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1 Einleitung Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) unter- ha ¨lt weltweit mobile Feldkrankenha ¨user in Form von modular verwendbaren Zelt- sta ¨dten (vgl. Bild 1). Bislang verwendet es dazu keine IT-Lo ¨ sungen, da es diese nicht als wartungsfrei, konfigurationslos und skalierbar ansieht. Im Kooperationspro- jekt ARDOR ( Adaptive und skalie Rbare Dienstfindung zur Organisation von Res- sourcen) der Abteilung Katastrophenhilfe des DRK Berlin mit der Abteilung Telema- tik des Instituts fu ¨ r Informatik und Gesell- schaft der Universita ¨t Freiburg [VeKr03] wird die gegenteilige These evaluiert: Heu- tige Hardware, Software und Vernetzung von mobilen Rechnern ko ¨ nnen wartungs- frei, konfigurationslos und skalierbar in infrastrukturlosen Anwendungsdoma ¨nen zur Rationalisierung organisatorischer Ab- la ¨ ufe eingesetzt werden [MKSE03]. Wir schlagen u ¨ ber Funk sich selbststa ¨n- dig vernetzende Rechner ohne zentrale In- frastrukturkomponenten als fu ¨ r Feldkran- kenha ¨user ada ¨quate, robuste und flexible Netztechnologie vor. Jedoch fehlen sowohl diesen Netzen als auch den Krankenhaus- anwendungen Mechanismen zur Ressour- cen- und Personensuche. Die Suchfunk- tionalita ¨t birgt nach Einscha ¨tzung von Do- ma ¨nenexperten das gro ¨ ßte Potenzial zur Rationalisierung der Abla ¨ufe in Feldkran- kenha ¨usern. Hierfu ¨ r wurde von uns ein Dienstfindungsalgorithmus prototypisch auf der Middleware-Schicht entwickelt. Der na ¨chste Abschnitt stellt die Anwen- dungsdoma ¨ne Katastrophenhilfe mit ihren besonderen Anforderungen an IT-Netze vor. Der dritte Abschnitt begru ¨ ndet das ge- wa ¨hlte Netzdesign und zeigt die Notwen- digkeit selbstheilender Dienstfindung auf. Im vierten Abschnitt wird unser Ansatz ei- ner solchen Dienstfindung skizziert. Der Artikel schließt mit qualitativen Simula- tionsergebnissen und einem Resu ¨ mee. 2 Anforderungsanalyse zum Einsatz von IT-Netzen in mobilen Feldkrankenha ¨usern 2.1 Feldkrankenha ¨user des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Mobile Krankenha ¨user unterliegen in Ka- tastrophen-, Kriegs- und Krisengebieten stark wechselnden Einsatzbedingungen. Die Vorgabe des DRK ist es, pro Tag bis zu 200 Patienten stationa ¨r und bis zu 1.000 Patienten ambulant versorgen zu ko ¨ nnen. Dies entspricht in etwa der Versorgung ei- WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 3, S. 196 202 Die Autoren Michael Kreutzer Martin Ka ¨hmer Henning Scholler Dipl.-Inf. Michael Kreutzer Darmsta ¨dter Zentrum fu ¨r IT-Sicherheit Hochschulstr. 10 64289 Darmstadt [email protected] Dipl.-Inf. Martin Ka ¨hmer cand.rer.pol. Henning Scholler Albert-Ludwigs-Universita ¨t Freiburg Institut fu ¨r Informatik und Gesellschaft Abteilung Telematik Friedrichstr. 50 79098 Freiburg {kaehmer|scholler}@iig.uni-freiburg.de Selbstheilende Dienstfindung fçr IT-Netze in mobilen Feldkrankenhåusern Kernpunkte & Schneller Aufbau, konfigurationsloser Betrieb, Mobilita ¨t, Robustheit und Skalierbarkeit sind Anforderungen an den Einsatz von IT-Netzen in Feldkrankenha ¨usern. & Mobile Ad-hoc-Netze (MANETs) als selbstorganisierende, drahtlose Netze erfu ¨llen diese Bedingungen bis hoch zur Vermittlungsschicht. & Middleware, insbesondere Dienstfindung, ermo ¨glicht das stabile Ausfu ¨hren von Anwen- dungen und die netzweite Suche nach Ressourcen trotz Dynamik. & șbliche Dienstfindungsansa ¨tze, angewendet auf MANETs, erfu ¨llen nicht die Anforderun- gen an Konfigurationslosigkeit, Skalierbarkeit und Robustheit. & Eine neue, prototypisch implementierte und selbstheilende Dienstfindung erfu ¨llt diese An- forderungen auf der Middleware-Schicht. Stichworte: Requirements-Engineering, Feldkrankenhaus, mobiles Ad-hoc-Netz, Dienstfin- dung, Selbstheilung WI – Schwerpunktaufsatz

Selbstheilende dienslfindung für IT-netze in mobilen feldkrankenhäusern; Self-healing service discovery for it networks in mobile field hospitals;

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Page 1: Selbstheilende dienslfindung für IT-netze in mobilen feldkrankenhäusern; Self-healing service discovery for it networks in mobile field hospitals;

1 Einleitung

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) unter-halt weltweit mobile Feldkrankenhauserin Form von modular verwendbaren Zelt-stadten (vgl. Bild 1). Bislang verwendet esdazu keine IT-Losungen, da es diese nichtals wartungsfrei, konfigurationslos undskalierbar ansieht. Im Kooperationspro-jekt ARDOR (Adaptive und skalieRbareDienstfindung zur Organisation von Res-sourcen) der Abteilung Katastrophenhilfedes DRK Berlin mit der Abteilung Telema-tik des Instituts fur Informatik und Gesell-schaft der Universitat Freiburg [VeKr03]

wird die gegenteilige These evaluiert: Heu-tige Hardware, Software und Vernetzungvon mobilen Rechnern konnen wartungs-frei, konfigurationslos und skalierbar ininfrastrukturlosen Anwendungsdomanenzur Rationalisierung organisatorischer Ab-laufe eingesetzt werden [MKSE03].

Wir schlagen uber Funk sich selbststan-dig vernetzende Rechner ohne zentrale In-frastrukturkomponenten als fur Feldkran-kenhauser adaquate, robuste und flexibleNetztechnologie vor. Jedoch fehlen sowohldiesen Netzen als auch den Krankenhaus-anwendungen Mechanismen zur Ressour-cen- und Personensuche. Die Suchfunk-tionalitat birgt nach Einschatzung von Do-manenexperten das großte Potenzial zurRationalisierung der Ablaufe in Feldkran-kenhausern. Hierfur wurde von uns einDienstfindungsalgorithmus prototypischauf derMiddleware-Schicht entwickelt.Der nachste Abschnitt stellt die Anwen-

dungsdomane Katastrophenhilfe mit ihrenbesonderen Anforderungen an IT-Netze

vor. Der dritte Abschnitt begrundet das ge-wahlte Netzdesign und zeigt die Notwen-digkeit selbstheilender Dienstfindung auf.Im vierten Abschnitt wird unser Ansatz ei-ner solchen Dienstfindung skizziert. DerArtikel schließt mit qualitativen Simula-tionsergebnissen und einem Resumee.

2 Anforderungsanalysezum Einsatz von IT-Netzenin mobilen Feldkrankenhausern

2.1 Feldkrankenhauserdes Deutschen Roten Kreuzes (DRK)Mobile Krankenhauser unterliegen in Ka-tastrophen-, Kriegs- und Krisengebietenstark wechselnden Einsatzbedingungen.Die Vorgabe des DRK ist es, pro Tag biszu 200 Patienten stationar und bis zu 1.000Patienten ambulant versorgen zu konnen.Dies entspricht in etwa der Versorgung ei-

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 3, S. 196–202

Die Autoren

Michael KreutzerMartin KahmerHenning Scholler

Dipl.-Inf. Michael KreutzerDarmstadter Zentrum fur IT-SicherheitHochschulstr. 1064289 [email protected]

Dipl.-Inf. Martin Kahmercand.rer.pol. Henning SchollerAlbert-Ludwigs-Universitat FreiburgInstitut fur Informatik und GesellschaftAbteilung TelematikFriedrichstr. 5079098 Freiburg{kaehmer|scholler}@iig.uni-freiburg.de

Selbstheilende Dienstfindung f�r IT-Netzein mobilen Feldkrankenh�usern

Kernpunkte

& Schneller Aufbau, konfigurationsloser Betrieb, Mobilitat, Robustheit und Skalierbarkeitsind Anforderungen an den Einsatz von IT-Netzen in Feldkrankenhausern.

& Mobile Ad-hoc-Netze (MANETs) als selbstorganisierende, drahtlose Netze erfullen dieseBedingungen bis hoch zur Vermittlungsschicht.

& Middleware, insbesondere Dienstfindung, ermoglicht das stabile Ausfuhren von Anwen-dungen und die netzweite Suche nach Ressourcen trotz Dynamik.

& �bliche Dienstfindungsansatze, angewendet auf MANETs, erfullen nicht die Anforderun-gen an Konfigurationslosigkeit, Skalierbarkeit und Robustheit.

& Eine neue, prototypisch implementierte und selbstheilende Dienstfindung erfullt diese An-forderungen auf der Middleware-Schicht.

Stichworte: Requirements-Engineering, Feldkrankenhaus, mobiles Ad-hoc-Netz, Dienstfin-dung, Selbstheilung

WI – Schwerpunktaufsatz

Page 2: Selbstheilende dienslfindung für IT-netze in mobilen feldkrankenhäusern; Self-healing service discovery for it networks in mobile field hospitals;

nes Gebietes mit einer Bevolkerung vonbis zu 150.000 Menschen, also der Kapazi-tat eines mittleren deutschen Kreiskran-kenhauses.Derzeit werden in den DRK-Feldkran-

kenhausern keine IT-Systeme eingesetzt,jedoch soll durch ihre Einfuhrung das glei-che Rationalisierungspotenzial erreichtwerden [VeKr03] wie mit IT-Systemen indeutschen Kreiskrankenhausern, denn einFeldkrankenhaus ist „[. . .] vom Prinzipher wie ein normales Krankenhaus auf-gebaut“ [ScMB00].Hierbei nimmt die Vernetzung der

Rechner, des Personals und der Computer,die an medizinische Gerate und sonstigeRessourcen angeschlossen werden, einezentrale Rolle ein. Fur das medizinischePersonal sind handelsubliche Outdoor-PDAs, fur administrative Zwecke wie Ter-minplanung Outdoor-Laptops vorgesehen.Mobile Diagnosegerate werden mit Rech-nern in der Großenordnung bis PDA aus-gestattet, und in spateren Phasen kann mit-tels RFID- und Sensortechnologie nahezujeder Gegenstand (zumindest passiv) alsRessource erkannt werden. Der Fokus vonARDOR liegt jedoch nicht in der aus-zuwahlenden Hardware, sondern in der zuentwickelnden Netzsoftware. Im Aufbaueines lokalen Netzes am Einsatzort wird,neben der Satellitenkommunikation furAnwendungen der Telemedizin [ASKK04],das großte Rationalisierungspotenzial gese-hen.

2.2 RationalisierungspotenzialDas Deutsche Rote Kreuz nennt im Zu-sammenhang mit dem Fehlen von lokalenNetzen fur ihre Feldkrankenhauser Ver-zogerungen und Storungen der Arbeits-ablaufe. Im Einzelnen bestehen diese Prob-leme aus [VeKr03]:& Mangel an �bersicht uber

– Bettenbelegung,– Status und Einsatzfahigkeit der in Ge-

brauch befindlichen Ressourcen,– Aufenthaltsort von Personal und Pa-

tienten,– Patientenregistrierung,

& Falschen von Dokumenten durch Pa-tienten,

& Ungenaue Inventarlisten.

2.3 Erhebung der AnforderungenZur Erhebung sowohl der nicht-funktiona-len als auch funktionalen Anforderungen[SoSa97] der Anwendungsdomane wurdenExperteninterviews mit Ansprechpartnernder Abteilungen Katastrophenhilfe desDeutschen Roten Kreuzes, des Tech-

nischen Hilfswerks sowie mit Sanitatssol-daten abgeschlossener Auslandseinsatzeder Bundeswehr gefuhrt [ASKK04;VeKr03]. Neben den uberwiegend uberein-stimmend genannten Anforderungen fan-den sich Abweichungen. Beispielsweiseverwendet das DRK fur seine Feldkran-kenhauser ausschließlich in Kisten ver-packte Zeltstadte, da es nach der Landungauf dem Zielflughafen auf die im Einsatz-land vorhandene Logistik zuruckgreifenmuss. Eventuell stehen dort jedoch nurJeeps zur Verfugung. Entsprechend werdenan die verpackte Hardware hohere Anfor-derungen bezuglich Flexibilitat gestellt unddamit letztlich auch an die Flexibilitat derSoftware zur Vernetzung, als an die inContainern integrierbare Informations-technologie der Bundeswehr.Parallel zu den Interviews bestatigte eine

Literaturrecherche die gefundenen Anfor-derungen, beispielsweise die Auswertungvon Erfahrungsberichten beteiligter �rzte[Grab97; RiJa97; ScMB00].

2.4 Anforderungen an denEinsatz von IT-Netzen in mobilenFeldkrankenhausern

Die Anforderungen an den Einsatz von IT-Netzen in mobilen Feldkrankenhausern

unterscheiden sich deutlich von Anwen-dungsdomanen mit Infrastrukturunterstut-zung. Fur Krankenhauser mit „festen Mau-ern“ eignen sich kabelgebundene Netze.Zur Anbindung mobiler Rechner kommendort fest installierte Zugangspunkte (Ac-cess Points) zum Einsatz. Die Notwendig-keit von Administration, Wartung undKonfiguration wird im Gegenzug fur einemoglichst hohe Bandbreite und Dienstgutein Kauf genommen.

Die typischen Anwendungen der IT-Netze in den hier betrachteten Feldkran-kenhausern sind Suche und Benachrichti-gung. Das Netz ubermittelt hierfur viele,aber vergleichsweise kurze Nachrichten.Durch die spezifischen Rahmenbedingun-gen der Einsatze verlagert sich der Schwer-punkt zu den nicht-funktionalen Anforde-rungen. Lediglich die siebte der im Folgen-den aufgefuhrten Anforderungen fur dieIT-Vernetzung ist eine funktionale.

2.4.1 Schneller Aufbauohne Konfiguration

Feldkrankenhauser werden zum Einsatzorttransportiert und mussen mit notwendigerSchnelligkeit aufgebaut werden (24 Stun-den). Das gleiche gilt fur die Operationali-tat der in ihnen eingesetzten Informations-

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 3, S. 196–202

Int.2

Surg. 2

Surg. 1

Int.1

Isol.2

Lounge

Bath2

Laundry

PC

Isol.1

Press

Toilets

ToiletsM

OPD

Lab

DW

Reg T 2 T 1

PS

Sawge

Bath 1Ad 1

Ad 2OT

Ped.1

Maternity

StoreStore

Kitchen

Tech.Store

Ped.2

Legende: Ad: Verwaltung; DW: Trinkwasserspeichertank; Int.: Station der Inneren Medi-zin; Isol.: Isolationsstation; Lab.: Labor; M: Leichenzelt; OPD: Out Patients Department;OT: Operationszelt; Ped.: Kinderstation; PC: Personalunterkunft fur Nachtdienste undPausen; PS: Stromversorgung; Reg.: Registration im Eingangsbereich; Sewage: Abwas-seranlage; Surg.: Station der Chirurgie; T: Technische Werkstatt; Techn. Store: Lagerzelt

Bild 1 Lageplan des DRK-Feldkrankenhauses in Mazedonien 1999 [nach ScMB00]

Dienstfindung fur IT-Netze in mobilen Feldkrankenhausern 197

Page 3: Selbstheilende dienslfindung für IT-netze in mobilen feldkrankenhäusern; Self-healing service discovery for it networks in mobile field hospitals;

technologie, inklusive der IT-Netze. DerIdealfall ware, dass sich das IT-Netz vonselbst bildet: nach Inbetriebnahme der ers-ten Rechner hat sich das Netz ohne Kon-figurationstatigkeiten bereits etabliert undjedes neu hinzu kommende Gerat buchtsich selbst automatisch ein. Außer demEinschalten sind keine weiteren Nutzerin-teraktionen oder administrativen Tatigkei-ten notig; Zeit fur Installation und Kon-figuration ist aus Kapazitatsgrunden furdas Netz nicht vorgesehen.

2.4.2 Wartungsfreier Betrieb

Wahrend des Betriebes hat das technischePersonal (sofern vorhanden) die Aufgabe,medizinische Diagnosegerate und sonstigeInfrastruktur wie Strom- und Wasserver-sorgung instand zu halten. Die Wartungder Informationstechnologie wurde diesesPersonal an der falschen Stelle binden. Wiein anderen Krankenhausern treten gegen-uber der medizinischen Versorgung alle an-deren Tatigkeiten zuruck, wie [Grab97] be-tont: „Wichtigstes Kriterium aber ist undbleibt die strenge Indikation zur Chirurgieunter den gegebenen Rahmenbedingungenund nicht die Qualifikation des Chirurgen,die freien Betten oder die High-Tech-Infra-struktur.“.

2.4.3 Interoperabilitat

Jeder Katastropheneinsatz stellt spezifischeAnforderungen an die flexible Einord-nungsfahigkeit in heterogene Einsatzkon-texte. Bezogen auf die Netztechnologiewird Interoperabilitat am ehesten durchdie strikte Einhaltung von internationalenStandards erreicht. Eine einseitige Abhan-gigkeit, beispielsweise von bestimmtenProtokollen zur Wegewahl in Netzen warekontraproduktiv. In [ScMB00] heißt es:„Die weltweite Verwendbarkeit erfordertdie strikte Einhaltung von Standards, die inder jeweiligen Situation bei Bedarf ,nachoben‘ angepasst werden konnen.“

2.4.4 Robustheit

Wenn Netze in Feldkrankenhausern zurUnterstutzung oder Beschleunigung derAblaufe eingesetzt werden, dann sind diesekritisch fur das Funktionieren. Die Datenliegen elektronisch und nicht (mehr)schriftlich vor, somit kann nur unter Zeit-verlust auf einen anderen Mechanismus(fallback) zuruckgegriffen werden. Durchdie zeitlichen Beschrankungen kann selbstein temporarer Ausfall der Netzfunktiona-litat nicht toleriert werden. Der Ausfall

einzelner Hardwarekomponenten darfnicht zum Ausfall des Gesamtsystems fuh-ren. Somit darf es keine Komponente ge-ben, deren Aufgabe zur Laufzeit nichtdurch eine andere Komponente ubernom-men werden konnte (d. h. kein single pointof failure). Beispielsweise mussen fur dieWegewahl auf Netzebene zwischen je zweiKnoten mehrere alternative Wege zur Ver-fugung stehen.An die Komponenten der DRK-Feld-

krankenhauser wird als Anforderung derrobuste Betrieb fur mehrere Wochen ge-stellt [ScMB00]: „Die Ausrustung erlaubteine ca. 5-wochige unabhangige Arbeit anjedem Ort der Welt ohne logistische Unter-stutzung [. . .]“. Die gleiche Anforderunggilt fur das Netz: als Vorgabe muss furmindestens diese Zeitperiode das auto-nome Funktionieren gewahrleistet werden,ohne technischen Support, ohne von außenlieferbare Austauschkomponenten.

2.4.5 Skalierbarkeit

Das tatsachliche Ausmaß einer Katastrophekann erst vor Ort eruiert werden. Die Gro-ße des aufzubauenden Feldkrankenhausesreicht von kleinen Einheiten in Zeltgroßebis hin zum Einsatzen von Feldkranken-hausern der Große mehrerer Fußballfelder.Je nach Einsatzkontext kann diese Großeauch wahrend des Einsatzes schwanken.Diese Skalierungsanforderung gilt auch furdie dort zum Einsatz kommenden Rech-nernetze.Das DRK wahlt fur ihre Krankenhauser

aus Grunden der Flexibilitat eine Zeltstadt-Losung. DRK Feldkrankenhauser werdenauch als „Modul-Krankenhauser“ [RiJa97]bezeichnet, denn die Zeltstadte sind nachdem Baukastenprinzip [ScMB00] ausgelegt.Dies ermoglicht es, dass ein Feldkranken-haus fur jeden Einsatz anders ausgestaltetwerden kann, denn es ist ein „[. . .] von derGroße her an den Bedarf adaptierbaresKrankenhaus, [. . .]“ [RiJa97].In großeren Einsatzen werden die Feld-

krankenhauser mehrerer nationaler Rot-Kreuz-Organisationen kooperativ an ei-nem Einsatzort betrieben [IFRC04]. Zu-sammen mit der potenziell notwendigenAnbindung von Personal im Außenbereich(beispielsweise Suchtrupps nach Erdbeben,Nahrungsmittelversorgung), gelten fur dieSkalierbarkeit bei den Feldkrankenhauserndes DRK: Die zu versorgende Flache kannvon wenigen Zelten bis zu mehreren Fuß-ballfeldern wachsen und die Anzahl dereinzubindenden Gerate kann von einigenDutzend bis zu mehreren hundert schwan-ken.

2.4.6 Mobilitat

Das medizinische Personal darf in keinerWeise in seiner Bewegungsfreiheit einge-schrankt werden. Vielmehr muss das mobi-le Arbeiten durch die Technik vereinfachtwerden. Zur Realisierung spielt die draht-lose Technologie eine entscheidende Rolle.Die aus Kreiskrankenhausern bekannten„Piepser“ sind ein Beispiel fur eine solchemobile Nutzung von Informationstech-nologie im medizinischen Bereich. AlsHauptanwendungsfelder mobiler Informa-tionstechnologie wurden die Benachrichti-gung von Personal und die �bersicht uberdie aktuelle Verfugbarkeit und den Stand-ort von Ressourcen identifiziert.Typischerweise sind große, stationare

Gerate (z. B. Rontgenapparate) mit einereher zuverlassigen Stromversorgung wieeinem eigenen Generator ausgerustet. Einan große Gerate angeschlossener Rechnerkann somit ressourcenstark ausgelegt wer-den (Laptop-Großenordnung). Die vomarztlichen Personal getragenen PDAs sindim Gegensatz dazu mobil, aber ressourcen-schwach: Akkuleistung, Arbeitsspeicher,Festspeicher und Rechenleistung unterlie-gen Einschrankungen. Fur mobile Diagno-segerate, wie mobile Ultraschallgerate gel-ten ahnliche Restriktionen.

2.4.7 Finden von Personal, Ressourcenund Patienten

Bedingt durch die erreichbare Große desFeldkrankenhauses und die mobile Nut-zung von Ressourcen wie mobilen Diagno-segeraten kommt es ohne IT-Unterstut-zung zu Fehlallokationen. Diese konnenweitestgehend verhindert werden, wennder Arzt schnell bestimmen kann, ob einesvon mehreren mobilen Geraten, beispiels-weise baugleiche mobile Ultraschallgerate,gerade verfugbar ist, oder wenn das Pla-nungspersonal den �berblick, beispiels-weise uber die momentan freien Bettenund die Warteschlange der Patienten hat.Das Gleiche gilt fur die Suche nach freiemPersonal oder die Alarmierung von Per-sonal in Bereitschaft.Vom schnelleren Auffinden und der

schnelleren Benachrichtigung des Personalswird eine entscheidende Verbesserung derAblaufe erwartet [VeKr03; MBHM01].Weiteres Rationalisierungspotenzial wirddurch die verbesserte Allokation gesehen,ermoglicht durch zeitnahe Daten uber Sta-tus und Verfugbarkeit von medizinischenGeraten und sonstigen Ressourcen.

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 3, S. 196–202

198 Michael Kreutzer, Martin Kahmer, Henning Scholler

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3 Netzdesign mit Schwer-punkt Dienstfindung

3.1 Mobile Ad-hoc-Netze

Fur die Feldkrankenhauser des DRK wirdangestrebt, die Anforderungen an Mobili-tat, Flexibilitat und schnellem, konfigurati-onslosem Aufbau durch moglichst infra-strukturlose Netztechnologie zu erfullen(vgl. Bild 2).Das drahtgebundene LAN (LAN ¼ lo-

cal area network, lokales Netz) auf der lin-ken Seite des Spektrums bietet minimaleUnterstutzung mobiler Endgerate, da diesean vorhandene Netzanschlusse („Dosen“)mit Kabeln angeschlossen werden mussen.Alle vorgestellten Konfigurationen inBild 2 rechts hiervon besitzen diesenNachteil nicht. Da sie mit Funktechnologiearbeiten, verfugen sie jedoch uber wenigerBandbreite. Die WLAN-Losung (WirelessLAN) installiert als stationare Komponen-ten Zugangspunkte (Access Points, AP), dieuntereinander mittels schnellerer Netz-technologie als zu den Endsystemen kom-munizieren mussen (Einsatz beispielsweisevon Richtfunk oder Kabel zwischen denAPs). Werden die APs im Ad-hoc-Modusbetrieben, fallt diese Beschrankung weg.Die APs ubernehmen dann Aufgaben derWegewahl als ressourcen-„starke“ Knotenmit �berreichweite. Da Access Pointsraumlich moglichst gleichverteilt auf demzu uberdeckenden Gebiet aufgestellt wer-den mussen, werden sie hier als Infrastruk-tur-Technologie angesehen, die potenzielleiner Wartung bedarf.Das Extrem bezuglich Infrastrukturlo-

sigkeit nimmt das mobile multihop Ad-hoc-Netz (MANET) auf der rechten Seitevon Bild 2 ein. Ein MANET ist eine An-sammlung von drahtlosen mobilen Kno-ten, die ein temporares Netz bilden, dasweder uber eine zentrale Infrastruktur ver-fugt noch zentral administriert wird. Typi-scherweise werden fur die Datenubertra-gung zwischen zwei Knoten aufgrund derbegrenzten Funkreichweite mehrere Zwi-schenknoten benotigt. Tatsachlich sind je-doch diese Zwischenknoten ebenfalls End-systeme, die somit zusatzlich die Aufgabeder Wegewahl ubernehmen.

MANETs sind Vielkomponentensyste-me, die sich selbst organisieren. Selbst ge-genseitig unbekannte Gerate konnen sichohne explizite Konfiguration, Administra-tion und Wartung zu einem Netz zusam-menschließen [Zhou03]. Die Wegewahl er-folgt selbstheilend: bei Ausfallen von Kno-ten oder Point-to-Point-Verbindungen

wird automatisch auf Alternativpfade aus-gewichen [Toh02]. Die Entscheidung furdie MANET-Technologie als flexibelste Al-ternative bringt jedoch einen Nachteil mitsich: Die Bandbreitebeschrankungen desFunkmediums werden durch den erhohtenOrganisationsverkehr fur das Routing imMANET verscharft.

3.2 Dienstfindungin mobilen Ad-hoc-Netzen

Wie in 2.4.7 gefordert, sollen in Feldkran-kenhausern Suchanfragen nach Personen,Geraten aber auch nach entfernten(Netz-)diensten gestellt werden konnen.Solche Suchen heißen „Dienstfindung“,wenn ihre Mechanismen in der Middlewarealloziert sind. Durch Dienstfindung ver-mag Middleware neben ihrer „klassischen“Aufgabe als Interoperabilitatsschicht zwi-schen Anwendungen, Betriebsystemen undProgrammiersprachen zusatzlich die ge-genuber der Anwendungsschicht trans-parente Einbindung volatiler und mobilerRessourcen zu leisten.Dienstfindung vermittelt Nachfrager

und Anbieter von Ressourcen in dyna-mischen Netzen. Hierbei ist die Dienstfin-dung nicht auf eine eineindeutige Identifi-kation der Ressource beschrankt, sondernRessourcen konnen in Typen eingeteiltund durch Attribute entsprechend ihrerEigenschaften beschrieben werden (dies istdas Hauptunterscheidungsmerkmal zuSuchmechanismen in Peer-to-Peer-Netzenfur Tauschborsen). Die Beispielanfrage,„Suche nach dem raumlich nahesten, mo-mentan freien mobilen Ultraschallgerat“fahndet nach dem (Gerate-)Typ „Ultra-schallgerat“ und schrankt die gewunschteErgebnismenge durch die Angabe des stati-schen Attributs „mobil“ und die dyna-

mischen, d. h. sich zur Laufzeit verandern-den Attribute „raumlich nahe“ und „frei“ein.

In [KoTa03] und ahnlich in [LuBa04]wird eine Metrik mit drei Messgroßen furGute der Dienstfindung in MANETs defi-niert. Diese druckt sich in einer hohen Er-folgsrate, einer kurzen durchschnittlichenWartezeit und in geringem, durch Dienst-findung induziertem Verkehr aus. Die ers-ten beiden Kriterien sind dienstfindungs-spezifisch, wahrend das letzte Kriteriumdurch die Bandbreitebeschrankungen vonMANETs besondere Relevanz erhalt.

Die Erfolgsrate quantifiziert die Effekti-vitat der Dienstfindung. Es wird definiert:Ein Dienst, der gefunden wurde, der aberzur Suchzeit im Netz nicht (mehr) vorhan-den war, wird nicht als erfolgreich gewer-tet; dieses Ergebnis wird im Folgenden als„falsch positiv“ bezeichnet. „Falsch nega-tiv“ bedeutet entsprechend, dass es zumZeitpunkt der Dienstsuche mindestens eineInstanz des gesuchten Dienstes im Netzgab, die hatte gefunden werden mussen,aber nicht gefunden wurde. Diese beidenFalle werden negativ bewertet, da sie demNutzer eine falsche Dienstsituation zuruckmelden. Demgegenuber gehen korrekt po-sitive (Dienstinstanzen des Suchkriteriumsvorhanden und wurden gefunden) undkorrekt negative (Dienstinstanzen desSuchkriteriums nicht vorhanden und alsnicht vorhanden gemeldet) Suchergebnissein die Wertung positiv ein.Die durchschnittliche Wartezeit quanti-

fiziert die Effizienz der Dienstfindung undwird nur fur die korrekt gegebenen Ant-worten erhoben: wie lange dauert es durch-schnittlich bis die korrekten Antworten„gefunden“ oder „nicht gefunden“ ankom-men. Das Ausbleiben einer Nachricht wirdals „nicht gefunden“ interpretiert, in die-sem Fall fließt die maximale fur die Nutzer

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LAN(verkabelt)

MANET ohnestationäre Komponenten

Access Pointsim Ad-hoc-Modus

Access Points(WLAN)

Vernetzung mobiler Rechner:Flexibilität und Aufbau-Tempo

Bild 2 Qualitative Einteilung von Konfigurationen lokaler Netze mit mobilenRechnern

Dienstfindung fur IT-Netze in mobilen Feldkrankenhausern 199

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akzeptierte Wartezeit (Parameter der An-wendungsdomane) ein.Schließlich quantifiziert der durch

Dienstfindung induzierte Verkehr dieNetzlast, die die Bandbreite der medizi-nischen Anwendungen begrenzt.

3.3 Eignung von „klassischen“Dienstfindungsansatzen

Klassische Dienstfindungsprotokolle basie-ren entweder auf dezentralen Netzmecha-nismen (broadcast oder multicast) oderzentralen Dienstverzeichnissen (Interme-diar fur Dienstregistrierung und Nachfra-ge) und wurden fur kabelgebundene oderkleine drahtlose Netze entworfen.Die dezentralen Losungen (Beispiele:

Universal Plug and Play – UPnP, Blue-tooth Service Discovery Protocol – BT-SDPund Salutation) konnen wiederum demverteilten Push-Modell oder dem verteiltenPull-Modell zugeordnet werden. BeimPush-Modell bietet sich ein Dienst in peri-odischen Abstanden einer Gruppe vonClients oder dem gesamten Netz an, beimPull-Modell fragen die Clients fur die be-notigten Dienste bei allen erreichbaren An-bietern an. Dienstverzeichnisse (Bsp.: Jini)realisieren hingegen das zentralisierte Pull-Modell. Die Verzeichnisse bilden zentraleAnlaufpunkte, an denen sich Dienste regis-trieren und an denen Clients nachfragen.

Die Robustheit und Skalierbarkeit bei-der Ansatze ist eingeschrankt (vgl. Bild 3):& Bei dezentralen Losungen in MANETs

kann mit wachsender Große des Netzesdie Multicast-Pflege aufwandig werden[ChWu03], bzw. „Broadcast-Sturme“[TNCS02] legen das Netz lahm: Such-anfragen und Veroffentlichungen vonDiensten belastigen in diesem Fall einegroße Anzahl oder sogar alle Knoten imNetz. Die Antwortnachrichten vonmoglicherweise vielen Dienstanbieternmussen zum Nachfrager geleitet wer-den. In großen MANETs kann infolge-dessen das Nachrichtenaufkommen sohoch werden, dass die Gefahr der �ber-flutung und damit des Zusammenbruchsdes Netzes besteht [TsLN03].

& Die Problematik zentraler Dienstfin-dungsprotokolle ergibt sich in MANETsaus der Knotenmobilitat und den glo-balen Anfragen zum Finden von Ver-zeichnissen. Liegen großere Distanzenzwischen Dienstnachfragern bzw.Dienstanbietern und den zentralen Ver-zeichnissen, kann die Mobilitat zu insta-bilen Pfaden und somit zu einer Belas-tung der Netzressourcen fuhren. DesWeiteren muss bei den klassischen Pro-tokollen die Zuordnung der Verzeich-nisse manuell festgelegt werden, wassich jedoch bei nachfolgender Knoten-bewegung oder „stillem Tod“ (beispiels-weise bei Batterieausfall) nachteilig auf

die Verfugbarkeit und Schnelligkeit derDienstfindung auswirken kann. Gesuchtist ein skalierbarer und robuster Verteil-mechanismus fur Dienstfindungskom-ponenten in MANETs, der konfigura-tionslos und wartungsfrei arbeitet.

4 SelbstheilendeDienstfindung

Der neue Ansatz zur Verteilung vonDienstverzeichnissen [Kreu04a; KrKM04]beruht auf drei Ideen: Durch die Einteilungin lokale Gebiete („Cluster“) bleiben dieRegistrierungsnachrichten lokal, wie auchdie Suchanfragen lokal gesuchter Dienste(Skalierbarkeit). Durch die permanente Di-agnose ihrer lokalen Nachbarschaft bemer-ken die Knoten das Fehlen „ihres“ Ver-zeichnisses und starten unmittelbar danachein oder mehrere neue Verzeichnisse, sodass alle Knoten weiterhin durch Dienst-verzeichnisse „versorgt“ bleiben. Durchdiesen Akt der Selbstheilung bleibt dieDienstfindung funktionstuchtig [DaMi02],auch wenn einzelne Verzeichnisknotenausfallen (Robustheit). Der Algorithmuslauft identisch auf allen Knoten und beno-tigt keine administrativen Eingriffe (War-tungsfreiheit und Robustheit). Der Algo-rithmus unterteilt das Netz selbststandig insich evtl. uberlappende Gebiete, wobei je-des Gebiet genau ein Verzeichnis besitzt.Der folgende Beispielablauf veranschau-

licht die Funktionsweise: Ein neu zumNetz hinzu- kommender Knoten stellt einetopologisch lokal beschrankte Anfrage zurSuche eines Dienstverzeichnisses in seinerNahe. Anhand der eintreffenden Nachrich-ten seiner Nachbarknoten stellt der Knotenim Beispiel fest, dass das naheste Verzeich-nis zu weit entfernt ist oder keines existiert.Der Knoten wird daraufhin selbst ein Ver-zeichnisknoten und sendet in regelmaßigenAbstanden lokal beschrankte heartbeatszur Bekanntgabe seiner Existenz. Knotenseiner lokalen Nachbarschaft, die heart-beats empfangen und die Kenntnis von an-deren Verzeichnissen haben, senden dieseNachbarschaftsbeziehungen an den hierbetrachteten Knoten weiter. Dadurch bil-det sich ein Overlay-Netz der Verzeichnis-se. Knoten die neu in die Nachbarschaftdes betrachteten Knotens eintreten (durchMobilitat oder Einschalten) registrieren ih-re Dienste dort. Wird eine Anfrage eineslokalen Knotens an das hier betrachteteVerzeichnis gestellt, dann werden zunachstdie lokal passenden Dienste an den Anfra-ger geschickt. Soll das ganze Netz nach

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 3, S. 196–202

UPnP, BT-SDP, Salutation

SLP

Jini Skalierbar-

keitslücke

DezentraleDienstfindungsprotokolle

ZentralisierteDienstfindungsprotokolle

groß

klein

hochgering

Net

zgrö

ße

Knotenmobilität

Bild 3 Qualitative Einteilung klassischer Dienstfindungsansatze nach ihrer Eignungfur MANETs [nach KrKM04]

200 Michael Kreutzer, Martin Kahmer, Henning Scholler

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Diensten dieses Typs und mit diesen Attri-buteigenschaften durchsucht werden, wirddie Suche mittels expanding ring searchuber das Overlay-Netz der Verzeichnisseeskaliert [KrKa04]. Der Ausfall des be-trachteten Verzeichnisses wird durch dasAusbleiben von Antworten auf Registrie-rungs- oder Suchantworten, spatestens je-doch durch das Ausbleiben des Empfangsvon Heartbeat-Nachrichten von Knotenseiner Nachbarschaft bemerkt. Der ersteKnoten, der den Ausfall bemerkt wirdselbst Verzeichnis und „versorgt“ somitzumindest einen Teil der bisherigen Clus-terknoten. Verzeichnisknoten starten sichauf diese Weise, bis wieder das gesamte Ge-biet versorgt ist. Dieses Neustarten vonVerzeichnissen, aber auch die Mobilitat,kann jedoch zu stark uberlappenden Clus-tern fuhren, so dass Verzeichnisknotenuberflussig werden, da ihre samtliche Kno-ten ebenfalls durch Nachbarverzeichnisseuberdeckt waren. Dies wird durch die(zeitlich eher seltene) Ruckmeldung vonKnoten an ihr Verzeichnis („empfangeauch heartbeats von folgenden Knoten:. . .“) entdeckt. Der entsprechende Knotenfordert daraufhin „seine“ Knoten auf sichbei den anderen Verzeichnissen zu regis-trieren und gibt seine Verzeichnisfunktio-nalitat auf, sobald die Umregistrierungengeschehen sind.

5 Ergebnisse, Resumeeund Ausblick

Zur Evaluierung des gewahlten Ansatzeswurde die empirische Methode der Netz-simulation angewendet [Kreu04b]. Folgen-de Verteilungsstrategien wurden miteinan-der verglichen: ein dezentrales Verfahren(verteiltes pull mit broadcast), feste Ver-zeichnisse (jeweils nach dem Vorbild vonSLP, aber angepasst auf MANETs) und dieselbstorganisierende Dienstfindung. DieSimulation startet mit einem leeren Feld, eskommen nach und nach immer mehr Kno-ten hinzu, bis die spezifizierte Zeit der ma-ximalen Ausdehnung erreicht ist. Bereitswahrend dieser Zeit des „Hochfahrens“des Netzes wird fur die DienstfindungOperationalitat gefordert. Die Anzahl derKnoten, Clients, Server, Diensttypen undofferierten Typen pro Server fließen als Pa-rameter ein, ebenso wie die Dimensionendes geografischen Feldes, Anordnung derKnoten (zufallig oder Gitter), Mobilitats-modelle (statisch, Wegepunkte, Teleportie-ren) und das Paketverlustmodell (keinesoder einheitlich nach einer einstellbaren

Wahrscheinlichkeit). Nach Ablauf der spe-zifizierten Zeit maximaler Ausdehnung„sterben“ nach und nach die Knoten wie-der, auch hierfur wird die Zeitspanne spe-zifiziert.Als Simulator wurde JiST/SWANS (Java

in Simulation Time/Scalable Wireless Adhoc Network Simulator, [Barr04]) aus-gewahlt, da neben der Robustheit auch dieSkalierbarkeit verschiedener Verteilungs-strategien gegenuberstellt werden soll.Aus Tabelle 1 gehen die qualitativen Er-

gebnisse des Vergleichs der Dienstfin-dungs-Verteilstrategien hervor. In Fallen,in denen nur kleine, stabile Netze (Dutzen-de Knoten, seltene Knotenausfalle, wenigMobilitat) mit wenigen Dienstfindungs-anfragen betrieben werden sollen, sind derzentrale und der dezentrale Ansatz zuempfehlen. Der dezentrale hat keinen undder zentrale Ansatz in diesem Fall nur ei-nen geringen Organisationsverkehr alsGrundlast. Daher sind in Konfigurationen,in denen Energieeffizienz eine dominieren-de Rolle spielt, „Schlafzyklen“ moglich.Die Dienstfindung skaliert jedoch mit

dem neuen Ansatz in MANETs, insbeson-dere bei den uberwiegend in der gegebenenAnwendungsdomane lokalen Anfragen,

besser und ist zudem konfigurationslosund robust. Der entscheidende Beitrag furdie Skalierbarkeit liefert die Lokalitat desVerkehrs, wahrend die Robustheit durchdie vollautomatische Sicherstellung der�berdeckung des Gebietes mit Verzeich-nissen (Selbstheilung) erreicht wird. SeineGrenzen findet der Ansatz bei hoher Mo-bilitat und vielen netzweiten Suchanfragen.

Zukunftig sollen die Mechanismen desselbstheilenden Ansatzes um Lernkom-ponenten selbstorganisierender Ansatzeangereichert werden. Hierdurch konnte ei-ne szenarioubergreifende Selbstparametri-sierung hinsichtlich der aktuellen Situationbezuglich Mobilitat und Knotenausfalle er-reicht werden.

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Abstract

Self-Healing Service Discovery for IT Networks in Mobile Field Hospitals

The organizational workflows of mobile field hospitals can be accelerated by IT networksand IT applications. In most operational areas of these hospitals it lacks (still working) electricpower supply and communication networks. The special requirements for the design of theIT networks to establish include quick deployment, configurationless operation, robustnessand scalability. From the user’s point of view it is crucial to deploy mobile computers so as tobe able to notify and search staff members and resources. In this article we propose mobilead hoc networks in conjunction with self-healing service discovery. We developed a servicediscovery algorithm as a prototype for the use in field hospitals which accomplishes the spe-cial requirements of the software side.

Keywords: Requirements Engineering, Field Hospital, Mobile ad hoc Network, Service Dis-covery, Self-healing

Tabelle 1 Dienstfindung in MANETs: Qualitative Einordnung

Kriterium dezentral zentral Verteilter Algorithmus

Gute in kleinen Netzen þþ þþ þRobustheit þþ þ þþSkalierbarkeit � � þ þþKonfigurationslosigkeit þþ � þþ

Dienstfindung fur IT-Netze in mobilen Feldkrankenhausern 201

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