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Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft1
Religionen – Brandbeschleuniger oderFriedensstifter?
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft2
Religion produziert Gewalt –Drei Statements
Ulrich Beck: "Die Gesundheitsminister warnen: Religiontötet. Religion darf an Jugendliche unter 18 Jahre nichtweitergegeben werden." [DIE ZEIT 52 (19.12.2007) S.12]
Jan Assmann: „Die Religion erweist sich heute nicht alsdas Opium sondern vielmehr als das Dynamit des Volkes.“[Theologische Zeitschrift 62 (2006) 4, S. 475]
Samuel Huntington: „Die Grenzen des Islam sind (…)blutig, und das Innere ist es ebenfalls.“ [Kampf der Kulturen,1996, S. 420]
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft3
Religion produziert Gewalt –Vier Befunde
Eskalation: Konflikte eskalieren häufiger, wenn sie einereligiöse Dimension haben (Tusicisny 2004; Roeder 2003).
Intensität: Konflikte sind gewalttätiger, wenn sie einereligiöse Dimension haben (Fox 2004; Oeace 2005).
Dauer: Konflikte dauern länger und sind schwerer zu been-den, wenn sie eine religiöse Dimension haben (Ellingsen2005)
Islam: Muslimische Konfliktparteien sind an Gewalt-konflikten überproportional beteiligt (Fox 2004; Toft 2006)
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft4
Religion produziert Gewalt –Fünf Mechanismen
Abgrenzung: Mit Religionen geht eine radikale Unter-scheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen einher.
Wahrheitsanspruch: Der Wahrheitsanspruch vonReligionen verhindert politische Kompromisse.
Gewaltlegitimation: Überhöhung des Konfliktgegenstandsund Verteufelung des Konfliktgegners durch Religionen
Opferbereitschaft: Religion fördert Selbstlosigkeit.
Misstrauen: Die Verteufelung des Konfliktgegnerserschwert eine Verhandlungslösung.
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft5
Religion produziert Gewalt –Fünf Gegenthesen
Konfliktursache: Religiöse Differenzen in Gewaltkonfliktenselten der primäre Konfliktgegenstand.
Politische Eliten: Politische Eliten handeln in Konflikten ineinem weiten Sinne rational.
Instrumentalisierung: Politische Eliten nutzen religiöseÜberlieferungen als Mobilisierungsressource.
Instrumentalisierungsprophylaxe: Schutz religiöserÜberlieferungen vor politischer Vereinnahmung.
Formale Merkmale: Religiöse Bildung, religiöse Öffent-lichkeit, religiöses Bewusstsein und religiöse Autonomieerhöhen die Resistenz von Glaubensgemeinschaften.
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft6
Die Anzahl bewaffneter Konflikteseit 1946 I
Quelle: Harbom, Lotta/Wallenstein, Peter 2007: Armed Conflict 1989-2006,Journal of Peace Research 44: 5, 619
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft7
Die Anzahl bewaffneter Konflikteseit 1946 II
(Quelle: Uppsala Conflict Database 2007)
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1946 1951 1956 1961 1966 1971 1976 1981 1986 1991 1996 2001 2006
All Conflicts Minor Conflicts War
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Die säkularen Ursachen vonBürgerkriegen
Religiöse und ethnische Unterschiede haben keinenunmittelbaren Einfluss auf das Bürgerkriegsrisiko.
Geringes Pro-Kopf-Einkommen und Wachstumskrisenlassen das nationale Bürgerkriegsrisiko deutlich steigen.
Staatskrisen und Regimewandel lassen das nationaleBürgerkriegsrisiko deutlich steigen.
Länder mit Bürgerkriegserfahrung tragen ein deutlichhöheres Risiko, dass wieder Kämpfe ausbrechen.
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft9
Wirtschaftskrise und Bürgerkriegsrisiko
Quelle: Human Security Report 2005
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft10
Rationalität gewaltbereiter Eliten
Bürgerkriege werden von politischen Eliten organisiert
Staatsschwäche als Voraussetzung von Bürgerkriegen
Die Entstehung von Gewaltmärkten
Die Brutalisierung von Bürgerkriegen
Die ambivalente Effektivität von Blauhelmmissionen
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Friedensmissionen derVereinten Nationen
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft12
Die Ambivalenz der Religion inpolitischen Konflikten
Religionen können nicht nur Hass und Gewalt unterstützen,sondern auch Frieden und Versöhnung fördern.
Khan Abdul Ghaffar Khan und die „Diener Gottes“,
Kardinal Sin Jain und die friedliche Peoples Power Revolution aufden Philippinnen
Desmond Tutu und der South African Council of Churches inSüdafrika
Acholi Religious Leaders for Peace Initiative in Uganda
Großayatholla Ali al-Sistani und die hohe schiitische Geistlichkeitim Irak
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft13
Großayatholla Ali al-Sistaniin Nadaschaf
Financial Times, 28./29.08.2004
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Instrumentalisierungsprophylaxe
Politische Eliten
Religiöse Eliten
Religiöse Basis
Religiöse Autonomie
Religiöse Bildung
Religiöse Öffentlichkeit
Religiöses Bewusstsein
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Merkmale gewaltresistenterGlaubensgemeinschaften
„Religiöse Bildung“ meint das Wissen um die Kom-plexität religiöser Traditionen. Mit steigendem Komplexi-tätsbewusstsein sinkt die Anfälligkeit für selektive Inter-pretationen mit militantem Absolutheitsanspruch.
„Religiöse Öffentlichkeit“ beschreibt Diskussionszusam-menhänge, in denen religiöse Eliten ihre Auslegung voreinem Publikum argumentativ rechtfertigen. Militante Inter-pretationen müssen mit gemäßigten Auslegungen umZustimmung konkurrieren.
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Merkmale gewaltresistenterGlaubensgemeinschaften
„Religiöses Bewusstsein“ meint das Bewusstsein um dieDifferenz zwischen dem Bereich des Profanen und demBereich des Sakralen. Religiöses Bewusstsein schafftDistanz zur Welt und delegitimiert Gewalt, da sich die Weltdurch Gewalt nicht verändern lässt.
„Religiöse Autonomie“ beschreibt die rechtliche oderfaktische Unabhängigkeit einer Glaubensgemeinschaft vonStaat und Politik. Autonome Glaubensgemeinschaftenkönnen ihre Traditionen pflegen und der Religion in derWelt einen Ort geben.
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Formale Merkmale von Glaubensgemeinschaften
Prof. Dr. Andreas Hasenclever Institut für Politikwissenschaft18
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