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Schiller Kabale Und Liebe Essay

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Nochta JuditDeutsche Dramageschichte

20 Mai 2012

Die Darstellung der Dramafiguren und des gesellschaftlichen Konflikts in

Friedrich Schillers Kabale und Liebe

Friedrich Schiller war ein der bedeutendsten Dichter, Dramatiker, Philosoph und

Historiker in der deutschen Geschichte. Er lebte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

und obwohl er Jura und Medizin studiert hat, hat er immer großes Interesse für Literatur

gezeigt. Er hat ganz früh mit dem Schreiben begonnen und hat alle Werke von Shakespeare,

Rousseau und Klopstock gelesen. Er hat aber viele Male in Konflikt mit dem Herzog geraten,

weil es in der Akademie verboten war, schöngeistige Literatur zu besitzen und damit zu

beschäftigen. Der Herzog hat ihm jede literarische Tätigkeit verboten, er hat aber damit nicht

aufgehört. Schiller war mit seinem rebellischen Verhalten ein echter Stürmer und Dränger. Er

hat das Drama Kabale und Liebe 1783 beendet, in dem er die von ihm auch erfahrene

absolutistische Herrschaft der Fürsten darstellt.1

Der Sturm und Drang war eine philosophische und literarische Bewegung vornehmlich

in den 1770er und 80er Jahren. Die bevorzugte literarische Gattung war das Drama, in dem

die Stürmer und Dränger ihre Gedanken und Gefühle für die Welt am besten verfassen

konnten. Der Leser trifft oft beim Lesen auf aktuelle Gesellschaftsprobleme, den Konflikt

zwischen den hierarchisch aufbauenden Gesellschaftsschichten, als das Ziel der Bewegung

war, Gleichheit zwischen allen Bürgern zu erstreben. Wichtige Themen der Dramen sind

Freiheitskampf gegen die Gesellschaft und gesellschaftliche Auffassung der Geschlechter.

Die Hauptfiguren sind rebellisch und sie lehnen sich gegen die bestehende Ordnung und

System auf. Die meisten Sturm und Drang Dramen sind aber tragisch, weil alle Bestrebungen

des Helden, sich Geltung zu verschaffen, scheitern und er seine Identität nur durch Mord oder

Freitod bewahren kann. Diese Stilmerkmale sind charakteristisch auch in der Kabale und

Liebe.2

Kabale und Liebe ist ein bürgerliches Trauerspiel, das zur Mitte des 18. Jahrhunderts

entstanden ist und das das sich in der Zeit der Aufklärung emanzipierende Bürgertum in

Mittelpunkt stellt. Dieses Drama bricht aber die klassische Auffassung der Tragödie und

erzählt über häusliche und private Themen und über den Konflikt der Gesellschaftsschichten,

1 KRAMPE, Claudia: Friedrich von Schiller. URL: http://www.friedrich-von-schiller.de/zeittafel.htm. Datum des Zugriffs: 08.05.2012.2 MENDE, Claudio: Sturm und Drang (1767-1790) – Das Drama im Sturm und Drang. URL: http://www.literaturwelt.com/epochen/sturm.html#drama. Datum des Zugriffs: 09.05.2012.

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wie Bürger, Bauern und Adel.3 Es besteht aus fünf Akten, und gleich in dem ersten Akt

erfährt der Leser den Konflikt auslösenden Geschehen, das heißt die Liebesbeziehung des

Bürgermädchens Luise Miller mit dem adligen Major Ferdinand von Walter. Durch ihre Liebe

wird die Entgegensetzung des armen, ökonomisch und rechtlich völlig abhängigen, aber

traditionsbewussten Bürgertums mit dem regierenden Adel dargestellt. Außerdem präsentiert

das Drama auch den Konflikt zwischen der fürstlich absolutistischen Macht und der

machtlosen Gesellschaft. Ferdinand und Luise wollen ihre Liebschaft verheimlichen, weil es

von ihren Eltern wegen der gesellschaftlichen Differenzen nicht befürwortet ist, aber es wird

schnell entdeckt und ihre Beziehung ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Die Personen werden nach ihrem gesellschaftlichen Rang und Geschlecht geordnet, also

stehen Männer vor den Frauen in der gesellschaftlichen Hierarchie. Zu der Welt des

absolutistischen Hofes gehören Präsident von Walter, Ferdinand, Hofmarschall Kalb, Lady

Milford und Wurm, während Herr und Frau Miller, Luise und Sophie, die Ladys

Kammerjungfer die Welt der unterdrückten Bürgerlichen vertreten. Die ständische

Konfrontation ist zwischen den zwei Welten durch die Liebe von Ferdinand und Luise

dargestellt.

Herr Miller, Vater Luises, ist ein Musiker in der Stadt, der die bestehende Ordnung

akzeptiert, deshalb befürwortet er die Beziehung seiner Tochter mit Ferdinand nicht. Er will

das Wohl Luises, aber er weiß, dass die sozialen Verhältnisse gegeben und unveränderlich

sind und diese Liebe deshalb nur zum Chaos und Enttäuschung führt. Er übt einen starken

väterlichen und religiösen Druck auf Luise aus, der sie vom geplanten Selbstmord zurückhält,

aber die Tragödie am Ende unvermeidlich erfolgt.

Luise ist ein 16-jähriges Mädchen und sie hat eine Sonderstellung innerhalb des

Dramas. Sie ist religiös und hat eine bedeutungsvolle Bindung an ihren Vater, aber sie fühlt

sich fest eingebunden in der bestehenden Gesellschaftsordnung. Sie gerät nicht nur in einen

äußeren, sondern auch einen inneren Konflikt mit sich selbst, wenn sie sich in Ferdinand

verliebt: sie möchte der Erwartung ihres Vaters entsprechen aber zugleich sieht sie in ihrer

Liebe zu Ferdinand den Willen Gottes, die durch Menschen nicht zerstört werden können.

Ferdinand ist ein typischer Stürmer und Dränger. Obwohl eine glänzende Karriere auf

sich warten lässt, distanziert er sich von der höfischen Welt seines Vaters und verurteilt die

Ungerechtigkeiten und die Inhumanität der absolutistischen Ordnung. Er steht gegen jegliche

Art von Unterdrückung. Er beurteilt alle Situationen nach seinem Herzen, deshalb ist seine 3 HOFMANN, Michael: Schiller Epoche-Werke-Wirkung. Hg. von Wilfried Barner und Gunter E. Grimm, Verlag C.H. Beck oHG. München 2003, S. 51.

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Beurteilung manchmal falsch, aber für ihn sind nur die persönlichen Werte, die zählen und

nicht der Stand. Er sehnt sich nach Individualität und Freiheit, das heißt, er will sich nicht

nach den Plänen seines Vaters richten und Lady Milford heiraten, sondern nach seinem

eigenen Willen Luise zur Frau nehmen: „Hier Luise! Deine Hand ist die meinige.“4

Präsident von Walter, der Vater Ferdinands, ist die Triebkraft der ganzen Verschwörung

gegen die jungen Verliebten. Er hat sein Amt durch den Mord an seinem Vorgänger gesichert.

Sein eigenes Ziel ist, seine Stellung am Hofe zu festigen und er unterwirft Menschen und

Gefühle, um es zu erreichen. Eine Heirat zwischen Ferdinand und dem Bürgermädchen Luise

würde seinen Ruf nur verschlimmern, deshalb will er es jedenfalls verhindern. Er bezeichnet

Luise als Bürgerdirne und Hure, um Ferdinand zu verletzen, aber er löst nur Abneigung in

Ferdinand gegen ihn aus. Er will, dass sich sein Sohn und Lady Milford heiraten und damit

hilft Wurm, den der Präsident für einen natürlichen Verbündeten hält und der auch verliebt in

Luise ist.5

Wie wir es sehen können, lehnen beide Väter die Liebesbeziehung ihrer Kinder aus

verschiedenartigen Motiven total ab. Sie sehen nur das Unangenehme und Normwidrige und

nicht das wahre Wesen der Liebe zwischen dem jungen Paar. Luise und Ferdinand folgen

modernen Gedanken und ihre Liebe lässt sich als einen Emanzipationsversuch interpretieren,

um die Gesellschaftsschichten zwischen Adler und Bürgern zu mildern. Der Druck der Eltern

ist aber so stark, dass die Liebesbeziehung am Ende nicht rettbar ist und die Dramenhelden

bezahlen dafür mit ihren Leben.

Der Charakter von Lady Milford ist ganz besonders: sie gehört zu der Welt des Fürsten,

aber im Gegensatz zu den anderen am Hofe hat sie Gefühl für Gerechtigkeit und

Verantwortung. Sie ist die Maitresse des Fürsten und infolgedessen ist sie einflussreich, aber

sie scheint das Opfer der korrupten Welt des Hofes. Sie ist nicht froh in ihrer Heimat und

verliebt sich in Ferdinand, wenn sie ihn zum ersten Mal sieht. Da sie unter dem Druck der

schlechten Moral ist, versucht sie Ferdinand und Luise zu trennen, aber sie bringt auch

tugendhafte Taten voll: sie befiehlt ihre Kammerjungfer Sophie, den von dem Fürsten

bekommenen Schmuck zu Geld zu machen, um das unter den Bedürften zu verteilen. Was

noch, nachdem sie die wahre Liebe von Luise für Ferdinand erfährt, geht sie außer Landes

und lässt den nächsten Brief zurück:

4 SCHILLER, Friedrich: Kabale und Liebe. E-book. URL: http://www.gutenberg.org/ebooks/6498. Datum des Zugriffs: 05.05.2012. S. 23.5 DAHNKE, Hans-Dietrich und Lutz Vogel: Die hohe Tragödie im bürgerlichen Trauerspiel: „Kabale und Liebe”. In: Schiller – Das dramatische Werk in Einzelinterpretationen. Hg. von Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1982, S. 68.

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Ein Vertrag, den Sie so leichtsinnig brachen, kann mich nicht mehr binden. Die Glückseligkeit

Ihres Landes war die Bedingung meiner Liebe. Drei Jahre währte der Betrug. Die Binde fällt

mir von den Augen. Ich verabscheue Gunstbezeugungen, die von den Thränen der Unterthanen

triefen.--Schenken Sie die Liebe, die ich Ihnen nicht mehr erwiedern kann, Ihrem weinenden

Lande und lernen von einer brittischen Fürstin Erbarmen gegen Ihr deutsches Volk. In einer

Stunde bin ich über der Grenze.6

Bei der Unterschrift benutzt sie deinen ursprünglichen Namen Johanna Norfolk, was

darauf hinweist, dass sie mit der fürstlichen Welt und deren bösen Absichten Schluss gemacht

hat.

Wurm ist der Vater der Kabale unter Mitwirkung des Präsidenten von Walter, mit der er

die dramatische Ordnung auflöst. Sein Name sagt viel von seinem Charakter, er ist eine

richtig gemeine Gestalt, die Luise zwingt, einen Liebesbrief an den Hofmarschall Kalb zu

schreiben, und dann wird dieser Brief Ferdinand gegeben, um Eifersucht und Rachegelüste in

ihm zu erwecken. Sein Plan ist erfolgreich und er erreicht die Entfremdung der beiden

Liebenden voneinander. Die Enttäuschung und Wut Ferdinands ist so heftig, dass er imstande

ist, Luise zu vergiften. Nur danach erfährt er die Wahrheit, dass Luise ihn nie betrogen hat,

aber es ist leider zu spät, die Katastrophe vollzieht sich und alle Gebundenheit, Vorstellungen

und Pläne scheitern. Ferdinand vergiftet sich auch aber vor seinem Tod vergibt er deinem

Vater. Die Gerichtsdiener verhaften Wurm und den Präsident und die Weltordnung stellt sich

zurück, aber für diese Ordnung sollen sich tugendhafte Werte und Leben verlieren.

In dem Drama hat die Sprache eine wichtige Rolle in der Charakterisierung der

Personen, weil alle Charaktere eigenartige Sprache sprechen. Der Leser kann also leicht

erkennen mit der Hilfe der Sprache, ob die aktuelle Figur zu der bürgerlichen oder dem

höfischen Welt gehört. Die kleinbürgerliche Welt wird am besten durch den Musiker Miller

repräsentiert, dessen Sprache derb und geradlinig ist, und er nennt die Dinge unverblümt beim

Namen: „Schier dich zum Satan, infame Kupplerin!”7, „Ich hab mich satt gefressen”8, „Willst

du dein Maul halten?”9 oder „Willst du das Violoncell am Hirnkasten wissen?”10. Die Sprache

6 SCHILLER, Friedrich: Kabale und Liebe. E-book. URL: http://www.gutenberg.org/ebooks/6498. Datum des Zugriffs: 05.05.2012. S. 50.7 Ebd., S. 3.8 Ebd., S. 3.9 SCHILLER, Friedrich: Kabale und Liebe. E-book. URL: http://www.gutenberg.org/ebooks/6498. Datum des Zugriffs: 05.05.2012. S. 4.10 Ebd., S. 4.

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der zynischen und kalten Welt des Hofes ist aber geschliffen und befehlend arrogant: „Zwar

bist du mir gewiß! Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei, wie den Schröter am Faden.”11

Die Weise wie Lady Milford spricht wechselt zwischen höfischer Unnatürlichkeit und

individueller Natürlichkeit, das hängt von dem Inhalt ihres Redens ab. Ferdinands Redeweise

wirkt oft abstrakt: „Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen--empfangen für

dich jede Wunde--auffassen für dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude--dir ihn

bringen in die Schale der Liebe.”12 oder „so ziehet die Nacht mit begeisterndem Schauern auf,

der wechselnde Mond predigt uns Buße, und eine andächtige Kirche von Sternen betet mit

uns.”13 Luise spricht ehrlich und schlicht, aber mit echten Empfindungen: „Als ich ihn das

Erstemal sah--(rascher) und mir das Blut in die Wangen stieg, froher jagten alle Pulse, jede

Wallung sprach, jeder Athem lispelte: er ist's!--und mein Herz den immermangelnden

erkannte, bekräftigte: er ist's!”14 Sie verstummt, wenn es für ihre Gefühlen keine Sprache gibt.

Da die Sprache des Sturm und Drangs als Spiegel innerer Aufgewühltheit dient, sind die Sätze

in Prosa ohne Reimen geschrieben und sie enthalten oft Ellipsen und Interjektionen, die die

Heftigkeit der Figuren ausdrücken, wie „Unerhört! Ungeheuer!”, „Hinweg, du!” oder „O

Himmel!”. Außerdem wird die Einsamkeit der Charaktere durch die vielen Monologe im

Stück dargestellt.15

Wenn man das Drama interpretiert will, kann es man auf jede Weise als ein soziales

Drama betrachten.16 Schiller kritisiert die sozialen und politischen Missstände seiner Zeit, die

Gebundenheit des Bürgertums in der gesellschaftlichen Ordnung, den Mangel der richtigen

Freiheit und den Korruption der fürstlichen Welt. Die Darstellung des Klassenkampfs lässt

sich als Kritik an der sozialen Einrichtung der damaligen Zeit lesen und es drückt Schillers

Unzufriedenheit durch den tragischen Schicksaal von Ferdinand und Luise aus. Die zwei

Protagonisten, die die rebellischen Werte der Stürmer und Dränger vertreten und die sich von

edleren Absichten haben leiten lassen, müssen ihre Leben verlieren, um die Kabale zu stoppen

und die Lügen zu enthüllen. Aber am Ende bekommen die Intriganten ihre Strafe.

Verwendete Literatur

11 Ebd., S. 10.12 Ebd., S. 8.13 Ebd., S. 34.14 Ebd., S. 6.15 MÜLLER, Hans Georg: Lektürehilfen Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“. Hg. von Ernst Klett Verlag GmbH. Stuttgart 1987, S. 54-56.16 Ebd., S. 78.

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DAHNKE, Hans-Dietrich und Lutz Vogel: Die hohe Tragödie im bürgerlichen

Trauerspiel: „Kabale und Liebe”. In: Schiller – Das dramatische Werk in

Einzelinterpretationen. Hg. von Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1982.

HOFMANN, Michael: Schiller Epoche-Werke-Wirkung. Hg. von Wilfried Barner und

Gunter E. Grimm, Verlag C.H. Beck oHG. München 2003.

KRAMPE, Claudia: Friedrich von Schiller. URL:

http://www.friedrich-von-schiller.de/zeittafel.htm. Datum des Zugriffs: 08.05.2012.

MENDE, Claudio: Sturm und Drang (1767-1790) – Das Drama im Sturm und Drang.

URL: http://www.literaturwelt.com/epochen/sturm.html#drama. Datum des Zugriffs:

09.05.2012.

MÜLLER, Hans Georg: Lektürehilfen Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“. Hg. von

Ernst Klett Verlag GmbH. Stuttgart 1987.

SCHILLER, Friedrich: Kabale und Liebe. E-book. URL:

http://www.gutenberg.org/ebooks/6498. Datum des Zugriffs: 05.05.2012.

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