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Die Hürden überwinden : Schritte zur Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in der globalenSportbekleidungsindustrie.
Play Fair 2008
Verfasst vom Maquila Solidarity Networkim Auftrag der Kampagne Play Fair 2008
April 2008
Danksagung
Nachforscherinnen und Nachforscher von Play Fair 2008 haben mehr als 320 Arbeiterinnen und Arbeiter in Betrieben in China, Indien, Indonesien undThailand zu ihren Löhnen, Erfahrungen und Arbeitsbedingungen befragt. Viele von ihnen haben maßgeblich zu diesem Bericht beigetragen, müssenjedoch zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der von ihnen befragten Arbeiterinnen und Arbeiter, anonym bleiben. Diejenigen, die genannt werdenkönnen, sind u. a.:
Sobin George, Pallavi Mansingh und Rohit Shrivastava vom Centre for Education and Communication in Neu Delhi (Indien), die im Bereich derFußballindustrie in Jalandar geforscht haben;• Junya Lek Yimprasert von der Thai Labour Campaign, die die Forschungsarbeit zur Produktion von Fußbällen in Thailand für Kapitel V aktualisiert hat;• Jeroen Merk, dessen Untersuchungen der Firma Yue Yuen sowie anderer transnationaler Lieferanten wichtige Informationen für Kapitel IV und Kapitel
I ergeben haben;• Doug Miller und die Internationale Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter-Vereinigung (ITBLAV) sowie die National Union of Workers (SPN) in
Indonesien, die weitere Forschungsarbeiten zur Nikomas-Fabrik von Yue Yuen beigetragen haben;• Emelia Yanti, Generalsekretärin der Gabungan Serikat Buruh Independent Union (GSBI); • Tony Fung, Field Director für China, Worker Rights Consortium;• Jeremy Blasi, Senior Field Representative beim Worker Rights Consortium, der Aktuelles zu den neuesten Untersuchungen des WRC sowie zu
Vermittlungsbemühungen und anderen Themen beigetragen hat; •Luc Lampriere, der zum allgemeinen Rahmen dieses Berichts beigetragen hat; und• Mitglieder der Europäischen Kampagne für „Saubere Kleidung“, die die Sponsorenverträge ihrer nationalen olympischen Mannschaften untersucht
haben, von denen einige in diesem Bericht erwähnt werden.
Die Kampagne für „Saubere Kleidung“ und das Maquila Solidarity Network haben im November 2007 zudem in Bangkok (Thailand) einen Workshop mitArbeitsrechtsaktivisten aus der ganzen Welt durchgeführt, um von ihnen weitere Informationen zu erhalten.
Die Mitglieder der Play-Fair-2008-Arbeitsgruppe verdienen besonderen Dank für ihre Bemühungen: Kristin Blom, Jeroen Merk, Doug Miller, Dominique Mueller, Tim Noonan und Ineke Zeldenrust.
Ein herzlicher Dank an sie alle sowie an diejenigen, die versehentlich nicht genannt wurden.
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Zusammenfassung 7
Einführung 12Asiens Märkte wachsen 13Sponsorenverträge bedeuten viel Geld 13Wer hat nichts davon? 15Play Fair stürmt das Feld 15
Kapitel I: Eine Gewinn bringende Industrie 17Wer hat das Sagen? 17Transnationale Hersteller 19Konsolidierung in der Sportbekleidungsindustrie 19Sourcing-Agenturen 20Was bedeutet dies für die Arbeitnehmerrechte? 20Die Verantwortung der Einkäufer 20„Einbeziehung der Lieferanten“ 21
Kapitel II: Unternehmen reagieren nur langsam 23Die Antwort der Industrie auf das Arbeitsprogramm 23Warum ist der Missbrauch von Arbeiterrechten denn immer noch ein Thema? 25Zusammenarbeit ist notwendig 27
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Kapitel III: Vier Hürden sind zu nehmen 28Vereinigungsfreiheit und Recht auf Tarifverhandlungen 29Vor welchen Hindernissen stehen Arbeitnehmer, die versuchen, sich zu organisieren? 29Unsichere Beschäftigungsverhältnisse 32Was treibt die Zunahme unsicherer Beschäftigungsverhältnisse an? 33Werksschließungen 35Katastrophale Auswirkungen 35Wirtschaftliche Lebensfähigkeit 36Wenn ein Werk schließt 37Existenzsichernde Löhne 37Warum zahlen die Sportbekleidungsunternehmen keine existenzsichernden Löhne? 39Marktkräfte und Tarifverhandlungen 39An Lieferanten gezahlte Preise 39Definition existenzsichernder Löhne 40Produktivität ist kein Allheilmittel 41Wer hat finanziell das Sagen? 42
Kapitel IV: Der weltgrößte Hersteller von Sportschuhen – ein Blick hinter die Kulissen 43Yue Yuen erstürmt den ersten Platz 43- China 43- Indonesia 44- Vietnam 44Das Yue Yuen-Geschäftsmodell 44- Gewinne und Preise 45Die andere Geschichte: Was sagen die Arbeiterinnen und Arbeiter? 45- Lange Arbeitszeiten und der Druck zu produzieren 46- Disziplinarmaßnahmen und Beschimpfungen 46- Gefährliche Arbeitsbedingungen 47- Niedrige Löhne 48Die Verbesserung der Bedingungen bei Yue Yuen 48- Warum wird kein existenzsicherndes Einkommen gezahlt? 49
Kapitel V: Fußbälle, die nicht aus Sialkot kommen 50Die Herstellung von Fußbällen im indischen Jalandhar 50- Branchenstruktur 50- Stunden- und Akkordlöhne in Jalandhar 52Herstellung von Fußbällen in China 54- Löhne und Arbeitszeiten 54- Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 55- Vereinigungsfreiheit 55- Irreführung und Belügen von Inspektoren der Markenunternehmen 55Herstellung von Fußbällen in Thailand 56- Die Auswirkungen der Thermal-Bonded-Technologie 56- Löhne, Arbeitsbedingungen und Vereinigungsfreiheit 56
Kapitel VI: „Impossible is Nothing!“ 581. Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen 58- Die Initiative ergreifen 59- Schulung der Arbeitnehmer 60- Sourcing- und Einkaufspraktiken 61- Berichterstattung 612. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse 613. Werksschließungen 624. Existenzsichernde Löhne 64- Bemessung von existenzsichernden Löhnen 64- Auf der Lohnleiter nach oben 65- Untersuchung von Preisen und Produktivität 65- Gemeinsame Anstrengungen 65
Kapitel VII: Zielsetzungen im Bereich der Arbeitnehmerrechte 67
Endnoten 73
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Die Olympischen Spiele 2008 in Peking stellen für die mar-kenbewusste Sportbekleidungsindustrie eine wunderbareGelegenheit dar, ihre Produkte mit dem hoch begehrtenSymbol von Olympia in Verbindung zu bringen. Über einenzwar kostspieligen, aber dennoch akzeptablen Sponsoren-oder Lizenzvertrag kann ein Sportbekleidungsherstellerseinen Sportschuhen und seiner Sportbekleidung dieedlen olympischen Ideale von Fairplay, Ausdauer und, wasam wichtigsten ist, Sieg einhauchen.
Von der Verknüpfung ihrer Marken mit den OlympischenSpielen und anderen großen Sportveranstaltungen wiedem UEFA-Cup 2008 des Europäischen Fußballverbandeserhoffen sich Sportbekleidungshersteller Platz 1 beiVerkaufszahlen, Marktanteil und Markenwiedererkennung.Und sofern die Vergangenheit als Maßstab angelegt wer-den kann, sollten sich diese hochrangigenSportveranstaltungen als äußerst rentabel für einige derHauptakteure in dieser globalen Industrie erweisen.
Doch die Geschichte hat auch eine andere Seite. Vor denOlympischen Sommerspielen 2004 in Athen lenkte dieKampagne „Play Fair bei Olympia“, die größte internationa-le Bewegung zu Rechten von Arbeiterinnen und Arbeitern,die jemals durchgeführt wurde, die Aufmerksamkeit derWelt auf die Schattenseiten der Sportbekleidungsindustrie:die miserablen Arbeitsbedingungen der jungen Frauen,Männer und Kinder, die in den Subunternehmen undZulieferbetrieben auf der ganzen Welt Schuhe, Trikots,Fußbälle und andere Artikel anfertigen.
Vier Jahre sind seither ins Land gegangen und kurz vor denOlympischen Spielen in Peking wird es Zeit nachzufragen:„Was, wenn überhaupt, hat sich tatsächlich verbessert?“
Was Nachforscher von Play Fair beobachtet haben
Anhand von Interviews mit über 320 Arbeiterinnen undArbeitern in der Sportbekleidungsindustrie in China, Indien,Thailand und Indonesien sowie Unternehmens- und
“Ich bin sehr erschöpft... Keiner von uns hat
Zeit, zur Toilette zu gehen oder etwas Wasser
zu trinken. Wir arbeiten hier ohne Pause und
haben immer Angst, nicht schnell genug zu
sein, dem nächsten Fertigungsband die
Schuhsohlen nicht schnell genug zu liefern.
Die Aufseher setzen uns unter Druck und
nörgeln ständig an uns herum. Wir sind müde
und schmutzig. Wir arbeiten ohne Pause und
bekommen trotzdem noch Vorwürfe von
unseren Aufsehern.”
Eine Arbeiterin, die in Dongguan (China) Schuhe für New Balance herstellt.
Industrieprofilen, veröffentlichten und unveröffentlichtenBerichten, Zeitungsartikel, Internetpräsenzen undWerbeanzeigen der Betriebe haben Nachforscherinnen undNachforscher von Play Fair festgestellt, dass einige Markenzwar Programme zur Beobachtung und Einhaltung vonArbeitnehmerrechten aufgelegt und bei einer Reihe vonFällen und Problemen Maßnahmen zur ergriffen haben.Gravierende Verstöße gegen die Rechte von Arbeiterinnenund Arbeitern in der Sportbekleidungsindustrie sind jedochimmer noch die Norm.
Obwohl es bei den meisten großen Sportbekleidungsmarkenwie Adidas, Nike, New Balance, Puma und Reebok seit über 15Jahren Verhaltenskodizes gibt, stehen die Beschäftigten, dieProdukte für diese Marken herstellen, immer noch unter extre-mem Druck, die Produktionsquoten einzuhalten. Sie müssenextrem viele und nicht schriftlich festgehaltene Überstundenmachen und werden beschimpft. Ihre Gesundheit undSicherheit sind gefährdet wegen der hohen Produktionsquoten,wegen des Umgangs mit giftigen Chemikalien und weil ihnendie eigentlich gesetzlich vorgeschriebenen Kranken- oder ande-re Versicherungen nicht zur Verfügung stehen.
Play-Fair-Nachforscher haben außerdem festgestellt, dass dieLöhne, die Arbeiterinnen und Arbeitern in derSportbekleidungsindustrie zur Verfügung stehen, immer nochdeutlich unter dem Existenzminimum liegen. Auch dort, wodie Regierungen den gesetzlichen Mindestlohn angehobenhaben, oder die Sportbekleidungsmarken versucht haben,Mehrarbeit einzudämmen, haben Play-Fair-NachforscherBelege dafür gefunden, dass Arbeitgeber neue Möglichkeitenfinden, wie sie diese Verpflichtungen umgehen.
Als die chinesische Regierung z. B. den Mindestlohn in derProvinz Dongguan angehoben hat, um die rasant angestie-gene Inflationsrate beim Grundbedarf zu berücksichtigen,ist es Arbeitgeber in vielen von Play Fair untersuchtenSportschuhfabriken gelungen, diese Lohnerhöhung wiederrückgängig zu machen. Einige Arbeitgeber haben dieProduktionsziele erhöht und dadurch dieLeistungsprämien, aus denen ein Großteil der Einkommender Beschäftigten besteht, verringert oder abgeschafft.Andere haben neue Abzüge für Verpflegung, Unterkunftoder andere Dienste eingeführt. Einige der befragtenArbeiterinnen und Arbeiter bekommen jetzt weniger Lohnals vor der Erhöhung des Mindestlohns.
In einigen Fällen haben Play-Fair-Nachforscher festgestellt,dass die Beschäftigten noch nicht einmal den gesetzlichenMindestlohn bekommen, obwohl sie Arbeitstage von 12-13Stunden haben. In einer Reihe von untersuchten Fabrikengab es außerdem Belege, dass ArbeitgeberBetriebsunterlagen gefälscht haben, um zu verschleiern,dass Beschäftigte dazu gezwungen wurden, extrem vieleund gesetzeswidrige Überstunden zu machen und dafürnicht die vorgeschriebene Entlohnung bekamen.
Arbeiter, die in Jalandar (Indien) in Heimarbeit Fußbällenähen, sagten Mitarbeitern von Play Fair, dass dieStückpreise während der letzten fünf Jahre gleich geblie-ben seien, obwohl die örtliche Inflationsrate im letzten Jahrlaut Schätzungen zwischen 6,7% und 10% lag. Je nach Artdes gefertigten Balls verdient ein zu Hause in Handarbeittätiger Ballnäher zwischen USD 0,35 und USD 0,88, wobeier pro Tag zwei bis vier Bälle schafft. Heimarbeiterinnenund Heimarbeiter haben darüber hinaus auch keinerleiEinkommenssicherheit. Auftragsschwache Monate stürzendie Haushalte häufig in die Schuldenfalle, weil sie beiGeldverleihern Geld leihen müssen.
„Wir haben nichts gespart, auf das wir im Notfall zurück-greifen könnten“, erklärte ein 50 Jahre alter Fußballnäher.Für Heimarbeiter gibt es überdies so gut wie keineSicherheitsnetze: Erkrankungen oder Unfälle können sichzu einer Katastrophe entwickeln. „Ich habe das Gold mei-ner Frau einem Geldverleiher als Sicherheit gegeben, konn-te die Schulden aber nicht zurückzahlen und jetzt habe iches verloren“, berichtete er. „Einmal habe ich sogar meinenKochgaszylinder vermietet, um an etwas Geld zu kommen,weil es meiner Frau gesundheitlich sehr schlecht ging. DieSituation ist für alle von uns ähnlich. Einer meiner Freundeverkaufte wegen eines Notfalls sogar sein Blut, um anzusätzliches Geld zu kommen.”
Drei Hürden, die es zu überwinden gilt
In der gesamten weltweiten Sportbekleidungsindustrie ste-hen die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Sportbekleidung, -schuhe und Fußbälle herstellen, vor den gleichenProblemen. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Einbestimmtes Geschäftsmodell, wenig Anreize,Interessenskonflikte, institutionelle Trägheit und andereFaktoren haben selbst die größten Bemühungen um eineLösung der in dieser Industrie grassierenden Problemehäufig zunichte gemacht.
Dieser Bericht möchte die immer wiederkehrendenVerstöße nicht einfach noch einmal präsentieren, sondernernsthaft Lösungen für die Probleme am Arbeitsplatz auf-zeigen. Im Zentrum des Interesses stehen dabei drei zen-trale Probleme, die, wenn sich niemand ihrer annimmt, dieFähigkeit der Branche hemmen werden, in anderen Fragenechte Fortschritte zu erzielen.
Dies sind: • der Mangel an Respekt für die Vereinigungsfreiheit und
das Recht auf Tarifverhandlungen; • die durch Branchenumstrukturierungen verursachte
Unsicherheit von Beschäftigungsverhältnissen; und• der Missbrauch kurzfristiger Arbeitsverträge und anderer
Formen unsicherer Beschäftigungsverhältnisse.
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Wenn es der Sportbekleidungsbranche ernst damit ist, ihrderzeitiges Geschäftsmodell zu ändern, sind umgehendeSchritte zur Lösung dieser drei zentralen Probleme drin-gend erforderlich.
Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen
Der Mangel an Respekt gegenüber dem Recht aufVereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen steht denBemühungen der Arbeitnehmer entgegen, Probleme amArbeitsplatz unmittelbar wenn sie auftreten zu lösen undlangfristige Verbesserungen bei Löhnen undArbeitsbedingungen auszuhandeln.
Die vorherrschende Einstellung und Praxis in dieserBranche sind derart voreingenommen gegenüber derBildung von Gewerkschaften, dass unserer Ansicht nachein stärker vorausschauender Ansatz erforderlich ist, umein positives (statt lediglich neutrales) Klima fürGewerkschaften zu schaffen. Wir sind der Ansicht, dass sichdie Unternehmen eine positive Einstellung gegenüber denAktivitäten der Gewerkschaften und eine offene Haltungbezüglich der Organisierungsaktivitäten der Beschäftigtenzu Eigen machen sollten.
Dieser Bericht dokumentiert die beträchtlichen Hürden, vordenen Beschäftigte stehen, wenn sie versuchen, ihr Rechtauf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen auszu-üben. Diese sind z. B.:• Entlassungen von Gewerkschaftsführern und ihren
Anhängern;• Weigerungen der Betriebsleitung, Gewerkschaften anzu-
erkennen und mit ihnen zu verhandeln;• Schließungen von gewerkschaftlich organisierten Werken
oder Reduzierung von Auftragsvergaben an sie; • Produktionsverlagerungen in Länder mit per gesetzlich
eingeschränkter Vereinigungsfreiheit; und• Die Geschäftsleitung fördert „Arbeiterkomitees”, die die
Beschäftigten nicht vertreten, und wählt deren Mitgliederselbst aus.
Werksschließungen
Die mit den Umstrukturierungen innerhalb der Branchewährend der letzten Jahre einher gegangene Flut vonWerksschließungen trägt bei Arbeitnehmern undLieferanten zu einem Klima der Furcht bei und gibt demMythos Nahrung, dass Bemühungen zur Verbesserung derherrschenden Bedingungen nur zu weiterenArbeitsplatzverlusten führen werden. Arbeitnehmer inunsicheren Beschäftigungsverhältnissen neigen wenigerdazu, Schritte zur Bekämpfung missbräuchlicher Praktikenzu unternehmen.
Während einige wenige markensensibleSportbekleidungsunternehmen bereit sind, Möglichkeiten
zur Verringerung der negativen Auswirkungen vonUmstrukturierungen und Konsolidierungsmaßnahmen zudiskutieren, weigert sich die große Mehrheit, eineVerpflichtung zur Begründung ihrer Maßnahmen gegen-über den betroffenen Arbeitnehmern und Gemeinschaftenauch nur in Betracht zu ziehen.
Schließungen sollten nur dort vorkommen, wo ein Werknicht mehr imstande ist, sich selbst zu tragen, und wo allesonstigen Optionen zur Rettung des Unternehmenserschöpft wurden. Allerdings ist es nicht immer problemlosmöglich, die Verantwortlichkeiten für wirtschaftlicheEntscheidungen, die sich auf die Lebensfähigkeit einesbestimmten Werkes auswirken, zu entwirren.
So können Entscheidungen von Lieferanten und/oderEinkäufern, die mehrere Fabriken in einem oder mehrerenLändern nutzen, darüber, welche Werke welche Aufträgeerhalten, die Lebensfähigkeit des einen oder anderenWerkes beeinflussen. Außerdem versäumen es dieAbnehmer entweder bewusst oder aus Gleichgültigkeit,Werke, in denen die Arbeitsnormen besser eingehaltenwerden – insbesondere solche mit Tarifabschlüssen – zuunterstützen, was zu Schließungen führen kann. Eben weilwir es mit globalen Lieferketten zu tun haben, reicht eineenge Einschätzung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeiteines einzelnen Werkes nicht aus, um eine Schließung zubegründen. Eine echte Bewertung der wirtschaftlichenLebensfähigkeit eines Werkes muss auch die Bestellmusterder Abnehmer, die Frage, ob die gezahlten Preise ausrei-chen, um die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben ineinem Werk zu unterstützen, und die Finanzlage derMuttergesellschaft berücksichtigen.
Die Zunahme von gefährdeten Beschäftigungsverhältnissen
Obwohl branchenweit keine umfassenden globalen Datenzur Verfügung stehen, vermelden Gewerkschaften undArbeitsrechtorganisationen in den letzten Jahren diezunehmende Verwendung aufeinander folgender kurzfristi-ger Arbeitsverträge durch Zulieferfirmen und dieBeschäftigung über unabhängige Vertragsagenturen. PlayFair dokumentiert einige dieser Trends in diesem Bericht.
Durch zunehmende Verwendung von Kurzzeitverträgenund anderen unsicheren Beschäftigungsverhältnissen wer-den Arbeitnehmern Sozialversicherungs- und andere ihnengesetzlich zustehende Leistungen vorenthalten. DieArbeitnehmer werden so davon abgeschreckt, sich zu orga-nisieren, und die Durchsetzung arbeitsrechtlicherBestimmungen wird untergraben, da diese auf Zeitarbeiterhäufig keine Anwendung finden.
Das Problem: Die Sportbekleidungsindustrie ist demFlexibilitätswahn verfallen. Im Rahmen des derzeitigenGeschäftsmodells der Branche streben Einzelhändler,
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Marken und transnationale Lieferanten nicht nur nachmaximaler Fähigkeit zum Wechsel von produziertenStilrichtungen und Produkten, sondern auch vonProduktionswerken bzw. Ländern. Dabei geht es immerdarum, die Produktion möglichst schnell, zuverlässig,hochwertig und natürlich billig zu gestalten.
Dass die Sportartikelfabriken daher ihre Arbeitskräfte mög-lichst flexibel machen wollen, ist daher nicht weiter überra-schend. Solange das globale System derSportbekleidungsfertigung instabil bleibt, wird sich dieTendenz fortsetzen, den Großteil des Risikos imWettbewerb um Kunden und Aufträge nach unten weiterzu-geben. Diejenigen, die keinen mehr haben, an den sie dasRisiko weitergeben können – die Beschäftigten am unterenEnde der Lieferkette –, tragen letztlich die Hauptlast derInstabilität des Systems.
Die vierte Hürde: ein existenzsichernder Lohn
Unsere Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Lohnfür die Beschäftigten trotz des steigenden Arbeitsdrucksund der vielen Überstunden, immer noch deutlich unterdem Existenzminimum liegt. Auch wenn dieBranchenführer in einigen Fällen bereit sind, Maßnahmenzu ergreifen, damit Beschäftigte den gesetzlichenMindestlohn oder branchenüblichen Lohn erhalten, wur-den bisher nur wenig Schritte unternommen, damit diegezahlten Löhne ausreichen, die Grundbedürfnisse derBeschäftigten abzudecken.
So wie die Arbeitnehmer am unteren Ende der Lieferkettegezwungen sind, den Löwenanteil der mit der Forderungder Branche nach Flexibilität verbundenen Risiken zu tra-gen, müssen sie auch die Kosten für die vom Verbrauchergeforderten Niedrigpreise zahlen.
Fußballnäher in Pakistan berichten z. B., dass sie pro her-gestelltem Ball zwischen USD 0,57 und USD 0,65 erhalten– ein Preis, der sich seit sechs Jahren nicht verändert hat,obwohl der Verbraucherpreisindex in diesem Zeitraum um40% gestiegen ist. Die Beschäftigten in derBekleidungsindustrie in Kambodscha verdienen im Monatim Durchschnitt zwischen 70 und 80 US-Dollar, einschließ-lich Überstunden und Bonuszahlungen – nicht genug, umeinem Arbeiter mit Familie einen ordentlichenLebensstandard zu ermöglichen. In Bangladesch, wo mas-sive Proteste von Textilarbeiterinnen und -arbeitern in derBekleidungsindustrie in 2006 zu einer lange überfälligenErhöhung des Mindestlohns auf 1.662,50 BDT (24,30 USD)pro Monat führten, liegt der Realwert (nach Inflation) ihresMonatsgehalts nun sogar noch unter dem Mindestlohnvon 1995. In der Türkei beträgt der übliche Lohn innerhalbder Branche laut Schätzungen die Hälfte desExistenzminimums.
Die Verantwortung für das Erreichen von Lohnerhöhungenin den globalen Lieferketten derSportbekleidungsunternehmen ist weiter verteilt, als diesetwa in einer nationalen, für den Inlandsverbrauch ferti-genden Industrie der Fall sein mag, weil die globaleSportbekleidungsfertigung im Zusammenhang mit folgen-den Faktoren erfolgt: • instabilen Einkaufsbeziehungen; • Schwierigkeiten bei den nationalen Mechanismen zur
Festsetzung der Löhne aufgrund ungebundenerBeschaffung und Investitionen;
• mangelndem Respekt für Vereinigungsfreiheit und dasRecht auf Tarifverhandlungen;
• niedrigen Preiserwartungen der Verbraucher, Marken undEinzelhändler.
Aus diesen Gründen bedarf es einer koordiniertenAnstrengung zur Erhöhung der Löhne in derSportbekleidungsbranche. Derartige Bemühungen solltensich zunächst auf wichtige Zulieferer und relativ stabileFabriken konzentrieren, wo eine kritische Masse vonAbnehmern mit langfristigen Beziehungen zum Lieferantenbereit ist, Schritte zu unternehmen, um dafür zu sorgen,dass die Arbeitnehmer Löhne erhalten, die in die Spanneder für die Region kalkulierten existenzsichernden Löhnefallen.
Konkrete Maßnahmen und messbare Ziele
Play Fair zeigt vier Kernbereiche auf, in denen unsererMeinung nach tatsächliche Veränderungen möglich sind,durch die wiederum nachhaltige Verbesserungen imBereich der Arbeitnehmerrechte in dieser Branche möglichwerden. Wenn die SportbekleidungsunternehmenProbleme wie fehlende Vereinigungs- undKollektivverhandlungsfreiheit, prekäre Arbeitsverhältnisse,die Auswirkungen von Betriebsschließungen und dieErhöhung von Löhnen auf ein Niveau, das es den Arbeiternermöglicht, ihre Grundbedürfnisse zu stillen, tatsächlich inden Griff bekommen wollen, müssen sie eine Reihe konkre-ter und messbarer Maßnahmen in enger Zusammenarbeitmit Multi-Stakeholder-Initiativen, Gewerkschaften, Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) und Regierungen ergrei-fen.
Hier eine kleine Auswahl der in diesem Bericht beschriebe-nen Maßnahmen und Ziele:
Sportbekleidungsmarken sollten ihre Lieferanten auffor-dern, sich eine Politik der Vereinigungsfreiheit zu Eigen zumachen und sollten dies an die Beschäftigten in Form einerschriftlichen „Gewährleistung der Vereinigungsfreiheit“weitergeben. Dies sollte bei mindestens 30% derLieferanten der Marken bis zu den Spielen in Vancouver2010 und zu 100% bis London 2012 geschehen.
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Bis Vancouver 2010 sollten Sportbekleidungsmarken undEinzelhändler Werken, die einen Tarifvertrag mit einerunabhängigen Gewerkschaft geschlossen haben, messba-re Anreize bieten. Dazu könnte Folgendes gehören: die bevorzugte Platzierung von Aufträgen;langfristige, stabile Lieferverträge; undeinen messbaren Tarifvertragsaufschlag bei denStückpreisen.
Lieferanten von Sportbekleidungsmarken müssen dafürSorge tragen, dass bis Vancouver 2010 die im Kerngeschäftdes Unternehmens tätigen Beschäftigten mittels unbefris-teter Verträge beschäftigt werden, und dass: • jede Verwendung befristeter Verträge erfolgt als Reaktion
auf einen klar definierten Plan, der deren Einsatz begrün-det;
• alle Beschäftigten mit befristeten Verträgen erhalten das-selbe Gehalt und dieselben Arbeitgeberleistungen, wiesie Beschäftigten mit unbefristeten Verträgen, die diesel-be Arbeit ausüben, gewährt werden;
• kurzzeitig Beschäftigte, die vom selben Arbeitgeber zwei-mal im Rahmen eines befristeten Vertrages oder für eineDauer von zwei Jahren beschäftigt wurden, erhalten beimnächsten Vertragsschluss automatisch einen unbefriste-ten Vertrag.
Bis Vancouver 2010 sollten Abnehmer die Richtlinien desUnternehmens zur Auswahl, Verwaltung und/oderKündigung von Lieferanten und Anbietern, einschließlichdes Verfahrens zur Abnahme neuer Bezugsquellen, derVerknüpfung der SVU-Leistung mit denEinkaufsentscheidungen und der Strategie zur Steuerungder Auswirkungen auf bestehende Werke, veröffentlichen.Multi-Stakeholder-Initiativen sollten dies von ihrenMitgliedern verlangen.
Die Herausforderung
Vor vier Jahren hat die Play-Fair-Kampagne die Industrieaufgefordert, sich der Herausforderung zu stellen undechte, wesentliche Verbesserungen bei der Einhaltung vonArbeitsnormen bis zu den Olympischen Spielen in Pekingumzusetzen. Bis zu den Spielen in Peking sind es nur nochwenige Monate, und der Fortschritt ist bestenfalls margi-nal. Wenn die Sportbekleidungsindustrie (Einkäufer,Lieferanten und die Multi-Stakeholder-Initiativen, denensie angehören) wirklich ernsthaft die in diesem Berichtumrissenen Probleme angehen will, muss sie sich jetztgewillt zeigen, eine Reihe von Maßnahmen mit messbarenZielen zu ergreifen, damit Arbeiter echte Verbesserungenhinsichtlich ihrer Löhne und ihren Arbeitsbedingungen beiden nächsten Olympischen Spielen in zwei oder vier Jahrenentgegen sehen können, statt noch weitere zwei oder vierJahre über vage Verpflichtungen zu diskutieren.
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Die Olympischen Spiele 2008 in Peking stellen für die mar-kenbewusste Sportbekleidungsindustrie eine wunderbareGelegenheit dar, ihre Produkte mit dem hoch begehrtenSymbol von Olympia in Verbindung zu bringen. Über einenzwar kostspieligen, aber dennoch akzeptablen Sponsoren-oder Lizenzvertrag kann ein Sportbekleidungsherstellerseinen Sportschuhen und seiner Sportbekleidung dieedlen olympischen Ideale von Fairplay, Ausdauer und, wasam wichtigsten ist, Sieg einhauchen.
Von der Verknüpfung ihrer Marken mit den OlympischenSpielen und anderen großen Sportveranstaltungen wiedem UEFA-Cup 2008 des europäischen Fußballverbandeserhoffen sich Sportbekleidungshersteller Platz 1 beiVerkaufszahlen, Marktanteil und Markenwiedererkennung.Und sofern die Vergangenheit als Maßstab angelegt wer-den kann, sollten sich diese hochrangigen
Sportveranstaltungen als äußerst rentabel für einige derHauptakteure in dieser extrem wettbewerbsorientiertenglobalen Industrie erweisen.
Die Olympischen Spiele 2004 in Athen wurden als Grund fürden beachtlichen Anstieg der Aktienkurse von Nike, Adidasund dem taiwanesischen Sportbekleidungslieferanten YueYuen um 14,7 bzw. 11,9 und 8,8 % innerhalb eines Zeitraumsvon drei Monaten vor Beginn der Spiele bis drei Monate nachden Spielen angesehen.1
Die Fußballweltmeisterschaft 2006 verhalf Adidas, demoffiziellen Sponsor der Weltmeisterschaft, zu einem explo-sionsartigen Verkauf von FußbällenI im Umfang von 30 %über Vorjahresniveau. Der Gesamtumsatz desUnternehmens stieg im zweiten Quartal 2006 um 20 % auf2,33 Milliarden USD.2
I. [Übersetzung der Fußnote im Deutschen überflüssig.]
12
Und das überrascht nicht. Die Fußballweltmeisterschaft2006 wurde in ihrem Verlauf von einem Fernsehpublikumvon sage und schreibe 26,29 Milliarden Zuschauern welt-weit verfolgt, davon knapp vier Milliarden allein in China.3
Man rechnet damit, dass sich zu jedem einzelnen Spiel derFußballeuropameisterschaft 2008 weltweit rund 150Millionen Menschen zuschalten und damit die kumulativenZuschauerzahlen der Europameisterschaft 2004 in Höhevon 7,9 Milliarden Zuschauern erreichen und vermutlichsogar übertreffen werden – eine gewaltige Öffentlichkeitfür die Werbung der Sportbekleidungsindustrie.4 Und dasOrganisationskomitee der Olympischen Spiele in Peking(BOCOG) schätzt, dass die Gesamtzahl allerFernsehzuschauer weltweit bei den Olympischen Spielenin Peking die 40-Milliarden-Marke überschreiten wird.5
Das Erreichen unzähliger Fernsehzuschauer auf der ganzenWelt und ein kurzfristiger und sprunghafter Anstieg derVerkaufszahlen sind jedoch nicht die einzigen Gründe, ausdenen Sportbekleidungsunternehmen so erpicht daraufsind, ihre Marken mit den Spielen in Peking in Verbindungzu bringen. Das chinesische Publikum ist von besondershoher strategischer Bedeutung und Hersteller vonMarkensportbekleidung sind bereit, hohe Summen zubezahlen, um dieses Publikum zu erreichen.
Asiens Märkte wachsen
Der Sportartikelmarkt Chinas wird derzeit auf 4,2 bis 5,6Milliarden USD jährlich6 geschätzt und die Analysten prog-nostizieren auch für die kommenden Jahre ein jährlichesWachstum der Ausgaben der Verbraucher fürSportbekleidung im zweistelligen Bereich.7 Im Gegensatzzum Markt für Sportbekleidung in Nordamerika und Europaist das potenzielle Wachstum des chinesischen Marktsnahezu uneingeschränkt.
Die Verkaufszahlen von Nike im Asien-Pazifik-Raum lagen imersten Quartal 2007 beispielsweise 22 % überVorjahresniveau.8 Während die Verkaufszahlen diesesUnternehmens in den Vereinigten Staaten ein Wachstum von2 % pro Jahr verzeichnen, steigt der Umsatz in Europa, Asienund Lateinamerika im zweistelligen Prozentbereich.9
Bis Ende 2006 hatte Nike einen auf 15 % geschätztenMarktanteil des Sportbekleidungsmarkts in Festlandchina,dicht gefolgt von Adidas mit 12 % und dem chinesischenBekleidungsunternehmen Li Ning mit 10 %.10 AsiatischenWettbewerbern wie Mizuno (die geplant hatten, ihrenAbsatz in Festlandchina zwischen 2006 und Ende 2010mehr als zu verdoppeln), China Honxing Sports, AntaSports und China Sports International ist es ebenfallsgelungen, erhebliche Anteile des chinesischenSportbekleidungsmarkts zu erobern.11
Angesichts der Tatsache, dass China inzwischen Nikeszweitgrößten Absatzmarkt mit einem geschätzten Umsatzvon rund 1 Milliarde USD im Jahr 2007 darstellt12, ist Nikebereits mit über 3.000 Einzelhandelsgeschäften im bevöl-kerungsreichsten Land der Welt13 präsent und öffnet lautVerlautbarungen jeden Tag eine neue Filiale in China.14
Adidas verfügt derzeit über 2.500 Einzelhandelsgeschäfte in300 Städten Chinas und hofft, diese Zahl bis 2010 auf über5.000 zu erhöhen.15 Adidas-Chef Herbert Hainer hat vor kur-zem seinen Investoren erklärt, dass er bis dahin mit einemJahresumsatz von 1,56 Milliarden USD in China rechnet.16
Li Ning besitzt 4.300 Einzelhandelsgeschäfte in China, vieledavon in kleineren Städten, in denen westliche Markenweniger präsent sind.17 Die Produkte von Li Ning liegenpreislich zwischen 30 und 40 % unter den Artikeln derMarkenhersteller wie Nike und Adidas.18 Anta SportsProducts Ltd. verfügt über 4.000 Einzelhandelsgeschäfte inChina.19 Und Yue Yuen, der weltgrößte Sportschuhfabrikant,konnte seinen Umsatz in China in den Jahren 2005 bis 2007um das Siebenfache steigern und die Zahl der unterneh-menseigenen Einzelhandelsgeschäfte in China von 520 auf3.000 erhöhen.20
Dem wachsenden Interesse an Asien als Absatzmarkt lie-gen demografische Daten zugrunde. Mit einer Bevölkerungvon 1,3 Milliarden Menschen, von denen mehr als dieHälfte unter 30 sind (und damit die ideale Zielgruppe fürSportbekleidung darstellen),21 besitzt China ein enormesPotenzial für einen florierenden Verkauf vonSportbekleidung.
Es wundert daher niemanden, dass Sportbekleidungsun-ternehmen keine Kosten scheuen, um sich einenSponsorenvertrag für die Olympischen Spiele zu sichern.
Sponsorenverträge bedeuten viel Geld
Man schätzt, dass es Adidas zwischen 80 und 100Millionen USD in Form von Geld, Dienstleistungen,Produkten und Uniformen gekostet hat, um offiziellerSponsor der Olympischen Spiele in Peking zu werden –abgesehen von den Sponsorenverträgen desUnternehmens mit einzelnen Teams und Sportlern.22 Adidashat sich außerdem vertraglich zur Zahlung von 201Millionen USD als offizieller Sportbekleidungspartner derOlympischen Spiele 2012 in London verpflichtet und erhältim Gegenzug das Recht, das britische Olympia-Team für dieSpiele in Peking, Vancouver (2010) und London (2012)auszustatten).23
13
Ein/e Beschäftigte/r einer Adidas-Schuhfabrik
in China müsste über vier Monate arbeiten, um
eine Eintrittskarte für die Eröffnungsfeiern der
Olympischen Spiele in Peking zu kaufen.
Adidas hat 200 Millionen USD für das Sponsoring derFußballweltmeisterschaft 2006 ausgegeben.24 Außerdemist das Unternehmen inzwischen offizieller Sponsor desUEFA-Cups 2008 des europäischen Fußballverbands[Union of European Football Associations], der nordameri-kanischen Fußball-Profiliga „Major League Soccer” (miteinem 10-Jahres-Vertrag im Wert von 150 Millionen USD)25
und der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika.26
Um mit seinem Hauptwettbewerber mithalten zu können,hat Nike angeblich mehr als 80 % aller Lieferverträge fürSportschuhe und -bekleidung der chinesischen Profi-Basketballteams in der Tasche.27 Das Jahresbudget vonNike für Werbung und Sponsoring belief sich 2007 auf 1,9 Milliarden USD.28
Das ist immens viel Geld für Imagepflege.
Eine Auswahl der Sponsorenverträge mit Olympia-
Teams
Adidas AustralienBelgienChina (Olympische Spiele2008 in Peking)FrankreichDeutschlandVereinigtes Königreich(2008, 2010, 2012)
.........................................................................................................
ASICS Niederlande.........................................................................................................
Bosco Sport Russland.........................................................................................................
China Hongxing Sports Ltd. Nordkorea.........................................................................................................
Freddy Italien.........................................................................................................
Hudson’s Bay Company (HBC) Kanada.........................................................................................................
Intersport Österreich.........................................................................................................
Li Ning Argentinisches Herren-BasketballteamChina (Mannschaften in den Sportarten Schießen,Gymnastik, Tauchen undTischtennis)SpanienSchwedenSudanLeichtathletik-Team von Tansania
.........................................................................................................
Nike USA.........................................................................................................
Peak Iraq.........................................................................................................
Polo Ralph Lauren USA.........................................................................................................
Speedo Australien.........................................................................................................
Switcher Schweiz .........................................................................................................
Wer hat nichts davon?
Vor den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen lenk-te der Play-Fair-Zusammenschluss die Aufmerksamkeit derWelt auf die Schattenseiten der Sportbekleidungsindustrie:die miserablen Arbeitsbedingungen der jungen Frauen,Männer und Kinder, die in den Subunternehmen undZulieferbetrieben auf der ganzen Welt Schuhe, Trikots undandere Artikel anfertigen.
Werk von Joyful Long Sports (Dongguan) in China:Haupteingang und Banner mit Stellenangebot. (März 2008)
14
WER GEHÖRTE ZUM PLAY-FAIR-ZUSAMMENSCHLUSS? Zum Play-Fair-Zusammenschluss gehörten
Oxfam, die Kampagne für „Saubere“ Kleidung
und Global Unions. Er organisierte die
Kampagne „Play Fair bei Olympia“ 2004.
Weitere Informationen siehe unter
www.fairolympics.org. 2007 starteten einige
Mitglieder des Play-Fair-Zusammenschlusses
die Play-Fair-Kampagne 2008 (siehe
www.playfair2008.org).
Die Play-Fair-Kampagne berichtete von entsetzlichenArbeitsbedingungen in der Sportbekleidungsindustrie,darunter Hungerlöhne, übermäßig lange und unterbezahl-te Zwangsüberstunden, ausbeuterischeBeschäftigungsbedingungen, Mobbing, sexuelleBelästigung und verbale und körperliche Angriffe. DurchInterviews mit Beschäftigten in Bulgarien, Kambodscha,China, Indonesien und der Türkei gelang es demZusammenschluss aufzuzeigen, dass derartigeArbeitsbedingungen nicht nur auf einige wenige schwarzeSchafe unter den Firmen oder einzelne Länder beschränktwaren, sondern dass es sich hierbei um „normale“Arbeitsbedingungen handelt, denen die Mitarbeiter in derSportbekleidungsindustrie auf der ganzen Welt in unter-schiedlichem Maße ausgesetzt sind.II
Berichte über den Missbrauch in Ausbeuterbetrieben in derSportbekleidungsindustrie waren damals nicht neu undeinige Sportbekleidungsunternehmen hatten zugegebe-nermaßen erste Maßnahmen ergriffen, um noch vor den
Olympischen Spielen in Athen etwas gegen einige diesermissbräuchlichen Praktiken zu unternehmen. Aber wieschon der Play-Fair-Zusammenschluss gezeigt hat, hieltensich diese Bemühungen sehr stark in Grenzen, weil sich dietatsächlichen Geschäftspraktiken einerseits nicht mit denhochtrabenden Äußerungen über Unternehmenswertedeckten, andererseits die Zusagen zur Einhaltung derArbeitsnormen nicht effektiv in die Tat umgesetzt wurdenoder weil die größten Bemühungen einiger Markenfirmendurch armselige Geschäftspraktiken von Wettbewerbernunterminiert wurden, die in den gleichen Betrieben fertigenließen.
Play Fair stürmt das Feld
Als Reaktion auf den allgemein ausbleibenden Fortschrittbei der Unterbindung des Missbrauchs vonArbeitnehmerrechten in der Industrie hat der Play-Fair-Zusammenschluss 2004 Sportbekleidungsunternehmendieser Branche aufgefordert, ein Arbeitsprogramm einzu-führen, das konkrete Schritte umfasst, mit denen dieIndustrie die Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter verbes-sern könnte, die ihre Produkte fertigen. DerZusammenschluss forderte die Unternehmen auf, sich anbranchenweiten Bemühungen zur Verbesserung derArbeitsbedingungen zu beteiligen, anstatt weiterhin imAlleingang zu handeln.
Vier Jahre sind seither ins Land gegangen und es wird Zeitnachzufragen: „Was, wenn überhaupt, hat sich tatsächlichverbessert?“
Im vorliegenden Bericht versucht die Play-Fair-Kampagne2008, diese Frage zu beantworten, und legt eine Reihe vonForderungen sowie einen Zeitplan vor, um reale und kon-krete Verbesserungen zu erreichen. Play-Fair-Nachforscherhaben mehr als 320 Arbeiterinnen und Arbeiter inBetrieben in China, Indien, Indonesien und Thailand zuihren Löhnen, Erfahrungen und Arbeitsbedingungenbefragt. Außerdem nutzten wir Sekundärmaterial wie
Werk von Joyful Long Sports (Dongguan) in China:Beschäftigte während ihrer Mittagspause, beim Billard Spielen(außerhalb der Fabrik). (März 2008)
Werk von Joyful Long Sports(Dongguan) in China:Stellenangebot mit Kurzbeschreibungdes Betriebes vor dem Werk. Rechtsoben werden die Löhne mit 850 - 1.800Yuan angegeben. (März 2008)
II. Für den vollständigen Bericht siehe „Play Fair at the Olympics”, verfügbar unter: www.fairolympics.org/background/olympicreporteng.pdf
15
Unternehmens- und Industrieprofile, veröffentlichte undunveröffentlichte Berichte, Zeitungsartikel,Internetpräsenzen und Werbeanzeigen der Betriebe.Schließlich führten wir in Bangkok (Thailand) im November2007 einen Workshop mit Arbeitsrechtsaktivisten aus derganzen Welt durch, um von ihnen Informationen zu erhal-ten. Mit dieser Nachforschungsarbeit hoffen wir in der Lagezu sein, einen groben Überblick über einige der entschei-denden Probleme zu geben, unter denen die Arbeiterinnenund Arbeiter in der Sportbekleidungsindustrie weltweit zuleiden haben.
In Kapitel I bieten wir einen Überblick über dieSportbekleidungsindustrie, ermitteln die Schlüsselfiguren,beschreiben ihre Interaktion und untersuchen, inwieweitderartige strukturelle Beziehungen die Bemühungen zurVerbesserung der Arbeitsbedingungen in der Industrieunterstützen oder behindern.
In Kapitel II schauen wir uns das Arbeitsprogramm desPlay-Fair-Zusammenschlusses von 2004 genauer an undbeurteilen, wie führende Sportbekleidungsunternehmendarauf bis heute reagiert haben.
In Kapitel III konzentrieren wir uns auf vier entscheidendeBereiche, in denen bis jetzt nur wenig erreicht wurde und indenen noch viel mehr getan werden muss: das Recht derArbeiter auf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen,die Notwendigkeit von Löhnen, mit denen dieGrundbedürfnisse gedeckt werden können, zunehmendbedenkliche Arbeitsbeziehungen, die die Rechte derArbeiter unterminieren, und die Folgen der Welle vonBetriebsstilllegungen für Arbeiter und Gemeinden. Wirerklären, warum Fortschritte in diesen vier Bereichen fürdie Verbesserung der Arbeitsbedingungen an sich ent-scheidend sind, und stellen Einzelfälle vor, die darlegen,wie viel noch getan werden muss.
In Kapitel IV schauen wir uns die Rolle des weltgrößtenSportschuhherstellers Yue Yuen, der 17 Prozent allerSchuhe weltweit produziert, einmal näher an.
In Kapitel V dreht sich alles um die Fertigung vonFußbällen, wobei die wohlbekannten Bemühungen imKampf gegen Kinderarbeit in Pakistan ausgeklammert wer-den. Stattdessen nehmen wir weniger bekannteProduktionszentren in Indien, China und Thailand genauerunter die Lupe, in denen die Arbeitsbedingungen undLöhne für erwachsene Arbeitnehmer nicht dem Standardentsprechen.
Das Motto von Kapitel VI stammt direkt von einer der welt-weit bekanntesten Sportbekleidungsmarken, nämlich„Adidas“: „Impossible is Nothing!“ Auch wenn dasUnternehmen sich darüber beklagt, dass eineVerbesserung der Arbeitsbedingungen und der
Lohnsituation sehr komplex ist und daher viele einzelneund langwierige Schritte erfordert, beweisen wir, dassechte Verbesserungen möglich sind, sofern dieUnternehmen den politischen Willen besitzen, diese umzu-setzen.
Zu guter Letzt wird in Kapitel VII eine Reihe von konkretenMaßnahmen mit messbaren Ergebnissen vorgestellt, die,wenn man sie umsetzen würde, die Messlatte fürArbeitnehmerrechte in der Industrie auf der ganzen Weltbis zu den nächsten Olympischen Spielen in Vancouver2010 und in London 2012 höher legen würde.
16
Die weltweite Sportbekleidungsindustrie produziert nichtnur Sportartikel, Schuhe und Bekleidung. Sie verdient auchGeld, und zwar viel Geld.
Der Wert des weltweiten Sportschuh- undSportbekleidungsmarkts lag Ende 2005 bei 74 MilliardenUSD. Der Sportschuhmarkt ist zwar kleiner als derSportbekleidungsmarkt, wächst aber mehr als doppelt soschnell wie Letzterer.29 Zwei Unternehmen dominieren
Sportartikel herstellen, in vielen Fällen heute niedriger alsvor zehn Jahren. In Bangladesch beispielsweise, wo massi-ve Proteste der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrieim Jahr 2006 zu einer lange überfälligen Erhöhung desMindestlohns auf 1.662,50 BDT (24,30 USD) pro Monatführten, liegt der Realwert (inflationsbereinigt) ihresMonatsgehalts nun sogar noch unter dem Mindestlohnvon 1995.III
In vielen Ländern haben die Arbeiterinnen und Arbeiter
Tabelle 1: Gewinne der Sportbekleidungsindustrie vor Steuern in US-Dollar31 Anstieg in %
Unternehmen 2004 2005 2006 2007 2004-07
Nike $1,450,000,000 $1,859,800,000 $2,141,600,000 $2,199,900,000 51.72%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Adidas $646,770,453 $849,299,213 $877,573,672 $1,088,393,584 68.28%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Puma $448,435,711 $523,972,232 $453,959,272 $510,944,031 13.94%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Yue Yuen $300,005,000 $307,616,000 $375,604,000 $386,647,000 28.88%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
ASICS $64,755,447 $100,270,835 $147,816,138 $203,735,461 214.62%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Under Armour $16,300,000 $19,700,000 $39,000,000 $52,600,000 222.7%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Li Ning $14,739,267 $22,593,546 $36,803,693 $57,407,416 289.49%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
BasicNet/Kappa $4,815,120 $5,111,355 $4,561,441 $11,220,470 133.03%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
knapp 60 % des Sportschuhmarkts: Nike und Adidas.Diese beiden Unternehmen beherrschen außerdem rund18 % des Sportbekleidungsmarkts. Puma kontrolliert rund7 % des Sportschuhmarkts.30
Die Marken, die die weltweite Sportbekleidungsindustriedominieren, machen ansehnliche Gewinne. Seit denOlympischen Spielen 2004 in Athen haben Nike, Puma,Adidas, Kappa, ASICS, Yue Yuen, Under Armour und Li Ningihre Gewinne um beachtliche Prozentsätze steigern kön-nen – einige sogar um mehr als 200 % (siehe Tabelle 1).
Im Gegensatz dazu sind die Reallöhne der Arbeiter, dieSportschuhe, Sportbekleidung, Fußbälle und andere
noch nie eine Erhöhung des Mindestlohns miterlebt, undeinige kämpfen darum, wenigstens das gesetzlicheMinimum an Lohn, Überstundenbezahlung und anderegesetzlich verankerte Sozialleistungen zu erhalten.
Wer hat das Sagen?
Wie ist es möglich, dass sich in einer Branche, die steigen-de Gewinne verzeichnet, die Löhne und Sozialleistungender Menschen am Ende der Lieferkette nur so geringfügigverbessert haben?
Die Antwort liegt teilweise in der Struktur dieser Industrie
III. Der Mindestlohn von 1995 in Höhe von BDT 930, bereinigt um die Erhöhung des Verbraucherpreisindexes zwischen 1995 und September2007um 90,7%.
Eine Gewinn bringendeIndustrie
Kapi
tel 1
17
begründet, die die geschäftlichen Risiken und Kostenimmer weiter nach unten und damit letztendlich auf dieje-nigen überträgt, die in der globalen Lieferkette über dengeringsten Einfluss verfügen: in erster Linie auf jungeArbeitnehmerinnen, die für die Herstellung vonSportbekleidung für den Verbrauchermarkt 10 -14 Stundenam Tag arbeiten müssen.
Der Weg der globalen Lieferketten von den Arbeitern, diedie Sportbekleidungsartikel fertigen, bis hin zu denMarkenfirmen und den Einzelhändlern, die diese Artikelvermarkten und verkaufen, ist vielschichtig und komplex.Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass dieVerhandlungsposition eines Unternehmens umso stärkerist und seine Gewinne umso größer sind, je weiter obensein Platz in der Lieferkette ist.
Markenfirmen und Einzelhändler befinden sich im oberenDrittel der Sportbekleidungslieferkette und verfügen überdie direkteste Verbindung zum Verbraucher. BekannteMarkenfirmen können ihre Waren überEinzelhandelsketten wie Footlocker, Wal-Mart, Intersportoder Carrefour oder aber über eigeneEinzelhandelsgeschäfte oder Flagship-Stores(Vorzeigeläden) verkaufen. Die ganz großen Markenfirmenund Einzelhandelsketten verfügen über sehr viel Macht inder Lieferkette, denn sie legen die Lieferfristen und diePreise für die Zulieferer weiter unten in der Kette fest.
Markenfirmen konzentrieren sich im Allgemeinen aufEntwurf, Promotion und Marketing von Sportbekleidungund vergeben die tatsächliche Fertigung der Waren anAndere. Entweder wird die Untervergabe vonEinkaufsmakler koordiniert (einem Unternehmen, das dieHerstellung von Waren einer Marke durch eine Reihe vonUnterauftragnehmern organisiert, selbst jedoch keineWaren fertigt), oder aber die Aufträge werden direkt anZulieferer vergeben.
Bei einigen der Lieferanten handelt es sich möglicherweiseum große transnationale Konzerne mit Betriebsstätten aufder ganzen Welt, die auch über eine gewisse Macht verfü-gen, um mit den Einkäufern über Arbeitszeiten und Preisezu verhandeln. Bei anderen handelt es sich womöglich umkleine Unternehmen mit ein oder zwei Fertigungsstätten,wenig Verhandlungsmacht und engen Gewinnspannen.
Manche Lieferanten vergeben Teile der Fertigung sogarnoch weiter nach unten in der Lieferkette an kleineNähereien oder Heimarbeiter. Die Unterauftragnehmer undHeimarbeiter am Ende der Lieferkette haben geringenEinfluss auf den Preis, der ihnen gezahlt wird, oder dieBedingungen, unter denen sie arbeiten.
Arbeiterinnen und Arbeiter in der Bekleidungsbrancheerhalten eine geringe Vergütung für den Wohlstand, den
sie erschaffen, verfügen über kaum Verhandlungsmachtund müssen, wie wir in Kapitel III sehen werden, enormenHindernissen entgegentreten, wenn sie versuchen, sichgewerkschaftlich zu organisieren, um eine Verbesserungihrer Löhne und Arbeitsbedingungen zu erreichen – unddies alles unabhängig davon, ob sie in Zulieferbetrieben,Fabriken von Subunternehmern oder zu Hause arbeiten.
WO WERDEN SPORTARTIKEL HERGE-STELLT?Sportschuhe werden hauptsächlich in vier
Ländern gefertigt: China, Vietnam, Indonesien
und Thailand. Nike lässt in diesen Ländern 35
%, 31 %, 21 % bzw. 12 % seiner kompletten
Schuhproduktion fertigen.32 Neunzig Prozent
aller Sportschuhe werden in diesen vier
Ländern hergestellt. Chinas Anteil an der welt-
weiten Sportschuhfertigung liegt bei 58 %,
sein engster Wettbewerber ist Indonesien mit
12 %.33
Fußbälle werden ebenfalls größtenteils in
einem eingeschränkten Gebiet produziert,
nämlich zu 80 % in Sialkot, Pakistan;34 die
restlichen 20 % werden hauptsächlich in
Indien, China und Thailand hergestellt.
Die Fertigungsstätten von Sportbekleidung
sind geografisch viel weiter verstreut. Nike
lässt seine Kleidungsstücke beispielsweise in
36 Ländern anfertigen, obgleich der Großteil
der Kleidungsstücke in Asien hergestellt
wird.35 Adidas erklärt zwar, dass seine Waren
in 65 Ländern produziert werden, die
Fertigungsstätten konzentrieren sich jedoch
auf China, Indien, Indonesien, Thailand, die
18
Türkei und Vietnam.36 ASICS vergibt die
Fabrikation an Betriebe in 31 Ländern, wobei
sich die Hälfte der Betriebe in China befindet.37
Puma meldet Betriebe in 47 Ländern, die
Vielzahl liegt jedoch in China, Vietnam, Indien,
Südkorea, Thailand und Malaysia.38
In den 80er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts hat die Sportschuhindustrie eine
dramatische Neugliederung und
Konsolidierung durch die Abschaffung der
Mengenbeschränkung auf Sportschuhe erlebt.
Seit Beendigung des Quotensystems für
Textilimporte im Rahmen des
Multifaserabkommens Ende 2004 erfährt auch
die Bekleidungsindustrie einen massiven
Strukturwandel. Die Umstrukturierung ist
jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen,
was zum Teil auf die Schutzmaßnahmen der EU
und der USA in Form von
Einfuhrbeschränkungen gegen chinesische
Textilprodukte zurückzuführen ist. Diese
Schutzmaßnahmen laufen Ende 2008 aus. Die
Beendigung des Quotensystems wird u. a.
voraussichtlich zu einer Zusammenlegung der
Produktionsstätten zu einigen wenigen gro-
ßen Lieferanten für Großaufträge führen –
allerdings vielleicht nicht in dem gleichen
Maße wie in der Schuhbranche.
Transnationale Hersteller
Bei einigen Sportbekleidungslieferanten handelt es sich umtransnationale Unternehmen mit Sitz in Asien, die sich aufdie Organisation von vorwiegend exportorientierter, arbeits-
intensiver Massenfertigung durch Hilfsarbeiter mit niedrigs-ten Löhnen in verschiedenen Industriesektoren spezialisierthaben. Diese Unternehmen, die Tausende von Menschenbeschäftigen, haben direkte Lieferbeziehungen zu großenwestlichen oder japanischen Markenherstellern oderEinzelhändlern. Von ihnen erfahren Verbraucher imGegensatz zu den Markengesellschaften, die auf allenHauptstraßen der Welt, in der Massenmedienwerbung undbei Sportveranstaltungen wie den Olympischen Spielenmehr als präsent sind, eher selten. Sie spielen jedoch eineimmer wichtigere Rolle, wenn es darum geht zu entscheiden,wo und unter welchen Bedingungen Kleidung undSchuhwerk hergestellt werden sollen.
Diese transnationalen Unternehmen mit Sitz in Asien habensich von Lieferanten am unteren Ende der Lieferkette zuEntscheidungsträgern entwickelt, die eigene globaleLieferketten kontrollieren. Viele von ihnen habenProduktionsstätten in Festlandchina und in anderen TeilenAsiens, Lateinamerikas und Afrikas errichtet. Einige bietenihren Kunden integrierte Zusatzleistungen in Form von u. a.Design und Entwicklung, Entwicklung von Mustern undModellen usw. und sind somit in der Lieferkette aufgestiegen.
Dieses konsolidierte Fertigungsmodell ist imSportschuhsektor bereits allgemein verbreitet und imBekleidungssektor gibt es auch schon einige herausragendeBeispiele. Angesichts des Strukturwandels in derBekleidungsindustrie können wir davon ausgehen, dasstransnationale Produzenten beachtliche Teile derSportbekleidungsfertigung kontrollieren werden.
Konsolidierung in der Sportbekleidungsindustrie
Sportschuhe: Sportschuhmarken beschaffen sich ihreSchuhe bei einer Handvoll Kernlieferanten, um vonKostenersparnissen durch Massenproduktion und inte-grierte Leistungen zu profitieren. Nike beispielsweise ver-teilt den Großteil seiner Schuhproduktion auf fünfHauptlieferanten,IV von denen jeder einzelne für 15 % derGesamtproduktion verantwortlich ist. AndereMarkenunternehmen haben ähnliche Einkaufsstrategien.
Der weltweit größte Markensportschuhhersteller Yue Yuen mitSitz in Hongkong produzierte 2006 rund 17 % allerSportschuhe weltweit. Sie haben vielleicht noch nie von YueYuen gehört, aber wenn Sie Sportschuhe von Adidas, ASICS,New Balance oder Puma tragen, um nur einige zu nennen,dann wurden diese sehr wahrscheinlich von Yue Yuen herge-stellt. Mehr über Yue Yuen erfahren Sie in Kapitel IV.
Sportbekleidung: Der Sportbekleidungssektor ist nicht sostark konsolidiert. Aber auch hier lässt sich die Präsenzgroßer transnationaler Lieferanten nicht verleugnen. Der
19
größte und der zweitgrößte Mützenhersteller der Welt sindbeispielsweise die transnationalen Unternehmen DadaCorporations und Yupoong Inc. mit Sitz in Korea.
Dada Corporations fertigt jede vierte (Sport-)Mütze auf derWelt in Betrieben in Bangladesch, China, Vietnam undIndonesien. Das Unternehmen exportiert hauptsächlich indie USA, wo seine Mützen unter unterschiedlichenMarkennamen verkauft werden.39
Der zweitgrößte Mützenhersteller Yupoong Inc. ist eintransnationales Unternehmen mit Sitz in Korea, das überBüros und Fertigungsstätten in Korea, Vietnam,Bangladesch, den USA, dem Vereinten Königreich und seitKurzem auch in der Dominikanischen Republik verfügt.40
Sie haben vielleicht noch nie von diesen beiden Firmengehört, aber wenn Sie eine Mütze von Nike, Adidas,Timberland oder ReebokV tragen, wurde diese sehr wahr-scheinlich von einem dieser beiden Unternehmen gefertigt.
Sourcing-Agenturen
Die Bekleidungsfertigung wird zunehmend von so genann-ten Sourcing- oder Beschaffungsagenturen beherrscht, diekeine eigenen Produktionsstätten besitzen und stattdes-sen die Fertigung für Markenfirmen und Einzelhändlerdurch ein umfangreiches Netzwerk von Lieferanten undUnterauftragnehmern überall auf der Welt logistisch pla-nen und organisieren. Sie fungieren als zentraleBezugsquelle (bzw. als Lieferketten-Manager oder Logistik-Anbieter) für das Markenunternehmen oder dieEinzelhandelskette. Dieses Geschäftsmodell bietet derBeschaffungsagentur – und damit auch ihren Kunden –größte Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit im Fallevon Marktveränderungen. Es basiert aber auch auf derExistenz flexibler und frei verfügbarer Arbeitskräfte ineinem Klima prekärer Arbeitsbedingungen.
Li & Fung ist das weltgrößte Lieferketten-Managementunternehmen, das 2005 Waren im Wert von7,1 Milliarden USD eingekauft hat.41 Li & Fung hat seinenHauptsitz in Hongkong und koordiniert die Warenfertigungin nahezu 40 Ländern durch ein Netzwerk von Büros. Diemeisten Waren werden in Asien hergestellt, aber in denletzten Jahren hat Li & Fung auch Betriebe in denMittelmeerländern, Osteuropa und Mittelamerika eröffnetund ist somit näher an den Kunden in Europa und den USA.
Sie haben vielleicht noch nie von Li & Fung gehört, aberwenn Sie Sportbekleidung der Marken Fila oder Kappa tra-gen, dann wurde ihre Anfertigung sehr wahrscheinlich vomUnternehmen Li & Fung organisiert.
Was bedeutet dies für die Arbeitnehmerrechte?
Traditionsgemäß lag die Verantwortung für die Einhaltungder Arbeitnehmerrechte voll und ganz beimHauptarbeitgeber, der mit den Arbeitnehmern, denGewerkschaften und den Regierungen vor Ort im Hinblickauf die Pflichten des Unternehmens im Rahmen der örtli-chen Arbeitsgesetzgebung und der Tarifabkommen ver-handeln musste.
Aber gerade bei den globalisierten Lieferketten, die beson-ders für die Sportbekleidungsindustrie typisch sind, endetdie Verantwortung für die Einhaltung derArbeitnehmerrechte nicht an den Fabriktoren.
Die Verantwortung der Einkäufer
Nachdem Markenfirmen und Einzelhändler, die ihreMarkenartikel nicht selbst fertigen ließen, in den 90erJahren des vergangenen Jahrhunderts vonseiten derVerbraucher und der Verfechter von Arbeitnehmerrechtenunter Beschuss gerieten, haben die meisten von ihnen ein-gesehen, dass auch sie mitverantwortlich dafür sind, dassdie Bedingungen, unter denen ihre Produkte hergestelltwerden, den anerkannten internationalen Arbeitsnormenund der lokalen Gesetzgebung entsprechen.
Diese Verantwortung resultiert zum Teil aus dem Einfluss,den Markenfirmen und Einzelhändler auf die Bedingungenausüben, unter denen ihre Waren produziert werden. DieEinkäufer haben beispielsweise wesentlichen Einfluss auffolgende Aspekte ausgeübt:• Design und Materialien,• Umfang, Zeiteinteilung und Häufigkeit der Bestellungen,• Fertigungs- und Lieferfristen,• stabile Auftragslage und• die Preise, die den Lieferanten gezahlt werden,• und Qualität.
Diese Faktoren beeinflussen alle die Arbeitsbedingungenin den Betrieben. Ist das Bestellvolumen zu umfangreichund die Fristen zu kurz, versuchen die Betriebe oftmals,den Druck zu kompensieren, indem noch mehr Überstun-den angeordnet werden, unzumutbare Produktionsziele fürdie Arbeiter gesetzt werden und/oder Arbeit an andereBetriebe untervergeben wird. Ist die Auftragslage unstabil,tendieren die Betriebe dazu, die Arbeiter nur überZeitverträge zu beschäftigen, die gegebenenfalls verlän-gert werden. Sind die Preise zu niedrig, sind keinerleiLohnerhöhungen für die Arbeiter möglich.
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IV. Hauptlieferanten von Nike sind neben Yue Yuen noch Tae Kwang, Chang Shin, Pan-Asia Group, und Feng Tay.V. Adidas hat Reebok aufgekauft, fertigt und vertreibt aber weiterhin Produkte unter der Marke Reebok.
Wenn wir die Risiken und Kosten derSportbekleidungsfertigung neu und angemessen aufteilenwollen, dann müssen die Markenfirmen und dieEinzelhändler am oberen Ende der Lieferkette einen erheb-lichen Anteil an Verantwortung für die Bedingungen über-nehmen, unter denen ihre Waren hergestellt werden.
„Einbeziehung der Lieferanten“
Aber deshalb sind die Lieferanten nicht aus demSchneider. Kleinere Lieferanten verfügen gegenüber denMarkenunternehmen, an die sie verkaufen, nur über wenigVerhandlungsmacht. Sie konkurrieren eher über den Preis,sind äußerst selten in der Lage, die Kosten für dieEinhaltung der Arbeitsrechte an ihre Kunden weiterzuge-ben und werden somit in ihrer Fähigkeit beschnitten,Löhne zu erhöhen oder andere Geldleistungen zu zahlen.
Dabei handelt es sich bei vielen Zulieferern – besonders inder Sportschuhbranche – um selbstständige multinationa-le Körperschaften. Sie müssen mehr Verantwortung imBereich der Programme zur Einhaltung der Arbeitsnormenübernehmen und sich sehr anstrengen, um das Niveau derLöhne und Zusatzleistungen zu verbessern.
Es tauchen immer mehr große, konsolidierte, transnationa-le Lieferanten in Erscheinung und dies bedeutet gleichzei-tig, dass einige Sportbekleidungshersteller möglicherweiseihre Verhandlungsmacht gegenüber den Einkäuferngestärkt haben und dadurch auch Verantwortung für dieSicherstellung der Einhaltung von Arbeitnehmerrechten inihren Betrieben tragen.
Im Rahmen der Konsolidierung der Branche gelingt es dentransnationalen Lieferanten möglicherweise, über die ver-stärkte Bildung von Konzernen stabilere und langfristigereBeziehungen zu den wichtigsten Markenfirmen aufzubau-en. Im weiteren Verlauf werden sie möglicherweise einenTeil ihrer höheren Kosten an die Käufer weitergeben undvernünftigere Fertigungsfristen verlangen können. Sogehen beispielsweise einige Analysten davon aus, dass derSchuhgigant Yue Yuen aufgrund seiner Größe und seinerPosition in der Lieferkette in der Lage war, einen Teil seinererhöhten Materialkosten auf die Käufer umzulegen.42
Positiv ist, dass die Konzernbildung es einem transnationalenLieferanten (und insbesondere einem Schuhhersteller)ermöglichen könnte, die Löhne und Arbeitsbedingungen zuverbessern, selbst wenn dies finanzielle Auswirkungen hätte. Die Einkäufer der Markenfirmen behaupten, dass sie, wennsie langfristige Beziehungen mit einigen wenigenGroßlieferanten aufbauen, viel eher in der Lage sind, dieEinhaltung internationaler Arbeitsnormen und lokalerGesetze zu gewährleisten.
Es gibt allerdings keine Garantie dafür, dass es zu einergrößeren Stabilität in den eigenen Betrieben oder denender Unterauftragnehmer bzw. zu besseren Bedingungenfür die Arbeiter kommt, wenn die Markenfirmen undEinzelhändler die Produktion auf ein paar wenige transna-tionale Lieferanten konzentrieren. Sofern und solangeEinkäufer, Sourcing-Agenturen und Lieferanten nicht wil-lens sind, die Bedingungen, unter denen sie Geschäftemachen, gemeinsam zu ändern, kann auf Ebene derBetriebe weiterhin nur in eingeschränktem Maße etwaserreicht werden.
Auch nach der Zusammenlegung der Produktion werdendie Löhne und die Arbeitsbedingungen von der Fähigkeitund der Bereitschaft der Lieferanten und derBetriebsleitung abhängen, annehmbare Löhne undArbeitsbedingungen auszuhandeln, und von dem Geschickder Arbeitnehmer bei Tarifverhandlungen sowie von derFähigkeit und der Bereitschaft der örtlichen Regierungenabhängen, Arbeitsrechte und -vorschriften zu verbessernund durchzusetzen – was bisher durch das aktuelleGeschäftsmodell verhindert wird.
Bedauerlicherweise hat die Play-Fair-Studie vereinzelteFälle entdeckt, in denen die transnationalen Lieferantenund die Sourcing-Agenturen Entscheidungen gefällt haben,die sich anschließend negativ auf die Arbeitnehmerrechteauswirkten – und zwar unabhängig von derVorgehensweise der Markenfirmeneinkäufer. Infolge derBeendigung des Importquotensystems im Rahmen desMFA haben transnationale Lieferanten Betriebe inbestimmten Ländern trotz der offensichtlichenBereitwilligkeit der Markenfirmeneinkäufer, ihre Waren vondort zu beziehen, geschlossen. In anderen Fällen gelang esden Lieferanten, sich der gewerkschaftlichen Organisationihrer Beschäftigten zu widersetzen, obwohl die Einkäufervorab erklärt hatten, dass sie gerne ihre Waren von einemgewerkschaftlich organisierten Betrieb beziehen würden;und manchmal verlagerten sie einfach Aufträge von ihrengewerkschaftlich organisierten Betrieben zu den nichtorganisierten Betrieben.
Einige dieser Fälle werden wir in Kapitel III genauer unter-suchen.
Die Sportbekleidungsindustrie wird von einemGeschäftsmodell mit einem komplexen Netz von Akteurenund Mittelsmännern beherrscht, die alle über unterschied-lich viel Macht oder Einfluss verfügen. Die Konzernbildungkönnte verschiedene neue Möglichkeiten bieten, dasProblem der fortdauernden Verletzung vonArbeitnehmerrechten aktiv anzugehen. Das Lohnniveauund die Arbeitsbedingungen in dieser Branche werden sichjedoch nicht entscheidend verbessern, sofern und solangedie Einkäufer, Lieferanten, Sourcing-Agenturen undBetriebsleiter sich nicht zusammen mit den
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Gewerkschaften, den Regierungen und denNichtregierungsorganisationen (NRO) in einer flächende-ckenden, gemeinschaftlichen, branchenweiten Maßnahmedafür einsetzen, die systematischen Probleme der Branchein Angriff zu nehmen, die bis dato das Weiterkommen ein-zelner Akteure verhindert haben.
In den Kapiteln VI und VII beschäftigen wir uns mit dem,was bereits unternommen wurde bzw. noch getan werdenkönnte.
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Die im Jahre 2003 gestartete Play-Fair-bei-Olympia-Kampagne war die die größte internationale Bewegung zuden Rechten von Arbeiterinnen und Arbeitern, die jemalsso durchgeführt wurde. An ihr beteiligten sich aktivGewerkschaften und Organisationen fürArbeitnehmerrechte aus aller Welt. Hunderte vonOrganisationen und zahlreiche Spitzensportler nahmen anüber 500 lokalen Veranstaltungen in 35 Ländern teil. ZurUnterstützung der Kampagne wurden mehr als eine halbeMillion Unterschriften gesammelt.
Die Kampagne machte der Sportbekleidungsindustrieunmissverständlich deutlich, dass Verbraucher undArbeiterinnen und Arbeiter gleichermaßen besorgt sindangesichts von Missbrauch und der Ausbeutung, die sichhinter zahlreichen Sportbekleidungsmarken verbergen.
Die Absicht der Kampagne bestand jedoch nicht darin,Unternehmen, bei denen es Fälle des Missbrauchs vonArbeitnehmerrechten gegeben hat, zu blamieren. Der Play-Fair-Zusammenschluss versuchte, sich gemeinsam mit gro-ßen Sportbekleidungsunternehmen und Industrie-vereinigungen ernsthaft um echte Lösungen für die alltäg-lichen Probleme von Arbeiterinnen und Arbeiter in derSportbekleidungsindustrie zu bemühen. Leider waren dieFortschritte bis jetzt nur sehr langsam.
Die Antwort der Industrie auf dasArbeitsprogramm
Im Jahre 2004 hat die Kampagne ein Arbeitsprogramm fürdie Industrie aufgelegt, mit dem insbesondere Aktivitätengefördert werden sollten, die auf mehr Vereinigungsfreiheitund auf ein Recht auf Tarifverhandlungen abzielen.Außerdem sollte ein branchenweit gemeinsames Vorgehenund eine Zusammenarbeit mit den relevanten Akteurenaufgebaut werden, um die Einhaltung derKernarbeitsnormen in der gesamten Branche zu gewähr-
leisten. In dem Programm wurden Unternehmen sowohleinzeln als auch in ihrer Gesamtheit dazu aufgefordert, ihreKodizes und ihre Programme zur Einhaltung derArbeitsnormen zu verbessern und an den bestenBeispielen in der Branche auszurichten, sowie positiveMaßnahmen zu ergreifen wie z. B.:
• die Förderung von Schulungen für Arbeiterinnen undArbeiter und Betriebsleitungen zum ThemaVereinigungsfreiheit;
• Der Aufbau von Beschwerde- und streict-schlicht-tungsmechanismen sowie von wirksamenUnternehmensführungssystemen;
• Entwicklung von klaren Anweisungen für Zulieferer zumThema Vereinigungsfreiheit und Recht aufTarifverhandlung;
• Kooperation mit glaubwürdigen Organisationen (vor Ort),die das Vertrauen der Beschäftigten haben und ihrerGewerkschaften haben, um Sozialaudits undArbeitsplatzinspektionen durchzuführen oder an diesenteilzunehmen;
• Unterzeichnung eines RahmenabkommensVI zwischender Internationalen Textil-, Bekleidungs- und Leder-Arbeitervereinigung (ITBLAV) und dem Weltverband derSportartikelindustrie (WFSGI) und seinenMitgliedsunternehmen zur Erleichterung derVereinigungsfreiheit und des Rechts aufTarifverhandlung; und
• der Aufbau von stabileren Geschäftsbeziehungen zuZulieferern, das Gewähren von ausreichendenVorlaufzeiten, so dass die Produktion zu humanenArbeitszeiten durchgeführt werden kann, und dasAnbieten von Preisen für Zulieferer, die die Kosten für dieEinhaltung von Arbeitsnormen vollständig reflektieren;und
• Beteiligung der IAO an einer Untersuchung derEinkaufspraktiken und deren proaktivere Rolle bei derUmsetzung und Überprüfung von Kodizes.
VI. Eine Rahmenvereinbarung wird vom Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) definiert als „ein Abkommen, das zwischen einem multi-nationalen Unternehmen und einer internationalen Gewerkschaftsorganisation bezüglich der internationalen Aktivitäten des Unternehmens ausge-handelt wird. Der Hauptzweck einer Rahmenvereinbarung besteht darin, fortlaufende Beziehungen zwischen einem multinationalen Unternehmenund der zuständigen internationalen Gewerkschaftsorganisation zu begründen, wodurch Probleme gelöst werden können und dem Interesse beiderSeiten gedient wird.”
Unternehmen reagierennur langsam
Kapi
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Im Mai 2004, trafen sich sechsSportbekleidungsunternehmen (Puma, ASICS, Umbro,Mizuno, Nike und Adidas) gemeinsam mit dem WFSGI, derFair Labour Association (FLA) und dem InternationalenOlympischen Komitee mit dem Play-Fair-Zusammenschlussin Genf zu einer Sitzung, die von der InternationalenArbeitsorganisation (IAO) einberufen wurde. Fila, Lotto undKappa, die anderen Unternehmen, von denen die Redewar, nahmen an dieser Sitzung nicht teil.
Die Reaktion des WFSGI – der wichtigsten internationalenIndustrievereinigung, die Tausende vonSportbekleidungsunternehmen repräsentiert – war insbe-sondere angesichts der frappierenden Notwendigkeiteines koordinierten, branchenweiten Vorgehens, mit demfür die Durchführung von wesentlichen Änderungen in derIndustrie ausreichend Kontrolle über die Produktion aus-geübt werden kann, jedoch enttäuschend.
Der WFSGI beugte sich insofern der FLA, als er einwilligte,bei den vom Zusammenschluss angesprochen Fragen dieFührung zu übernehmen, obwohl nur vier WFSGI-Mitgliederder FLA angehören.VII In einem folgenden Briefwechsel wiesder WFSGI darauf hin, dass er nicht bereit sei, in einRahmenabkommen mit der ITBLAV einzutreten oder eineführende Rolle bei der Vertretung der Industrie bei diesenInitiativen zu spielen.
Die FLA war ihrerseits entgegenkommender. Die FLA hat fürihre Mitglieder ausführliche Einführungsdokumente zumThema Vereinigungsfreiheit erstellt, wie etwa vonOrientierungsmarken, in denen die wichtigsten Themenbeschrieben sind, die die Mitgliedsunternehmen bewertenmüssen, um die Einhaltung der grundlegenden Rechte vonArbeiterinnen und Arbeitern durch Lieferanten zu bestim-men. In mehreren Ländern hat die FLA auch Schulungen fürBetriebsleitungen durchgeführt. Die Glaubwürdigkeit desFLA wurde jedoch wegen Unzulänglichkeiten in seinemVerhaltenskodex, seinen Überwachungspraktiken und sei-nes Führungsmodells in einigen Regionen eingeschränkt.
WAS IST DIE FAIR LABOR ASSOCIATION?Die Fair Labor Association (FLA) ist eine „Multi-
Stakeholder-Initiative” von Unternehmen,
Hochschulen und NRO. Seit Februar 2008 sind
es 24 Markenunternehmen, darunter Adidas,
ASICS, Nike, Puma, Patagonia und andere, die
der FLA angehören. Sie stellen dabei eine
Mehrheit der großen Marken in der
Sportschuhindustrie und einen beträchtlichen
Anteil des Sportbekleidungsmarktes dar. Die
FLA hat auch fünf teilnehmende Lieferanten,
darunter Forward Sports Ltd., aufgenommen,
eine Firma, die Fußbälle in Pakistan herstellt.
Diese Unternehmen haben sich zu einem
Programm für die Einhaltung von
Arbeitsnormen, Überwachung und
Wiedergutmachung verpflichtet, um ihre
Produktionsstandorte in Einklang mit FLA-
Normen zu bringen.
Arbeits- und Menschenrechtsgruppen haben
den Verhaltenskodex der FLA dafür kritisiert,
weil er keine Bestimmungen über ein
Existenzminimum, einen angemessenen
Arbeitszeitschutz oder einen ausreichenden
Schutz der Vereinigungsfreiheit und des
Rechts auf Tarifverhandlungen in den Ländern,
wo diese Rechte gesetzlich versagt bleiben,
enthalten. Die FLA begann daraufhin im
Februar 2008 mit einer Überarbeitung ihres
Kodex.
Weitere Informationen über die FLA unter:
www.fairlabor.org.
Die Reaktionen der einzelnen Unternehmen waren unter-schiedlich. Play-Fair-Vertreter trafen sich mit vier derUnternehmen, um die es in der ersten Kampagne gegan-gen war (Puma, ASICS, Mizuno und Umbro), und jedes wil-ligte ein, einige der im Arbeitsprogramm gefordertenMaßnahmen umzusetzen.VIII
VII. Damals stellten die vier WFSGI-Mitgliedsunternehmen, die auch der FLA angehörten, 63 Prozent des Sportschuh-Marktes und 15,8 Prozent desSportbekleidungsmarktes dar.VIII. Für eine Auswertung der Reaktionen der Unternehmen kurz nach der Kampagne von 2004 siehe: Merk, Jeroen. 2005. The Play Fair at theOlympics Campaign: An Evaluation of Company Responses. Clean Clothes Campaign, Oxfam, Global Unions. Einsehbar unter:http://www.fairolympics.org/background/pfoc_evaluation.pdf
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Vereinigungsfreiheit und des Rechts aufTarifverhandlungen. Zwar hat Oxfam festgestellt, dass eini-ge Unternehmen in bestimmten Fabriken gewisseAnstrengungen unternommen haben, doch war derFortschritt lediglich begrenzt. Ferner kam der Bericht zudem Schluss, dass es nur „wenig Fortschritt gegeben hatim Hinblick auf die Frage, wie Sportmarkeninhaber dieAuswirkungen ihrer Einkaufspraktiken – Preis, Lieferzeitenund Stabilität der Geschäftsbeziehungen – auf die Rechteder Beschäftigten überdenken.”43
Warum ist der Missbrauch von Arbeiterrechtendenn immer noch ein Thema?
Seit 2004 haben Initiativen zur sozialen Verantwortung vonUnternehmen (SVU) exponentiell zugenommen. In denletzten Jahren haben führende Sportbekleidungsmarkenanerkannt, dass es bisherigen Überwachungs- undCompliance-Initiativen nicht gelungen ist, für eine nachhal-tige Einhaltung von Arbeitsnormen inSportbekleidungsfabriken zu sorgen. Sie haben daraufhinbegonnen, die wichtigsten Gründe für den Missbrauch vonArbeitnehmerrechten aufzuzeigen und anzusprechen.44
Dies sind positive Schritte.
Dennoch sollten Verfechter von Arbeitnehmerrechten zurKenntnis nehmen, welchen BedenkenSportbekleidungsunternehmen und Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) am meisten Aufmerksamkeit schenken, undwelche weniger beachtet werden. Beispielsweise werdeneinige prozessbezogene Einkaufspraktiken wie kurzeVorlaufzeiten und extreme Musteränderungen jetzt in jünge-ren Berichten zur sozialen Verantwortung von Unternehmengenannt. Eine offene Diskussion über niedrige Preise, die dieKäufer den Lieferanten zahlen, und ihre Auswirkung auf dasLohnniveau ist hingegen selten zu finden.
Außerdem neigten die Unternehmen dazu, sich die „amniedrigsten hängende Frucht zu pflücken”: Sie haben sichalso auf die sichtbarsten und am meisten Image schädi-gende Verstöße konzentriert, die am leichtesten nachzu-weisen bzw. zu beheben sind, wie Kinderarbeit oder ein
In unterschiedlichem Maß hat sich jedes dieserUnternehmen verpflichtet, folgendes zu tun:
• Beschäftigung mit dem Thema Vereinigungsfreiheit durchSchulungen für Arbeiterinnen und Arbeiter, die inZusammenarbeit mit Play-Fair-Organisationen durchge-führt werden sollen (Umbro & Puma);
• Stärkere Beachtung der Auswirkung der Einkaufspolitikund Weitergabe von relevanten Informationen an dieKampagne (Puma);
• Bewertung und Weiterentwicklung ihrerGeschäftspraktiken einschließlich der Offenlegung derWertschöpfungskette und Lohnkriterien (ASICS undMizuno);
• Erwägung einer Zusammenarbeit mit anderen aktivenUnternehmen und Nichtregierungsorganisationen imRahmen der FLA. Nach der Kampagne sind Umbro undASICS der FLA beigetreten.
Von Kappa, Lotto und Fila, auf die bei der Kampagne von2004 verstärkt hingewiesen wurde, war weniger die Rede.Kappa, das mit Li & Fung ein Jointventure eingegangen ist,hat sich mit italienischen ITBLAV-Mitgliedern getroffen, umüber die Möglichkeit eines globalen Rahmenabkommensfür 2005 zu sprechen. Bis heute gab es jedoch keinenFortschritt. Lotto hat zwar die Bedeutung eines branchen-weiten Ansatzes und des Beginns eines Dialogs mitGewerkschaften auf nationaler Ebene anerkannt, hat sichjedoch Fragen der Arbeitnehmerrechte nur wenig proaktivgewidmet. Fila hat auf das Programm in keiner aussage-kräftigen Weise reagiert.
FLA-Mitgliedsunternehmen (einschließlich Nike, Reebok,Adidas und Puma) haben gemeinsam auf dasArbeitsprogramm geantwortet und dabei die zentraleBedeutung der Vereinigungsfreiheit und den Bedarf anweiterer Hilfestellung für Überprüfer in diesenThemenbereichen bestätigt. Sie erkannten auch dieNotwendigkeit der Entwicklung von geeigneten Strategienan, die Arbeiterinnen und Arbeiter über ihre Rechte aufklä-ren und ein Umfeld schaffen, in dem diese Organisationengründen und sich ihnen frei anschließen können. FLA-Unternehmen haben sich außerdem dazu verpflichtetet,wirksamere Beschwerdemechanismen und neue Formenvon Dialog und Zusammenarbeit mit lokalen Beteiligten zuentwickeln.
Leider gab es sehr wenig Reaktion auf die Forderung vonPlay Fair, dass sich die Unternehmen mit denAuswirkungen ihrer Einkaufspolitik auf dieArbeitnehmerrechte in ihren Lieferketten befassen sollen.
2006 hat Oxfam International seinen Bericht Abseits! ver-öffentlicht, in dem der Fortschritt von Unternehmen imZusammenhang mit dem Arbeitsprogramm bewertetwurde, insbesondere im Hinblick auf Fragen der
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Stellenangebot mit Kurzbeschreibungdes Betriebes. Das Stellenangebotlistet die wichtigsten Kunden desBetriebes auf und gibt denDurchschnittslohn mit 1.200 Yuan an.(November 2007)
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versperrter Notausgang, oder haben sich Fragen gewid-met, die kaum monetäre oder strukturelle Auswirkungenauf die Markenkunden an der Spitze der Lieferkette haben.
Unternehmen (und viele SVU-Berater) haben ihreBemühungen weiterhin auf die Entwicklung eines„Geschäftsfalles“ für die Einhaltung von Arbeitsnormenkonzentriert und dabei die potenziellenKosteneinsparungen hervorgehoben, die einer gutenPersonalpolitik inhärent sind.45 Bei diesem Ansatz bestehtjedoch das Risiko, dass notwendige Verbesserungen beiden Löhnen von Arbeiterinnen und Arbeitern und anderenGeldfragen, die sich auf Gewinne oder Preise stark auswir-ken könnten, in den Hintergrund geraten.
Zwar erkennen die Markenfirmeneinkäufer dieVereinigungsfreiheit weitgehend als ein wesentlichesArbeitsrecht an –Ausführlicheres dazu im nächsten imnächsten Kapitel – doch gab es gleichzeitig auch dieTendenz, die Produktion in verschiedenen Regionen zu ver-stärken, in denen dieses Recht gesetzlich eingeschränkt,verboten oder bedroht ist.46 Gemeinsam mit anderenFaktoren hat diese Konsolidierung, auch in Fabriken, indenen mühevoll Verbesserungen errungen wurden, zuSchließungen und Massenentlassungen geführt, was den
erzielten Fortschritt natürlich wieder unterminiert.
Schließlich lag der Schwerpunkt bei vielen von denUnternehmen und der FLA vorgeschlagenen „nachhalti-gen“ Lösungen eher auf Schulungen zum ThemaBetriebsführung und auf Prozessen im BereichHumanressourcen als auf der Schaffung eines positivenKlimas für Gewerkschaften und der Organisation vonArbeiterinnen und Arbeitern oder der Veränderung vonAkquisitionspolitik und Geschäftsmodellen auf der Seiteder Kunden.
Die Schulung für Betriebsleiter zu Arbeitnehmerrechtenkann einige positive Ergebnisse hervorbringen, jedoch istdie Betriebsleitung nur ein Teil des Puzzlespiels.Nachhaltige Lösungen erfordern auch, dass Arbeiterinnenund Arbeiter sich ihrer Rechte bewusst sind, und dass ihreInteressenvertreter aktiv an sämtlichen Bemühungen zurVerbesserung ihrer Arbeitspraktiken undArbeitsbedingungen beteiligt sind.
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Beschäftigte während ihrer Mittagspause vor dem Werk.(November 2007)
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Haupteingang zum Werk und Banner mit Stellenangebot. (November 2007)
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Haupeingang zum Werk. (November 2007)
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Beschäftigte ruhen sich nach dem Mittagessen vor dem Werk aus.(November 2007)
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Während eine größere Anzahl von Unternehmen damitbegonnen hat, die Ergebnisse von Inspektionen durchgemeinsame Datenbanken wie zum Beispiel das FairFactories Clearinghouse untereinander zu verteilen,47 werdendiese Informationen nicht an andere wichtige Akteure wieGewerkschaften und Arbeitsrechte-NRO weiter gegeben.
Die FLA und ihre Mitgliedsunternehmen haben beiSchulungsprogrammen und der Aufklärung vonArbeitnehmern über ihre Rechte in Regionen oder Fabrikenzusammengearbeitet, in denen die Produktion stattfindet.Zudem gab es bemerkenswerte Bemühungen in einzelnenFabriken, wo Markenfirmeneinkäufer, lokaleGewerkschaften und globale Gewerkschaften wie derITBLAV bei der Lösung von spezifischen Problemen zusam-mengearbeitet haben.
Wir sind der Ansicht, dass eine verstärkte Zusammenarbeitin der Sportbekleidungsindustrie, an der Käufer,Lieferanten, Einkäufer, Multi-Stakeholder-Initiativen,Arbeiterinnen und Arbeiter und ihre Vertreter, Regierungenund NRO beteiligt sind, von entscheidender Bedeutung ist,damit die hartnäckigeren Fälle des Missbrauchs vonArbeitsrechtsrechten und Hungerlöhnen, die in dieserBranche immer noch grassieren, angegangen werden kön-nen. Solange die Industrie dieses Problem nicht an derWurzel packt, wird sie weiterhin von Verstößen gegenArbeitsrechte gepeinigt sein.
Sportbekleidungshersteller, die gesamte Industrie sowieMulti-Stakeholder-Organisationen, an denen dieUnternehmen beteiligt sind, müssen sich dazu verpflich-ten, sich aktiv an den speziell für diese Industrie aufgeleg-ten Programmen zu beteiligen.
Zusammenarbeit ist notwendig
Eine positive Entwicklung seit dem Start der ersten Play-Fair-bei-Olympia-Kampagne ist die erhöhte Anzahl der Fälle derZusammenarbeit zwischen Unternehmen, Gewerkschaften,Regierungen und NRO, was für die großen zu erzielendenFortschritte von entscheidender Bedeutung ist.
Obwohl die Sportbekleidungsindustrie, wie wir gesehenhaben, höchst wettbewerbsfähig ist, gibt es sehr viel Raumfür die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Grundregelnund Konzepten, um zu gewährleisten, dass dieWettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens nicht auf derflexiblen Arbeit und bitteren Armut seiner Arbeiterinnenund Arbeiter basiert.
Einige Unternehmen – insbesondere Adidas, Puma undNike – haben ihre Fabriklisten offen gelegt und sich damitfür eine Zusammenarbeit mit anderen Abnehmern ingemeinsamen Fabriken bei Inspektionen und derBehebung von Problemen bereit gezeigt. Wichtiger noch:Die Offenlegung von Fabrikstandorten ist eine Einladungfür Gewerkschaften und Arbeitsrecht-NRO, Probleme amArbeitsplatz zur Kenntnisnahme an die Marken weiterzuge-ben und mit ihnen bei der Behebung dieser Problemezusammenzuarbeiten. In einer Reihe von Sitzungen aufnationaler Ebene auf den Philippinen, in Thailand,Indonesien und Malaysia haben die genannten Markensowie einige ihrer wichtigsten inländischen Zulieferer mitITBLAV-Mitgliedern einen Dialog zur Umsetzung derVereinigungsfreiheit und des Rechts aufTarifverhandlungen innerhalb ihrer lokalen Lieferkettebegonnen.
Kuan Ho Sporting Goods (Dongguan) in China:Eine Beschäftigte holt sich Wasser von einer Straßenhändlerin, bei dersie zuvor ihr Mittagessen gekauft hat. (November 2007)
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Aufbauend auf den Erfahrungen und Erfolgen derKampagne „Play Fair bei Olympia“ des Jahres 2004 haben2007 einige Mitglieder des Play-Fair-Zusammenschlussesdie Kampagne „Play Fair 2008“ ins Leben gerufen.
Ausgehend von den Reaktionen derSportbekleidungsindustrie und der olympischenBewegung auf das Arbeitsprogramm,IX hat Play Fair 2008einen umfassenden, an das Internationale OlympischeKomitee, die nationalen Olympischen Komitees,Sportbekleidungsmarken sowie Lieferanten, Regierungenund Investoren gerichteten Forderungskatalog zusammen-gestellt.
Die Kampagnenbeschreibung von Play Fair
2008 und den kompletten Forderungskatalog
finden Sie unter: www.playfair2008.org/
templates/templateplayfair/docs/PF_2008_
campaign_statement.pdf
Wenn alle wichtigen Akteure der weltweitenSportbekleidungsindustrie – Abnehmer, Lieferanten,Einkäufer, Multi-Stakeholder-Initiativen – konkrete Schrittezur Erfüllung dieser Forderungen unternähmen, wären wirder Verbesserung der Arbeitsbedingungen innerhalb desSektors einen guten Schritt näher.
Um den Prozess voranzubringen, haben wir drei zentraleProbleme ermittelt, die, wenn sich niemand ihrer annimmt,die Fähigkeit der Branche hemmen werden, in anderenFragen echte Fortschritte zu erzielen. Dies sind: der Mangel an Respekt für die Vereinigungsfreiheit und dasRecht auf Tarifverhandlungen; die durch Branchenumstrukturierungen verursachteUnsicherheit von Beschäftigungsverhältnissen; und der Missbrauch kurzfristiger Arbeitsverträge und andererFormen unsicherer Beschäftigungsverhältnisse.
Der Mangel an Respekt gegenüber dem Recht aufVereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen etwa stehtden Bemühungen der Arbeitnehmer entgegen, Problemeam Arbeitsplatz unmittelbar wenn sie auftreten zu lösenund langfristige Verbesserungen bei Löhnen undArbeitsbedingungen auszuhandeln.
In ähnlicher Weise trägt die mit den Umstrukturierungen inner-halb der Branche während der letzten Jahre einher gegangeneFlut von Werksschließungen bei Arbeitnehmern undLieferanten zu einem Klima der Furcht bei und gibt dem MythosNahrung, dass Bemühungen zur Verbesserung der herrschen-den Bedingungen nur zu weiteren Arbeitsplatzverlusten führenwerden. Arbeitnehmer in unsicherenBeschäftigungsverhältnissen neigen weniger dazu, Schritte zurBekämpfung missbräuchlicher Praktiken zu unternehmen.
Durch zunehmende Verwendung von Kurzzeitverträgenund anderen unsicheren Beschäftigungsverhältnissen wer-den Arbeitnehmern Sozialversicherungs- und andere ihnengesetzlich zustehende Leistungen vorenthalten. DieArbeitnehmer werden so davon abgeschreckt, sich zu orga-nisieren, und die Durchsetzung arbeitsrechtlicherBestimmungen wird untergraben, da diese auf Zeitarbeiterhäufig keine Anwendung finden.
Wenn es der Sportbekleidungsbranche ernst damit ist, ihrderzeitiges Geschäftsmodell zu ändern, sind umgehendeSchritte zur Lösung dieser drei zentralen Probleme drin-gend erforderlich.
In diesem Kapitel und in unserem Bericht als Ganzembetrachten wir diese Probleme – Einschränkungen derVereinigungsfreiheit und des Rechts aufTarifverhandlungen, Werksschließungen und unsichereBeschäftigungsverhältnisse – genauer.
Die vierte und vielleicht am schwersten zu bewältigendeHürde betrifft die Löhne.Sportbekleidungsmarken neigen dazu, sich auf Fragen zukonzentrieren, deren Lösung die Gewinne oder die Kosten
IX. Reaktionen der Unternehmen siehe: http://www.fairolympics.org/background.html.
Vier Hürden sind zunehmen
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ihrer Produkte nicht wesentlich beeinflusst. So genannte„Lohnnormen“ wie etwa Bestimmungen über Existenzsichernde Löhne können die Gesamtarbeitskosten ändernund daher Gewinne und Preise beeinflussen.
Auch wenn die Branchenführer in einigen Fällen bereit sind,Maßnahmen zu ergreifen, damit Beschäftigte den gesetzli-chen Mindestlohn oder branchenüblichen Lohn erhalten,waren sie bisher im Allgemeinen nicht willens, Schritte zuunternehmen, damit die gezahlten Löhne ausreichen, dieGrundbedürfnisse der Beschäftigten abzudecken.
Es geht bei der Zahlung Existenz sichernder Löhne ist nichtallein darum, dass Arbeitnehmer mehr Geld in der Taschehaben, sondern sie sind zugleich Teil einer Verbesserungder Arbeitsbedingungen allgemein – zum Beispiel durchReduzierung extrem langer Arbeitszeiten, die von denBeschäftigten manchmal akzeptiert werden, weil diese,ohne Überstunden in außergewöhnlicher und häufig unge-setzlicher Höhe zu leisten, finanziell nicht über die Rundenkommen können.
Aus diesen Gründen untersucht unser Bericht nicht nur dasProblem Existenz sichernder Löhne, sondern macht außer-dem Vorschläge, was die Branche tun kann, um diese Normzu erfüllen.
Vereinigungsfreiheit und Recht aufTarifverhandlungen
DIE HÜRDEAuch wenn diese Rechte in den Verhaltenskodizes
der meisten großen Sportbekleidungsmarken
anerkannt werden, sind sie ständig bedroht.
Arbeitnehmern, die sich gewerkschaftlich organi-
sieren, droht Diskriminierung, Entlassung oder
sogar Gewalt. Fabriken, in denen die Beschäftigten
Gewerkschaften organisiert haben, wurden
geschlossen, und die Aufträge auf nicht gewerk-
schaftlich organisierte Werke verlagert. Der Einkauf
in China, Vietnam und anderen Rechtsräumen, in
denen die Vereinigungsfreiheit gesetzlich einge-
schränkt ist, hat zugenommen.
Die Vereinigungsfreiheit ist ein Grundrecht, aber wird auchals ein „befähigendes Recht“ beschrieben. Mit anderesWorten: Wo sie respektiert wird, befähigt sie dieArbeitnehmer und ihre Vertreter, dringende Probleme amArbeitsplatz anzusprechen und gemeinsam mit derGeschäftsführung zu lösen sowie längerfristigeVerbesserungen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen aus-zuhandeln. Sie eröffnet ihnen darüber hinaus dieMöglichkeit, eine nachhaltige Einhaltung anderer zentralerArbeitsnormen herbeizuführen.
Als Reaktion auf Beschwerden von Arbeitnehmern,Gewerkschaften und Aktionsgruppen haben einigeSportbekleidungsabnehmer in besonderen Fällen Schritteunternommen, um Repressalien gegenüber Arbeitnehmern,die ihr Vereinigungsrecht ausübten, zu stoppen und ihreLieferanten zu drängen, wenn Gewerkschaften gegründetwerden, diese zu akzeptieren und mit ihnen zu verhandeln.Die meisten wichtigen Sportbekleidungsmarken haben inihren Verhaltenskodizes öffentlich ihre Unterstützung für dieVereinigungsfreiheit geäußert, und einige führende Marken –darunter Nike und Adidas – haben zugesagt, mehr dafür zutun, damit dieses Recht in ihren Lieferketten respektiert wird.48
Die vorherrschende Einstellung und Praxis in derSportbekleidungsbranche und der Bekleidungs- undSchuhindustrie insgesamt jedoch sind derart voreingenom-men gegenüber der Bildung von Gewerkschaften, dass einstärker vorausschauender Ansatz erforderlich ist, um einbezüglich der Existenz von Gewerkschaften und derenAusübung der ihnen eigenen Rolle positives (statt lediglichneutrales) Klima zu schaffen. Wir sind – wie wir auch in einemkürzlich durchgeführten gemeinschaftlichen Projekt mit sechswichtigsten Multi-Stakeholder-InitiativenX dargelegt haben –der Ansicht, dass sich die Unternehmen „eine positiveEinstellung gegenüber den Aktivitäten der Gewerkschaftenund eine offene Haltung bezüglich derOrganisierungsaktivitäten der Beschäftigten zu Eigen machensollten.“
Vor welchen Hindernissen stehen Arbeitnehmer,die versuchen, sich zu organisieren?
Entlassungen von Gewerkschaftsführern und ihrenAnhängern: Wenn Arbeitnehmer erstmals versuchen, sichgewerkschaftlich zu organisieren, begegnen sie häufigerheblichem Widerstand seitens der Werksleitung. • Am 8. November 2007 meldeten die Beschäftigten des
Star-Werkes in Honduras, wo National Football League-T-Shirts hergestellt wurden, offiziell eine neueGewerkschaft an. Bis zum 12. November waren 55 der 58Gründungsmitglieder der Gewerkschaft entlassen wur-
X. Im Rahmen der „Joint Initiative on Corporate Accountability and Worker Rights“ (Jo-In) bemühten sich sechs Multi-Stakeholder-Initiativen um dieEntwicklung eines gemeinsamen Ansatzes zur Überwachung der Rechte von Arbeitnehmern in der Türkei. Sie finden den Jo-In-Verhaltenskodex unter:http://www.jo-in.org/pub/docs/Jo-In%20Draft%20Common%20Code%205.05.pdf
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den.49 [Was wurde getan, um dies in Ordnung zu bringen?Siehe Seite 58-59]
• In dem Russell Athletic gehörenden Werk JerzeesCholoma in Honduras gründeten Beschäftigte im März2007 eine Gewerkschaft. Bis zum 14. Juni waren etwa90% der 72 Gründungsmitglieder entlassen worden. Undals weitere 56 Arbeitnehmer im September 2007 ver-suchten, die Gewerkschaft neu zu gründen, wurdenerneut 22 entlassen.50 [Was wurde getan, um dies inOrdnung zu bringen? Siehe Seite 58-59]
• In einer zu Mikasa Industries gehörenden Fabrik inThailand, in der Fußbälle hergestellt werden, wurde inden Jahren 2006 und 2007 eine noch in denKinderschuhen steckende Gewerkschaft vernichtet: Diemeisten Gewerkschaftsführer und -mitglieder wurdenentlassen oder unter Druck gesetzt, die Gewerkschaft zuverlassen. Die Vorsitzende der Gewerkschaft, WarapornRakthai, wurde versetzt und gezwungen, zwei Jahre langallein in einem zugangsbeschränkten Bereich zu arbei-ten.51 [Was ist seitdem passiert? Siehe Seite 58-59]
• Im Dezember 2006 wurden im Werk von Thai GarmentExport in Thailand (das für Nike und Cutter & Buck fertigt)sechs Gewerkschaftsführer fristlos entlassen – nur eineWoche, nachdem sie eine Rekrutierungskampagne fürihre gemäß den gesetzlichen Bestimmungen angemelde-te Gewerkschaft begonnen hatten. [Was wurde getan, umdies in Ordnung zu bringen? Siehe Seite 58-59]
• Nur ein paar Tage, nachdem sie im Oktober 2004 im thailän-dischen MSP Sportswear-Werk eine Gewerkschaft gegrün-det hatten, wurden drei Gewerkschaftsführer, darunter derVorsitzende und Generalsekretär, von der Geschäftsführungentlassen. MSP fertigt u. a. für Nike. [Was wurde getan, umdies in Ordnung zu bringen? Siehe Seite 58-59]
Weigerungen, Gewerkschaften anzuerkennen und mitihnen zu verhandeln: Selbst wenn Arbeitnehmer erfolg-reich Gewerkschaften gründen und sie gemäß den gesetz-lichen Bestimmungen anmelden, verzögern dieGeschäftsleitungen häufig die Anerkennung der Zulassungoder weigern sich, diese zu akzeptieren bzw. mit dengewählten Arbeitnehmervertretern zu verhandeln. • Im Jahr 2005 gelang der türkischen Gewerkschaft für die
Textil-, Strickwaren- und Bekleidungsindustrie TEKSIF dieerfolgreiche Organisation der Beschäftigten eines Werksder PAXAR Corporation, wo Etiketten, Drucklogos undBekleidungsentwürfe für Marken wie Nike, Adidas undPuma hergestellt wurden. Als die Gewerkschaft sichjedoch zur Einleitung von Tarifverhandlungen an dasPAXAR-Management wandte, verweigerte PAXARVerhandlungen und entließ stattdessen elfGewerkschaftsmitglieder. Erst auf internationalen Druckmehrerer Multi-Stakeholder-Initiativen, der ITBLAV sowievon Aktionsgruppen wie der Kampagne für „Saubere“
Kleidung hin erklärte sich das Unternehmen bereit, sichmit der Gewerkschaft an einen Tisch zu setzen und zu ver-handeln. Dies führte dazu, dass im Februar 2007 mit lan-ger Verzögerung eine Vereinbarung erreicht wurde – zweiJahre nach Gründung der Gewerkschaft. In derZwischenzeit waren zahlreiche Gewerkschaftsmitgliederentlassen worden, zum Teil aufgrund der gewerkschafts-feindlichen Diskriminierung seitens der Arbeitgeber.52
Werksschließungen und Reduzierung derAuftragsvergaben an gewerkschaftlich organisierteWerke: Obwohl die Diskriminierung gewerkschaftlich organi-sierter Werke eindeutig eine Verletzung gegen den Geist,wenn nicht gar den Wortlaut der Verhaltenskodizes vonAbnehmern und Multi-Stakeholder-Initiativen darstellt,XI isthäufig schwer nachweisbar, dass Werksschließungen oderAuftragsreduzierungen gegenüber bestimmten Fabriken mitder Existenz einer Gewerkschaft verknüpft sind. Das Mustervon Schließungen und Auftragsreduzierungen nach erfolgrei-chen Organisierungskampagnen ist jedoch zu verbreitet, umdiese als zufällig abzutun. • Nachdem die Gewerkschaft Perbupas im Januar 2004 nach
zweimonatigem Streik eine Lohnerhöhung durchsetzenkonnte, reagierte das Unternehmen, indem es alle Nike-Bestellungen von nun an einer anderen Fabrik zuwies undsich weigerte, Mitglieder von Perbupas dorthin zu versetzen.Das Originalwerk wurde im Juni 2006 geschlossen und spä-ter wieder eröffnet – doch wurde im neu eröffneten Werkkein einziges Perbupas-Mitglied eingestellt.53
Manchmal reduzieren die Abnehmer ihre Bestellungen beiWerken, wo Gewerkschaften gegründet wurden, oder verla-gern ihre Bestellungen ganz auf andere Werke. • In einem Werk von PT Panarub, wo die Gewerkschaft
Perbupas ebenfalls vertreten ist, wurden im Oktober2005 33 Gewerkschaftsmitglieder nach Teilnahme aneinem Streik entlassen. Zwar drängte Adidas dieGeschäftsleitung, die Arbeiter wieder einzustellen, redu-zierte jedoch zugleich Mitte 2006 – während der laufen-den Bemühungen um Wiedereinstellung – seine Aufträgean das Werk. Adidas machte Qualitäts- undLieferprobleme geltend. Obwohl es unwahrscheinlich ist,dass die Verringerung der Auftragszahlen eine Reaktionauf die Bemühungen der Gewerkschaft war, nahm mit ihrauch die Fähigkeit von Adidas ab, in diesem Fall auf dieEinhaltung der Vorgaben hinzuwirken. Das US-amerikani-sche Worker Rights Consortium forderte Adidas auf,anzubieten, bei Wiedereinstellung der entlassenenArbeiter seine Auftragszahlen wieder auf den vorherigenStand zu erhöhen. Adidas lehnte dies ab.54
In Ermangelung einer eindeutigen Selbstverpflichtung derAbnehmer, gewerkschaftlich organisierte Lieferanten zu
XI. Einige Abnehmer wie Reebok, Puma und Adidas haben ausdrücklich erklärt, dass Werksschließungen zur Beseitigung einer Gewerkschaft gegenihre Verhaltenskodizes verstoßen (siehe Connor, Tim und Kelly Dent: Offside! Labour rights and sportswear production in Asia. Oxfam International,2006).
30
bevorzugen, können Werksleitungen allein durchAndrohung von Auftragsverlagerungen ihre Beschäftigtenabhalten, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
Produktionsverlagerungen in Länder mit beschränkterVereinigungsfreiheit: Im Jahre 2006 weckte OxfamInternational in seinem „Abseits!“-Bericht55 Befürchtungenwegen der zunehmenden Verlagerung der Fertigung inLänder oder Exporthandelszonen, wo die Rechte derArbeitnehmer in Bezug auf Vereinigungsfreiheit undTarifverhandlungen gesetzlich beschränkt sind.
In China etwa kann eine Gewerkschaft nur dann legal operie-ren, wenn sie dem staatlich kontrollierten AllchinesischenGewerkschaftsbund (ACGB) angegliedert ist. Streiks sindweder ausdrücklich legal noch illegal, aber werden rigorosund manchmal gewaltsam unterdrückt. Seit 1982 gelten sieals Bedrohung der Gesellschaftsordnung. In Fabriken, indenen Gewerkschaften vertreten sind, werden dieBeschäftigten häufig durch nicht gewählteGewerkschaftsfunktionäre – die oft selbst Mitglieder derWerksleitung sind – vertreten, die regelmäßig dafür kritisiertwerden, dass sie kaum etwas tun, um die Arbeitsbedingungenzu verbessern oder die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen.
Manchmal reagieren Lieferanten auf erfolgreicheAnstrengungen gewerkschaftlicher Organisation, indem siedie Fertigung von einer neu gewerkschaftlich organisiertenFabrik in einem Land in eine Fabrik in einem anderen Land,in dem es keine Vereinigungsfreiheit gibt, verlagern. • Im Jahr 2003 erklärte sich PT Daejoo Leports, ein indone-
sisches Unternehmen, das Sportbekleidung an Adidasund VF Corporation lieferte, auf Drängen seinerAbnehmer bereit, mit der Gewerkschaft SPN zu verhan-deln. Dies war ein bedeutender Fortschritt: Zuvor war dieGewerkschaft bei ihren Versuchen, mit demUnternehmen zu verhandeln, auf Drohungen undAblehnung gestoßen. Im Sommer 2004 jedoch schlossdas Unternehmen seine Türen und verlagerte dieProduktion nach China – und dies, obwohl die Abnehmereiner Weiterführung der Fertigung in Indonesien aus-drücklich den Vorzug gaben.56
Es kommt außerdem vor, dass Abnehmer sich entscheiden,Waren aus Ländern einzukaufen, wo ihre eigenenVerhaltenskodizes aufgrund gesetzlicher Beschränkungender Vereinigungsfreiheit nicht vollständig umgesetzt wer-den können – wie etwa bei der enormen Zahl vonAuftragsvergaben nach China, Vietnam und in dieExporthandelszonen Bangladeschs.
Förderung von „Arbeitnehmerausschüssen“ alsGewerkschaftsersatz: Wenn Sportbekleidungsmarken inLändern wie China oder Vietnam fertigen lassen, in denen
Vereinigungsfreiheit und das Recht Tarifverhandlungengesetzlich eingeschränkt sind, fördern diese Markenmanchmal „parallele Methoden“ der Vertretung vonArbeitnehmern, die zur Beteiligung der Arbeitnehmer auf-fordern und begrenzte Formen der gewählten Vertretungvon Arbeitnehmern ermöglichen. Um negativeAuswirkungen auf die Vereinigungsfreiheit derArbeitnehmer zu vermeiden, sollte die Verwendung vonArbeiterausschüssen als „parallele Methode“ zur freienVereinigung und zu Tarifverhandlungen ausschließlich inLändern oder Gebieten unterstützt werden, in denen dieRechte der Gewerkschaften gesetzlich eingeschränkt sind– nicht aber dort, wo sich die Arbeitnehmer frei vereinigenund Tarifverhandlungen führen können.
In einigen Ländern können gewählte Betriebsräte oderArbeitnehmer-/Arbeitgeberräte oder -ausschüsse gesetz-lich vorgeschrieben sein. Vorausgesetzt, dass es denArbeitnehmern zugleich frei steht, Gewerkschaften beizu-treten und sich an Tarifverhandlungen zu beteiligen unddass das IAO-Übereinkommen 135 und die Empfehlung143 (zu den Arbeitnehmervertretern) eingehalten werden,können derartige Räte oder Ausschüsse mit derVereinigungsfreiheit und dem Recht aufTarifverhandlungen im Einklang stehen.XII
Es gibt positive und negative Beispiele für den Einsatz vonArbeitnehmerausschüssen zur Stärkung der Stimme derArbeitnehmer in Betrieben in Rechtsräumen, in denenechte Arbeitnehmerorganisationen eingeschränkt werden.Bestenfalls können diese Ausschüsse ein Vehikel für dieBeschwerden und Vorschläge der Beschäftigten sein undeine aktive Rolle bei der Schulung von Arbeitnehmern imBereich der Arbeitssicherheit und in anderen Fragen spie-len. Schlimmstenfalls können sie sich zu von derGeschäftsleitung kontrollierten Gremien entwickeln, die dieArbeitnehmer entmachten. Zu den bei Arbeiterkomiteesauftretenden Problemen gehören:
Die Geschäftsleitung kontrolliert die Ausschüsse oderwählt ihre Mitglieder aus, und die Beschäftigten werdennicht vertreten.In einigen chinesischen Yue Yuen-Werken hat dieGeschäftsleitung so genannte „Arbeiter-Lebensunterhaltszentren“ eingerichtet, wo sich dieBeschäftigten bei Problemen am Arbeitsplatz, mit der Kantineoder der Schlafsaalunterbringung beschweren können. AufPlay-Fair-Nachfragen hin äußerten die Beschäftigten jedoch,dass diese Zentren von der Geschäftsleitung kontrolliert wür-den und sie sich dort nicht vertreten fühlten.57
In einer Fußball-Fabrik in Dongguan, China, die für Nike,Puma, Wilson, Fila, Lotto, Adidas u. a. fertigt, äußerten dieBeschäftigten gegenüber Play Fair, dass es im Werk zwar
XII. Weitere Informationen zu diesem Thema: http://www.cleanclothes.org/codes/docs/CCC_FoA_Primer.pdf
31
einen Arbeitnehmerausschuss gäbe, dass jedoch dessensämtliche Mitglieder von der Geschäftsleitung ernanntwürden. Die Beschäftigten erklärten, dass der Ausschusslediglich eine Formalität sei, um die Revisoren ruhig zustellen, dass er jedoch für das Wohl der Beschäftigten ohneBedeutung sei.XIII
Eine indische Fabrik, in der Sportschuhe für Adidas zuge-schnitten und vernäht werden, richtete einenArbeitnehmerausschuss ein, der sich mit Fragen derArbeitssicherheit beschäftigen sollte, doch dieGeschäftsleitung selbst wählte die Mitarbeiter aus, die indiesem Ausschuss sitzen. Revisoren berichteten, dass dieBeschäftigten sich der Existenz des Ausschusses nichtbewusst gewesen seien.58
Kommunikation erfolgt nur in eine RichtungIn einer Fabrik in Indien, die für Reebok und Nike produziert,bestand das Arbeitnehmerforum, das von derGeschäftsleitung ein ins Leben gerufen wurde, umBeschwerden der Beschäftigten nachzugehen, ursprünglichnur aus von der Geschäftsleitung ausgewähltenArbeitnehmern. Als Reebok im Jahr 2003 intervenierte, ver-pflichtete sich die Geschäftsleitung, Arbeitnehmervertreterfür das Forum sowie einen Beschwerdeausschuss wählen zulassen. Im August 2007 stellte Adidas (das Reebok aufge-kauft hatte) jedoch fest, dass die Ausschüsse „tendenziellnoch immer einer der Kommunikationskanäle derGeschäftsleitung gegenüber den Beschäftigten sind undkeine aktiven Ausschüsse zur Vertretung der Arbeitnehmergegenüber der Geschäftsleitung.”59
Arbeitnehmer sind zu sehr eingeschüchtert, um echteProbleme anzusprechenBei einem Adidas-Lieferanten in Thailand sind alleMitglieder des „Ausschusses für die Wohlfahrt derMitarbeiter“ Aufseher in den Fertigungslinien. DieBeschäftigten gaben an, dass sie die Rollen und Pflichtendes Ausschusses nicht verstehen. Sie fühlten sich zu sehreingeschüchtert, um Vorschläge zu machen oder sich beimAusschuss zu beschweren, da einem Arbeiter gekündigtwurde, nur weil er gefragt hatte: Wann bekommen wir eineLohnerhöhung?’60
Unsichere Beschäftigungsverhältnisse
DIE HÜRDEDer Einsatz von Kurzzeitverträgen oder
Gelegenheitsarbeit ist innerhalb der Branche inzwi-
schen weit verbreitet. Die Beschäftigten haben
Kurzzeitverträge, bei denen sie häufig keinen
Anspruch auf grundlegende Absicherungen und
Arbeitgeberleistungen haben, und können in den
meisten Fällen keine Gewerkschaften bilden.
Arbeitnehmer mit Kurzzeitverträgen oder
Gelegenheitsarbeiter, die versuchen, die
Arbeitsbedingungen zu verbessern, können mit
Ablauf ihrer Verträge problemlos und ganz legal ent-
lassen werden, was sie besonders verletzlich macht.
Die Sportbekleidungsindustrie ist dem Flexibilitätswahnverfallen. Im Rahmen des derzeitigen Geschäftsmodellsder Branche streben Einzelhändler, Marken und transnatio-nale Lieferanten nicht nur nach maximaler Fähigkeit zumWechsel von produzierten Stilrichtungen und Produkten,sondern auch von Produktionswerken bzw. Ländern. Dabeigeht es immer darum, die Produktion möglichst schnell,zuverlässig, hochwertig und natürlich billig zu gestalten.
Fabrikeigentümer und Manager ihrerseits haben sich ähn-liche Geschäftsziele zu Eigen gemacht: Sie streben nacheinem Maximum an Flexibilität, um im Wettkampf umSportbekleidungsaufträge möglichst gut aufgestellt zusein. Da die Kosten für Anlagen und Gerät relativ wenig fle-xibel sind, verlagert man die Flexibilitätsanforderung teil-weise über unsichere Arbeitsverhältnisse auf die Schulternder Beschäftigten.
Kurzfristige Arbeitsverträge: Obwohl branchenweitkeine umfassenden globalen Daten zur Verfügung stehen,vermelden Gewerkschaften undArbeitsrechtorganisationen die zunehmende Verwendungaufeinander folgender kurzfristiger Arbeitsverträge – oderin vielen Fällen das gänzliche Fehlen schriftlicher Verträge.Dadurch werden den Beschäftigten gesetzlich vorgeschrie-bene Leistungen und Prämien vorenthalten, und es wirdihnen erschwert, sich gewerkschaftlich zu organisieren:• At one Yue Yuen-owned facility and one Yue Yuen joint
venture factory in Dongguan, China, producing for adidasand Nike, workers interviewed for this report had noemployment contracts whatsoever.61 At three wholly-owned Yue Yuen factories and two Yue Yuen subcontractfactories, workers were hired on successive one-year con-tracts.62
• In zwei für Adidas und Nike fertigenden Fabriken inDongguan (China) – eine Eigentum der Gesellschaft YueYuen, die andere ein Yue Yuen-Jointventure – hatten dieim Rahmen dieses Berichts befragten Arbeitnehmer
XIII. Play Fair Nachforscher befragten während des Zeitraums von Oktober bis Dezember 2007 fünfzehn Beschäftigte des Werks.
32
überhaupt keine Arbeitsverträge.i Bei drei Werken, die zu100% im Eigentum von Yue Yuen stehen, sowie in zweiFabriken, die als Subunternehmer für Yue Yuen tätig sind,erhielten die Arbeitnehmer aneinander anschließendeEinjahresverträge.ii
• In Werken von PT Busana Prima GlobalXIV in Indonesienerhalten die Beschäftigten ausschließlichKurzzeitverträge. Vertragsarbeiter haben nicht dieselbenRechte wie festangestellte Arbeitnehmer (z. B.Jahresurlaub und Beurlaubung während derMenstruation). Bei BPG I haben laut Schätzungen vonBeschäftigten inzwischen 40% der ArbeitnehmerKurzzeitverträge. Bei BPG III, das in 2001 eröffnet wurde,hat laut Angaben von Beschäftigten nur einer der 1097Mitarbeiter eine unbefristete Stelle.63
• Bei PCCS Garment in Kambodscha wuchs von 2003 bisAnfang 2006 der Anteil der Belegschaftsangehörigen mitKurzzeitverträgen auf 25%. PPCS produzierte Waren fürAdidas, Gap und Puma. Die Vertragsdauer betrug zweioder drei Monate, wobei einige Arbeitnehmer seit mehrals zwei Jahren über aneinander anschließende Verträgebeschäftigt waren. Bei Ablauf ihres Vertrages wurdendiese Arbeiter mit einem neuen Kurzzeitvertrag wiedereingestellt. Sie verloren so ihr Dienstalter sowie weitere,damit einhergehende Leistungen wieMutterschaftsurlaub, Jahresurlaub oder an die Dauer derBetriebszugehörigkeit geknüpfte Lohnerhöhungen.64
• Die IAO vermeldet eine allgemeine Zunahme bei derVerwendung von Kurzzeitverträgen in denBekleidungsfabriken Kambodschas und hat sich besorgtgeäußert, dass die Arbeitgeber Kurzzeitverträge nutzen,um die Beschäftigungssicherheit der Arbeitnehmer zuuntergraben.”65 In seinem jüngsten Bericht meldet das„Better Factories“-Programm der IAO für Kambodscha,dass die Missachtung der diesbezüglichenBestimmungen bei den beobachteten Fabriken zwischenApril und Oktober 2007 um 3% zugenommen habe.66
Schon in den sechs Monaten von November 2006 bisApril 2007 war die Zahl der festgestellten Fälle derMissachtung der Vorgaben um 5% gestiegen.67
Vertragsagenturen: Wo die exzessive Verwendung kurz-fristiger Verträge gesetzlich beschränkt ist, reagieren einigeArbeitgeber, indem sie Arbeitnehmer über eine unabhängi-ge Vertragsagentur beschäftigen, die rechtlich alsArbeitgeber dieser Arbeitnehmer fungiert (dies wird als„Leiharbeit“ bezeichnet) – obwohl die Arbeiter in jederHinsicht ihre normalen Aufgaben innerhalb des Werkesausführen.• Im November 2007 berichteten chinesische Medien,
dass der Sportmützenhersteller Global Cap ProductsLtd.XV in der Wirtschafts- und Technologieentwicklungs-zone Guangzhou seine Mitarbeiter unter Druck setzte,
neue Arbeitsverträge mit einer unabhängigen Agenturabzuschließen. Arbeitnehmern, die die neue Regelungvor dem 31. Dezember 2007 akzeptierten (dem Tag,bevor das neue chinesische Vertragsarbeitergesetz inKraft trat), wurde eine Lohnerhöhung versprochen.Arbeitnehmern, die sich weigerten, wurde erklärt, dassihre Verträge nicht verlängert werden würden. Diejenigen,die neuen Verträge mit der unabhängigen Agentur unter-zeichnet haben, könnten an Arbeitsplätze überall in derProvinz Guangzhou versetzt werden, sollte sich dieAuslastung bei Global Cap Products abschwächen.68
• In der Molten Thailand-Fabrik (die für Adidas denTeamGeist-Fußball der Fußballweltmeisterschaft 2006produzierte), erzählten Beschäftigte der Thai LabourCampaign, dass das Werk seine Arbeitnehmer zuneh-mend über eine unabhängige Agentur einstelle.Leiharbeiter erhalten geringere Löhne undArbeitgeberleistungen und müssen sich ihreArbeitskleidung selbst kaufen.69
Der Einsatz von Leiharbeitern schafft zusätzlicheUnsicherheiten für die Beschäftigten, die bei derartigenRegelungen kaum abgesichert sind. Während es bestimmteArten von Arbeiten gibt, bei denen eine Vergabe anSubunternehmer gerechtfertigt sein mag, weil sie nicht Teilder Kerntätigkeit des Werks sind (z.B. der Kantinenbetrieb),sollten die im Rahmen der Kerntätigkeit des Werks beschäf-tigten Arbeitnehmer direkt beschäftigt werden und unbefris-tete Verträge erhalten.
Was treibt die Zunahme unsichererBeschäftigungsverhältnisse an?
Zur Verringerung ihrer ständigen Lagerbestände setzt dieBranche auf ein fertigungssynchrones Modell, bei demWaren dann ausgeliefert werden, wenn sie in den Lädengebraucht werden. Dies erhöht die Saisonalität derProduktion, sodass es bei Werksbestellungen Haupt- undNebensaisons gibt. Dabei sind die saisonalenSchwankungen bei Sportbekleidung größer als beiSportschuhen (siehe nachfolgend Abb. 1 und 2).
Solange das globale System derSportbekleidungsfertigung instabil bleibt, wird sich dieTendenz fortsetzen, den Großteil des Risikos imWettbewerb um Kunden und Aufträge nach unten weiterzu-geben. Diejenigen, die keinen mehr haben, an den sie dasRisiko weitergeben können – die Beschäftigten am unterenEnde der Lieferkette –, tragen letztlich die Hauptlast derInstabilität des Systems.
XIV. BPG fertigt für Sportbekleidungsmarken wie Fila, Prostar, Converse, Elverys Sports, Erima, Surridge, Le Coq Sportif, Sergio Tacchini u. a.XV. Ein offizieller englischer Name für das Unternehmen ist nicht aufgeführt. Der Unternehmensname ließe sich auch mit „Universal Hat CompanyLtd.“ übersetzen.
33
Belegschaft weiter zu beschäftigen. Die Fabriken reagierenauf diese „Saisonalität“ mit einer Reihe von Methoden:• Sie verlangen von ihrer Stammbelegschaft während der
Hochsaison extrem lange Arbeitszeiten.• Sie vergeben die überschüssige Produktion während der
Hochsaison an andere Fabriken weiter.• Sie beschäftigen Arbeiter mit Kurzzeitverträgen, die wäh-
rend der Nebensaison nicht weiter beschäftigt werdenmüssen, und
• sie verwenden Leiharbeiter, die während derNebensaison entlassen werden können.
Die Verwendung von Kurzzeitverträgen, die Untervergabevon Aufträgen und der Einsatz von Leiharbeitern könnenaußerdem einfach Versuche des Arbeitgebers sein, seineKosten und Verpflichtungen den Beschäftigten gegenüberzu reduzieren und/oder Gewerkschaften zu beseitigen, umin unverantwortlicher Weise den eigenen Gewinn zu stei-gern oder die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
In einigen Ländern gibt es gesetzliche Beschränkungengegen die übermäßige Verwendung von Kurzzeitverträgenund Leiharbeit. • In Kambodscha schreibt das Arbeitsrecht vor, dass
Kurzzeitverträge nicht für länger als zwei JahreVerwendung finden dürfen. Zwar kann der Vertrag einmaloder mehrmals verlängert werden, doch nach zweijähri-ger Beschäftigung mit einem oder mehreren aneinanderanschließenden Zeitverträgen gelten die Arbeitnehmerals fest angestellt.70
• In Korea schreibt eine am 1. Juli 2007 in Kraft getreteneÄnderung der Beschäftigungsgesetze vor, dassArbeitnehmer für maximal zwei Jahre über Zeitverträgebeschäftigt werden können. Nach dem zweiten Jahr giltder Betreffende dann als fest angestellt. In ähnlicherWeise können Leiharbeiter nicht länger als zwei Jahrebeschäftigt werden. Danach muss das Unternehmen denBetreffenden entweder direkt beschäftigen oder einBußgeld von bis zu USD 30.000 zahlen.71
• I
72
Leider setzten einige internationale Unternehmenslobbys– insbesondere die Amerikanische Handelskammer inSchanghai und der US China Business Council (die) – die
ABB. 1 UND 2: ZWEI BEISPIELE FÜR DIE SAISONALITÄTVON US-IMPORTEN, 2004-2007
Seasonality of sports footwear imports into the US from China,Indonesia, Vietnam and Thailand, 2004-2007
Während der Hochsaison braucht eine Fabrik zusätzlicheKapazitäten und eine größere Belegschaft, um dieLiefertermine für ihre Aufträge zu erfüllen. Während derNebensaison gibt es ggf. nicht genug Arbeit, um eine große
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■ Row 38■ Row 51
Seasonality of tracksuit imports into the US, 2004-2007
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anderer Werke, die ggf. vorsichtiger sind, sich
über ihre Arbeitsbedingungen zu beschweren,
weil sie fürchten, ihre Arbeit zu verlieren.
Angesichts des Niedergangs des Importquotensystems fürBekleidung und Textilien sind die Unternehmen –Einzelhändler, Marken und Hersteller – dabei, ihre globa-len Lieferketten und Fertigungsnetze umzustrukturieren.Dabei nehmen sie wenig Rücksicht auf die negativenAuswirkungen auf Arbeitnehmer, ihre Familien,Gemeinwesen oder Länder.
Der Schmerz des Arbeitsplatzverlustes wird dabei nochdadurch verschärft, dass die Beschäftigten häufig sogarohne Rechtsansprüche auf eine Abfindung oderLohnrückstände zurückbleiben, weil ihre Arbeitgeber ent-weder finanziell schlecht gewirtschaftet oder keineRückstellungen gebildet haben, um ihren gesetzlichenZahlungsverpflichtungen nachzukommen, nachdem dasWerk erst einmal geschlossen ist. Und obwohl die offen-sichtlichsten Auswirkungen von Werksschließungen undbetriebsbedingten Kündigungen die direktenArbeitsplatzverluste und wirtschaftlichenMultiplikatoreffekte in den örtlichen Gemeinwesen sind,sind auch jene Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsplätze inanderen Fabriken behalten, betroffen: Die Drohung derWerksschließung ist in der Vergangenheit auf wirkungsvol-le Weise gegen die Organisierungsbemühungen derGewerkschaften eingesetzt worden, aber auch, umArbeitnehmer unter Druck zu setzen, für die Käufer tätigeBetriebsprüfer bei Werksbesichtungen zu belügen.77
Während einige wenige markensensibleSportbekleidungsunternehmen bereit sind, Möglichkeitenzur Verringerung der negativen Auswirkungen vonUmstrukturierungen und Konsolidierungsmaßnahmen zudiskutieren, weigert sich die große Mehrheit, eineVerpflichtung zur Begründung ihrer Maßnahmen gegen-über den betroffenen Arbeitnehmern und Gemeinschaftenauch nur in Betracht zu ziehen.
Katastrophale Auswirkungen
Ein klassischer Fall einer Werksschließung mit katastropha-len Folgen ist Hermosa Manufacturing in El Salvador, wo zuverschiedenen Zeiten für Nike, Russell Athletic, Adidas undPuma gefertigt wurde. Das Werk wurde 2005 geschlossen,und die Beschäftigten blieben ohne Arbeitsplätze, Zahlungvon Lohnrückständen, Abfindungen und Wohnungen und– weil es der Eigentümer versäumt hatte, Gelder an diestaatliche Sozialversicherung abzuführen, obwohl er dieentsprechenden Arbeitnehmerbeiträge einbehalten hatte
chinesische Regierung unter Druck, die den Arbeitnehmernim neuen chinesischen Vertragsrecht gewährten Rechtemöglichst stark zu beschränken, und drohten, dass einigeihrer Mitglieder das Land verlassen könnten, falls die„Flexibilität“ verringert würde.73 Und sie waren erfolgreich:Einige Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer fehl-ten in späteren Fassungen des Gesetzes.74 Die EuropäischeHandelskammer in Peking, die sich zunächst gegen dasGesetz ausgesprochen hatte, hat ihre Haltung später aufDruck u. a. des Europäischen Gewerkschaftsbundes revi-diert. Einige Unternehmensgruppen aus Hongkong wie dieFederation of Hong Kong Industries drängen weiter aufÄnderungen oder Befreiungen von diesem Gesetz.75
Man muss an dieser Stelle anerkennen, dass Nike dieBestimmungen über Vertragsschlüsse im neuen Gesetzausdrücklich unterstützt hat. „Wir unterstützen dieForderung nach langfristigen Arbeitsverträgen in derLieferkette, um den Missbrauch von Kurzzeitverträgen etwazur Vermeidung von Versicherungs- undLeistungsbestimmungen zu verringern.”76
Selbst dort jedoch, wo eindeutige gesetzliche Regelungenbestehen, werden diese häufig nicht angemessen durchge-setzt. Die Sportbekleidungsmarken und -hersteller solltendaher zumindest gewährleisten, dass sie und ihreLieferanten die nationalen Gesetze zu Arbeitsverträgenund Leiharbeit einhalten und keine Vertragsarbeiter nut-zen, um ihre rechtlichen Pflichten gegenüber ihrenBeschäftigten zu unterlaufen. Einige andere Dinge, dieSportbekleidungsunternehmen tun können, um für siche-rere Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen, betrachten wirin Kapitel VI.
Werksschließungen
DIE HÜRDEEine der bitteren Wahrheiten bezüglich der
Arbeit in der Bekleidungsindustrie war in den
letzten Jahren die dramatische Zunahme von
Werksschließungen – eine Folge der
Umstrukturierung der Produktion und sich wan-
delnder Einkaufspraktiken. Werksschließungen
wirken sich nicht allein auf jene tausende von
Arbeitnehmern und ihre Familien aus, die ihr
Einkommen verlieren. Sie erzeugen außerdem
Angst und Unsicherheit bei den Beschäftigten
35
– ohne Krankenversicherung oder Rentenansprüchezurück. Auch nach inzwischen drei Jahren ist es denBeschäftigten nicht gelungen, die ihnen rechtlich zuste-henden Leistungen einzutreiben.XVI
Hermosa ist dabei leider nur eins einer stetig wachsendenZahl von Bekleidungswerken weltweit, das in der Folge desRückbaus der Quoten für Bekleidung und Textiliengeschlossen wurde (häufig mit ähnlichen Versäumnissenseitens der Eigentümer und Regierungen, ihren gesetzli-chen Verpflichtungen nachzukommen).
Während die dramatischsten Umstrukturierungen derzeitin der Bekleidungsindustrie ablaufen, ist auch derSportschuhsektor, der in den 1980er Jahren eine Phase all-gemeiner Konsolidierung durchmachte, nach wie vor nichtgefeit gegen massive Werksschließungen undProduktionsverlagerungen.• Im November 2006 wurden die indonesischen
Schuhfabriken PT Spotec und PT Dong Joe geschlossen.Dabei verloren 10.500 Beschäftigte ihre Arbeit. Eine drit-te Fabrik, PT Tong Yang, wurde ebenfalls geschlossen.Diese Schließung kostete 9000 Arbeitsplätze. Alle dreiFabriken fertigten für Reebok und anschließend fürAdidas, nachdem das Unternehmen Reebok übernom-men hatte. Bis dato – gut ein Jahr, nachdem dieSchließung der Fabriken fast 20.000 Menschen arbeits-los gemacht hatte – hat die Mehrzahl der bei PT Spotecund PT Dong Joe Beschäftigten noch immer nicht ihrevollständigen Abfindungen und sonstigen ihnen rechtlichzustehenden Leistungen erhalten. Die anhaltendenBemühungen von Adidas um die Wiedereinstellung derPT Spotec-Arbeiter in dem von einem neuen Eigentümerwieder eröffneten Werk haben bisher nicht zurWiederbeschäftigung der Betroffenen geführt.
• Bei Elegant Top Shoes Co. Ltd. in Dongguan, China, gin-gen 4000 Arbeitsplätze verloren, als das Unternehmenam 20. Dezember 2007 – nachdem es nahezu 20 Jahrefür bedeutende Marken wie Reebok und Adidas gefertigthatte – seine Tore schloss. Obwohl eine Vielzahl vonSchließungsgründen denkbar sind, verwiesen unsereInformanten auf gestiegene Kosten in Verbindung mitdem neuen chinesischen Gesetz zur Vertragsarbeit, derWechselkursentwicklung (die den Wert der von den US-Abnehmern gezahlten Preise im Verhältnis zu den örtli-chen Fixkosten verringert) und der Verfügbarkeit billigererArbeiter weiter im Landesinneren.78
Auch wenn der Mangel an Transparenz innerhalb derBranche es schwierig macht, die genauen Gründe für ein-zelne Schließungen von Bekleidungs- und Schuhfabrikenzu ermitteln, sind Schließungen keine wirtschaftliche
Zwangsläufigkeit. Sie sind eine Folge eines bestimmteninstabilen, unverantwortlichen und nicht nachhaltigenGeschäftsmodells, das wir in Kapitel I diskutiert haben.
Einzelhändler und Marken treffen ihre Entscheidungen darüber,wo sie ihre Produkte beziehen, auf Grundlage einer Reihe vonGesichtspunkten. Hierzu gehören Preis, Lieferzeiten,Transportkosten, Qualität und in einigen Fällen die Einhaltungder unternehmenseigenen Verhaltenskodizes. AuchHandelsverträge spielen bei der Wahl desProduktionsstandortes eine wichtige Rolle, denn sie regelnoder beseitigen Grenzzölle und Quoten für das fertige Produkt.
Obwohl die Einfuhrquoten, die die Bekleidungsproduktion aufalle Ecken der Welt verstreut haben, derzeit beseitigt werden, istvöllig unklar, in wieweit die Instabilität in derBekleidungsindustrie mit zunehmenderBranchenkonsolidierung verschwinden wird. Einige großeEinzelhändler und Abnehmer werden einen größerenProzentsatz ihrer Produktion in einer geringeren Anzahl erstran-giger Werke in einer kleineren Zahl von Ländern konsolidieren.Die vertikale Untervergabe wird jedoch in den Lieferketten die-ser Unternehmen weiterhin vorkommen. Das in Kapitel I disku-tierte Wachstum der asiatischen transnationalen Handels- undFertigungsunternehmen führt zu einem Sanduhrmodell, beidem es in der Mitte so aussieht, als gäbe es eineKonsolidierung – aber im unteren Teil erkennen wir weiter einMuster globaler Verlagerungen und instabilerEinkaufspraktiken.
Um ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln, indem weder Arbeitnehmer noch Lieferanten einer instabilenAuftragslage und unsicherer Beschäftigung ausgesetztsind, müssen Marken und Einzelhändler langfristige, stabi-le und direkte Beziehungen zu den Lieferwerken entwi-ckeln.XVII Sie müssen außerdem Verkaufspraktiken entwi-ckeln, die der Einhaltung der Rechte der Arbeitnehmer eingrößeres Gewicht einräumen als kleinen Senkungen derStückpreise, die ggf. durch ständige Verlagerung derProduktion an immer billigere Standorte erreicht werdenkönnen. Mehr hierzu in Kapitel VI.
Wirtschaftliche Lebensfähigkeit
Schließungen sollten nur dort vorkommen, wo ein Werknicht mehr imstande ist, sich selbst zu tragen, und wo allesonstigen Optionen zur Rettung des Unternehmenserschöpft wurden. Es ist jedoch nicht immer problemlosmöglich, die Verantwortlichkeiten für wirtschaftlicheEntscheidungen, die sich auf die Lebensfähigkeit einesbestimmten Werkes auswirken, zu entwirren.
XVI. Für eine detaillierte Diskussion der Schließung des Hermosa-Werkes einschließlich von Empfehlungen zur Vermeidung „zukünftiger Hermosas“siehe Maquila Solidarity Network: Emergency Assistance, Redress and Prevention in the Hermosa Manufacturing Case. 2007. Erhältlich unter:www.maquilasolidarity.org/en/currentcampaigns/Hermosa/MSNReport XVII. Marken könnten außerdem in Betracht ziehen, eigene Fertigungseinrichtungen zu erwerben und zu kontrollieren.
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So können etwa Entscheidungen von Lieferanten und/oderEinkäufern, die mehrere Fabriken in einem oder mehrerenLändern nutzen, darüber, welche Werke welche Aufträgeerhalten, die Lebensfähigkeit des einen oder anderenWerkes beeinflussen. Die Abnehmer können es außerdementweder bewusst oder aus Gleichgültigkeit versäumen,Werke, in denen die Arbeitsnormen besser eingehaltenwerden – insbesondere solche mit Tarifabschlüssen – zuunterstützen, was zu Schließungen führen kann.
Beides scheint bei der Mützenfabrik BJ&B in derDominikanischen Republik eine Rolle gespielt zu haben.Die Beschäftigten des Werkes sahen sich Anfang 2007einer Krise ausgesetzt, als die koreanischeMuttergesellschaft von BJ&B, Yupoong, die bevorstehendeSchließung des Werkes ankündigte. In den Jahren 2001und 2002 hatte es bei BJ&B Bemühungen zur gewerk-schaftlichen Organisierung gegeben, die nach Eingreifeninternationaler Arbeitsrechtorganisationen und Multi-Stakeholder-Initiativen wie dem Worker Rights Consortiumund der Fair Labor Association und von Abnehmern wieNike, Adidas und Reebok zu einem bahnbrechendenTarifvertrag geführt hatten.79
In den Folgejahren jedoch fuhr Yupoong seine Investitionenbei BJ&B immer weiter zurück – und zwar so sehr, dass dasWerk, das 2001 noch 2000 Beschäftigte hatte, zum Zeitpunktder Schließungsankündigung nur noch 350 Mitarbeiterbeschäftigte. Die Eigentümer gaben als Grund für dieSchließung die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit gegenüberanderen Yupoong-Werken in Bangladesch und Vietnam an.Darüber hinaus hatten sich Abnehmer wie Reebok zurückge-zogen, so dass Nike zum Zeitpunkt der Schließung der letztewichtige Abnehmer war.
Die wirtschaftliche Aushungerung dieses gewerkschaftlichorganisierten Werkes zugunsten nicht gewerkschaftlichorganisierten Fabriken in Ländern mit niedrigeren Löhnenist eine bittere Mahnung, dass die Branche versäumt, dieEinhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben durch erhöhteBestellungen zu honorieren.
Der Fall BJ&B ist außerdem eine Mahnung, dass, weil wir esmit globalen Lieferketten zu tun haben, eine engeEinschätzung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit eineseinzelnen Werkes nicht ausreicht, um eine Schließung zubegründen. Eine echte Bewertung der wirtschaftlichenLebensfähigkeit eines Werkes muss auch die Bestellmusterder Abnehmer, die Frage, ob die gezahlten Preise ausrei-chen, um die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben ineinem Werk zu ermöglichen, und die Finanzlage derMuttergesellschaft berücksichtigen.
Aufgrund der Vielzahl der Abnehmer bei jedem beliebigenWerk bedarf es vereinter Anstrengungen von Abnehmernund Lieferanten gemeinsam mit Gewerkschaften,
Nichtregierungsorganisationen und Regierungen, um dieLebensfähigkeit der gemeinsam genutzten Fabrik zugewährleisten und eine Schließung zu vermeiden.
Wenn ein Werk schließt
Wenn die Schließung eines Werkes nicht zu verhindern ist,stehen sowohl Abnehmer als auch der Werkseigentümer inder Pflicht, für den Einsatz optimaler Verfahren zu sorgen,um die negativen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer undihre Gemeinwesen zu verringern.
Zentrale internationale Norm dabei ist das IAO-Überein-kommen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nr.158), das die Anhörung der Arbeitnehmer oder ihrerVertreter in Bezug auf Alternativen zur Schließung, eineangemessene Kündigungsfrist, die Zahlung vonAbfindungen und die Gewähr, dass bei Kündigungen nichtdiskriminiert werden darf, betont. Das IAO-Übereinkom-men zum Schutz der Forderungen der Arbeitnehmer beiZahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers legt außerdem fest,dass die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Zahlung einerAbfindung oder anderer gesetzlich vorgeschriebenerEntschädigungsleistungen ihres ehemaligen ArbeitgebersVorrang vor den nicht geschützten finanziellenForderungen gegenüber dem Arbeitgeber beispielsweisedes Staates hat.
Jedoch sollten und können Sportbekleidungsunternehmen,wenn es um die katastrophalen Auswirkungen vonWerksschließungen geht, mehr tun als das absoluteMinimum. In Kapitel VI schauen wir uns an, was möglich ist.
Existenzsichernde Löhne
DIE HÜRDETrotz der zunehmenden Aufmerksamkeit von
Multi-Stakeholder-Initiativen, Fürsprechern
der Rechte der Arbeitnehmer und Akademikern
gegenüber diesem Problem wurden bisher nur
geringe oder gar keine Fortschritte dabei
gemacht, sicherzustellen, dass Arbeiter, die
Sportbekleidungsprodukte herstellen, einen
zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse aus-
reichenden Lohn erzielen.
37
Nicht nur sind die Arbeitnehmer am unteren Ende derLieferkette gezwungen, den Löwenanteil der mit derForderung der Branche nach Flexibilität verbundenenRisiken zu tragen; sie müssen auch die Kosten für die vomVerbraucher geforderten Niedrigpreise zahlen.
„Wir haben ein sehr schweres Leben …“, schrieb eineGruppe von Wanderarbeitern in Shenzhen, China, in einemBrief vom März 2007 an eine staatliche Stelle, da dieInflation in ihrer Region den Wert ihrer sowieso schonmageren Löhne noch weiter reduzierte.80
„Die Statistik zeigt, dass der Verbraucherpreisindex im Juni2007 im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahrs um4,4 Prozent gestiegen ist“, heiß es in dem Brief. „DerAnstieg bei Lebensmitteln und Miete lag bei mehr als 10Prozent. Wenn unsere Löhne gleich bleiben oder sinken,wie sollen wir dann unsere Familien ernähren? Wie könnenwir Geld sparen? Wenn wir unsere Familien nicht ernährenund kein Geld sparen können, welchen Sinn hat es dann,hier zu arbeiten?“
Der Mindestlohn in Shenzhen lag zu diesem Zeitpunkt beiRMB 700 pro Monat (USD 100).XVIII Damit eine Familie groß-zuziehen war, selbst wenn beide Partner arbeiteten, nahe-zu unmöglich.81 Noch schlimmer war, dass aufgrund einersteil gestiegenen Inflationsrate beim Grundbedarf, wieetwa Lebensmitteln, in der Provinz Guangdong im letztenJahr die Reallöhne der Arbeitnehmer – selbst nachAnhebung der Mindestlöhne – gefallen sind.82
Um zu überleben, sind die Arbeitnehmer in der Regel aufÜberstunden und Leistungs- und Anwesenheitsprämienangewiesen, die ihre Gehälter auf RMB 900 bis RMB 1.400(USD 128 bis USD 200) anheben können. Zum Vergleich:Ein Paar Adidas-Laufschuhe kosten in Shenzhen zwischenRMB 600 und RMB 1.200 (USD 86 bis USD 171) – fast einMonatseinkommen für die Arbeiter, die sie gemachthaben.83
Viele Arbeitnehmer logieren in werkseigenen Schlafsälen(häufig zu zwölft auf einem Zimmer) und essen in derWerkskantine. Auch wenn junge Wanderarbeiterinnen, dieeinen Großteil der Arbeitskräfte der Branche stellen, imAllgemeinen keine Kinder zu versorgen haben, versuchensie, genug zu verdienen, um einen Teil ihres Lohns nachHause schicken und ihre Familien unterstützen zu können.
Die Arbeitnehmer in Shenzhen sind nicht die Einzigen, die
in der Branche mit Hungerlöhnen konfrontiert sind. DieBeschäftigten der Sportbekleidungsbranche überall aufder Welt haben dieselben Sorgen. • Die Beschäftigten der Yue Yuen-Werke in Dongguan,
China, arbeiten täglich durchschnittlich 10-12 Stunden,um Sportschuhe für große Sportbekleidungsmarken her-zustellen. Sie stehen unter enormem Druck, hoheFertigungsquoten zu erfüllen. Und doch verdienen einigedieser Arbeiter nur RMB 900 im Monat – ca. USD 0,53 proStunde.XIX Die Beschäftigten einiger Subunternehmer vonYue Yuen in der Gegend erhalten nur RMB 500-600 (USD71 bis USD 86) pro Monat – weniger als der gesetzlicheMindestlohn –, und das, obwohl sie 12-13 Stunden amTag arbeiten.84
• Arbeiter, die in Jalandhar, Indien in Heimarbeit Fußbällenähen, sagten Mitarbeitern von Play Fair, dass dieStückpreise während der letzten fünf Jahre gleich geblie-ben seien, obwohl die örtliche Inflationsrate im letztenJahr laut Schätzungen zwischen 6,7% und 10% lag. Jenach Art des gefertigten Balls verdient ein zu Hause inHandarbeit tätiger Ballnäher zwischen USD 0,35 und USD0,88, wobei er pro Tag zwei bis vier Bälle schafft.XX
• Fußballnäher in Pakistan berichten, dass sie pro Ball zwi-schen USD 0,57 und USD 0,65 erhalten – ein Preis, dersich seit sechs Jahren nicht verändert hat, obwohl derVerbraucherpreisindex in diesem Zeitraum um 40%gestiegen ist.85
• Die Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie inKambodscha verdienen im Monat im Durchschnitt zwischen70 und 80 Dollar, einschließlich Überstunden undBonuszahlungen – nicht genug, um einem Arbeiter mitFamilie einen ordentlichen Lebensstandard zu ermöglichen.86
• Der existenzsichernde Lohn für Textilarbeiterinnen und -arbeiter in Sri Lanka wird in den Freihandelszonen aufLKR 12.504 (USD 116) pro Monat und außerhalb derFreihandelszonen auf LKR 10.183 (USD 94,46)geschätzt.87 Die meisten Beschäftigten imBekleidungssektor verdienen innerhalb der Zonen jedochim Schnitt nur LKR 8.779 (USD 81) und außerhalb LKR7.364 (USD 68),XXI selbst, wenn man Überstunden,Anwesenheits- und Leistungsprämien mit einrechnet.88
Der Mindestlohn für Arbeitnehmer in derBekleidungsindustrie wurde 2006 auf LKR 6.000 (USD56) im Monat erhöht89 – noch nicht einmal die Hälfte desgeschätzten existenzsichernden Lohns. Dabei ist zudemdie hohe Inflationsrate in Sri Lanka zu berücksichtigen.
• Im März und April 2008 kam es in vietnamesischenSportschuhfabriken zu Streiks, da die Löhne nicht mit derzweistelligen Inflationsrate mithalten konnten.90
XVIII. Teilweise als Reaktion auf den Druck von Arbeiternehmern wie den Verfassern des zitierten Briefes wurde der Mindestlohn in Shenzhen imOktober 2007 auf RMB 750 pro Monat erhöht. XIX. Nike rühmte sich vor kurzem gegenüber Reportern, dass die Arbeiter eines Werkes von Yue Yuen in Dongguan RMB 1.472 im Monat verdienten(siehe Mitchell, Tom: „As inflation bites, China Inc looks beyond low costs“, Financial Times China, 17. März 2008). Die in Kapitel IV im Einzelnen dar-gestellten Untersuchungen von Play Fair zeigen, dass dies nicht das Normaleinkommen in den Werken von Yue Yuen ist.XX. Für weitere Informationen, Quellen und Methodik siehe Kapitel V.XXI. Der Unterschied bei den Löhnen zwischen den beiden Beschäftigtengruppen lässt sich zumindest teilweise auf die höhere Zahl an Überstundenzurückführen, die von den Beschäftigten innerhalb der Zonen verlangt wird.
38
• In Bangladesch, wo es 2006 in der Bekleidungsindustriezu Massenprotesten kam, wurde der Mindestlohn vonBDT 900 (USD 13) im Monat auf BDT 1.662,50 im Monat(USD 24,30) erhöht. Die Gewerkschaften in Bangladeschgehen davon aus, dass der existenzsichernde Lohn zudiesem Zeitpunkt näher bei BDT 4.800 (USD 70) lag.91
In der Türkei beträgt der übliche Lohn innerhalb derBranche laut Schätzungen die Hälfte desExistenzminimums.92
In einer globalisierten Wirtschaft sind unzureichendeLöhne nicht allein das Resultat örtlicherWirtschaftsfaktoren. Regierungen und örtlichen Herstellernist durchaus bewusst, dass bei einer Erhöhung desMindestlohns in einem Land die sehr reale Gefahr besteht,dass die internationalen Konzerne die Fertigung in einanderes Land mit geringeren Lohnkosten verlagern. Mandenke nur an die Schließung des BJ&B-Werkes in derDominikanischen Republik zugunsten anderer Yupoong-Werke in Vietnam und Bangladesch. Damals betrug derMonatslohn eines Arbeiters im BJ&B-Werk ca. USD 125,79.Die Löhne in Bangladesch lagen teilweise bei nur USD49,88 im Monat – das sind 24 Cents pro Stunde.93
Warum zahlen die Sportbekleidungsunternehmenkeine existenzsichernden Löhne?
Wenn man sie mit der Frage konfrontiert, warum sie keineexistenzsichernden Löhne zahlen, reagierenSportbekleidungsunternehmen mit folgendenArgumenten: • Die Löhne sollten durch die örtlichen Marktkräfte bzw.
durch Tarifverhandlungen festgelegt werden, und• die Kalkulation eines existenzsichernden Lohns ist kom-
pliziert und ein zuverlässiges System dafür gibt es nicht.
Marktkräfte und Tarifverhandlungen
Laut der Fair Labor Association (FLA), der vieleSportbekleidungsunternehmen angehören, „zeigt dieErfahrung, dass es schwierig – wenn nicht gar unmöglich –ist, einen regionsspezifischen existenzsichernden Lohnfestzulegen.“94 Die FLA argumentiert: „Wir sollten Anreizeschaffen und Kapazitäten aufbauen, um zurArbeitnehmervertretung und zu Tarifverhandlungen anzu-regen und Arbeitnehmern und Arbeitgebern dieMöglichkeit zu bieten, ein Lohnniveau zu vereinbaren, dassder Situation im Lande entspricht.“95
Obwohl niemand der Aussage widersprechen würde, dassdie Ermöglichung von Tarifverhandlungen zum Erreichen
des angestrebten Lohnniveaus anderen Methoden derFestlegung eines angemessenen Lohnniveaus vorzuziehenist, schränken die oben beschriebenen Einschränkungender Vereinigungsfreiheit und der Freiheit zuTarifverhandlungen diese Option kurzfristig ein – insbe-sondere angesichts der Neigung derSportbekleidungsunternehmen, ihre Produktion inRechtsräumen anzusiedeln, wo die Vereinigungsfreiheitund das Recht auf Tarifverhandlungen gesetzlich einge-schränkt werden.
Darüber hinaus ist die Fähigkeit der örtlichen Märkte zurFestlegung angemessener Lohnniveaus äußerst einge-schränkt, wenn die Industrie nicht durch nationale Grenzenbeschränkt und ihre mächtigsten Akteure die Produktion inandere Rechtsräume verlagern können (und es auch tun),sobald das Lohnniveau oder andere Produktionskostensteigen. Zu argumentieren, dass es in die Verantwortungder örtlichen Rechtsräume falle, angemesseneLohnniveaus festzulegen, ohne dass sich ausländischeInvestoren und Abnehmer verpflichten, die Produktion imLand zu belassen, ist im besten Falle unaufrichtig.XXII
An Lieferanten gezahlte Preise
„Preis, Qualität und Lieferzeiten sind heute keineVariablen mehr. Heute legt der Abnehmer einen festenZielpreis, einen festen Qualitätsstandard und ein festesLieferdatum für die Kleidungsstücke fest. Wenn dieFabrik den Zielpreis des Abnehmers nicht erfüllen kann,geht der Abnehmer woanders hin.” 96 David Birnbaum,Branchenanalyst, Oktober 2006.
Die örtlichen Marktkräfte sind noch immer von Belang –nicht nur, was in einem spezifischen Zusammenhang dasMessen eines existenzsichernden Lohns betrifft, sondernauch, was die Fähigkeit zum Erreichen höherer Löhneangeht. Allerdings sind die Lohnniveaus in Fabriken, dieSportbekleidung fertigen, nicht allein durch die örtlichenMärkte beschränkt, sondern auch von den Preisen abhän-gig, die die Abnehmer auf einem globalen Markt festlegen.Wenn die an Lieferanten gezahlten Preise fallen, wird dieFähigkeit der Arbeitnehmer, im Zusammenhang des örtli-chen Marktes oder von Tarifverhandlungen einen höherenLohn zu erreichen, weiter eingeschränkt.
Da konkrete Daten zu den Preisen, die Abnehmer ihrenLieferanten zahlen, ein gut gehütetes Geheimnis sind, istes schwer, Einzelinformationen über Trends bei derPreisentwicklung zu bestätigen. Die Berichte über einenAbwärtsdruck auf die Preise in derSportbekleidungsindustrie sind jedoch weit verbreitet.
XXII. Dessen ungeachtet haben die Regierungen weiter eine Verpflichtung, Mindestlöhne festzusetzen. Dies sollte auf eine Weise erfolgen, die mit denIAO-Übereinkommen 28 und 131 im Einklang steht.
39
Abb. 3 zeigt die Veränderung im Ortswert des US-Importpreises pro Paar Sportschuhe, der 2007 trotzSchwankungen in allen vier Hauptfertigungsländern fiel.97
In Indonesien, wo einige Quellen schätzen, dass dieProduktionskosten für Schuhe pro Jahr um 3,5% zugenom-men haben,98 ist der Ortswert der durchschnittlichen vonUS-Abnehmern gezahlten Preise für Sportschuhe im ver-gangenen Jahr um fast 19% gefallen.
ABB. 3: Percentage Change in local value of US sports shoe import prices
Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) schätzt, dassdie den Bekleidungsherstellern in Kambodscha gezahltenPreise 2005 gegenüber 2004 um 4,47% gefallen sind. DieIAO vermeldet, dass „ein führender internationalerAbnehmer diesen Trend bestätigt hat und dabei eine60%ige Zunahme in der Zahl der in Kambodscha gefertig-ten Stücke bei durchschnittlicher Preissenkung von 7% proStück angegeben hat.“99 Der Verband derBekleidungshersteller Kambodschas schätzte kürzlich,dass „von 2006 bis 2007 unsere Preise um etwa 10%gefallen und weiter im Fallen begriffen sind.“100
Zugleich können die pro Land und Lieferant gezahlten
Preise schwanken, und ihr realer Ortswert kann inAbhängigkeit von Wechselkursschwankungen variieren.Aus China etwa gibt es Berichte über steigende Preise101,obwohl die Preise im Vergleich zum weltweitenDurchschnitt102 nach wie vor niedrig sind und ihr Ortswertggf. durch Wechselkurserhöhungen des chinesischen Yuanausgeglichen worden sein könnte. Hersteller von Sportartikeln in Jalandar, Indien, erklärtengegenüber Play Fair, dass sich der fallende US-Dollar aufihre Gewinne ausgewirkt habe. Angesichts der auf Dollarlautenden Angebotspreise vermeldeten sie einen beachtli-chen Gewinnrückgang.103 Zugleich haben sich die Kostenfür PVC, das in Indien aus importiertem Mineralöl angefer-tigt wird, laut einem Hersteller „mehr als verdoppelt“.104
Zwar behaupteten diese Hersteller, ihre Verluste nicht inForm von Stückpreissenkungen an die Beschäftigten wei-tergegeben zu haben, doch beharrten mindestens zweiArbeitnehmer bestätigten, dass sie in den letzten Monatenfallende Preise erlebt hätten, als deren Ursache ausdrück-lich der Fall des Dollars genannt worden wäre.105
Es gibt keine pauschale Formel, um festzulegen, ob einPreis ausreicht, um einem bestimmten Lieferanten – unterBerücksichtigung der Produktivität seines Werkes, desMaterialeinsatzes, der Arbeitsorganisation, desGewinnniveaus, der Kosten für die Einhaltung örtlicher auf-sichtsrechtlicher Vorgaben und anderer Faktoren – dieZahlung existenzsichernder Löhne zu ermöglichen. Derwichtige Punkt jedoch ist, dass existenzsichernde Löhnenicht allein im Zusammenhang des örtlichen Markteserreicht werden können, wenn die üblichen denLieferanten gezahlten Preise deren Fähigkeit zur Zahlungsolcher Löhne beschränken. Aus diesem Grund müssen dieAnbieter und nicht bloß die Werksleitung eine Rolle dabeispielen, zur Erhöhung der Löhne der ihre Produkte ferti-genden Arbeitnehmer beizutragen.
Definition existenzsichernder Löhne
Die Einigung auf eine einzige Definition des Begriffs „exis-tenzsichernder Lohn“ hat sich als schwierig erwiesen. Dievielleicht häufigste Formulierung war, dass die Löhne „aus-reichen müssen, um die Grundbedürfnisse derArbeitnehmer und ihrer Familien zu erfüllen und ein gewis-ses frei verfügbares Einkommen zu bieten.”106 Wie sich diesin der Praxis messen lässt, ist Gegenstand von
-55%-50%-45%-40%-35%-30%-25%-20%-15%-10%
-5%0%5%
10%15%20%25%30%35%40%45%50%
2001 2002 2003 2004 2005 2006
■ Indonesia■ Vietnam■ China■ Thailand
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XXIII. Es gibt jedoch einige internationale Messgrößen, die man dabei berücksichtigen sollte. In Artikel 23.3 der Allgemeinen Erklärung derMenschenrechte der Vereinten Nationen heißt es: "Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seinerFamilie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert…" Und Artikel 25 besagt: "Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seineund seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige sozialeLeistungen sowie das Recht auf Sicherheit ..." Im Jahre 1928 verabschiedete die IAO das Übereinkommen 26, das die Unterzeichnerstaaten verpflichtete,eine einen Mindestlohn festlegende Stelle einzurichten . Im Jahre 1970 verabschiedete die IAO das Übereinkommen 131, das die Faktoren skizzierte, diein die Berechnung eines Mindestlohns einfließen müssen, darunter „die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen unterBerücksichtigung der allgemeinen Höhe der Löhne in dem betreffenden Land, der Lebenshaltungskosten, der Leistungen der Sozialen Sicherheit und desvergleichbaren Standes der Lebenshaltung anderer sozialer Gruppen [sowie] wirtschaftliche Gegebenheiten, einschließlich der Erfordernisse der wirt-schaftlichen Entwicklung, der Produktivität und des Interesses daran, einen hohen Beschäftigungsstand zu erreichen und aufrechtzuerhalten.“
Diskussionen, und es hat sich im Laufe der Jahre eineVielzahl mathematischer Formeln und Ansätze verbreitet.Selbst die Begrifflichkeiten – etwa, was„Grundbedürfnisse“ sind – sind heiß umstritten.XXIII
Statt sich auf die abstrakte Frage zu konzentrieren, wie eineuniverselle Formel zur Messung eines existenzsicherndenLohnes zu entwickeln sei, sollten Sportbekleidungsmarken,Hersteller und die Multi-Stakeholder-Initiativen, denen sieangehören, ihre Aufmerksamkeit der praktischen Fragezuwenden, wie man die Löhne der Arbeitnehmer bis aufeinen Punkt erhöhen könnte, an dem sie zumindest in dieSpanne der nationalen Schätzungen des existenzsichern-den Lohns fallen – statt zu erlauben, dass die Löhne weiterauf Armutsniveau verharren, während die akademischeDiskussion fortdauert.
Auf die Frage, wie sich die Löhne verbessern ließen, ant-worten Sportbekleidungsmarken sowie die Multi-Stakeholder-Initiative, bei der die größten MarkenMitglieder sind – die FLA –, wie folgt:• einzelne Abnehmer haben nicht genug Einfluss, um
Lohnerhöhungen in den Werken der Lieferanten zu ver-langen, und
• die Löhne werden steigen, wenn sich Produktivität undFertigkeiten verbessern.
Die Sportbekleidungshersteller ihrerseits argumentieren,dass sie die Löhne nicht erhöhen können, solange die vonden Abnehmern gezahlten Preise so niedrig bleiben.
Produktivität ist kein Allheilmittel
Während einige führende Sportbekleidungsmarken aner-kennen, dass die Löhne steigen müssen, neigen sie dazu,auf Verbesserungen bei der Fertigungseffizienz undProduktivität zu schauen, um die notwendigen Margen zugewährleisten, die Löhne auf Werksebene zu erhöhen. Zudiesem Zweck arbeiten Sportbekleidungsmarken wie Nikeund Adidas mit wichtigen Lieferanten zusammen, umderen Effizienz zu erhöhen und ein „schlankes“Fertigungssystem einzuführen.
Eine schlanke Fertigung setzt Gruppen von Beschäftigtenein, die das gesamte Produkt fertigen – vom Anfang biszum Ende –, statt nur an einem langen Produktionsbandeine monotone Aufgabe auszuführen. Obwohl schlankeSysteme tendenziell effizienter, flexibler und letztlich pro-duktiver sind, ist bisher nicht belegt, dass sie automatischzu Lohnerhöhungen bei den Beschäftigten oder zu höhe-ren Gesamteinkommen führen.
Die Untersuchung einer chinesischen Sportschuhfabrik, diekürzlich auf schlanke Produktion umgestellt wurde, zeigtedrastische Verbesserungen bei Effizienz, Flexibilität,
Qualität und Rentabilität. Allerdings kommt dieUntersuchung zu folgendem Schluss: „PositiveAuswirkungen auf die Löhne und Arbeitsstunden derBeschäftigten sind weniger deutlich erkennbar.”107
Die Untersuchung stellte außerdem fest, dass beiEinzelbefragungen und Treffen von Fokusgruppen Arbeitnehmerüber „eine Steigerung des Fertigungsdrucks und des individuel-len Stressniveaus bei schlanker Produktion“ klagten.”108
Eine größere Intensivierung der Arbeit sowie der Einsatzvon auf Gruppenzielen [für die Produktion] beruhendenZahlungssystemen erhöhen ebenfalls den durch denArbeitsbetrieb erzeugten Druck, da die Beschäftigten weni-ger Pausen machen, um die Produktion zu steigern, undaußerdem an das Arbeitstempo und den Rhythmus ihrerMitarbeiter statt an ihre eigenen operativen Abläufegebunden sind.109
„Einige Abteilungen dieses Werks“, so die Untersuchung,„ließen ihre Beschäftigten während der ersten Hälfte desJahres 2006 bis zu 274 Stunden pro Monat arbeiten.”110
Zwar sind andere Untersuchungen zu dem Schluss gekom-men, dass schlanke Systeme zu Einkommenserhöhungender Beschäftigten geführt haben111, doch enthalten sie inder Tendenz weder konkrete Daten über die Zunahme derGesamtvergütung, noch geben sie im Einzelnen an, wiediese Erhöhungen erreicht wurden. In einer häufig zitiertenUntersuchung wurden in einer Reihe chinesischer FabrikenLeistungsprämien verwendet, um die Vergütung für dienormalen Arbeitszeiten zu erhöhen, aber die meisten dortvermerkten Erhöhungen zeigten als einzige Veränderung,dass ein größerer Anteil der Beschäftigten dieser Fabrikenden gesetzlichen Mindestlohn erreichte.112
Eine interessante Untersuchung zweier mexikanischerFabriken, die für Nike fertigen, stellte allerdings höhereLöhne beim Werk mit schlanker Produktion fest, was teil-weise auf die Methode der kollektiven statt individuellenBerechnung der Produktionsziele zurückgeführt wurde.113
Die Verfasser der Studie warnten jedoch:
Es ist wichtig, nicht bestimmte Produktionssysteme mitUnterschieden bei den Arbeitsbedingungen zu vermengen.Obwohl die schlanke Produktion sich fürManagementpraktiken wie etwa verbesserte Schulung undautonome Arbeitsgruppen eignet, gibt es keine automati-sche Verknüpfung zwischen diesem System derArbeitsorganisation und besseren Arbeitsbedingungen.114
Mit dieser Warnung im Hinterkopf werden wir uns imnächsten Kapitel ansehen, wie die Produktionsziele ineiner Anzahl chinesischer Schuhfabriken, die eine schlankeProduktion einsetzen, auf ein unerreichbares Niveauerhöht wurden. So wurde eine hohe Arbeitsbelastung
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geschaffen; die versprochenen Verbesserungen bei derGesamtvergütung jedoch wurden zunichte gemacht.
Nike stellt in seinem letzten Bericht überUnternehmenssozialverantwortung die Vorteile der schlankenProduktion heraus und merkt an, dass sowohl Nike als auchseine Lieferanten durch den Übergang zur schlankenFertigung Einsparungen erreicht hätten. Für Nike betragendiese laut Schätzungen seit mehr als einem Jahr 15 Cent fürjedes Paar Schuhe, das im Rahmen der schlanken Produktiongefertigt wurde. Das Unternehmen hat erklärt, dieseErsparnisse in „Wachstumsstrategien“ reinvestieren zu wol-len. Die Vertragsnehmer legen anscheinend gegenüber Nikenicht offen, wie sie ihre Einsparungen ausgeben.115
Produktivitätssteigerungen, Abfallreduzierung und einebessere Organisation des Arbeitsplatzes sind an und fürsich positive Ziele, solange sie sich nicht negativ auf dieGesundheit der Beschäftigten auswirken.XXIV Falls dieseVeränderungen außerdem zu Lohnerhöhungen führen wür-den, wären sie sehr willkommen. Augenblicklich jedoch istnoch unklar, ob Produktivitätssteigerungen dasAllheilmittel für niedrige Löhne sind, das einigeUnternehmen in ihnen sehen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Selbst wenn durchNeuorganisation der Produktion Produktivitätssteigerungenerreicht werden können und selbst wenn dies erreicht werdenkönnte, ohne den bereits jetzt starken Druck auf dieBeschäftigten und die vielen Überstunden, die dieBeschäftigten derzeit leisten müssen, zu erhöhen, gibt eskeine Gewähr, dass durch die schlanke Produktion erzielteEinsparungen den Arbeitnehmern zu Gute kommen.Tatsächlich gibt es wenig Grund zu der Annahme, dass dieSenkung der Produktionskosten ohne Tarifverhandlungenund/oder proaktive Schritte seitens der Branche, um zugewährleisten, dass die Arbeitnehmer einen Anteil an denerhöhten Margen ihrer Fabriken erhalten, zu irgendetwasanderem als höheren Gewinnen aufseiten derFabrikeigentümer und/oder niedrigeren Preisen für dieAbnehmer führen wird.
Wer hat finanziell das Sagen?
Die Verantwortung für das Erreichen von Lohnerhöhungenin den globalen Lieferketten derSportbekleidungsunternehmen ist weiter verteilt, als diesetwa in einer nationalen, für den Inlandsverbrauch ferti-genden Industrie der Fall sein mag, weil die globaleSportbekleidungsfertigung im Zusammenhang derFolgenden erfolgt:
• instabilen Einkaufsbeziehungen; • Schwierigkeiten bei den nationalen Mechanismen zur
Festsetzung der Löhne aufgrund ungebundenerBeschaffung und Investitionen;
• mangelndem Respekt für Vereinigungsfreiheit und dasRecht auf Tarifverhandlungen;
• niedrigen Preiserwartungen der Verbraucher, Marken undEinzelhändler.
Obwohl die Abnehmer nicht Eigentümer der Fabriken sind,in denen ihre Waren gefertigt werden, und dieBeschäftigten, die ihre Produkte herstellen, nicht direktbezahlen, können ihre Einkaufspraktiken und insbesonde-re die Preise, die sie ihren Lieferanten zahlen, eine wichti-ge Rolle bei der Festlegung der Löhne spielen. DieLieferanten, die Eigentümer der Fabriken sind, legen dieLöhne entweder unabhängig oder im Rahmen vonTarifverhandlungen fest. Ihre Fähigkeit zu Lohnerhöhungenjedoch wird durch die von den Abnehmern gezahltenPreise und die Drohung, das ein höherer Preis zuProduktionsverlagerungen der Abnehmer führen wird,bestimmt.
Auch wenn die Abnehmer den Lieferanten höhere Preisezahlen und/oder die Lieferanten die Produktivität steigernund die Kosten senken könnten, würden derartigeVeränderungen nicht automatisch zu Lohnverbesserungenaufseiten der Arbeitnehmer führen. Ohne einenMechanismus, der gewährleistet, dass die Arbeitnehmer inForm höherer Löhne von einer dieser Initiativen profitieren,wird dies möglicherweise zu nichts anderem führen als zuhöheren Gewinnen seitens der Fabrikeigentümer.Außerdem können, auch wenn ein Abnehmer bereit ist,einen fortschrittlichen Ansatz in Bezug auf seine Preis- undBeschaffungspraktiken zu verfolgen, diese Bemühungendurch die Praktiken anderer Abnehmer, die dieselbe Fabriknutzen, untergraben werden.
Aus diesen Gründen bedarf es einer koordiniertenAnstrengung zur Erhöhung der Löhne in derSportbekleidungsbranche. Derartige Bemühungen solltensich zunächst auf wichtige Zulieferer und relativ stabileFabriken konzentrieren, wo eine kritische Masse vonAbnehmern mit langfristigen Beziehungen zum Lieferantenbereit ist, Schritte zu unternehmen, um dafür zu sorgen,dass die Arbeitnehmer Löhne erhalten, die in die Spanneder für die Region kalkulierten existenzsichernden Löhnefallen. Wie sich dies erreichen ließe, werden wir in denKapiteln VI und VII genauer betrachten.
XXIV. Zu möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz gehören die vermehrte Einwirkung vonChemikalien und Lärm, die sich früher auf abgetrennte Bereiche beschränkte, sowie ergonomische und stressbedingte Effekte. Siehe Brown, Garrettund Dara O’Rourke: „Lean Manufacturing Comes to China.“, International Journal on Occupation and Environmental Health 2007, Seite 13. 13
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Einige werden sich an die weltweit bekannt gewordeneGeschichte von 56 Frauen in Vietnam erinnern, die in derProduktion von Nike-Schuhen arbeiten und im Jahr 1996gezwungen wurden, 4 km um die Fabrik herum zu laufen,als Strafe dafür, dass sie am Arbeitsplatz keine „vorschrifts-mäßigen“ Schuhe trugen. Im Gegensatz zu olympischenLäuferinnen bekamen diese Frauen allerdings keineMedaillen. Zwölf Frauen erlitten einen Schwächeanfall undmussten in einem Krankenhaus behandelt werden.116
Die Frauen arbeiteten in einer Fabrik, die zu der Pou Chen-Gruppe gehört, einem taiwanesischenSportbekleidungsriesen, der 1969 von der Tsai-Familiegegründet wurde. Zunächst hatte das Unternehmen einfa-che Gummischuhe wie zum Beispiel Sandalen undPantoffeln aus PVC hergestellt. In den kommenden 40Jahren sind Pou Chen und seine hundertprozentige TochterYue Yuen allerdings zum größten Schuhhersteller der Weltherangewachsen mit rund 300.000 Arbeiterinnen undArbeitern.117 Obwohl heutzutage jeder sechste Sportschuhin einer Yue Yuen-Fabrik hergestellt wird,118 haben die meis-ten westlichen Verbraucher noch nie von demUnternehmen gehört.
Yue Yuen produziert Schuhe für über 30Markenunternehmen einschließlich Nike, Adidas, Reebok,Puma, Fila, ASICS, New Balance und Converse. Es produ-ziert auch für wichtige „braune“ (also nicht Sport-)Schuhmarken wie Timberland, Rockport, Clarks und Dr.Martens. Viele dieser Marken haben eine langfristigeBeziehung zu Yue Yuen aufgebaut.
Yue Yuen ist ein Beispiel für multinationalesProduktionsunternehmen, von dem in Kapitel I die Redewar. Es ist wichtig, diesen wichtigen Akteur in der Industriebesser zu verstehen.
Weil Yue Yuen für so viele große Marken produziert, und weiles ein leistungsfähiger und eigenständigen Akteur in derIndustrie ist, wäre das Produktionsnetzwerk desUnternehmens ein guter Ort, an dem dieSportbekleidungsindustrie damit beginnen könnte, bei der
Suche nach Lösungen für die Probleme der Beschäftigten beiLöhnen und Arbeitsbedingungen gemeinsam vorzugehen.
Yue Yuen erstürmt den ersten Platz
Adidas hat im Jahr 1979 damit begonnen, Schuhe bei PouChen in Auftrag zu geben, eine Geschäftsbeziehung, diebis heute fortbesteht.119 1985 nannte Reebok Pou Chen sei-nen wichtigster Produzenten, Nike folgte diesem Beispielin den frühen neunziger Jahren.
Arbeitskräftemangel, Lohnerhöhungen und die Aufwertungder Währung haben Pou Chen dazu veranlasst,Produktionsstandorte nach China (1988), Indonesien(1993) und Vietnam zu verlagern (1995). Yue Yuen betreibtsogar einige Fertigungslinien in den USA, wo Schuhe fürNew Balance hergestellt werden.120
Die wichtigste Triebfeder für diese Expansion im Ausland,Yue Yuen Industrial Holdings, wurde von Tsai Chi Jen, demBruder des Pou Chen-Gründers gegründet – um dieExpansion in China im Jahre 1988 zu erleichtern.
China
Bis 2007 betrieb Yue Yuen 210 Fertigungslinien in China.121
In diesen Fabriken arbeiten rund 70 Prozent derBeschäftigten insgesamt.122
Mehrere größere Yue Yuen-Fabriken befinden sich in GaoBu,Dongguan-Stadt in der Provinz Guangdong. Bis 2002beschäftigten diese Fabriken laut China Labour Watch in derNebensaison 40.000 und in Spitzenzeiten 50.000Arbeiterinnen und Arbeitern.123 Weitere Produktionsstättenvon Yue Yuen Guangdong befinden sich in den StädtenHuangjiang, Dongguan; Zhongshan Sanxiang sowie imIndustriebezirk Jida, Zhuhai-Stadt.124 In unmittelbarer Nähehaben sich zahlreiche Fabriken angesiedelt, dieSchuhmaterialien wie Leder und Klebstoff liefern.
China soll in naher Zukunft wichtigster Produktionsstandortvon Yue Yuen bleiben, auch wenn einige Fertigungslinien
Der weltgrößte Herstellervon Sportschuhen – einBlick hinter die Kulissen
Kapi
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landeinwärts in billigere Lohngebiete verlagert werden könn-ten, und derzeit eine Expansion der Produktion in Vietnamund Indonesien stattfindet.125
Indonesia
In Indonesien ist Yue Yuen seit 1993 tätig, als es USD100Millionen in den Fabrikkomplex Nikomas Gemilang inves-tierte, der bisweilen auch als Niketown bezeichnet wird.
Rund 43.000 Arbeiterinnen und Arbeiter (Frauen 85%) pro-duzieren Schuhe für Nike, Adidas, Puma und Ecco in die-sem in der Nähe von Jakarta liegenden Komplex aus 50Gebäuden. Nike Converse-Schuhe werden in einer zweitenFabrik mit 4.000 Beschäftigten in Sukabumi hergestellt.126
Die Nikomas-Fabriken sind nach den Unternehmen aufge-teilt. Fertigungslinien für Adidas, Puma und Nike befindensich in unterschiedlichen Gebäuden. Zwanzig Gebäudesind der Adidas-Produktion gewidmet, acht Nike, und 11Puma. Ein Gebäude produziert Waren für die Marke Ecco.
Vietnam
Die Schuhindustrie ist eine der am schnellsten wachsen-den Exportbranchen Vietnams. 1990 exportierte Vietnam750.000 Paar Sportschuhe. Bis 1998 stieg diese Zahl auf140 Millionen Paare an.127
Yue Yuen fing an 1995, Sportschuhe in Vietnam zu produ-zieren. Bis 2006 betrieb das Unternehmen 117Fertigungslinien und machte damit Vietnam zum zweit-größten Produktionsstandort von Yue Yuen nach China.XXV
Im Gegensatz zu kleineren Lieferanten hat Yue Yuen seinenriesigen Größenvorteil genutzt, um die durchschnittlichenProduktionskosten zu senken. Es konnte so seine Positionals wichtiger Player in der Industrie behaupten. Durch seine Größe und Kapazität kann Yuen Yue auf eiligeBestellungen rasch reagieren oder die Zeit verkürzen, diebenötigt wird, um für die Herstellung und Lieferung einesneuen Produkts Produktionspläne und -prozesse zuändern.
Trotz der riesigen Anzahl von Arbeiterinnen und Arbeitern
Ein Grund dafür, dass Vietnam ein so wichtigerProduktionsstandort für Yue Yuen geworden ist, ist dieNormalisierung der Handelsbeziehungen zwischen Vietnamund den Vereinigten Staaten und der Beitritt Vietnams zurWTO, wodurch Zölle gesenkt oder abgeschafft und derHandel ausgedehnt wurden. Ein zweiter (und zunehmendrelevanter) Grund ist, dass die Lohnkosten in Vietnam deut-lich unter denen in China liegen.
Das Yue Yuen-Geschäftsmodell
Ein Analyst beschrieb Yue Yuen als die „engagierte Fabrik“,die es den großen Marken ermöglicht, ihreProduktionsstätten auszulagern. Die Marken können sichdadurch voll und ganz auf die Bereiche Design, Marketingund Lizenzverträge konzentrieren131. Ein weiterer Analystformulierte es so: „Yue Yuen arbeitet wie ein unabhängigesTonstudio, das seine Türen (gegen Gebühr) jedem Musikeröffnet, der hier sein Lied aufnehmen möchte.“132
Weitere asiatische Sportschuh-Hersteller
Feng Tay Stella International. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zentrale: Taiwan Zentrale: Taiwan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kunden: Nike als strategischer Partner Kunden: Reebok (adidas), Nike, Sears, Timberland, Clark
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Beschäftigte: 45,000 Arbeiterinnen und Arbeiter128 Umsatz: US$779.3 million. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Produktionsländer: China, Vietnam, India Nettogewinn: US$91.4 million (2006). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Neue Investitionen: 4 Werke in Indien im Wert von Beschäftigte: 50.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in USD 73,8 Mio129 6 Fabriken in der Provinz Guangdong, China. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marktanteil insgesamt: 5.5%130
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Gesamtumsatz Nike in Volumen: 15%. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXV. Das Unternehmen hat derzeit 210 Linien in Festlandchina, 117 in Vietnam und 71 in Indonesien. Siehe Yue Yuen Industrial (Holdings) Ltd. AnnualReport, 2007, p15.
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hat das Unternehmen die Löhne mit Erfolg niedrig gehal-ten. Tabelle 4 (s. u.) zeigt, dass die direkten Lohnkosten imJahr 2004 nur 12% ihrer gesamten Stückkosten ausmach-ten. Erst kürzlich schätzte Nike, einer der größter Yue Yuen-Kunden, dass die durchschnittlichen Lohnkosten in derSchuhproduktion nur rund 10% des Stückpreises ausma-chen.133 Zum Vergleich dazu machten die direktenLohnkosten bei Anta-Sport 2006 rund 14,5% desStückpreises aus.iv 134
FIGURE 4
Exhibit... Yue Yuen - cost Breakdown 2004
Neben der Produktion gehört Yue Yuen auch ein schnellwachsendes Vertriebsnetz aus Großhändlern undHunderten von Einzelhandelsgeschäften für Marken-Sport-und Freizeitschuhe und Marken-Freizeitkleidung in Städtenwie zum Beispiel Peking, Guangzhou, Shanghai, Shenzhenund Dalian. Das Unternehmen plant, bis 2009 insgesamt3.000 Läden zu betreiben.
Yue Yuen ist zu einem der größtenSportbekleidungseinzelhändler in China geworden. In denVerkaufsstellen werden Markenprodukte von Nike, Reebok,Adidas, Puma und Li Ning verkauft. Yue Yuen berichtet voneinem enormen Wachstum von 48,8% im Einzelhandel desUnternehmens in China zwischen 2006 und 2007.135
Gewinne und Preise
Yue Yuen wuchs heran von einem Unternehmen, das imGeschäftsjahr 1992 einen Umsatz von 197 Mio. und 2007einen Umsatz von 4,1 Mrd. USD erwirtschaftet hat.136 Imgleichen Zeitraum ist sein Gewinn von 95 auf 387 Mio. USDangestiegen. Tatsächlich sind die Gewinne von Yue Yuenjetzt höher als die vieler Sportbekleidungsmarken.
Die Größe von Yuen Yue und die Zusatzdienste für Kundenverstärken seine Position in der Lieferkette, dass sogar
jetzt, wo sich steigende Rohstoffkosten potenziell negativauf die Verarbeitungsspanne bei Schuhen auswirken kön-nen, Finanzanalysten sagen, dass Yue Yuen höhereMaterialkosten mit einer Verzögerung von 3 bis 6 Monatenan ihre Kunden weitergeben kann.137 Ähnliche Zunahmenbei den Produktionskosten könnten kleinere Herstellervom Markt vertrieben haben.138
Wenn Yue Yuen so stark –und rentabel – ist, warum erhal-ten die Arbeiterinnen und Arbeiter bei Yue Yuen dann kei-nen existenzsichernden Lohn?
Die andere Geschichte: Was sagen dieArbeiterinnen und Arbeiter?
Obwohl die großen Kunden der Marke Yue Yuen seit über15 Jahren Verhaltenskodizes eingeführt haben und obwohlYue Yuen seinen eigenen Verhaltenskodex und einProgramm für Unternehmenssozialverantwortung hat,wurde den Arbeiterinnen und Arbeitern bei Yue Yuen 2005kein Lohn gezahlt, der zum Leben reicht. In vielen Fällenhaben Play-Fair-Nachforscher herausgefunden, dass dieArbeiterinnen und Arbeiter nicht einmal den gesetzlichenMindestlohn erhalten.
Früher ging es immer nur darum, ob man die
Arbeiter schlagen durfte oder nicht. Heute redet
man darüber, wie ihr Geburtstag gefeiert wird" –
Thomas Shih, ein stellvertretender Yue Yuen-
Geschäftsführer in einer chinesischen Fabrik.139
„Die Leute reden immer über Menschenrechte
und soziale Fürsorge. Im Jahre 1989 war das
noch nicht so. Das war meine goldene Zeit.
Niemand setzte mich unter Druck.“ – Allen Lee,
ein Mitglied der Betriebsleitung in der Yue
Yuen-Fabrik in Pou Chen, Südchina. 140
Im Laufe der Jahre haben zahlreiche Berichte von NRO undGewerkschaftern auf Verstöße gegen die Rechte vonArbeiterinnen und Arbeiter in Yue Yuen-Fabriken hingewie-sen. Die meisten Vorwürfe betrafen die entwürdigendeBehandlung von Arbeiterinnen und Arbeitern (verbundenmit einem militaristischen Führungsstil), sexuelleBelästigung, extrem viele und obligatorische Überstunden,niedrige Löhne (in vielen Fällen unterhalb des nationalenMindestlohns), schlechte Sicherheitsstandards, unfaire
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Arbeitsverträge, eingeschränkter Zugang zu Toiletten undUnterdrückung (unabhängiger) Gewerkschaften.141
Zwischen September 2006 und August 2007 führten Play-Fair-Nachforscher eine umfassende Untersuchung in Chinadurch, wobei die Arbeitsbedingungen in dreizehn vollstän-dig zu Yue Yuen gehörenden Fabriken, in drei teils zu YueYuen, teils zu Pou Chen gehörenden Fabriken und vierFertigungsstätten eines Yue Yuen- Pou Chen-Subunternehmers untersucht wurden.XXVI Andere Play-Fair-Nachforscher untersuchten im Januar 2008 dieArbeitsbedingungen in zwei indonesischen Yue Yuen-Fabriken.XXVII Einige dieser untenstehenden Ergebnisse sol-len hier aufgeführt werden.XXVIII
Lange Arbeitszeiten und der Druck zu produzieren
Arbeiterinnen und Arbeiter in Yue Yuen-Fabriken in Chinabeklagten sich regelmäßig über großen Druck amArbeitsplatz und die daraus resultierende Belastung.
„Ich bin jetzt todmüde“, sagte eine Arbeiterin in der YueYuen-Fabrik in Dongguan, China, dem Play Fair-Nachforscher. Sie stellt Schuhe für New Balance her. „Wirmüssen hier pro Stunde 120 Paar Schuhe zusammenkle-ben… Wir arbeiten ohne Pause und haben immer Angst,nicht schnell genug zu arbeiten und die Sohlen nicht anschnell an das nächste Fließband liefern. Wenn wir zu lang-sam sind, könnte das nächste Fließband ebenfalls zu lang-sam werden. Die Aufseher setzen uns ständig unter Druckund beschimpfen uns. Wir sind müde und schmutzig.“142
Hohe Produktionsziele zwingen Arbeiterinnen und Arbeiterdazu, ihre Mittagspause zu verkürzen. Die Pausen nach derersten Hälfte der Schicht werden häufig gestrichen. Arbeit,die früher innerhalb von zehn Stunden erledigt wurde, solljetzt in neun Stunden erledigt werden. Zwar kann dieGeschäftsleitung darauf hinweisen, dass sie die Zahl derÜberstunden, wie in vielen Marken-Verhaltenskodizesgefordert, verringert haben, doch die Arbeiterinnen undArbeiter müssen immer noch die gleichen Stückzahlen pro-duzieren – bis zur Erschöpfung.
„Manchmal habe ich noch nicht einmal Zeit, zur Toilette zugehen, oder ein bisschen Wasser zu trinken“, sagte eineweitere dreißigjährige Arbeitnehmer, auch wenn wir jetztweniger Überstunden haben, ist es so erschöpfend wie frü-her. Vielleicht sogar noch schlimmer.”143
In einigen Yue Yuen-Fabriken waren Arbeitstage von 12Stunden der Regelfall.144 Das Unternehmen hat zwarAnstrengungen unternommen, extrem viele Überstundeneinzudämmen, aber in diesen Fabriken klagten dieArbeiterinnen und Arbeiter über eine viel größereArbeitsbelastung aufgrund von festgelegtenProduktionsplänen und neuen Produktionssystemen, diedie Firmenleitung eingeführt hat, um die Verkürzung derArbeitszeit auszugleichen.145
In einer Yue Yuen-Fabrik, die Material für Schuhe vonAdidas, New Balance, Nike, Timberland und Reebok (dasmittlerweile zu Adidas gehört) produziert, wurden Über-stunden offiziell auf zwei Stunden beschränkt. Gleichzeitigwurde jedoch die Mittagspause um die Hälfte gekürzt, umsicherzugehen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter ihregeforderten Stückzahlen einhalten können – wodurch sieinsgesamt 30 Minuten pro Tag länger arbeiten müssen, dienicht als Überstunden vergütet werden.146 Auch in anderenFabriken berichteten Arbeiterinnen und Arbeiter über ver-kürzte Mittagspausen. Manchmal machten sie nur zehnMinuten Pause zum Essen, damit sie schnell an ihreStationen zurückkehren konnten, um die erhöhtenProduktionsquoten zu erfüllen.147
An sechs der in China untersuchten Yue Yuen-Fabriken müs-sen die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Produktionsquotenerfüllen, bevor sie ihren Arbeitsplatz verlassen dürfen.Zusätzlich geleistete Stunden werden nicht als Überstundenregistriert, so dass, auch wenn länger gearbeitet wird, über-zählige Überstunden zumindest auf dem Papier eingedämmtzu sein scheinen.148 In drei dieser Fabriken wurdenArbeiterinnen und Arbeiter angewiesen, für zusätzlich geleis-tete Arbeit nicht zu stempeln, damit extrem langeArbeitszeiten nicht festgehalten werden.149
In einer Fabrik berichteten Arbeiterinnen und Arbeiterregelmäßig über 2-3 unbezahlte Überstunden – zusätzlichzu den offiziell vereinbarten 2 Überstunden. Arbeiterinnenund Arbeiter in dieser Fabrik berichteten, dass sie währendder Spitzenzeiten keine freien Tage hatten, worüber auchArbeiterinnen und Arbeitern in anderen Yue Yuen-Fabrikenund in Subunternehmen klagten.150 In einer Fabrik einesSubunternehmers erhalten die Beschäftigten keine dergesetzlichen Ruhetage, die ihnen eigentlich gesetzlichzustehen – sie bleiben am Arbeitsplatz, wo sie regelmäßig4-5 Überstunden pro Tag machen.151
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XXVI. Play-Fair-Nachforscher haben 15 Beschäftigte in jeder Fabrik befragt, wobei aus jeder Produktionsabteilung jeweils mindestens ein/e Arbeiter/invertreten war. Das Verhältnis männliche/weibliche Arbeiter bei den Befragten war ungefähr bei 3:7. Sämtliche Interviews fanden außerhalb des Werksstatt, im Ort oder in der Mietunterkunft der Beschäftigten. Außerdem haben wir Sekundärmaterial wie Unternehmensprofile, Berichte, Presseartikel,Internetveröffentlichungen und Firmenwerbung verwendet.XXVII. Play-Fair-Nachforscher haben sechs Arbeiterinnen und fünf Arbeiter, aufgeteilt in 3 Schwerpunktgruppen und in zwei Einzelinterviews, befragt.Die Arbeiterinnen und Arbeiter waren zwischen 20 und 38 Jahre alt, der Altersdurchschnitt lag bei 25. Alle waren seit über einem Jahr bei Yue Yuentätig, die durchschnittliche Beschäftigungsdauer lag bei sechs Jahren und fünf Monaten.XXVIII. Es sei angemerkt, dass zum Schutz der Beschäftigten die Namen der einzelnen Fabriken in diesem Kapitel des Berichts nicht verwendet wer-den. Die Fabriken sind in den Endnoten mit einer Nummer versehen.
Die Eindämmung von Überstunden scheint eineHauptforderung vieler Kunden zu sein. In Indonesien wur-den Bemühungen, die extrem vielen Überstunden zu redu-zieren, auch mit der Gewerkschaft des Nikomas-Werks ver-handelt, und in einigen Fertigungslinien hat sich dieSituation auch verbessert. Allerdings berichten dieBeschäftigten immer noch von ähnlichen Problemen.
„Es stimmt schon, dass Nike und Adidas versucht haben,[bei extrem vielen Überstunden] streng zu sein“, sagte unsein Arbeiter, der seit vielen Jahren Nike-Schuhe produziert.Seiner Ansicht nach werden die Produktionsziele und dieerwarteten Überstunden jeden Tag während der morgend-lichen Besprechung in einer schriftlichen Überstundenan-weisung vorgegeben.“ Allerdings hat die Sache einenHaken“, sagt er. „Wenn die Überstundenanweisung fest-legt, dass pro Tag nur zwei Überstunden gemacht werdenmüssen, dann werden nur diese zwei Überstunden regis-triert, auch wenn wir in Wirklichkeit 3 Stunden Mehrarbeitleisten.”
Arbeiterinnen und Arbeiter in Puma-Fertigungslinienmachen laut Bericht mindestens drei, manchmal bis zusechs Überstunden pro Tag. Beschäftigte in Adidas-Linienberichten ebenfalls von bis zu vier Überstunden pro Tag(bis zu 70 Stunden pro Woche). Darüber hinaus gibt es das,was als „Loyalitätszeit“ bezeichnet wird. Das heißt, es wirdvon den Arbeiterinnen und Arbeitern erwartet, 15 Minutenvor Schichtbeginn am Arbeitsplatz zu sein, um Übungen zumachen, die Maschinen zu reinigen und vorzubereiten, undzusätzlich 15 Minuten nach Schichtende zu arbeiten. Diesehalbe Stunde insgesamt ist unbezahlte Mehrarbeit.152
„Frauen mit Kindern sind verletzbarer“, sagt eine Frau, diein einer Puma-Linie arbeitet, „die vielen Überstundenbedeuten weniger Zeit für die Familie.
Disziplinarmaßnahmen und Beschimpfungen
Viele Arbeiterinnen und Arbeiter beklagten sich über raueDisziplinarmaßnahmen und Beschimpfungen. In mehrerenuntersuchten Fabriken gab es ein Bußgeldsystem fürArbeiterinnen und Arbeiter, die den Qualitätsnormen nichtentsprachen. Mitunter wurden auch Aufsichtskräftebestraft, was den Druck auf die Beschäftigten erhöht.153 Inzehn der von uns untersuchten Fabriken berichtetenArbeiterinnen und Arbeiter, dass Beschimpfungen beiihnen ein Problem sei.154
In einer für ASICS produzierenden Fabrik in China musstenArbeiterinnen und Arbeiter, die die Produktionsquote nichterfüllt haben, einen „Psychoanalyse-Bericht“ an dieBetriebsleitung schreiben, in dem sie erklären, warum siedie Quote nicht eingehalten haben und versichern, sich amnächsten Tag mehr anzustrengen.155 In einer anderenFabrik wurde der Druck, die Quoten zu erfüllen, durch
„Produktionsbesprechungen“ verstärkt, bei denenArbeiterinnen und Arbeiter, die nicht als ausreichend pro-duktiv galten, vor ihren Kollegen offen von derBetriebsleitung kritisiert wurden.156
Über Beschimpfungen und Misshandlung wurde auch inAdidas- und Puma-Fertigungslinien und in der Nikomas-Fabrik berichtet. Ein Arbeiter berichtete von einem Vorfall,als ein Mitarbeiter in einem Puma-Werk mit einer Stoppuhrbeworfen wurde. Bei Adidas wurden Montagearbeiter, diesich weigerten, Überstunden zu machen, entweder in einenBereich mit unangenehmer Arbeit mit Chemikalien oderGummi versetzt oder gezwungen, stundelang mitten in derFertigungslinie aufrecht stehen zu bleiben.157
Gefährliche Arbeitsbedingungen
Extreme Arbeitsbelastung kann sich stark auf dieGesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter auswirken.Abgesehen von stressbedingten Berufskrankheiten – vondenen ebenfalls in den untersuchten Fabriken berichtetwurde158 – berichteten Arbeiterinnen und Arbeiter auch,dass sie eher keine Sicherheitsausrüstung verwenden,auch wenn diese zur Verfügung steht, weil sie mit einer sol-chen Ausrüstung nur langsamer arbeiten.159
Arbeiterinnen und Arbeiter in anderen chinesischenFabriken klagten über chemische Beanspruchung,Hautallergien und Magenverstimmung.160 Einige Fabrikenstellten Sicherheitsausrüstung zur Verfügung, anderejedoch nicht.
In den gewerkschaftlich organisierten Nikomas-Fabriken inIndonesien berichteten Arbeiterinnen und Arbeiter, dassSicherheitsausrüstung erhältlich ist, und auch überallWarnhinweise hängen und Informationen über besonderechemische Gefahren. Jedoch sagte eine Frau in der Puma-Fertigungslinie den Play-Fair-Nachforschern, dass sie ihrePapier-Schutzmaske waschen muss, bis sie völlig zerschlis-sen ist. „Eine neue Maske zu erbitten, ist nicht so einfach.Wir geben die gebrauchte Maske zurück Maske, undmanchmal schimpfen sie erst mit uns, bevor sie uns eineNeue geben.“
Arbeiterinnen und Arbeiter in mehreren chinesischen YueYuen-Fabriken sagten, sie seien bedrängt worden,Verletzungen nicht den Aufsichtskräften berichten, dieihrerseits Konsequenzen seitens des oberen Firmenleitungbefürchten müssten.161 Während Arbeiterinnen undArbeiter in einigen Fabriken ordnungsgemäß gegenVerletzungen versichert waren,162 mussten andere jedochArztbesuche aus der eigenen Tasche bezahlen, auch wennes sich um unternehmenseigene Kliniken handelte.163
Einige Fabriken – größtenteils Subunternehmer, aber aucheine hundertprozentige Yue Yuen-Tochter – haben diegesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Untersuchung
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und Bewertung von und Entschädigung für Verletzungenbei Arbeitsunfällen nicht eingehalten.164 Ein häufig ange-troffenes Problem bei den meisten der untersuchtenArbeitsplätze war es, dass keine der vier gesetzlich vorge-schriebenen Versicherungsprogramme für Arbeiterinnenund Arbeiter zur Verfügung gestellt werden: Sozial- bzw.Rentenversicherung, Kranken- oder Unfallversicherung,Invaliditätsversicherung und Mutterschaftsgeld.165 In vielenFabriken wussten die Arbeiterinnen und Arbeiter auchnicht, ob sie über den Arbeitsplatz einenVersicherungsschutz hatten, oder nicht, und sie kanntenauch ihr Recht im Falle eines Unfalls nicht.166
Aus Medienberichten wurde bekannt, dass die ThemenVersicherung, Sozialfürsorge, sichere Arbeitsbedingungenund Löhne im März 2006 ausschlaggebend für eineArbeitsniederlegung von 8.000 Arbeiterinnen undArbeitern in einer Pou Chen-Fabrik in Vietnam waren.167
Niedrige Löhne
Arbeiterinnen und Arbeitern wird gewöhnlich eineKombination aus einem Basislohn und verschiedenen Bonigezahlt, die sich nach der Zahl der fertig gestellten Stücke,der Anwesenheit und nach anderen Maßnahmen richten.
Als in China im September 2006 der Mindestlohn angehobenwurde, war die Reaktion der Geschäftsleitung in den meistenYue Yuen-Fabriken und Fertigungsstätten derSubunternehmer die, dass die Produktionsquoten erhöht undLeistungs- und sonstige Prämien verringert wurden. In einigenFabriken kamen für die Beschäftigten sogar weitereLohnabzüge für Wohnung, Essen oder andere Dienstehinzu.168 Schließlich erhielten viele Arbeiterinnen und Arbeitertrotz einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns gleichviel oder weniger Lohn als vor dieser Erhöhung.
Als im September 2006 der Mindestlohn in Dongguan aufRMB 690/Monat (USD 97) erhöht wurde, setzte eine YueYuen-Fabrik, die für Adidas produziert, dieProduktionsquote auf 75 Paar Schuhe pro Stunde herauf,was die Arbeiterinnen und Arbeiter kaum einhalten konn-ten. Daraufhin wurden die Leistungsprämien gesenkt undviele Arbeiterinnen und Arbeiter klagten darüber, dass sienach den Abzügen für Essen und Unterbringung sogarnoch weniger erhielten als vorher. Auch mit einer eintägi-gen Arbeitsniederlegung im Oktober 2006 ist es nichtgelungen, die Entscheidung über die Anhebung derQuoten rückgängig zu machen.169
Dieses Muster wiederholte sich in den meisten der für die-sen Bericht untersuchten chinesischen Fabriken.Facharbeiterinnen und -arbeiter in einer Fabrik, die vorherLeistungsprämien von RMB 400-500/Monat (USD57-71)erhielten, erhalten jetzt nur noch RMB 100-200/ Monat(USD14-28), nachdem ihre Arbeitgeber die Quoten erhöhthaben.170 Daher hat sich ihr Nettolohn nicht erhöht.XXIX
In einem Yue Yuen-Zulieferbetrieb, der Material für Schuhevon Reebok, Timberland, New Balance und ColumbiaSportswear produziert, werden Arbeiterinnen und Arbeitervollständig nach Akkord gezahlt, was bedeutet, dass ihrLohn davon abhängt, wie viele Stücke sie fertig gestellthaben. Im Schnitt bekommen die Beschäftigten in dieserFabrik RMB 500-600/Monat (USD 71-86) –weniger als dengesetzlichen Mindestlohn. Davon werden monatlich RMB155 (USD 22) für die Unterbringung in den Schlafsälen derFabrik abgezogen, wo pro Raum 12 Beschäftigte unterge-bracht sind, mit Gemeinschafts-Duschen und -toiletten aufjeder zweiten Etage.171
Ein weiterer Zulieferer von Yue Yuen zahlte neuenArbeiterinnen und Arbeitern den außergewöhnlich niedrigenGrundlohn von RMB 290/Monat und RMB 490/Monat fürältere Arbeiterinnen und Arbeiter. Beide Löhne liegen unter-halb dem gesetzlichen Minimum. Einige Abteilungen dieserFabrik zahlen für Überstunden nur einen Stundenlohn vonRMB 1-2, ebenfalls weniger als der gesetzliche Mindestlohn.Neue Arbeiterinnen und Arbeiter, die mehr als 100 Überstun-den und 30 Arbeitstage schuften, erhalten daher nur RMB700-800 in der Entschädigung. Beschäftigte in diesem Werkberichteten, dass nach ihrer Kenntnis Yue Yuen diesenStandort noch nie besucht hat.172
Die Verbesserung der Bedingungen bei Yue Yuen
Seit Yue Yuen für verschiedene bekannte Marken produ-ziert, musste das Unternehmen mit verschiedenen Kundenwie etwa Nike, Adidas, Puma und New Balance an derUmsetzung ihrer Verhaltenskodizes arbeiten. DerMarkendruck scheint die Disziplinarmethoden von YueYuen etwas abgemildert zu haben. Angeblich hat dieserDruck zu einigen Verbesserungen bei den Überstundenund den Unterkünften für Wanderarbeiter geführt.173 Wiebereits berichtet, haben einige Fabriken erhebliche Schrittein den Bereichen Gesundheit und Sicherheit unternommenund die gesetzlichen Anforderungen zu Sozialversicherung,Entschädigungszahlungen, Invaliditätsversicherung undMutterschaftsgeld eingehalten.
XXIX. Ein Beispiel für eine Zugangsvereinbarung, die zwischen dem Jeans-Giganten Nien Hsing und der Gewerkschaft „Lesotho Clothing and AlliedWorkers Union“ unterzeichnet wurde, finden Sie beim Gewerkschaftsforschungsprojekt „Trade Union Research Projekt“ und bei der Stiftung zurUntersuchung multinationaler Unternehmen SOMO. Einen Aufruf zum Handeln finden Sie in der Broschüre „Organizing Garment Workers in SouthernAfrica“ (Die Organisation von Textilarbeitern in Südafrika. Clean Clothes Campaign (Kampagne für „Saubere Kleidung“), S.27-29, verfügbar unterhttp://www.cleanclothes.nl/ftp/GarmentWorkersSA.pdf
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Bei den Löhnen scheint es jedoch noch kaum Fortschrittezu geben.
Warum wird kein existenzsicherndes Einkommengezahlt?
Wie wir gesehen haben, verweisen Kritiker der Idee, dassein Existenzminimum gefordert werden soll, immer wiederauf die strukturellen Schranken, die es für jedes Glied inder Lieferkette schwierig machen, höhere Löhne zu zahlen.
In der Sportschuhbranche gibt es jedoch einige bemer-kenswerte strukturelle Unterschiede, die diese von derBekleidungsbranche unterscheiden: • Sie ist sehr stark konsolidiert. Nike und Adidas kontrollie-
ren fast 60% des Einzelhandelsmarktes. In den letztenJahren hat Nike kleinere Marken wie Converse und Umbroerworben, und Adidas hat Reebok aufgekauft. Pumawurde von dem französischen Luxusverkäufer PPR über-nommen.
• Die Sportschuhproduktion ist angewiesen auf große,kapitalintensive Fabriken ab, die relativ schwierig aufzu-bauen und zu verlagern sind.
• Yue Yuen führt einen großen Teil derSportschuhproduktion für alle großenSportbekleidungsmarken durch.XXX Und trotz derArbeitsteilung und der rechtlichen Abgrenzungen zwi-schen den Marken und Yue Yuen ist dasProduktionsverfahren hoch integriert und relativ stabil.Diese Stabilität der Geschäftsbeziehungen öffnet die Türfür ein koordiniertes Vorgehen bei Standardfragen wie z.B. bei den Löhnen.
• Sowohl Yue Yuen als auch seine Kunden sind hoch renta-ble Unternehmen.
In diesem hoch konsolidierten und rentablenSportschuhsektor ist ein gemeinsames Vorgehen vonUnternehmen wie Yue Yuen und den riesigen Marken mitihrer Markt beherrschenden Stellung im Hinblick auf eineErhöhung der Löhne auf ein Existenzminimum nicht nurwünschenswert sondern auch machbar. Die Tatsache, dass die meisten dieserSportbekleidungsmarken auch Mitgliedsunternehmen inder in den Vereinigten Staaten ansässigen Fair LaborAssociation (FLA) sind, bedeutet, dass eine gemeinsameAktion der Abnehmer und ihrer Lieferanten zur Anhebungdes Lohnniveaus auf ein Existenzminimum praktisch auchmöglich ist. Das Einzige, was bislang noch fehlt, ist dieVerpflichtung zum Zahlen dieses Existenzminimums undder politische Wille, dies auch zu tatsächlich zu erreichen.
Auf die Frage, wie ein Existenzminimum erreicht werdenkann, werden wir in Kapitel VI und VII zurückkommen.
XXX. Zwar sind genaue Zahlen schwer zu erhalten, doch schätzen Analysten, dass 25-30% aller Schuhe der Marke Nike von Yue Yuen hergestellt wer-den, Adidas und Reebok geben rund 15-20% ihrer Schuhe bei Yue Yuen in Auftrag. Alle drei Marken machen mindestens 40% der Produktion YueYuen aus. (Citigroup. Yue Yuen –Shoes to choose. 16. November 2004). Yue Yuen selbst schätzt, dass 54% seines Umsatzes mit fünf Großkundengetätigt werden, wobei mit dem größten Einzelkunden 22% des Umsatzes gemacht werden (Yue Yuen Industrial (Holdings) Ltd. Annual Report, 2007.p.27).
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XXXI. In beiden Zentren, insbesondere in China, werden ebenfalls handgenähte Bälle produziert; es ist jedoch nicht klar, ob sie auch in der Lage sind,die Preise der südasiatischen Zentren zu unterbieten. XXXII. Im Rahmen dieser Studie haben Mitarbeiter des indischen Centre for Education and Communication (CEC) und Mitarbeiter von Play Fair miteinigen Hauptakteuren in Jalandhar gesprochen: Es handelte sich hierbei um insgesamt sieben Produzenten, in einigen Fällen mit ihrenGeschäftsführern, drei Unternehmer, zwei Gewerkschaftsführer und 11 Arbeiter, die in Heimarbeit, in Nähzentren oder Betrieben ihrer Arbeit nachge-hen. Die meisten der sieben interviewten Produzenten stellen Waren für das In- und Ausland her, wobei die meisten Exportgüter für Europa oderAustralien bestimmt sind. Einige besitzen sogar eigene Marken: Die entsprechenden Markenartikel werden nach Osteuropa und nach Ost- undSüdafrika exportiert.
Im Gegensatz zu der im vorhergehenden Kapitel beschrie-benen Massenproduktion in den Fabriken von Yue Yuenwerden Fußbälle traditionell von Hand gefertigt: Arbeiternähen die Waben in Heimarbeit zu einem Ball zusammenund senden die Bälle dann zur Überprüfung undVerpackung zurück an die Fabriken.
Überzeugungsarbeit zur Verteidigung der Rechte vonArbeitnehmern im Bereich der Herstellung von Fußbällen –und anderen aufblasbaren Bällen - wurde vordringlich inder pakistanischen Stadt Sialkot geleistet, und das ausgutem Grund: In dieser Stadt entstehen nämlich rund 80 %aller handgenähten Fußbälle weltweit.174
Aufgrund des enormen Medieninteresses am Problem derKinderarbeit in Sialkot in den 90er Jahren des vorigenJahrhunderts unterliegen die Arbeitsbedingungen im indi-schen Jalandhar175 – einem wesentlich kleinerenFertigungszentrum für handgenähte Sportartikel auf deranderen Seite der Grenze, genauesten Kontrollen.176
In den letzten Jahren sind Zentren zur Anfertigung vonFußbällen auch in China, Thailand, Vietnam und weiterenLändern entstanden. Die Fähigkeit dieser neuen Zentren,maschinengenähte Bälle im unteren Preissegment fürwesentlich geringere Kosten als in SüdasienXXXI zu produzie-ren und/oder thermogeformte Bälle im oberenPreissegment, für deren Fertigung die südasiatischenHersteller noch nicht über die notwendige Technologie ver-fügen, stellen die Zukunft der Branche in Indien undPakistan nur noch mehr in Frage.177
Anstatt noch einmal auf die bereits ausreichend geschil-derten Probleme der Kinderarbeit in der Fußballindustrie inSialkot einzugehen, werden in diesem Kapitel die vor kur-zem für Play Fair 2008 durchgeführten Untersuchungen der
Arbeitsbedingungen im indischen Jalandhar sowie die auf-strebenden Zentren in China und Thailand vorrangigbehandelt.
Aufgrund dieser Untersuchungen hat man festgestellt, dassgenau wie bei der Bekleidungs- und Schuhproduktion dieBranchenstruktur Verhältnisse geschaffen hat, in denenGewerkschaften ganz oder teilweise verdrängt werden,Löhne und Stückpreise oftmals weit unter demExistenzminimum liegen und Arbeitnehmer nur dann über-leben können, wenn sie eine übermäßige Anzahl an Über-stunden leisten und, in einigen Fällen, Arbeit mit nachHause nehmen, damit ihre Familie ihnen helfen kann.
Die Herstellung von Fußbällen im indischenJalandharXXXII
Laut Branchenberichten werden in Jalandhar und in dernahe liegenden Stadt Meerut 75-80 % der in Indien herge-stellten Bälle produziert.178 2004 exportierte IndienSportartikel im Wert von 100 Millionen USD, und bei drei-undvierzig Prozent dieser Exportgüter handelte es sich umFußbälle.179
Branchenstruktur
Laut Aussagen der für diesen Bericht befragten Hersteller,Gewerkschaften und Arbeiter entspricht die aktuelleBranchenstruktur, bei der der Schwerpunkt auf derHeimarbeit liegt, einem relativ jungen Phänomen. „Vor 30Jahren wurde die Arbeit nur in Betrieben und Nähzentrenerledigt“, erklärt ein Funktionär der Gewerkschaft „LalJanda Workers Union“, der selbst die vergangenen 45 JahreFußbälle genäht hat. „Früher haben die Arbeiter in denBetrieben Bälle in großen Stückzahlen gefertigt. Ein Teil
Fußbälle, die nicht aus Sialkot kommen
Kapi
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50
kam auch aus Nähzentren mit jeweils 10-30Beschäftigten.”180
Als die Nachfrage nach Lederbällen nachließ, wurde dieProduktion von handgeschnittenen Lederwaben mit hand-gebohrten Löchern auf gestanzte Waben mitPerforierungen umgestellt.181 Um vorgestanzte, vorperfo-rierte Synthetikwaben zusammenzunähen, war wesentlichweniger Geschick erforderlich, und das führte auch zuweniger Umsatz: Synthetikbälle, für die dieMarkenhersteller niedrigere Preise diktierten, konnten inwesentlich kürzerer Zeit gefertigt werden.
Die Umstellung auf Synthetikbälle schuf optimaleVoraussetzungen für einen Wechsel hin zu informellererArbeit, die auf Grundlage eines Stücklohns vergütet wer-den konnte und für die bei mangelnden Aufträgen keinefesten Gehälter bezahlt werden mussten.182 Außerdem wares für die Produktion der Bälle ökonomisch sinnvoll, sie inHeimarbeit fertigen zu lassen und nicht in Betrieben mitstrengen Qualitätsvorgaben und hohen Betriebskosten.Daher war die Mitwirkung von Kindern bei der Herstellungvon Fußbällen nur ein kleines Stück des Weges hin zuwachsender Informalisierung.
Die Betriebe
Die meisten Betriebe, die derzeit in Jalandhar Fußbälle pro-duzieren, haben kaum unbefristete Beschäftigte, abgese-hen von den Mitarbeitern, die sich um dieFertigungsverfahren kümmern, die nur in den Betriebenerledigt werden können (Austanzen der Waben, Bedruckender Waben mittels Siebdruck, Verpackung der Bälle usw.).
Selbst hier berichteten ein paar ehemalige Fabrikarbeiter,dass sie bei einem Leiharbeitsunternehmer beschäftigtwaren, der auf dem Betriebsgelände tätig war.183 EinFabrikarbeiter, der einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatteund die letzten 15 Jahre in der Laminier- undStanzabteilung gearbeitet hatte, berichtete, dass seinesWissen nach niemand mehr nach seiner Einstellung einenunbefristeten Arbeitsvertrag bekommen hat.
Seiner Aussage zufolge haben alle neuen Mitarbeiterbefristete Arbeitsverträge bekommen oder wurden beiArbeitsvermittlern angefordert.184 In den Betrieben, indenen die Näher direkt angestellt waren, gaben dieArbeitgeber zu, dass die meisten dieser Arbeiter aufGrundlage eines befristeten Arbeitsvertrags eingestellt undnach Akkord bezahlt wurden.185
Die befragten Arbeiter erzählten von einem ausschließlichmännlichen Arbeitsumfeld. Als das Play-Fair-Team dannselbst drei Fußballfabriken in Jalandhar aufsuchte, trafensie dort auf so gut wie keine Frauen.
Frauen nehmen in der Fußballindustrie in Jalandhar inBezug auf die Art und die Qualität der Arbeit, die sie über-nehmen, eine untergeordnete Rolle ein. UndVeränderungen der Branchenstruktur könnten diesesProblem noch verschlimmern. So fiel beispielsweise inSialkot der Lebensunterhalt der Frauen der Politik, dieProduktion von Heimarbeit in Nähzentren zu verlagern,zum Opfer. Nach dem Strukturwandel fiel der Anteil derFrauen in der Branche von 50 % in 1997 nur sechs Jahrespäter auf rund 20%.186
Nähzentren
Der Generalsekretär der pandschabischen Gewerkschaft„Punjab Sports Goods Workers Union“ erzählte Play Fair, dass„Nähzentren nichts als verlängerte Arme der Fabriken sind“. Erbeklagte, dass die Zentren eingerichtet wurden, um dieAnwendung von Arbeitsgesetzen zu umgehen, die denAnspruch auf Vergünstigungen, Konfliktlösungsmechanismenund Kündigungsschutz förderten.187
Ein Gewerbetreibender eines Nähzentrums gab sogar zu,dass Miete, Stromverbrauch und andere mit demPlatzbedarf in Zusammenhang stehenden Ausgaben vomUnternehmen bezahlt wurden, während er sich nur um dieBereitstellung von Arbeitskräften kümmerte. Da dasZentrum auf seinen Namen eingetragen war, konnte sichdas Unternehmen von der rechtlichen Verantwortung fürdie Arbeiter distanzieren. Im Zentrum sind 18 Arbeiter (16Männer, zwei Frauen) beschäftigt, die 100 Bälle pro Tagherstellen. Sie werden pro Stück bezahlt, und zwar zwi-schen 36 und 39 indische Rupien (0,90-0,97 USD) füreinen Ball bester Qualität und 30 indische Rupien (0,75)für die billigeren Bälle.188
Lieferanten
Die Hersteller haben auch über ihre Beziehungen zu denLieferanten gesprochen. Während ein Hersteller, der fürRegent, Mitre und Dunlop produziert, die Heimarbeiterermutigt, sich direkt auf dem Firmengelände Arbeit abholenzu kommen, greift die Mehrzahl der Hersteller auf 18 bis 30Lieferant zurück, die entweder in Heimarbeit fertigen lassenoder eigene Nähzentren betreiben.
„Lieferant“ ist eine relativ flexible Kategorie. Während einigevon ihnen durch den Betrieb von Nähzentren gut verdienen,gibt es auch welche am anderen Ende der Skala, die sichdarauf verlassen, dass man ihnen Aufträge zur Fertigung vonBällen in Heimarbeit erteilt, und deren Tageseinkommengrob geschätzt eher dem Einkommen eines Nähers ent-spricht.
Play-Fair-Nachforscher sprachen mit zwei Lieferanten, dieNäher in Heimarbeit beschäftigen. Bei beiden Lieferantenhandelte es sich um ehemals in der Fußballindustrie
51
beschäftige Näher; einer verlor seinen Job in einerFußballfabrik, nachdem er bei einem Betriebsunfall einenTeil eines Fingers eingebüßt hatte. Jeder Lieferant holt täg-lich 100 Bälle bei der Fabrik ab und verteilt sie auf ein Teamvon 20-30 Heimarbeitern – in der Regel Frauen. DasEinkommen der Lieferant besteht aus einer festen Provision,die ihnen die Fabrik bezahlt; zwischen 2 und 2,5 indischeRupien (0,05-0,06 USD) pro Ball - je nach Qualität.189
Gewerkschaften
Über die Entwicklung weg von festen Anstellungen ineinem Betrieb in Kombination mit indirektenProduktionsbeziehungen sollte die Gewerkschaftengelähmt und somit die Notwendigkeit abgeschafft werden,mit den Arbeitnehmern über Löhne undArbeitsbedingungen zu verhandeln. Arbeiter – und sogarHersteller – haben von direkten Strategien zur Auflösungvon Gewerkschaften berichtet, darunter die Entlassungoder Zurückstufung von Gewerkschaftsführern bzw. -mit-gliedern; die Auflösung von stark gewerkschaftlich organi-sierten Abteilungen, deren Arbeit im Anschluss unterverge-ben wurde; und das Kaltstellen von Gewerkschaften, umTarifverhandlungen auszuweichen.190
Stunden- und Akkordlöhne in Jalandhar
Als die Hersteller vor mehr als 20 Jahren angefangenhaben, Lieferant einzuschalten (anstatt direkt mit denHeimarbeitern zusammenzuarbeiten), haben dieArbeitnehmer die Kontrolle über die Verhandlungen hin-sichtlich ihrer Arbeitsbedingungen und Vergütung verloren.„Die Management-Vereinigung fing an, die Gewerkschaftenbei den Verhandlungen über Stückpreise zu umgehen“,erklärte ein Vertreter der CITU. „Die Lieferanten wurden zuSchlüsselfiguren.”191 In einem System, in dem Lieferant proBall eine feste Provision bekamen, gab es für sie wenigAnreiz, während der jährlichen Verhandlungen aggressivvorzugehen, woraufhin es unvermeidlicherweise zu einerStagnation der Stückpreise kam.
Die Lieferanten erklärten, dass unterschiedliche Betriebeunterschiedliche Preise für Bälle mit der gleichen Qualitätzahlen. Ein Lieferant berichtete, dass der Preis für einenBall „bester Qualität“ zwischen 28 und 39 INR (0,70-0,97USD) schwankt und für einen einfachen Gummiball bei 14bis 16 indischen Rupien (0,35-0,40 USD) liegt. Oftmalswerden Aufträge mehr als einmal untervergeben und indiesen Fällen schmälert jeder Lieferant den Akkordlohnjedes Mal um einen weiteren Anteil, bevor die Arbeit wei-tergereicht wird.192
Löhne in Fabriken
Bei einem der von Play Fair befragten Fabrikarbeiter han-delte es sich um einen Näher mit einem befristetenArbeitsvertrag, der pro Stück bezahlt wurde. Während derin Betrieben bezahlte Akkordlohn wesentlich höher ist alsdie Stückpreise, die Heimarbeiter erzielen, insbesonderewegen der nicht erforderlichen Zahlung vonLieferantenprovision (40,0 INR (1,00 USD) für einen Ballbester Qualität, 30 INR (0,75 USD) für einen Ball der unte-ren Preisklasse), ist es erstaunlich, dass Näher in Betriebenimmer noch den zum Nähen benötigten Faden zu einemPreis von 2,0 bis 2,5 INR (0,05-0,06 USD) pro Ball selbstmitbringen müssen. Der Arbeiter meinte, dass er in derLage wäre, je nach Balltyp maximal 10 Bälle pro Tag zu fer-tigen.193 Ein anderer Fabrikarbeiter, dessen Bezüge wesent-lich oberhalb des Mindestlohns liegen, berichtete Play Fair,dass er immer noch Näharbeit für seine Familienmitgliedermit nach Hause nehmen muss, um über die Runden zukommen.194
Löhne in Nähzentren
Play Fair hat zwei Arbeiter in Nähzentren befragt, die vonLieferanten betrieben wurden. Hier lagen die Verdienste unddie Arbeitsplatzsicherheit deutlich unter dem Niveau derFabriken. Der Stückpreis pro Fußball bewegte sich zwischen 3und 10 INR (0,07-0,10 USD), je nach Qualität des Balles.XXXIII
„Niemand garantiert einem Arbeit für den nächsten Tag undman ist vollkommen abhängig vom Wohlwollen desLieferanten“, beschwerte sich ein Arbeiter.
Die interviewten Arbeiter erklärten, dass sie nicht in der Lagewären, einzig mit dem Lohn für die Arbeit im Nähzentrum zuüberleben. Beide berichteten, dass sie ihrenFamilienmitgliedern Näharbeit mit nach Hause brächten, umdas Einkommen der Familie aufzustocken.195
XXXIII. Es gibt keine klare und einheitliche Bedeutung der Ausdrücke „beste Qualität“ und „billige Qualität“ – ein Faktor, der vermutlich zu den extre-men Stückpreisunterschieden beiträgt.
Beschäftigte in Thailand.
52
Löhne für Heimarbeit
Sechs Heimarbeiter wurden von Play Fair befragt, und beijedem von ihnen halfen alle oder fast alleHaushaltsangehörigen mit und nähten Bälle: jederEinzelne rund zwei bis vier Bälle pro Tag.XXXIV
„Der Stücklohn wurde seit fünf Jahren nicht mehr erhöht“,erklärte ein Näher, der sich seine Arbeit direkt bei einerFabrik abholt, die für Mitre, Gilbert und die FußballvereineArsenal und Manchester United produziert. „Wir müssenakzeptieren, was die Lieferanten uns bezahlen, denn wirhaben keine andere Wahl.“
Wie zu erwarten war, liegen die Tarife, die denHeimarbeitern bezahlt werden, noch unter den Löhnen inden Nähzentren. Arbeiter berichteten, sie erhielten 30 - 35INR (0,75-0,88 USD) für einen Ball mit 32 dreilagigenWaben und zwischen 14 und 22 Rupien (0,35-0,55 USD)für einen Ball aus zweilagigen Gummiwaben.196
Sechs Heimarbeiter wurden von Play Fair befragt, und beijedem von ihnen halfen alle oder fast alleHaushaltsangehörigen mit und nähten Bälle: jederEinzelne rund zwei bis vier Bälle pro Tag.
Die Bestellungen – und damit die Einkommen – schwan-ken in dieser Branche dramatisch. Zwei Hersteller verwie-sen konkret auf Produktionszuwächse von 30-50 % vorgroßen Sportveranstaltungen wie der Weltmeisterschaftoder den Olympischen Spielen.197
„Wir haben nichts gespart, auf das wir im Notfall zurück-greifen könnten“, erklärte ein 50 Jahre alter Fußballnäher.Für Heimarbeiter gibt es überdies so gut wie keineSicherheitsnetze: Erkrankungen oder Unfälle können sichzu einer Katastrophe entwickeln. „Ich habe das Gold mei-ner Frau einem Geldverleiher als Sicherheit gegeben, konn-te die Schulden aber nicht zurückzahlen und jetzt habe iches verloren“, berichtete er. „Einmal habe ich sogar meinenKochgaszylinder vermietet, um an etwas Geld zu kommen,weil es meiner Frau gesundheitlich sehr schlecht ging. DieSituation ist für alle von uns ähnlich. Einer meiner Freundeverkaufte wegen eines Notfalls sogar sein Blut, um anzusätzliches Geld zu kommen.”198
EINIGE BESONDERE EMPFEHLUNGEN FÜR
JALANDHAR
Hersteller sollten Maßnahmen ergreifen, um
sicherzustellen, dass die den Arbeitnehmern
seitens der Lieferanten angebotenen Löhne und
Arbeitsbedingungen fair und einheitlich sind.
Die Stückpreise für Bälle sollten außerhalb der
Fabriken ausgehängt werden. Hersteller sollten
Arbeitern die Möglichkeit anbieten, Fußball-
Nähsätze direkt bei der Fabrik, und nicht bei
den Lieferanten abzuholen.
Zulieferer von Marken müssen sich um
Missachtungen der Vereinigungsfreiheit küm-
mern, insbesondere um die Zerschlagung der
Gewerkschaften.
Markenunternehmen und Zulieferer müssen
sicherstellen, dass die Preise mit den
Währungsschwankungen und der Inflation
Schritt halten, und dass Verluste nicht über
Kürzungen des Stückpreises an die Arbeiter
weitergegeben werden.
Bei Interventionen muss auf die besondere
Verwundbarkeit von weiblichen Beschäftigten
geachtet werden.
Markenfirmen müssen die Gleichbehandlung
aller Arbeiter, die im Wesentlichen einer ähnli-
chen Beschäftigung nachgehen, fördern und
zwar unabhängig davon, ob sie nun in
Fabriken, Nähzentren oder zu Hause arbeiten;
und dies gilt auch für Löhne und
Sozialleistungen.
XXXIV. Die sieben Mitglieder des hier beschriebenen Haushalts sind in der Lage, 15 Rugby-Bälle und sieben Fußbälle pro Tag zu fertigen; ein andererHaushalt mit acht Familienmitgliedern produziert rund 30 Bälle am Tag.
53
Herstellung von Fußbällen in China
Chinas Fähigkeit, Nähmaschinen schneller, effizienter undgroßflächiger technisch anzupassen als dies in anderenLändern, die ebenfalls Fußbälle herstellen, der Fall ist, hat zuseinem schnellen Wachstum im fußballproduzierendenMarkt geführt.i Derzeit stellen Chinas Fußballproduzentenvorrangig Bälle für Werbezwecke her. Bälle für Werbezweckestellen zwar einen Großteil der Weltproduktion vonFußbällen dar, verfügen jedoch nicht über das industrielleGütesiegel und es wird dafür auch kein so hoher Stücklohngezahlt wie für spieltaugliche Bälle. Viele Brancheninsidervermuten jedoch, dass es nicht mehr lange dauern wird, bisBälle auch in spieltauglicher Qualität maschinell gefertigtwerden, wodurch China die Möglichkeit haben wird, einennoch größeren Anteil der Weltproduktion an Fußbällen zuübernehmen.200
Zwischen Oktober und Dezember 2007 hat Play Fair dieArbeitsbedingungen zweier typischer Fußballfabriken imPerlflussdelta-Gebiet untersucht: Joyful Long SportsManufactory and Kuan Ho Sporting Goods.XXXV
Joyful Long stellt verschiedene Sportbälle und -geräte fürAdidas,201 Nike, Umbro, Fila, Mitre, Lotto, Puma, Diadora,Frankin, Wilson, Everlast, und Domyos her.202 DasUnternehmen verfügt über vier Gebäude, in denen verschie-dene Artikel produziert werden, und zwischen denFertigungsbereichen, die für verschiedene Firmen produzie-ren, bestehen eventuell Unterschiede.
Kuan Ho, das von sich behauptet, das größte fußballherstel-lende Unternehmen in China zu sein, stellt 2 Mio. Bälle imMonat her,203 und produziert für Adidas, Lotto, Spalding,Wilson, Mikasa, Mizuno, Rawlings, und Baden.204
Löhne und Arbeitszeiten
Im Werk von Joyful Long arbeiten die meistenProduktionsmitarbeiter sieben Tage in der Woche. „Es istunglaublich, dass es nicht einmal einen einzigen freien Tagim Monat gibt“, sagt einer der Arbeiter. „Wir sind nicht nurkörperlich so müde, sondern auch seelisch erschöpft. Wirmöchten Zeit haben, um uns zu erholen und Spaß zuhaben.
„Wenn wir so erschöpft sind“, sagt der Arbeiter, „können wirnur dadurch etwas Ruhe bekommen, dass wir uns entschlie-ßen, der Arbeit fernzubleiben. Wenn wir jedoch länger alsdrei aufeinander folgende Tage fehlen, wird entsprechendder Betriebsordnung unser Lohn gekürzt. Also entscheidenwir uns fürs Durchhalten, auch wenn wir müde sind.”
Während ein „normaler“ Arbeitstag acht Stunden dauert,sind Überstunden bei Joyful Long absolut üblich. WährendZeiten sehr hohen Produktionsaufkommens leisten dieArbeiter 232 Überstunden pro Monat – sechsmal so viel,wie es das Gesetz erlaubt.205
Trotz der gewaltigen Zahl von Arbeitsstunden im Joyful-Long-Werk – häufig im Bereich von 330 Monatsstunden –verdienen die Arbeiter durchschnittlich RMB 800 bis 1.000(USD 114 bis 142) pro Monat, somit ca. 54 % des gesetzli-chen Mindesteinkommens. Darüber hinaus berichtetenArbeiter, dass die Lohnzahlungen regelmäßig um 40 Tageüberzogen werden, was ebenfalls gegen nationales Rechtverstößt.
Arbeiter in Kuan Ho verdienen ein wenig mehr: Die Arbeiterarbeiten an sechs Tagen die Woche und leisten imDurchschnitt 80 Überstunden jeden Monat. Auch wenndiese Stunden deutlich über den gesetzlich zulässigenGrenzen liegen, sind es doch vielen Arbeitern zufolge diebesten zeitlichen Bedingungen im Perlflussdelta.206
Auch die Löhne bei Kuan Ho sind mit durchschnittlich RMB1.000 bis 1.500 (USD 142 bis 213) pro Monat für ca. 260Arbeitsstunden besser als bei Joyful Long. Auch werden dieLöhne regelmäßig gezahlt.
In beiden Werken entspricht jedoch die Bezahlung derÜberstunden nicht den gesetzlichen Vorschriften.
„Ich stelle fest, dass ich [bei Joyful Long] nur 2 bis 3 Yuanpro Stunde verdient habe“, sagte uns ein Arbeiter. Dermonatliche Mindestlohn in Dongguan lässt sich in ca. RMB4,20 (USD 0,60) pro Stunde umrechnen. „Am meistenärgert mich, dass in diesem Werk keine Überstundenzu-schläge gezahlt werden. Selbst wenn ich am Wochenendearbeite, bekomme ich nur den normalen Stundenlohn.“
Wie bei den im letzten Kapitel untersuchten Fabriken in YueYuen legen diese beiden Werke eine Mischung ausStunden- und Stücklohn zugrunde, um den Gesamtlohndes Arbeiters zu ermitteln. Jedoch müssen laut Gesetz dieStücklöhne mindestens den Mindestlöhnen entsprechenund Überstundenzuschläge für die geleisteten Stundenbezahlt werden. Bei Kuan Ho stellt die Fabrik sicher, dassdie Stücklöhne, nach denen die Arbeiter bezahlt werden,mindestens den Mindestlöhnen entsprechen, selbst wenndie Stücklöhne sinken. Jedoch zahlt auch dieses Werk wieJoyful Long nicht die gesetzlich geforderten Überstunden-zuschläge.XXXVI
XXXV. Play Fair hat bei Kuan Ho sieben Frauen und fünf Männer im Alter von 21 bis 30 Jahren befragt. Bei Joyful Long wurden zehn Männer und fünfFrauen befragt, die meisten jünger als 30 Jahre. XXXVI. Artikel 44 des chinesischen Arbeitsgesetzbuches schreibt vor, dass Arbeitgeber für an Werktagen geleistete Überstunden 150 % des normalenLohns zahlen müssen, 200 % an Samstagen und Sonntagen sowie 300 % an gesetzlichen Feiertagen.
54
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Genau wie bei den von Play Fair durchgeführtenErmittlungen in den Fabriken in Yue Yuen in derselbenGegend berichteten die Arbeiter von Gefährdungen vonGesundheit und Sicherheit, die mit der starken Betonunghoher Produktivität zusammenhängen.
Sowohl bei Joyful Long als auch bei Kuan Ho waren diebefragten Arbeiter ernsthaft besorgt wegen der möglichenkurz- und langfristigen Auswirkungen des Umgangs mitverschiedenen Chemikalien in Abteilungen wie Siebdruck,Thermal-Bonding (ein thermisches Klebeverfahren, beidem die äußere Schicht des Balls mit der inneren verklebtwird) und in Abteilungen, in denen Synthetik-Bälle herge-stellt werden). Die meisten Arbeiterinnen und Arbeiterberichteten in der Play-Fair-Umfrage, dass ihnen nicht ein-mal bekannt ist, mit welchen Substanzen sie tagtäglich inKontakt kommen. Die Arbeiter berichteten vonHautallergien und Atembeschwerden.
Zwar stellen beide Fabriken ein paar primitiveSchutzausrüstungen, der Einsatz dieser Ausrüstungen ver-zögert jedoch den Produktionsfluss und verringert so dieProduktionsmenge. Einige Arbeiter bei Joyful Long, insbe-sondere in den Siebdruck-Abteilungen, berichten, dass sienicht in der Lage wären, die vom Werk vorgegebenenTagesproduktionsquoten zu erzielen, wenn sie ständig ihreSchutzausrüstungen tragen müssten.207
Die Arbeiter bei Joyful Long werden nicht vom gesetzlichvorgeschriebenen Versicherungsschutz einschließlichUnfallversicherung, Sozialversicherung undMutterschaftsurlaub abgedeckt. Sie können zwar betriebli-che Gesundheitszentren aufsuchen, aber die Kosten fürden Besuch und alle verschriebenen Medikamente werdenihnen vom Lohn abgezogen.
Vereinigungsfreiheit
Die befragten Arbeiter berichteten, dass es in keinem Werkgewerkschaftliche Aktivitäten gibt. Die meisten Arbeiterkannten ihre Rechte hinsichtlich einer gewerkschaftlichenVertretung nicht.
Arbeiter können zwar ihren Vorgesetzten gegenüberBeschwerden äußern, es gibt jedoch kein förmlichesBeschwerdeverfahren. In beiden Fabriken gibt es einArbeiterkomitee, das aufgetretene Probleme erkennen undsich damit auseinandersetzen soll, aber weder bei JoyfulLong noch bei Kuan Ho sind diese Komitees besondersaktiv oder effektiv. Bei Joyful Long werden dieKomiteemitglieder von der Unternehmensleitung einge-setzt. Arbeiter berichten, dass das Komitee in erster Liniedie Auditoren beschwichtigen soll.
Irreführung und Belügen von Inspektoren derMarkenunternehmen
Die befragten Arbeiter beschrieben das Belügen vonInspektoren der Markenunternehmen als „gängige Praxis“.Die Arbeiter bestätigten, dass jeden Monat Vertreter derHauptmarken in die Fabrik geschickt werden, um vor OrtInspektionen durchzuführen.
Bei Joyful Long beschrieben die Arbeiter, wie dasFührungspersonal falsche Lohnabrechnungen für dieAuditoren erstellt, die unzutreffend höhereVergütungssätze ausweisen als die den Arbeitern tatsäch-lich gezahlten. Sie berichteten auch, dass sie dazu gezwun-gen wurden, die Auditoren hinsichtlich Arbeitsstunden undLöhnen zu belügen.
„Ich habe zwei Lohnabrechnungen unterschrieben, als icham 10. November mein Septembergehalt erhielt“, sagteein Arbeiter bei der Play-Fair-Befragung. „Die eineAbrechnung wies aus, dass ich RMB 400 (USD 57) erhaltenhatte, was den Tatsachen entsprach. Laut der anderenLohnabrechnung hatte ich RMB 900 (USD 128) erhalten.Diese war für die Inspektoren der Markenunternehmenbestimmt.”208
Darüber hinaus berichteten Arbeiter, dass sie instruiertwurde, auf die Fragen der Auditoren falsche Antworten zugeben, damit sichergestellt war, dass das Werk dieInspektion besteht. Arbeiter, die sich beugen und dieInspektoren belügen, erhalten eine Prämie in Höhe vonRMB 30 bis 60 (USD 0,75 bis 1,50); Arbeiter, die dieWahrheit sagen, werden mit Lohnkürzung bestraft odergekündigt.209
Beschäftigte in Thailand.
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Herstellung von Fußbällen in Thailand
Thailands Ruf als Hersteller von Fußbällen stieg 2006, alsAdidas technologisch fortschrittliche Bälle für die offizielleWeltmeisterschaft 2006 aus Thailand bezog.210 Diese Bällewurden von Molten Thailand, einem Sportball-Unternehmen in japanischem Besitz, hergestellt.211
Die Auswirkungen der Thermal-Bonded-Technologie
Die offiziellen Bälle für die Spiele der Weltmeisterschaft2006, von Adidas „Teamgeist“ getauft, wurden mit einerneuen Technologie herstellt: die Ballwände wurdenmaschinell miteinander verklebt anstatt vernäht.212 Bis vorkurzem waren Fußbälle ausschließlich von Hand odermaschinell genäht.213
Die Weltmeisterschaft 2006 war das erste wichtigeFußballturnier, bei dem keine handgenähten Bälle einge-setzt wurden.214 Laut einigen Brancheninsidern bedeutetediese Veränderung, dass die Entwicklung bei Profiturnierenweg von handgenähten Bällen geht. Knapp zwei Jahre spä-ter scheint jedoch noch nicht klar, ob die Branche sich aus-schließlich für im Thermal-Bonded-Verfahren hergestellteBälle entscheiden wird. Wenn dieser Wechsel tatsächlicherfolgt, hätte Thailand gegenüber Pakistan und Indien, diesich beide nach wie vor auf handgenähte Bälle konzentrie-ren und denen betriebsbereite Maschinen für die Thermal-Bonded-Technologie fehlen, einen entscheidendenWettbewerbsvorteil, ebenso gegenüber China, das nicht sohochwertige maschinen- und handgenähte Bälle her-stellt.XXXVII
Löhne, Arbeitsbedingungen und Vereinigungsfreiheit
Die Thai Labour Campaign (TLC) veröffentlichte 2006 einenBericht über die Arbeitsbedingungen in zwei Fabriken, diein der Industrieregion an der Ostküste Fußbälle herstel-len.215 The Life of Football Factory Workers in Thailand zeigtdetailliert Probleme im Zusammenhang mit Löhnen undVereinigungsfreiheit auf, sowohl bei Molten Thailand, dasdie Adidas-Teamgeist-Bälle herstellt, als auch bei MikasaIndustries, die Fußbälle unter eigener Marke produzieren.
Der TLC-Bericht bestätigte, dass Molten bei Löhnen undSozialleistungen deutliche Unterschiede zwischen eigenenArbeitern und denen von Subunternehmern macht.Während schon länger direkt bei Molten angestellteVorarbeiter ein Gehalt bezogen, das ihren monatlichenGrundbedarf (der von TLC auf einen monatlichen Betrag
zwischen THB 7.310 und 8.680 geschätzt wurde) deckt,bekamen neue Arbeiter einen Basislohn von THB 4.500(USD 144). Arbeiter von Subunternehmern kamen amschlechtesten weg, sie erhielten lediglich den Mindestlohnund keinerlei monatliche Leistungsprämien oder sonstigeZulagen. Auch wurde verlangt, dass sie ihreEinheitskleidung aus eigener Tasche bezahlen. Adidasberichtet, dass diese Praxis eingestellt wurde, nachdemTLC sie enthüllt hatte.216
Adidas nahm zu dem Bericht von 2006 Stellung und bestä-tigte die von TLC angegebenen Löhne, argumentiertejedoch damit, dass das Werk die von der Regierung festge-setzten Mindestlöhne zahle. TLC entgegnete, dass dieArbeiter auf zahlreiche Überstunden bauen müssen, umüber die Runden zu kommen, da der Mindestlohn denMindestbedarf eines Arbeiters nicht deckt.217
Als der Bericht verfasst wurde, gab es seit zwei Jahren eineGewerkschaft bei Mikasa, die nach Feststellung von TLCdazu beigetragen hatte, dass die Arbeiter höhere Löhne,Zuschüsse und sonstige Zulagen erhielten.218 Seitherberichten Arbeiter jedoch, dass die Gewerkschaft infolgeständiger Bedrohung der Gewerkschaftsführer und –mit-glieder, wozu auch eine (später zurückgenommene) Klageauf Entlassung des Gewerkschaftsvorsitzenden zählt, auf-gelöst wurde.219 Als drei Mitglieder desGewerkschaftskomitees gegen die Schikanierung derGewerkschaftsmitglieder protestierten, wurden sie genauwie die TLC vom Werk wegen Diffamierung verklagt.XXXVIII
Die Vorsitzende der Gewerkschaft, Waraporn Rakthai, wurdeversetzt und gezwungen, zwei Jahre lang allein in einemzugangsbeschränkten Bereich zu arbeiten.220 „Ich bin immerallein“, sagte sie im April 2007, „kein einziger Arbeiter undkein Gewerkschaftsmitglied wagt es, mit mir zu sprechen,weder am Arbeitsplatz noch in der Kantine. Alle befürchtenSchwierigkeiten, wenn sie mit mir sprechen.“
Mikasa behauptete, dass „sie lediglich für Forschungs- undEntwicklungsarbeiten eingeteilt war, die vertraulich bleibenmussten, daher die Abschirmung und das Zeichen „Zutrittnur mit Genehmigung.”221 Angesichts der feindlichenHaltung gegenüber der Gewerkschaftsvorsitzenden hat dieGlaubwürdigkeit der Aussage, die Fabrik würde sie für dieDurchführung von vertraulichen Forschungs- undEntwicklungsarbeiten einteilen, stark gelitten.
„Ich kämpfe weiter, ganz gleich, wie traurig ich tief in mei-nem Innersten bin“, sagte Rakthai. „Ich will anderen
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XXXVII. Es sei angemerkt, dass die pakistanische Behörde für die Entwicklung kleinerer und mittlerer Unternehmen angekündigt hat, dass sie dieSchaffung eines neuen Entwicklungszentrums für die Sportindustrie (SIDC) unterstützt, das bei der Herstellung von Bällen in Sialkot die Thermal-Bonded-Technologie einführen wird. Derzeit ist Pakistan jedoch nicht in der Lage, Bälle nach diesem Verfahren herzustellen. Vgl. Associated PressPakistan, „Smeda plans to modernize sports goods industry“, The Post, 25. Februar 2008.XXXVIII. Die Unternehmensleitung hat die Klage schließlich zu Beginn dieses Jahres zurückgenommen.
Arbeitern zeigen, dass es keine Schande ist, allein zukämpfen, und dass die Menschen uns für die Fortsetzungdes Kampfes loben werden.“ Im Februar 2008 wurdeRakthai endgültig entlassen.222 Bis dahin war die Mikasa-Gewerkschaft vollständig aufgelöst: Die meistenGewerkschaftsführer und –mitglieder gaben schließlichdem auf verschiedene Weise auf sie ausgeübten Drucknach, die anderen wurden entlassen.
„Ich bin so traurig, dass wir Waraporn in der Gewerkschaftallein lassen mussten“, sagte uns der frühere stellvertre-tende Vorsitzende bei der Befragung.„ Aber ich hatte keineandere Wahl. Nach mehr als einem Jahr unter wirtschaftli-chem Druck und ohne Überstunden musste ich mich ent-scheiden, Mikasa zu verlassen.”
Im Januar 2007 befand die Nationale ThailändischeMenschenrechtskommission, dass Mikasa Industries gegendie Gewerkschaft eingeschritten war und sie unterdrückthatte, dass sie die Gewerkschaftsvorsitzende unterdrückt,thailändisches Arbeitsrecht verletzt und gegen die von derUN verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechteverstoßen hatte.223 Die Feststellungen der Kommission sindjedoch für das Unternehmen nicht bindend.
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Das Urteil liegt vor. Verfechter der Rechte vonArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, führendeSportbekleidungsmarken und Multi-Stakeholder-Initiativensind alle zu dem Schluss gekommen, dass durch regelmä-ßige Inspektionen der Betriebe zwar Probleme erkannt,aber nicht gelöst werden.
Nach Untersuchung der Ergebnisse, die bei Audits in mehrals 800 Nike-Zulieferbetrieben in 31 Ländern in einemZeitraum von über sieben Jahren gesammelt wurden, sindbeispielsweise die Akademiker Richard Locke, Fei Qin undAlberto Brause zu dem Schluss gekommen, dass sich „trotzerheblicher Anstrengungen und Investitionen seitens Nikeund seiner Mitarbeiter zur Verbesserung derArbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern der Erfolg derar-tiger Überwachungsmaßnahmen sehr im Grenzen hält.”224
Das überrascht die Tausende von Arbeitern, die weiterhinunter menschenunwürdigen Bedingungen in denBetrieben der Sportbekleidungslieferketten arbeiten, nichtwirklich, wenn auch in den vergangenen 10 Jahren vielunternommen wurde, um diese Branche zu verändern.
Dies ist jedoch noch kein Grund zu verzweifeln.Veränderungen sind möglich. Oder, wie Adidas zu sagenpflegt: „Impossible is nothing!”
Aber für echte Veränderungen ist eine andereVorgehensweise von Nöten, bei der auch dieGrundursachen – sowie strukturelle Faktoren – berücksich-tigt werden müssen, welche immer wieder aufs Neue zumMissbrauch von Arbeitnehmerrechten führen. Außerdemmüssen alle Akteure in dieser Branche verstärkt undbeständig zusammenarbeiten, um diese strukturellenHindernisse zu überwinden
2004 präsentierte Play Fair der Branche einArbeitsprogramm, mit dem tatsächliche Verbesserungenrechtzeitig zu den Olympischen Spielen 2008 in Pekingherbeigeführt werden sollten. Wir sind immer noch ent-täuscht darüber, dass die Branche, insgesamt gesehen, dieHerausforderungen nicht angenommen hat.
Es sind nur noch wenige Monate bis zu den OlympischenSpielen in Peking und wir ergreifen daher jetzt dieGelegenheit, um zu unseren vier Kernbereichen desArbeitsprogramms zurückzukehren, in denen unsererMeinung nach tatsächliche Veränderungen möglich sind,durch die wiederum nachhaltige Verbesserungen imBereich der Arbeitnehmerrechte in dieser Branche möglichwerden. Wenn die SportbekleidungsunternehmenProbleme wie fehlende Vereinigungsfreiheit und Recht aufTarifverhandlungen, prekäre Arbeitsverhältnisse, dieAuswirkungen von Betriebsschließungen und die Erhöhungvon Löhnen und anderen Vergütungen auf ein Niveau, dases den Arbeitern ermöglicht, ihre Grundbedürfnisse zu stil-len, tatsächlich in den Griff bekommen wollen, müssen sieeine Reihe konkreter und messbarer Maßnahmen in engerZusammenarbeit mit Multi-Stakeholder-Initiativen,Gewerkschaften, Nicht-Regierungsorganisationen (NRO)und Regierungen ergreifen.
Einige Sportbekleidungsunternehmen und auch Firmenaus anderen Bereichen haben versucht, zahlreiche Schritteansatzweise umzusetzen. Auf der Grundlage dieserBemühungen können wir erhebliche Verbesserungen derArbeitsbedingungen in der Branche bis zu den nächstenOlympischen Spielen 2010 in Vancouver und 2012 inLondon erreichen.
1. VEREINIGUNGSFREIHEIT UNDTARIFVERHANDLUNGEN
Wenn die Branche die Beschäftigungspraktiken und dieArbeitsbedingungen in ihren Fertigungsbetrieben nachhal-tig verbessern soll, müssen zuallererst Markenfirmen aufBerichte über Verletzungen der Vereinigungsfreiheit unddes Rechts auf Tarifverhandlungen, wie sie in Kapitel IIIbeschrieben wurden, in Betrieben, in denen auch andereUnternehmen produzieren lassen, schnell und energischreagieren.
In den letzten Jahren gab es bemerkenswerte Fälle, indenen durch gemeinsame Maßnahmen dieWiedereinstellung von Arbeitern erwirkt werden konnte,
Impossible is nothing!
Kapi
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die entlassen worden waren, weil sie versucht hatten, sichzu organisieren oder gemeinsam zu verhandeln.
• In der Star-Fabrik in Honduras konnte die Entlassung von 55Gewerkschaftsmitgliedern kurz nach ihremGewerkschaftsbeitritt im November 2007 mithilfe einerKombination von Arbeitnehmerprotesten, internationalerSolidaritätskampagne und Einmischung von einem derMarkenkunden, Nike, erfolgreich rückgängig gemacht wer-den, die ansonsten nur wieder eine weitere Aberkennungvon Arbeitnehmerrechten gewesen wäre. Am 10. Dezember2007 unterzeichneten der in den USA ansässigeEigentümer, die Arbeiter und die honduranischenGewerkschaften FUTH (Federación Unitaria de Trabajadoresde Honduras) und CUTH (Confederación Unitaria deTrabajadores de Honduras) eine gemeinsame Vereinbarung,durch die die entlassenen Arbeiter wieder eingestellt wur-den und durch die man sich verpflichtete, ungelösteProbleme gemeinsam im konstruktiven Dialog zu lösen.
• Nachdem sich die in den USA ansässigenInteressengemeinschaften „Worker Rights Consortium“(WRC) und „Fair Labor Association“ (FLA) eingeschaltethatten, hat Russell Athletic eingewilligt, die im Jahre 2007aus seiner Fabrik Jerzees de Choloma in Honduras wegengewerkschaftlicher Organisation entlassenenBeschäftigten mit Lohnnachzahlung wieder einzustellen;außerdem arbeitete das Unternehmen mit derGewerkschaft an einem Entwicklungsprogramm für ent-lassene Arbeitnehmer zusammen.225
• Nach einer Untersuchung vonseiten des WRC, bei der dieVerletzung des Rechts auf gewerkschaftlicheOrganisation der Arbeiter in einem Betrieb der ThaiGarment Export genau geprüft wurde, hat dieGeschäftsführung eingewilligt, sechs im Dezember 2006entlassene Gewerkschaftsmitglieder wieder einzustellen.
• Auf Bitten einer thailändischen NRO haben das Zentrumfür Arbeitnehmerinformationsdienste und Schulungen(Center for Labour Information Service and Training -CLIST), Nike und die FLA sich in einen Konflikt in derSportbekleidungsfabrik von MSP eingeschaltet und dieWiedereinstellung der gefeuerten Gewerkschaftsführerpositiv beeinflusst. Außerdem haben Sie „Streitregeln“ausgehandelt, laut denen bei künftigenMeinungsverschiedenheiten eine neutrale dritte Parteials Schlichter fungieren muss.
Derartige Anstrengungen seitens der Einkäufer derMarkenkunden oder anderer Beteiligter, die Fabriken fürihre Verletzungen des Rechts auf Vereinigungsfreiheit zurVerantwortung zu ziehen, werden begrüßt. Es gab nochandere Bemühungen, wie z. B. das Mittelamerika-Projektder FLA, bei dem es darum ging, der Praxis der schwarzenListe für Gewerkschaftsmitglieder auf regionaler oderLandesebene durch die Förderung von Management-Schulungen und weniger diskriminierendenEinstellungsverfahren beizukommen.
Der unablässige Missbrauch in Sportbekleidungsbetriebenlässt jedoch vermuten, dass proaktivere und positivereMaßnahmen erforderlich sind, um erst einmal sicherzustel-len, dass es gar nicht erst zu Missbrauch kommt, und dassein chronisches gewerkschaftsfeindliches Verhalten sei-tens der Geschäftsleitung nicht länger geduldet wird. DieBranche muss Schritte ergreifen, um eine positive Haltunggegenüber den Gewerkschaften und ihrenOrganisierungsaktivitäten zu erzeugen und ein positivesKlima zu schaffen, in dem Arbeiter ihr Recht aufVereinigungsfreiheit ungehindert ausüben dürfen, anstattimmer nur auf Krisen zu reagieren.
Die Initiative ergreifen
In einem ersten Schritt sollte die Branche die oben beschrie-benen Maßnahmen von Russell Athletic in seiner Fabrik„Jerzees de Choloma“ als Teil einer Konfliktlösungsstrategieanerkennen. Russell hat eingewilligt, eine Mitteilung an alleArbeitnehmer in all seinen Fabriken herauszugeben, in derdas Unternehmen verspricht, das Recht der Arbeitnehmerauf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen zu respek-tieren.226
GEWÄHRLEISTUNG DER
VEREINIGUNGSFREIHEIT (NACH DER VORLAGE
VON RUSSELL ATHLETIC)
„Name des Unternehmens anerkennt das Recht
der Arbeitnehmer, Organisationen ihrer Wahl,
einschließlich Gewerkschaften, zu gründen
oder ihnen beizutreten und Tarifverhandlungen
zu führen. Name des Unternehmens anerkennt
das Recht seiner Arbeitnehmer auf
Vereinigungsfreiheit, gewerkschaftliche
Organisation und die Aushandlung von
Tarifverträgen und wird derartige Aktivitäten
seiner Arbeitnehmer in keiner Weise beein-
trächtigen. Name des Unternehmens wird hin-
sichtlich der Entscheidung seiner
Arbeitnehmer, sich einer Organisation anzu-
schließen oder sich an den Aktivitäten einer
Vereinigung zu beteiligen, keine Maßnahmen
ergreifen. Die Beschäftigten des Unternehmens
59
müssen nicht mit Diskriminierung,
Disziplinarmaßnahmen oder Bestrafung rech-
nen, wenn sie ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit
und Tarifverhandlungen ausüben. Jeder
Vorgesetzte oder Leiter, der sich nicht an diese
Vereinbarung hält, wird bestraft. Name des
Unternehmens garantiert den Vertretern der
genannten Organisationen den Kontakt zu sei-
nen Mitarbeitern. Des Weiteren wird Name des
Unternehmens jede mit Gewerkschaften getrof-
fene Vereinbarung auch umsetzen.
Andere Sportbekleidungshersteller sollten für ihreMitarbeiter in ihren weltweiten Produktionsstätten eineähnliche „Gewährleistung der Vereinigungsfreiheit“herausgeben (siehe Box). Markenfirmen und Einzelhändlersollten ihrerseits ihre Lieferanten auffordern, eineGewährleistung herauszugeben, und in diesem Sektor akti-ve Multi-Stakeholder-Initiativen sollten überprüfen, ob dieBeschäftigten über die Erklärungen ihrer Arbeitgeber ange-messen informiert wurden.
Um des Weiteren sicherzustellen, dass Arbeitnehmer dieMöglichkeit haben, von Gewerkschaften ihrer freien Wahlvertreten zu werden, wenn sie dies möchten, solltenAbnehmer und Lieferanten von der Betriebsleitung undden regionalen Gewerkschaften der Branche dieUnterzeichnung von Vereinbarungen zumGewerkschaftsbeitritt fordern.XXXIX
Schulung der Arbeitnehmer
In einem zweiten Schritt sollten dieSportbekleidungsmarkenfirmen in Zusammenarbeit mitden Gewerkschaften und vertrauenswürdigen nichtstaatli-chen Arbeitsrechtsorganisationen unabhängigeFortbildungen und Schulungen über Vereinigungsfreiheitund Tarifverhandlungen für Arbeitnehmer und leitendeAngestellte fördern.
In diesem Zusammenhang ist es gut zu wissen, dass es indiesem Bereich bereits einige Bestrebungen gegeben hat,von denen wir lernen und auf denen wir aufbauen können.Einflussreiche Sportbekleidungsmarkenfirmen, Lieferanten
und Multi-Stakeholder-Initiativen haben bereits ihreArbeitnehmer hinsichtlich ihrer Rechte und ihre leitendenAngestellten hinsichtlich ihrer Pflichten geschult.
Immer mehr Dienstleistungsunternehmen, einschließlichAuditfirmen, werben damit, dass sie Schulungsprogrammeanbieten. Das Feedback, das wir von den Arbeitern zu die-sen Bemühungen erhalten, erfüllt uns allerdings nicht wirk-lich mit Zuversicht. Auch wenn Chinas Restriktionen zivilerOrganisationen es erschwert, unabhängige und vertrau-enswürdige Arbeitsrechtsgruppen zu finden, die man in dieEntwicklung von Schulungen für Arbeitnehmer einbeziehenkönnte, so gibt es derartige Gruppen dennoch. Sie sinddavon überzeugt, dass Mitarbeiterschulungen einen wich-tigen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitnehmerrechte inFestlandchina leisten können, sofern ihr Inhalt, ihre Übun-gen und Ziele sachdienlich sind.
Sie weisen zu Recht darauf hin, dass Schulungen ein Mittelzum Zweck sind und nicht einen Zweck an sich darstellen.Ziel sollte sein, einen wirklichen Arbeitsschutz durch stär-kere Arbeitnehmermitbestimmung und ein ausgereiftesSystem von Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen zu för-dern. Daher muss geprüft werden, welche Art von Schulungsich am besten zur Förderung der Mitbestimmung undFestigung der Beziehungen zwischen Arbeitnehmern undArbeitgeber eignet und welche nicht.
Genauso wie einseitig erzwungeneSchlichtungsmaßnahmen in einem Betrieb weniger zumErfolg führen als gemeinsame Bemühungen (wie uns dieEinkäufer der Sportbekleidungsunternehmen immer wie-der beweisen), so erzielen Schulungsprogramme fürArbeitnehmer eine wesentlich bessere Wirkung, wenn dieGeschäftsleitung vor Ort bereits mit den örtlichenGewerkschaften zusammenarbeitet. Auch wenn vieleProgramme nicht von Arbeitnehmern angeregt werden, sosollten sie doch den tatsächlichen Bedürfnissen derArbeitnehmer entsprechen und versuchen, deren aktiveTeilnahme am Programm in dessen Verlauf zu steigern.
Sportbekleidungsmarken, Multi-Stakeholder-Initiativen undHersteller sollten in Zusammenarbeit mit sachkundigenGewerkschaften, nichtstaatlichen Organisationen undSchulungsanbietern die Methoden zur Beurteilung derAuswirkungen von Schulungen auf Arbeitnehmer undManagement ausarbeiten und auch Verfahren entwickeln,um die Beteiligten auf transparente Weise über dieErgebnisse derartiger Schulungen zu informieren, bevorSchulungsprogramme für Arbeitnehmer eingeführt werden.
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XXXIX. Ein Beispiel für eine Zugangsvereinbarung, die zwischen dem Jeans-Giganten Nien Hsing und der Gewerkschaft „Lesotho Clothing and AlliedWorkers Union“ unterzeichnet wurde, finden Sie beim Gewerkschaftsforschungsprojekt „Trade Union Research Projekt“ und bei der Stiftung zurUntersuchung multinationaler Unternehmen SOMO. Einen Aufruf zum Handeln finden Sie in der Broschüre „Organizing Garment Workers in SouthernAfrica“ (Die Organisation von Textilarbeitern in Südafrika. Clean Clothes Campaign (Kampagne für „Saubere Kleidung“), S.27-29, verfügbar unterhttp://www.cleanclothes.nl/ftp/GarmentWorkersSA.pdf
Sourcing- und Einkaufspraktiken
Wie wir in Kapitel III erörtert haben, scheitern dieBemühungen der Arbeitnehmer, eine Gewerkschaft insLeben zu rufen, oft an der begründeten Angst, dieEinkäufer könnten die Aufträge kürzen oder alle Aufträgeanderweitig vergeben, sobald ein Teil der Arbeitnehmergewerkschaftlich organisiert ist.
Wenn auch einige Markenfirmen dazu übergegangen sind, einso genanntes „Punkteausgleichssystem“ einzuführen, mit derversucht werden soll, Arbeitsnormen neben klassischerenBewertungen derzeitiger und zukünftiger Lieferanten zu etab-lieren, wird die Präsenz von Gewerkschaften in einer Fabrikeher als neutraler denn als positiver Faktor gesehen, der dieInformation und Beteiligung von Arbeitnehmern erleichtertund der deshalb bei der Auswahl von Lieferanten oder derAufrechterhaltung von Aufträgen bevorzugt berücksichtigtwerden sollte.
Zu den Schritten der Einkäufer im Hinblick auf ein positivesKlima für Vereinigungsfreiheit sollten folgendeMaßnahmen gehören:• die bevorzugte Vergabe von Aufträgen an gewerkschaft-
lich organisierte Betriebe;• langfristige und stabile Lieferverträge mit gewerkschaft-
lich organisierten Betrieben und• eine messbare Erhöhung der Stückpreise für Betriebe mit
Tarifvereinbarungen.
In Kapitel III haben wir festgestellt, dass einige US-amerika-nische Unternehmen ihre Einfluss gegen den Schutz derArbeitnehmer im neuen Arbeitsvertragsrecht Chinas gel-tend gemacht haben, während andere sich öffentlich vondiesen Bestrebungen distanzierten. Einkäufer undLieferanten sollten in der Öffentlichkeit eine positiveMeinung hinsichtlich der Unterstützung derArbeitnehmerrechte auf Vereinigungsfreiheit undTarifverhandlungen vertreten und diese Meinung auchRegierungen vermitteln, die weiterhin Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer in ihren grundlegenden Rechtenbeschneiden.
In Übereinstimmung mit den Empfehlungen von Play Fair2008 hat Nike von Kurzem die Regierungen aufgefordert,„die in den IAO-Abkommen von 1987 und 1998 veranker-ten Prinzipien hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit und desRechts auf Tarifverhandlungen anzuerkennen und zu res-pektieren.“227 Andere Sportbekleidungsmarkenfirmen soll-ten gleichermaßen Stellung beziehen und alle Länder auf-fordern, diese Abkommen offiziell zu ratifizieren.
Berichterstattung
Zu guter Letzt muss die Sportbekleidungsbranche diePräsenz von Gewerkschaften und Tarifabkommen in ihrenLieferketten sowie den (kumulierten) Anteil ihrer eigenenProduktion an der Auslastung dieser Betriebe prozentualermitteln und darüber Bericht erstatten, um den Erfolg deroben beschriebenen Anstrengungen messen zu können.XL
Einkäufer und Lieferanten sollten außerdem inRechtssystemen, in denen die Vereinigungsfreiheit gesetz-lich eingeschränkt ist, ihren entsprechenden Anteil an derProduktion ermitteln und den Beteiligten melden, um eineweitere Ausbreitung der Produktion in Gebieten zu verhin-dern, in denen die Branche ihre eigenen Verhaltenskodizesnicht erfolgreich durchsetzen kann.XLI
2. PREKÄRE BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSE
Trotz der wachsenden Tendenz in derSportbekleidungsindustrie, in Anbetracht schwankenderLieferfristen und Auftragsvolumina auf befristeteArbeitsverträge, Gelegenheitsarbeiter oder dieAuslagerung von Aufträgen zurückzugreifen, gab es auchbemerkenswerte Anstrengungen, diese unhaltbareSituation sowohl auf Fabrikebene als auch auf allgemeinerpolitischer Ebene umzukehren.
In der Bekleidungsfabrik von PCCS in Kambodscha, überdie wir bereits auf Seite 33 berichtet hatten, wurde derAnstieg der befristeten Beschäftigung von derFabrikleitung in Zusammenarbeit mit Adidas und dem WRCumgekehrt. 2007 erhielt die Vielzahl der befristetBeschäftigten einen unbefristeten Arbeitsvertrag.Befristete Arbeitsverträge sind nur dann erlaubt, wenn siein Übereinstimmung mit einem klar definierten Plan erfol-gen, der ihren Einsatz rechtfertigt.228
Die von PCCS Garment in Zusammenarbeit mit Adidasunternommenen Schritte sollten von anderenSportbekleidungseinkäufern und -lieferanten immer dortnachgeahmt werden, wo der übermäßige Einsatz von pre-kärer Beschäftigung zur Regel in den Lieferketten gewor-den ist. Adidas berichtet zudem über Bemühungen um denverminderten Einsatz von Leiharbeitskräften bei MoltenThailand (s. weiter unten). Wie bereits auf Seite 34 festgestellt, wurde in einigenLändern der Missbrauch befristeter Beschäftigung gesetz-lich eingeschränkt, und in China haben einigeSportbekleidungsunternehmen diese Veränderungensogar begrüßt, anstatt sie abzulehnen. Unter Anführung
XL. Diese Maßnahme ist inzwischen fester Bestandteil der Leitlinien zur Berichterstattung der Global Reporting Initiative (Maßnahme AF29).XLI. Adidas übergab 2005 eine derartige Analyse an Oxfam, aus der hervorging, dass ca. 52 % seiner Waren in Ländern im asiatisch-pazifischen Raumhergestellt werden, in denen Arbeitnehmer keine Vereinigungsfreiheit und kein Recht auf Tarifverhandlungen haben, und dass dieser Anteil zwischen2002 und 2004 um 3 % gestiegen ist (siehe Connor, Tim und Kelly Dent. Offside! Labour rights and sportswear production in Asia. OxfamInternational, 2006, p77)
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der jüngsten Verbesserungen des chinesischenArbeitsrechts als Beispiel sollten dieSportbekleidungsunternehmen öffentlich eine positiveHaltung einnehmen und die gesetzlichen Beschränkungendes Missbrauchs von befristeter Beschäftigung undLeiharbeit unterstützen.
Da jedoch zwischen der Verabschiedung von Gesetzen undihrem tatsächlichen Inkrafttreten oftmals eine gewisse Zeitvergeht, müssen Sportbekleidungsmarkenfirmen,Einzelhändler und Hersteller ebenfalls sicherstellen, dassdie Betriebe, in denen ihre Waren hergestellt werden, diegegebenenfalls vorhandenen gesetzlichenEinschränkungen beachten, und sie müssen sie davonabbringen, befristete Beschäftigung zu missbrauchen,sofern es keine diesbezügliche Gesetzgebung gibt.
In den Verhaltenskodizes von Unternehmen und MSIs soll-te der Missbrauch von befristeter Beschäftigung undUnterauftragsvergabe zur Umgehung von Sozialleistungenund anderen den Arbeitnehmern zustehendenVergütungen ausdrücklich verboten werden.
Adidas hat zum Beispiel darauf hingewiesen, dass dasUnternehmen auf eine Festanstellung derjenigen Arbeiterbestehen wird, die „zur Umgehung gesetzlicher Pflichten”nur befristet beschäftigt werden”229 Dies ist bereits einSchritt in die richtige Richtung. Außerdem ist es Teil derUnternehmenspolitik von Adidas, "aktiv von derBeschäftigung von Zeit- oder Leiharbeitern in denLieferketten abzuraten.”230 Bedauerlicherweise schweigendie Verhaltenskodizes vieler Sportbekleidungs-unternehmen und einiger MSIs zu diesem Thema, wennauch der Missbrauch von befristeter Beschäftigung in vie-len Fällen als Verletzung anderer Kodexinhalte wieVereinigungsfreiheit oder Diskriminierung betrachtet wer-den könnte.XLII
Wesentlich wichtiger ist jedoch, dass die Branche sich mitder schwankenden Auftragslage arrangiert, die dieBetriebe darin bestärkt, die Beschäftigung von Personal soflexibel wie möglich zu gestalten. Einkäufer müssen sichdarum bemühen, ihre Einkaufspraktiken im Hinblick aufdie folgenden Ziele anzupassen:• Ausarbeitung von langfristigen und stabilen
Lieferverträgen mit den Lieferbetrieben;• Sicherstellung, dass Zahlungsfristen in allen
Lieferverträgen festgesetzt werden und Zahlungen frist-gerecht erfolgen;
• Verteilung der Aufträge soweit wie möglich über das Jahr,um saisonale Schwankungen zu verringern
• Festlegung einer optimalen Frist, innerhalb der dieBetriebe über Änderungen laufender Verträge oder dieErteilung neuer Verträge in Kenntnis gesetzt werden soll-
ten, damit sie ihre Produktion entsprechend anpassenkönnen, ohne Arbeitszeitregelungen zu verletzen undohne auf kurzfristige Beschäftigung und/oderUntervergabe von Aufträgen zurückgreifen zu müssen;und
• gegebenenfalls Anpassung von Lieferfristen.
3. WERKSSCHLIEßUNGEN
s wäre unredlich, Betriebsschließungen als „verantwor-tungsbewusst“ oder als ein „gutes Ende“ zu bezeichnen.Denn am Ende verlieren immer Menschen ihreArbeitsplätze und ganze Gemeinden müssen die Folgentragen, selbst wenn alle gesetzlichen Verpflichtungen ein-gehalten wurden.
Angesichts der oben beschriebenen Zustände – dassArbeitnehmer bei den meisten Betriebsschließungen umihre Abfindung, Lohnnachzahlungen,Sozialversicherungsleistungen und/oder andere gesetzlicheLeistungsansprüche betrogen werden – gibt es allerdingseinige unmittelbare Forderungen an dieSportbekleidungsfirmen, wie zumindest die negativenFolgen von Betriebsschließungen verringert werden können.
Als der kanadische T-Shirt-Hersteller Gildan Activewear imMärz 2007 die Schließung von zwei seiner Fabriken imnordmexikanischen Staat Coahuila bekannt gab, nahm dasUnternehmen Gespräche mit der örtlichenHilfsorganisation SEDEPAC und mit Kanadas „MaquilaSolidarity Network” über die Ausgleichszahlungen undHilfeleistungen für die 1.300 Arbeitnehmer auf, die wenigspäter auf der Straße stehen würden. Zu den positivenFolgen dieser Bereitschaft des Unternehmens, sich aufeinen konstruktiven Dialog einzulassen, zählte eineKrankenversicherung für die Dauer von einem Jahr fürarbeitslose frühere Mitarbeiter, Abfindungen über dengesetzlichen Anspruch hinaus alsKündigungsentschädigung und eine finanzielle Beteiligungan einem staatlichen Umschulungsprogramm für frühereGildan-Mitarbeiter.
Als Yupoong die Schließung seines BJ&B-Werkes in derDominikanischen Republik bekannt gab (siehe Seite 37),leistete das Eingreifen von Markenfirmeneinkäufern, demWRC und der Internationalen Textil-, Bekleidungs- undLederarbeiter-Vereinigung (ITBLAV) den Verhandlungen mitder lokalen Gewerkschaft über eine VereinbarungVorschub, die eine Abfindungszahlung von dreiMonatslöhnen über den gesetzlichen Anspruch hinaussowie eine Zahlung von 200.000 Pesos (6.100,00 USD) andie Gewerkschaft und ihre Vereinigung für die Organisationund für Ausbildungsprogramme vorsah.
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XLII. Die Verhaltenskodizes der Ethical Trading Initiative, SA8000, und der Fair Wear Foundation enthalten eine entsprechende Klausel.
Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen verpflichtetfühlen, mit den vorhandenen Gewerkschaften vor Ort zuverhandeln, um nach Alternativen zur Schließung zusuchen oder zumindest die Bedingungen für dieSchließung auszuhandeln.
Angesichts der Tatsache, dass Markenunternehmen,Einzelhandelskonzerne und internationale Hersteller ihreLieferkette und Produktionsnetzwerke umstrukturieren, istes jedoch von noch größerer Bedeutung, dass sieMaßnahmen ergreifen, um das Potenzial desaströserBetriebsstilllegungen zu minimieren.
Es gab positive Bemühungen, ein Verzeichnis mit ‚BestPractices“ auszuarbeiten, in dem eine Reihe von konkretenSchritten umrissen werden, die Einkäufer, Lieferanten,Regierungen und Andere ergreifen sollten, um dieWahrscheinlichkeit von Schließungen zu verringern und dienegativen Folgen dort, wo sie nicht verhindert werden kön-nen, auszuschließen. Derartige Leitfäden unterstreichenden Bedarf an gemeinschaftlichen Bemühungen vonEinkäufern und Lieferanten, Gewerkschaften und NROüberall im Beschaffungs- und Fertigungsablauf. • Das MFA-ForumXLIII hat ein kooperatives Konzept veröf-
fentlicht, das Leitlinien für Verkäufer, Produzenten,Regierungen, internationale Einrichtungen,Gewerkschaften und NRO hinsichtlich ihrer Pflichtenwährend des Übergangs zum quotenbefreiten Handelenthält. Das Kooperative Konzept (CollaborativeFramework), das Leitlinien zu den Pflichten vonEinkäufern und Produzenten vor und im Laufe vonBetriebsschließungen und -stilllegungen enthält, kannunter folgender Adresse eingesehen werden:http://www.mfa-forum.net/docs/Collaborative.pdf
• Die Kampagne für „Saubere“ Kleidung hat ein E-Bulletinüber Firmenschließungen mit dem Titel „Erwartungen imZusammenhang mit Werksschließungen undMassenentlassungen“ herausgegeben, das unter folgen-der Adresse eingesehen werden kann:www.cleanclothes.org/f tp/07-09_CCC_E-bulle-tin_Closures_and_Mass_dismissals.pdf
• Das Maquila Solidarity Network hat eine Reihe vonForderungen im Rahmen von Werksschließungen unterdem Titel „Was erwarten Arbeitsrechtsgruppen vonEinzelhändlern, Produzenten und Regierung?“ veröffent-licht, die unter folgender Adresse abgerufen werdenkann: www.maquilasolidarity.org/issues/ca/closures
Das Kernthema in allen drei Dokumenten ist die These,dass Schließungen zwar nicht vermieden werden können,dass es aber ebenso wenig zu tolerieren ist, dassArbeitnehmer nicht das erhalten, was ihnen gesetzlich
zusteht, wenn es in letzter Konsequenz zu einer Schließungkommt.
Zu diesen Maßnahmen gehören:• Beibehaltung des aktuellen Lieferantenstamms des
Landes und Eindämmung der Konzernbildung innerhalbdes Landes, falls machbar;
• Berücksichtigung aller Möglichkeiten, umPersonaleinsparungen/ Werksschließungen abzuwen-den, dabei Arbeitnehmervertreter, sofern vorhanden,umfassend einbeziehen und mit ihnen verhandeln;
• Planung konkreter Vorgehensweisen dort, wo umstruktu-riert wird, und Zusammenarbeit mit dem betroffenenLieferanten und mit anderen Einkäufern, um die negati-ven Folgen bei Entzug von Aufträgen oderBetriebsschließung zu lindern;
• Prüfung, ob die Lieferanten ordentlich und fristgerechtLöhne und gesetzlich festgelegte Sozialleistungen (z. B.Sozialversicherung, Rentenzahlungen) an die entspre-chenden Parteien bezahlen; und
• Regelmäßige Überwachung, dass ausreichende Mittel zurVerfügung stehen, um den Mitarbeitern im Falle einesStellenabbaus oder einer Schließung alle Leistungen zah-len zu können.
Die Sportbekleidungsindustrie und die in dieser Brancheaktiven Multi-Stakeholder-Initiativen sollten formelleGrundsätze und Methoden erarbeiten und durchsetzen,um den im Kooperativen Konzept (CollaborativeFramework) und in den Dokumenten der Kampagne für„Saubere“ Kleidung und des Maquila Solidarity Networksenthaltenen Leitlinien und Vorschlägen Gültigkeit zu verlei-hen, und diese Strategien öffentlich bekannt geben.
Die Branche muss außerdem lernen, ihreBeschaffungspraktiken besser zu überprüfen und über sieBericht erstatten. So sollten beispielsweise Einkäuferöffentlich über die durchschnittliche Länge derBeziehungen zu ihren Lieferbetrieben berichten und außer-dem detaillierte Statistiken über die Anzahl der Betriebe,mit denen das Unternehmen eine zunehmende Anzahl vonJahren (z. B. 1, 3, 5 Jahre oder länger) zusammengearbeitethat, und über ihren jeweiligen Standort veröffentlichen.
Transparente Berichterstattung überUnternehmensvorhaben in Sachen Veränderungen oderSchließungen könnte bei der Entwicklung gemeinsamerBemühungen mit anderen Einkäufern und Beteiligten nütz-lich sein und andere Unternehmen in der Branche zu bes-seren Praktiken motivieren. Eine solche Berichterstattungsollte Strategien für die Auswahl vonEinkäufern/Verkäufern und/oder deren Kündigung umfas-
XLIII. Das MFA-Forum bringt Einzelhandelskonzerne, Markenunternehmen, NRO sowie nationale und multinationale öffentliche Einrichtungen zusam-men, damit sie gemeinsame Strategien entwickeln und voranbringen, um gefährdeten nationalen Textilbetrieben zu helfen und die Einhaltung derArbeitnehmerrechte in der Zeit nach dem Ende des Welttextilabkommens besser zu schützen. Weiterführende Informationen finden Sie auf:http://www.mfa-forum.net/
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sen sowie ein Verfahren zur Zulassung neuer Lieferanten,die Verknüpfung des Verhaltens eines Lieferanten imBereich des Arbeitsrechts mit den Einkaufsentscheidungender Einkäufer und Strategien, um die Auswirkungen derschließenden Betriebe zu bewältigen.XLIV
4. EXISTENZSICHERNDE LÖHNE-In Kapitel III haben wir detailliert beschrieben, welchestrukturellen Hemmnisse das Erreichen von für denLebensunterhalt ausreichenden Löhnen verhindern, solan-ge die Sportbekleidungsindustrie standortungebunden ist.Wesentliche Verbesserungen der Gehälter oder derArbeitsbedingungen, die direkten Einfluss auf die Gewinneder Einkäufer oder die den Lieferanten gezahlten Preisehaben (die so genannten „Cash Standards“), sind für diemeisten Unternehmensprogramme zur sozialenVerantwortung absolut tabu. Stattdessen haben sichMarkenunternehmen, Einzelhändler und Multi-Stakeholder-Initiativen wie die Fair Labor Association aufdie Steigerung der Produktivität konzentriert, wodurch, wiesie glauben, Lohnerhöhungen ohne direkte Auswirkungenauf die Preise der Weg geebnet wird.
Wie wir jedoch in Kapitel IV erfahren haben, führte dieKonzentration auf eine Steigerung der Produktivität in denBetrieben von Yue Yuen bedauerlicherweise zu einer höhe-ren Arbeitsbelastung und einem geringeren Entgelt derArbeitnehmer, die nicht mehr in der Lage waren,Produktionsprämien zu erarbeiten. Die Daten der Betriebevon Yue Yuen verdeutlichen außerdem, wie riskant es ist,ausschließlich auf lokale Mindestlohnfest-setzungsmechanismen zu vertrauen, da die Betriebegenauso schnell einen Teil der Zusatzvergütungen strei-chen können, um die positiven Auswirkungen einerMindestlohnerhöhung zu untergraben.
Wir haben zusätzlich festgestellt, dass Bemühungen umLohnerhöhungen, die von einem einzelnen Akteur abhän-gig sind, meisten keinen Erfolg haben.Markenunternehmen und Einzelhandelskonzerne könnennicht einfach die Preise, die sie zahlen, erhöhen, ohne übergewisse Mechanismen sicherzustellen, dass die entspre-chenden Beträge auch in die Löhne der Arbeiter fließen.Genauso wenig werden Fabrikbesitzer die Löhne erhöhen,wenn sie sich nicht sicher sein können, dass ihnen ihreKunden erhalten blieben – besonders, wenn sieZusatzkosten tragen müssen. Und Gewerkschaften kön-
nen, sofern es sie denn überhaupt gibt, keine höherenLöhne aushandeln, wenn der Betrieb über Gebühr vomWettbewerb bedrängt wird.
Diese Lohnschranken sind alle ein Produkt eines bestimm-ten Geschäftsmodells, auf das die Sportbe-kleidungsbranche schwört. Es wird eine Herausforderungfür die Branche in den kommenden Jahren, dieses unhalt-bare Modell so zu verändern, dass endlich Löhne gezahltwerden können, mit denen der Lebensunterhalt bestrittenwerden kann.
Wir wissen, dass dies nicht über Nacht passieren wird. Esgibt jedoch eine Reihe von Schritten, die die Branche jetztergreifen kann und sollte, um Löhne und Vergütungen zuzahlen, die sich im Rahmen der geschätztenLebenshaltungskosten in den Regionen bewegen, in denenSportbekleidung hergestellt wird.
Bemessung von existenzsichernden Löhnen
Wie oben angemerkt, haben Debatten über die exakteBemessung eines für den Lebensunterhalt ausreichendenLohnes nicht zu konkreten Maßnahmen geführt, um einderartiges Lohnniveau zu erreichen. Stattdessen kam es zuweiteren Diskussionen über die genauen Methoden, wieein für den Lebensunterhalt ausreichendes Lohnniveau zuberechnen ist – was an den derzeitigen branchenüblichenPraktiken jedoch nichts ändert.
Eine vielversprechendere Vorgehensweise zur Festlegungvon Lohnniveaus in einem bestimmten räumlichen Kontextist die Anwendung von Lohnstufenmodellen, die erstmaligim Jo-In-ProjektXLV in der Türkei zum Einsatz kamen: Stattnach der besten Methode zur Bemessung eines für denUnterhalt ausreichenden Lohnes zu suchen, hat sich mandarauf konzentriert, die Löhne stufenweise anzuheben, umlangfristig einen für den Unterhalt ausreichenden Lohn zuerzielen.
Bei der Durchführung des türkischen Projekts sah dasLohnstufenmodell zunächst vor, die aktuellen Lohnniveausin einem bestimmten räumlichen Kontext auszuwerten.Anschließend legten die Projektteilnehmer aufeinanderfol-gende Stufen fest: vom gesetzlichen Mindestlohn über denfür die Branche typischen Lohn zum ausgehandelten Lohnund weiter zu einem für den Lebensunterhalt ausreichen-den Lohn verschiedener MSI bis hin zu dem für den
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XLIV. Weitere Empfehlungen zur transparenten Berichterstattung finden Sie in der Ausgabe vom Dezember 2007 des vom Maquila Solidarity Networkherausgegebenen Codes Memo „Die nächste Generation der Berichterstattung über soziale Verantwortung von Unternehmen: Führt ein besseresBerichtswesen automatisch zu besseren Arbeitsbedingungen?“ einsehbar unter: www.maquilasolidarity.org/en/node/749XLV. Bei der Joint Initiative on Corporate Accountability and Workers' Rights (was soviel bedeutet wie Vereinte Initiative zuUnternehmensverantwortung und Arbeitnehmerrechten, kurz auch Jo-In genannt) handelt es sich um ein Projekt, das in der Zeit von 2003 bis 2007 inder Türkei von sechs Multi-Stakeholder-Initiativen und Arbeitsrechtsorganisation durchgeführt wurde, um den wirkungsvollsten Weg zurVerwirklichung der verschiedenen Ansätze herauszufinden und Orientierungshilfen darüber zu geben, auf welche Weise weltweit verbesserteArbeitsbedingungen erreicht werden können, und um in der Türkei auch effektive und positive Ergebnisse zu erzielen.
Lebensunterhalt ausreichenden Lohn, wie ihn die örtlichenGewerkschaften festlegen.231
Sobald ein Lohnstufenmodell für ein bestimmtes Landoder Gebiet ausgearbeitet ist, kann man sich um „effektiveStrategien zur Verbesserung des Lohnniveaus kümmern (z.B. Anhebung der gezahlten Preise, Steigerung derProduktivität, Verbesserung der Managementsysteme oderAnwendung von Selbstbeteiligungsprogrammen).”232
Um die Löhne der Arbeitnehmer in derSportbekleidungsbranche zu verbessern, sollten Einkäufer,Zulieferer, Gewerkschaften und NRO zuerst einmal zusam-menarbeiten, um Lohnstufenmodelle und Schätzungendes für den Unterhalt ausreichenden Lohns für die Länderund Regionen, in denen Sportbekleidung gefertigt wird,auszuarbeiten. Lohnstufenmodelle müssen regelmäßig anÄnderungen des Verbraucherpreisindexes in dem jeweili-gen Gebiet angepasst werden, sodass außerdem überprüftwerden kann, ob die Löhne der Arbeiter mit der InflationSchritt halten.
Auf der Lohnleiter nach oben
Es wird von verschiedenen Faktoren abhängen, auf welcheWeise Sportbekleidungsunternehmen letztendlichLohnerhöhungen in bestimmten Produktionsstätten errei-chen. So haben Einkäufer beispielsweise unterschiedlicheBeziehungen zu den verschiedenen Betrieben, je nachdemwie viel und wie lange sie schon bei dem einen oder ande-ren Betrieb bestellen. In einigen Betrieben sindGewerkschaften aktiv, sodass es für die Beschäftigten ein-facher wird, sich ihren Anteil an größeren Margen durchProduktivitätssteigerungen und/oder Preiserhöhungen zusichern. Kurz gesagt, es gibt kein Patentrezept.In Betrieben, in denen Mitarbeiter bereits gewerkschaftlichorganisiert sind, sollten die Einkäufer deren Bemühungenum eine Lohnerhöhung über Tarifverhandlungen unterstüt-zen, indem sie ihnen auf vertraulicher Basis Informationenüber die Höhe der Stückpreise, die den Lieferanten gezahltwerden, geben. Auch allgemeine Management-Schulungenund Unterstützung bei den Tarifverhandlungen mit denZulieferern sollten der Entwicklung mündiger Beziehungenzwischen den Sozialpartnern in Sportbekleidungsfabriken,einschließlich Tariflohnverhandlungen, förderlich sein.
Einkäufer können sich im Einzelfall natürlich auch ver-pflichten, eher Ware von denjenigen Lieferanten undBetrieben zu beziehen, die - gemessen amLohnstufenmodell für die jeweilige Region - bessere Löhnebezahlen, wodurch für die Zulieferbetriebe ein Anreiz ent-stehen würde, bessere Bedingungen zu schaffen.
Untersuchung von Preisen und Produktivität
Produktivitätssteigerungen, die nicht gleichzeitig zu einer
Erhöhung des Arbeitstempos, der Arbeitszeit, derGefährdung von Gesundheit und Sicherheit und der kör-perlichen Belastung führen, werden grundsätzlich begrüßt.Es gibt allerdings kaum Hinweise darauf, dassProduktivitätssteigerungen an sich schon ausreichen, umdie Löhne anzuheben.
Bevor die Branche alles auf die Produktivitätskarte setzt,sollten die Unternehmen gemeinsam – vielleicht überMulti-Stakeholder-Initiativen wie z. B. die FLA, die „EthicalTrading Initiative“ (ETI), „Social AccountabilityInternational“ (SAI) und/oder die Fair Wear Foundation(FWF) – eine oder mehrere unabhängige Studien zuschlanken Produktionsmethoden in Auftrag geben, um zuentscheiden, ob gesichert ist, dass eine Lohnerhöhungohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigten mög-lich ist.
Genauso muss die Frage, ob die Preise, die die Einkäuferden Zulieferern zahlen, hoch genug sind, damit dieZulieferer Arbeitsnormen und Verhaltenskodizes der MSIs(einschließlich der Zahlung von existenzsicherndenLöhnen) in ihren Betrieben einhalten können, gründlicheruntersucht werden).
Genauso muss die Frage, ob die Preise, die die Einkäuferden Zulieferern zahlen, hoch genug sind, damit dieZulieferer Arbeitsnormen und Verhaltenskodizes der MSIs(einschließlich der Zahlung von für den Lebensunterhaltausreichenden Löhnen) in ihren Betrieben einhalten kön-nen, gründlicher untersucht werden.
Einkäufer und Lieferanten sollten gemeinsam eine unab-hängige Studie zu den Preisen, die die Einkäufer denZulieferern zahlen, in Auftrag geben; hierzu müssten beideSeiten auf vertraulicher Basis Angaben zu Preisen machenund sonstige Informationen beisteuern, mit denen festge-stellt werden könnte, ob die Preise, die einem Lieferantengezahlt werden, hoch genug sind, damit dieBetriebsleitung die Verhaltenskodizes des Unternehmensund der MSI einhalten und ausreichende Löhne und ander-weitige Vergütungen für den Grundbedarf derBeschäftigten zahlen kann.
Gemeinsame Anstrengungen
Eines der Argumente, das gegen die Übernahme des für denLebensunterhalt ausreichenden Lohnniveaus angeführtwird, ist, dass ein einzelner Einkäufer keineLohnerhöhungen in einem Betrieb sicherstellen kann, derfür verschiedene Kunden produziert. Der Einfluss eines ein-zelnen Einkäufers ist in solchen Fällen begrenzt, argumentie-ren die Unternehmen, da seine maßgeblichen Bemühungensich möglicherweise nicht mit den Interessen andererEinkäufer decken.
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Aus diesem Grunde müssen sich Einkäufer gemeinsam umverbesserte Lohnbedingungen bemühen.
Zusammenarbeit wird inzwischen von Einkäufern akzeptiert,die Audit-Informationen austauschen (um so die Anzahl anAudits in ein und demselben Betrieb zu reduzieren), odervon Einkäufern, die im Rahmen der Fair Labor Associationoder anderen MSI zusammenarbeiten, um beispielsweiseManagement-Schulungen durchzusetzen.XLVI Auch Nike hatsich öffentlich verpflichtet, bis 2011 „die Zusammenarbeitvon Markenunternehmen bei Problemen mit der Einhaltungvon Normen oder Kodizes in 30 Prozent [seiner] Lieferketteanzuführen.233
Einkäufer könnten damit beginnen, ein für den Unterhaltausreichendes Lohnniveau einzuführen, indem sieZulieferbetriebe ermitteln, die zu mindestens 75 % Prozentnur für sie und/oder oder für sie und andere Unternehmenfertigen.234 Die 75-%-Grenze ist zwar willkürlich gewählt, aberdie Einkäufer müssen zumindest den größten Teil derProduktion belegen. Es ist ebenfalls wichtig, dassMarkenunternehmen, deren Produkte in einem Betriebgefertigt werden, langjährige Geschäftsbeziehungen zu denLieferanten und dem Betrieb unterhalten, da es hierdurchden Lieferanten und der Betriebsleitung ermöglicht wird, fürnachhaltigere Verbesserungen und Zusammenarbeit zu sor-gen. Yue Yuen beispielsweise unterhält langjährigeGeschäftsbeziehungen zu einer Reihe von Einkäufern dergroßen Markenunternehmen.
Auf der Grundlage der „Lohnleiter“ als Richtschnur könntenEinkäufer sich gemeinsam einem Lohnziel verpflichten, dasmit der Zeit zu einer wesentlichen Erhöhung der Löhne undVergütungen der Beschäftigten führt. Anschließend würdejedes Unternehmen als Einzelkäufer mit dem Lieferantenseparat über die erforderlichen Maßnahmen zurZielerreichung verhandeln, und zwar proportional zum Anteildes Einkäufers an der Produktion.
Die Antwort auf die Frage, wie diese Ziele von denLieferanten erreicht werden können, lassen wir absichtlichoffen. In manchen Fällen kommt es vielleicht zu einer Ände-rung des Produktionsablaufs oder dem Einsatz andererMaterialien, um Lohnerhöhungen möglichst ohnePreiserhöhung umzusetzen. In anderen Fällen sind dieEinkäufer eventuell gezwungen, die Preise zu erhöhen, umdie gewünschten Margen zu erzielen. Auf jeden Fall wäreimmer eine gemeinsame Anstrengung im Hinblick auf eineErhöhung der Löhne von Nöten.
Wenn die Beschäftigten eines Betriebes gewerkschaftlichorganisiert sind, müssen die Gewerkschaften in den
Verhandlungsprozess zur Festsetzung von Maßnahmen zurErhöhung von Löhnen und anderen Vergütungen einbezo-gen werden.
Einkäufer und/oder die Multi-Stakeholder-Initiativen, denendie Einkäufer angehören, sollten diesen Prozess überwa-chen, um sicherzustellen, dass die Lohnerhöhungen nichtüber die Kürzung anderer finanzieller Leistungen oder dieVerletzung von anderen Arbeitsnormen, wie z. B. die Anzahlder Arbeitsstunden, erreicht werden.
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XLVI. Die Zusammenarbeit zur Verbesserung von Löhnen kann jedoch durch US-amerikanische Kartellverordnungen eingeschränkt werden, dahermuss die Arbeit in diesem Bereich so erfolgen, dass Einkäufer keinen rechtlichen Risiken ausgesetzt sind.
Sportler setzen sich Ziele, um besser abzuschneiden. Siesetzen sich Ziele, um nicht nur die Rekorde andererSportler zu erreichen und zu übertreffen, sondern auch dieeigenen. Sportler geben sich nicht damit zufrieden, so gutabzuschneiden wie die anderen Teilnehmer oder so viel zuerreichen wie vergangenen Monat. Sie schmälern ihre ZeitSekunde um Sekunde, beschweren ihre Gewichte Kilo umKilo, ringen um immer neue Punkte und helfen ihrem Teambeim Brechen von Rekorden. Wenn Sportler ihre Ziele nichterreichen, können Sie das Spiel verlieren, das Ziel verfehlenoder den Anschluss verlieren.
Sportbekleidungsunternehmen setzen sich ebenfalls Ziele.Sie setzen sich Leistungsziele für den Verkauf ihrerProdukte. Sie setzen Ziele für Neueröffnungen oder dieEroberung neuer Märkte. Sie setzen Ziele für Aktienkurseoder andere finanzielle Vorgaben Bis zum Beginn derOlympischen Spiele 2010 in Vancouver • hofft Adidas, die Anzahl seiner Einzelhandelsgeschäfte in
Festlandchina zu verdoppeln und damit einenJahresumsatz von rund 1 Milliarde Euro allein in China zuerreichen;
• hofft Mizuno, die Zahl seiner Geschäfte in Festlandchinazu verdoppeln.
Werden diese Geschäftsziele nicht erreicht – d. h., derUmsatz stagniert, Geschäfte machen gar nicht auf undAktienkurse bleiben unverändert - kann das SeniorManagement dafür verantwortlich gemacht werden.Manche können sogar ihren Job verlieren, weil sie dieErwartungen nicht erfüllt haben.
Und wie wir wissen, legen Sportbekleidungshersteller auchdie Stückzahl fest, die ihre Arbeiter jeden Tag fertigen sol-len. Die Konsequenzen müssen oftmals die Arbeiter tragen– in Form von Arbeitszeit, Vergütung und Stress.
Wenn Sportbekleidungsunternehmen konkrete messbareLeistungsziele für die Produktion, den Verkauf und andereFinanzwerte anordnen können, warum können sie dannnicht auch Ziele für Arbeitnehmerrechte festlegen? WennSportbekleidungsunternehmen ernsthaft dieArbeitsbedingungen in den Betrieben verbessern wollen,
in denen ihre Produkte hergestellt werden, sollten wir dannnicht in der Lage sein, echten Fortschritt anhand vonBezugswerten zu messen und darzustellen?
Vor vier Jahren hat die Play-Fair-Kampagne die Industrieaufgefordert, sich der Herausforderung zu stellen undechte, eindrucksvolle Verbesserungen bei der Einhaltungvon Arbeitsnormen bis zu den Olympischen Spielen inPeking umzusetzen. Bis zu den Spielen in Peking sind esnur noch wenige Monate und der Fortschritt ist bestenfallsmarginal.
Wenn die Sportbekleidungsindustrie (Einkäufer,Lieferanten und die Multi-Stakeholder-Initiativen, denensie angehören) ernsthaft die in diesem Bericht umrissenenProbleme angehen will, fordert Play Fair 2008 sie auf, sichjetzt zu verpflichten, eine Reihe von Maßnahmen mitbestimmten Zielen zu ergreifen, damit Arbeiter spürbarenVerbesserungen hinsichtlich ihrer Löhne und ihrenArbeitsbedingungen bei den nächsten OlympischenSpielen in zwei oder vier Jahren entgegen sehen können,statt noch weitere zwei oder vier Jahre über vageVerpflichtungen zu diskutieren.
Wenn sich die Sportbekleidungsunternehmen auf einenstärkeren Schutz der Vereinigungsfreiheit und des Rechtsauf Tarifverhandlungen und damit auf den Abbau prekärerArbeitsbeziehungen in der Branche konzentrieren undletztlich Maßnahmen bezüglich der Arbeitsvergütungergreifen, wäre der Anfang für eine Veränderung desunhaltbaren Geschäftsmodells gemacht, in dessenRahmen die Arbeitnehmerrechte trotz der jahrelangenBemühungen einiger Unternehmen um sozialeVerantwortung überall in der Sportbekleidungsindustrieverletzt wurden.
In der Tabelle in Anhang A werden einige praktischeMaßnahmen aufgezeigt, die die Industrie ergreifen kann,um die vier in diesem Bericht angesprochenenKernprobleme anzugehen. Für jede Maßnahme benennenwir die wichtigsten Akteure und einige konkret umzuset-zende Ziele. Markenunternehmen und MSI sollten ihreeigenen Ziele unter Berücksichtigung ihrer
Zielsetzungen im Bereich derArbeitnehmerrechte
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Geschäftssituation und anderer wichtigerLeistungsindikatoren festlegen, aber alsDiskussionsgrundlage schlagen wir erst einmal potenzielleMindestziele vor, die wir für sehr vernünftig erachten.
Diese Maßnahmen sind aber nicht die einzigen, die dieIndustrie ergreifen muss, um die zentralen Probleme inihren Lieferketten zu lösen. Der Play-Fair-Zusammenschluss hat 2004 ein umfangreichesArbeitsprogramm für die Sportbekleidungsindustrie ausge-arbeitet.235 Play Fair 2008 hat außerdem verschiedenenBeteiligten, darunter u. a. dem IOC, Regierungen und derIndustrie selbst, eine Reihe von Forderungen unterbreitet,in denen ebenfalls die Bedeutung von für denLebensunterhalt ausreichenden Löhnen, anerkanntenBeschäftigungsverhältnissen und konkreten Maßnahmenhinsichtlich Koalitionsfreiheit und Tarifverhandlungenunterstrichen wird.236 Mehr als 100 Organisationen unter-stützen diese Forderungen.
Bei den in diesem Bericht vorgeschlagenen Maßnahmenhandelt es sich daher um detaillierte praktische Schritte,die als Begleitmaßnahmen und Teil eines größerenMaßnahmenprogramms ergriffen werden sollten.
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