104
Kapitel Seite Medikamentengruppen 4 Medikamente bei Erkrankungen des Immunsystems 14 Antihistaminika, Mastzellstabilisatoren, Leukotrienantagonisten 14 Weitere Medikamente 15 Antiinfektiöse Medikamente 16 Antibiotika 16 Virostatika 18 Antimykotika 20 Antiparasitäre Medikamente 22 Schmerztherapie 23 WHO-Stufenschema 23 Nichtopioidanalgetika 24 Opioidanalgetika 25 Koanalgetika 26 Nicht medikamentöse Schmerztherapie 26 Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems 27 Nitrate und Molsidomin 28 Betablocker und Kalziumantagonisten 29 ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten (Sartane) 30 Diuretika 31 Digitalispräparate (Herzglykoside) 32 Notfallmedikamente 33 Gerinnungshemmende Medikamente 34 Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 35 Bronchodilatatoren 35 Glukokortikoide und weitere Asthmatherapeutika 37 Expektoranzien 38 Antitussiva 39 Antiinfektiva 40 Medikamente bei Erkrankungen des Verdauungssystems 41 Medikamente zur Hemmung der Magensäuresekretion 41 Analgetika und Spasmolytika 43 Antiemetika 44 Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG Inhaltsübersicht 1

Schoen Umbruch 1. - Thieme...Kapitel Seite Laxanzien 47 Medikamente gegen Diarrhö (Antidiarrhoika) 50 Bauchspeicheldrüsenenzyme 51 Medikamente zur Senkung des Pfortaderdrucks 52

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Kapitel Seite

Medikamentengruppen 4

Medikamente bei Erkrankungen des Immunsystems 14

Antihistaminika, Mastzellstabilisatoren, Leukotrienantagonisten 14

Weitere Medikamente 15

Antiinfektiöse Medikamente 16

Antibiotika 16

Virostatika 18

Antimykotika 20

Antiparasitäre Medikamente 22

Schmerztherapie 23

WHO-Stufenschema 23

Nichtopioidanalgetika 24

Opioidanalgetika 25

Koanalgetika 26

Nicht medikamentöse Schmerztherapie 26

Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems 27

Nitrate und Molsidomin 28

Betablocker und Kalziumantagonisten 29

ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten (Sartane) 30

Diuretika 31

Digitalispräparate (Herzglykoside) 32

Notfallmedikamente 33

Gerinnungshemmende Medikamente 34

Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 35

Bronchodilatatoren 35

Glukokortikoide und weitere Asthmatherapeutika 37

Expektoranzien 38

Antitussiva 39

Antiinfektiva 40

Medikamente bei Erkrankungen des Verdauungssystems 41

Medikamente zur Hemmung der Magensäuresekretion 41

Analgetika und Spasmolytika 43

Antiemetika 44

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Inhaltsübersicht 1

Kapitel Seite

Laxanzien 47

Medikamente gegen Diarrhö (Antidiarrhoika) 50

Bauchspeicheldrüsenenzyme 51

Medikamente zur Senkung des Pfortaderdrucks 52

Immunsuppressiva und Salicylate 53

Antiinfektiva 54

Medikamente bei Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege,

Wasser- und Elektrolythaushalt 55

Diuretika 55

Medikamente bei Erkrankungen des endokrinen Systems und des Stoffwechsels 59

Medikamente bei Hypophysenerkrankungen 59

Schilddrüsenmedikamente 61

Medikamente bei Nebennierenerkrankungen 63

Insulin und Insulinanaloga 64

Antidiabetika 65

Medikamente zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen 67

Medikamente zur Behandlung der Hyperurikämie 68

Medikamente bei Erkrankungen des Bluts und Immunsystems 69

Medikamente mit Wirkung auf das Gerinnungssystem 69

Medikamente bei Erkrankungen des Bewegungssystems 71

Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 72

Anti-Parkinson-Mittel 73

Wichtige Antikonvulsiva 75

Medikamente bei Erkrankungen des Auges 77

Medikamente bei Erkrankungen des Ohres 80

Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare und Nägel 81

Wichtige Lokaltherapeutika 81

Hauterkrankungen – Antihistaminika 82

Calcipotriol und Dithranol 83

Benzoylperoxid, Azelainsäure und Isotretinoin 84

Hauterkrankungen – Antiinfektiva 85

Hauterkrankungen – Immunsuppressiva 86

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Inhaltsübersicht 2

Kapitel Seite

Medikamente bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane 87

Sexualhormone 87

Trastuzumab (Herceptin) 89

Antiinfektiva 89

Medikamente bei Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane 90

Antiandrogene 90

5α-Reduktase-Hemmstoffe 91

α1-Rezeptorblocker 92

PDE-5-Hemmer 93

Antiinfektiva 94

Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett 95

Schwangerschaft 95

Wehenfördernde Medikamte 97

Wehenhemmende Medikamente 98

Schmerztherapie 99

Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 100

Benzodiazepine 100

Antipsychotika (Neuroleptika) 101

Antidepressiva 102

Stimmungsstabilisierer 103

Psychostimulanzien 104

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Inhaltsübersicht 3

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung.

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Analgetika Wirkung Medikamente, die gegen Schmerzwirken (algos = Schmerz; an = anti =gegen)

ACE-Hemmer Wirkmechanismus Medikamente, die das Angiotensin-con-verting Enzym (ACE) hemmen (werdenprimär bei Herz-Kreislauf-Erkrankungeneingesetzt)

Antibiotika Wirkung Medikamente, die gegen Bakterien wir-ken

Antidepressiva Indikation Medikamente gegen Depressionen

Antidiabetika Indikation Medikamente, die gegen Diabetes mel-litus wirken

Antifibrinolytika Wirkmechanismus Medikamente, die die sog. Fibrinolyseim Blut hemmen; Fibrinolyse bedeutetAuflösen von Thromben; das Auflösenvon Thromben wird gehemmt, d.h.,durch die Medikamente wird die Blut-gerinnungsfähigkeit erhöht

Antihypertonika Wirkung Medikamente, die gegen Bluthochdruck(= Hypertonus) wirken

Antikoagulanzien Wirkung Medikamente, die gegen die Koagula-tion = Blutgerinnung = „Zusammen-ballung“ von Blut wirken

Antikonvulsiva Indikation Medikamente, die gegen Krampanfällewirken (convulsio = Krampfanfall)

Antimykotika Wirkung Medikamente, die gegen Pilze wirken

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 4

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Antipyretika Wirkung Medikamente, die gegen Fieber (pyrus)wirken

Anxiolytika Wirkung Medikamente, die gegen Angst wirken(anxietas = Angst; lysis = Auflösung);eigentlich „Angstauflöser“

AT1-Rezeptor-Antagonisten(Sartane)

Wirkmechanismus(bzw. chemischerAufbau)

Antagonist = Gegenspieler; Medika-mente, die einen bestimmten Rezeptor,den sog. AT1-Rezeptor in Gefäßwänden,hemmen (Losartan war die erste Sub-stanz mit dieser Wirkung; alle nachfol-genden chemisch ähnlich aufgebautenSubstanzen wurden auch Sartane ge-nannt; werden primär bei Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen eingesetzt)

Barbiturate chemischer Auf-bau

Abkömmlinge der sog. Barbitursäure(werden vorwiegend in der Anästhesieund bei epileptischen Anfällen ange-wandt)

Benzodiazepine chemischer Auf-bau

Medikamente, die aus 2 organischenRingkörpern bestehen (werden vorwie-gend bei epileptischen Anfällen und zurBeruhigung eingesetzt)

Betablocker Wirkmechanismus Medikamente, die sog. β-Rezeptoren anGefäßen blockieren (werden primär beiHerz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt)

Bisphosphonate chemischer Auf-bau

Medikamente, die über 2 (= bis) Phos-phonatgruppen verfügen (werden beiOsteoporose eingesetzt)

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 5

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Blutgerinnungs-hemmer = Anti-koagulanzien

Wirkmechanismus Medikamente, die die Blutgerinnunghemmen

Broncho-dilatatoren

Wirkmechanismus Medikamente, die die Bronchien weitstellen (dilatare = ausdehnen)

Cholinesterase-hemmer

Wirkmechanismus Stoffe, die das Enzym Acetylcholineste-rase hemmen; Acetylcholinesterase bautAcetylcholin ab, das u.a. als Botenstoff(Transmitter) zwischen Nerv und Muskel(motorische Endplatte) und als Trans-mitter im parasympathischen Nerven-system wirkt; die Hemmung kann irre-versibel sein, d.h. nicht aufhebbar, dannist der Hemmstoff giftig, oder sie kannreversibel sein (= aufhebbar), dann kanndie entsprechende Substanz als Medi-kament eingesetzt werden

Digitalispräparate= Herzglykoside

chemischer Auf-bau

bestimmte chemische Struktur mitglykosidischen Bindungen (werden beiHerzinsuffizienz eingesetzt)

Diuretika Wirkung diuretikos (gr.) bedeutet „den Urin be-fördern“; Diuretika sind Medikamente,die dafür sorgen, dass vermehrt Urinausgeschieden wird; dem Körper wirdFlüssigkeit entzogen

Fibrate chemische Zusam-mensetzung

chemisch gesehen sind dies Fibrin-säuren (werden eingesetzt gegenerhöhte Blutfettwerte)

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 6

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Fibrinolytika Wirkung die sog. Fibrinspaltung im Blut wirdgefördert, dadurch lösen sich Throm-ben auf

Gestagene chemischer Auf-bau

chemische Substanz (körpereigene Ge-schlechtshormone)

Glukokortikoide,Kortikoide

chemischer Auf-bau

chemische Substanz (körpereigenesHormon)

H2-Rezeptor-Antagonisten

Wirkmechanismus Antagonist = Gegenspieler; H steht fürHistamin; Medikamente, die an be-stimmten Zellen der Magenschleimhautdie Rezeptoren für Histamin blockierenund dadurch verhindern, dass Histamindie Produktion von Magensäure steigert

Hypnotika Wirkung Hypnos = Schlaf; Medikamente, dieschlaffördernd wirken oder zur Narkoseverwendet werden

Immun-modulatoren

Wirkung Medikamente, die das Immunsystembeeinflussen

Immun-suppressiva

Wirkung Medikamente, die das Immunsystemhemmen

Kalzium-antagonisten

Wirkmechanismus Medikamente, die als Gegenspieler vonKalzium wirken (werden primär beiHerz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt)

Katecholamine chemischer Auf-bau

körpereigene Substanzen (v.a. Adrenalinund Noradrenalin)

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 7

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Kontrazeptiva Wirkung Medikamente, die gegen (= kontra)die Konzeption (= Empfängnis = Ver-schmelzung von Eizelle und Samen-zelle) wirken und somit die Wahr-scheinlichkeit des Eintretens einerSchwangerschaft deutlich senken

Laxanzien Wirkung Medikamente, die abführend wirken(laxare = lockern, lösen)

Lipidsenker Wirkung Medikamente, die die Fette (= Lipide) imBlut senken

Neuroleptika Wirkung Medikamente, die das Nervensystemdämpfen (werden vorwiegend bei Er-krankungen mit veränderter Realitäts-wahrnehmung, z.B. Wahnvorstellungen,Halluzinationen u.a. eingesetzt)

nicht steroidaleAntiphlogistika/Analgetika (NSA)

chemischer Auf-bau und Wirkung

Medikamente, die gegen Schmerz wir-ken (= Analgetika) und gegen Entzün-dung (= Antiphlogistika), chemisch abernicht wie Kortikoide aufgebaut sind(nicht steroidal)

Nitro-verbindungen

chemischer Auf-bau

Salpetersäureester (werden bei der ko-ronaren Herzerkrankung eingesetzt)

Opioide chemischer Auf-bau

„dem Opium ähnliche“ Substanzen mitBindung an Opioidrezeptoren; werdenmeist zur Schmerztherapie verwendet

Phosphodi-esterase-Hemmer

Wirkmechanismus Hemmer der Enzymgruppe Phospho-diesterasen

Fortsetzung ▶

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Medikamentengruppen 8

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Protonenpumpen-hemmer

Wirkmechanismus Proton = Wasserstoffion H+ = wichti-ger Bestandteil der Magensäure; Pro-tonenpumpenhemmer hemmen denTransport von H+ aus bestimmtenZellen der Magenschleimhaut in dasMageninnere; dadurch entsteht imMageninneren weniger Säure

Phyto-therapeutika

chemischer Auf-bau

Phyto = Pflanze; therapeutisch einge-setzte Medikamente, bestehend auspflanzlichen Substanzen

Sedativa Wirkung sedare = beruhigen; Medikamente, diedämpfend auf das Nervensystem wirkenund daher beruhigen

Spasmolytika Wirkung Spasmus = Krampf; lysis = Auflösung;Medikamente, die Krämpfe, z.B. Darm-krämpfe lösen

Statine chemischer Auf-bau

Substanzklasse mit hemmender Wir-kung auf ein Co-Enzym im Cholesterin-stoffwechsel; werden zur Senkung desCholesterinwertes eingesetzt

Thrombozyten-aggregations-hemmer

Wirkung Medikamente, die die Verklumpungvon Blutplättchen (= Thrombozyten)hemmen

Thyreostatika Wirkung stathos (griech.) = anhalten; Glandulathyreoidea = Schilddrüse; Medikamente,die die Überproduktion von Schild-drüsenhormonen hemmen

Fortsetzung ▶

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Medikamentengruppen 9

Tab. 1 Häufig verwendete Medikamentengruppen, Ursprung der Bezeichnung,Bedeutung. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppe

Bezeichnungbeschreibt

Erklärung

Urikostatika Wirkung stathos = anhalten; Urate = Salze derHarnsäure; Medikamente, die die Bil-dung von Harnsäure hemmen

Urikosurika Wirkung Medikamente, die die Ausscheidung vonHarnsäure über die Niere steigern

Virostatika Wirkung Medikamente, die die Vervielfältigungvon Viren aufhalten

Zytostatika Wirkung stathos = anhalten, cytos = Zelle; Medi-kamente, die das Wachstum bzw. dieTeilung von Zellen hemmen; werdenv.a. in der Tumortherapie eingesetzt

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Medikamentengruppen 10

Tab. 2 Beispiele für Medikamentengruppen mit typischen, häufigen und/odergefährlichen Nebenwirkungen.

Medikamenten-gruppen bzw. Wirk-stoffe

erwünschte Wirkung typische, häufige oder gefähr-liche Nebenwirkungen

ACE-Hemmer Blutdrucksenkung, För-derung der Herzleistung

Blutdruckabfall; Gefahr desbesonders starken Abfalls beiErsttherapie, trockener Reiz-husten; angioneurotischesSyndrom (selten, aber ge-fährlich)

Antazida Säurebindung im Magen Obstipation

Antibiotika Bekämpfung einer bak-teriellen Infektion

Allergien; Besiedelung desDarms mit Clostridien

Antidepressiva Stimmungsaufhellung,Antriebssteigerung oderAntriebshemmung (jenach Substanz),Schmerzbekämpfung

Müdigkeit, Verwirrtheit, Übel-keit, Erbrechen

Antidiabetika Normalisierung desBlutzuckerspiegels

Hypoglykämie

Antihistaminika Abschwächen einerallergischen Reaktion

Müdigkeit

Antihypertonika Blutdrucksenkung zu starker Blutdruckabfall

Benzodiazepine Beruhigung, Schlafför-derung

erhöhte Schläfrigkeit, Sturz-gefahr, Schwindel; Atemde-pression; paradoxe Reaktion,d.h. Erregung möglich

Betablocker Blutdrucksenkung, Be-heben von Herzrhyth-musstörungen

Bradykardie, zu starker Blut-druckabfall; Asthmaanfälle;Hyperglykämie bei Diabetikern

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 11

Tab. 2 Beispiele für Medikamentengruppen mit typischen, häufigen und/odergefährlichen Nebenwirkungen. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppen bzw. Wirk-stoffe

erwünschte Wirkung typische, häufige oder gefähr-liche Nebenwirkungen

Blutgerinnungshem-mer (Fibrinolytika,Antikoagulanzieninkl. ASS, Vitamin-K-Antagonisten)

Vermeiden einerThromboembolie (Herz-infarkt, Schlaganfall,peripherer Gefäßver-schluss u.a.)

Blutungsneigung und erhöh-te Blutungsgefahr

Digitalispräparate Förderung der Herzleis-tung, Frequenzstabilisie-rung bei Vorhofflim-mern

Übelkeit und Erbrechen, Ver-wirrtheit und Farbsehstörung(„Gelb-Grün-Sehen“) als Zei-chen einer Überdosierung,Herzrhythmusstörungen

Diuretika Ausscheiden von Flüs-sigkeit, Ausschwemmenvon Ödemen, Blut-drucksenkung

Blutdrucksenkung, Exsikkose,Elektrolytstörungen, Ver-schlechterung der Nierenfunk-tion

Gestagene Schwangerschaftsverhü-tung

erhöhtes Risiko thromboembo-lischer Ereignisse

Immunsuppressiva Abschwächen einerübermäßigen Reaktiondes Immunsystems, z.B.bei Autoimmunerkran-kungen oder Absto-ßungsreaktionen nachTransplantation

Infektanfälligkeit

Kalziumkanalblocker Blutdrucksenkung Schwindel und Kopfschmer-zen, Flush (Hautrötung);Knöchelödeme

Laxanzien Abführen von Stuhl Flüssigkeits- und Kaliumverlust,Exsikkose

Fortsetzung ▶

Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamentengruppen 12

Tab. 2 Beispiele für Medikamentengruppen mit typischen, häufigen und/odergefährlichen Nebenwirkungen. (Fortsetzung)

Medikamenten-gruppen bzw. Wirk-stoffe

erwünschte Wirkung typische, häufige oder gefähr-liche Nebenwirkungen

nicht steroidaleAntirheumatika

Schmerzbekämpfung,Entzündungshemmung

Magenbeschwerden; Nieren-versagen

Nitroverbindungen Senkung der Vorlast fürdas Herz

Kopfschmerzen, Blutdruck-abfall, Schwindel, Übelkeit,Flush (Hautrötung)

Opioide Bekämpfung starkerSchmerzen

u.a. schwere Obstipation,Übelkeit

Statine Senkung der Choleste-rinwerte

Muskelschmerzen als Zeicheneiner sehr gefährlichen Auf-lösung der Muskulatur (Rhab-domyolyse)

Thyreostatika Hemmung der Schild-drüsenfunktion

Veränderungen im Blutbild,Leukopenie und Agranulo-zytose

Zytostatika Bekämpfung bösartigerTumoren

Übelkeit, Erbrechen, Mund-schleimhautentzündungen,Durchfall, Infektanfälligkeit,Haarausfall

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Medikamentengruppen 13

Antihistaminika, Mastzellstabilisatoren, LeukotrienantagonistenAlle 3 Wirkstoffe hemmen die Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus denMastzellen:● H1-Antihistaminika (z.B. Clemastin, Dimetinden, Cetirizin, Fexofenadin, Lo-ratadin) blockieren die H1-Histaminrezeptoren an den Zielorganen und re-duzieren damit die Histaminwirkung. H1-Antihistaminika der 1. Generationsind ZNS-gängig und können zu starker Müdigkeit führen.

● Mastzellstabilisatoren (z.B. Cromoglicinsäure ) verhindern die Freisetzungvon Histamin und anderen Entzündungsmediatoren aus Mastzellen.

● Leukotrienantagonisten (z.B. Montelukast) blockieren Leukotrienrezeptorenim Bronchialgewebe und vermindern den bronchospastischen Effekt vonLeukotrien.

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Medikamente bei Erkrankungen des Immunsystems 14

Weitere Medikamente● Zytostatika dienen in erster Linie der Krebstherapie, einige werden jedochauch als Immunsuppressiva bei (schweren) chronisch-entzündlichen Erkran-kungen bzw. Autoimmunerkrankungen sowie zur Prophylaxe einer Trans-plantatabstoßung eingesetzt.

● Biologika sind gentechnisch hergestellte Proteine, die gezielt Entzündungs-reaktionen beeinflussen und spezifische Botenstoffe blockieren (z.B. Tumor-nekrosefaktor α oder Interleukine). Monoklonale Antikörper sind Antikörper,die von einem Zellklon gebildet werden, und gezielt gegen einen Abschnittan einem Antigen wirken. Antikörper erkennt man daran, dass ihr Name auf„-mab“ endet (z.B. Rituximab).

● weitere Medikamente: Chloroquin, Salicylate (Sulfasalazin, Mesalazin), In-terferone, Immunglobuline, Calcineurininhibitoren (wie Ciclosporin, Tacroli-mus), Imiquimod, Sirolimus und Everolimus.

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Medikamente bei Erkrankungen des Immunsystems 15

Antibiotika● töten Bakterien ab (wirken bakterizid) oder hemmen ihre Vermehrung(wirken bakteriostatisch)

● Angriffspunkte am Bakterium sind die Zellwand, die Zytoplasmamembran,die DNA- oder Proteinsynthese oder der Stoffwechsel der für die DNA-Syn-these essenziellen Folsäure

● Nebenwirkungen: da Antibiotika auch auf die Bakterien der Darmflorawirken, sind gastrointestinale NW wie Durchfall oder Blähungen häufig;Beeinträchtigung der Darmflora kann zur Fehlbesiedlung des Darms mitbestimmten Clostridien führen, die Durchfälle verursachen können (sog.pseudomembranöse Kolitis); Schädigung der Schleimhautflora kann zurAusbreitung von Hefepilzen und so z.B. zur Scheidenentzündung führen;Nebenwirkung, insbesondere von Penicillinen, ist die Allergie, die sich u.a. alsquaddelartiger Hautausschlag bemerkbar machen kann

● sollen erregerspezifisch eingesetzt werden, also erst, wenn der Erreger undseine Empfindlichkeit für Antibiotika bekannt sind

● bei potenziell lebensbedrohlichen bakteriellen Infektionen muss man jedochsofort Antibiotika verabreichen; bis der Erreger und geeignete Antibiotikabekannt sind, setzt man Antibiotika ein, die auf möglichst viele der ver-muteten Erreger wirken (kalkulierte Antibiotikatherapie), und stellt bald-möglichst auf ein erregerspezifisches Antibiotikum um

● Vermeidung von Resistenzentwicklung: wichtig, Antibiotika in ausreichendhoher Konzentration, d.h. zu den vom Arzt angeordneten Zeiten, und für dieangeordnete Zeitspanne einzunehmen

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Antiinfektiöse Medikamente 16

Tab. 3 Typische Nebenwirkungen von Antibiotika (Auswahl).

Nebenwirkungen Wirkstoff(gruppe)

Allergien β-Laktame (Penicilline, Cephalospori-ne, Carbapeneme, Monobactame)

Störung der Blutbildung Sulfonamide, Chloramphenicol, Linezo-lid, Pyrimethamin

Hautveränderungen (z.B. Exantheme,Phototoxizität)

Aminopenicilline, Tetrazykline, Sulfon-amide, Makrolide

Beeinflussung der Herztätigkeit Makrolide, Fluorchinolone

Zahn-, Knorpel- und Knochenschädi-gungen

Fluorchinolone, Tetrazykline

Beeinflussung der Leberfunktion Antituberkulotika (Isoniazid, Pyrazin-amid, Rifampicin), Makrolide

Beeinträchtigung des Magen-Darm-Trakts

fast alle Antibiotika

Beeinflussung der Nierenfunktion Aminoglykoside, Glykopeptide

Symptomatik des zentralen Nerven-systems (Schwindel, Kopfschmerzen,Krampfanfälle)

Fluorchinolone, Metronidazol, Linezolid,Makrolide, Isoniazid

Innenohrschaden Aminoglykoside

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Antiinfektiöse Medikamente 17

Virostatika● greifen in die Vorgänge ein, die zum Eindringen der Viren in die Wirtszelle, zuihrer Vermehrung in der Zelle oder zur Freisetzung der Viren aus der Zelleführen

● die meisten Virostatika beeinträchtigen die Virusvermehrung, können siejedoch nicht unterbinden

● Virostatika gibt es z.B. gegen Influenza-, Herpes-, Hepatitis-B- und -C-, RS-Viren sowie das HI-Virus

● mit der antiretroviralen Therapie können Krankheitssymptome hinausgezö-gert und das Leben HIV-positiver Patienten verlängert werden

● es gibt Medikamente aus unterschiedlichen Wirkstoffgruppen, die immer inKombination und lebenslang eingenommen werden müssen

Tab. 4 Beispiele für antivirale Medikamente.

Virostatikum Erkrankung, Virus, Indikation Applikation

Virostatika bei Influenzaviren

Oseltamivir (Tamiflu) Influenza A und B oral

Virostatika bei Herpesviren

Aciclovir (Zovirax,Aciclostad)

Herpes simplex (HSV), Herpeszoster, Varizellen bei Immun-supprimierten (VZV)

lokal, oral oder beiImmunsuppressioni. v.-Infusion

Brivudin (Zostex) Herpes zoster (VZV), schwererHerpes labialis

oral

Famciclovir (Famvir) Herpes simplex (HSV), Herpeszoster (VZV)

oral

Valaciclovir (Vatrex) Herpes genitalis, Herpes zoster oral

Ganciclovir (Cymeven) Zytomegalie bei immun-geschwächten Patienten

i. v.-Infusion

Fortsetzung ▶

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Antiinfektiöse Medikamente 18

Tab. 4 Beispiele für antivirale Medikamente. (Fortsetzung)

Virostatikum Erkrankung, Virus, Indikation Applikation

Valganciclovir (Valcyte) Zytomegalie bei immun-geschwächten Patienten, Vor-beugung einer Zytomegalie

oral

Foscarnet (Foscavir) lebensbedrohliche Zytomega-lievirus-Infektionen bzw.aciclovirresistente Herpes-simplex-Infektionen bei AIDS-Patienten

i. v.-Infusion

Virostatika bei viraler Hepatitis

Ribavirin (Rebetol) Hepatitis C (in Kombinationmit Interferon), schwereAtemwegsinfektionen mit RS-Virus

oral

Adefovir (Hepsera), Ente-cavir (Baraclude), Lami-vudin (Epivir, Zeffix)

Hepatitis B oral

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Antiinfektiöse Medikamente 19

Antimykotika● Pilzinfektionen betreffen häufig Haut, Nägel oder Schleimhäute, deshalbwerden Antimykotika meist lokal angewendet, z.B. als Creme, Puder, Nagel-lack oder Shampoo

● bei tiefen Haut- oder Nagelinfektionen oder systemischen Infektionenmüssen sie systemisch verabreicht werden

● insbesondere bei systemischer Anwendung können Nebenwirkungen auftre-ten, die zum Teil sehr schwer sein können (z.B. bei Amphotericin B)

Tab. 5 Übersicht über verschiedene Antimykotika.

Wirkstoff Applikation wirkt gegen Anwendung

Amphotericin B(Ampho-Moro-nal)

lokal, i. v. fast alle Pilze, abernicht gegen Derma-tophyten und Pneu-mocystis jiroveci;auch Leishmanien

generalisierte Pilz-erkrankungen; bei sys-temischer Gabe zumTeil schwere Neben-wirkungen (strenge In-dikationsstellung); bes-ser verträglich ist daslipidformulierte Am-photericin B (AmBiso-me, Abelcet); Leishma-niose

Nystatin(Moronal)

lokal, oral Candida oberflächliche Infektio-nen mit Candida (vonHaut, Magen-Darm- undVaginalschleimhaut)

Clotrimazol(Canesten)

lokal fast alle Pilze v. a. bei Genitalinfektio-nen

Bifonazol(Bifomyk)

lokal fast alle Pilze v. a. bei Hautpilz

Ketokonazol(Ket, Nizoral)

lokal, (oral) fast alle Pilze seborrhoisches Ekzem,Pityriasis versicolor,Schleimhautinfektionen

Fortsetzung ▶

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Antiinfektiöse Medikamente 20

Tab. 5 Übersicht über verschiedene Antimykotika. (Fortsetzung)

Wirkstoff Applikation wirkt gegen Anwendung

Itraconazol(Sempera)

oral fast alle Pilze, v. a.gegen Dermato-phyten

oberflächlicher Haut-und Nagelpilz, systemi-sche Mykosen

Voriconazol(VFend)

oral, i. v. fast alle Pilze invasive Candida-Infekti-on, invasive Aspergillose

Fluconazol(Diflucan)

oral, i. v. fast alle Pilze Schleimhautinfektion mitCandida, systemischeCandida-Infektion, Kryp-tokokkenmeningitis

Posaconazol(Noxafil)

oral, i. v. fast alle Pilze Schleimhautinfektion mitCandida, Prophylaxe voninvasiven Pilzinfektionenbei Immunsuppression

Caspofungin(Cancidas)

i. v. Candida und Asper-gillus

schwere (invasive) Infek-tionen mit Candida undAspergillus

Terbinafin(Lamisil)

lokal, oral v. a. Dermatophyten Haut-, Nagel- und Haar-infektionen

Ciclopirox(Batrafen,Ciclocutan)

lokal Dermatophyten undCandida

Haut- und Schleimhaut-infektionen

Amorolfin(Loceryl)

lokal Dermatophyten undCandida

Haut- und Nagelpilz

Flucytosin(Ancotil)

i. v. Hefe- und Schim-melpilze

bei generalisierten Pilz-erkrankungen in Kom-bination mit Amphoteri-cin B; wird aber kaumnoch eingesetzt

Griseofulvin(Likuden)

oral nur Dermatophyten Haut-, Nagel- und Haar-infektionen; heute häufignicht mehr eingesetzt

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Antiinfektiöse Medikamente 21

Antiparasitäre Medikamente● wichtig zum Schutz vor Parasiteninfektionen ist eine sorgfältige Expositions-prophylaxe (Hygienemaßnahmen im Umgang mit Ausscheidern, Abkochen/Schälen von Lebensmitteln, Insektenschutz, lange Kleidung)

● die verfügbaren Wirkstoffe werden teilweise sowohl zur Chemoprophylaxe alsauch zur Behandlung einer erfolgten Infektion eingesetzt

● Antiprotozoenmittel greifen am Folsäurestoffwechsel der Protozoen und ihrerNukleinsäuresynthese an oder schädigen die DNA

● Wirkstoffe gegen Malaria wirken überwiegend gegen die im Blut zirkulie-renden Schizonten-Stadien der Parasiten; die Wahl des Medikamentes istabhängig vom Reisegebiet, den dort vorliegenden Malariaarten, den Resis-tenzen der Plasmodien in der jeweiligen Gegend und dem Zustand des Rei-senden (z.B. sind nur bestimmte Medikamente für Kinder und Schwangerezugelassen)

● Anthelminthika wirken meist auf die ausgewachsenen Stadien der Würmerim menschlichen Körper, wobei je nach Wurmart unterschiedliche Wirkstoffeeingesetzt werden

● Insektizide werden äußerlich angewendet, entweder auf der Haut oder inForm von Insektenspray in der Luft oder zum Imprägnieren von Kleidungoder Moskitonetzen

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Antiinfektiöse Medikamente 22

WHO-Stufenschema

Das WHO-Stufenschema stuft die Verordnung bei chronischen Schmerzenfolgendermaßen ein:● Stufe 1 = Nichtopioidanalgetika (z.B. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofe-nac, Paracetamol, Metamizol)

● Stufe 2 = Nichtopioidanalgetika plus schwache Opioidanalgetika (z.B. Tra-madol, Tilidin/Naloxon)

● Stufe 3 = Nichtopioidanalgetika plus starke Opioidanalgetika (z.B. Fentanyl,Morphin)

Auf jeder Stufe können zusätzlich Koanalgetika verordnet werden.

Stufe IIschwach wirksames Opioid+ Nichtopioidanalgetikum± Koanalgetika

Stufe INichtopioidanalgetikum± Koanalgetika

Stufe IIIstark wirksames Opioid+ Nichtopioidanalgetikum± Koanalgetika

Abb. 1 WHO-Stufenschema zur Schmerztherapie. Die Abbildung zeigt die 3 Stufen derTherapie chronischer Schmerzen.

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Schmerztherapie 23

Nichtopioidanalgetika● hemmen die Funktion der Cyclooxygenase und damit die Bildung von Pros-taglandinen, die als Vermittler von Entzündungsreaktionen, Schmerzen undFieber gelten

● wirken schmerzstillend und fiebersenkend, die meisten unter ihnen (mitAusnahme von Paracetamol und Metamizol) zudem auch noch entzün-dungshemmend

● Nichtopioidanalgetika, die auch antientzündlich wirken, werden außerdem„nicht steroidale Antiphlogistika“ (NSAP) oder „nicht steroidale Antirheu-matika“ (NSAR) genannt

● Cyclooxygenase (COX) hat 2 Unterformen, die die unterschiedlichen Nicht-opioidanalgetika entweder spezifisch (COX-2-Hemmer) oder unspezifisch(restliche Nichtopioidanalgetika) hemmen

● Zu NSAR zählen: Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac, Naproxenund die sog. COX-2-Hemmer wie Celecoxib

● Keine NSAR sind Paracetamol und Metamizol, da beide nicht antientzündlichsind. Metamizol hat auch eine krampflösende Wirkung

● Indikationen: Schmerztherapie, zur Behandlung von entzündlichen Erkran-kungen und Acetylsalicylsäure darüber hinaus auch zur Hemmung derThrombozytenaggregation eingesetzt

● Nebenwirkungen: Schädigungen der Magenschleimhaut, Magenblutung,Schädigung der Niere, Gefäßspasmen, Asthmaanfälle, Hautreaktionen; unterMetamizoleinnahme kann es zur gefährlichen Agranulozytose kommen.

Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● Metamizol (z.B. Novalgin, Novaminsulfon)● Paracetamol (z.B. benu-ron, Perfalgan)● NSAR (nicht steroidale Antirheumatika):– Diclofenac (z.B. Diclac, Voltaren)– Ibuprofen (z.B. Dolormin, Nurofen)

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Schmerztherapie 24

Opiodanalgetika● hemmen über sog. Opioidrezeptoren die neuronale Erregung im ZNS● bis auf wenige Ausnahmen unterliegen Opioide dem Betäubungsmittel-gesetz

● Hauptwirkung: Analgesie, dennoch weisen sie eine Reihe weiterer Wirkungenauf, die zum Großteil unerwünschte Nebenwirkungen darstellen: Atemde-pression, Sedierung, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Krämpfe in innerenOrganen (Koliken), Miosis, Abhängigkeit, Missbrauch, Sucht

● man unterscheidet stark wirksame (z.B. Sufentanil, Buprenorphin, Fentanyl,Morphin, Piritramid) und schwach wirksame Opioide (z.B. Codein, Tramadol,Tilidin plus Naloxon)

● Indikationen: zur Behandlung von starken akuten und chronischen Schmer-zen

● Akutbehandlung: parenterale Verabreichung (auch als Schmerzpumpe, dieder Patient steuern kann)

● chronische Schmerztherapie oral als Retardpräparat oder transdermal alsPflaster (z.B. Fentanylpflaser)

● Kontraindikationen: Ateminsuffizienz; gleichzeitiger Alkoholkonsum oder dieEinnahme von Psychopharmaka wie Antidepressiva sollte vermieden werden

● Naloxon hebt die Opioidwirkung auf (Opioidantagonist); manche Präparatewie z.B. Tilidin werden mit Naloxon kombiniert, was die Missbrauchgefahrreduziert

Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● niederpotente Opioid-Analgetika: Tramadol (z.B. Tramal), Tilidin/Naloxon(Kombiwirkstoff, z.B. Valoron)

● hochpotente Opioid-Analgetika: Piritramid (z.B. Dipidolor), Pethidin (z.B.Dolantin), Morphinsulfat (z.B. MST), Morphin-HCl (z.B. Morphin Merck),Buprenorphin (z.B. Temgesic), Hydromorphon (z.B. Palladon), Fentanyl (z.B.Durogesic Membranpflaster)

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Schmerztherapie 25

Koanalgetika● sind keine Analgetika im eigentlichen Sinne● besitzen aber eine schmerzlindernde Wirkung● Beispiele: z.B. Antidepressiva, Antikonvulsiva, Bisphosphonate und Gluko-kortikoide

Nicht medikamentöse Schmerztherapie● kann die medikamentöse Therapie unterstützen● mögliche Methoden sind: Kälte- und Wärmeanwendungen, Massage, TENS,Akupunktur, Aromatherapie, Bewegung und Mobilisation, psychologischeHilfestellungen, Ablenkung, Musiktherapie u. a. Bei manchen Erkrankungenkönnen auch nuklearmedizinische Verfahren angewendet werden, z.B. beiKnochenmetastasen oder chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen

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Schmerztherapie 26

Antiarrhythmika

Klasse IB

Klasse IC

Klasse III

Adenosin

Atropin

Klasse II(= Betarezeptoren-blocker)

Klasse IV(= Kalziumkanal-blocker)

Digitalispräparate(Herzglykoside)

Klasse IA

Antikoagulanzien

Thrombozyten-aggregationshemmer

Fibrinolytika

Milrinon

Clonidin

Chinidin

Ajmalin

Disopyramid

Lidocain

Phenytoin

Flecainid

Propafenon

Amiodaron

Dronedaron

Sotalol

Verapamil

Antibiotika

Metoprolol

Propranolol

Aldosteronantagonisten

Schleifendiuretika

Thiaziddiuretika

Dopamin

Dobutamin

Adrenalin

Etilefrin

Noradrenalin

Herz-Kreislauf- undGefäßsystemMedikamente

Diuretika

AT1-Rezeptor-Antagonisten

ACE-Hemmer

Kalziumantagonisten

Betarezeptorenblocker

Antiinfektiva

Immunsuppressiva

Statine

gerinnungshemmendeMedikamente

Nitrate und Molsidomin

Sympathomimetika

Abb. 2 Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems. Medika-menten-Übersicht. Pharmakarten © 2018 Georg Thieme Verlag KG

Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 27

Nitrate und Molsidomin● Wirkung: Weitstellung der Gefäße (Vasodilatation); der Blutfluss zum Herzen(Vorlast) nimmt ab

● Indikationen sind u.a. ein Angina-pectoris-Anfall, Linksherzinsuffizienz undein hypertensiver Notfall

● Nebenwirkungen: Kopfschmerzen (Nitratkopfschmerz), Blutdruckabfall undSchwindel; ggf. auch Übelkeit und eine Hautrötung; Nitratkopfschmerz wirddurch die Gefäßweitstellung verursacht und tritt v. a. zu Beginn auf; NW sinddosisabhängig und gehen meist nach ein paar Tagen zurück

● Zu beachten: Unter Einnahme von Nitraten kann es zu einer Toleranzent-wicklung (→ Wirkungsverlust) kommen; bei Molsidomin ist dies schwächerausgeprägt; zur Vermeidung eines Wirkungsverlustes sollte die letzte Dosiseines Nitrats mittags oder abends gegeben und über Nacht eine Nitratpauseeingehalten werden

● Nitrospray oder -kapseln sollten schon zu Beginn der Schmerzen verabreichtwerden – nicht erst am Schmerzmaximum; die Kapseln müssen zerbissenwerden; die Wirkung sollte nach 1–3 Minuten eintreten

● Nicht anwenden bei systolischem Blutdruck < 100 mmHg!

Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● Nitroglycerin = Glyceroltrinitrat (Corangin Nitrospray, Nitrolingual, Nitroderm)● Isosorbitdinitrat = ISDN (Isoket, ISDN-ratio)● Isosorbit-5-Mononitrat = 5-ISMN (Ismo, Corangin)● Molsidomin (Corvaton)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 28

Betablocker und Kalziumantagonisten● senken Frequenz und Schlagkraft des Herzens und führen zur Weitstellungder Gefäße (Vasodilatation), reduzieren Sauerstoffverbrauch des Herzens undsenken Blutdruck

● Indikationen für Betablocker sind z.B. KHK, chronische Herzinsuffizienz,tachykarde Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypertonie

● NW Betablocker: Schwindel, Müdigkeit, Bradykardie, Gewichtszunahme,Verengung der Blutgefäße in Haut und Extremitäten

● Zu beachten bei Betablockern, die nicht kardioselektiv sind, ist Vorsichtgeboten bei:– Diabetikern (Verschlechterung der Stoffwechsellage; Symptome einer Hy-poglykämie werden durch Betablocker abgeschwächt; Patient bemerkt dieUnterzuckerung ggf. nicht;

– pAVK: verstärkte Durchblutungsstörungen– Asthma und COPD: Betablocker verengen die Bronchien (→ Gefahr einesAsthmaanfalls).

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen Betablocker: Atenolol (Tenormin,Atenolol-ratio), Metoprolol (Beloc zok, Metoprolol-ratio), Bisoprolol (Concor,Bisoprolol-ratio)

● Indikationen Kalziumantagonisten u.a. bei arterieller Hypertonie● NW Kalziumantagonisten: Bradykarde, Rhythmusstörungen, Hypotonie,Kopfschmerzen, Verstopfung (Obstipation), anfallsartige Hautrötungen(Flush) und Beinödeme

● Zu beachten bei Verapamil in Kombination mit Betablockern ist Vorsichtgeboten → bradykarde Herzrhythmusstörungen!

● Kontraindikationen: akutes Koronarsyndrom, fortgeschrittene Herzinsuffi-zienz oder Schock (mit Hypotonie und Bradykardie)

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen Kalziumantagonisten: Nifedipin(Adalat, Nifedipin-ratio), Nitrendipin (Bayotensin), Nisoldipin (Baymycard),Verapamil (Isoptin, Verapamil-ratio), Diltiazem (Dilzem, Diltiazem-ratio)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 29

ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten (Sartane)● führen zur Entspannung der Gefäßmuskulatur und dadurch zur Weitstellungder Gefäße und Blutdrucksenkung

● Indikationen sind u.a. arterielle Hypertonie; AT1-Rezeptorantagonisten,wenn ACE-Hemmer nicht vertragen werden (z.B. aufgrund von Reizhusten)

● Wichtig: regelmäßige Elektrolytkontrollen wegen der Gefahr einer Hyper-kaliämie (→ Herzrhythmusstörungen)

● Nebenwirkungen ACE-Hemmer: Hemmung des Angiotensin-Converting-En-zyms geht mit einer erhöhten Konzentration eines bestimmten Mediators(Bradykinin) einher → trockenerReizhusten; Hautausschlag und angioneuro-tische Ödeme sind möglich; kann zu Nierenfunktionsstörungen kommen;akutes Nierenversagen ist selten

● Zu beachten bei ACE-Hemmern: zu Beginn der Therapie sind regelmäßigeKontrollen von Blutbild, Elektrolyten und Kalium notwendig, insbesonderein Kombination mit kaliumsparenden Diuretika besteht die Gefahr einerHyperkaliämie → gefährliche Herzrhythmusstörungen

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen ACE-Hemmer: Ramipril (Delix,Ramipril-ratiopharm), Enalapril (Benalapril, Enalapril-ratiopharm)

● Nebenwirkungen Sartane: im Vergleich zu den übrigen Antihypertonika ne-benwirkungsarm; mögliche NW Kopfschmerzen, Schwindel, (selten) angio-neurotisches Ödem, Anämie oder eine Erhöhung der Leberwerte ist möglich

● Zu beachten bei Sartanen: ähnliche Vorsichtsmaßnahmen wie für ACE-Hemmer

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen Sartane: Valsartan (Diovan,Cordinate), Candesartan (Atacand, Blopress), Losartan (Lorzaar, Cozaar)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 30

Diuretika● Wirkung: fördern die Ausscheidung von Flüssigkeit über die Niere und wirkendadurch blutdrucksenkend

● Indikationen: u. a. Herzinsuffizienz und arterielle Hypertonie● Nebenwirkungen: Störungen im Flüssigkeitshaushalt mit Blutdruckabfallführen (gefährliche Herzrhythmusstörungen); Schleifen- und Thiaziddiuretikaführen zu einer Hypokaliämie, Spironolacton zu einer Hyperkaliämie; auch einAbfall der Natriumkonzentration (Hyponatriämie) ist möglich

● Zu beachten: regelmäßige Kontrolle der Elektrolyte sowie – insbesondere beiSchleifendiuretika – Messung der Vitalparameter

Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● Schleifendiuretika:– Furosemid (Lasix)– Torasemid (Torem)

● Thiaziddiuretika: Hydrochlorothiazid (HCT, Esidrix)● Aldosteronantagonisten: Spironolacton (Aldactone)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 31

Digitalispräparate (Herzglykoside)● Wirkung: Steigern die Kontraktilität des Herzens und senken die Herzfrequenz● Indikationen u.a. Herzinsuffizienz und supraventrikuläre Tachykardien● Nebenwirkungen: Digitalispräparate können Herzrhythmusstörungen aus-lösen; Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen sowie Sehstö-rungen (Gelbsehen); weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzenund allergische Reaktionen

● Zu beachten: regelmäßige Kontrollen der Medikamentenkonzentration imBlut sowie der Elektrolytkonzentrationen; bei niedrigem Kalium- und hohemKalziumwert besteht eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Digitalis-präparaten (→ Wirkung verstärkt)

Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● Digitoxin (Digimed, Digimerck)● Digoxin (Digacin, Lanicor)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 32

Notfallmedikamente● Sympathomimetika (wie Adrenalin und Dobutamin) wirken gefäßverengendund blutdrucksteigernd; je nach Wirkstoff steigern sie außerdem die Fre-quenz und Schlagkraft des Herzens; Indikationen: u.a. akute Herzinsuffizienz,Schock; Adrenalin auch im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation

● Nebenwirkungen: Tachykardie, Tachyarrhythmien, Extrasystolen, Angina-pectoris-Beschwerden, Unruhe, verstärktes Schwitzen, Schlafstörungen,Miktionsstörungen

● Zu beachten: Vorsicht ist geboten bei Patienten mit– KHK: Provokation einer Angina-pectoris-Symptomatik– Vergrößerung der Prostata: Verschlechterung der Miktionsbeschwerden

● Kontraindikationen: Hyperthyreose, Herzrhythmusstörungen, Herzklappen-verengungen, Kardiomyopathie

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Midodrin (Gutron), Etilefrin(Effortil, Bioflutin), Adrenalin = Epinephrin (Suprarenin), Noradrenalin (Arte-renol), Dopamin (Dopamin-ratiopharm), Dobutamin (Dobutrex)

Weitere wichtige Notfallmedikamente sind u.a.:● Clonidin: senkt den Blutdruck bei einer hypertensiven Krise; NW: kann z.B.mit Müdigkeit, Blutdruckabfall und einer verminderten Speichelproduktion

● Milrinon: steigert die Kontraktilität des Herzens (= positiv inotrope Wirkung);ist ein Reservemedikament bei akuter Herzinsuffizienz und kardiogenemSchock, wenn der Patient nicht auf Katecholamine anspricht; NW: kann einenBlutdruckabfall und gefährliche Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kam-merflimmern auslösen

● Zu beachten: Wirkung von Clonidin ist bei gleichzeitiger Einnahme vonDiuretika verstärkt; Medikament sollte nicht bei einem höhergradigen AV-Block verabreicht werden; Achtung Milrinon darf nicht bei einem Herzinfarktoder einer schweren Aortenstenose angewendet werden!

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Clonidin (Catapresan), Milrinon(Corotrop)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 33

Gerinnungshemmende Medikamente● Thrombozytenaggregationshemmer hemmen Blutgerinnung Hemmung derZusammenlagerung der Blutplättchen; Indikationen: u.a. KHK, akutes Koro-narsyndrom, pAVK; Gefahr: leicht erhöhtes Blutungsrisiko; ASS sollte 7–10Tage vor geplanter OP abgesetzt werden; Beispiele für Wirkstoffe undHandelsnamen:– Acetylsalicylsäure = ASS (Aspirin, ASS-ratio, Herz-ASS)– ADP-Rezeptor-Antagonisten: Clopidogrel (Plavix, Iscover), Prasugrel(Efient),Ticagrelor (Brilique)

– Glykoprotein (GP)-IIb/IIIa-Hemmer: Abciximab (ReoPro), nur i. v., Tirofiban(Aggrastat), nur i. v.;

● Antikoagulanzien hemmen die Blutgerinnung, indem sie die Gerinnungs-faktoren beeinflussen; wichtige Medikamentengruppen: Heparine und Vit-amin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (Marcumar); Indikationen: u.a.Thromboseprophylaxe, tiefe Beinvenenthrombose, Vorhofflimmern, künst-liche Herzklappe; Gefahr: erhöhte Blutungsgefahr v.a. bei sturzgefährdetenPatienten von Bedeutung! Unter der Therapie mit Heparin kann es zu einemAbfall der Blutplättchenkonzentration → heparininduzierten Thrombozyto-penie (HIT); Thrombininhibitoren, sind als Alternativsubstanzen bei Patientenmit einer HIT zugelassen; Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen:– Heparine: unfraktioniertes Heparin = UFH (Liquemin), s. c.- oder i. v.-Ap-plikation fraktioniertes bzw. niedermolekulares Heparin = NMH: Enoxaparin(Clexane), Certoparin (Mono-Embolex), Dalteparin (Fragmin), Tinzaparin(Innohep), nur s. c.-Applikation (oft als Fertigspritzen);

– Thrombininhibitoren: Dabigatran (Pradaxa), Bivalirudin (Angiox), Lepirudin(Refludan), Argatroban (Agatra);

– Faktor-Xa-Hemmstoffe: Fondaparinux (Arixtra), Rivaroxaban (Xarelto),Apixaban (Eliquis)

– Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine): Phenprocoumon (Marcumar)● Fibrinolytika lösen Blutgerinnsel auf; Indikationen: Lysetherapie z.B. TVT,Myokardinfarkt (→ Blutungsgefahr!) Beispiele für Wirkstoffe und Handels-namen: rt-PA = recombinant tissue plasminogen activator = Alteplase (Acti-lyse), Reteplase (Rapilysin), Tenecteplase (Metalyse), Streptokinase (Strepta-se)

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Medikamente bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-und Gefäßsystems 34

Bronchodilatatorenβ2-Sympathomimetika● Wirkung: entspannen über Bronchialmuskulatur → Atemwegswiderstandsinkt → Atmungsfunktion verbessert sich

● Indikationen v.a. bei Asthma bronchiale, COPD, Mukoviszidose und beiBronchiektasen

● NW: Tachykardie, Herzrhythmusstörungen Angina pectoris, RR und BZ kön-nen steigen; Zittern, Allergie, Hypokaliämie

● Beispiele: langwirksame β2-Sympathomimetika: Salmeterol (z.B. aeromax,Serevent), Formoterol (z.B. Foradil, Oxis); kurzwirksame β2-Sympathomime-tika: Terbutalin (z.B. Aerudur, Bricanyl), Salbutamol (Sultanol, Salbupur,BronchoSpray)

AtmungssystemMedikamente

β2-Sympatho-mimetika

Theophyllin

Anticholinergikalangwirksame

kurzwirksame

Glukokortikoide

Anti-IgE-Antikörper

Antihistaminika

Leukotrienantagonisten

Mastzellstabilisatoren

langwirksame

kurzwirksame

Antimykotika

Virostatika

Antibiotika

entzündungshemmendeMedikamente

Medikamente gegen Hustenreiz(Antitussiva)

antiallergischeMedikamente

schleimlösende Medikamente(Expektoranzien)

Antiinfektiva

bronchienerweiterndeMedikamente

Abb. 3 Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 35

Anticholinergika● Indikationen v.a. bei COPD● NW: trockener Mund, erhöhte Herzfrequenz, Harnverhalt, Obstipation, Stö-rungen bei der Akkomodation, Allergie

● Beispiele: langwirksame Anticholinergika: Tiotropiumbromid (z.B. Spiriva),kurzwirksame Anticholinergika: Ipratropiumbromid (z.B. Atrovent, Itrop)

Theophyllin● Gefahren: kann schnell überdosiert werden● kann nicht inhaliert werden, Verabreichung per os oder i. v.● NW: Unruhe, Kopfschmerz, erhöhter Krampfbereitschaft, erhöhter Herzfre-quenz, Tachyarrhythmien, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und vermehrterHarn

● Beispiele: Methylxanthine z.B. Bronchoretard, Euphyllin

Zu beachten● Applikation: Bronchodilatatoren werden vorwiegend inhaliert● Einsatz: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika sind„Bedarfsmedikamente“ im akuten Anfall; langwirksame β2-Sympathomime-tika zur Dauertherapie; langwirksame β2-Sympathomimetika immer mit in-halativen Glukokortikoiden geben

● β2-Sympathomimetika: entspannen in der Schwangerschaft die Gebärmut-termuskulatur; vor der Geburt absetzen; können aber auch bei vorzeitigerWehentätigkeit zur Tokolyse (Wehenhemmung) eingesetzt werden

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 36

Glukokortikoide und weitere Asthmatherapeutika● Glukokortikoide wirken stark entzündungshemmend; Indikationen: Dauer-therapie Asthma bronchiale, werden hier inhaliert; bei einem schwerenAsthmaanfall oder fortgeschrittenem Asthma bzw. bei interstitiellen Erkran-kungen müssen sie systemisch gegeben werden; Beispiele für Wirkstoffe undHandelsnamen: Inhalative Glukokortikoide: Beclametasondipropionat (z.B.Beclometason-CT), Ciclesonid (z.B. Alvesco), Budesonid (z.B. Budecort, Pul-micort), Fluticason (z.B. Atemur), Mometason (z.B. Asmanex); SystemischeGlukokortikoide: Prednisolon (z.B. Decortin-H), Prednison (z.B. Decortin)

● Leukotrien-Antagonisten zur Therapie von Asthma bronchiale (v.a. beiKindern); Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Montelukast (z.B.Singulair)

● IgE-Antikörper werden bei schwerem allergischen Asthma gegeben; Bei-spiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Omalizumab (z.B. Xolair)

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 37

Expektoranzien● Wirkung: lösen den Schleim in den Bronchien, sodass er leichter abgehustetwerden kann

● Indikationen: Erkrankungen, die mit starker Schleimproduktion einhergehen,z.B. Bronchiektasen oder Mukoviszidose

● NW: Acetylcystein kann zu Kopfschmerzen, Sodbrennen, Übelkeit, Durchfallund Hautausschlag führen; Ambroxol und Bromhexin können mit Magen-beschwerden, Durchfall und einem Hautausschlag einhergehen

● Zu beachten: Patienten sollten gleichzeitig viel trinken; Expektoranzien dür-fen nicht mit Antitussiva kombiniert werden!

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Acetylcystein (z.B. ACC, Ace-muc, Fluimucil); Ambroxol (z.B. Mucosolvan, Bronchopront); Bromhexin (z.B.Bisolvon, Lubrirhin)

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 38

Antitussiva:● Wirkung: hemmen den Hustenreflex im Hustenzentrum oder in den Bron-chien

● Indikationen: trockener Reizhusten● NW: Codein und Dihydrocodein sind schwache Opiode mit Morphin-typi-schen NW: Übelkeit, Verstopfung, Schläfrigkeit und in höheren DosierungenAtemdepression

● Pentoxyverin ist kein Opioid: es kann zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall undMüdigkeit kommen, es besteht kein Suchtpotenzial

● Zu beachten: Bei den Opioiden besteht höherer Dosierung auch die Gefahrder Atemdepression, außerdem Suchtgefahr, die jedoch geringer ist als beiMorphin

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Codein (z.B. Codipront),Dihydrocodein (z.B. Paracodein), Pentoxyverin (z.B. Sedotussin)

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 39

Antiinfektiva● Indikationen: infektiöse Erkrankungen der Atemwege und Lunge eingesetzt● Antibiotika bei bakteriellen Infekten● bei Influenza Neuraminidasehemmer z.B. Tamiflu● bei Pilzinfektionen Antimykotika

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Medikamente bei Erkrankungen der Atemwege 40

Medikamente zur Hemmung der MagensäuresekretionProtonenpumpenhemmer (PPI)● Wirkung: senken die Magensäuresekretion● Indikationen: u. a. gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), Refluxöso-phagitis, chronische Gastritis, gastroduodenale Ulkuskrankheit (bei Helico-bacter-pylori-Infektion in Kombination mit Antibiotika, sog. Eradikations-therapie), OGI-Blutung;

● NW: werden i. d. R. gut vertragen; gastrointestinale Beschwerden (z.B.Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Blähungen), Kopfschmerzen, Müdigkeitund Schwindel, Erhöhung der Leberwerte ist, v. a. zu Beginn der Behandlungmöglich, selten Nierenfunktionsstörungen, bei i. v.-Gabe Sehstörungen aus-gelöst werden; durch Wegfall der Säurebarriere steigt u. a. Risiko für Gas-troenteritiden und Pneumonien

H2-Blocker

Protonenpumpeninhibitoren(PPI)

Virostatika

AntibiotikaZytostatika

Antikörper

Glukokortikoide

Immunmodulatoren

VerdauungssystemMedikamente

Medikamente zur Hemmung der

Magensäuresekretion

schmerzlindernde Medikamente(Analgetika)

krampflösende Medikamente(Spasmolytika)

Medikamente gegen Übelkeit(Antiemetika)

Medikamente zur Stimulation der Peristaltik(Prokinetika)

Medikamente zur Senkung des Pfortaderdrucks

Medikamente gegen Diarrhö(Antidiarrhoika)

Abführmittel(Laxanzien)

Antiinfektiva

Salicylate

Immunsuppressiva

Bauchspeicheldrüsenenzyme

Abb. 4 Medikamente bei Erkrankungen des Verdauungssystems. Medikamenten-Über-sicht.

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 41

● Zu beachten: bei Frauen mit Langzeittherapie ist das Risiko für Frakturenerhöht z.B. Schenkelhalsfrakturen; PPI werden durch bestimmte Leberenzy-me verstoffwechselt → Wechselwirkungen mit anderen Medikamentenmöglich; Hemmung der Magensäure führt zur erhöhten Gastrinausschüt-tung; wenn PPI dauerhaft gegeben werden, kann es nach Absetzen zu einemsog. Rebound-Phänomen kommen (→ überschießende Sekretion vonMagensäure nach Therapieende)

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Pantoprazol (Pantozol), Ome-prazol (Antra), Esomeprazol (Nexium)

H2-Blocker● Indikationen: gelegentlich bei GERD mit leichten Beschwerden (ohne Nach-weis einer Refluxösophagitis)

● NW: gastrointestinalen Nebenwirkungen (z.B. Durchfall), Kopf- und Gelenk-schmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Erhöhung der Leber- und Nierenwerte,Hautausschlag

● Zu beachten: Cimetidin zeigt zahlreiche Wechselwirkungen mit anderenMedikamenten, daher werden i. d. R. die neueren Substanzen eingesetzt,ggf. Verstärkung der Alkoholwirkung

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Ranitidin (Zantic), Cimetidin(Tagamet), Famotidin (Pepdul)

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 42

Analgetika und Spasmolytika

Analgetika (schmerzlindernde Medikamente)● Metamizol (Novalgin): hat neben der schmerzlindernden und fiebersenken-den auch eine krampflösende Wirkung; Indikationen: u.a. Gallenkolik, leichteSchmerzen bei Entzündungen im Bauchraum (z.B. bei Divertikulitis)

● Tramadol (Tramal) bei leichten Schmerzen● Pethidin (Dolantin) und Buprenorphin (Temgesic) bei starken Schmerzen(z.B. bei Pankreatitis)

Spasmolytika (krampflösende Medikamente)● Butylscopolamin (Buscopan): Indikationen sind u.a. krampfartige Schmerzenvon Hohlorganen (z.B. Gallenkolik)

● Nebenwirkungen ergeben sich aus der Blockade des Parasympathikus: Ob-stipation, verzögerte Entleerung der Harnblase bis hin zum Harnverhalt,Tachykardie, Trockenheit von Haut und Schleimhäuten, Erweiterung derPupillen etc.

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 43

Antiemetika● Indikationen: Linderung von Übelkeit und Erbrechen● Wirkstoffklassen:– Prokinetika (stimulieren die Peristaltik) wie Metoclopramid (Paspertin) undDomperidon (Motilium)

– Antihistaminika wie Dimenhydrinat (Vomex)– Serotoninrezeptor-Antagonisten wie Ondansetron (Zofran) Wirksamkeitkann durch Kombination mit einem Glukokortikoid wie Dexamethason(Fortecortin) verstärkt werden

– NK1-Rezeptor-Antagonisten wie Aprepitant (Emend) sind sehr effektiv undkönnen Übelkeit nach einer Chemotherapie lindern

– Parasympatholytika (hemmen die Wirkung des Parasympathikus) wieScopolamin

– Neuroleptika wie Promethazin (Atosil) werden bei Übelkeit eingesetzt● Zu beachten: Serotoninrezeptor-Antagonisten (z.B. Ondansetron) und NK1-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Aprepitant) sind sehr effektiv, werden daherbevorzugt in der Therapie von stark ausgeprägter Übelkeit, z.B. nach einerChemotherapie, eingesetzt

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen– Prokinetika: Metoclopramid (Paspertin), Domperidon (Motilium)– Antihistaminika: Dimenhydrinat (Vomex)– Serotoninrezeptor-Antagonisten: Ondansetron (Zofran)– Parasympatholytika: Scopolamin (Scopoderm TTS, transdermales Pflaster)– NK1-Rezeptor-Antagonisten: Aprepitant (Emend), Fosaprepitand (Ivemend)– Neuroleptika: Promethazin (Atosil)

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 44

Tab. 6 Antiemetika (wichtige Indikationen und Nebenwirkungen).

Wirkstoffklasse Wirkstoff(Beispiel)

Indikationen Nebenwirkungen(NW)

Dopamin-rezeptor-(D2-)Antagonisten

Metoclopra-mid Domperi-don

■ Übelkeit, Erbrechen un-terschiedlicher Genese

■ Metoclopramid z.B. beiMigräne oder Schwan-gerschaftserbrechen

■ Prämedikation vorOperationen (zur Vor-beugung postoperati-ver Übelkeit)

siehe Kap.„Prokinetika“

Histamin-rezeptor-(H1-)Antagonisten(Antihistamini-ka)

Dimenhydri-nat

■ Reisekrankheit(Kinetose)

■ Schwangerschafts-erbrechen

Sedierung, Mü-digkeit anticholin-erge NW1 Näheressiehe Kap.„Grundlagen desImmunsystems“

Serotoninre-zeptor-(5-HT3-)Antagonisten

Ondansetron ■ Erbrechen nach Strah-len- oder Chemothera-pie (zytostatikaindu-ziertes Erbrechen)

■ postoperatives Erbre-chen

Kopfschmerzen,Sehstörungen,Obstipation, Hit-zewallungen,Herzrhythmus-störungen

Acetylcholin-rezeptor-(M1-)Antagonisten(Parasympatho-lytika)

Scopolamin Reisekrankheit anticholinergeNW1

1 u.a. Trockenheit von Haut und Schleimhäuten, Blasenentleerungsstörungen(bis hin zum Harnverhalt), Obstipation, Tachykardie, Erweiterung der Pupil-len, Verwirrtheitszustände

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 45

Tab. 6 Antiemetika (wichtige Indikationen und Nebenwirkungen). (Fortsetzung)

Wirkstoffklasse Wirkstoff(Beispiel)

Indikationen Nebenwirkungen(NW)

NK1-Rezeptor-Antagonisten

AprepitantFosaprepitant

■ zytostatikainduziertesErbrechen

■ postoperatives Er-brechen

Müdigkeit,Kopfschmer-zen, Erhöhungder Leberwerte

Neuroleptika Promethazin ■ Übelkeit, Erbrechen un-terschiedlicher Genese

■ Reisekrankheit

stark abhängigvom jeweiligenPräparat u.a. Se-dierung, Bewe-gungsstörungenin Form von ex-trapyramidal-mo-torischen NW2

Glukokorti-koide

Dexametha-son Methyl-prednisolon

in Kombination mit Sero-toninrezeptor-(5-HT3-)An-tagonisten bei zytostati-kainduziertem Erbrechen

siehe Kap.„Grundlagen desImmunsystems“(S. 109)

2 Sitzunruhe (Akathisie), Krämpfe der Gesichts- und Schlundmuskulatur,parkinsonähnliches Bild, Kau- und Schmatzbewegungen

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 46

Laxanzien= „Abführmittel“ Wirkstoffklassen● Füll- und Quellstoffe (Leinsamen, Weizenkleie, Flohsamen): sollten mit vielFlüssigkeit eingenommen werden

● schleimhautreizende Laxanzien wie Bisacodyl (Dulcolax) oder Natriumpico-sulfat (Laxoberal): bei längerfristiger Einnahme Verstärkung der Verstopfung;inwieweit die Substanzen Elektrolytverschiebungen und Wasserverluste aus-lösen, wird kontrovers diskutiert

● osmotisch wirksame Laxanzien wie Lactulose (Bifiteral), Glaubersalz, Sorbitol,Macrogol (Movicol): ähnliches Nebenwirkungsprofil wie die schleimhautrei-zenden Laxanzien

● lokal wirksame Gleitmittel (Glycerol-Zäpfchen)

Tab. 7 Laxanzien.

Füll- undQuellstoffe(Ballaststoffe)

schleimhaut-reizendeLaxanzien

osmotischwirksameLaxanzien

Gleitmittel

Wirkstoffeund Han-delsnamen

■ Leinsamen■ Weizenkleie■ indischer

Flohsamen

■ Bisacodyl(Dulcolax)

■ Natriumpico-sulfat (Lax-oberal)

■ Lactulose(Bifiteral)

■ Glaubersalz■ Sorbitol■ Macrogol

(Movicol)

■ Glycerol(MilaxZäpf-chen)

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 47

Tab. 7 Laxanzien. (Fortsetzung)

Füll- undQuellstoffe(Ballaststoffe)

schleimhaut-reizendeLaxanzien

osmotischwirksameLaxanzien

Gleitmittel

Wirk-mechanis-mus

quellen beiFlüssigkeits-aufnahme auf;der Stuhl wirdweicher unddas Volumendes Darmin-halts vergrö-ßert(→ Entlee-rungsreflex)

hemmen dieNatrium- undWasserresorpti-on aus demDarm (→ Stuhlwird weicher)fördern die Ab-gabe von Elek-trolyten in denDarm DurchSteigerung derMotilität desDarms wird derDarminhaltschneller trans-portiert (es wirdweniger Wasserentzogen).

halten Wasserim Darmlumenzurück(→ Stuhl wirdweicher); dasVolumendes Darm-inhalts wird er-höht (→ Ent-leerungsreflex)Diese Wirkungentsteht beisalinischenSubstanzen(Glaubersalz)durch Salze,bei Lactuloseund Sorbitoldurch Zucker.

lokale An-wendungbildeneinen Gleit-film auf derDarm-schleim-haut undweichenden Stuhlauf

Anwen-dung

Reizdarmsyn-drom Stuhl-regulierung(z.B. beiDivertikulose,Hämorrhoi-den)

kurzfristige An-wendung beistarker Obstipa-tionDarmentlee-rung vor diag-nostischen undtherapeutischenEingriffen

kurzfristigeAnwendungbei starkerObstipationLactulose wirdauch zur The-rapie und Pro-phylaxe derhepatischenEnzephalopa-thie einge-setzt.

kurzfristigeAnwendungbei starkerObstipationDarmentlee-rung vor di-agnostischenund thera-peutischenEingriffen

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 48

Tab. 7 Laxanzien. (Fortsetzung)

Füll- undQuellstoffe(Ballaststoffe)

schleimhaut-reizendeLaxanzien

osmotischwirksameLaxanzien

Gleitmittel

Nebenwir-kungen(NW)

gut verträg-lich bei Ein-nahme mitviel Flüssigkeit

gastrointestina-le NW (u.a.Bauchkrämpfe,Durchfall, Übel-keit)Elektrolytver-schiebungenund Wasserver-luste bei län-gerfristiger Ein-nahme Verstär-kung der Ver-stopfung

siehe schleim-hautreizendeLaxanzien zu-ckerhaltigeSubstanzen:Blähungen Dasim GlaubersalzenthalteneNatrium wirdDarm resor-biert; bei län-gerfristigerEinnahmekann es zu De-hydratation,Ödemen undBluthochdruckkommen.

lokale Reiz-erscheinun-gen derHaut

zu beach-ten

WerdenQuellstoffeohne ausrei-chend Flüssig-keit einge-nommen,können sieSchluckbe-schwerdenund Verstop-fung bis hinzum Ileus aus-lösen.

Die Ausprägungder o. g. Elek-trolytverschie-bungen und derWasserverlustewird kontroversdiskutiert.

Macrogol istvorteilhaft, daes (im Gegen-satz zu zucker-haltigen Sub-stanzen) keineBlähungen ver-ursacht unddem Gewebeweniger starkWasser ent-zieht als Glau-bersalz.

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 49

Medikamente gegen Diarrhö (Antidiarrhoika)● Loperamid (Imodium): Opioid, das die Darmperistaltik und die Sekretion imMagen-Darm-Trakt hemmt; Indikationen z.B. Reisediarrhö

● Hefepilze wie Saccharomyces cerevisiae (z.B. Perenterol): Indikationen z.B.Reisediarrhö, antibiotikabedingte Diarrhö

● Colestyramin (Quantalan): bindet Gallensäuren im Darm; Indikation z.B.chologene („gallensäurebedingte“) Diarrhö

● NW:– Loperamid: gastrointestinale Nebenwirkungen (wie Verstopfung, Bauch-schmerzen, Blähungen), Müdigkeit und Schwindel hervorrufen; Medika-ment ist nicht zentral wirksam – daher hat es – im Gegensatz zu anderenOpioiden – keine analgetische oder atemdepressive Wirkung

– Hefepilze: gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Blähungen)– Colestyramin: gastrointestinale Nebenwirkungen u. a. Verstopfung, Übel-keit, hemmt die Resorption der fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K)

● Zu beachten:– Loperamid sollte immer nur kurzfristig eingenommen werden; ist kontra-indiziert bei einem Ileus und bei schweren fieberhaften Darminfektionenmit blutigem Stuhlgang (durch die Hemmung der Magen-Darm-Peristaltikwird die Erregerausscheidung über den Stuhl verzögert)

– Hefepilze sollten nicht bei Patienten mit Immunschwäche verabreichtwerden, da es zu einer Pilzsepsis kommen kann

– Colestyramin weist Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten auf:Dies betrifft u. a. gerinnungshemmende Medikamente wie Phenprocou-mon (Marcumar), Antibiotika und Östrogene (ggf. verminderte Wirksam-keit hormoneller Verhütungsmethoden)

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 50

Bauchspeicheldrüsenenzyme● Pankreatin (Kreon)● ersetzt bei exokriner Pankreasinsuffizienz (im Rahmen einer chronischenPankreatitis) die fehlenden Verdauungsenzyme

● NW: gastrointestinale Nebenwirkungen u. a. Bauchschmerzen, Durchfall,Verstopfung, Erhöhung der Harnsäure (Hyperurikämie), selten Fibrosen undVerengungen im Kolon (bis hin zum Ileus), Überempfindlichkeitsreaktion mitHautausschlag, Juckreiz und Bronchospasmus – bis hin zum anaphylaktischenSchock

● zu beachten: sollte zu den Mahlzeiten (mit ausreichend Flüssigkeit) einge-nommen werden

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 51

Medikamente zur Senkung des Pfortaderdrucks● Terlipressin (Glycylpressin)und Octreotid (Sandostatin)● wirken gefäßverengend und erhöhen so den Gefäßwiderstand im systemi-schen Kreislauf (Senkung des Pfortaderdrucks – verminderter Blutfluss zuVarizen im Ösophagus oder Magen)

● Indikationen: Varizenblutungen bei Patienten mit Pfortaderhochdruck● NW: kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie Bradykardie als auch Tachykardie,Hypertonie, Angina pectoris bis hin zum Myokardinfarkt, Ischämien im Be-reich der Extremitäten, v. a. bei pAVK, gastrointestinale Beschwerden (u. a.Übelkeit, Durchfall) und Stoffwechselstörungen (z.B. Hyperglykämie), Haut-ausschläge, Schwindel

● zu beachten: Terlipressin darf nicht bei Patienten mit arterieller Hypertonieoder koronarer Herzkrankheit (KHK) angewendet werden

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 52

Immunsuppressiva und Salicylate● Immunsuppressiva unterdrücken die Funktion und Aktivität des Immunsys-tems; sie werden u.a. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oderHepatitis eingesetzt:– Glukokortikoide wie Budesonid (lokal wirksam) oder Prednisolon (syste-misch)

– Zytostatika: Azathioprin und Methotrexat u.a. bei chronisch-entzündlichenDarmerkrankungen oder Autoimmunhepatitis;

– weitere Zytostatika zur Chemotherapie bestimmter Tumorerkrankungen:Immunmodulatoren (pegyliertes Interferon-α bei Virushepatitis, Antikörper(TNF-α-Blocker wie Infliximab (Remicade)

● Salicylate wirken entzündungshemmend und immunsuppressiv und werdenbei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen verabreicht:– Mesalazin bzw. 5-ASA (Salofalk)– Sulfasalazin (Azulfidine)

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 53

Antiinfektiva● Antibiotika: Bei infektiösen Erkrankungen des Verdauungssystems werdenmeist breit wirksame Antiobiotika – wie Aminopenicilline oder Cephalo-sporine – eingesetzt; auch Metronidazol ist eine häufig eingesetzte Substanz

● Virostatika: Zur Therapie einer Virushepatitis werden ggf. Virostatika einge-setzt: z.B. Ribavirin (bei chronischer Hepatitis C) oder Lamivudin (v.a. beichronischer Hepatitis B)

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Medikamente bei Erkrankungen desVerdauungssystems 54

Diuretika● Wirkung: erhöhen die Flüssigkeitsausscheidung (→ Einsatz bei Patienten mitNiereninsuffizienz), vermindern so das zirkulierende Volumen und senkenden Blutdruck (→ Einsatz bei Patienten mit arterieller Hypertonie); sie be-einflussen den Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt; einige Präparate wer-den zur Korrektur von Elektrolytentgleisungen oder bei Störungen im Säure-Basen-Haushalt eingesetzt; fördern die Ausscheidung von harnpflichtigenSubstanzen (u.a. Kreatinin) und von körperfremden Substanzen (→ Einsatzbei Vergiftungen)

● NW: u. a. Blutdruckabfall und Exsikkose, „Eindickung“ des Blutes (→ Throm-bosegefahr), Elektrolytentgleisungen (→ Kontrollen der Elektrolytkonzentra-tionen, v. a. Kalium wegen der Gefahr für Herzrhythmusstörungen)

schmerzlindernde Medikamente(Analgetika)

blutdrucksenkende Medikamente(Antihypertensiva)

krampflösende Medikamente(Spasmolytika)Antiinfektiva

SchleifendiuretikaCarboanhydrasehemmer

osmotisch wirksame Diuretika

Thiaziddiuretika

Kationenaustauscherharze

Natriumbikarbonat

Antibiotika

kaliumsparende Diuretika

Aldosteronantagonisten Diuretika

Niere und ableitende Harnwege,Wasser- und Elektrolythaushalt

Medikamente

Abb. 5 Medikamente bei Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege, Wasser-und Elektrolythaushalt. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen der Nieren undableitenden Harnwege, Wasser- und Elektrolythaushalt 55

● Substanzklassen; einige werden weniger bei Nierenerkrankungen eingesetzt,sondern eher zur Therapie von Erkrankungen anderer Organsysteme:– osmotisch wirksame– Carboanhydrase-Hemmer– Schleifendiuretika– Thiaziddiuretika– Kaliumsparende Diuretika– Aldosteronantagonisten

osmotisch wirksame Diuretika:● Indikationen v.a. Hirnödem oder Glaukomanfall● NW: steigern zunächst das Blutvolumen im Gefäßsystem, wodurch eineVolumenbelastung des Kreislaufs entsteht

● Zu beachten: aufgrund der Volumenbelastung zu Beginn der Behandlungsind die Medikamente bei Herzinsuffizienz und Lungenödem kontraindiziert;mit Osmodiuretika lassen sich schnell große Flüssigkeitsmengen ausscheiden:Während der Anwendung ist eine engmaschige Kontrolle der Vitalparameterunbedingt erforderlich

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Mannit bzw. Mannitol (Osmo-fundin), Sorbit (Sorbitol)

Carboanhydrase-Hemmer● Indikation ebenfalls bei Patienten mit Glaukom● NW: bei Einnahme von Acetazolamid werden Natrium, Kalium und Bikarbo-nat ausgeschieden → Gefahr der Hypokaliämie sowie eine Übersäuerung(metabolische Azidose) durch vermehrte Ausscheidung von Bikarbonat;verminderte Ausscheidung von Ammoniak sowie eine Erhöhung des Harn-säurespiegels

● Zu beachten: aufgrund der Hemmung der Ausscheidung von Ammoniaksollten Carboanhydrasehemmer nicht bei Patienten mit einer Nieren- oderLeberinsuffzienz eingesetzt werden → hepatische Enzephalopathie; weitereKontraindikation Gicht

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Acetazolamid (Diamox), Dor-zolamid (Trusopt)

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Medikamente bei Erkrankungen der Nieren undableitenden Harnwege, Wasser- und Elektrolythaushalt 56

Schleifendiuretika● sind die am stärksten wirksamen Diuretika● Indikationen sind u.a. Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom, Ödeme,arterielle Hypertonie

● NW: Hypotonie, Dehydratation mit Kollapsneigung, Thromboserisiko ist er-höht, häufig Elektrolytentgleisungen, v.a. Verminderung von Kalium (→ ggf.Herzrhythmusstörungen), Natrium, Kalzium und Magnesium → Auswirkun-gen auf den Säure-Basen-Haushalt: Verlust von Kalium geht mit einer Alka-lose einher; erhöhte Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) → Gichtanfall; Schä-digung des Innenohrs und Hörstörungen (sog. ototoxische Wirkung)

● Zu beachten: Konreolle von Kreislauf und Elektrolytkonzentrationen● Kontraindikationen: ausgeprägte Hyponatriämie oder Hypokaliämie sowiebei starker Hypovolämie (= vermindertes zirkulierendes Blutvolumen)

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Furosemid (Lasix), Torasemid(Torem), Piretanid (Arelix)

Thiaziddiuretika● Indikationen: arterielle Hypertonie, Hyperkalziurie (Verhinderung von Harn-steinen)

● NW: Hypokaliämie; negative Stoffwechseleffekte bei Patienten mit Diabetesmellitus, Erhöhung des LDL-Cholesterins und der Harnsäurekonzentration →Gichtanfälle, Hypotonie, Dehydratation sowie Thrombose, Elektrolytent-gleisungen: Verminderung von Kalium (→ ggf. Herzrhythmusstörungen),Natrium, Magnesium und Chlorid; die Konzentration von Kalzium hingegenwird erhöht

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Hydrochlorothiazid (Esidrix,Disalunil, HCT), Chlorthalidon (Hygroton), Xipamid (Aquaphor)

Kaliumsparende Diuretika● Indikationen sind u.a. nephrotische, arterielle Hypertonie, Hyperhydratation● NW: Hyperkaliämie● Zu beachten: Kontrolle des Kaliumspiegels; dürfen nicht in Kombination mitanderen Medikamenten gegeben werden, die den Kaliumspiegel erhöhen,z.B. ACE-Hemmer

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Medikamente bei Erkrankungen der Nieren undableitenden Harnwege, Wasser- und Elektrolythaushalt 57

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Triamteren (Jatropur, Kom-binationspräparat mit Hydrochlorothiazid: Dytide H), Amilorid (Kombina-tionspräparat mit Hydrochlorothiazid: Tensoflux)

Aldosteronantagonisten● Indikationen sind u.a. Hyperaldosteronismus, Herzinsuffizienz, Leberzirrhosemit Aszites

● NW: Elektrolytentgleisungen wie Hyponatriämie sowie eine Hyperkaliämie →Herzrhythmusstörungen; Magen-Darm-Beschwerden; greift in den Regelkreisder Sexualhormone ein → Ausbleiben der Regelblutung bei der Frau (Ame-norrhö) oder eine Vergrößerung der männlichen Brustdrüse (Gynäkomastie)

● Zu beachten: engmaschige Kontrolle der Elektrolytwerte (v.a. Kalium) istsehr wichtig

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Spironolacton (Aldactone),Eplernon (Inspra)

Natriumbikarbonat● oft mit „Nabi“ abgekürzt; chemisch korrekte Bezeichnung Natriumhydro-gencarbonat

● Wirkung: neutralisiert Säuren unter Abgabe von Kohlendioxid und Wasser● Indikation: schwere metabolische Azidose● NW u.a. Alkalose, Hypokaliämie (→ Gefahr von Herzrhythmusstörungen),Hypernatriämie

● zu beachten: eine ausreichende Abatmung des Kohlendioxids muss sicher-gestellt werden; langsam verabreichen, BGA-Kontrollen

Kationenaustauscherharze● Natriumform (Resonium) ist ein mit Natrium beladener Kationenaustauscher● Applikation oral oder rektal● Wirkung: im Darm bindet Natriumform Kaliumionen im Austausch gegenNatrium → Kalium wird über den Stuhl ausgeschieden → Kaliumkonzentra-tion im Blut sinkt (Wirkungseintritt verzögert)

● Indikation: Hyperkaliämie● NW u.a. Hypernatriämie, Bluthochdruck, Ödeme

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Medikamente bei Erkrankungen der Nieren undableitenden Harnwege, Wasser- und Elektrolythaushalt 58

Medikamente bei Hypophysenerkrankungen

ADH-Analoga● Wirkung: synthetisch hergestelltes Hormon mit ähnlicher Struktur wie daskörpereigene Hormon ADH (Vasopressin)

● Indikationen: Desmopressin zentraler Diabetes insipidus, da es zu einer sehrstarken Harnkonzentrierung führt

● NW: verminderte Durchblutung im Pfortadergebiet (dieser Effekt wird zurTherapie von Ösophagusvarizen genutzt, eingesetzt wird hier Terlipressin;Angina pectoris durch Gefäßverengung der Koronargefäße; Blutgerinnung:Erhöhung von Faktor VIII und des von-Willebrand-Faktors (dieser Effekt wirdbei der Behandlung der Hämophilie und beim von-Willebrand-Jürgens-Syn-drom genutzt)

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Desmopressin: Minirin, Terli-pressin: Glycylpressin

Kalzitonin

Vitamin D

Dopamin-agonisten

Octreotid

ADH-Analoga

Thyreostatika

Schilddrüsenhormone

Jodid

Schilddrüsen-medikamente

Medikamente bei Nebenschilddrüsenerkrankungen

Mineralokortikoide

weitere Antidiabetika

Inkretinmimetika

Gliptine

α-Glukosidasehemmer

Glitazone

Glinide

Nikotinsäure

Anionenaustauschharze

Fibrate

Statine

GichtAllopurinol

Urikosurika

Ezetimib

Sulfonylharnstoffe

Biguanide

Insulin und Insulinanaloga

Diabetes mellitus

Fettstoffwechsel-störungen

Glukokortikoide

Medikamente bei Nebennierenerkrankungen

Medikamente bei Hypophysen-

erkrankungen

Medikamente bei Stoffwechsel-

erkrankungen

Endokrines System und StoffwechselMedikamente

Abb. 6 Medikamente bei Erkrankungen des endokrinen Systems und des Stoffwechsels.Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 59

Octreotid● Wirkung: Octreotid ist ein künstlich hergestelltes Derivat von Somatostatin;hemmt die Ausschüttung von Wachstumshormon, von TSH, von Insulin undGlukagon sowie von gastrointestinalen Hormonen wie Gastrin oder Sekretin

● Indikationen v.a. zur Behandlung von neuroendokrinen Tumoren und beiAkromegalie

● NW: Blutzuckerschwankungen, Übelkeit, Durchfälle; Octreotid hemmtaußerdem die Durchblutung und damit den Druck im Pfortadergebiet (Effektwird bei der Behandlung akuter Magen-Darm-Blutungen genutzt)

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Octreotid: Sandostatin

Dopaminagonisten● Indikationen zur Behandlung eines Prolaktinoms bzw. bei Beschwerden, diedurch einen zu hohen Prolaktinspiegel hervorgerufen werden (Amenorrhö,Galaktorrhö), Akromegalie

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Bromocriptin: Pravidel, Caber-golin: Cabaseril, Lisurid: Dopergin, Pergolid: Parkotil

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 60

Schilddrüsenmedikamente

Jodid● Wirkung: Jod ist essenziell für die Bildung von Schilddrüsenhormonen undwird in Mikrogramm (μg) dosiert; in hohen Dosen (Milligramm, mg) hemmtes außerdem die Freisetzung von Schilddrüsenhormonen aus Thyreoglobulin(„Plummerung“)

● Indikationen: Strumaprophylaxe (v.a. in Jodmangelgebieten), Jodsubstitutionbei Schwangeren, bei diffuser Struma ohne autonome Bezirke (in Kombina-tion mit L-Thyroxin); kann in hoher Dosis auch bei einer thyreotoxischen Kriseeingesetzt werden, sofern nicht durch Jod ausgelöst! Auch nach Kernreak-torunfällen prophylaktisch in hohen Dosen verabreicht („Jodblockade“)

● NW: kann in hoher Dosierung allergische Reaktionen (z.B. angioneurotischesÖdem, Hautausschlag) sowie Hyperthyreose hervorrufen

● zu beachten: Jodaufnahme kann v.a. bei älteren Patienten zur jodinduziertenHyperthyreose führen; darf nicht gegeben werden bei Jodallergie, beiHyperthyreose, bei Autonomie der Schilddrüse sowie bei der Hashimoto-Thyreoiditis

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Kaliumjodid: Jodetten,Kaliumiodid

Schilddrüsenhormone● Wirkung: nachdem L-Thyroxin im Körper in T3 (Trijodthyronin) umgewandeltwurde, tritt die typische Wirkung der Schilddrüsenhormone ein: Stoffwech-selsteigerung, erhöhte Herzleistung, erhöhte Wirkung von Adrenalin undNoradrenalin usw.

● Indikationen: Jodmangelstruma, nach Schilddrüsen-OP, Schilddrüsenunter-funktion

● NW bei einer Überdosierung entsprechen Symptomen einer Schilddrüsen-überfunktion: Tremor, Tachykardie, Übererregbarkeit, Angina pectoris, Herz-rhythmusstörungen → Hyperthyreosis factitia

● Kontraindikationen: Schilddrüsenüberfunktion, Tachyarrhythmien, frischemHerzinfarkt oder KHK

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: L-Thyroxin (T4): Euthyrox,L-Thyroxin, T3 + T4: Novothyral

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 61

Thyreostatika● Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil gehören in die Gruppe derThioamide

● Wirkung: hemmen die Synthese von Schilddrüsenhormonen; Propylthiouracilverhindert zusätzlich, dass im Gewebe aus Thyroxin (T4) Trijodthyronin (T3)entsteht, welches eine deutlich größere Wirkung zeigt. Perchlorat im Unter-schied dazu hemmt die Aufnahme von Jod

● Indikationen:– Thioamide werden bei einer Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt (auto-nome Knoten, Morbus Basedow, thyreotoxische Krise)

– in der Schwangerschaft wird bevorzugt Propylthiouracil gegeben– Perchlorate verwendet man v.a. prophylaktisch vor Kontrastmittelgabenbei Patienten mit Gefahr einer thyreotoxischen Krise

● NW: Thioamide diffuse Vergrößerung der Schilddrüse, allergische Hautreak-tionen und sehr selten – aber schwerwiegend – Schäden des Knochenmarks(Agranulozystose); Perchlorat kann zu erheblichen Nebenwirkungen führenz.B. Gastritis, allergische Reaktionen, Agranulozytose

● zu beachten: enthalten Medikamente Jod (z.B. jodhaltige Kontrastmittel,Amiodaron), verringert sich die Wirkung der Thioamide

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Thiamazol: Favistan, Carbima-zol: Neo-Thyreostat, Propylthiouracil: Procil, Perchlorat: Irenat

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 62

Medikamente bei Nebennierenerkrankungen● Glukokortikoide und Mineralokortikoide werden im Hormonsystem zur Sub-stitutionstherapie eingesetzt

● Glukokortikoide substituiert man lebenslang bei einer Nebenniereninsuffi-zienz (primär oder sekundär) sowie beim adrenogenitalen Syndrom; Beispielefür Wirkstoffe und Handelsnamen: Hydrokortison: Hydrokortison Hoechst,Kortison: Cortison-Ciba, Prednison: Decortin, Prednisolon: Decortin H

● Mineralokortikoide werden bei primärer Nebenniereninsuffizienz eingesetzt.Bei der Substitutionsbehandlung einer Nebenniereninsuffizienz muss manbedenken, dass die Betroffenen in bestimmten Situationen (z.B. Stress, In-fektionen) eine höhere Glukokortikoiddosis als normal benötigen; NW: nor-malerweise treten keine Nebenwirkungen auf, möglich sind z.B. eine Hypo-kaliämie oder eine Gewichtszunahme durch die verstärkte Wassereinlage-rung in den Körper; zu beachten: bei der Kombination mit Digitalis, da derDigitalis-Effekt stärker wird, wenn eine Hypokaliämie vorliegt; in Kombinationmit Diuretika (z.B. Furosemid) oder Laxanzien kann der Kaliumspiegel im Blutsinken, da vermehrt Kalium über die Nieren ausgeschieden wird; Beispiele fürWirkstoffe und Handelsnamen: Fludrokortison: Astonin H

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 63

Insulin und Insulinanaloga

kurzwirksame Insuline (Bolusinsuline)● Normalinsuline und kurzwirksame Insulinanaloga● Wirkung: sie puffern plötzliche Blutzuckeranstiege ab und werden nachMahlzeiten und bei hohen BZ-Werten eingesetzt

● Normalinsulin benötigt einen Spritz-Ess-Abstand von ca. 20 – 30 min, es kannauch i. v. verabreicht werden

● Stechampullen und PENs sind gelb markiert● Insulinanaloga wirken schneller und kürzer, benötigen keinen Spritz-Ess-Ab-stand

langwirksame Insuline (Verzögerungsinsuline, Basalinsuline)● NPH-Insuline und langwirksame Insulinanaloga● Wirkung: decken den Grundbedarf an Insulin● NPH-Insulin wirkt nach 1 Stunde, das Maximum ist nach 6 Stunden erreicht● PENs und Stechampullen sind grün markiert und müssen vor jeder Injektion20-mal geschwenkt werden

● langwirksame Insulinanaloga wirken länger und haben einen flacheren Wirk-spiegel

Mischinsuline● kurz- und langwirksame Insuline sind im Verhältnis 30:70 oder 50:50 ge-mischt

● Mischinsuline sind trüb und müssen vor der Injektion 20-mal geschwenktwerden

● Indikationen: werden hauptsächlich in der konventionellen Therapie einge-setzt

● ist Normalinsulin enthalten, muss ein Spitz-Ess-Abstand einhalten werden

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 64

Antidiabetika● Indikationen: Diabetes mellitus Typ 2● Biduanide (Metformin) ist das Medikament der 1. Wahl; NW: Übelkeit,Magenbeschwerden, Blähungen, Laktatazidose; Kontraindikationen: Nieren-insuffizienz, Alkoholismus, schwere Herzinsuffizienz; zu beachten: vor OP undUntersuchungen mit Kontrastmittel muss pausiert werden (in der Regel 1Tag vor und 1 Tag nach dem Eingriff, bei schweren OPs und akuten schwerenErkrankungen evtl. auch länger); vorübergehend kann Insulin eingesetztwerden; Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Metformin: Glucophage

● Sulfonylharnstoffe wendet man an, wenn die Therapie mit Metformin nichtanschlägt oder Metformin schlecht vertragen wird; große Hypoglykämiege-fahr (besteht noch bis zu 24 h nach der Einnahme; zu beachten: mit Fort-schreiten der Krankheit kann oft ein β-Zellversagen eintreten, Unterzucker-gefahr ist insbesondere nachts sehr gefährlich, deshalbsowohl tagsüber alsauch abends genügend Kohlenhydrate zu sich nehmen (z.B. Schokoriegel vordem Schlafengehen), bei Neueinstellung sollte man BZ auch nachts gegen2:00 Uhr messen; Therapiepause bei Eingriffen, für die der Patient nüchternsein muss (ggf. vorübergehende Therapie durch Insulin); Beispiele für Wirk-stoffe und Handelsnamen: Tolbutamid: Orabet, Glipizid: Glibenese, Gliben-camid: Euglucon, Glurenorm: Gliquidon, Amaryl: Glimipirid

● Glinide wirken wie Sulfonylharnstoffe, allerdings deutlich kürzer; NW: geringeHypoglykämiegefahr, Gewichtszunahme, Magen-Darm-Beschwerden; zu be-achten: sind sehr kurz wirksam, daher genügt die Einnahme zu jeder Mahl-zeit, so kann deutlich flexibler gegessen werden als bei Sulfonylharnstoffen;Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Repaglinid: NovoNorm, Nategli-nid: Starlix

● Inkretinmimetika sind die einzigen Medikamente aus dieser Gruppe, dienicht oral gegeben, sondern subkutan gespritzt werden; NW: Übelkeit, Er-brechen und Durchfall; zu beachten: dürfen nicht eingesetzt werden beimittlerer bis schwerer Niereninsuffizienz; Inkretinmimetika werden wie Insu-lin subkutan gespritzt! Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Exenatide:Byetta, Bydureon, Liraglutide: Victoza.

● Gliptine: NW: Kopfschmerzen und Schwindel; zu beachten: dürfen bei mitt-lerer bis schwerer Niereninsuffizienz sowie in Schwangerschaft und Stillzeitnicht eingesetzt werden; Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Sita-gliptin: Januvia, Vildagliptin: Galvus, Saxagliptin: Onglyza

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 65

● Inkretinmimetika und Gliptine eignen sich v. a. in Kombination mit Metfor-min

● α-Glukosidasehemmer werden auch bevorzugt in Kombination eingesetzt,;NW: Blähungen, Durchfälle; bei Monotherapie besteht keine Hypoglykämie-gefahr; zu beachten: wenn man Glukosidasehemmer mit Sulfonylharnstoffeneinnimmt und es zur Hypoglykämie kommt, kann man diese nur mit Trau-benzucker beheben. (Der normale Haushaltszucker ist ein Mehrfachzuckerund muss erst gespalten werden, bevor er resorbiert werden kann. DieseSpaltung wird ja durch Glukosidasehemmer verzögert, daher Traubenzucker);Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Acarbose: Glucobay

● Glitazone erhöhen die Empfindlichkeit der Zellen für Insulin, werden nur inAusnahmefällen verschrieben; NW: Ödembildungen, Hypoglykämierisiko; zubeachten: Gabe ist nur noch in Ausnahmefällen indiziert; Kontrakindikatio-nen: leichte Herzinsuffizienz; Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen:Pioglitazon: Actos, Rosiglitazon: Avandia wurde wegen starker Nebenwirkun-gen vom Markt genommen)

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 66

Medikamente zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen● Statine werden zur Behandlung einer Hypercholesterinämie und zur Sekun-därprophylaxe nach Gefäßereignissen wie einem Herz- oder Hirninfarkt ein-gesetzt; NW: Kopfschmerzen, Myopathien (Muskelleiden), Leberfunktions-störungen; zu beachten; Kontrolle der Leberfunktion und Kreatinkinase-Werte; Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Atorvastatin: Sortis,Simvastatin: Zocor, Simvastatin-rat, Pravastatin: Pravasin, Lovastatin: Mevi-nacor

● Fibrate werden bei Hyperlipidämie (2. Wahl nach Statinen) eingesetzt; NW:gastrointestinalen Beschwerden, Bildung von Gallensteinen und Myopathien(Muskelleiden); Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Bezafibrat:Cedur, Fenofibrat: Lipanthyl

● Anionenaustauscherharze setzt man in Kombination mit Statinen ein, wenndie Statinwirkung nicht zufriedenstellend ist; Beispiele für Wirkstoffe undHandelsnamen: Colestyramin: Quantalan

● Ezetimib und Nikotinsäure sind mögliche Kombinationspartner; NW Ezeti-mib: in Moniotherapie Kopf- und Bauchschmerzen, in der Kombinationsthe-rapie außerdem Muskelschmerzen; NW Nikotinsäure: Monotherapie wird oftschlecht vertragen, anfallsartige Rötung des Gesichts (Flush), durch Kom-bination mit einem Prostaglandinsynthese-Antagonisten (Tredaptive) kannder Flush reduziert werden; zu beachten: Nikotinsäure wird als Kombinati-onspartner von Statinen der Vorzug gegeben; Beispiele für Wirkstoffe undHandelsnamen: Ezetimib: Ezetrol, Ezetimib und Simvastatin: Inegy, Nikotin-säure: Niaspan, Nikotinsäure und Laropiprant: Tredaptive

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 67

Medikamente zur Behandlung der Hyperurikämie

Allopurinol● Wirkung: hemmt die Xanthinoxidase, ein essenzielles Enzym im Abbau vonPurinen und damit im Stoffwechselweg der Harnsäure → Harnsäure wirdvermindert gebildet

● Allopurinol ist somit ein „Urikostatikum“● Indikationen: Hyperurikämie z.B. im Rahmen einer Gichttherapie, aber auchbei malignen Erkrankungen, wenn durch den Tumorzerfall vermehrt Harn-säure anfällt (z.B. bei einer Chemotherapie)

● NW: gastrointestinale und allergische Reaktionen● zu beachten: zu Beginn der Therapie kann Allopurinol einen neuerlichenGichtanfall auslösen! Allopurinol weist zahlreiche Wechselwirkungen mit an-deren Medikamenten auf, z.B. verstärkt es die Wirkung von oralen Anti-koagulanzien, Salizylaten oder die Toxizität von Zytostatika; bei einge-schränkter Nierenfunktion muss die Dosis von Allopurinol angepasst werden

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Allopurinol: Zyloric, Foligan,Remid

Urikosurika● Wirkung: hemmt die Rückresorption von Harnsäure aus Primärharn undfördert die Harnsäureausscheidung über Harn

● Indikationen: Hyperurikämie● NW: durch die gesteigerte Harnsäureausscheidung kann es zur Ausfällungder Harnsäure in der Niere (Nierensteine) kommen

● zu beachten: um eine Harnsäureausfällung zu vermeiden, müssen die Medi-kamente einschleichend dosiert und der Harn im alkalischen Bereich gehal-ten werden (Harn-ph-Wert: ca. 7); wie Allopurinol können auch sie zuTherapiebeginn einenakuten Gichtanfall auslösen, wenn sie in niedrigerDosierung verabreicht werden

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen: Benzbromaron: Narcaricin,Probenecid: Weimer

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Medikamente bei Erkrankungen des endokrinenSystems und des Stoffwechsels 68

Medikamente mit Wirkung auf das Gerinnungssystem

Thrombozytenaggregationshemmer● Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) in niedriger Dosierung (100 mg) hemmt dieThrombozytenaggregation irreversibel und wird daher zur Vorbeugung einesHerz- oder Hirninfarkts bzw. nach deren Auftreten prophylaktisch eingesetzt;in höherer Dosierung wirkt ASS auch schmerzlindernd; NW: Blutungen, diev. a. im Magen-Darm-Trakt auftreten, bei Kindern kann ASS zum gefährlichenReye-Syndrom (Leberversagen) führen und darf aus diesem Grund nicht ein-gesetzt werden

● die Thrombozytenaggregation wird ebenfalls durch ADP-Antagonisten ge-hemmt, hier allerdings reversibel; ADP-Antagonisten sind Clopidogrel (Pla-vix), Prasugrel oder Ticagrelor, werden häufig gemeinsam mit ASS bei Pa-tienten, denen aufgrund einer koronaren Herzerkrankung ein Stent implan-tiert wurde, zur Prophylaxe angewendet → duale Plättchenaggregations-hemmung

Blut und ImmunsystemMedikamente

Rheologika

Antikoagulanzien

Erythropoetin (EPO)

Eisen

Fibrinolytika Streptokinase

Antifibrinolytika Tranexamsäure

Glukokortikoide

Immunophiline

monoklonale Antikörper

Zystostatika

Tyrosinkinasehemmer

rt-PA (Alteplase)

Urokinase

Heparin

Thrombinhemmer

Faktor-Xa-Hemmer

Pentoxifyllin

Thrombozytenaggregationshemmer

Acetylsalicylsäure (ASS)

ADP-Rezeptor-Antagonisten

Glykoprotein-llb/llla-Hemmer

Vitamin-K-Antagonisten(Cumarine)

Phenprocoumon(Marcumar)

Medikamente mitWirkung auf das

Gerinnungssystem

Medikamente mit Wirkungauf das Immunsystem

antiretroviraleMedikamente

Medikamente mit Wirkung

auf Erythrozyten

hämatopoetischeWachstumsfaktoren

Abb. 7 Medikamente bei Erkrankungen des Bluts und Immunsystems. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungendes Bluts und Immunsystems 69

Antikoagulanzien● Zu den Antikoagulanzien zählen: Heparine, Thrombin-hemmstoffe, Faktor-Xa-Hemmstoffe, Vitamins-K-Antagonisten

● Heparine: Indikationen zu Prophylaxe und zur Behandlung von Thromboseneingesetzt; niedermolekulares Heparin (NMH) von hochmolekularem undunfraktioniertes Heparin (UFH); heute sind NMH (z.B. Clexane) das Mittel derWahl zur perioperativen Thromboseprophylaxe und zur Behandlung einerPhlebothrombose; zur Prophylaxe ist die Dosierung niederiger (low dose) alszur Therapie (high dose); Heparine spritzt man i. d. R. subkutan, UFH könnenauch i. v. gegeben werden; NW: heparininduzierte Thrombozytopathie (HIT);bei erhöhter Blutungsneigung dürfen sie nicht verabreicht werden, NMHauch nicht bei schwerer Niereninsuffzienz

● Thrombinhemmstoffe: werden v.a. bei orthopädischen OPs, bei Vorhof-flimmern zur Prophylaxe eingesetzt, bei einer HIT unter Heparintherapie kannman auf Thrombinhemmer (z.B. Dabigatran = Pradaxa) ausweichen

● Faktor-Xa-Hemmstoffe und Fondaparinux: werden als Alternative bei HITeingesetzt, Prophylaxe und die Therapie von Thrombosen sowie das Vorhof-flimmern; bei den neuen Substanzen wie Rivaroxaban (Xarelto) sind keineGerinnungskontrollen nötig

● Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine): sind sehr verbreitete Antikoagulanzien;bekanntester Vertreter ist Phenprocoumon (Marcumar), werden zur Prophy-laxe von Thrombosen und Embolien eingesetzt; NW: Blutungen; zu beachten:Gerinnungswerte müssen regelmäßig kontrolliert werden, die Patienten be-kommen einen Marcumar-Ausweis, vor einer OP müssen Cumarine abgesetztwerden (Umstellung auf Heparin), nach der OP bzw. wenn zur Prophylaxeeiner längerfristige Antikoagulation erforderlich ist, erfolgt die Umstellungvon Heparin auf Cumarine überlappend

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Medikamente bei Erkrankungendes Bluts und Immunsystems 70

● es werden v.a. Medikamente gegen Schmerzen (Analgetika, S. 23), gegenEntzündungen (Glukokortikoide, S. 37), für den Knochen (Bisphosphonate,Vitamin D, Kalzitonin) und gegen Infektionen (Antibiotika, S. 16) eingesetzt

● bei rheumatischen Erkrankungen stehen immunsuppressive Medikamente,S. 69 im Vordergrund

● bei immobilen Patienten ist eine Thromboseprophylaxe, S. 34 nötig

Medikamente beirheumatischen Erkrankungen

Antibiotika

Analgetika

Glukokortikoide

Bisphosphonate Vitamin D und Kalzitonin

Thromboseprophylaxe

BewegungssystemMedikamente

Abb. 8 Medikamente bei Erkrankungen des Bewegungssystems. Medikamenten-Über-sicht.

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Medikamente bei Erkrankungendes Bewegungssystems 71

Wichtige Medikamente, die bei Erkrankungen des Nervensystems eingesetztwerden, sind:● Triptane im akuten Migräneanfall● Cholinesteraseinhibitoren und Memantin bei Alzheimer-Demenz● L-Dopa und Dopaminagonisten beim Parkinson-Syndrom● Antikonvulsiva bei Epilepsie● Immunsuppressiva, S. 53 bei Erkrankungen wie multipler Sklerose oder My-asthenia gravis

● Antibiotika, S. 16 bei akut bakterieller Meningitis und Aciclovir bei Herpe-senzephalitis

Cholinesterasehemmer

Memantin

Triptane

L-Dopa

weitere (z.B. COMT-Hemmer.NMDA-Hemmer, MAO-B-Hemmer)

Dopaminagonisten

weitere (z.B. Phenobarbital, Phenytoin, Zonidamid, Topiramat)

Benzodiazepine (z.B. Clonazepam)

Valproinsäure

Levetiracetam

Gabapentin

Lamotrigin

Carbamazepin

Antiinfektiva

Antikonvulsiva

Immunsuppressiva

Medikamente bei Migräne

Medikamente beiAlzheimer-Erkrankung Medikamente bei

Parkinson-Syndrom

NervensystemMedikamente

Abb. 9 Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 72

Anti-Parkinson-Mittel

Tab. 8 Weitere Anti-Parkinson-Mittel.

Wirkstoff(Handelsname)

Wirkprinzip Nebenwirkungen Zu beachten

MAO-B-Hemmer:Rasagilin (Azilect),Selegilin(Movergan,Xilopar)

hemmen denDopaminabbau

Mundtrockenheit,Schwindel, Bla-senstörung, Öde-me, Pyschose,Blutdruckstörung

dürfen nicht zu-sammen mit se-lektiven Seroto-nin-Wiederauf-nahme-Hem-mern (SSRI) undTriptanen einge-nommen wer-den → Seroto-nin-Syndrom

COMT-Hemmer:Entacapon(Comtess),Tolcapon(Tasmar)

hemmen denAbbau von L-Dopaund Dopamin;funktioniert nur inKombination mitL-Dopa

Magen-Darm-Be-schwerden, Bewe-gungsstörung(Dyskinesien),Verfärbung desUrins

Tolcapon isthepatotoxisch

NMDA-Antago-nisten:Amantadin(PK-Merz)

hemmen NMDA-Rezeptoren undvermindern da-durch den Einflussvon Glutamin stei-gern die Dopamin-freisetzung wirkenv.a. auf Tremorund Akinese

Ödeme, psycho-tische Symptome,Übelkeit, Erbre-chen, Durchfall,Miktionsstörun-gen

kontraindiziert beischweren Herz-erkrankungen

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 73

Tab. 8 Weitere Anti-Parkinson-Mittel. (Fortsetzung)

Wirkstoff(Handelsname)

Wirkprinzip Nebenwirkungen Zu beachten

Anticholinergika:Biperiden (Akine-ton), Bornaprin(Sormodren), Me-tixen (Tremarit),Trihexyphenidyl(Artane, Parko-pan)

wirken dem Ace-tylcholinüber-schuss entgegen

(nur noch selteneingesetzt)Mundtrockenheit,Harnverhalt,Darmträgheit, er-höhter Augen-innendruck

kontraindiziertbei Patientenmit Demenzund Psychosen

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Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 74

Wichtige Antikonvulsiva

Tab. 9 Übersicht über wichtige Antikonvulsiva (alphabetisch geordnet).

Wirkstoff(Handelsname)

Einsatzgebiete Nebenwirkungen

Ethosuximid*(Petnidan)

■ Absencen Übelkeit, Erbrechen, Mü-digkeit, Schlafstörungen,aplastische Anämie

Carbamazepin* (Sirtal,Tegretal, Carbaflux,Carbagamma)

■ partielle Anfälle■ Trigeminusneuralgie■ diabetische Neuro-

pathie

Schwindel, Müdigkeit,Übelkeit, Diarrhö, Haut-ausschlag, Tremor, Psy-chosen, Störung der kar-dialen Erregungsleitung;nicht wirksam bei primärgeneralisierten Epilepsien

Gabapentin(Neurontin)

■ partielle Anfälle (auchmit Generalisierung)

■ neuropathischeSchmerzen

Müdigkeit, Schwindel,Ataxie, Gewichtszunahme

Lacosamid (Vimpat) ■ Zusatzmedikament beipartiellen Anfällen

Depression, Schwindel,Kopfschmerzen, Übelkeit,Ataxie, Doppelbilder, Juck-reiz

Lamotrigin (Lamictal) ■ partielle Anfälle(1. Wahl)

■ idiopathische Grand-Mal-Anfälle

Schwindel, Doppelbilder,Ataxie, Übelkeit, Allergie,selten schwerwiegendesExanthem

Levetiracetam (Keppra) ■ partielle Anfälle(1. Wahl)

Müdigkeit, Schwindel

Oxcarbazepin (Trileptal) ■ partielle Anfälle ähnlich Carbamazepin

Phenobarbital*(Luminal)

■ Grand-Mal-Anfälle■ Status epilepticus

Müdigkeit/Sedierung,Hautausschlag

* = klassische Antikonvulsiva

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 75

Tab. 9 Übersicht über wichtige Antikonvulsiva (alphabetisch geordnet).

Wirkstoff(Handelsname)

Einsatzgebiete Nebenwirkungen

Phenytoin*(Phenhydan)

■ Grand-Mal-Anfälle■ partielle Anfälle■ Status epilepticus

Müdigkeit, Tremor, Nys-tagmus, Doppelbilder,Ataxie, Osteomalazie,Zahnfleischhyperplasie,Hypertrichose

Pregabalin (Lyrica) ■ therapierefraktäre par-tielle Anfälle (Kombina-tionspartner)

■ neuropathischeSchmerzen

Schwindel, Müdigkeit,Ataxie, Ödeme

Topiramat (Topamax) ■ partielle Anfälle■ Grand-Mal-Anfälle

Schwindel, Müdigkeit,Doppelbilder, kognitiveVeränderungen

Valproinsäure/Valproat* (Orfiril,Convulex, Convulsolfin)

■ Grand-Mal-Anfälle(1. Wahl)

■ Absencen (1. Wahl)■ evtl. partielle Anfälle

Gewichtszunahme, Haar-ausfall, Tremor, Lebertoxi-zität

Zonisamid (Zonegran) ■ therapierefraktäre par-tielle Anfälle (Kombina-tionspartner)

Müdigkeit, Schwindel, Al-lergie, Reizbarkeit, Ge-wichtsverlust

Benzodiazepine*(z.B. Diazepam,Clonazepam)

■ akuter Anfall bzw. Sta-tus epilepticus

Müdigkeit, Hangover, Ab-hängigkeit

* = klassische Antikonvulsiva

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Medikamente bei Erkrankungen des Nervensystems 76

● Medikamente werden meistens lokal als Tropfen, Gel oder Salbe verabreicht● Mydriatika erweitern die Pupille und hemmen die Akkomodation; Indikatio-nen: zur Diagnostik (v.a. zur Untersuchung des Augenhintergrundes), zurTherapie (z.B. das Auge „stilllegen“ bei einer Iritis, um Verklebungen der Iriszu verhindern)

● Glaukombehandlung: Medikamente, die das Kammerwasser vermindern,z.B. indem sie die Produktion hemmen oder den Abfluss fördern; u.a. Beta-blocker, Prostaglandinanaloga und Carboanhydrasehemmer

● Glukokortikoide setzt man am Auge ein, um eine überschießende Entzün-dungsreaktion zu unterdrücken, ein wichtiges Einsatzgebiet ist die nicht in-fektiöse Uveitis (Uveitis bei rheumatischen Ursachen)

● Antiinfektiva werden bei Augeninfektionen eingesetzt

Carboanhydrasehemmer

Prostaglandinanaloga

Alpha-2-Agonisten Clonidin

Pilocarpin

Dipivefrin

Mannitol

Sympathomimetika

Osmodiuretika

Parasympathomimetika

BetablockerBetaxolol

Timolol

Bimatoprost

Latanoprost

Brinzolamid

Acetazolamid

Virostatika

Antimyotika

Antibiotika

Antiinfektiva

Mydriatika

Tränenersatzmittel

Glukokortikoide

Medikamentebei Glaukom

AugeMedikamente

Abb. 10 Medikamente bei Erkrankungen des Auges. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen des Auges 77

Tab. 10 Übersicht über Medikamente zur Behandlung von Glaukomen.

Wirkmechanis-mus

Anwendungam Auge

Verab-reichung

Neben-wirkung

Betablocker vermindern dieProduktion desKammerwassersverbessern sei-nen Abflussdurch das Trabe-kelwerk

alle Glaukom-arten

lokal trockenesAuge,Bradykardie,arterielleHypotonie,Broncho-spasmus

Carbo-anhydrase-hemmer

vermindern dieKammerwasser-produktion (Car-boanhydrase istdas wichtigsteEnzym für dieBildung vonKammerwasser.)

alle Glaukom-arten, aberv. a. beimWinkelblock

lokal odersyste-misch(oral)

Allergie,Hypokaliämie,Blutbildungs-störungen

Prostaglandin-analoga

verbessern denKammerwasser-abfluss

alle Glaukom-arten, aberv. a. beim pri-mären Offen-winkelglau-kom

lokal verstärkte lo-kale Durch-blutung undPigmentie-rung am Auge

Alpha-2-Agonisten

vermindern dieKammerwasser-produktion undfördern denKammerwasser-abfluss zusätz-lich zentraleWirkung auf dieAugendruckre-gulation

alle Glaukom-arten

lokal Allergie, Kon-junktivitis, Iri-tis, arterielleHypotonie,zentraleDämpfung

lokale Verabreichung = Augentropfen

Fortsetzung ▶

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Medikamente bei Erkrankungen des Auges 78

Tab. 10 Übersicht über Medikamente zur Behandlung von Glaukomen. (Fortset-zung)

Wirkmechanis-mus

Anwendungam Auge

Verab-reichung

Neben-wirkung

Sympatho-mimetika

vermindern dieKammerwasser-produktion undfördern denKammerwasser-abfluss

primäresOffenwinkel-glaukom

lokal Allergie,Makula-ödem,Tachykardie,Arrhythmie,arterielleHypertonie

Parasympatho-mimetika

verbessern denKammerwasser-abfluss

primäresOffenwinkel-glaukom,Winkelblock

lokal Miosis,schlechtereAkkommoda-tion im Dun-keln, Brady-kardie, Asth-ma bronchiale

Osmodiuretika(Mannitol)

verschieben denosmotischenGradienten undentziehen demGlaskörper undder Vorderkam-mer so Flüssig-keit

Winkelblock syste-misch (in-travenös)

erhöhte Volu-menbelastung(Flüssigkeitaus dem Ex-trazellulär-raum gelangtvermehrt insBlut)

lokale Verabreichung = Augentropfen

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Medikamente bei Erkrankungen des Auges 79

● Antivertiginosa wie Antihistaminikum Dimenhydrinat werden gegenSchwindel und Übelkeit, z.B. bei der Menière-Krankheit, eingesetzt

● Rheologika wie Pentioxifyllin verbessern die Fließeigenschaften des Blutesund werden bei Durchblutungsstörungen des Innenohrs angewendet

● Glukokortikode werden bei Erkrankungen des Ohrs lokal (z.B. Gehörgangs-entzündung) oder systemisch (bei Hörsturz) verabreicht

● Antiinfektiva: Bakterielle Ohrentzündungen werden mit Antibiotika(v. a. Cephalosporine) behandelt, ein Herpes zoster am Ohr mit Virustatika(Aciclovir)

Virostatika

Antimykotika

Antibiotika

Dimenhydrinat

Pentoxifyllin

Antiinfektiva

Rheologika

Antivertiginosa

Glukokortikoide

OhrMedikamente

Abb. 11 Medikamente bei Erkrankungen des Ohres. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen des Ohres 80

Wichtige Lokaltherapeutika● die zur lokalen (topischen) Therapie eingesetzten Lokaltherapeutika werdenauch als Externa bezeichnet

● sie bestehen u.a. aus dem eigentlichen Wirkstoff und einer Trägersubstanz(Grundlage)

● wichtige lokal angewendete Präparate in der Dermatologie sind:– Harnstoff (Urea): verbessert die Fähigkeit der Haut, Feuchtigkeit auf-zunehmen → weicht die Hornschicht auf (keratolytische Wirkung), juck-reizlindernd; Indikationen: u.a. Ekzeme, Nagelpilz, Psoriasis, Warzen

– Salicylsäure: wirkt entzündungshemmend, bakterizid, keratolytisch; Indi-kationen: u.a. Psoriasis, seborrhoisches Ekzem, Warzen, Akne

– Polidocanol (Optiderm, Anaesthesulf): wirkt schmerzstillend und juck-reizlindernd; Indikationen: u.a. Ekzeme;

– Nebenwirkungen sind z.B. Hautreizungen

Haut, Haare und NägelMedikamente

AntiinfektivaImmunsuppressiva

AntihistaminikaPolidocanol Vitamin-D-Analoga

Dithranol

Benzoylperoxid

Azelainsäure

Isotretinoin

lokale Antiseptika

Antibiotika

Antimykotika

Virostatika

antiparasitäre Medikamente

Salicylsäure

Harnstoff (Urea)

Glukokortikoide

Calcineurininhibitoren

Methotrexat

Azathioprin

Biologika

Abb. 12 Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare und Nägel. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 81

Hauterkrankungen – Antihistaminika● H1-Antihistaminika wie Cetirizin blockieren H1-Histaminrezeptoren(→ Histamin kann seine Wirkung nicht entfalten)

● Indikationen: Urtikaria, allergischem Kontaktekzem oder beim atopischenEkzem

● bei schweren allergischen Reaktionen ggf. zusätzlich H2-Antihistaminika wieRanitidin

● Beispiele für Wirkstoffe und Handelsnamen● H1-Antihistaminika der 1. Generation:– Dimetinden (Fenistil)– Clemastin (Tavegil)

● H1-Antihistaminika der 2. Generation:– Cetirizin (Zyrtec)– Loratadin (Lorano)

● H2-Antihistaminika:– Ranitidin (Ranitic)

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 82

Calcipotriol und Dithranol● Calcipotriol ist ein Vitamin-D3-Analogon, es wirkt entzündungshemmend,antiproliferativ und erhöht die Wirksamkeit einer Fototherapie

● Dithranol normalisiert eine erhöhte Zellvermehrung● Indikation: Psoriasis● NW: u. a. Hautreizungen, Dithranol außerdem bräunliche Verfärbungen(Haut, Kleidung)

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 83

Benzoylperoxid, Azelainsäure und Isotretinoin● Benzoylperoxid (Aknefug) wirkt entzündungshemmend, antibakteriell, senkteine übermäßige Talgproduktion, reduziert Komedonen und wirkt keratoly-tisch; Indikation: lokal bei Akne; NW: trockene Haut, Hautreizungen, allergi-sche Reaktionen

● Azelainsäure (Skinoren) wirkt entzündungshemmend, antibakteriell, hateinen positiven Einfluss auf den Verhornungsprozess und reduziert Komedo-nen; Indikationen: lokal bei Akne oder Rosazea; NW: trockene Haut, Haut-reizungen

● Isotretinoin (Isoderm) reduziert die Größe der Talgdrüsen; positiver Einflussauf den Verhornungsprozess der Haut und die Funktion des Immunsystems;Indikationen: starke Akne, Psoriasis, schwere Verlaufsform der Rosazea; NW:trockene Haut, Hautreizungen, erhöhte UV-Empfindlichkeit, schwere Miss-bildungen bei Feten (→ bei Frauen Schwangerschaft ausschließen, sichereVerhütung)

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 84

Hauterkrankungen – Antiinfektiva● Lokale Antiseptika wie Chlorhexidin, Povidon-Jod, Octenidin, Polihexanid:wirken lokal desinfizierend (töten Krankheitserreger ab); Indikationen: u.a.blasenbildende Autoimmunerkrankungen, Akne, Erysipel, Follikulitis undFurunkel, Panaritium, Prophylaxe einer bakteriellen Superinfektion; NW:Nebenwirkungen: u.a. allergische Reaktionen, Austrocknung der Haut,Hautreizungen

● Antibiotika: Indikationen sind bakterielle Infektionen der Haut (z.B. Akne,Rosazea, Follikulitis und Furunkel, Impetigo contagiosa, Erysipel, Panaritium,bakterielle Superinfektionen, sexuell übertragbare Erkrankungen wie Gonor-rhö, Syphilis); Indikationen: lokal Fusidinsäure oder Erythromycin; systemischPenicilline, Cephalosporine, Makrolide (Erythromycin, Azithromycin) oderTetrazykline (Doxycyclin)

● Virostatika: Indikationen sind viral bedingte Hauterkrankungen wie Herpessimplex, Herpes zoster oder Warzen. Häufig eingesetzt werden Aciclovir,Valaciclovir, Imiquimod-Creme (Letzteres auch bei oberflächlichen Basalio-men)

● Antimykotika:– bei leichten bis mittelschweren Pilzinfektionen der Haut: lokale Therapiez.B. mit Clotrimazol; bei Nagelpilz antimykotischer Nagellack; bei Befall derMundhöhle z.B. Gabe antimykotischer Lutschtabletten

– bei Tinea capitis, ausgedehntem Nagelbefall oder systemischer Pilzinfek-tion: systemische Therapie z.B. mit Fluconazol

● antiparasitäre Medikamente: Bei Skabies (Krätze) oder Pedikulosis (Laus-befall) wird v.a. lokal Permethrin eingesetzt; bei Krätze alternativ Crotamitonoder Benzoylbenzoat sowie Ivermectin oral

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 85

Hauterkrankungen – Immunsuppressiva

Glukokortikoide● werden bei vielen entzündlichen, nichtinfektiösen Hauterkrankungen ange-wendet, z.B. bei blasenbildenden Autoimmunerkrankungen, beim atopischenEkzem (Neurodermitis), Psoriasis oder ausgeprägten Arzneimittelexanthe-men

● lokale Behandlung erfolgt z.B. mit Hydrocortisonacetat (Ebenol), Prednisolon(Linola H) oder Dexamethason

● bei schweren Verläufen sowie bei stark ausgeprägter Nesselsucht (Urtikaria)systemischer Einsatz von Glukokortikoiden, z.B. Prednisolon (Solu-Decortin)

Weitere Immunsuppressiva● lokal angewendete Calcineurininhibitoren, wie Tacrolimus (Protopic), beimatopischen Ekzem

● schwere Verläufe einer Psoriasis können mit Ciclosporin, Methotrexat odermit Biologika wie Infliximab behandelt werden

● bei blasenbildenden Autoimmunerkrankungen ggf. Methotrexat oderAzathioprin

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Medikamente bei Erkrankungen der Haut, Haare undNägel 86

Sexualhormone

Östrogene (= physiologisch vorkommende weibliche Sexualhormone)● beeinflussen u.a. Wachstum/Prägung der weiblichen Geschlechtsorgane,fördern in der Gebärmutter die Bildung der Schleimhaut und der Drüsen; imKnochen Kalziumeinlagerung ↑

● synthetisch hergestellt werden z.B. Estradiol oder – als Kombinationspräparatmit Gestagenen – Ethinylestradiol eingesetzt

● Indikationen: Verhütung, Hormonersatztherapie, Kolpitis senilis (lokal)● NW: u. a. Thromboembolien, Ödeme, erhöhter Blutdruck, Kopfschmerzen,depressive Verstimmung, Verschlechterung Diabetes mellitus; Einfluss aufdas Auftreten von Krebserkrankungen nicht abschließend geklärt

Hypothalamus- und Hypophysenhormone

Antiinfektiva

Sexualhormone

Antikörper

synthetisches GnRH(Gonadorelin)

GnRH-Agonisten (= GnRH-Analoga)

Östrogenrezeptor-Antagonisten

AromatasehemmerKombinationspräparate

selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM)

Gestagene

Östrogene

GnRH-AntagonistenGonadotropine

Prolaktinhemmer

Trastuzumab

Antibiotika

VirostatikaAntimykotika

antiparasitäre Medikamente

Weibliche GeschlechtsorganeMedikamente

Abb. 13 Medikamente bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane. Medikamen-ten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungender weiblichen Geschlechtsorgane 87

Östrogenrezeptor-Antagonisten● östrogenhemmende Wirkung● Indikationen: Fulvestrant (Faslodex) bei hormonabhängigem Mammakarzinom● NW: u. a. Thromboembolien, allergische Reaktionen, Hitzewallungen, Hepa-titis, ggf. Leberversagen

Aromatasehemmer● Aromatasehemmer wie Anastrozol (Arimidex) hemmen das EnzymAromatase → Östrogenproduktion vermindert

● Indikationen: u. a. hormonsensitives Mammakarzinom. Nebenwirkungen:u.a. Hitzewallungen, Osteoporose, trockene Haut

Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM)● haben (gewebespezifisch) eine östrogenartige und eine östrogenhemmendeWirkung → hemmen das Wachstum bestimmter hormonabhängiger Karzi-nome, ohne alle physiologischen Östrogenwirkungen zu unterdrücken

● Indikationen: Tamoxifen bei hormonabhängigem Mammakarzinom, Clomi-fen bei Fertilitätsstörungen, Raloxifen bei postmenopausaler Osteoporose etc.

● NW: u. a. erhöhtes Risiko für Thromboembolien, Hitzewallungen, Hyperkalz-ämie; bei Tamoxifen erhöhtes Risiko für Endometriumkarzinom

Gestagene (weibliche Sexualhormone):● wichtigstes physiologisch vorkommendes Gestagen ist Progesteron (fördertWachstum der Gebärmutterschleimhaut, hemmt Eisprung, verdickt denSchleim im Gebärmutterhals; sorgt bei einer Einnistung für Erhalt derSchwangerschaft)

● Indikationen: u. a. Hormonersatztherapie, lokal bei Sterilität, drohendenFehlgeburten

● synthetisch hergestellte Gestagene (z.B. Desogestrel) reduzieren die Bildungvon Östrogenrezeptoren; einige Gestagene haben eine testosteronartige(androgene) Wirkung, andere hemmen Testosteron (antiandrogene Wir-kung), wieder andere hemmen Aldosteron (Wasserausscheidung ↑). Indika-tionen: u. a. Verhütung (oft Kombination mit Östrogenen), Zyklusstörungen,PCOS, Endometriose, Mastopathie

● NW: u. a. Kopfschmerzen, Gewichtszunahme, Libidoverlust, Depression, un-regelmäßiger Zyklus, Hirsutismus

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Medikamente bei Erkrankungender weiblichen Geschlechtsorgane 88

Trastuzumab (Herceptin)● der Antikörper Trastuzumab bindet an den Wachstumsfaktorrezeptor HER2/neu

● dieser Rezeptor ist auf der Zelloberfläche bestimmter bösartiger Zellen inhohem Maße vorhanden → Wachstum der entarteten Zelle wird gehemmt

● Indikationen: Mammakarzinom● Nebenwirkungen: u. a. Schädigungen des Herzmuskels, allergische Reak-tionen

Antiinfektiva● Antibiotika: bei Vulvitis, Kolpitis, Zervizitis, Endometritis und/oder Myo-metritis sowie Mastitis. Häufig eingesetzt werden Fluorchinolone, Cephalo-sporine, Tetrazykline (v.a. Doxycyclin), Metronidazol, staphylokokkenwirk-same Penicilline (wie Oxacillin)

● Virostatika (wie Aciclovir) bei Herpes genitalis● Antimykotika bei Pilzinfektionen (z.B. Soorkolpitis): häufig Clotrimazol (Ka-defungin) lokal; ggf. systemische Therapie – z.B. mit Fluconazol (Diflucan)

● antiparasitäre Medikamente: bei Vulvitis oder Kolpitis – hervorgerufen z.B.durch Skabies (Krätze) oder Befall mit Läusen

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Medikamente bei Erkrankungender weiblichen Geschlechtsorgane 89

Antiandrogene● Testosteron fördert Wachstum und Entwicklung der männlichen Ge-schlechtsorgane, es verstärkt Akne und ein männliches Behaarungsmuster

● Antiandrogene wie Flutamid (Flumid) blockieren den Androgenrezeptor undhemmen so die Wirkung von Testosteron

● das Gestagen Cyproteronacetat (Androcur) reduziert zusätzlich die Synthesevon Testosteron

● Indikationen: u. a. Prostatakarzinom● NW: u. a. Gynäkomastie, Libidoverlust und reversible Impotenz

Antiinfektiva

PDE-5-Hemmer

5-α-Reduktase-Hemmstoffeα1-Rezeptorblocker

Antiandrogene

Antibiotika

Virostatika

Antimykotika

antiparasitäre Medikamente

Männliche GeschlechtsorganeMedikamente

Hypothalamus- und Hypophysenhormone

synthetisches GnRH(Gonadorelin)

GnRH-Agonisten (= GnRH-Analoga)

GnRH-AntagonistenGonadotropine

Abb. 14 Medikamente bei Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane. Medika-menten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungender männlichen Geschlechtsorgane 90

5α-Reduktase-Hemmstoffe● 5α-Reduktase-Hemmstoffe wie Finasterid (Proscar) hemmen das Enzym 5α-Reduktase; die Folge ist eine verminderte Synthese von Dihydrotestosteron(DHT), einem aktiven Stoffwechselprodukt von Testosteron (antiandrogeneWirkung)

● Indikationen: z.B. benigne Prostatahyperplasie, Haarausfall● NW: u. a. Libidoverlust, Potenzstörungen, Gynäkomastie

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Medikamente bei Erkrankungender männlichen Geschlechtsorgane 91

α1-Rezeptorblocker● α1-Rezeptorblocker führen zu einer Entspannung der glatten Muskulatur● Tamsulosin (Alna) wirkt spezifisch an Rezeptoren der Harnblase, der Harn-röhre und der Prostata → Wasserlassen wird erleichtert

● Indikation: benigne Prostatahyperplasie● NW: α1-Blocker führen zu einer Weitstellung der Gefäße → Blutdruckabfall,ggf. Bewusstlosigkeit; bei Tamsolusin selten wegen der spezifischen Rezep-torbindung

● weitere NW: u. a. Magen-Darm-Probleme, Ejakulationsstörungen

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Medikamente bei Erkrankungender männlichen Geschlechtsorgane 92

PDE-5-Hemmer● PDE-5-Hemmer wie Sildenafil (Viagra) bewirken über eine Enzymhemmungeine Entspannung der glatten Muskulatur und Weitstellung der Blutgefäße →in den Schwellkörpern des Penis führt dies zu einer Erektion

● Indikation: u. a. Erektionsstörungen● NW: Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Sehstörungen, Dauererektion(Priapismus)

● Vorsicht bei Patienten mit kardialen Vorerkrankungen: Nicht gleichzeitig mitNitraten geben (→ starker Blutdruckabfall möglich)!

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Medikamente bei Erkrankungender männlichen Geschlechtsorgane 93

Antiinfektiva● Antibiotika bei bakteriellen Infektionen der männlichen Geschlechtsorgane:Entzündung von Prostata (Prostatitis), Nebenhoden (Epididymitis), Hoden(Orchitis) oder Eichel (Balanitis); häufig eingesetzt werden z.B. Fluorchinolo-ne (wie Ciprofloxacin) und Cephalosporine. Bei einer Balanitis meist lokaleApplikation.

● Antimykotika: bei Pilzinfektionen (v.a. Balanitis), z.B. Clotrimazol (Canesten)lokal

● Virostatika: Kondylome werden durch humane Papillomaviren hervorgerufenund können mit einer Balanitis einhergehen. Bei einigen Patienten kommentherapeutisch Virostatika zum Einsatz

● antiparasitäre Medikamente bei Parasitosen wie Skabies (Krätze)

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Medikamente bei Erkrankungender männlichen Geschlechtsorgane 94

Schwangerschaft

Blutdrucksenkende MedikamenteBei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (Gestationshypertonie,Präeklampsie) kommen zum Einsatz:● α-Methyldopa: Reduziert Herzzeitvolumen und Gefäßwiderstand; NW u.a.Müdigkeit, Hypotonie, selten Leberschäden

● Dihydralazin: Reduziert Gefäßwiderstand; NW u.a. allergische Reaktionen,Reflextachykardie, Ödeme

● kardioselektive Betarezeptorenblocker wie Metoprolol: Bewirken u.a. eineSenkung der Herzfrequenz und Weitstellung der Blutgefäße

blutdrucksenkendeMedikamente

wehenförderndeMedikamente

Antiinfektiva

Prostaglandine

Oxytocin

Therapie desGeburtsschmerzes

SpasmolytikaAnalgetika

anästhesiologische Verfahren

wehenhemmendeMedikamente

β2-Sympathomimetika

Oxytocinrezeptor-Antagonisten

Kalziumantagonisten(Off-Label-Use)

Analgetika(während der Schwangerschaft)

Antibiotika

Antimykotika

Virostatika

Antigestagene

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Erkrankungen

Abb. 15 Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt undWochenbett 95

Antiinfektiva● bei bakteriellen Infektionen während der Schwangerschaft (z.B. Harnwegs-infekt), gestörtem Schwangerschaftsablauf (z.B. vorzeitiger Blasensprung)oder Infektionen im Wochenbett (z.B. Endometritis puerperalis) werden ggf.Antibiotika eingesetzt. Geeignet sind v.a. Penicilline, Cephalosporine oderMakrolide

● virale Infektionen in der Schwangerschaft (z.B. Herpes genitalis) können eineIndikation für Virostatika (z.B. Aciclovir) darstellen. Antivirale Medikamentezur Therapie einer Hepatitis B oder C sind kontraindiziert!

● bei Pilzinfektionen (z.B. vaginale Kandidose) kommen lokal Antimykotikazum Einsatz.

Antigestagene● das Antigestagen Mifepriston (Mifegyne) ist ein Progesteron- Rezeptoranta-gonist und bewirkt eine Erweiterung des Muttermunds und Ablösung derGebärmutterschleimhaut

● bei einem medikamentös induzierten Schwangerschaftsabbruch werden Mi-fepriston und Prostaglandine eingesetzt → Ausstoßung der Schwangerschaft

● NW u.a. Magen-Darm-Beschwerden, Hitzewallungen, Blutungen undschmerzhafte Kontraktionen der Gebärmutter

● fruchtschädigende Wirkung der Medikamente bei misslungenem Schwan-gerschaftsabbruch möglich → operativer Eingriff zur Beendigung derSchwangerschaft wird empfohlen

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Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt undWochenbett 96

Wehenfördernde Medikamente

Prostaglandine● kommen physiologisch im Körper vor; bewirken eine Dilatation und Erwei-chung der Zervix und fördern die Kontraktion der Gebärmutter

● Indikation für synthetisch hergestellte Prostaglandine: u.a. Geburtseinlei-tung, Geburtsstillstand, Abort, vor Kürettage (reduzieren Verletzungsrisiko),atonische Nachblutung, Blasenmole

● bei medikamentös induziertem Schwangerschaftsabbruch (ca. 2 Tage nachEinnahme von Mifepriston)

● Applikation häufig lokal● NW: u. a. Hypertonie oder Hypotonie, Schwindel, Hitzewallungen, schmerz-hafte Uteruskontraktionen, Überstimulation der Gebärmuttermuskulatur,Blutungen, Magen-Darm- Beschwerden, allergische Reaktionen

Oxytocin● führt rhythmischen Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur● Applikation i. v. Indikationen: u. a. Kaiserschnitt, Abort, Geburtseinleitung,Geburtsstillstand, Plazentalösungsstörungen, atonische Nachblutungen sowieLochialstau

● NW: u. a. Überstimulation der Gebärmuttermuskulatur, Hypotonie, Reflex-tachykardie, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, allergische Reaktionenmöglich

Ergotamine (Mutterkornalkaloide)● bewirken Dauerkontraktion der Gebärmutter → dürfen nur nach derSchwangerschaft eingesetzt werden (z.B. bei Uterusatonie)

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Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt undWochenbett 97

Wehenhemmende Medikamente● Tokolyse = Hemmung der Wehentätigkeit (wehenhemmende Medikamente= Tokolytika)

● Tokolyse dient der Verzögerung der Geburt, z.B. bei vorzeitigem Blasen-sprung und drohender Frühgeburt, drohendem Abort oder Placenta praevia

● weitere Indikationen: Geburtskomplikationen (z.B. verschleppte Querlage),Geburtsstillstand wegen Wehensturm

● eingesetzt werden v.a. β2-Sympathomimetika wie Fenoterol (können Tachy-kardie und Herzrhythmusstörungen auslösen → Bolusgabe, nicht kontinuier-lich i. v.) sowie Oxytocin-Rezeptorantagonisten wie Atosiban (wenigerNebenwirkungen, aber teuer)

● Kalziumantagonisten wie Nifedipin sind nicht zur Tokolyse zugelassen,werden aber verwendet (Off-Label-Use)

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Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt undWochenbett 98

Schmerztherapie

Während der Schwangerschaft● Paracetamol: Mittel der Wahl bei Schmerzen in der Schwangerschaft. Ibu-profen nicht nach 28. SSW einnehmen (kann zu vorzeitigem Verschluss desDuctus arteriosus Botalli führen)

Therapie Geburtsschmerz● psychische Faktoren (v.a. Ängste) spielen eine Rolle bei der Schmerzentste-hung → nichtmedikamentöse Verfahren (wie Entspannungsmethoden,Akupunktur) können hilfreich sein!

● Spasmolytika wie Buscopan lösen Krämpfe in der Eröffnungsphase (v.a. beistraffem Muttermund hilfreich)

● Opioidanalgetika (z.B. Tramadol, Pethidin) zur Schmerzlinderung; sind pla-zentagängig, können nach der Geburt zu Atemstörungen beim Neugebore-nen führen (→ engmaschige Beobachtung des Kindes, ggf. Gabe des AntidotsNaloxon notwendig)

Anästhesiologische Verfahren● Lokalanästhesie (Infiltration des Dammes mit Lokalanästhetika): Anwendungz.B. vor Episiotomie oder bei Dammriss

● Leitungsanästhesie (Pudendusblockade): Betäubung der schmerzleitendenFasern des N. pudendus (→ Schmerzreduktion in Beckenboden, Vagina,Damm); Anwendung v.a. in der Austreibungsphase bei vaginaloperativerEntbindung

● Regionalanästhesie: Periduralanästhesie (PDA) minimiert Schmerzen auf-grund von Wehen und Dehnung Geburtskanal: Über einen Katheter wird(meist auf Höhe L3/L4) ein Lokalanästhetikum in den Periduralraum einge-bracht → Betäubung der Segmente, die an Punktionsstelle angrenzen

● Spinalanästhesie: Lokalanästhetikum wird in den Subarachnoidalraum appli-ziert → Betäubung der kompletten unteren Körperhälfte, schnellerer Wir-kungseintritt

● NW: Blutdruckabfall, Atemdepression, Hämatombildung → ggf. neurologi-sche Symptome, Infektion, selten Verletzung Rückenmark, Kopfschmerzen,totale Spinalanästhesie (wenn bei PDA versehentlich die Dura punktiert unddas Lokalanästhetikum in den Subarachnoidalraum appliziert wird → kann zuBewusstlosigkeit und Herz-Kreislauf-Stillstand führen)

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Medikamente in der Schwangerschaft, Geburt undWochenbett 99

Benzodiazepine● verstärken die hemmende Wirkung des Neurotransmitters GABA, wirkendadurch angstlösend, beruhigend, krampflösend und schlaffördernd

● Indikationen: v. a. bei Angstzuständen, Schlafstörungen, Depressionen undDelir

● zu beachten: Benzodiazepine machen schnell abhängig

PsycheMedikamente

Stimmungsstabilisatoren

Schlafmittelund Sedativa

Antipsychotika(Neuroleptika)

AntidepressivaPsychostimulanzien

SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer)

Maprotilin

Mirtazapin

Mianserin

Sertralin

Citalopram

Fluoxetin

SSNRI(selektive Serotonin-Noradrenalin-Wieder-aufnahme-Hemmer)

ReboxetinSNRI (selektive Noradrenalin-wiederaufnahme-Hemmer)

Moclobemid

trizyklische AntidepressivaAmitriptylin

Imipramin

tetrazyklische Antidepressiva

pflanzliche Antidepressiva Johanniskraut

Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)

Venlafaxin

Duloxetin

Lithium

AntiepileptikaValproinsäure

Carbamazepin

Benzodiazepine

kurzwirksam

typischHaloperidol

atypischRisperidon

Olanzapin

Quetiapin

Methylphenidat

Clozapin

Midazolam

mittellang wirksam

Flunitrazepam

Oxazepam

langwirksam

Diazepam

Lorazepam

Flurazepam

Bromazepam

Abb. 16 Medikamente bei Erkrankungen der Psyche. Medikamenten-Übersicht.

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Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 100

Antipsychotika (Neuroleptika)● zwei Gruppen: typische und atypische Antipsychotika● wirken antipsychotisch, indem sie die Dopaminrezeptoren im Gehirn blo-ckieren, atypische Antipsychotika blockieren zusätzlich noch Serotonin-rezeptoren

● Indikationen: akute schwere Psychosen (wie Schizophrenie), manische Stö-rungen, Alkoholdelir und Angstzustände

● Antipsychotika haben viele NW, weswegen während der Behandlung regel-mäßige Kontrolluntersuchungen notwendig sind

● NW v.a. bei den typischen Antipsychotika sind extrapyramidal-motorischeBewegungsstörungen → Dyskinesien im Gesicht und an der Zunge, vieleatypische Antipsychotika führen zu einer unerwünschten Gewichtszunahme

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Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 101

Antidepressiva● verbessern Stimmung und steigern Antrieb, durch Konzentration von Sero-tonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt;

● Indikationen: Depressionen, bipolare Störungen, Angst- und Zwangsstörun-gen

● zu den neueren Medikamenten, die selektiv wirken, zählen:– selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer = SSRI– selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer = SSNRI– Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer = NARI

● ältere Medikamente sind die Monoaminoxidase(MAO)- Hemmer und die tri-(TZA) und tetrazyklischen Antidepressiva

● zu beachten: das Suizidrisiko ist zu Beginn der Therapie erhöht; Grund: soforteinsetzenden Antriebsteigerung und der erst verzögert einsetzenden Stim-mungsaufhellung

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Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 102

Stimmungsstabilisierer● Stimmungsstabilisierer sind Lithium und einige Antiepileptika (z.B. Carba-mazepin, Valproat)

● Indikationen: bipolare Störungen zur Phasenprophylaxe, akute Manie● bei der Gabe von Lithium muss man beachten, dass der therapeutischeBereich sehr eng ist und es schnell zu einer Vergiftung (Lithiumintoxikation)kommen kann (z.B. durch Überdosierung, bei Niereninsuffizienz, Erbrechenoder durch Medikamente)

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Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 103

Psychostimulanzien● Methylphenidat ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Amphetamine● Indikation: Patienten mit ADHS, wenn die Psychotherapie alleine nicht aus-reichend wirksam ist

● Wirkstoff macht schnell abhängig und unterliegt dem Betäubungsmittel-gesetz

● NW sind Schlafstörungen, verminderter Appetit (regelmäßig das Körper-gewicht kontrollieren!), Kopfschmerzen, gastrointestinale Störungen undTachykardie

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Medikamente bei Erkrankungen der Psyche 104