Rentschka. Die Dekalogkatechese des Hl. Augustinus. 1904

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    3067lAN 2 5 1957

    Referent: Professor Dr. Knig.

    Breslau, am 26. Juli 1904.Nrnberger, z. Z. Dekan.

    Das vollstndige Werk erscheint demnchst unter gleichem Titel imVerlage der Josef Kserschen Buchhandlung in Kempten.

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    Inhaltsverzeichnis.Seite

    Einleitung 1I. Stellung des Dekalogs in der Sittenkatechese des hl. Augustinus.A. Vorfragen.

    1. Welche Schriften des hl. Augustinus sind fr den Dekalogvon Wichtigkeit? 3

    2. Welche sermones ber den Dekalog sind Katechesen?. . . 43. Welche Vorarbeiten konnte Augustinus benutzen? 9

    B. Abhandlung.1. Wann hat Augustinus die Dekalogkatechese in den Katechu-

    menenunterricht eingefhrt?a. Die antimanichische Periode.Das Einfhrungsjahr 11

    Die einfhrende Dekalogkatechese 21Die brigen Dekalogkatechesen 25Die Dauer dieser Periode 26Resultate 30

    b. Die antipelagianische Periode.Das Einfhrungsjahr 31Die einfhrende Dekalogkatechese 34Die brigen Dekalogkatechesen 38Die Dauer dieser Periode 40Resultate 41Die Zusammenhnge mit der Gesamtlage 42

    2. Welche Folgen hatte die Einfhrung der Dckalogkatcchescfr den sonstigen Sittenunterricht der Katechumenon?a. Die Unterrichtsmethode des hl. Augustinus mit Bezug

    auf die KatechismusstUck; 45

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    Einleitung.

    Biis zu Augustinus finden sich bei den christlichenKirchenscliriftstellern i^eine Predigten, keine Katechesen,keine Abhandlungen ber den Dekalog. i) Eine Homilie berdas erste der zehn Gebote ist uns von Origenes (hom. VIII.in Exod.) erhalten. Diese geht aber niciit hinaus ber denRahmen einer Rede gegen den Gtzendienst, wie es derenaus damaliger Zeit so viele gibt. Der [ekalog war ebenbis zu Augustinus nicht die Norm, nicht das Centrum derkatechetischen Sittenuntervveisung. Diese Noi'm war viel-mehr das Doppelgebot der Liebe oder die sogenannte Zwei-wegelehre, die fters auch mit einander verbunden denMittelpunkt einnahmen. Dies zeigt uns der liarnabasbriefund die Didache, welch letztere von Atiianasius (ep. Fest. 3i>) alsLehrbuch fr die Katechese aufgefhrt wird. Daneben findenwir persnliche Systeme fr die Sittenkatechese im 11. Buchdes Pastor Hermae (than, ep. fest. 11 und 89 fhrt ihn alskatechetische Schrift an.), in der Trilogie des Clemens vonAlex, und in der epitome divin. instit. (c. 59 ff.) des Lactantius.Der Dekalog war aber durchaus nicht mifWachtet. Erwurde unter den vielen Geboten der heiligen Schritt inil-erwhnt, hatte Jedoch keine heirschcnde Stellung. DieApologeten sttzten sich auf ihn, um gegen die Heiden denBeweis zu fhren, dal) das (.hristentum seine Wurzeln schonin der Zeit des Moses, als seiner Vorbereitungszeit, ruhen

    1) Im vollstndigen Wcrko wird die iMiilcitiing eine cinllJlirlu',allseits begrndete AusfiilirunK dazu geben. Selbst Clemens \on Alexhat. nur gelegentJieli auf den Dekalog He/.ug genommen, ihm aber keineeigene Abhandlung gewidmet.

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    hat und somit lter ist als der Heidenwahn, als selbst dieGesetze eines Lykurg, eines Solon, als die Zwlftafelgesetzeder Rmer. Der Dekalog wird auch im Kampfe gegen dieGnostiker bentzt (Irenaeus u. a.), um die Harmonie zwischendem Alten und dem Neuen Testamente anzuzeigen. Dabeiwird oft darauf hingewiesen, da die Christen die primitiven"zehn Gebote zu halten haben. Eine herrschende Stellunggewhrte man dem Dekaloge hingegen nicht.Zum Beweise des Gegenteils beruft man sich unteranderem auf Gregor von Nazianz (z. B. Lehrbuch der kath.Katechetik von F. Schberl, Kempten 1890 p. 105.) Dieserspricht aber in seiner Rede auf die hl. Taufe, (Migne, P. Gr.tom. 36. p. 359) im Kapitel 45 nicht vom Dekalog, sondernvon den zehn Glaubensstzen des Symbolums, hnlich wieCyrill von Jer. in seiner vierten Katechese.

    Die herrschende Stellung hat der Dekalog erst durchAugustinus erhalten, der ihn aufs engste mit dem Doppel-gebote der Liebe verband, die bisher in engen Grenzengehaltenen Begriffe der zehn Gebote erweiterte, den Inhaltdes Dekaloges sogar dem Inhalt des Liebesgebotes gleich-setzte, der unter den christlichen Schriftstellern die erstenKatechesen und Abhandlungen ber den Dekalog verfate.Seine Arbeiten waren ein kostbares Erbe fr die Nachwelt.Eugippius, Isidor von Sevilla, Beda, Alcuin sind die treuenHter dieses Vermchtnisses. Petrus Lombardus und andrehaben darauf weiter gebaut, die Dekalogerklrung des heil.Augustinus auch in den Unterricht des Mittelalters eingefhrt.Es gebhrt nicht erst einem Alcuin oder dem hl. ThomasV. Aquin, sondern schon dem hl. Augustinus das Verdienst,den Dekalog in den christlichen Sittenunterricht als Katechis-musstck eingefhrt, ihm eine centrale Stellung in derKatechese gegeben zu haben.

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    I.

    Stellung des Dekalogs in der Sittenkatechesedes hl. Augustinus.

    A. Vorfragen.1. Welche Schriften des hl. Augustinus sind fr den Dekalog

    von Wichtigkeit?Zunchst sind es acht katechetische Predigten, die unsbeweisen, welches Interesse Augustinus am Dckalog gehabthat. Es sind dies sermo 8 oder de decem plagis et decempraeceptisi) und sermo 9 oder de decem chordis und sermo 33oder de versu Psalmi Deus canticum novum cantabo tibi;in psalterio decem chordarum psallam tibi." (Ps. 143, 9)und sermo 109 oder de verbis ev. Luc. XII 56 59 si vadiscum adversario tuo ad principem; sodann die sermones 248bis 251 (einschliesslich) oder de duabus piscationibus, welchePossidius im 8. Ka])itel seines Indiculus ,,de centum quin-quaginta tribus i)iscibus, ex: evangelio loannis" benennt.Auerdem spricht Augustinus vielfach und zwar inlngeren Ausfhrungen ber den Wert und die Einteilungdes Dekalogs in folgenden Werken: Quaest. in Heptat. L. II.c. 70, 71 (Migne, P. L. t. 34, p. 620623) und c. 140; in:Contra Faust. iMan. L. XV, c. 4.-8. (iMi. 42, 305312) undL. XIX. c. 9. imd c. 1823., ferner in: ep. 55 ad Januariumc. 9 bis 17, wo es sich hauptschlich um die Sabbat- und

    1) lioi MIgno, Patres latini, tum. '.\H p. 67 als Fragment und tum.46. |). 046 nach cinom Cassin. Codex vcrvollstiKKt. Die Werke des hl.Augustin eitlere ich nach .Mi^ne (im P'olgendcn gleich Mi.) P. L. tum. 32 - 47.

    1*

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    Sonntagfeier handelt; sodann contra duas epist. Pelag. L. IIIc. IV n. 10 (iMi. 44, 594); de spir. et litt. n. 23 bis 36 (Mi.44, 215 bis 222); de fide et op. c. XI n. 17 (iMi. 40, 207); decatech. nid. n. 35 und n. 41 (Mi. 40, 335 u. 339). Endlichbietet eine ganze Reihe scrmones mehr oder mindei' wichtigeZeugnisse fr die Stellung des hl. Augustinus zum Dekalog,so: enarratio in ps. 32 en. IL sermo I n. 5 bis n. 8; en. inps. 33 sermo II n. 18 u. 19; en. in ps. 57 n. in. 5; en. inps. 73 n. 2; en. in ps. 74 n. 12; en. in ps. 77 n. 25 bis n. 29;en. in ps. 91 n. 5; en. in ps. 143 n. 16; (Mi. tom. 36 u. 37);ferner die sermones 83 n. 6; 125 n. 9; 205 n. 1; 210 n. 8; 270n. 3 u. n. 7, (Mi., tom. 38); weiter tract. III in Joh. ev. n. 19;tract. VII n. 10; tract. 49 n. 12; tract. 122 n. 8 u. n. 9. (Mi.,tom. 35).

    Auerdem finden sich noch einzelne Bemerkungen berden Dekalog in den Werken des hl. Augustinus in groerAnzahl verstreut vor. Schon aus dieser bersicht wird manersehen, da sich Augustinus viel mehr mit dem Dekalogbeschftigt hat, als alle frheren Kirchenschriftsteller, da erein sehr lebhaftes Interesse am Dekalog gehabt hat. Besondersist noch die Verwendung der Zehngebote in den sermones58 n. 12 und 351 n. 4 hervorzn heben.

    2. Welche sermones ber den Dekalog sind Katechesen?Ein unzweifelhaftes Zeugnis dafr, da der Dekalog

    Gegenstand des Katechumenenunterrichtes war, gibtAugustinus in de fide et operibus c. XI n. 17 (Mi. 40 p. 207).Seine Gegner mchten ihm gern beweisen, da der Sitten-unterricht erst nach der Taufe zu erteilen ist; sie bringendeshalb folgendes Argument vor, da das Volk Israel ja auchzuerst durch das rote Meer (^"orbild der Taufe) gegangensei und dann erst das Gesetz empfangen habe. Augustinussagt: wre das richtig, dann drfte man die Katechumenenvor der Taufe nicht einmal ermahnen, vom Gtzendiensteabzulassen; man knnte sie mcht dazu verpflichten; denndas erste Gebot sei ja auch erst nach dem Durchgangdurch's rote Meer gegeben. Da diese Konsequenz dieGegner scheuten, so mchten sie nur zugeben, da

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    der Tufling in allen Geboten, Vater und Mutter zuehren, nicht die Ehe zu brechen, nicht zu tten und denbrigen Geboten zu unterrichten sei. Aus dem Zusammen-hange geht kUir hervor, da Augustinus den Dekalog meint.In welchem Umfang der Dekalog Unterrichtsgegenstand war,kann jetzt noch unerrtert bleiben.

    Nun sind uns auch sermones ei'halten, die unzweifelhaftan die Katechumenen gerichtet sind und ber den Dekalogoder einzelne Gebote handeln. So fordert sernio l;32 dieKatechumenen auf, ihre Namen zur Taufe abzugeben undschliet daran Krmah nungen ber das VI. Gebot. Sermo 892wendet sich in eben derselben Sache an die Katechumem'U, dieKompetenten^) und die Glubigen. Die enairatio in ps. 57spricht ber den Dekalog und das Naturgesetz und hatKatechumenen und Donatisten, die bertreten wollen, imAuge; das beweist n. 5, n. 6, n. 21.

    Das meiste Interesse aber beanspruchen die Dekalog-reden an die Inlautes, die Neugetauften. Im sermo 9 sagtes Augustinus am klarsten, da er zu Neophyten spricht.Er ermahnt die Zuhier, doch ja von jeglicher Unkeuschheitabzustehen, wobei er sagt: Jam nosti pretium tuum. jamnosti, quo accedis, quid manduces, quid bibas; imo (juemmanduces quem bibas. Eben haben also die Zuhrer dieGeheimnisse des Altarssakramentes erfahren, drfen daranteilnehmen, darum sollen sie rein leben. Da nun beiAugustinus erst die Neugetauften ber das Altarssakramentunterrichtet werden (cf. sermo 227 und sermo 228 n. 3),so sind also damit Inlautes gemeint. Augustinus fhrt inseinen Ermahnungen fort, erinnert die Zuhrer, da sieTempel Gottes seien und spricht sermo 9 n. 15: Hoc jussit,hoc praecepit, ne per illicitas voluptates corruat templumeins, quodesse coepisti. DieZuhrer halben also angefangen,Tempel Gottes zu sein, sind also Neugetaufte.

    Im sermo 33 sind zwar zahlreiche Andeutungen, dal) erzu Neophyten spricht, wie n. 3 c. IV. quoniam in spiritusancto sanctificamur; n. 5: hoc est canticum novum. (|Uodnos a vetere homine discernit, gratia novi testamenti; allein

    ') Katcchuircnen der zweiten Klasse, dii' nniniUelbar vor iler Taufestehen, heien Kompetenten.

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    es findet sich kein directer Hinweis. Doch findet sich einganz gleich gebauter sermo ber den Dekalog, nmlichsermo 109, welcher berdies mit sermo 9 bereinstimmungzeigt. In diesem sermo 109 heit es nun n. 2: Redempti su-mus, diabolo renuntiavimus : quomodo dabimus operam libe-rari ab illo, ne nos iterum captivos faciat peccatores. Dieszeigt uns im Einklnge mit dem ganzen Charakter der Redesicher an, da wir eine Katechese an die Neugetauften voruns haben, die eben erlst sind, eben dem Teufel wider-sagt haben und nun ermahnt werden, nicht wieder zusndigen.Diese Katechesen sind natrlich nicht blo an dieInfantes gehalten; die Glubigen (fideles) wohnen dieserPredigt bei, wie ja die Gemeinde auch die Katechesen berdas Vater unser anhrt, i) So wird es nicht wundernehmen,wenn manchmal in diesen Reden ein direkter Hinweisauf die Neophyten fehlt.

    Beim sermo 8 wird dies umsoweniger befremden,als er nur fragmentarisch erhalten ist. Zwar bietet dieAusgabe von Migne P. L. in tom. 46. p. 9-15. einen vervoll-stndigten Text, aber dieser ist nicht sehr vertrauen-erweckend. So ist von cap. XVI die zweite Hlfte offen-bar der en. in ps. 93 n. 28 entnommen; wenig wahrscheinlichklingt die Einleitung, es sei dem hl. Augustinus die Fragevon Brdern vorgelegt worden, was das bedeute, da berdiegypter zehn Plagen kamen und den Israeliten zehn Gebotegegeben wurden; deshalb trage nun Augustinus diese Predigtvor. Dies ist wohl nur eine Entlehnung von hnlichenVorgngen; in der en. in ps. 77 n. 25 bis n. 30 bemerktAugustinus nichts davon, obwohl er hier dasselbe Themabehandelt und sich auf sermo 8 beruft; ja aus den Bemer-kungen der en. n. 27 kann man mit Recht schheen. daAugustinus durchaus eigene Fragen beantwortet.

    Der ganze Inhalt von sermo 8, seine Verwandtschaftmit den brigen Dekalogreden berechtigt zu dem Schlu,

    1) Siehe die Aufstze des Prof. Krawutzcky ber die Vater-unserkatechesen des hl. Augustinus; Neues St. Hedwigsblatt 17. Jahrg.Breslau 1876 pag. 448 ff. u. 545 ff. Es seien hier sofort auch dessenAufstze ber die Katechesen des hl. Augustinus in demselben Hedwigs-blatt in den Jahrgngen 1875 und 1377 und 1878 erwhnt.

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    (\i\\\ \\\v OS mit einer Ermahnungsrede an die Infantcs zu(nn liabcn.

    Nach allgemoinor Vteranschauung (vgl. Origeneshom. \y. in Jesu Nave) gilt das Kommen des Heiden vonseinem Gtzenwahn zum Christentume als ein Auszugaus der Knechtschaft und Finsternis von gypten durchdas rote Meer, d. 1. die Taufe, ins gelobte Land.Augustinus macht davon in mannigfachster Weise Gebrauch,(sermo Ufri n. 6.) Er sagt sermo TV. n. 9: Sed sicut Judaeosusque ad mare pei-se(iuunlur Aegyptii, sie Christianos usquead baptismum persequuntur peccata. Ja, die Snden undVersuchungen bleiben auch noch nach der Taufe; das sinddie Feinde, die berwunden werden mssen. So sagt dennauch Augustinus in sermo VllI in mannigfachster Weise,wie der Christ dem Judenvolke im gypterlande hnlichist, hnlich handeln soll. Wer aber die 10 Gebote Gottesbertritt, dei- mul') hnliche 10 Plagen wie die gypterleiden. Darum will Augustinus die Christen vorsichtigmachen, damit sie nicht diese zehn Plagen erleiden. Dasist der Grundgedanke. 1) Die ganze Predigt ist demnach aufkatechetischen Gedanken aufgebaut, eine Katecliese, eineMahnrede vor dem Eintritt der Infantes in die Reihe derGlubigen, im ferneren Leben die 10 Gebote treu zu halten.

    Endlich sind noch vier ganz gleichartig gebaute Deka-logreden ei'halten, die sermones 248 251. Sie sind vonAugustinus in der Osterwoche vorgetragen worden, also schondeshalb an die Jnfantes mit gerichtet. 2) Nach sermo 232 n.1 imd sermo 246 n. 6, und sermo 247 n. 1 wurde die Auf-erstehung des Herrn am Ostersonntage nach Matthaeus, Montag

    ^) Diesen Grundgedanken behandelt Aug. auch in de dc et op.c. XI n 17, wo es sich darum handelt, zu beweisen, da die Tuflingevor dein Durchzug durchs rote Meer, d. i. vor der Taufe. Agyptt-n ver-lassen, d. h. ilirc Snden ablegen mssen und demnach entsprechendenUnterricht zu empfangen haben. Aug. sagt z. 15.: Wie soll ein Menschwelcher nicht gelobt, sich vom Ehebruch abzuwenden, durch das roteMeer gefhrt werden, da er sich weigert, gypten zu verlassen." Hbensodie Symbolredo sermo 213 n 8.

    ^) vide sermo 228 n. 1 und sonst. I^s ist bekannt, dalJ iuicli zuAug. Zeit noch die Infantes acht Tage regelmliig zur Kirche kamen,um Belehrungen zu empfangen, und einen besonderen Platz am Altaroeinnahmen. Vide sermo 200.

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    nach Marcus, Dienstag nach Lucas, Mittwoch nach Johannesverlesen und darber gepredigt. Am Donnerstage undFreitage wurden dann Evangolienahschnitte verlesen, diesich an die Erzhlung der Auferstehung im Evangelium deshl. Johannes unmittelbar anschlieen. So traf auf den Freitagin der Osterwoche die Perikope Joh. cap. 21 vers. 114, vondem zweiten wunderbaren Fischfange. An dieses Evangeliumknpft nun Augustinus seine Katechese ber den Dekalogan. Im sermo 248 n. 4 sagt er noch; da das alljhrlich umdiese Zeit geschieht Dies ist ein neuer Beweis, da diesersermo sich besonders an die Jnfantes wendet; denn sonstwrde es nicht zu verstehen sein, wie Augustinus jedes Jahrbei diesem Evangelium eine ganz gleichartig gebaute Predigt(wie es die sermones 248 251 beweisen) hlt. Fr dieNeophyten war das aber notwendig. berdies zeigt sermo251. n. 7 deutlich, da dieses Kapitel ganz nach sermo 9gebaut ist; sermo 251 n. 7 c. 8 ist sozusagen der gedrngteAuszug von sermo 9 und auch von sermo 33 und 109, welchesich mit unzweifelhaften Worten an die Jnfantes wenden.So stehen alle diese Dekalogreden in einem gewissen Zu-sammenhange; auch fehlen in den sermones 248251 nichtAnspielungen auf die Neugetauften, wie sermo 25ln. l,wieder Heiland Leute aus allen Berufsklassen und Menschen-klassen zur Taufe, zu seinem Reiche ruft.

    Im sermo 250 n. 3 und sermo 251 n. 6 weist Augustinusdie Zuhrer darauf hin, da sie ja das Gesetz schon kennengelernt haben; mit Unwissenheit also knnten sie 'sich nichtentschuldigen, wenn sie etwa Gott nicht dienen wollten.Das pat sehr gut auf Neugetaufte. Sermo 251 sagt er:Nee potes te excusare de ignorantia, quia legem accepisti;jam quod faceres, didicisti, ignorantia te non excusat. DieHufung des Wortes ignorantia wrde bei Glubigen befremden.Die Stellung des jam an der Spitze des Satzes d. i. schon hastdu,was du tun sollst, gelernt" zeigt an, da solche angeredet sind,die eben erst den Dekalog empfangen haben d. h. Neophyten.Auch die Partikel jam selbst besttigt das. Sie erinnert an sermo9 n. 14. Jam nosti pretium tuum, jam nosti, quo accedis.Zu Glubigen wrde Augustinus sagen: Lange schon" oder,,du hast ja bereits das Gesetz erlernt." So sind auch die

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    siM'nionos 248251 Dekalogreden an die Neophyten, habendiese in erster Linie im Aiige.i)

    Kndlicli org-iebt sich aus Inhalt und Form der achtI )ekaloi?redeii, dal) es Katechesen sind und sie Unterrichts-zwecken dienen sollen. So wird die Einteilung des Dekalogsin sechs Reden vorgetragen (ss. 8. n. 14; 9. n. 67; 33. n. 2;248. n. 4 ff; 249. n. 3; 250. n. 3) teilweise sehr ausfhrlich.Doch ergibt sich spter noch eine bessere Gelegenheit, daraufeinzugehen.

    Nach diesen acht Dekalogreden teilt man die Zeit, inwelclier sich der hl. Augustinus der katechetischen Be-arbeitung der Zehngebote widmete, am besten in zweiPerioden ein:

    I. die antimanichische,IL die antipelagianische.

    Ehe zu deren Besprechung bergegangen wird, ist nurnoch kurz zu untersuchen, auf welche Vorarbeiten sichAugustinus sttzt.

    3. Welche Vorarbeiten konnte Augustinus bentzen?Nach unserer jetzigen Kenntnis der voraugustinischen

    Litteratur knnen nur Philo, Lactantius und die ApostolischenKonstitutionen 2) in Betracht kommen.

    Aber auchLactantius und die Apostolischen Konstitutionensind eigentlich nicht zu zhlen; sie knnen dem hinligenAugustinus den Ruhm so gui wie gar nicht schmlern, dener sich in der Bearbeitung des Dekalogs und seiner Aus-legung erworben. Mit den Apostolischen Konstitutionenzeigt Augustinus in vielen Dingen bereinstimmung, dochkann dies auf allgemein verbreitete Grundanschauungen oderauf die (irundschriflcn dieser Kompilation zurckgefhrtwerden. Lactantius wird von Augustinus mehrfach zitiertunter Namensnennung. (B.: De civ. dei XMII, 23)-'')

    ^) So i^iigt Augustinus sormo 2-41 n. \: Spiritus sanctus invociitursuper baptizatos, damit sie die siebon Gaben des bl, (leistes erinneren.Nun fbrt or in lngerer Rede aus, da erst, wenn die sieben (iaitenempfangen sind, der Dekalog erfllt werden kann.

    2) Wenn man ibre Abfassungszeit vor Augustinus ansetzt; sonstIcimnen nur ibre Orundscbiiften in Betracbt kommen.

    3) Ohne Namcusucnuung. : de civ. dei IV. :i.

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    10Es ist darum sicher anzunehmen, da Augustinus den

    Sittenspiegel des Lactantius gekannt hat und Anregung vonihm empfing. FreiUch Iconnte diese Anregung Iceinebedeutende sein. Anders steht es mit Philo. Augustinuszitiert ihn in der Schrift contra Faust. Man. lib. XII.c. 39 (iMi. 42, 274). Er hat ihn offenbar durch Ambrosiuskennen gelernt; da nun aber Ambrosius das Werk des Philode decalogo nicht bentzt, es berhaupt von den Vternnicht beachtet wird, so mu man wohl annehmen, auchAugustinus hat dieses Werk nicht gekannt. Dies wirdbesttigt durch die ganze Art und Weise, wie er den Dekalogbehandelt, was die weitere Ausfhrung nun zeigen soll.Besonders fllt es auf, da Augustinus im Gegensatz zuPhilo das IV. Gebot ziemlich stiefmtterlich behandelt. Eswre sonst auch unerklrlich, wie Augustinus in Quaest. inHept. lib. IL qu. 70 ernstlich untersucht: Item quaeri solet,utrum moechiae nomine etiam fornicatio teneatur," nachdemer schon sehr viel ber den Dekalog geschrieben undgepredigt, also noch im Jahre 419. Gleichzeitig erhellt ausdem solet man pflegt die Frage aufzuwerfen" am besten,da man selbst damals in der Kirche nicht daran dachte,ohne weiteres alle Unkeuschheitssnden in das fnfte (nachandrer Zhlung wechselt das V. mit dem VI. Gebot;Augustinus zhlt bald non occides, non moechaberis, baldumgekehrt.) Gebot Du sollst nicht ehebrechen" einzugliedern.Augustinus hat also aus eigener Kraft im Dekalog einCentrum des Sittenunterrichtes geschaffen, welche Stellungdes Dekalogs er mit den Worten ausdrckt: Legis autemcor in decem praeceptis agnoscitur". (Contra Faust. Man.1. XII. cp. 14; Mi. 42, 262.)!)

    1) Nichts verrt, da Augustinus bei seiner Auslegung des Deli;algsdie Zweiwegelclire bentzt. Es knnte den Anschein haben, wenn er nachMatth. 19, 16 zitiert: non occides, non moechaberis, non furtum facies,non falsum testimonium dices; honora patrem tuum et matrem tuam etdiligcs proximum tuum tamquam te ipsum". Allein Augustinus zitiertdiese Worte stets als Worte Christi (de fide et op. c. 16 n. 27) oder alsGebote Mosis (sermo 74 n. 3 wrtlich genau obige Stelle). Damit zeigtAugustinus, da fr ihn die Worte Christi die Dekaloggebote sind.

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    B. Abhandlung.1. Wann hat Augustinus die Dekalogkatechese in denKatechumenenunterricht eingefhrt?

    a. Die antimanichische Periode.Das Einfhriingsjahr.

    Schon bei Irenus, TertuUian und anderen Kirchen-schriftstellern sahen wir, da gerade die Angriffe der Hresienes waren, welche die Apologeten veranlaten, auch demDekalog ihre Aufmerksamkeit zu widmen, fr ihn indie Schranken zu treten. Dasselbe Schauspiel erleben wirbei Augustinus ; hier sind es die Angriffe der Manicher aufdas Alte Testament und ihr Ansturm gegen anerkanntechristliche Sittenlehren, die ihn bewegen, den Dekalog zuverteidigen, ja noch mehr, ihn als brauchbare und scharfeWaffe gegen die Irrlehre selbst ins Feld zu fhren, dieseWaffe vor allem auch den Katechumenen, den noch schwachenChristen in die Hand zu drcken. So bietet die Geschichteder Augustinischen antimanichischen Litteratur das ersteMittel, den Zeitpunkt der Einfhrung des Dekalogs in dieKatechese zu bestimmen.

    Daneben ist aber zu betonen, da Augustinus ein leb-haftes Interesse fr die Katechese bekundete, da er wirklichauf der Suche nach einer Norm fr den Sittenunterricht war.

    In den ersten Jahren nach seiner Bekehrung denktAugustinus noch nicht an den Dekalog. Dafr ist Beweissein Werk de diversis quaestionibus LXXXIII (\n. 81. Esist in den ersten Jahren 388 bis etwa 391 entstanden.*)L. c. erklrt Augustinus die Zahl 40 der Quadragesimalzeitaus viermal zehn entstanden. Whrend er nun sonst dieZehn stets als Dekalogzalil, Zahl der zehn Gel)ote erklrt(cf. sermones 125, n. 9; 205, n. i, 210, n. 8; 270, n. 3 u. s. w.)erklrt er hier die Zehnzahl als die Zahl der zehn Glaubens-artikel. )2 Diese letzte Erklrung verscliwindet spter voll-

    1) cf. Ml. tom. 40 p. 11 not. a u. Retract. b. I. c. 2. Mi. 32. 624.2) Es ist bisher noch uioht bcachtot, da Augustinus, wie Cyrill

    von Jerusalem und Gregor von Nazianz 10 Glaubensartiicel in soini'n erstenAmtsjahren zhlt. Auffallend ist, das Augustinus diese Zahl der Glaubens-

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    12stndig. Anfangs denkt also Augnstinus noch nicht an denDekalog.

    Aber schon im Jahre 400 sehen wir bei ihm den Dekalogganz im antimanichischen Sinne erklrt, die einzelnenBegriffe der Gebote erweitert, den Dekalog in einer centralenStellung; es findet sich dies im Werke contra FaustumManichaeum libri XXXIII (cf. Mi. tom. 42 p. 205).Um zu verstehen, wie Augustinus von den Manichernfrmlich gezwungen wurde, den Dekalog allseitig recht zuerklren, ihn als Katechismusstck einzufhren, mu aufdie Schrift gegen Faustus nher eingegangen werden.

    Nach Faustus ist der Gott, der durch Mosis das Gesetzgab und durch die Propheten redete, nicht der wahre Gott,sondern einer von den bsen Engehi. (c. F. M. 1. 15. c. 8,noch schrfer de haer. c. 46. Mi. 42, 38.) Das neue Testamentist aber von dem Lichtgott ausgegangen, und so erklrt sichnach Faustus der unvershnliche Zwiespalt zwischen demAlten und dem Neuen Testament. Christus hat nicht gesagt:Xon veni solvere legem aut prophetas sed adimplere." (c. F.M. 1. 17 c. I.) Um dieses Wort wird berhaupt ein langerund heftiger Kampf gefhrt. Faustus wendet den Ausspruchauf manigfache Weise fr den Fall, da man zugebe undfesthalte, Christus habe das gesagt. In Wahrheit aber habeChristus die wirklich mosaischen Gesetze aufgehoben. Dieswird nach der Bergpredigt Matth. V. 21. ff. zu erweisengesucht, (c. F. M. 1. 19. c. 3.) Im einzelnen wirft nunAugustinus dem Faustus folgende Irrlehren und \^erfehlungenge^en die zehn Gebote vor (c. F. M. 1. XV. c. IVVill.)Sie, die Manicher, verwerfen den Dekalog berhaupt; IIb.IV. c. Faust. M.

    Gegen das I. Gebot: Die Manicher erkennen nicht deneinen Gott in drei Personen, sondern unzhlige Gtter. DieseGtter werden teilweise genannt. Es wird die rohsinnliche\'orstellung des Glterhimmels getadelt, da es Faustus ge-wagt hat, die zehn Gebote zu tadeln, weil sie irdischenSegen verheien, (contra Faust. Man. lib. XV. c. 48.) Schonartikel numerus disciplinae" nennt. Danach ist es sehr wahrscheinlich, daTertullian de anima c. 37 mit seinem numerus disciplinae, seinem decalogus,nicht die zehn Gebote meint, sondern die zehn Glaubensartikel.

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    die Lehro von den zwei ewigen l^rincipien, dem guten unddem b(sen, witiersprach ja vollstndig dem ersten Gebot,(de haer. c. 40.)

    (legen das 11. Gebot: Non accipies in vanum nomenDomini dei tui." Unter Dominus versteht Augustinus Chris-tum.') Die iVianicher reden (c. B'aust. M, ]. c.) eitel vonihm, da sie sagen, er wre nicht wahrhaftig Mensch geworden,sondern ' htte nur einen Scheinleib angenommen, nur zumScheine gelitten. (L. c. u. de haer. c. 46) Christum als Gottverehren sie in der Sonne und beten diese an (en. in ps.10 n. 3 und en. in ps. 93 n. 5.) 2).Gegen das III. Gebot, das Sabbatgebot: Faustus fragthhnisch den hl. Augustinus, warum denn die Christen denSabbat nicht halten, da doch nach ihrer Lehre Christus dasGesetz nicht aufgehoben habe. Augustinus sagt, Christushat die vorbildlicli gebotene Sabbatruhe in Wahrheit gebrachtund so das Sabbatgebot erfllt (c. Faust. Man. 1. 19. c. 9.),da wir Ruhe und Frieden in Gott finden, hier auf Erdenund einst in der Ewigkeit, (contra Adim. Man. c. 16 n. 3.)Diese Ruhe gefhrden die Manicher durch ihre tausenderleiMrchen voll Irrglauben (c. Faus. M. 1. XV. c. 7 u. 1. c. 1.XII. c. 13.). Da aber der siebente Tag, wie die Ewigkeit,die durch den siebenten Tag vorgebildet wird (1. c. 1. XII.c. 8) durch die Siebenzahl und die Heiligung dem hl. Geisteganz besondei's angehrt, so sndigen die Manicher gegenden hl. Geist, indem sie gegen die Sabbatruhe, den Friedenmit Gott, sndigen. Ebenso jede andere Irrlehre (sermo8 n. 13. u. n. 14.)

    So richten sich die di'ei ersten Gebote gegen die Irr-lehren und damit gegen die irrigen Handlungen der Mani-cher bezglich der drei gttlichen Personen. Die Manicherverehi'cMi den Vater, den Sohn, den hl. Geist als eine Gott-heit (nunu'ii) unter dreifachem Namen (c. Faust. Man. 1.XX c. 2). Der Vater ist in dem ersten, liiK'hsten, unzu-

    ^) Augustinus ist offenbar von der IvirclionsprMclic l)eoinflul.H.welche als den Dominus nostcr, als Dominus dos Neuen Hundes berallChristum erklrt: z. H. im symbolum et in Dominum nostrum .lesumChristum."

    ^) Migne. tom. Hfi p. ]'.V1. not. a gibt wcilri-e l'.cl.'(rstell(>n;ferner diis ^Verl< de fide et symb . e. IV u. in. >v^

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    gnglichen Lichte; der Sohn als virtus dei in der Sonne,als sapientia dei im Monde; der hl. Geist in der Luft. Derleidende Jesus wird erzeugt von der Luft (hl. Geist) und(Maria) der Erde und ist in allen lebenden Wesen (1. c. undde haer. c. 46) besonders in allen Pflanzen verkrpert.

    Daraus mute eine ganz widerchristliche Sittenlehreentstehen, die sich zunchst in einer falschen Gottesverehrungkundgibt. Augustinus setzt dem gegenber die wahre Gottes-verehrung, die in Liebe gegen den dreieinigen Gott ihrenQuell hat. So beziehen sich die drei ersten Gebote auf diehl. Dreieinigkeit und die Liebe zu Gott.Gegen das IV. Gebot: Honora patrem tuum et matremtuam." In teuflischer Lehre, so spricht Augustinus zuFaustus, lehren die Manicher, da man seine Eltern alsgrte Feinde anzusehen habe, da sie ja durch die Zeugungunseren gttlichen Geist, unseren Anteil am gttlichen Lichte,an das unreine Fleisch (die unreine Materie, das bse Princip)gebunden haben, so dem manichischen Lichtgotte unreineFesseln anlegten, (c. Faust. Man. 1. XV. c. 7 u. de haer. c. 46.)

    Gegen das V. Gebot: Non moechaberis. Dagegensndigen die Alanicher, weil sie es verabscheuen, in derEhe Kinder zu erzeugen, und deshalb selbst in der Eheimnatrliche, naturwidrige Akte vollziehen, nur um dieBegierde zu stillen. Dies tun sie, weil sie eben frchten,durch die Zeugung von Kindern einen Teil ihres Lichtgottesan den Gott der Finsternis, an das bse Prinzip zu ketten.So werden die Ehen zu Ehebrchen, die Ehefrauen zu Dirnen,das Ehebett zur Unzuchtssttte, (contra F. M. 1. XV. c. 7.)

    Gegen das VL Gebot: non occides. Die Manicherwagen es nicht, einem Hungrigen ein Stck Brot zu geben.Im Brot, im Pflanzenprodukt, ist ja auch ein Teil des Licht-gottes. Geben sie es nach ihrem Gebot dem Hungrigennicht, so sndigen sie gegen Gottes Gebot, knnen sogardadurch zu wirklichen Menschenmrdern werden. (1. c.)i)

    Gegen das VII. Gebot: (Diebstahl.) Die Manicherlassen sich zum Diebstahl verleiten und zwar von Nahrungs-mitteln aller Art, bringen diese dann den Auserwhlten(electi), damit im Leibe der Auserwhlten der Lichtgott

    1) Daraus ergeben sich die merkwrdigsten Konsequenzen, vide dehaer. c. 46 und alle antimanichischen Scluiften.

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    Erlsuni? finde. So werden sie, die Diebe, wenn ertappt,aiioii leicht zu Meineidigen, um die Tat iiires Gottes wegenabzuleugnen, (c. Paust. Man. 1. XV. c. 7 und 1. VI. c. 4 undde haer. c 46, aucli sonst oft.)Gegen das VIII. Gebot: Ne falsnm testimonium dicas.Die Maniclier geben leicht falsclies Zeugnis, werden, wieschon bemerlct, meineidig, um die Scliandtaten, die sie ihremGotte zu Liebe begangen haben, abzuleugnen. (1. c. c. FaustM. 1. XV. c. 7).

    Gegen das IX. Gebot: non concupisces uxorem proximitui: Dieses Gebot halten auch die Manicher; aber ihreschngestalteten Gtter und Gttinnen locken die Geisterder Finsternis an, um sich ihnen preiszugeben und denLichtgott aus den Fesseln der Finsternis zu entreien. (1. c.)Diese sndigen also gegen das IX. Gebot.

    Gegen das X. Gebot: Immer sozusagen hat der ManicherBegierde nach fremdem Gut. Sein Gott soll ihm auf fremderErde eine neue A\'elt geben, so rhmt er sich.i) (c. Faust.Man. 1. XV. c. 7.) So erfllt der Manicher auch nicht dasGebot der Nchstenliebe, das die 7 Gebote der zweiten Tafelin sich schliet (1. c). Ja, er kann es nach seiner Lehrenicht einmal erfllen. (1. c. V. 5.).

    So ist also schon im Jahre 400 die antimanicliischeAuslegung des Dekalogs vollendet. Auch die Begriffe desDekalogs sind schon erweitert, soviel das mglich ist. Sosagt Augustinus c. Faust. Manichaeum 1. XIX. c. 23.: Weildie Juden unter Mord nur die Vernichtung des Mensclien-lebens verstanden, erffnete ihnen der Heiland in der Berg-predigt, da jede unrechte Regung zum Scliaden desNchsten unter den Mord zu rechnen sei. Weil die Judenglaubten, nui- die fleischliche Vermischung sei Khebruch,so zeigte der Heiland, da schon die Begierde dasselbe sei.

    Ebenso ist schon der Dekalog dem Doppelgebot derLiebe gleichgesetzt. Augustinus sagt 1. c. XV. c. 4: quaeduo praecepta ipsa sunt decem. Das Doppelgebot der IviebeGottes und des Nchsten ist in den l)eiden Tafehi erklrt,(singulis tabulis explicata.)

    1) Aug. fhrt fort: quod cum iikmIo insana vanitato dcsidoras eteandem terrani gentis tenebriiruiii summa vicinitatc substantlac tuaoconjungi credis, uti(|ue rem proximi conrupiscis.

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    So umschliet der Dekalog schon das ganze Gebiet derSnden, die in der Taufe nachgelassen werden. (1. c.lib. XII c. 17.) Die Zahl Quadraginta wird schon erklrtals decem quater ducta und die Zahl decem als die Zahl desDekalogs, der zehn Gebote, genommen (1. c.)

    Sehen wir uns nun die acht Dekalogkatechesen an dieInfantes nher an, so finden wir bei vier derselben die anti-manichische Auslegung; es sind die sermones 8, 9, 38, 109;whrend diese bei den brigen vier sermones ganz zurck-tritt. Da nun der Kampf gegen die Manicher so recht dieersten Priester- und Bischofsjahre des hl. Augustinus kenn-zeichnet und wir schon um die Zeit 400 die antimanichischeAuslegung des Dekalogs vollendet finden, so mssen wirschlieen, da wohl wenigstens einer der sermones 8, 9, 33,109 vor dem Jahre 400 gehalten ist.

    Es fragt sich nun, wann wir die ersten Spuren derantimanichischen Auslegung finden; dann wird es mglichsein, zu bestimmen, wie weit zurck der Anfang der vierDekalogkatechesen zu verlegen ist. Die Grenze, bis zuwelcher sie gehalten sein knnen, bestimmt sich leichter.Die brigen vier Katechesen, sermones 248 bis 251, zeigennmlich eine ausgesprochene Gegnerschaft gegen die Pela-gianer. Diese lt sich ungefhr von 412 ab datieren, inwelchem Jahre Augustinus schon den Kampf gegen diePelagianer in mehreren Schriften erffnet, (vide vita scti.Aug. lib. VII cap. I n. 3. Mi. 32, p. 441.) So knnen diesermones der ersten Periode bis etwa zum Jahre 412gehalten sein.

    In der Tat. zeigen sich nun schon vor dem Jahre 400in den antimanichischen Schriften des hl. Kirchenlehrersbedeutende Anfnge, den Dekalog gegen dies(^ Sekte aus-zulegen.

    Mit zu den ersten Schriften gehrt das Werk de moribusecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum libri duo,etwa im Jahre 388 angefangen und im Jahre 389 zurVerbreitung gebracht, (vide Mi. tom 32 p. 1309, wo dieweiteren Angaben.)Im lib. I. cp. 26 n. 49 sagt Augustinus vom Gebot derNchstenliebe: ex hoc praecepto nascuntur officia societatishumanae, in quibus non errare difficile est.

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    Das ist die ei'orbte Anschauung von der Universalittdieses Gebotes; es wird aber nocli nicht mit dem Dekalogin Zusammenhang gebi-acht oder gar identifiziert, obwohlim Kapitel 28 und 29 1. c. Gelegenheit dazu wre Aber imlib. 11. c. 16. n. 53. ff. wird das Gebot non occides und1. c. c. 18. n. 65 ff. wird das Gebot non moechaberis derSache nach schon so besprochen, wie oben in der Besprechungder Schi'ift gegen Faustus gezeigt wurde. Die Geboteselbst werden freilich noch nicht angefhrt. Doch ist einAnfang zur Dekalogerklrung im antimanichischen Sinnegemacht. Viel mehr noch zieht Augustinus den Dekalogim Werke contra Adimantum Manichaei discipulum in Betracht,welches ungefhr im Jahre 394 verfat ist. i)

    Hier findet sich c. IL und c. XVI. n 3. das Sabbatgebotim antimanichischen Sinne ausgelegt; das Gebot derElternliebe wird citiert (Ex. 20, 12 und Neutestam. Stellen)in c. VI und c. XM. und zunchst gegen die Phariser aus-gelegt; von da ab zur Auslegung gegen die iManicher istnur ein kleiner Schritt, der von der Auslegung desUnkeuschheitsverbotes sehr nahe gelegt wird. Das Gebot,nur einen Gott zu verehren und anzubeten, wird in scharferWeise gegen die Manicher unter Angabe des Gebotes c. XIund auch c. XV' II. n. 1. verwendet und erklrt. Auch sonstwird noch auf die Gebote hingewiesen. Man wird also nichtfehl gehen, wenn man annimmt, Augustinus habe nichtlange nach dem Jahre 394 den Dekalog vollstndigantimanichisch ausgelegt und in der Katechese bentzt.

    Er war nmlich wirklich auf der Suche nach einemKatechismusstck fr die Sittenlehre, das fi- den Sitten-unterricht dasselbe leisten konnte, wie Symbolum und Paternoster fi- den Unterricht in den Glaubenslehren und imGebet. Das zeigt die Schrift des Jahres 393 2) de sermoneDomini in monte sec. Matth. libri duo. In der Bergpredigtist nach Augustin (de sermone Dom. i. m. lil). 1. c. 1) dasvollkommene Ma des chrisilichen Lebens zu fintleii. In ihi-sind aIhMiebote enthalten, welche fr das christliche Lebennotwendig sein. Als Norm aller Gebote der Bergpredigt,

    vide Retract. lil). 1. c. 2'J und vita scti .Vugustinl lib. 111. c.VII. n. 4; und Migno tom 42. p. 129, wo.sclbst das Weitere.

    ^) vide Admonitiu Migno :J4, pag. 1221, woselbst weitere Helcgstellen.

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    ja aller Aussprche derselben sucht nun Augustinusdie acht Selig-keiten zu erweisen, die den Anfang dieserAussprche bei Matthus bilden. Die acht Seligkeiten alsowerden von Augustinus zuerst als Centrum des Sittengesetzeszu erweisen gesucht, > ugleich als ein Katechismusstck, dasalles in sich schliesst und nach dem der Sittenunterrichterfolgen kann.i) So wird auch der Ausspruch Omnia ergoquaecumque vultis, ut faciant vobis homines (bona), ita etvos facite illis: haec est enini lex et prophetae, also das bis-herige verbum brevians als Zusammenfassung und Ziel derSeligkeiten genannt, (de serm. dom. i. m. 1. IL XXII.)

    Allein dieses Beginnen war ein martervolles, fhrte zuden merkwrdigsten Konstruktionen. Augustinus wird sogarin der Vaterunsererklrung, bei Auslegung der vierten Bittegezwungen, panis ganz gegen die Tradition (Ambrosius, Cyrillvon Jerusalem, Cyprian,Tertullian)2) so zu deuten, da es auf dieEucharistie keine Anwendung findet. Augustinus selbst hatdie Vergeblichkeit seines Bemhens eingesehen, wie derSchluss des ganzen Werkes beweist. Mute er nun aucheine andere Norm suchen, so war doch die Arbeit de ser-mone Domini keine vergebliche, sondern eine frdernde.

    Augustinus stellt lib. I. c. XI. n. 31. u. 32 eine lngereUntersuchung an, wer denn der adversarius sei, mit demwir (Matth.V, 25) uns auf dem Wege zum Kichter vereinigensollen. Als Resultat findet er: unser adversarius ist prae-ceptum dei. Diese Untersuchung bentzt Augustinus in denDekalogreden (sermo 9 n. 3 ff., sermo 109 n. 3), nur setzte erhier anstatt pra-eceptum dei als adversarius den decalogus.Das lag sehr nahe.

    Ferner mu sich hier Augustinus ber das moechariklar werden. Er erklrt es (1. c. de serm. dom. lib. I. n. 36)als Begriff, der jede fleischliche, wollstige Begierde ein-schhesst. (1. c. n. 39)

    1) Aug. zhlt die achte Seligkeit als eine, welche die andern umfat,bekommt also die Siebenzahl; damit verbindet er noch die sieben Gabendes hl. Geistes, worauf aber hier nicht nher eingegangen werden kann.

    2) Ambrosius, de sacramentis (Krawutzcky Hedwigsblatt 1874).Cyrill von Jerusalem letzte Kat., Cyprian und Tertullian in den Schriftende oratione dominica".

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    Auch von einer andern Seite wurde dem hl. Augustinusder Dekalog als Lebensregel dargeboten. Schon Ambrosiusbezeichnet in seinen Psalmenerklrungen das christlicheLeben als canticuni novuni, welches canticum novum diePsalmen uns so oft auffordern anzustimmen.') Wer die prae-cepta erfllt, singt Gott, dem Herrn das canticum novum. DieseAnschauung bernahm Augustinus. Er brauchte dann nurden mehrfach wiederkehrenden Psalmvers iJeus canticumnovum cantabo tibi, in psalterio decem chordarum psallamtibi (Ps. 143, 9 ferner Ps. 32, 2; Ps. 91,4) auf den Dekaloganzuwenden, was durch die deceni chordae so nahe lag,und die Norm fr das canticum novum war gefunden. Diesesungemein ansprechende Bild decalogus gleich psal-terium decem chordarum, auf dem der Christ das canticumnovum eines heiligen Lebens singt wendet dann Augustinusin den Dekalogreden (sermo 9, 33, 109) an. Dafr warenschon die Anfnge von Ambrosius gelegt.

    Eine Lieblingsstelle des hl. Augustinus Rom. XIII 9 1(2)Plenitudo autem legis est charitas, also eine Stelle der hl.Schrift selbst legte ihm nahe, das Liebesgebot und denDekalog zu identifizieren. Paulus sagt ja dort: Nam nonadulterabis, non homicidium facies, non concupisces, etsi quodest aliud mandatum, in hoc sermone recapitulatur: diliges proxi-mumtuumtamquamteipsum. Hier ist das schon ausgesprochen,was Augustinus nicht mde wird zu predigen: die sieben Ge-bote der zweiten Gesetzestafel sind identisch mit dem Gebotder Nchstenliebe. Aug. verwendet diese Stelle schon mehrfachvor dem Jahre 394. So ist der Schluss gerechtfertigt, dalmit dem Jahre 394 die Grundlage zur antimanichisclienDekalogauslegung gegeben wai', so dah es nun nicht mehreiner langen Zeit bedurfte, um den Gedanken zu zeitigen,den Dekaiog zu einer katechetischen Predigt im autimani-

    1) en. in ps. 1. n. 44 (Mi. P. I. t. XIV. p. 49.')). cn. in ps. ;Ut n. :?(Mi. 1. c. p. WM)), en. in ps. 43 n. '^2 (Mi. lliii). en, in ps. 4. n. 7. (Mi. li.js)des Ambrosius. Auch Augustinus l)iau('lit sclion in der allerersten Zeitdieses Bild.

    2) Aug. macht schon in seinen ersten Schriften reichen Gebraucljvom Itmei-briel. Rom. Xlll. Ki in de gen. c. Man. 1. II. n. M; de mur.eccl. cath. 1. I. n, 50. u. n. 57; ehenso spter in der Dekalogrede .sermo33. n. 2. (Mi. 38. p. 207.)

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    20chischen Sinne zu verwerten, w enn auch nicht in der Voll-endung wie es in der Schrift gegen Faustus uns vor Augen tritt.

    Sehr wichtig ist nun sermo 56, eine Vaterunser-auslegung an die Kompetenten. Diese Rede ist in dieP^astenzeit des Jahres 396 zu verlegen, i) Augustinus zhltnun sermo 56. n. 12. (Mi. 38, p. 382) bei Erklrung der Bitte,dimitte nobis debita nostra, die Snden, welche vom Empfangder hl. Ivommunion ausschlieen, nach dem Dekalog auf.Abstinentes al) idolatria, a constellationibus mathematicorum,a remediis incantatorum (1. Gebot), (vide sermo 9); abstinentesa deceptionibus haereticorum, a conscissionibus schismati-corum, (IL Gebot) (vide sermo 9 n. 13); das III. Gebot flltaus, weil es ja nur im Geist von den Christen erfllt wird;ebenso das IV. Gebot, welches Augustinus nie nherbetrachtet. Erstens spricht er zu Erwachsenen, dann scheintaber eine schwere Snde gegen dieses Gebot, berhaupt bei derstrengen rmischen Kinderzucht in Afrika sehr selten vor-gekommen zusein. Augustinus klagt nie darber.''^) Abstinentesab adulteriis et fornicationibus (VI), a furtis et rapinis (VII)a falsis testimoniis (VIII.)

    Es ist klar, da sich hier Augustinus schon ganz nach demDekalog und seiner eigenenDekal()gauslegung(sermo9)richtet.Das ist bis zu Augustinus ein unerhrter Vorgang. Er fllt um somehr ins Gewicht, als dem hl. Augustinus hier gar kein uererZwang auferlegt war, er also ganz freiem, innerem Antriebenachgehend die Ordnung des Dekalogs befolgt. Das zeigtaber an, da Augustinus hier im Jahre 396 schon ganz mitder Dekalogordnung im katechetischen Unterrichte rechnetund mit ihr vertraut ist. Man wird also nicht fehl gehen,wenn man sagt, Augustinus habe schon vorher im Jahre 395nach dem Osterfeste an die Infantes eine Dekalogredegehalten. Sie war ja ermglicht durch die vielen Vorarbeiten

    1) Krawutzcky fhrt im Neuen St. Hedwigsblatt, Breslau (Grlich),Jahrgang 1876, p. 265 ff. aus, da sermo 56 ehestens im Jahre 396 gehaltensein kann. Ich meine, das ist zugleich auch sptestens, weil dieseVaterunserauslegung so eng mit der im Werke de sermone Dom. in monte1. 11. c. IV. zusammenhngt, da sie nicht allzulange nach diesem Werkeverfat sein kann.

    2) Augustinus sagt viehnehr sermo 9 n. 4. Raro invenimus parentesconqiierentes de improbitate filioriun.

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    in dios(M- Richtung l>is zum Jahre 304. Wir erschlieen ausallem: (las Jahr 395 ist das Jahr der h^infhrung dernekalogkatecheseii.

    Die einfhrende (erste) Dekalogkatechese.Es erhebt sich die Frage, welche von den erhaltenen

    Dekalogkatechesen die erste ist. Freilich muh man dabeidie Voraussetzung machen, dah uns berhaupt diese ersteRede erhalten ist. Allein, es ist wohl auer Zweifel, dal^eine solche Neuerung gerade die besten Grnde fr sichhat, vom Redner wie von den Zuhrern und der teil-nehmenden Mitwelt aufbewahrt zu wei'den. Da die Redenselbst davon Zeugnis geben, kann man nicht erwarten.Denn es sind ja Reden, die an die schon Getauften gehaltenwerden. Diese Neophyten hrten hier aber nicht zum ersten-male vom F^ekalog. Augustinus selbst sagt in einer Rede(sermo 250. n. 3): Ecce ista lex est indecem: quid prodestcum didiceris et non feceris"; er mahnt hier Neophyten,das (den Dekalog) auch ins Leben umzusetzen, "was sie imUnterrichte gelei-nt haben. Die Zuhrer hatten schonUnterricht ber den Dekalog in der vorangehendenKatechumenenzeit genossen. Auch in der voraugustinischenZeit hatte man ja den Dekalog in der Sittenunterweisungverwendet, nur da er damals noch nicht das Centrumbildete, um das sich das brige gruppierte. So war dasNeue durch die voraufgehende Zeit der kirchlichen Erziehungeingeleitet. Augustinus freilich war sich bewut, etwas Neuesden Neoj)hyten damit zu bieten. Auch die Gemeinde wird esals eine neue ungewhnliche Rede empfunden haben. '-) Purdie erste Periode kommen nur die sermones 8, 9, 38, ioi) inBetracht. Whrend sonst nun alle diese Reden einen einheit-lichen Gedankengang haben, der ohne Unterbrechung verluft,

    *) Noch eingehender sermo 2.'il ii. (i. Nee potes te excn-^nre dfignorantia, quia legem accepisti. -Imiii ((uod liireres didlcisti. ignorantiate non excusat.

    2) Doch war Ankndigung einer NciitriniK liier diirchiius iiiciitgeboten, wrde sicli aueli wie Kuhinrediglieit ausgenommen liahen. InHippo gab es mehrere Kirchen (ep. 213 u. Vita scti. Aug. 1. III. r. s, Mi.t. 32 p. 185)). So erklrt sich im sermo 9 das huc In n. 4 ut vel hucnon veniremus. Auch nach den Katechesen des Cyrili. v. der. fanden dieKatechesen an die Neophyten in verschiedeneu Kirchen statt.

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    22macht sermo 9 eine auffallende Ausnahme. Die erste Unter-brechung setzt in n. 4 ein. Der Redner hat schon lngereZeit vom Gebot non moechaberis gesprochen; da wiederholter nochmals das I.V. Gebot, um zu zeigen, da ein Ein-gehen auf das Unkeuschheitsgebot am notwendigsten ist.Nun wird dieses weiter besprochen. Dann setzt mit n. 5 bisn. 11 eine sehr lange Unterbrechung ein. Hier erklrtAugustinus, wie er ein Harfenspieler sei, der ihnen auf derzehnsaitigen Harfe des Dekalogs eine Melodie vorspiele; dieZuhrer selbst sollten sein Chor sein, das canticum novumdem Herrn singen. Ihr Leben nach dem Dekalog soll dasneue Loblied sein. Sodann folgt die Einteilung des Dekalogs,w^obei die erste Tafel noch einmal besprochen und bei derzweiten Tafel errtert wird, warum das IV. Gebot (Eltern)das erste der zweiten Tafel sei. Es wird nun noch derUnterschied ausgefhrt, wie die Juden den Dekalog erflltenund wie die Christen ihn erfllen sollen, nicht aus Furcht,sondern aus Liebe. Endlich werden falsche Vorstellungenvon der Gte und Langmut Gottes zerstrt, der Snder miteinem Kranken, der Prediger mit einem Arzt verglichen ; dannerst nimmt die Ermahnung bezglich des V.Gebotes (Ehebruch)ihren Fortgang. In n. 12 wird die Besprechung des Dekalogs,allerdings nur flchtig, zu Ende gefhrt. Dafr setzt inn. 13 einneuer Vergleich ein, wobei der Dekalog nochmals und zwarschon zum drittenmale durchgegangen wird. Der Mensch istsozusagen ein Tierkmpfer; die Laster, die Verfehlungen gegendie einzelnen Gebote sind die Snden, die er bekmpfen undund tten mu. Nun nimmt Augustinus nochmals dasY. Gebot auf. Wenn jemand unverheiratet ist und zu einerDirne geht, knnte er ja sagen, ich verletze niemandesRechte, verstoe nicht gegen das Gesetz: quod tibi fieri nonvis, alii ne feceris." Augustinus zeigt dabei, wie alle Sndengegen die Gebote der zweiten Tafel auch gegen diesesGrundgebot verstoen. Wer aber Unzucht treibt, versndigtsich sogar gegen die Rechte Gottes; denn wir sind GottesEbenbilder, unser Leib sein Tempel. So werden also die 7 Geboteder II. Tafel noch einmal errtert. Den Schlu all dieserUntersuchungen in sermo 9 bildet der Satz: Ergo illud unumpraeceptum (quod tibi fieri non vis) continet duo, illa duo(Doppelgebot der Liebe) continent decem, lila decem conti-

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    23nent (Mimia". Dieser Satz von der allergrssten Tragweiteist fortan liir die SiLteniinterweisiing Augustins die Norm.\\v wird noch niier zu uiitersuclien sein. Nun sprichtAugustinus nocli von deu llichen Snden gegen denDekalog und giebt Almosen, Fasten und Gebet als Mittel an,diese llichen Snden zu hlfen, \'erzeihung fr sie zuerhalten.

    Die ganze Predigt ist eine. Hutung von herrlichenGedanken, treffenden \^ergleichen, die eine groe Wirkunghervorgebracht haben mssen. Doch sind die einzelnen Teilenicht sorgsam genug gegeneinander abgewogen; diese ber-grosse Flle mute den Gedankengang sprengen; die einzelnenVergleiche sind umstndlich ausgefhrt, wie z. B.:das WortGottes ist unser Gegner, der uns vor das Gericht Gottesbringt, oder der Dekalog ist eine Harfe mit zehn Saiten. Dassind nun alles Vorzge und Schwchen einer Predigt, welcheder Redner zum erstenmaie ber ein bestimmtes Themahlt, das ihm sehr viel Freude macht, das er reiflich ber-dacht hat. Keinen von den schnen Gedanken will er unter-drcken, alles will er fest begrnden. So ist z. B. die Ein-teilung des Dekalogs cap. Y. und VI. so weitlufig wiesonst in keiner Dekalogrede vorgetragen, ebenso die oben-genannten beiden Vergleiche. iMan merkt aus der ganzenOrdnung, da der Redner noch selbst mit dem Stoff kmpft,ihm vieles ungewohnt und neu ist.

    So wird die Predigt selbst fr eine Augustinische Redesehr lang.i). Sie ist noch lnger als die groe Aufnahms-katechese in de catechizandis rudibus; sie kann mit Rechteine kleineAbhandlung genannt werden, in welcher Augustinusseine bisher verstreuten Gedanken ber den Dekalog sammelt,nher ausfhrt und mit einander in Beziehung bringt.

    Dagegen hal)en alle brigen Dekalogreden einen ein-heitlichen ununtei-bi-ochenen Gedankengang. Die Bilder undVergleiche sind bedeutend verkrzt, ohne an Klarheit undKraft eingebiil'jt zu haben. Die RedewendungiMi sind knapper,sozusagen dnirh Gewoiuiiieit und (iebraucii abgeschlil'l'en.Dies gilt z. B. von den Stzen, welche der Finteilung desDekalogs gewidmet sind. Namentlich wird der Dekalog nicht

    ) Bei Mignc 17 Spaltseiten.

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    24drei- oder viermal in einer Rede vorgeflirt und beleuchtet.So sind auch alle anderen Reden ganz bedeutend krzer,haben etwa ein Fnftel des Umfanges von sermo 9. Nursermo 8 macht noch eine Ausnahme, ist aber auch noch umein Drittel krzer. Hier erklrt sich brigens die Lngedurch den Vergleich. Es werden die zehn Plagen mit denzehn Geboten verglichen. Bei einer solchen Parallele nimmtschon die Aufzhlung der einzelnen Plagen viel Zeit inAnspruch.

    Somit ist von allen uns erhaltenen Dekalogreden sermo 9die zuerst gehaltene. Jaman kann noch weitergehen und sagensermo 9 ist die erste Dekalogkatechese berhaupt, welcheAugustinus und zwar in der Osterwoche des Jahres 395gehalten hat. i)

    Dazu kommt, da die in sermo 56 n. 12 sich (vomJahre 396) findende Aufzhlung (siehe oben Seite 20) derschweren Verfehlungen gegen den Dekalog ganz mit denAnschauungen des sermo 9 harmoniert, 2) dieser also nahesteht. Will man einen Vergleich mit anderen Katechesenziehen, so scheint sich Augustinus nach einer besonderenArt von Symbolkatechesen bei sermo 9 gerichtet zu haben,wie sie in der Mailndischen Schule auftritt. Es werdendabei nicht alle Glaubensartikel gleichmig behandelt,sondern einzelne gegen die Zeitirrtmer gerichtete aus-fhrlich, die brigen treten zurck. So ist es in sermo 9der Dekalogkatechese auch. Hier behandelt Augustinusganz ausfhrlich das V. Gebot (Ehebruch), weil es so frAfrika am notwendigsten ist, whrend die Erluterungen zuden brigen Geboten zurcktreten. Mit den Vaterunser-katechesen ist es ebenso, wo Augustinus die fnfte Bitte(Vershnlichkeit, Feindesliebe) bevorzugt. 3) Diese selbstknnen hier aber weniger in Betracht gezogen werden, weil

    1) Siehe Anmerkung 2 p. 20 ber das IV. Gebot; die Aufzhlung derSnden gegen das I. Gebot sermo 9. n. 3. und sermo 56. n. 12; gegen dasII. Gebot sermo 9. n. 13. und sermo 56 u. s. f.

    2j Possidius zhlt denn auch sermo 9 im Indiculas cap. 8 zuerstauf, spter erst kommen die brigen Dekalogreden.

    3) Krawutzcky (Neues St. Hedwigsblatt, Breslau 1867 pag. 545 ff.)verbreitet sich des nheren darber in den Aufstzen Des hl. AugustinsKatechesen ber das Vaterunser."

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    sie nacli Krawntzcky's Forschungen (siehe Seite 24 Anm. 3.)erst spter von Augustinus eingefhrt sind. Immerhin Icannman sagen, daU Augustinus denselben Weg auch zunchstbei der ersten \^iterunserkatechese i. J. 896 einschlgt, dener im Jahre 395 bei der ersten Dekalogrede eingeschlagenhatte. Hier wie dort nimmt er auch eine Reihe vonPunkten in der ersten Rede auf, die unbedingt zum Sitten-und Gebetsunterricht gehren, die er aber dann spter indiesen feierlichen Katechesen weglt, ohne Zweifel, um sieim eigentlichen Unterricht zu behandeln. So steht sermo 9in vielfacher Weise der Vaterunserkatechese vom Jahre 396sehr nahe und der Schlu: , sermo 9 ist die erste Dekalog-katechese, erscheint um so mehr gerechtfertigt.

    Die brigen Dekalogkatechesen der anti-manichischen Periode.Die serm. 9, 33, 109 und 8 unterscheiden sich noch

    in einer andern Beziehung. Die Reden 9 und 109 zeigennmlich noch keinen Hinweis auf die Donatisten, whrenddiese in der Katechese 33 direkt genannt und bekmpftwerden, und sermo 8 zum groen Teile sich gegen sierichtet. Nun ist es gerade ein Zeichen der ersten Jahi'e derAmtsfhrung des hl. Augustinus, da er da wohl die Manicherscharf bekmpft, auf die Donatisten aber noch mancherleiRcksicht nimmt. Die Manicher waren ja die rgstenChristentumsfeinde, die Donatisten hingegen Christen,Katholiken, wenn auch schismatische. So setzen wir diebeiden sermones 9 und 109 in die ersten Jahre der l)isch()f-lichen Wirksamkeit Augustins; ber die Reihenfolge kannkein Zweifel sein. Sermo 109 schliet sich ziemlich engan sermo 9 in den meisten Punivten an.

    In sermo 33 sehen wir auch noch eine ziemlicl\e ('ber-einstimmung mit den beiden vorangehenden. Allein dieFrage, wer der adversarius noster sei, wird gar nicht mein"errtert, wie in de sermone Domini in monte 1. c. am ans-iiihrlichsten, dann in sermo 9 und 109 in absteigender Linie.Im sermo 33 wird sciion als bekannt und selbstverstndlich an-genommen, wer der adversarius noster ist. Sermo 8 stellt eim-nganz neuen Aufbau der Rede ber den Dekalog dar. Auch gibtsich gegen sermo 33 eine Steigerung des Kampfes gegen die

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    27aus n.

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    28Wann ist nun der Hhepunkt der Ttigkeit des

    hl. Augustinus, die Donatisten wieder mit der Kirche zuvereinen? Es ist das Jahr 411, i) in welchem die groeA'ersammlung der kathoUschen und donatistischen Bischfein Carthago endlich von Augustinus zustande gebrachtwurde, allerdings mit Hilfe der weltlichen Behrden. DerErfolg w^ar ein den Katholiken gnstiger; die Donatistenkehrten zum guten Teil allmhlich zur Kirche-) zurck.Augustinus war nun in einem doppelten Sinne ttig, einmalden errungenen Sieg auszubeuten, das Eisen zu schmieden,solange es noch w^arm war, um recht viele [Bekehrungen zuerreichen, zweitens die wiederzurckgekehrten Donatistendurch Belehrung im Sche der Kirche festzuhalten. (Ep. 241und 242 Mi. 33 p. 577 ff.) Es ist sicher, da im darauf-folgenden Winter 412 mit den Taufkatechumenen eine ganzeAnzahl Donatisten in Hippo zur Kirche zurckkehrten.

    Fr diese war eine solche Auslegung des Dekalogssehr notw-endig. Der ganze Unterschied zwischen Katholikenund Donatisten hatte Ja in sittlichen Anschauungen seinenAusgangs- und Schwerpunkt. Hier muten nun die Dona-tisten gepackt werden und es einsehen lernen, da Sndengegen die Liebe, gegen die Einheit und Einmtigkeit derKirche schwere Snden sind, gerichtet gegen den Bestandder Kirche selbst, da sonst alle Rechtglubigkeit nichtsnutzt, w^enn man gegen den hl. Geist und die Bruderliebesndigt.

    Es stimmt mit dieser Situation ganz berein, wenn wirim sermo 8 gegen sermo 33 eine Steigerung der antidona-tistischen Redewendungen wahrnehmen.

    So wird man nicht fehlgehen, das Jahr, in welchem dieDekalogrede 8 gesprochen ist, zu liestimmen als das Jahr 412.

    Noch ein anderer Umstand spricht fr diesen Zeitpunkt.Augustinus sagt im sermo 8 n. 13: Non ergo jam sinecausa quinquagesimo die post ascensionem (sc. amortuis)Domini venit Spiritus sanctus". (Die Zahl 50 ist sieben malsieben und eins. Sieben als hl. Zahl des hl. Geistes, dersieben Gaben, des Sabbates u. s. w. Die Eins als Zahl der

    1) Vita scti Augustini (Mi. tom 32 p. 40.i ss) lib. VI. c. X. ff.2) Vita scti Augustini b. VI. c. XIII. n. 7 ss. und lib. VII c. II.

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    29Einlioit der Kirche.) . . . Kt peracti sibi (sc. post ascensiiiemin coelum) decem diebus tanquam decimo praeceptorumsigiio venit Spiritus sanctiis, quia nemo implet legemnisi per graiiam Spiritus sancti." Das riciitet sicli gegen diel*elngianer, welche behaupteten, der Mensch knne ohne dieGnade Gottes aus eigener Kraft die Gebote Gottes erfllen.^)Soistsermo San einerGrenze gelegen. Gleichzeitig richtet ersich gegen Manicher, Donatisten,Pelagianer. Diese Pelagianerwerden aber noch nicht sehr beachtet. So zu sagen nur ein Satzist gegen sie gesprochen. Das pat zum Jahre 41 2. 2) DieseSekte hatte damals noch wenig Anhnger in Afrika. Die Gefahrwar also nicht bedeutend, doch beschlo Augustinus auch hier,die Anfnge schon abzuwehren. (Retract. 1. IL c. 33; siehediese Seite, Anm. 2.) Die Schrift de peccatorum meritis (anti-pelagianisch) et remissione libri tres ist schon im Jahre 412verfat. Damit stimmt ganz sermo 8 berein; er beachtet diePelagianer noch wenig. So weist uns alles auf die Annahmehin, sermo 8ist im Jahre 412 gehalten. 3)Damit ist im wesentlichen die Arbeit des hl. Augustinusbeendet, die er dem Dekalog widmet, um ihn zu einerbrauchbaren Waffe gegen die Manicher zu gestalten. Einneuer Gegner tritt auf, der Pelagianismus. Augustinuserklrt nun den Dekalog, soweit es mglich ist, gegen dieseWidersacher der Gnade. Gegen die Donatisten hat freilichAugustiims immer noch weiter auch in der nchsten Periodeden Dekalog bentzt. Aus allem ergibt sich:

    I )ie antimanichischePeriode reicht bis zum Jahi'e 412.

    1) de haciesibus cap. 88 (Mi. 42 p. 47): Pclaj^iani . . . dei gratiac . .in tantum inimici sunt, ut sine liac posse liominem credant faciTO omniadivina maudata.

    2) Belege fr das I^\lgende in Vita soti Aug. Hb. Vll cap. I. \ind 11;auch epist. 157, n. 22; lietract lib. 11. c. 33.^) Es knnte noch Interesse erwecken, zu orl'ahron. wie ,\ug. dazu

    kommt, die zehn Plagen mit den zehn Geboten zu vergleiciicn. Ein Mann,der so sehr der Zahlenmystili huldigt wie er, es wtM'don das dienchsten Dckalogrcden wieder erhrten mute sozusagen hier einProblem erblicken, sich anschicken es zu lsen. Dali es ihn reizt, einProblem fr ihn ist, sagt er in der en. in ps. 77 n. 27. Der Gewinn ausdiesem Vergleich, obwohl immerhin nicht unbedeutend, scheint ihn nichtrecht befriedigt zu haben. (Siehe sermo s und en in. ps. 7s. 1

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    Eesultate.Augustinus denkt im Anfange nicht an Dekalogkatechesen,

    an den Dekalog als Centrum des Sittengesetzes. Aber seinekatechetischen Arbeiten, der Unterricht der Katechumenen,der Kampf der Manicher gegen das A. T. und den Dekalog,einige SchrifLstellen bringen ihn dazu, den Dekalog mit deralten Norm des Sittenunterrichtes zu verbinden, mit demDoppelgebot der Liebe und zwar als inhaltlich identisch. Sowird iiim der Dekalog Centrum, Norm des Sittengesetzes.Einzelne Gesetze, Gebote desselben erheischen eine besondereBearbeitung und diese Bearbeitung, teils im Interesse (ErtlicherVerhltnisse zum besten der Gemeinde, teils im Kampfegegen die iManicher erfolgt, macht eine Erweiterung der-jenigen Begriffe notwendig, die man sonst mit dem Wort-laut der Dekaloggebote verband.

    ]nillich im Jahre 395 hlt Augustinus die erste Dekalog-katechese und zeigt darin deutlich, da er nun den Dekalogals Zentrum des Sittenunterrichtes betrachtet (sermo 9 n. 7und n. 13.)

    Die Ausbildung der Dekalogauslegung im antimani-chischen Sinne erhlt ihren Hhepunkt im Jahre 400 in denBchern gegen Faustus.

    Die antimanichische Periode reicht bis zum Jahre 412.Es sind nicht einseitig antihretische Interessen, dieAugustinus bewegen, den Dekalog zum Mittelpunkt derSittenunterweisung zu whlen. Er hat ein wirklicheskatechetisches Bedrfnis gefhlt und diesem abgeholfen.^)

    Auch der Kampf gegen die Donatisten wird mit ein-bezogen. Doch weil das pdagogische Interesse und derKampf gegen die Donatisten auch die ganze nchstfolgendeZeit fortbesteht, so mute der Kampf gegen die Manicherals unterscheidendes Merkmal der ersten von der zweitenPeriode gewhlt werden, wie der Kampf gegen die Pelagianerals Merkmal der nun kommenden Periode.

    1) Das noch mehr auszulhren ist Sache des letzten Abschnittes.

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    b. Die antipelagianische Periode.In welchem Jahre liat Augustinus untipelagianische

    nekalogkatechesen eingefhrt?Schon im Jalire 411 fand in Carthago eine Synodestatt, die sich mit Clestius, dem Schler des Pelagius,befate , und seine Irrtmer verurteilte. i) Augustinusschrieb daraufhin im Jahre 412 sein Werk de peccatorummeritis et remissione libri tres gegen die Pelagianer.''^) Bereitsdamals und vor Abfassung dieser Bcher hat Augustinusdurch Predigten und Unterredungen^), so viel ihm ntig schien,den irrigen Ansichten entgegen gewirkt. Noch in dem-selben Jahre 412'^) verfate er das fr den Dekalog berauswichtige Schriftchen de spiritu et littera und widmete denZehngeboten besonders die Kapitel 14 bis 22. Augustiiuisfhrt darin aus: Das Gesetz Mosis wird durch den Dekalogkurz zusammengefat. Die Zehngebote verpflichten denChristen unter einer Snde. Wenn aber die Pelagianersagen, die Gnade Gottes bestehe in nichts anderem als inden Geboten Gottes und in deren Kenntnis, so ist das falsch.Ebenso falsch ist es, da der freie Wille des Christengenge, um alle Gebote zu erfllen. Vielmehr nenntder Apostel den Dekalog ausdrcklich littera occidens,aber dies gerade nur fr den b'all, da der Dekalogallein fr sich genommen uns etwa das Heil bringen knnte.Allein fr sich kann uns der Dekalog nur derSnde berfhren, unsere Snde durch Erkenntnis derSnde nur vergrljern. Das, was uns von der Sndelst, was uns die Kraft gibt, den Dekalog auch wirklich zuhalten, ist nicht die bloe Keimtnis, ist nicht unser freieWille allein, sondern das ist die Gnade Gottes, die charitasdiffusa in cordihus nostris per s])irilum sanctuiu." Dei;Dekalog allein ist littera occidens, ttender Buchstabe; die

    1) cp. 157. n. 22. (Mi. (om. :v.\. p. \)h:, not. :i): de gcstis PelaR. n.4(). Vita scti. Augustin. lil). Vll. c I. Rctract. lih. 11. c. 33.

    ^) Das Werk fhrt auch den Titel de hapfisiiKi parvnlornm. NachRetract. I. 11. e. :};} ist es nach dem Kcmzii von Karthago gesrhricluMi.

    3) 1. 0. Es wird das ber scrnio 8 Gesagte besttigt, (p. 29.)*) Das ergibt sich aus: Hetr. L. 11 c. 'M : de spiritu et littera^.Anlang): Mi. tom. 4:\. p. UIO: vita s. Aug. I>. VII.

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    charitas, die Gnade ist der spiritus vivificans, der leben-erweckende Geist und erst wenn der Dekalog mit dercharitas verbunden ist, dann wird er selbst lebenerweckend,Spiritus vivificans^). .Denn die Gnade bewirkt, da derDekalog, das uere Gesetz verinnerlicht wird, zum Gesetz,das im Herzen eingeschrieben ist, erhoben wird, so da derMensch nun gern und mit Liebe, aus eigenem Antriebe, mitFreude erfllt, was der Dekalog vorschreibt.

    Was ist nun der Dekalog, wozu dient er? Er ist derPdagog, welcher uns unsrer Snden berfhrt und damitantreibt, die Gnade Christi umso eifriger aufzusuchen. Unterder Gnade Christi ist hier sowohl die heiligmachende Gnade,wie die Gnade des Beistandes gemeint. Augustinus nennt hierder Sache nach den Dekalog paedagogus ad graliam; auch denWorten nach sagt er es contra duas epist. Pelag. lib. IV, c. V. n.10. So weist denn Augustinus schon damals im Jahre 412 mitaller Deutlichkeit dem Dekalog eine hervorragende Stellungein; er ist der Fhrer zur Gnade, der Erzieher fr die Gnade.

    Es geschieht das im bewuten Gegensatz zu denPelagianern. Diese verwarfen die Gnade und damit,natrlich den Unterschied von Altem Testament \md NeuemTestament; sie verwarfen auch die Gnade per eminentiam,die Taufe. Um sich noch den Anschein eines gewissenChristentums zu geben, machen sie zwar dabei einige Ein-schrnkungen; diese sind aber wertlos, (de haer. c. 88,de grat. Christ, lib. I n. 5 und 6 und 45.)

    Demgegenber sagt Augustinus, die Gnade, die gratiaChristi, die charitas in cordibus nostris diffusa per spiritimisanctum ist der Unterschied zwischen A. und N. Testament(de spir. et litt. 1. c. und c. 25 n. 42.). Denn den Dekalogund selbst das Doppelgebot der Liebe^) hatte ja schon das

    1) Augustinus war auf die Augriffe der Pelagianer vorbereitet durcliden Kampf gegen die Manicher. Sclion im Jalire 4()U findet sicli derGrundgedanke von de spiritu et littera in dem Werke c. Faust. Man ich.1. XV. c. 8 (Mi. tom 42 p. 811 ff.) Schon damals hatte er das Verhltniszwischen A. T. u. N. T., um das es sich handelt, so richtig bestimmt,da er jetzt den Pelagianern dasselbe sngen kann.

    ^) Htte Zezschwitz (System der christl. kirchl. Katechetik, 3 Bde.,Leipzig 1863) die Stelle ep. 177 n. 10 Mi. 33 p. 768 gekannt, so htte ersich knnen seine ganze ungeheure Arbeit sparen, nachzuweisen, Augustinus

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    Die erste Dekalogkatechesc derantipelagianischen Periode.

    Die vier noch erhaltenen Dekalogreden dieses Zeit-abschnittes, die serniones 248 bis 251 haben smtlich einenGedankengang und zwar folgenden: Die hl. Schrift redetzweimal von einem wunderbaren Fischfang; der erste warvor der Auferstehung und sinnbildet die Sammlung derGlubigen in der Kirche auf Erden, wo Gute und Bse zu-sammenkommen in solcher Menge, da das Netz reit undSpaltungen entstehen. Der zweite Fischfang ereignete sichnach der Auferstehung. Er sinnbildet die Kirche nach derallgemeinen Auferstehung, die Kirche der Seligen. Nur aufder rechten Seite wird das Netz ausgeworfen, denn nur Gutedrfen eingehen; das Netz reit nicht, denn dort gibt eskeinei'lei Spaltung. Was mssen wir nun tun, damit wirzu jener Kirche der Seligen gehren? Da beli-achte dieZahl der gefangenen Fische; es sind 153 groe Fische.Freilich werden die Seligen nicht blo 153 an Zahl sein, viel-mehr ungezhlte Scharen, dennoch sagt die Zahl 153 in einergeheimnisvollen Weise, wer zu den Seligen gehren wird.

    Die Zahl 153 entsteht aus 7 und 10, aus siebzehn; dennwenn du 1 und 2 und 3 und 4 und 5 und 6 und 7 und 8und 9 und 10 und 11 zusammenzhlst und damit fortfhrstbis zur Zahl 17, so erhltst du als Summe aller dieserZahlen die Zahl 153. So wird die Zahl 153 aus der Zahl 17geboren: nascitur a decem et Septem. Was wird aber durchdie siebzehn angezeigt? Die Zehnzahl ist dem Gesetze heilig,bedeutet die Zehngebote, den Dekalog. Die Siebenzahl istheilig dem hl. Geiste; denn es gibt sieben Gal)en des hl. Geistesund den siebenten Tag heiligte Gott und ruhte an diesem.So mu zum Gesetz, zum Dekalog noch der hl. Geist kommen;dann erst entsteht die Zahl siel)zehn und die Zahl der Aus-erwhlten, der Seligen, die Zahl 153.Nun wird dies nher ausgefhrt, in wie fern der hl.Geist, die Gnade zur Gesetzeskenntnis noch hinzukommenmu, damit wir das Gesetz erfllen knnen. Endlich wirdnoch die Ermahnung erteilt, ja den Dekalog, die Zehnzahlzu erfllen mit der Gnade Gottes. Wer dies nicht tut,gehrt nicht zur Zahl der Auserwhlten, zur Zahl der Seligen.

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    So hat Augustinus iu einer Weise, die dem Zeit-geschmaclv huldigte und den Zeitgenossen als vollgiltigerIk>\veis galt, den Dekalog als hauptschlichstes Heilsniitlelim \'erein mit der Gnade hingestellt.

    Augustinus wurde sich auf diese Art nicht untreu.Wenn er den Dekalog vorher als adversarius bonus et utilisbezeichnet, mit dem man (sermo 9; 109) whrend des ganzenLebens in Harmonie sein mu, so ist der Dekalog jetzt garnichts anderes, die unverletzliche Zehnzahl, die uns in denHimmel einfhrt; allerdings brauchen wir dazu die Gnade.

    Hatten die Manicher den Dekalog herabgesetzt, solobten ihn nun die Pelagianer berschwenglich, ^) als ob erdie Gnade berflssig mache. Den Manichern gegenberpries auch Augustinus den Dekalog; jetzt den Pelagianerngegenber ist er so klug, den Dekalog nicht zu verkleinern,sondern er verbindet ihn nur zu einer untrennbaren Kinheitmit der Gnade, die Dekalogzahl mit der Gnadenzahl, so daDekalog und Gnade untrennbar sind.

    So hrten denn die Neugetauften zum Abschiede dieernsten Worte: willst du einmal i;i den Himmel eingehen, somut du in dir die Dekalogzahl und die Gnadenzahl vereinen,mit der Gnade die Zehngebote erfllen, erst dann gehCtrstdu zur Zahl der Auserwhlten.

    So wappnete Augustinus seine Zglinge und seineGemeinde in einzigartiger Weise vor den Irrlcliren derPelagianer. Das mute sich unauslschlich auch dem ein-fachsten Vei'stande einprgen.

    Der Kernpunkt der ganzen Ausfhrung ist. (iffenbar dieDeutung der Zahl 15;}. Darum ist es angezeigt nach derZahl 153 und ihrer Geschichte in den Schriften Augustinsden Zeiti)unkt der Dekalogreden 24 bis 251 zu bestimmen.

    Schon im Anfange seiner Konvertitenzeit hat sichAugustinus fr die Auslegung dieser Zahl lebhaft interc^ssiert.Er bespricht die Frage in der (juaestio 57 der Schrift dediversis (luaestionibus 83 (iVH. 40 p. 39). Danach spielt dieZehnzahl 2) eine groe Rolle. Sie ist Sinnbild des Zehners,

    1) Contra diiu.s cpistolas PolaK- Hb. IV. c. f) n. in (Mi 44 p. (il(>.)2) Dio Schrift ist in (Ion -liilircn iiSS i)is '.W) cntsinndcn. J> iinrlKJt'm

    KiMiidi^ eine l

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    36den die Arbeiter des Weinbergs empfangen, also des ewigenLolines. Sie ist aber aucli als Zahl der zehn Tage zwischenAscensio und Pentecoste die Zahl der Vollendung durch denhl Geist. 1) Die Zahl 153 aber ist 4 (Krper) mal lu, gleich40 (Zeitlichkeit), plus 10 gleich 50 (Ewigkeit; triumphierendeKirche), mal 3 (Heiden, Juden, schlechte Christen) gleich 150,plus drei gleich 153. (Die 3 bedeutet auch die hl. Drei-faltigkeit.)

    Das ist noch wesentlich anders wie in den Dekalog-reden. Die praecepta und sacramenta sind allerdings schongenannt als Netze, welche jetzt schon die Kirche zusammen-halten und 153 als Zahl der Auserwhlten. Dieser Erklrungam nchsten steht eine Predigt ber den Fischfang nach derAuferstehung. Die Predigt ist zwischen 395 und 400gehalten. 2) Das Jahr 400 erscheint ausgeschlossen, weil bereitsin ep. 55 n. 31 (i. J. 400) eine neue Auslegung der Zahl 153erscheint. Es ist sermo 252. Die Zahl 40 ist die Zahl unsererirdischen Arbeitszeit, 50 die Zahl unseres himmlischen Tunsdes Lobes Gottes, 10 die Flle der Weisheit, (aus 3 [Drei-faltigkeit] und 7 [Kreatur]), zugleich der himmlische Zehner,der himmlische Lohn, den wir empfangen, wenn wir nachden Geboten Gottes wandeln. Vom Dekalog ist noch nichtdie Rede; doch ist diese Erklrung jener der Dekalogredenschon bedeutend nher. 153 ist wieder die Zahl der Voll-kommenen, der Seligen.

    In dem Briefe 55 an Januarius, geschrieben i J. 400 (videMi. tom. 33 p. 25, praefatio ad ep. 54 u. 55) im Kapitel 17wird die letzt Erklrung teilweise wiederholt, aber auchschon eine neue dargelegt. 1 53 ist 7 u. I0,wenn man 1 u. 2 u. 3 u. 4u. s. f. bis 17 zusammenzhlt. Das ist schon die Erklrung derDekalogreden, aber die 10 ist immer noch Zahl des himmhschen

    1) Es ist dies wieder ein Beweis, da Aug. im Anfang nicht an denDekalog gedacht hat als an ein besonders hervorragendes Katechismus-stcli, sonst wrde er lim in Betracht gezogen liahen. 153 ist ihm auch21 X 7 u. 6.

    2) Aug. erinnert an ein Vorliommnis des Jahres 394. (vgl. sermo2.52 n. 4. und von Hertling Augustinus" in der Weltgeschichte in Charakter-bildern, Mainz, 1902, p. 64); sermo 252 n. 3 hat auffallende hnlichkeitmit de catech. rud. n. 43.1m Jahre 400 in der ep. 55 n. 31 erscheint schoneine neue Auslegung von der Zahl 153. Im sermo 252 n. 4 fehlen diePelagianer bei der Aufzhlung der Irrlehrer.

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    37Z(^]iiior!>. Erst im Jahre 416") erscheint im tract. 122 inevani;-. Joannis die vollstndige antipelagianische Er-kli'ung des Dekalogs und der Zahl 153, wie \vir sie in denhekalogreden 248251 finden. Die Zehn ist die Dekalogzahl.

    Es fragt sich nun:Ist tract. 1-2 lter als die Dekalogreden, als die ser-

    mones 248251 oder umgekehrt?Im sermo 248 n. 4 sagt Augustinus, wo er auf die Er-klrung der Zahl 158 kommt, da er an das erinnern msse,was sie Jedes Jahr hren; sermo 249 n. 3 meint er: schonoft habe ich euch das gesagt; hnlich sermo 250 n. 8 (Ende):ich pflege') euch das zu sagen; endlich sermo 251 n. 5 sagter einfach: nostis illa, ihr wilH es.

    Danach sind diesen erhaltenen Dekalogreden offenbarandere vorausgegangen.

    Whrend nun hier berall die Rechnung abgebruchenwird, geschieht in tract. 122 in ev. Joh. n. 8 das Gegenteil.Die Berechnung der Zahl 158 wird ganz sorgfltig und bisins einzelnste durchgefhrt. Mit nichts erinnert Augustinnsdaran, da diese Zusammenstellung der Gemeinde schonbekannt ist.

    Deshalb mssen wir sagen, die uns erhaltenen anti-pelagianischen Dekalogreden sind erst nach dem Jahre 416,nach tract. 122 gesprochen. Der erwhnte Tractat ist keinekatechetische Dekalogrede fr Neophyten; das ergibtsich daraus, da ei" nicht an Ostern gehalten ist, wie dieTi-actate vor- und nachher zeigen; auch ist manches Fremd-artige darin enthalten.-'') So bleibt eine Lcke; die Jahre413416. Was fr antipelagianische Dekalogi-eden hatAugustinus in dieser Zeit gehalten?

    Zunchst aber ist das Resultat festzustelhui:Die erste antipelagianische Dekalogrede ist uns nicht

    erhalten.') vidc Admonitid Mi. toni. '.'>> p. 187.'); vita scti. Augustini 1. VII.

    !. 10 u. 7.'j Avigustiiuis ixMiicriil Ixt aucli I. c. Multi oliiiti sunt, allijui nco

    audierunt; inanclicni ist es also ganz neu.'') (ianz abstreiten lt sich freilich das Gegenteil nicht; Ostern

    war nicht die einzige Taufzeit vide sermo 210 n. 2; doch ist es sehrunwahrsclKMulicii.

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    38Doch gibt der erwhnte Tractat 122 in ev. Joh. einen

    Fingerzeig, wie die Dekalgkatechesen der Jahre 413416wohl geartet gewesen sein mgen.Augustinus zieht tract. 122 n. 8 noch die frherenKatechesen in Betracht und sagt, wer zur Zahl der Aus-erwhlten gehren will, mu also mit dem Dekalog alsseinem adversarius harmonieren. Auch sermo 251 n. 7greift noch in eben dieser Weise auf die frheren Redenzurck.

    Daraus ergibt sich, da sermo 8 der ^>rgleich der10 Plagen und 10 Gebote ein Ausnahmsfall, eine Episodewar, aber keinen Typus der Dekalogreden darstellt, sondernda Augustinus auch nach dem Jahre 412 zunchst denDekalog als adversarius dargestellt hat.

    Allerdings wird Augustinus den sermo 8, insofern er sichgegen Donatisten und Pelagianer richtet, dabei ausgentzthaben, soda er schon hier die Resultate der Schrift despiritu et littera 413 in den Osterkatechesen bentzt undden Dekalog den adversarius bonus nur dann als utilis, alsvivificans bezeichnet, wenn er mit der Gnade verbunden ist. M

    So kam ein Zwischentypus in den Jahren 413416zustande, welcher allmhlich berging in die sermones248251, Tractat 122, bis dann der adversarius ganz ausdieser Darstelluns- verschwand.

    Die brigen Dekalogkatechesen derantipelagianischen Periode.

    Von den erhaltenen Dekalogreden 248 251 istsermo 251 der ursprnglichste, sehr bald nach demtract. 122 in ev. Joh. gehalten und zwar im Jahre 417.Das geht aus Folgendem hervor: Sermo 251 hat nmlichdie meiste hnlichkeit mit Tractat 122. Auch er nenntnoch den Dekalog, wie schon bemerkt, adversarius undverwertet dieses Bild am Schlu. Die brigen drei Redenber die Zehngebote haben dies bereits aufgegeben, jeden-falls um nicht durch Hufung von Vergleichen den Haupt-

    1) So kehren die Schlagwrter gegen die Pelagianer aus de spirituet littera regelmig in den spteren Dekalogreden noch wieder in densermunes 248 bis 251.

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    39vergleich in seiner Wirl

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    Spiritus sanctus septiformis ostenditur . . . Lex jubet, Spiri-tus juvat.

    So l

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    42als adversariiis boiius geschildert wird, und jenen, in denener eine Grundzahl der geheimnisvollen Zahl der Auserwhltenbildet.

    Der zweite Abschnitt dieser Periode dauert von 417430. Augustinus verbindet den Dekalog aufs engste mitder Gnade in einem sinnflligen Zeichen, der Zahl 17, undschmiedet sich so in den Dekalcgkatechesen eine wirkimgs-volle Waffe gegen die Feinde der Gnade. Der Dekaloggewinnt noch eine hhere Bedeutung fr den TaufUnterrichtals in der frheren Periode.

    Dabei wird die Polemik gegen die Donatisten in mildererForm weiter gefhrt.Die Zusammenhnge mit der Gesamt lge.Zum Verstndnis dieses Kampfes gegen Manicher,

    Donatisten, Pelagianer mgen noch einige Erwgungen folgen.Es war die uralte Frage nach dem Ursprung des Bsenin besonderer Weise das I^roblem der Zeit des hl. Augustinus.Tm tglichen* Leben spitzle sich diese Frage persnlich zu:Woher kommt der Kampf zwischen gut und bse in meiner

    Brust? Wie soll sich nun die Kirche zu dieser Frage stellen?Hier waren es die drei groiien Sekten, die in einer scharfenWeise gegen die Kirche Stellung nahmen.

    Die iManicher mit ihrer dualistischen Weltanschauungverpflanzten den Dualismus sogar auf das Gebiet der Ethikund kommen zu einer Lsung im fatalistischen Sinne. DerMensch hat zwei Seelen, eine von Natur aus gute, einevon Natur aus bse. Am Weitende Averden beide ge-trennt; die gute wird mit dem guten Prinzip vereinigt, diebse geht zum bsen Prinzip. Daran lt sich nichts ndern.Der Mensch ist so von jeder Verantwortung frei. Nicht ertut Gutes oder Bses, sondern es tut's die gute oder bseWeltmacht. So versteht man, wie die Manicher zu einemgewissen Laxismus kamen, den Augustinus, wie das brige inde haer. c. 46 schildert. Zugleich suchen sie ihre dualistischenAnschauungen in die Lehre vom Verhltnis des A. zum N.Testament hineinzutragen. Das alte Testament ist vombsen Prinzip beherrscht, das neue Testament vom guten.Es laufen nun die verschiedensten Konsequenzen von diesen

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    43r.oliiuMi den Geboten des Dekalogs schnurstracks entgegen;dadurch wurde er ein Objekt des Kampfes.

    Die Donatisten wurden durch ihre illegitime Stellungzur Kirche nach einer andern Richtung gedrngt. Sie mutenum jeden Preis suchen, sich zu rechtfertigen. So wurdensie zu Rigoristen. steinten sieh als die Reinen hin, als diestreng legitim nach den Kirchengesetzen Lebenden.

    Sie stellten die Forderung auf, nur die Reinen bildendie Kirche, die Snder seien auszuschlieen. Nur wenn derPriester rein von Snde ist, kann er giltig die Sakramentespenden.') Freilich war dieser Rigorismus widerspruchsvoll.In ihrer Kirche duldeten sie das, was sie an der katholischentadelten. Aber wer wollte nicht zu den Reinen, zu denStrengen gehren? So gewannen sie groen Anhang. Dieserwrde wohl kaum so grol) gewesen sein, WTun eben nichtdamals das Problem ber den Ursprung des Bsen dieMenschheit so bewegt htte. Sie griffen nun den Dekaloggar nicht an. Dieser hatte aber bei Augustinus in seinerantimanichischen Auslegung eine so eigentmliche Deutungerhalten, da es nun ein Leichtes w^ar, ihn gegen die Donatistenauszuspielen. Die Donatisten versndigten sich gegen denhl. Geist und seine Gnad(> und damit gegen das 111. Dekalog-gebot, das Augustinus auf den hl. Geist bezieht. Augustinushatte ja auch den Dekalog mit dem Doppelgebot der Liebeidentifiziert, welches das bisherige verbum brevians in derSittenlehre war. So traf ihre Verletzung der Liebeseinheitauch den Dekalog als den Verbndeten des Doppelgebotes.

    Die Pelagianer suchten das Problem im optimistischenSinne zu lsen. I )er Mensch braucht sich keine groe Sorge zumachen; denn seine Natur ist durchaus gut, sein freiei- ^^'illehat gengend Kraft, das Bse zu berwinden. Die rechteErkenntnis des Bsen ist somit einzig, was erfordert wirdim Kampfe gegen das Bse; und (csc Ki-kennlnis wii'd in

    1) Sonst, Ix'hioltcn sie las Lehrsystom il(>r katli. Kirclic Ix'i: iiTKampf um die Lohrmciniingon vom Urspninf;; und Kndc di's iJscn warvon langer Hand vorbereitet. Das C^hristenium selbst hatte diese Kragezu einer brennenden gemacht. Das Heidentum mulite sieli mit ilunauseinandersetzen. So kam es zu (hm gnostischen Streitigkeiten undSektenbildungen, die frcilleli noch auf breitcrem Grunde ruhten. DerCinosticismus besonders hatte dann den no

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    .44bester Weise durch das Gesetz, den Dekalog vermittelt.Ja die Pelagianer gingen soweit, zu behaupten, im Lebender Gerechten gbe es berhaupt keine Snde. So sei dasWort des hl. Pshilus von der ecclesia sine macula et rugazu verstehen. Gegen diese Sekte war so recht 'das 9. und10. Gebot ins Feld zu fhren: non concupisces und die Not-wendigkeit der Gnade.

    Augustinus war nun durch seine Lebenserfahrungender geeignete Mann, in diesem Widerstreit der Meinungendie rechte Mitte zu finden. In seiner Brust hatte ja einganzes Menschenalter hindurch der Kampf zwischen gutund bse getobt. Da lernte er die menschliche Hinflligkeitkennen, die Macht der bsen Begierlichkeit, der Gewohnheits-snde, um den Ursprung des Bsen in sich, nicht in einembsen AVeltprinzip zu suchen. Seine philosophische Schulungmachte es ihm mghch, den Materialismus \) der Manicherauch wissenschaftlich zu widerlegen, besonders zu zeigen,da das Bse keine Substanz sei. Andererseits erlebte esAugustinus an sich, da nur die Gnade Gottes den Menschenaus der Not der Snde herausfhren kann. So M^irde erein Verteidiger der Gnade. Augustinus lernte an sich dieberschwengliche Liebe Gottes kennen und machte sie inseiner Weltanschauung zum weltumspannenden Prinzip, ausdem alles geflossen, in das alles zurckkehrt, um dort dasGlck zu finden. So wurde er der Verteidiger der Liebes-einheit mit Gott, der Kirche.

    Das ist der grere Rahmen, in welchem sich derKampf um den. Dekalog abspielte. Da die fundamentalenAnschauungen Augustins so wohl begrndet waren, muteer mit aller Sicherlieit die rechte Mitte, die AVahrheit finden.

    So hatte sich der Kampf um den Erlsungsbegriff 2)bis auf den Dekalog erstreckt und fand bei Augustinus ein

    1) Der Dualismus der Manicher mndete insofern in einenmaterialistischen Monismus aus. als sie einen Geist sich nicht denlcenkonnten. Alles ist Stoff, Materie, das gute wie das bse Prinzip.

    2) Die Frage nach dem Ursprung "des Kampfes von gut und bsemndet stets in irgend einem Erlsungsbegriff, einer Vorstellung, wiedieser Kampf ein Ende nimmt. Im Christentum bildet die rechte An-schauimg ber das Verhltnis von Altem Testament und Neuemdie Antwort auf die Frage ber den Ursprung des Kampfes, wie berdas Ende desselben durch die vollendete Erlsung.

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    45pfovvisses iMide, in dein Altes und Neues Testament inglcklichster Weise vershnt wurden. Da aber die Dekalog-katechesen an die Infantes nur den kleinsten Teil derSittenunterweisung fr die Katechumenen bildet, so ist nochzu untersuchen, was die Folgen davon waren, da Augustinusdie Dekalogkatechese einfhrte und den Dekalog zumCentrum des Sittenunterrichtes machte.

    2. Welche Folgen hatte die Einfhrung der Dekalogkatechesefr den sonstigen Sittenunterricht der Katechumenen?

    a. Die Unterrichtsmethode des hl. Augustinus mit Bezug auf dieKatechismusstcke.

    Es ist notwendig, zuerst die allgemeinen Grundstzedes hl. Augustinus klar zu legen, welche er beimlvatechumenen-unterrichte befolgte, ehe man mit Erfolg daran gehen kann,zu untersuchen, wie er die Dekalogkatechese eingefhrt hatund den Sittenunterricht einer Neuerung unterwarf.Augustinus unterrichtet so, da aller Unterricht beider iVufnahme des Rudis und in der Katechumenen- undder Competentenzeit zuletzt durch Formeln zusammengefar)twird d. i. durch Symbolum und Pater noster. Da die ver-stndnisvolle Zusammenfassung des frher Gehrten in derFormel fr die Zglinge zu schwer ist, so tritt Augustinushelfend ein. Er hlt bei der bergabe der Formeln desSymbohuu und Pater noster eine feierliche Rede, die denvorausgegangenen Unterricht bersichtlich zusammenfat.So wei-den die Formeln ein mit Verstndnis gebrauchterBegleite]- ins fernere Leben. Es ist daher ein do])pclterUnterricht zu unterscheiden: der geMM'Umliche zwangloseUnterricht und die feierlichen vVnsprachen bei bergabe derFormeln oder bei Empfang der Sakramente.Die Aufnahmskatechese ist zur Genge bekannt nusder Schritt de catechizandis rudibus. Sie gehrt zumzwanglosen Unterricht, wie aus vielen BemerkungenAugustins ber das Ausfragen, die Antworten, die Gelegenheitzum Sitzen, Erlaubtheit einer unterhaltenden Zwischen-bemerkung hervorgeht. In der Katechumenenzeit gab eskeinen besonderen Unterricht. Hier waren die H(milien,die Vorlesiuigen aus der Schrift, die Gebete, die Liturgie

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    46berhaupt die Bildung'smittel.i) Joh. Mayer (Geschichte desKatechumenats und der Katechese in den ersten 6 Jahrh.Kempten, 1868, p. 289) sucht zwar den besonderen Unterrichtnachzuweisen, allein seine Beweisstellen sind allesamt nichtstichhaltig. De catech. rud. c. XI n. 16 sagt Augustinus,wenn der Katechet merkt, da er etwas Falsches 2) gesagthabe, so solle er eine Gelegenheit suchen, und wenn er diesegefunden, sich verbessern. Gbe es einen besondern Unter-richt nach der Aufnahme, so brauchte Augustinus doch nurauf diesen zu verweisen.

    De cat. rud. n. 50 gibt Augustinus dem AufzunehmendenVerhaltungsmaregeln zum Selbstunterricht, zum sich Selbst-zurechtfinden, wenn er etwas in der hl. Schrift nicht ver-stehen sollte. Das wre nicht notwendig gewesen; wenn eseinen besonderen