebensmitteln tierischer Erzeugung: Milchprodukte,

Eier, Speck, Fleisch. Hinzu gehört ebenso der Imkereibetrieb. Die Grundstückinhaber bzw. -

pächter betreiben Getreide- oder Gemüseanbau. Der in der Stadt wohnende männliche Teil der

Rückkehrer äußert hauptsächlich den Wunsch ein eigenes, mit Autos verbundenes

Unternehmen zu eröffnen: Taxileistungen, Autowerkstatt, Autowäsche. Die weibliche

Bevölkerung beschäftigt sich eher in der Dienstleistungsbranche beispielsweise als

Friseurinnen oder Kosmetikerinnen.

Es ist noch zu früh über große Unternehmenserfolge zu berichten, weil viele der genannten

Betriebe sich zum Zeitpunkt der Evaluationsreise erst in der Aufbauphase befanden.

Nichtsdestotrotz berichteten die Begünstigten über ihre ersten kleinen Fortschritte und

Zukunftspläne und waren sehr froh endlich die Möglichkeit bekommen zu haben, eine

wirtschaftliche Basis zu schaffen und ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Von daher ist

eine solche Unternehmensförderung im Rahmen des Projekts als eine erforderliche und

gelungene Maßnahme zu sehen, die zur Nachhaltigkeit der Rückkehr wesentlich beiträgt.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

10 Das RECEA Integrationszentrum in Jerewan

Kernstück des Projektes RECEA war der Aufbau eines Integrationszentrums in Jerewan. Die

mehrjährige Arbeit mit den Rückkehrern zeigt, dass die Gesundheitsversorgung und die Zukunft

der Kinder ein zentrales Moment des Erfolges des Rückkehrprozesses sind. Der Schulbesuch,

das Erlernen der Sprache und das Knüpfen neuer sozialer Kontakte sind wesentliche Faktoren,

die es zurückgekehrten Kindern wesentlich erleichtern, die neuen Belastungen zu bewältigen

und Zukunftsperspektiven aufzubauen. Die Kinder werden als eigenständige Personen

behandelt und ihre Bedürfnisse werden auch im Rückkehrprozess wahrgenommen und

berücksichtigt. Hierzu gehört die psychologische Begleitung ebenso wie auch Ausstattung mit

Lernmaterialen, Nachhilfe, Hausaufgabenhilfe, aber auch die Förderung vielfältiger sozialer

Kontakte und individuelle Unterstützungsmaßnahmen.

In allen bisherigen Rückkehrprojekten stand die Situation der Kinder, Jugendlichen und jungen

Familienangehörigen nicht im Mittelpunkt. Aufbau eines Integrationszentrums in Armenien mit

Wiedereingliederungsmaßnahmen, pädagogischen und psychologische Unterstützung und

Sprachunterricht zur Erleichterung der Reintegration von jungen Menschen ist eine

Besonderheit und Innovation des Rückkehrprojektes RECEA.

10.1 Tätigkeit des AWO Heimatgarten Integrationszentrums Jerewan

Das Zentrum wurde im Dezember 2012 auf der Basis des Deutschen Lehr-und Kulturzentrums

(DLKZ) in Jerewan gegründet. Die Adresse: 0070, Jerewan, Alek Manukjan Str. 13, Staatliche

Armenische Pädagogische Universität “Khachatur Abovyan”.

10.2 Tätigkeitsbereiche

Tätigkeitsbereiche des Integrationszentrums in Jerewan richten sich auf Unterstützung und

Hilfe, insbesondere für Kinder und junge Familienangehörige für die Reintegrationsphase in

Armenien. Diese Hilfen umfassen sowohl Sozialberatung, als auch Sprachkurse und

psychologische Unterstützung.

soziale Adaptation der Rückkehrer

psychologische Hilfe

Sozialisation (durch die Sozialberatung)

Entwicklung der nationalen Identität

Entwicklung der Toleranz

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Sprachkurse

Kulturprogramm, Kennenlernen der nationalen Kultur, Geschichte, Literatur, historischer

Denkmäler und Gedenkstätten

Besonderen Wert wird auf die Beherrschung der armenischen Sprache als Muttersprache

gelegt, auf die Entwicklung des sprachkommunikativen Könnens.

Die Beherrschung der armenischen Sprache als Muttersprache ist entscheidend für die

Adaptivität und Integration der Kinder. Beim Armenischunterricht nimmt Landeskunde eine

große Rolle ein. Vermittelt wird sie über DVD-s, Computer, Radiosendungen, Such- und

Informationstexte, Fotos, Prospekte. Das Ziel ist die Rückkehrer in der Aneignung ihrer neuen

Lebens- und Lernwelt zu unterstützen.

Landeskunde ist immer sprachbezogen. Im Unterricht bietet sich oft die Möglichkeit,

verschiedene Fakten, Erscheinungen Sitten und Bräuche zweier/ dreier Länder (z.B. Armenien

und Deutschland, Armenien, Russland und Deutschland) zu vergleichen, zu bedenken, was für

Lerner sehr spannend ist. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen vergleich durch

Fragen anzustellen: Wie ist das in unserer Heimat? Wie ist das in (in einem konkreten Land)?

Wie ist das in anderen Ländern?

Von großer Bedeutung für die Sozialisation ist kulturelles Hintergrundwissen, aber auch die

Alltagskultur, alles was kulturell geprägt ist. Bekanntlich kann das Fehlen der

Alltagskulturkompetenz zu Missverständnissen, sogar zum Kommunikationsabbruch führen.

Die Aneignung der Alltagskultur findet meist durch spezielle Redemittel in Modelldialogen statt.

Dabei erscheinen solche Fragen

“Wie alt sind Sie?”

“Sind sie verheiratet?” oder “Wie viel verdienen sie?” unpassend in manchen Situationen.

Natürlich ist die interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Kompetenz nicht nur, mit

interkulturellen Missverständnissen umzugehen (DaF Unterrichten. Basis wissen Didaktik.

Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ernst Klett Verlag, Stuttgart, 2013, S. 100-102).

Interkulturelle Kompetenz ist mehr als den Menschen.

10.3 Probleme, mit denen die junge Rückkehrer konfrontieren

Junge Menschen erleben die Remigration meist anders als ihre Eltern, vor allen Dingen, weil

sie oft in ein für sie fremdes Land kommen. Die Mitarbeiter haben folgende Kernprobleme

identifiziert:

Wechsel der Lebensbedingungen

Eindringen in eine neue soziale Umgebung

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

neues unbekanntes Schulsystem

geringere Kenntnisse der Muttersprache

fremdes Sprach- und Kulturmilieu

andere Lebensbedingen

Die Hilfe und Unterstützung des Zentrums bestand darin die notwendigen Bedingungen zur

Integration der zurückgekehrten Kinder in ihrer Heimat zu schaffen, effektive Verfahren und

Methoden anzuwenden.

Die Beherrschung der Muttersprache und die Fähigkeit in dieser Sprache zu kommunizieren ist

ein untrennbarer Bestandteil der sozialen Integration der Kinder und Jugendlichen. Es ist uns

ein Anliegen, nach neuen und motivierenden Unterrichtsideen zu suchen. Nicht der frontale

Unterricht mit viel Grammatik, Vokabeln lernen und formalen Übungen scheint als der richtige

Weg. Im Mittelpunkt des Fremdspracheunterrichts steht das Konzept der

Handlungsorientierung, d.h. etwas mit Sprache tun. Auf dieser Herangehensweise basiert auch

der Gemeinsame Europäischen Referenzrahmen für Sprache durch verschiedene

Kannbeschreibungen in vier Fertigkeiten- Hör-, Leseverstehen, Sprechen und Schreiben.

Das Konzept der Handlungsorientierung ist aufs engste mit dem Begriff Aufgabenorientierung

verknüpft, d.h. mit Sprachhandlungen. Es hat sich bewährt, einerseits die Sprachkenntnisse zu

vermitteln und Kommunikationsfähigkeit zu entwickeln und andererseits, die

Sehenswürdigkeiten zu besuchen - Museen, Theater, Gedenkstätten, Exkursionen in der Stadt

und außerhalb der Stadt. Infolge dieser Maßnahmen konnten die Kinder und Jugendlichen das

reiche Erbe der nationalen Kultur kennenlernen.

Psychologische Hilfe wurde im Laufe dreier Monate von der Lektorin geleistet. Die

Hauptstrategien waren auf den Abbau und Beseitigung von Stress, auf dem allgemeinen

Zustand der nervösen Stimmung, Beunruhigung, Beängstigung gerichtet.

10.4 Die Sprachsituation

Die Bevölkerung Armeniens ist ethnisch relativ homogen. Es bestehen hier alle

Voraussetzungen die Sprachen der nationalen Minderheiten zu fördern, die Sprachen von

Russen, Deutschen, Polen, Assyrern, Georgien, Juden u.a. Die größte Minderheitsgruppe

bilden die Russen: die russische Sprache ist die erste Fremdsprache nach der Muttersprache

und wird ab der zweiten Klasse in den öffentlichen Schulen gelernt. Deutsch wird einerseits als

Drittsprache ab der dritten Klasse, andererseits als Viertsprache ab der fünften Klasse gelernt.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

10.5 Status der deutschen Sprache in Armenien

Im armenischen Schulsystem lernt man ab der zweiten Klasse Russisch als Zweitsprache.

Danach folgt ab der dritten Klasse meist eine europäische Sprache als Fremdsprache (FS).

Deutsch als FS wird ab der dritten Klasse gelernt nach dem Armenischen und Russischen.

Deutsch als Unterrichtsfach wird in Kindergärten, allgemein bildenden Schulen und

Privatschulen erteilt. Die dritte Fremdsprache an den Schulen ist neulich gesetzlich legitimiert.

(Anordnung der Regierung von 10.01.2008 N 111 ). Deutsch kann als Viertsprache ab der

5.Klasse gelernt werden, meist nach Englisch im Alter von etwa zehn bis elf Jahren.

Einerseits ist im Schulbereich das Erlernen der ersten Fremdsprache nicht abgeschlossen,

wenn der Unterricht in der/ den Folgesprache/n eingesetzt wird. Andererseits ist der

Lernprozess durch das gleichzeitige, parallele Erlernen mehrerer Fremdsprachen auf

unterschiedlichem Kompetenzniveau gekennzeichnet. (2003: Britta Hufeisen, Gerhard Neuner).

Grundsätzlich gilt, dass “... das Deutsche heute schon als zweite Fremdsprache nach Englisch

gelehrt und gelernt wird“ (NEUNER, 1999. S. 34). Der von Gerhard Neuner deklarierte Status

der deutschen Sprache setzt sich allmählich auch in Armeinen durch. Das sieht man bereits im

Fächerkanon einiger Schulen. Hier gibt es Differenzierungen zwischen Gymnasien, Berufs-,

geisteswissenschaftlich- bzw. naturwissenschaftlich orientierten Schulen. An manchen Schulen

werden neben dem obligatorischen Russisch parallel zwei weitere Fremdsprachen angeboten.

10.6 Spezifik von Deutsch als Fremdsprache

Die Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der allgemeinbildenden nationalen

Schule lassen sich vom Standpunkt der Sprachsituation zunächst wie folgt beschreiben. Die

soziolinguistische Literatur beschreibt dieses Phänomen als subordinativen Typ der

Zweisprachigkeit. So heißt der Typ, bei dem die Erstsprache (Muttersprache, im gegebenen

Fall die armenische Sprache) der Zweitsprache (der russischen Sprache) übergeordnet ist.

Also, einerseits sind die nationalspezifischen Aspekte des Fremdsprachenunterrichts in

Armenien damit verbunden, dass die Sprachbasis der Schüler auf der doppelten

Sprachbeherrschung basiert und dass die Sprachkompetenz im Rahmen dieses

Zweisprachigkeitstyps nicht gleich ist. Diese Schlussfolgerung ist gerechtfertigt, wenn man

dieses Phänomen von der horizontalen Dimension betrachtet.

10.7 Die Bedeutung der Muttersprache bei der Beschulung armenischer Kinder

Anzumerken ist die Spezifik der armenischen Sprache: Sie gehört zur indoeuropäischen

Sprachfamilie (Einzelzweig auf dem genealogischen Baum) und der typologischen

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Charakteristik nach, ist sie agglutinierende Sprache mit einem entwickelten System von

Flexionen und analytischen Konstruktionen.

So beherrschen die Schulanfänger die genetisch nicht verwandten Schriften des Armenischen

(eigenartige Schriftzeichen) und des Russischen (das kyrillische Alphabet) und danach des

Deutschen (das lateinische Alphabet).

Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die Erstsprache (die Muttersprache, im gegebenen Fall

die armenische Sprache) der zweiten (der russischen) übergeordnet ist, was für den

subordinativen Bilingualismus typisch ist. Neben dem subordinativen Bilingualismus besteht in

Einzelfällen der koordinative Bilingualismus, der sich durch gleichberechtigte

Sprachverhältnisse kennzeichnet.

Beim Aneignungsprozess ist der sprachliche Normverstoß zu berücksichtigen – ob durch die

Erst-oder durch die Zweitsprache verursacht – weil Fehler ein wichtiges Indiz des

Aneignungsprozesses sind.

Wir unterscheiden Fehler

die gesetzmäßigen Charakter tragen (typische Fehler)

solche, die sporadisch auftreten.

Ausgangspunkt für die Unterrichtsgestaltung ist der lernerzentrierte Ansatz und vor allem:

Amplifikation der Entwicklung des Kindes (Elkonin, Saporoshez, Venger), d.h. maximale

Aktualisierung jener Eigenschaften und Potenzen, die dem Kind innewohnen.

Handlungsorientierter FU, mehrkanaliges Lernen,

Bildhafter Charakter der Wahrnehmung

GER - Kompetenzmodell

Bewältigung von kognitiven Handlungsverfahren

Die Steuerung des Aneignungsprozesses setzt die Bewältigung von kognitiven

Handlungsverfahren voraus. Die auf bestimmte Lernobjekte gerichteten kognitiven Handlungen

sind organische Bestandteile des Kenntniserwerbs und der Fähigkeitsentwicklung.

Das ermöglicht, bestimmte Spracheinheiten sowie die Mechanismen ihres Funktionierens

visuell zu modellieren. Je vollständiger der Operationsbestand repräsentiert ist und je

intensiver jede Operation ausgeführt ist, desto effektiver ist der Aneignungsprozess.

12.3.4 Bildhafte Modellierung

Die bildhafte Modellierung erscheint als Vorform abstrakten Denkens ein. Zur Bewältigung der

bildhaften Modellierung der kognitiven Handlungsverfahren dient eine besondere Form der

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

materialisierten Gestaltung von sprachlichen Strukturen durch spezielle Spielmarken (Zeichen),

die als Ersatzmittel der Sprachelemente unterschiedlicher Art auftreten.

12.4 Unterrichtsschwierigkeiten

Immer kommen neue Kinder in die Gruppen, meist ohne Vorkenntnisse oder mit dem niedrigen

Niveau der Sprachkenntnisse. In diesem Fall ist es schwer, die Neulinge in der Gruppe zu

integrieren. Deshalb ist es zweckmäßig, individuell mit ihnen zu arbeiten, damit sie den

Lernrückstand zu den anderen Schülern aufholen können.

Die andere Kategorie der Schwierigkeiten ist durch die Spezifik der armenischen Sprache

bedingt. z.B. im Armenischen fehlt die Kategorie des Geschlechts. Unter dem Einfluss der

Muttersprache kommen zahlreiche Fehler im Russischen und Deutschen vor. Um derartige

Fehler zu vermeiden, braucht man den Einsatz von kognitiven Operationen. Diese Operationen

sind auf die Differenzierung solcher Erscheinungen im Bereich der Muttersprache.

10.8 Ergebnisse Integrationszentrum

In der Arbeitszeit haben das Zentrum mehr als 40 Kinder und junge Menschen aus

Rückkehrfamilien besucht. Das Zentrum besuchende Kinder kamen zurück nach Armenien aus

Deutschland, Belgien, Bulgarien, Polen, Niederlande, Dänemark, Russland und Ukraine. Je

nach Sprachkenntnissen wurden die Kinder in Gruppen für Anfänger oder für Fortgeschrittene

eingeteilt. Die Kinder erhielten deutschen, russischen, und armenischen Sprachunterricht. Es

gab den Gruppenunterricht zweimal pro Woche. Mit einigen Kindern hat individuell ein

Psychologe gearbeitet.

Kulturveranstaltungen und Ausflüge fanden am Wochenenden und Feiertagen statt. Während

der Interviews, die für die Evaluation des Projekts mit den Kindern und ihren Eltern durchgeführt

wurden, haben alle eine unschätzbare Hilfe seitens des Zentrums für die Integration in die

armenische Gesellschaft der zurückgekehrten Kinder betont. Als Ergebnisse der Arbeit kann

man zwei Beispiele bringen:

Der Junge H., 12 Jahre alt, ist in Bulgarien geboren und bei dem Umzug nach Armenien konnte

er auf armenisch weder schreiben, noch lesen oder sprechen. Er konnte sich mit anderen

Kindern nicht unterhalten und hatte keine Freunde. Nach einigen Monaten des Unterrichts im

Zentrum hat er angefangen armenisch zu sprechen, mittlerweile kann er schon lesen und

schreiben und hat Freunde gefunden.

Das Mädchen O. aus der neunten Klasse hat nach einem Jahr des Deutschunterrichts im

Zentrum die Staatsolympiade für deutsche Sprache gewonnen.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

Für die Arbeit des Zentrums war es sehr von Vorteil, dass an der staatlichen armenischen

pädagogischen Universität angesiedelt wurde und so hoch qualifizierte Honorarkräfte für die

Arbeit im Zentrum gewonnen werden konnten. Die Universität Jerewan ist mit etwa 13.000

Studierenden die führende Fachhochschule Armeniens, bestehend aus elf Fakultäten mit 42

Lehrstühlen. Aus dem Vermieter des im Dezember 2012 auf dem Universitätsgelände

eröffneten Heimatgarten Integrationszentrums Jerewan (HAY) ist mittlerweile ein zentraler

Partner für das Projekt RECEA geworden und trägt die Patenschaft für das

Reintegrationszentrum. Der Unterricht des Zentrums findet in Hörsälen der Universität statt und

die jungen Mitarbeiter und Studenten der Universität nehmen als Freiwillige am Leben und an

der Arbeit des Zentrums aktiv teil.

Ein großer Erfolg des Projekts ist die Unterzeichnung des Memorandums über die Kooperation

zwischen im Rahmen des Projekts gegründetem Integrationszentrum in Jerewan (Heimatgarten

Adaptation Centre Yerevan - HAY RECEA), OFII – TIA (French Office for Immigration and

Integration Representation in Armenia in the framework of the EU funded Targeted Initiative for

Armenia projekt) und dem Migrationsdienst des Ministeriums für territoriale Verwaltung (State

Migration Service of the Ministry of Territorial Administration of the Republic of Armenia). Der

auf Grund dieses Memorandums geschlossene Vertrag sieht Einweisung der Kinder aus den

Rückkehrfamilien von der Seite OFII – TIA und State Migration Service of the Republic of

Armenia ins Integrationszentrum RECEA auch nach der Beendigung des Projekts vor.

Die Tatsache der Unterstützung des Kinderzentrums HAY RECEA seitens der staatlichen

armenischen Institutionen und der akkreditierten in Armenien europäischen Organisationen in

der anschließend nach die Beendigung des Projekts RECEA spricht sowohl über die Aktualität

des Adaptationsproblem der zurückgekehrten Kinder, als auch über die Effektivität der Arbeit in

Rahmen des Projekts in Armenien eröffnetes AWO Heimatgarten Integrationszentrums RECEA.

Solche unabhängige Bewertung der Ergebnisse des Projekts erlaubt zu meinen, dass das

Hauptziel des Projekts erreicht ist und eine Empfehlung zu geben HAY RECEA als пилотной

Model für die Eröffnung ähnlicher Zentren auch in anderen Ländern mit Migrantenausgang zu

nehmen.

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Gefördert durch den Europäischen Rückkehrfonds

11 Abschließende Bewertung

Im Rahmen der Evaluation wurden verschiedene Gespräche geführt, an Projektaktivitäten

teilgenommen, eine Reise durchgeführt und Rückkehrer interviewt. Außerdem wurden

Aktivitäten und erreichte Ziele mit den geplanten Zielen des Projektes abgeglichen.

Schaut man auf die geplanten Projektziele, so kann man sagen, dass die meisten Ziele und

Maßnahmen umgesetzt wurden. Kernstück des Projektes war die Arbeit im Integrationszentrum

verbunden mit dem dort stattfindenden Sprachunterricht. Durch das engagierte und qualifizierte

Personal vor Ort wurde diese Arbeit sehr erfolgreich geleistet. Es wurden die Sprachen

Armenisch, Deutsch und Russisch gelehrt.

Weiterhin hat das Projekt in Armenien einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht, da es als

positives Pilotprojekt betrachtet wurde. Die wichtige Arbeit im Zentrum bleibt über das Projekt

RECEA hinaus bestehen und sicher so die Nachhaltigkeit vor Ort.

Die Anzahl der Rückkehrer blieb leider hinter der geplanten Zahl von 60 zurück, wenn auch nur

leicht. Allerdings haben die meisten Rückkehrer sowohl die Unterstützung vor als auch nach der

Rückkehr in Anspruch genommen und haben sich von den Projektmitarbeitern unterstützen

lassen.

Generelle Probleme gab es mit der Projektumsetzung in Polen, da es sehr schwer war

überhaupt Mitglieder der Zielgruppe zu erreichen (s. Situation in Polen). Mehr Rückkehrer als

geplant wurden vom bulgarischen Büro betreut.

Insgesamt wurden alle geplanten Maßnahmen umgesetzt. Auffällig war das hohe Engagement

aller Mitarbeiter und die große Bereitwilligkeit aller Mitarbeiter und auch der meisten Rückkehrer

an der Evaluation mitzuarbeiten.