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SERENGETI PROJEKTINFORMATIONEN DER ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT FRANKFURT VON 1858 E. V. ZUM ZGF-NATURSCHUTZPROGRAMM IM SERENGETI-ÖKOSYSTEM, TANSANIA MAKING CONSERVATION COUNT

SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

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SERENGETIPROJEKTINFORMATIONEN DER ZOOLOGISCHEN GESELLSCHAFT FRANKFURT VON 1858 E. V. ZUM ZGF-NATURSCHUTZPROGRAMM IM SERENGETI-ÖKOSYSTEM, TANSANIA

MAKING CONSERVATION COUNT

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IMPRESSUM DANKE

14

28 06

ZGF ONLINE

03 EDITORIAL

SCHWERPUNKT: SERENGETI

04 Neues aus der Serengeti

06 Frankfurt – die ZGF in Afrika

von Dagmar Andres-Brümmer

10 Der Chef der Serengeti

Fragen an Chief Park Warden

Mr. William Mwakilema.

12 Die ZGF in Tansania – Ein Überblick

13 Die Serengeti meiner Träume

von Gerald Bigurube

14 Serengeti – die endlose Ebene

von Anthony R. E. Sinclair

18 Die Große Wanderung durch die Seregeti

20 Unterwegs mit Gnus und Zebras

von Grant Hopcraft

23 Gnus zählen

von Dagmar Andres-Brümmer

25 Naturschutz und Entwicklung im Einklang

von Nelly Boyer

28 Die Könige der Savanne

von Daniel Rosengren

Ú www.zgf.de

Ú www.facebook.com/Frankfurt.Zoological.Society

Ú twitter.com/FZS_Frankfurt

Ú www.youtube.com/user/PresseZGF

Wir danken unseren Freunden, Spendern und Sponsoren, ohne

die wir unsere Naturschutzarbeit nicht in dem Maße um setzen

könnten, wie wir es heute tun.

statt) und die Ranger gut ausgerüstet, gut ausgebildet und einsatzfä-

hig sind. Nur so können sie der aktuell stark ansteigenden Wilderei

Herr werden.

Die Gnus, die gerade vor meinem Bürofenster grasen, dürften glück-

liche Gnus sein. Sie können frei ziehen – ohne Zäune oder Barrieren

an den Parkgrenzen. Mit unserem „Serengeti Community Outreach“

Büro in Fort Ikoma tragen wir dazu bei, dass es auch ohne Zäune

weniger Konflikte zwischen Wildtieren und

den Menschen in den Dörfern außerhalb der

Parkgrenze gibt. Wir helfen den Gemeinden

bei einer nachhaltigen Entwicklung und da-

bei, dass sie in die Entscheidungsprozesse

und das Naturschutzmanagement eingebun-

den werden.

Die Große Wanderung der Gnus existiert seit

ewigen Zeiten, seit die frühen Menschen vor

Jahrmillionen erstmals durch die Savannen-

ebene der Serengeti gelaufen sind. Die Frage

für uns heute ist: Wie lange wird sie noch

weiter existieren?

Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir in unserer Generation

eine ganze Reihe phantastischer Naturgebiete verschwinden se-

hen. Wir als ZGF kämpfen jedoch dafür, dass so einzigartige Wild-

nisgebiete wie die Serengeti als das unwiederbringliche Naturerbe

der Menschheit, als Lebensraum für Wildtiere und als natürliche

Ressource der jeweiligen Länder erhalten werden. Unsere Verant-

wortung und Verpflichtung gegenüber allen Tansaniern ist es, ge-

meinsam mit ihnen dafür zu sorgen, dass dieses Erbe Bestand hat

und die Serengeti niemals sterben wird.

Herzlichst, Ihr

Robert Muir

Während wir hier in unserem Büro, dem

Africa Regional Office der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt

(ZGF), arbeiten und, wie jeder von Ihnen auch, die täglichen E-Mail

Berge, Telefonkonferenzen und andere Aufgaben bewältigen, haben

wir ein wunderbares Hintergrundgeräusch: Tausende von Gnus, die

unter ständigem Muhen das saftige Gras in der Serengeti rund um

uns herum abmähen.

Es ist ein Privileg, hier im Herzen des Se-

rengeti Nationalparks arbeiten zu dürfen, in

einem der spektakulärsten Parks dieser Erde,

einem der bedeutendsten Schutzgebiete

weltweit. Dass die Serengeti immer noch so

traumhaft ist, wie sie es war, als Bernhard

Grzimek mit „Serengeti darf nicht sterben“

1959 die internationale Öffentlichkeit aufrüt-

telte, verdanken wir nicht nur seinem jahr-

zehntelangen Engagement und dem seiner

Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, son-

dern vor allem dem Engagement von Tansa-

nia, dieses Juwel unter den Wildnisgebieten

des Landes besonders zu schützen.

Noch heute gehört die Zählung der Wildtiere der „Great Migration“

zu unseren Aufgaben. Und genau wie Bernhard und Michael Grzi-

mek vor fast 60 Jahren mit ihrer Dornier 27 über die Herden flogen,

so tun wir das noch heute. Und viele Probleme, die er bereits vor

einem halben Jahrhundert angesprochen hat, sind heute die größten

Herausforderungen des Parks. Von Jahr zu Jahr zieht die Serengeti

mehr Touristen an. Wir müssen daher Wege finden, wie dieser Tou-

rismus nachhaltig und ökologisch verträglich ablaufen kann.

Die ZGF arbeitet in der Serengeti hinter den Kulissen. Als Partner

von Tanzania National Parks (TANAPA) sorgen wir dafür, dass die

Fahrzeugflotte der TANAPA Anti-Wilderei-Einheiten geschmiert

und geölt ist (im wahrsten Sinne des Wortes, dank unserer Werk-

Der Brite Robert Muir leitet das Afrikaprogramm der ZGF.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde der Serengeti,

Die Große Wanderung

der Gnus gab es schon,

als die ersten Menschen

vor Jahrmillionen durch

die Serengeti gelaufen sind.

Die Frage ist: Wie lange

wird sie noch existieren?

als sterben wird.

st, Ihr

Muir

Herausgeber

Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V.

Bernhard-Grzimek-Allee 1, 60316 Frankfurt

T: (069) 94 34 46 0 Fax (069) 43 93 48

E: [email protected]

I: www.zgf.de

Redaktion

Dipl.-Biol. Dagmar Andres-Brümmer, Katharina Hensen

Zoologische Gesellschaft Frankfurt

T: (069) 94 34 46 11

F: (069) 43 93 48

E: [email protected]

Fotos: alle Bilder ZGF, sofern nicht anders angegeben.

Titelbild: Daniel Rosengren

Gestaltung: atelier himmelbraun, Frankfurt am Main

Lektorat: Maria Ullmann

Auflage: 100 Exemplare

Druck: Colour Connection, Frankfurt am Main

gedruckt auf 100 % Recyclingpapier

© ZGF 2015, Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet

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INHALT EDITORIAL

Page 3: SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

Nach wie vor sind Elefanten- und Nashornwil-

derei in Tansania und vielen weiteren afrika-

nischen Ländern ein riesiges Problem. Mehr

und besser ausgestattete Ranger sind dringend

nötig, um die Wilderei effektiv zu bekämpfen.

Deshalb hat die ZGF am 11. März 2014 elf

neue Fahrzeuge an die tansanische National-

parkbehörde TANAPA und die Wildlife Di-

vision übergeben. Sechs Fahrzeuge werden

im Rahmen der „German Development Co-

operation“ mit GIZ und KfW in der Seren-

geti zum Einsatz kommen, fünf im Selous

sowie im Maswa Game Reserve. Sie werden

die Ranger vor Ort mobiler machen und ih-

nen die Arbeit in den riesigen Schutzgebie-

ten erleichtern. Der tansanische Präsident

Jakaya Kikwete persönlich nahm die Gelän-

ELF NEUE GELÄNDEWAGEN FÜR DIE RANGER

Nach dem Besuch einer hochrangigen De-

legation von Tansanias Nationalparkbe-

hörde TANAPA in Frankfurt hatte wenige

Wochen später das Team unseres Büros in

der Serengeti die Ehre eines Präsidentenbe-

suchs. Tansanias Präsident Jakaya Kikwete

landete mit seiner Regierungsmaschine auf

dem kleinen Airstrip von Seronera. Eine

gute Gelegenheit für unser Team, den Präsi-

denten persönlich in der Serengeti willkom-

men zu heißen. ZGF-Afrika-Referatsleiter

Robert Muir hatte darüber hinaus noch

Gelegenheit, mit dem Präsidenten in Ruhe

und ausführlich die dringenden Antiwilde-

reimaßnahmen sowie den Einsatz der ZGF

im Land zu besprechen.

WELCOME, MR. PRESIDENT

Tansanias Präsident Kikwete trifft das

ZGF-Team in Seronera: Robert Muir, André

Baumgarten und Felix Borner.

STEINMEIER UND DAS ZEBRAFLUGZEUGAm Morgen des 25. März 2014 sah es noch

so aus, als würde aus dem Besuch von

Bundes-außenminister Frank-Walter Stein-

meier in Dar es Salaam nichts werden. Im

Airbus A340 des Ministers war es auf dem

Flughafen von Addis Abeba zu Rauch-

entwicklung gekommen und Steinmeier

saß zunächst in Äthiopien fest. Doch am

Abend landete der Minister doch noch im

schwülheißen Dar es Salaam und der große

Airbus parkte direkt neben der kleinen, ze-

bragestreiften Cessna der ZGF.

Trotz des aus den Fugen geratenen Zeitplans

hatte Außenminister Steinmeier nach sei-

nem Vortrag an der Universität Dar es Sa-

laam noch ausreichend Zeit für ein Treffen

mit ZGF-Geschäftsführer Christof Schenck

und Afrika-Referatsleiter Robert Muir.

Steinmeier, der sich sehr besorgt über die

Elefanten- und Nashornwilderei zeigte, ent-

puppte sich auch als Grzimek-Fan und ließ

sich nur zu gerne vor der zebragestreiften

Maschine fotografieren. Er bewundere die

Arbeit der ZGF, sagte Steinmeier, da Natur-

schutz nicht nur der Erhaltung von Arten

diene, sondern auch entwicklungspolitischen

und außenpolitischen Zielen, denn die Wil-

derei begünstige organisierte Kriminalität

und gefährde somit Entwicklungsziele.

ZGF Geschäftsführer Christof Schenck mit Tansanias Umweltminister Lazaro Nyalandu und

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

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Übergabe von elf Landrovern für die Ranger

im Selous und der Serengeti an Tansanias

Staatspräsident Kikwete.

DAS GROSSE ZÄHLENDrei sehr anstrengende Wochen hatte unser

Team in der Serengeti im Mai/Juni 2014 zu

bewältigen. Dort fand mit Unterstützung der

ZGF der Serengeti Elephant Census statt, bei

dem alle Elefanten im gesamten Serengeti-

Ökosystem gezählt wurden. Drei Flugzeuge

waren im Einsatz. Neben einem Piloten

waren jeweils drei Zähler, ausgerüstet mit

hochauflösenden Digitalkameras, an Board.

Insgesamt waren die Flugzeuge mehr als 230

Stunden in der Luft und haben eine Stre-

cke zurückgelegt, die einer Erdumrundung

entlang des Äquators entspricht. Der Natio-

nalpark ist das Herzstück eines der letzten,

relativ unberührten Wildnis-Ökosysteme

der Welt. Die letzte vollständige Elefanten-

zählung fand 2009 statt und kam damals zu

dem Ergebnis, dass 3.068 Elefanten im Öko-

system lebten.

Die aktuelle Zählung ist Teil des Great Ele-

phant Census, der von der Paul G. Allen Fa-

mily Foundation finanziert und organisiert

wird. Auf dem gesamten afrikanischen Konti-

nent sollen alle lebenden und toten Elefanten

erfasst werden. Zwei Jahre wird dieses Un-

ternehmen dauern, es werden 18 Flugzeuge

daran teilnehmen und 46 Wissenschaftler.

19.000 Transekte mit insgesamt 600.000 Kilo-

metern werden in 18.000 Stunden über sieben

Das Team des Serengeti Elephant Census.

dewagen vor dem tansanischen Regierungs-

sitz, dem State House in Dar es Salaam, von

Robert Muir, Afrika-Direktor der ZGF, ent-

gegen und würdigte das große Engagement

und die fortdauernde Unterstützung der

Zoologischen Gesellschaft Frankfurt beim

Kampf Tansanias gegen die Wilderei. Die

Fahrzeugübergabe ist dabei nur ein Puzzle-

teil einer weitreichenden gemeinsamen Stra-

tegie. Neben Präsident Kikwete waren auch

Lazaro Nyalandu, Minister für natürliche

Ressourcen und Tourismus, Paul Sarakikya,

stellvertretender Direktor der Wildlife Di-

vision, Allan Kijazi, Direktor von TANAPA

und William Mwakilema, Chief Park War-

den des Serengeti Nationalparks sowie viele

weitere Vertreter Tansanias und der ZGF zu

Gast bei der feierlichen Fahrzeugübergabe.

ANERKENNUNG FÜR DIE ZGFAm letzten Aprilwochenende 2014 feierte

Tansania nicht nur sein 50stes Jubiläum

(am 26. April 1964 hatten sich Tanganjika

und Sansibar zur Republik Tansania verei-

nigt), sondern auch fünf Jahrzehnte bilate-

raler Beziehungen zwischen Deutschland

und Tansania.

Auch die ZGF pflegt seit 50 Jahren eine in-

tensive Partnerschaft mit dem ostafrika-

nischen Land, ist in vielen Schutzgebieten

dort aktiv und unterhält bereits seit 1963

eine dauerhafte Kooperation mit der Natio-

nalparkbehörde TANAPA. Dieses langjäh-

rige Engagement würdigte der tansanische

Botschafter, seine Exzellenz Philip Sang’ka

Marmo, während des Festaktes zum Jubi-

läum in Berlin mit der Überreichung einer

Auszeichnung an die ZGF. Marmo über-

gab eine Urkunde in Anerkennung des Ein-

satzes der ZGF zum Schutz der Natur und

Tierwelt seines Landes. Dagmar Andres-Brümmer nahm stellvertretend

für die ZGF die Auszeichnung von Botschafter Philip

Sang’ka Marmo in Berlin entgegen.

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Monate hinweg geflogen. Neben zahlreichen

NGOs wie der IUCN African Elephant Speci-

alist Group, Elephants without Borders, dem

WWF, der Wildlife Conservation Society, dem

African Parks Network, Save the Elephants

und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt

sind auch die jeweiligen Länder beteiligt.

Im ersten Jahr werden Elefanten und an-

dere große Pflanzenfresser in 18 Ländern

gezählt: Angola, Botswana, Südsudan, Chad,

Kenia, Mosambik, Namibia, Südafrika, Tan-

sania, Uganda, Sambia und Simbabwe. Dies

entspricht 80 Prozent des Elefanten-Ver-

breitungsgebiets, etwa 90 Prozent der afri-

kanischen Elefanten werden voraussichtlich

dort gezählt werden können. Im zweiten

Jahr werden die Unmengen an gesammel-

ten Daten analysiert und der Öffentlichkeit

präsentiert. Vorläufige Ergebnisse des Zen-

sus sollen Mitte 2015 vorliegen. Die Daten

werden Wissenschaftlern, NGOs und Regie-

rungen zur Verfügung stehen, die sich für

Arten- und Naturschutz einsetzen.

Das ehrgeizige Projekt wird der größte pan-

afrikanische Zensus seit den 1970er-Jahren

sein und neue Erkenntnisse liefern, wie viele

Elefanten es noch gibt, wo sie sich aufhalten

und wohin sie wandern – Daten, die für das

Überleben der afrikanischen Elefanten von

größter Bedeutung sind und eine aussage-

kräftige Grundlage liefern für alle weiteren

Naturschutzaktivitäten.

Ú www.greatelephantcensus.com

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Wer in die Serengeti reist, der wird früher oder später einem Fahrzeug mit einem großen

Aufkleber des Gorilla-Logos der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt begegnen. In Tan-

sania und in vielen anderen Ländern, in denen die ZGF aktiv ist, wird sie nur „Frankfurt“

genannt. Was aber tut „Frankfurt“ hier draußen in der Savanne der Serengeti?

D er Serengeti Nationalpark in Tansania ist so etwas wie die

Keimzelle des heutigen Naturschutzengagements der ZGF.

Hier begann Anfang der 1980er-Jahre das, was gut 30 Jahre

später zu einem umfassenden Programm mit rund 45 Projekten und

Programmen zum Schutz herausragender Wildnisgebiete und Nati-

onalparks in 18 Ländern angewachsen ist.

Bereits 1978 hatte der junge Schweizer Biologe Markus Borner einen

ersten Vertrag bei der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt bekom-

men. Bernhard Grzimek, damals Zoodirektor in Frankfurt und Prä-

sident der ZGF, schickte ihn nach Rubondo, einer idyllischen Insel

im Viktoriasee. Borner sollte der tansanischen Nationalparkbehörde

TANAPA helfen, die Infrastruktur des Rubondo Nationalparks auf-

zubauen. Seit seinen ersten Reisen nach Afrika in den 1950er-Jah-

ren war Bernhard Grzimek davon überzeugt, dass die unberührten

Wildnisgebiete und ihre einzigartige Tierwelt nicht überleben wür-

den, wenn immer mehr Menschen unseren Planeten bevölkern und

immer mehr Raum für sich beanspruchen würden. Eine Vision, die

sich als nur allzu wahr herausstellen sollte. Grzimek unterstützte da-

her mit „seiner“ Zoologischen Gesellschaft afrikanische National-

parks mithilfe von Spendengeldern, die er in Deutschland vor allem

bei den Zuschauern seiner Fernsehsendung „Ein Platz für Tiere“

sammelte. Mit der Entsendung von Borner nach Rubondo ging Grzi-

mek einen Schritt weiter. Er wollte nicht mehr nur Geld an die afri-

kanischen Nationalparks geben, sondern ihnen einen Partner zur

Seite stellen, der mit Know-how die Entwicklung und den Schutz

des Parks vorantreiben würde.

Dies ist bis heute das Grundverständnis der ZGF in ihren Projekten

vor Ort: Sie versteht sich als Partner der jeweiligen Schutzgebietsbe-

hörden, der dort hilft, wo diesen selbst die Mittel und Kapazitäten

fehlen oder die Hände gebunden sind. Verantwortungsvoller und

transparenter Umgang mit den lokalen Partnern ist ein Grundprin-

zip unserer Arbeit und ein wesentlicher Bestandteil unseres Erfolges.

1983 wechselte Markus Borner mitsamt seiner jungen Familie von

der Insel im Viktoriasee in die benachbarte Serengeti. Seine Mission

war die gleiche, doch die Umstände schwierig, bisweilen sogar le-

Africa Regional Offi ce: Das Büro der ZGF in Seronera im Serengeti Nationalpark.

Wer in die Serengeti reist, der wird früher oder später einem Fahrzeug mit einem

großen Aufkleber des Gorilla-Logos der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt

begegnen. In Tansania und in vielen anderen Ländern, in denen die ZGF aktiv ist,

wird sie nur „Frankfurt“ genannt. Was aber tut „Frankfurt“ hier draußen in der

Savanne der Serengeti?

Foto

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Von Dagmar Andres-Brümmer

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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bensgefährlich. Die Serengeti erlebte damals eine Welle der Wilderei

und Gewalt. Bewaffnete Überfälle auf die Rangerposten waren keine

Seltenheit, erinnert sich Borner: „Es war

unfassbar. Auf meiner ersten Reise durch

die Serengeti habe ich mehr tote, gewil-

derte Nashörner gesehen als lebende.“ Das

Land war damals in einer schweren wirt-

schaftlichen Krise und die wichtigste Auf-

gabe der ZGF bestand darin, den Schutz

bestehender Parks (vornehmlich der Se-

rengeti) mit zu unterstützen.

„Bernhard Grzimek war einer der Pioniere

im afrikanischen Naturschutz. Er war an

der Gründung von wichtigen Institutionen

wie dem Mweka Wildlife College und der

Pasiansi Ranger Training School beteiligt“,

weiß Markus Borner, der selbst viele Jahre

im Vorstand von TANAPA (Tanzania Natio-

nal Parks) saß und stets ein enges Netzwerk im Land pflegte.

SEIT 30 JAHREN PARTNER DES PARKS

Heute sind Parkmanagement, Infrastruktur und Rangereinheiten

der Serengeti gut aufgestellt und es gibt mehr Tiere als zu Grzimeks

Zeiten. Seit drei Jahrzehnten ist die ZGF in der Serengeti aktiv –

getreu einem ihrer wichtigsten Grundsätze, nämlich ihren Part-

nern ein langfristiges Engagement zuzusichern. In der Serengeti hat

die ZGF in den drei Jahrzehnten unzählige Flugstunden mit ihrer

Cessna geleistet, um grundlegende Daten zu den Wildtierbestän-

den des Parks zu sammeln, sie hat Fahrzeuge für Ranger nicht nur

beschafft, sondern in einer eigenen Werkstatt gewartet und somit

deren Einsatzfähigkeit garantiert. Sie hat ein Besucherzentrum für

den Park errichtet, die Wiederansiedlung von Nashörnern durch-

geführt, Wissenschaftlern, Rangern und Veterinären eine Aus- und

Weiterbildung ermöglicht, den Park bei seinen Planungs- und Ma-

nagementprozessen unterstützt und durch

stetiges Fundraising Mittel eingeworben.

Aus Borners kleinem Häuschen, das der

Nationalpark zur Verfügung gestellt hatte,

ist heute das Afrikabüro der ZGF gewor-

den. Hier werden sämtliche Projektak-

tivitäten in den afrikanischen Ländern

koordiniert, hier schlägt das Herz von

„Frankfurt“ in Afrika. Doch nicht nur das

Büro ist in den letzten zehn Jahren gewach-

sen, auch die Aufgaben und die ZGF selbst

haben sich verändert. Deutsch wird im

Africa Regional Office der ZGF kaum noch

gesprochen, das Personal und das Pro-

gramm sind international geworden.

DIE MENSCHEN VOR ORT EINBINDEN

Während in den ersten Jahren auf akuten Bedarf reagiert wurde und

die ZGF den Park vor allem mit Ausrüstung und Ausbildung unter-

stützte, ist sie heute zum echten Partner geworden, der dem Park

strategisch in allen Fragen des Naturschutzes und der Planung zur

Seite steht. Die gravierendste Änderung gegenüber den Naturschutz-

ansätzen der 70er- oder 80er-Jahre ist jedoch die Einbindung der

lokalen Bevölkerung. Naturschutz kann heute nicht mehr gelingen,

wenn die Menschen der Region nicht aktiv einbezogen werden. Soge-

nannte Community Conservation ist daher ein integraler Bestandteil

aller Projekte der ZGF in Afrika. Besonders im Umfeld der Serengeti

ist die ZGF mit dem Projekt Serengeti Community Outreach in den

Gemeinden aktiv. Darüber hinaus wird im Rahmen des länderüber-

greifenden Forschungsprogramms CREATE (Conservation Research

for East Africa’s Threatened Ecosystems) untersucht, inwieweit Maß-

nahmen zur Förderung kleiner lokaler Unternehmungen – etwa Ho-

nigproduktion oder Hühnerzucht – mit den Naturschutzzielen im

benachbarten Nationalpark in Einklang zu bringen sind. Oder in-

wieweit sie die Naturschutzbemühungen sogar konterkarieren.

BERÜHMTHEIT ALLEIN REICHT NICHT

Die Serengeti ist eine der Ikonen unter den Nationalparks und eins

der wichtigsten Wildnisgebiete unserer Erde. Zehntausende von Be-

suchern aus aller Welt kommen jedes Jahr, um ihren Reichtum an

Wildtieren und die traumhafte Landschaft zu bestaunen. Der Park

generiert Millionen mit Eintrittsgeldern und Lizenzgebühren. Den-

noch ist die Serengeti nicht wie selbstverständlich geschützt und über

jedwede Bedrohung erhaben. Wie die Diskussion um die Fernstraße

2010 zeigte, tauchen stets neue Entwicklungen auf, die dem Ökosys-

tem dauerhaft zusetzen können. Rund 120 Safari Camps gibt es mitt-

lerweile im Park. Regionen, die noch vor wenigen Jahren einsame

Geheimtipps waren, sind heute touristische „Hotspots“. Die Seren-

geti könnte Opfer ihrer eigenen Berühmtheit werden. Die ZGF sieht

sich daher heute mehr denn je als wichtiger Partner, der versucht, die

Entwicklung des Parks in Sachen Naturschutz mit zu beeinflussen.

MASSIVES ENGAGEMENT GEGEN WILDEREI

Auch von der Wilderei auf Elefanten und Nashörner, die überall auf

dem afrikanischen Kontinent besorgniserregend zugenommen hat,

blieb die Serengeti in den letzten Monaten nicht verschont. „Die

ZGF hat ihre Anstrengungen und vor allem ihr finanzielles Engage-

ment drastisch nach oben gefahren, um gemeinsam mit den staat-

lichen Behörden und anderen Institutionen die Serengeti und andere

Schutzgebiete im Kampf gegen Wilderer zu unterstützen“, sagt

Robert Muir, seit 2012 Leiter des Afrikaprogramms der ZGF und

Nachfolger von Markus Borner.

Vor einem Jahr ist Robert Muir in das Programmleiter-Haus in der

Serengeti eingezogen. Doch noch immer stehen Kisten im Flur,

sind die Wände nicht fertig gestrichen. Denn seit seinem Amts-

antritt ist Muir unermüdlich unterwegs – Gespräche mit den

Ministerien in Daressalam, Überzeugungsarbeit bei Geldgebern

in Amerika oder Deutschland, Koordination mit internationalen

Partnern. Der Umfang des ZGF-Engagements in Tansania ist deut-

lich gestiegen.

„Im Moment bauen wir ein neues Kontrollzentrum für den Seren-

geti Nationalpark. Dort werden die Ranger mit modernster Ausrü-

stung wesentlich besser und effektiver in der Lage sein, den Park

zu überwachen“, berichtet Muir. „Und im März 2014 haben wir elf

neue Fahrzeuge an die Wildlife Division und TANAPA übergeben,

um deren Antiwilderei-Einheiten im Selous und in der Serengeti zu

stärken.“ Parallel dazu arbeitet die ZGF gemeinsam mit den Parks

an umfangreichen Sicherheitskonzepten, denn neben praktischer

Hilfe in Form von Ausrüstung ist und bleibt die fachliche Unter-

stützung die Stärke der ZGF.

Naturschutzarbeit praktisch: Kaneja Mangaru ist in den Dörfern rund um den Park im Einsatz.

Rangertraining: Seit Jahrzehnten unterstützt die ZGF den Nationalpark bei der Ausbildung und Ausrüstung seiner Rangerinnen und Ranger.

„Die ZGF hat vor allem ihr

fi nanzielles Engagement

drastisch nach oben gefahren,

um gemeinsam mit den staat-

lichen Behörden die Serengeti

und andere Schutzgebiete im

Kampf gegen Wilderer zu

unterstützen.“

Robert Muir

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

Page 6: SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

Laura Borner: Was sind die größten Heraus-

forderungen, denen Sie und der Serengeti

Nationalpark sich derzeit stellen müssen?

William Mwakilema: Die zwei größten He-

rausforderungen für den Park derzeit sind

Wilderei und illegale Beweidung, und das

Vordringen von landwirtschaftlicher Nut-

zung in den Nationalpark hinein.

Was waren Ihre größten Erfolge im letzten

Jahr?

Letztes Jahr haben wir uns sehr stark auf

das Thema Wilderei konzentriert. Und so

konnten wir auch tatsächlich die Zahl der im

Park gewilderten Elefanten deutlich senken.

Welche Pläne haben Sie für 2015?

Wir werden unseren Kampf gegen die Wil-

derei fortsetzen und noch intensivieren.

Was meinen Sie, was sind die wichtigsten

Touristenattraktionen in der Serengeti?

Die Serengeti ist in vielerlei Hinsicht einzig-

artig. Es ist immer noch ein großes, intaktes

Ökosystem mit riesiger, unberührter Wild-

nis. Häufig ist der Hauptgrund für einen Be-

such in der Serengeti die große Wanderung

der Gnus. Auch sie macht die Serengeti zu

einem ganz besonderen Ort.

DER CHEF DER

SERENGETIDer Serengeti Nationalpark hatte über die Jahre hinweg eine ganze Reihe von Parkchefs,

aber wohl keinen, der so offen und aufgeschlossen war, wie William Mwakilema. Mit seinem

freundlichen Lächeln strahlt der Chief Park Warden eine unübersehbare Präsenz aus und die

partnerschaftliche Zusammenarbeit mit ihm ist sehr angenehm. Obwohl er täglich mit vielen

verschiedenen Problemen im Nationalpark konfrontiert wird, die gelöst werden wollen, lebt

William Mwakilema gerne in der Serengeti. Der Park ist 14.763 Quadratkilometer groß und

jährlich kommen 170.000 Besucher aus der ganzen Welt. Das sind Dimensionen wie in einem

großen Unternehmen und sie erfordern ein gutes Management und einen Chef mit Weitblick

und Übersicht. William Mwakilemas Ziel ist es, die Serengeti langfristig sowohl als Schutz-

gebiet und nationales Erbe für Tansania, als auch als Traumziel für Menschen aus der ganzen

Welt zu erhalten.

Laura Borner hat mit dem Chief Park Warden des Serengeti Nationalparks gesprochen.

Was erhoffen Sie sich in Zukunft für den

Tourismus in der Serengeti?

Die Zukunft der Serengeti hängt davon ab,

dass wir es schaffen, die Balance zwischen

Naturschutz und Tourismus zu finden.

Sie leben ja bereits einige Jahre im Seren-

geti Nationalpark. Wie verbringen Sie Ihre

Zeit an diesem schönen Ort am liebsten?

Hier zu arbeiten, ist wirklich anspruchsvoll,

aber ich genieße es doch sehr, einer der we-

nigen Ausgewählten zu sein, die das Privileg

haben, in diesem Weltklasse-Nationalpark

zu arbeiten.

Besuchen Ihre Kinder Sie hier in der Serengeti?

Sie waren mehrere Male hier und sie lieben

es, die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung

zu beobachten. Die meisten Kinder lieben

die Schönheit des Parks.

Wie wird es in zehn Jahren aus globaler Sicht

um den Serengeti Nationalpark bestellt sein?

Die Serengeti wird weiterhin ein Besucher-

magnet sein. Darum gilt es, heute einige

schwierige aber wegweisende Entschei-

dungen zu treffen, um sicherzustellen, dass

der Tourismus diesen wunderbaren Ort

nicht schädigt. Wir müssen Wege finden, aus

weniger Besuchern mehr Ertrag für den Park

zu generieren.

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Sie fahren vorsichtig herum, um sich alles anzuschauen und achten

darauf, keine Tiere zu verletzen. Es gibt keine großen Lastwagen mehr,

die durch die Serengeti hindurchrauschen. Ihre Fahrer haben längst

bessere Routen gefunden, um ans Ziel zu gelangen.

In der Serengeti meiner Träume ist der Ökotourismus das Maß aller

Dinge. Die Fahrzeuge der Touristen sind abgasarm und leise. Wie ein

prächtiges stählernes Chamäleon verändert jedes Auto seine Farbe

und wird eins mit den Farben der Savanne im Wechsel der Jahres-

zeiten. Alle Unterkünfte sind ökologisch verträglich, große Beton-

bauten sind abgerissen worden. Nur kleine Camps für maximal zehn

Besucher liegen in der Landschaft verstreut. Der Lärm von Genera-

toren ist verklungen. Es herrschen Ruhe und Frieden.

Regen kommt und geht, wie er es jahrtausendelang getan hat. Die

Krokodile hören das Geklapper der Gnu-Hufe zur verabredeten Zeit

und wissen, dass jetzt ihr Festmahl bereitet ist.

In der Serengeti meiner Träume gibt es keine Probleme mit Vieh.

Die Menschen in den benachbarten Dorfgemeinden führen ein neues

Leben. Sie sind sesshaft geworfen, haben moderne Häuser und feste

Adressen. Ihre Kühe streunen nicht mehr herum, sondern grasen auf

ihnen zugedachten Weiden. Die Herden sind gesund und von über-

schaubarer Größe. So ist nun auch im kleinen Loliondo Platz für Vieh-

herden und Wildtiere. Extreme Dürren gibt es nicht mehr, die Herden

finden das ganze Jahr über genügend Futter.

Meine Serengeti ist nur ein Traum. Aber Träume, das wissen wir,

können wahr werden. Die ZGF, der Park und die Gemeinden teilen

diesen Traum. Wir arbeiten gemeinsam daran, ihn zu verwirklichen.

Vielleicht wird das nicht mehr zu meinen Lebzeiten geschehen. Aber

irgendwann wird es geschehen.

Gerald Bigurube arbeitet seit sechs Jahren als Programmleiter für die

ZGF im Afrika Regionalbüro (ARO) und lebt in der Serengeti. Davor

war er Direktor der tansanischen Nationalparkbehörde TANAPA.

In der Serengeti meiner Träume gibt es keine Wilderer mehr. Die

Wilderei wurde überwunden. Die Gemeinden, die um den Park

herum leben, wollen sie nicht, und Parkranger, Polizei und Be-

amte tolerieren sie nicht. Die ganze Nation Tansania verabscheut

Wilderei. Wilderer finden kein Versteck mehr und suchen sich an-

dere Betätigungsfelder. Die Wilderei hat endlich ihren Schrecken

verloren. Gnus und Zebras streifen umher, ziehen ihre Kreise, unge-

hindert von Schlingen und Speeren. Auch Pfeil und Bogen sind von

der Bildfläche verschwunden. Löwen brüllen, und Hyänen heulen.

Schakale und Füchse schwelgen im Überfluss. Es ist Platz für alle.

Die Nashörner vermehren sich

und unternehmen lange Wan-

derungen. Überall marschie-

ren sie herum, der ganze Park

ist ihr Zuhause. Sie müssen

nicht länger von Spezial-

einheiten beschützt werden.

In der Serengeti meiner

Träume gibt es keinen

Durchgangsverkehr. Es ist

ein heiliger Ort, an den Men-

schen zu Besuch kommen.

Ich sehe eine Serengeti,

in weiter Ferne.

Sie liegt nicht in der Vergangenheit, als Wilderer umherzogen und

Nashörner und Elefanten töteten.

Ich sehe weit entfernt, in der Zukunft , eine neue, eine lebendige

Serengeti, die in Schönheit und Pracht erstrahlt.

Mein Herz beginnt vor Freude zu rasen, wenn ich sie sehe,

weil sie so anders aussieht als die Serengeti von heute.

Sie verzaubert mich.

Schakale und Füchse schwelgen im Überfluss. Es ist Platz für alle.

Die Nashörner vermehren sich

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DIE SERENGETI

MEINER TRÄUME

Von Gerald Bigurube

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Seit den 90er-Jahren konnte die ZGF ihre Projektförderung kontinuierlich

ausbauen. Rund 9,3 Millionen Euro jährlich fl ießen aktuell in die weltweiten

Naturschutzprojekte. Diese Mittel setzen sich zusammen aus eigenen Mitteln

(beispielsweise Spenden, Mitgliedsbeiträge, Kapitalerträge) sowie Drittmitteln,

also Geldern von großen Gebern wie der KfW, dem BMZ, dem U.S. Fish and

Wildlife Service oder internationalen Stift ungen. Mit 2,2 Millionen Euro ging

2013 der mit Abstand größte Teil der Förderung nach Tansania.

Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e. V. ist ein ein-

getragener, als gemeinnützig anerkannter Verein. Sitz der ZGF ist

Frankfurt am Main. Der Verein in seiner heutigen Form wurde maß-

geblich von Professor Bernhard Grzimek und seinem Nachfolger Dr.

Richard Faust entwickelt, die strategische Weiterentwicklung und die

internationale Ausrichtung wurden ab dem Jahr 2000 von Geschäfts-

führer Dr. Christof Schenck und seinem Team vorangetrieben.

Dem ehrenamtlichen ZGF-Vorstand steht seit 2014 mit Klaus Becker,

dem Sprecher des Vorstandes der KPMG AG Wirtschaftsprüfungs-

gesellschaft, ein erfahrener Manager vor. Aktuell hat der Verein rund

3.640 Mitglieder, Privatpersonen, aber auch Firmen oder Institutionen,

die uns eng verbunden sind. Die ZGF verfolgt laut Satzung zwei Ziele:

zum einen die Erhaltung von biologischer Vielfalt und Wildnisgebie-

ten weltweit und zum anderen die Förderung des Zoos Frankfurt.

VEERREIIN UNND STTIFTTUNGG

Unmittelbar an der Seite der ZGF steht unsere 2001 in Frankfurt ge-

gründete Förderstiftung „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“. Die Stif-

tung geht auf ein Sonderkonto gleichen Namens zurück, das 1961

von Bernhard Grzimek eingerichtet worden war und auf das über

viele Jahrzehnte die Spenden und Nachlässe zahlreicher Zuschauer

seiner Fernsehsendung „Ein Platz für Tiere“ flossen. Diese Stiftung

hat heute einen Kapitalstock von rund 57 Millionen Euro. Sie för-

dert mit den Erträgen aus diesem Kapital ausschließlich die Natur-

schutzarbeit der ZGF.

Auch die 2007 ins Leben gerufene Schwester-Organisation der ZGF

in den USA (Frankfurt Zoological Society – US) unterstützt die Pro-

jekte in Tansania mittlerweile in erheblichem Umfang.

AUUSS FFÖÖRDDERRUNNG WWIRDD PARRTNERSSCHAFT

Seit mehr als 50 Jahren arbeiten die tansanische Nationalpark-

behörde TANAPA (Tanzania National Parks) und die Zoologische

Gesellschaft Frankfurt zusammen. Seit den Kindertagen des Seren-

geti Nationalparks. 1957 hatte der Frankfurter Zoodirektor Bern-

hard Grzimek die Einladung des damaligen Colonial Tanganjika

National Parks Department angenommen, die Tierwanderung in

der Serengeti zu erforschen und zu dokumentieren. Das Unterfan-

gen resultierte im allseitig bekannten Film und Buch „Serengeti

darf nicht sterben“, was dem jungen tansanischen Nationalpark mit

einem Schlag zu Weltruhm verhalf.

1963 erfolgte das erste offizielle Projekt mit Förderung der ZGF –

der Bau einer Jugendherberge in Seronera sowie einer Schule für die

Kinder der Ranger. Bernhard Grzimek wurde von TANAPA zum

„Honorary Warden“ ernannt. Er half dem damaligen Direktor John

Owen beim Aufbau der Forschungseinrichtung Serengeti Wildlife Re-

search Institute sowie des Mweka Wildlife College und der Pasiansi

Ranger School – beides Einrichtungen zur Ausbildung von Rangern

und Schutzgebietsmanagern.

Von 1977 – 2012 repräsentierte Dr. Markus Borner die ZGF in Tansa-

nia und stärkte als langjähriges Mitglied im Vorstand von TANAPA

(1989 bis 2004) und Vorsitzender von dessen Naturschutz-Komitee

die enge Verbindung zwischen Frankfurt und TANAPA. Seit 2012

wird das ZGF-Team im Land von Robert Muir geführt. Mit umfang-

reichen Projekten im Serengeti-Ökosystem, im Selous Game Reserve

und im Mahale-Ökosystem hat die ZGF ihre Stellung als verläss-

licher Partner für Tansania im Schutz von dessen natürlichen Res-

sourcen weiter ausgebaut.

ZGF IN TANSANIAPARTNER VON TANZANIA NATIONAL PARKS SEIT MEHR ALS 50 JAHRENLS 50 JAHREN

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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W eit vor mir, so weit das Auge reicht, war eine endlose Reihe

von Gnus, eins langsam hinter dem anderen hertrottend, das

erste in der Ferne bereits im Flimmern der Hitze verschwom-

men. Wir waren nun seit zwei Stunden unterwegs und sahen die

ganze Zeit über dasselbe Bild: endlose Herden. Der Weg, auf dem

wir unterwegs waren, schlängelte sich am Rand der Serengeti-Ebene

entlang, einer weiten, baumlosen Savanne, die sich noch 100 Mei-

len östlich von uns bis hin zum Ngorongoro und dem Kraterhoch-

land erstreckte. Die Spitze des alten erloschenen Vulkans Lemagrut

erhob sich durch den Dunst hindurch ins Blau in 3.132 Meter Höhe.

Gelegentlich führte eine Gruppe Zebras den Gnu-Treck an oder das

schöne Braun einer Kuhantilope stach aus dem eintönigen Grau und

Schwarz der Herden hervor. Die Kuhantilopen wanderten nicht, sie

standen einfach da und schauten den vorbeiziehenden Herden nach.

Die große Wanderung zog Richtung Norden. Das Ende der Regen-

fälle war das Zeichen für sie, dass es Zeit war, aufzubrechen. Am

Rande der Waldgebiete konnten sie am ersten Fluss, dem Ngare

Nanyuki, ihren Durst stillen. Das Wasser ist zwar alkalisch, aber

die Gnus können das verkraften. Auch wir zogen weiter. Wir sa-

hen Süßwasserpfützen, in denen sich ein paar alte Büffel wälzten,

Grant-Gazellen, die an den Büschen knabberten, während ihre klei-

neren Verwandten, die Thomson-Gazellen, umherrannten, um dort

zu fressen, wo zuvor die Gnus gewesen waren. Die Grant-Gazellen

und die Kuhantilopen zogen nicht, die „Tommys“ aber waren Teil

der großen Migration.

Es war mein zweiter Tag in der Serengeti. Am Abend zuvor war ich

angekommen, am 1. Juli 1965. Ich hatte bereits viel von Ostafrika ge-

sehen, da ich dort aufgewachsen war und schon einige Parks besucht

Von Anthony R. E. Sinclair

Ich hatte bereits viel von Ost-afrika gesehen. Aber ich war in keinster Weise vorbereitet auf dieses Erlebnis von Wildtieren in rauen Mengen, der kaum zu beschreibenden Migration, der unendlichen Fülle und Vielfalt an Tieren und Pfl anzen und der spektakulären Landschaft .

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

Page 9: SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

hatte. Aber ich war in keinster Weise vorbereitet auf dieses Erlebnis

von Wildtieren in rauen Mengen, der kaum zu beschreibenden Mi-

gration, der unendlichen Fülle und Vielfalt an Tieren und Pflanzen

und der spektakulären Landschaft. Da beschloss ich, dass ich den

Rest meines Lebens damit verbringen wollte, dieses Ökosystem zu

studieren und herauszufinden, warum es so ist, wie es ist. Für mich

bestand kein Zweifel, dies war der wunderbarste Platz auf Erden.

LANGE WAR DIE GROSSE TIERWANDERUNG UNBEKANNT

Die Serengeti ist das Synonym für eins der größten Wildtierspekta-

kel auf unserem Planeten. Interessanterweise wissen wir aber noch

gar nicht so lange davon. In den 1920er-Jahren war die Serengeti der

Ort schlechthin, an den ausländische Großwildjäger fuhren, um Lö-

wen zu jagen. Die Serengeti war berühmt für ihre Löwen mit dunk-

len Mähnen. Die Gnu-Wanderung war damals gänzlich unbekannt.

Erst als Bernhard und Michael Grzimek in den späten 1950er-Jahren

mit ihrem Flugzeug die Migration aus der Luft beobachteten, nahm

die Welt davon Notiz.

Die große Wanderung der Gnus durch die Serengeti ist eine der letz-

ten intakten Wanderungen von Säugetieren. Solche Wanderungen

gab es auf den meisten Kontinenten, doch wir Menschen beanspru-

chen das Land für uns und versperren den Tieren ihre Zugrou-

ten. Von den wenigen Migrationen, die übrig geblieben sind, ist die

große Migration in der Serengeti diejenige, über die wir am meis-

ten wissen. Die Geografie der Serengeti ist einzigartig und im We-

sentlichen verantwortlich für die speziellen Umweltbedingungen,

ihr Klima, ihr Wasserregime und ihre Habitate. Das Zusammenspiel

dieser vier wiederum treibt die Migration an.

Die Gnu-Wanderung erstreckt sich über gut 26.000 Quadratkilome-

ter und sie zieht durch politisch unterschiedliche Hoheitsgebiete. In

Tansania sind das der Serengeti Nationalpark, die Ngorongoro Con-

servation Area und nördlich von Ngorongoro der Bezirk Loliondo. In

Kenia ist es die Maasai Mara National Reserve, wo die Gnuherden in

der Trockenzeit überlebenswichtige Nahrung sowie Wasser finden.

Südlich und westlich des Serengeti Nationalparks ziehen die Gnus

durch die kleinen Wildschutzgebiete Maswa, Grumeti und Ikorongo.

Der größte Teil des Serengeti-Ökosystems ist geprägt durch eine

flache, offene Landschaft, durchzogen von kleinen, nur saisonal was-

serführenden Flüsschen, die in ein paar wenige Hauptflüsse mün-

den. Das alles ist Teil des Hochplateaus, das vom Ostafrikanischen

Grabenbruch im Osten Tansanias zum Viktoriasee im Westen hin

sanft abfällt. Alle Flüsse fließen daher nach Westen. Es gibt drei

Hauptflüsse. Der wichtigste ist der Mara, der in den Mau-Bergwäl-

dern in Kenia entspringt und bis vor Kurzem das ganze Jahr über

Wasser führte. Er ist die wichtigste Wasserquelle für die Tiere in der

Trockenzeit. Darüber hinaus gibt es den Grumeti, der in den Bergen

im Nordosten der Serengeti entspringt sowie den Mbalageti. Beide

führen jedoch nicht das ganze Jahr über Wasser.

DIE UNTERSCHIEDLICHE VERTEILUNG DES REGENS TREIBT DIE MIGRATION AN

Es gibt zwei wichtige Faktoren, die das Serengeti-Ökosystem be-

stimmen: Zum einen ist das Kraterhochland im Südosten hoch ge-

nug, um als Regenfänger für die feuchte Luft vom Indischen Ozean

zu fungieren. Die in ihrem „Regenschatten“ liegenden südöstlichen

Ebenen der Serengeti sind daher halbtrocken (semiarid) und be-

kommen nur etwa 500 Millimeter Niederschlag pro Jahr ab. Zum

andern ist da der Viktoriasee im Westen. Der See ist so groß, dass er

sein eigenes Wettersystem hat. Gewitter und Regenfälle, die hier ent-

stehen, beeinflussen den Westen der Serengeti und bringen sogar in

der Trockenzeit Regen. Wir haben also einen feuchten Nordwesten

und einen trockenen Südosten. Dieser Niederschlagsgradient ist es,

der die Migration antreibt.

Es gibt drei Lebensraumtypen in der Serengeti und rein zufällig lie-

gen diese entlang des Niederschlagsgradienten. Im Südosten ist die

große Ebene. Auf den vulkanischen Böden gibt es keine Bäume, da-

her ist alles offenes Grasland. Die Gräser sind kurz und auch die

Kräutchen mit ihren Blüten wachsen dicht am Boden. Alles wird

stark abgeweidet. Der zweite Lebensraum ist die mit Akazien be-

wachsene Savanne. Sie fängt dort an, wo die Vulkanböden aufhören.

Als Drittes sind die Waldgebiete weit oben im Nordwesten zu nen-

nen. Die Böden hier bestehen aus verwitterten Granit und sind arm

an Nährstoffen. Die Gräser jedoch sind hoch.

ZWEI MILLIONEN TIERE MACHEN SICH AUF DEN WEG

Jedes Jahr begeben sich 1,3 Millionen Gnus gemeinsam mit 200.000

Zebras und einer halben Million Thomson-Gazellen auf Wander-

schaft – insgesamt rund zwei Millionen Tiere. In der Regenzeit sind

sie alle in der Ebene, denn da ist das Futter am besten. Die Gräser

hier haben den höchsten Proteingehalt in der gesamten Serengeti

und enthalten auch viel Kalzium und Phosphat. Die Tiere wandern

über die Ebene, immer dem Regen und dem Graswachstum fol-

gend. Allerdings bleiben die Arten meist unter sich, die Gruppen

vermischen sich nur wenig und jede nutzt die Gräser in ihrer lieb-

sten Höhe.

Sobald die Ebenen nach dem ersten Regen, üblicherweise im De-

zember, grün werden, kommen die Thomson-Gazellen und weiden

an den frischen, kurzen Gräsern. Sobald das Gras höher ist, erschei-

nen die Gnus, die Gazellen ziehen weiter. Und schließlich kommen

die Zebras, die sich mit den mittleren Gräsern zufriedengeben. So-

bald die Ebenen im Mai austrocknen, wandern alle in umgekehrter

Reihenfolge wieder ab.

Im Juni zieht die Migration wieder Richtung Westen und Norden.

Sie zieht langsam. Zum einen, um in dichten Gruppen besser vor

Räubern geschützt zu sein und zum anderen, weil es Zeit braucht,

die langen Gräser zu fressen. Die Gnus geben das Tempo vor und

weiden das hohe Gras ab, die Gazellen ziehen nach und fressen die

niedrigeren Gräser. Die Zebras mischen sich hier aus Sicherheits-

gründen gerne unter die Gnus, müssen jedoch darauf achten, in vor-

derster Linie zu sein, da sie mehr Futter benötigen.

Sobald die Migration die Waldgebiete erreicht, löst sich die Forma-

tion auf und einzelne Gruppen von Gnus und Zebras wandern Rich-

tung Westen und Norden. Die Gazellen bleiben im Wald zurück.

Und mit Einsetzen der ersten Regenfälle im November beginnen

alle wieder, Richtung Südosten zu ziehen. Doch erst wenn der Re-

gen in vollem Umfang einsetzt, formieren sich die Herden wieder,

die dann auf die Reise gehen.

Der Text ist ein Auszug aus Prof. Dr. Anthony Sinclairs Buch

„Serengeti Story“ (mit freundlicher Genehmigung des Autors).

Sinclair ist emeritierter Professor für Ökologie an der University

of British Columbia in Kanada.

Zebras und Kuhantilopen.

Anthony R. E. Sinclair

SERENGETI STORY LIFE AND SCIENCE IN THE WORLD’SGREATEST WILDLIFE REGION

Hardcover, in Englisch, 188 Seiten

Oxford University Press, 2012

ISBN 978-0-19-964552-7

Preis: 22 €, als E-Book 13,67 €

Kaum jemand weiß so viel über das Serengeti-Ökosystem wie

Tony Sinclair. Der inzwischen emeritierte Professor für Ökolo-

gie hat gut 50 Jahre lang in der und über die Serengeti geforscht

sowie unzählige Arbeiten und Studien junger Wissenschaftler

betreut. Über die Jahre entstanden die von Sinclair herausgege-

benen Standardwerke Serengeti I – III, ein vierter Band ist ge-

rade im Entstehen. Die vier wissenschaftlichen Bände umfassen

einen Großteil des Wissen über Tiere, Pflanzen, Geologie und

die Zusammenhänge in der Serengeti. Doch wie die unzähli-

gen wissenschaftlichen Publikationen, richten sich auch

diese eher an ein Fachpublikum. Daten, Fakten, trockene

Tabellen und Grafiken dominieren. Die persönlichen Ge-

schichten, die hinter dieser Forschung stecken, die Hochs

und Tiefs eines Wissenschaftlerlebens, die Abenteuer bei

der Feldforschung, all das findet hier keinen Platz.

Tony Sinclair wollte uns jedoch diese wunderbaren, aben-

teuerlichen und menschlichen Geschichte nicht vorenthal-

ten. Mit „Serengeti Story“ hat er eine für jedermann gut

lesbare, kurze und kompakte Version seines unerschöpf-

FORSCHERGLÜCK UND ABENTEUER

lichen Wissensschatzes vorgelegt, gepaart mit seinen persön-

lichen Erinnerungen. Mit Anekdoten aus fünf Jahrzehnten

Feldforschung lockert Sinclair die wissenschaftlich fundierten

Fakten auf und nimmt seine Leser mit auf eine Art private For-

schungsreise durch eines der spektakulärsten Naturgebiete

unserer Erde. Das Buch ist ein absolutes Muss für jeden Seren-

geti-Fan und, besonders als E-Book, die perfekte Reiselektüre

für eine Safari in der Savanne.

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DIE GROSSE WANDERUNG DURCH DIE SERENGETI

DAS WEISSBARTGNU (Connochaetes taurinus)

DAS STEPPENZEBRA (Equus quagga)

REGEN & BODEN NORDEN ODER SÜDEN?

~ 200.000 Die Zebras begleiten die Gnus zwar auf ihrer Wanderung, scheinen

jedoch einige Abkürzungen zu nehmen und machen die Ausfl üge

in den Westen und Norden nur bedingt mit.

Die Streifen der Zebras sind wie ein Fingerabdruck, kein einziges

Tier gleicht dem anderen.

Zebras sind keine Wiederkäuer und können sehr nährstoff arme

Gräser verkraft en. Sie fressen oft die etwas härteren Gräsern.

Die Serengeti ist ein semiarides Ökosystem mit einem klaren Nieder-

schlagsgradienten – der Südosten bekommt jährlich nur 400 mm Regen

ab, der Nordwesten hingegen mehr als 1.200 mm. Parallel dazu gibt es

einen starken Unterschied in der Fruchtbarkeit des Bodens – fruchtbare

Vulkanasche dominiert den Süden, während im Norden Granit ansteht,

der nur relativ arme, sandige Böden hervorbringt.

Diese Kombination aus graduellen Veränderungen von Regen und

Boden führt auch zu einem deutlichen Gradienten in der Grasqualität.

Der saisonale Regen im Süden lässt sehr nährstoff reiche Gräser sprießen

– aber nur für kurze Zeit. Im Norden, mit mehr Regen, wächst das Gras

höher und fester. Aber trotz mehr Masse sind hier weniger Nährstoff e

vorhanden. Kurz: Die Grasqualität steht in umgekehrtem Verhältnis

zum Regen.

Die Gnus und Zebras ziehen in der Trockenzeit nach Norden, weil es die

einzige Region mit genügend Futter und genügend Wasser in dieser Zeit

ist. Ihre körperliche Verfassung wird während des Aufenthalts dort aber

immer schlechter und so ziehen sie mit dem Regen wieder gen Süden zu

den besseren Weidegründen.

~ 1,3 Millionen Die Gnu-Population in der Serengeti ist seit den 1970er-Jahren auf

diesem Niveau stabil. Off enbar ist das also die Bestandsgröße, die das

System vertragen kann. Die Bestände großer Pfl anzenfresser (z. B. auch

Elefanten oder Büff el) werden nicht durch die Raubtiere kontrolliert,

sondern durch die Verfügbarkeit von Nahrung.

Ende des 19. Jahrhunderts waren die Gnu-Bestände aufgrund der

Rinderpest zusammengebrochen. Als die Grzimeks Ende der 50er-Jahre

über die Serengeti fl ogen, sahen sie nur ca. 200.000 Gnus, ein kümmer-

licher Restbestand. Trotzdem waren sie von den Herden beeindruckt

und zogen den richtigen Schluss aus ihren Beobachtungen: Dass den

wandernden Herden nicht der Weg abgeschnitten werden dürfe.

Ab den 1960er-Jahren, nachdem die Kühe der Massai umfassend gegen

Rinderpest geimpft worden waren, übertrug sich die Krankheit nicht

weiter auf die Wildtiere und der Gnubestand stieg wieder an.

Ein Gnu wandert im Laufe einer Rundreise ca. 2.000 Kilometer.

90 Prozent der Gnukälber werden innerhalb von drei Wochen im Febru-

ar geboren, mehrere Tausend Kälber jeden Tag. Damit reduziert sich das

Risiko für jedes einzelne Kalb, gefressen zu werden.

Bereits 15 Minuten nach der Geburt kann das Kalb rennen, nach 24

Stunden ist es so schnell wie seine Mutter. Da die Mütter die Geburt auf

den Vormittag terminieren können, wenn die Jäger schlafen, sind die

Kälber bis zur nächsten Nacht bereits fi t.

Die Wanderung der Gnus und Zebras, die „Great Migration“, ist eine immerwährende

Reise der Tiere auf der Suche nach Futter. Sie hat keinen Anfang und kein Ende, nur ein

paar Pausen auf dem langen Weg von den regenreicheren Gefilden im Norden zu den

nährstoffreichen Gräsern im Süden und wieder zurück.

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

Page 11: SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

„Wo sind die Gnus?“, lautet die erste Frage, die Besucher bei ihrer An-

kunft in der Serengeti stellen. Die Antwort darauf ist üblicherweise:

„Gestern waren sie noch hier!“ Tatsächlich sind Gnus und Zebras

immer unterwegs, stets auf der Suche nach frischen Gräsern, stets

auf der Hut vor Raubtieren wie Löwen, Hyänen und Krokodilen.

Würden die Gnus auf direktem Weg von ihren Weidegründen der

Trockenzeit in den Süden ziehen und zurück, wäre ihre Wanderung

etwa 600 Kilometer lang. Doch unsere Untersuchungen haben ge-

zeigt, dass manche Tiere mehr als 1.800 Kilometer im Jahr zurück-

legen, durchschnittlich fünf Kilometer am Tag. Die längste bisher

gemessene Tagesdistanz betrug sogar fast 40 Kilometer. In der Ol-

duvai-Schlucht im Norden Tansanias hat man Hinweise darauf ge-

funden, dass es die Migration der Gnus in der Serengeti bereits seit

mindestens 100.000 Jahren gibt. Lange bevor die frühen Menschen

die afrikanische „Wiege der Menschheit“ verließen, war die Gnu-

wanderung für sie von Bedeutung.

WARUM GIBT ES IMMER WENIGER GROSSE TIERWANDERUNGEN AUF DER ERDE?

Die Serengeti ist auch deshalb etwas so Besonderes, weil wir hier

eins der wenigen Migrationssysteme vorfinden, das in den letzten

Jahrzehnten nicht kleiner geworden oder gar völlig zum Stillstand

gekommen ist. Früher gab es mindestens 24 weitere derartig große

Wanderungen von Landsäugetieren durch Afrika, Asien, Europa

und Nordamerika. Warum aber gibt es die meisten nicht mehr?

Schaut man sich die Rahmenbedingungen und den aktuellen Zu-

stand der Migrationen an, wird klar, warum die meisten großen

Wanderungen nicht mehr oder nur noch in Teilen existieren. Die

entscheidenden Faktoren, die die Zugrouten der Tiere negativ be-

einflussen und den freien Zugang zu ausreichend Futter verhin-

dern, sind: Zäune, übermäßige Bejagung, veränderte Landnutzung,

blockierte Routen (z. B. durch Straßen oder Bahntrassen) und eine

Veränderung der Lebensräume, etwa durch künstliche angelegte

Wasserstellen.

Bei den wenigen großen Tierwanderungen, die es heute noch gibt,

ist einer der entscheidenden Faktoren für deren Fortbestand der ga-

rantierte Zugang zu den über den Jahresverlauf schwankenden Res-

sourcen sowie der ausreichende Schutz dieser Ressourcen. Darüber

hinaus ist eine politische und finanzielle Unterstützung derjenigen

Regionen wichtig, in denen die Wanderung stattfindet. Und natür-

lich die Garantie, dass die Route durch nichts blockiert wird. Überall

dort, wo eine dieser Komponenten gefehlt hat, sind die Migrationen

zusammengebrochen.

Jährlich kommen rund 140.000 Besucher in den Serengeti National-

park, um die spektakuläre Wanderung der Gnus, Zebras und Gazellen

mitzuerleben. Sie ist eine der letzten großen Tierwanderungen auf

Erden. Mithilfe moderner GPS-Empfänger können Wissenschaftler

die Gnus live verfolgen und beginnen so zu verstehen, was die Tiere

wirklich antreibt.

Von Grant Hopcraft

Durch ihre jährliche Wanderung von der Maasai Mara in die Seren-

geti-Ebenen stellen die Gnus und Zebras sicher, dass sie immer aus-

reichend nährstoffreiche Gräser zu fressen haben. Also auch in der

Trockenzeit, in der frisches Gras rar ist. Die Gnu-Population wäre

bei Weitem nicht so groß, wenn die Tiere nicht ziehen würden. Nach

unserem Kenntnisstand würde die Populationsgröße auf weniger als

ein Zehntel schrumpfen, wenn die Migration aufgrund von Straßen,

Zäunen, künstlichen Wasserstellen oder einer Verkleinerung des Le-

bensraums enden würde. Von bisher 1,3 Millionen Tieren blieben

dann nur etwa 100.000 übrig.

KANN MAN GNUS UND ZEBRAS EFFEKTIV SCHÜTZEN?

Nur wenn man Migrationen gezielt schützt, können sie langfristig

bestehen bleiben. Die Frage für uns ist aber: Hat ein einzelnes Tier

überhaupt etwas von den Naturschutzmaßnahmen? Um das zu be-

antworten, haben wir für ein Forschungsprojekt einzelne Gnus und

Zebras mit GPS-Halsbändern ausgerüstet. Dieses Projekt wird in

Zusammenarbeit mit dem Tanzania Wildlife Research Institute (TA-

WIRI) durchgeführt und von der ZGF unterstützt. So ein Halsband

ist ein relativ leichter, batteriebetriebener GPS-Empfänger, der mit-

hilfe satellitengestützter Navigationssysteme alle 12 Stunden die

exakte Position des besenderten Tieres per SMS an den Wissen-

schaftler sendet. Auf diese Weise sammeln wir übers Jahr Tausende

von Standorten unserer Gnus und können eine detaillierte Karte

Es gibt fünf Unterarten des Weißbartgnus. Im Serengeti Ökosystem

fi ndet man das Westliche Weißbartgnu (Connochaetes taurinus mearnsi).

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Page 12: SERENGETI - Zoologische Gesellschaft Frankfurt€¦ · SCHWERPUNKT: SERENGETI 04 Neues aus der Serengeti 06 Frankfurt – die ZGF in Afrika von Dagmar Andres-Brümmer 10 Der Chef

anfertigen, die zeigt, wie sich die Tiere bewe-

gen. Gleichen wir diese Karten mit Daten zur

Grasqualität, zur Verfügbarkeit von Wasser

oder zur Bedrohung durch Raubtiere ab und

kombinieren das dann noch mit den Anti-

Wilderei-Maßnahmen von TANAPA (Tanza-

nia National Parks), dann stellt sich uns die

Frage: Wie genau wählen die Gnus eigent-

lich ihre Wanderrouten aus? Das Ganze ist

zwar komplex, doch es kristallisiert sich heraus, dass sowohl Gnus

als auch Zebras die sicherste Route wählen und Gegenden, in de-

nen häufig Wilderer anzutreffen sind, bewusst meiden. Das heißt

also, jedes Individuum profitiert in der Tat unmittelbar von den ge-

schützten Gebieten, die ihnen der Park bietet.

VIELES WISSEN WIR NOCH NICHT

Wie es scheint, haben wir erst an der Oberfläche gekratzt – wir wis-

sen zwar einiges über die Wanderung der Gnus, aber sehr vieles im

Leben dieser seltsamen und zugleich wunderbaren Tiere verstehen

wir noch nicht. Vor allem bei der Frage, wie genau die Gnus in das

Serengeti-Ökosystem eingeflochten sind und wie alles miteinander

zusammenhängt, dazu gibt es noch reichlich Fragezeichen.

In Zukunft wollen wir uns ihre Bewegungs-

muster noch sehr viel genauer anschauen, um

die „Motoren“ der gesamten Wanderung bes-

ser zu verstehen. Dafür korrelieren wir die je-

weilige Position eines Tiers mit Daten etwa

zum Nahrungsangebot an genau diesem Ort,

zum Fortpflanzungsstatus des Tieres zu just

jenem Zeitpunkt (z. B. war es schwanger,

hatte es ein Jungtier dabei?) oder Störfaktoren.

Dann messen wir hormonelle Veränderungen, indem wir Haarpro-

ben aus ihrem Schweif analysieren. Diese Daten erlauben uns Rück-

schlüsse darauf, wann die Tiere unter Nahrungsknappheit gelitten

haben und wann sie in Stress geraten sind.

Mithilfe dieses umfangreichen Forschungsprojekts werden wir hof-

fentlich entschlüsseln, wie die Bewegungsmuster der Tiere durch

einzelne Umweltparameter beeinflusst werden, sprich, wo genau

der Hebel sitzt, um gewisse Reaktionen bzw. Verhaltensmuster der

Tiere hervorzurufen. Solche Forschungsprojekte ermöglichen es uns,

mehr über die Bedeutung der Serengeti zu lernen und ihre ökolo-

gischen Zusammenhänge noch besser zu verstehen.

Dr. Grant Hopcraft vom Institute of Biodiversity, Animal Health,

and Comparative Medicine an der Universität von Glasgow

studiert die Wanderung der Gnus seit vielen Jahren.

Innerhalb von zehn Tagen haben Hopcraft und Kollegen neun Gnus mit

GPS-Halsbändern versehen. Alle Tiere waren Weibchen mit Kälbern, die bis

in den September 2013 hinein Milch hatten. Jetzt dürften sie alle erneut

trächtig sein. Die Daten der Halsbänder werden automatisch gesendet

und aufgezeichnet, so dass die Wissenschaftler auf einer Karte jeden Tag

online sehen können, wo die neun Gnus sich befi nden.

Für jedes einzelne Tier lässt sich das Bewegungsmuster tagesgenau nach-

vollziehen (hier die Route von Gnu 1860 zwischen dem 1. und 20. Oktober

2013, in denen es 56 Kilometer hin und her gewandert ist).

Diese Bewegungsdaten werden dann mit Daten anderer Parameter über-

lagert, etwa der Grasqualität, der Niederschläge, der Buschbrände, der

Touristenansammlungen, etc. So lassen sich Rückschlüsse ziehen, was

genau ein einzelnes Tier veranlasst, entweder eine große Strecke weiter-

zuwandern oder lieber in der Nähe zu bleiben.

LIVE-TRACKING VON GNUS PER GPS

„ Die Strategie der Gnus

scheint zu sein: schnell

hin, so viel fressen wie

möglich und dann

schnell wieder weg.“

Grant Hopcraft

W ie viele Gnus, Zebras und Gazellen gibt es und wo wandern

sie hin? Die Frage war 1958, als Bernhard und Michael

Grzimek in die Serengeti flogen, noch weitgehend uner-

forscht und dennoch war sie elementar für den Nationalpark, der

genau von dieser jährlichen Wanderung der Herden bestimmt

wird. Und dessen Grenzen man damals zu ändern plante.

Im November und Dezember 1956 hatte William Harold Pearsall

den ökologischen Zustand des Serengeti Nationalparks untersucht.

Er hatte jedoch nur punktuelle Beobachtungen der Tierherden ma-

chen können, die Gesamtdimension der Bestände hatte er nicht er-

fasst. Diese könne man nur aus der Luft erforschen, folgerten die

Grzimeks und gingen das Unternehmen an, indem sie die berühmte

zebragestreifte Dornier besorgten.

Ihren ursprünglichen Plan, das gesamte, 12.000 Quadratkilometer

große Gebiet in parallelen Streifen abzufliegen und mit einer auto-

matischen Kamera zu fotografieren, mussten sie schnell aufgeben. Es

hätte bedeutet, 50.000 Fotos auszuwerten, was nicht nur zu teuer ge-

worden wäre, sondern auch praktisch nicht funktioniert hätte. Wie

hätten sie auf den Fotos sehen können, wo ein Streifen aufhörte und

ein anderer begann? Sie entschlossen sich daher, ihr Untersuchungs-

gebiet in 32 Teilbereiche zu gliedern. Diese Parzellen flogen sie in

einer Höhe von 1.500 Fuß (457 Meter) systematisch ab. Zwei Beo-

bachter saßen hinten im Flugzeug und zählten, was in einem defi-

nierten Sichtstreifen an Tieren zu sehen war.

Eine Karte des Gebiets gab es damals noch nicht, daher waren die

Grzimeks darauf angewiesen, ihre Parzellen so anzulegen, dass sie

diese mithilfe von Flüssen, einzeln stehenden Bäumen oder Felsen

als Landmarken eingrenzen konnten.

GRZIMEK UNTERSCHÄTZTE DIE GNUS GEWALTIG

Die Grzimeks zählten 99.481 Gnus, 57.199 Zebras und 194.654

Grant’s und Thompson Gazellen sowie eine ganze Reihe weiterer

Tierarten in dem Gebiet, das dem heutigen Südteil des Serengeti

Nationalparks plus dem Ngorongoro Schutzgebiet entspricht. Nach

heutigem Wissensstand können wir davon ausgehen, dass Grzi-

mek den Bestand deutlich unterschätzt hat und auch das Ausmaß

der Wanderbewegung nicht vollkommen gesehen hat. „Ich konnte

Grzimeks Zahlen anhand späterer Untersuchungen korrigieren“,

sagt der Serengetiforscher Prof. Anthony Sinclair. „Und es waren

eher 150.000 Gnus damals oder sogar mehr.“

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Fast 60 Jahre ist es her, da flogen Bernhard und Michael Grzimek in

ihrer zebragestreiften Dornier über die Serengeti und versuchten sich

ein Bild davon zu machen, wie viele Tiere in dieser unendlich weiten

Landschaft lebten. Auch heute noch gehört die regelmäßige Zählung

der Gnus zu den Aufgaben der ZGF.

Die Grzimeks experimentierten 1958 mit einer ersten systematischen

Lufterfassung der Gnus.

Von Dagmar Andres-Brümmer

GNUS ZÄHLEN

23

SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

22

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N ach einer langen Vorbereitungsphase konnte 2014 ein Pro-

jekt an den Start gehen, das Entwicklung und Naturschutz

im Umfeld des Serengeti Nationalparks verknüpft: das Seren-

geti Ecosystem Development and Conservation Project (SEDCP).

Das Projekt wird gemeinsam getragen vom Serengeti Ecosystem

Management Team der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (FZS-

SEMA) und Tanzania National Parks (TANAPA).

Die ZGF und ihre Partner wollen in den nächsten fünf Jahren da-

ran arbeiten, dass die Gemeinden, die unmittelbar angrenzend an

den Serengeti Nationalpark liegen, in ihrer Entwicklung einige große

Schritte vorwärts gehen können und dabei trotzdem ganz konkrete

Naturschutzziele verfolgt und umgesetzt werden. Keine leichte Auf-

gabe, aber eine wirklich spannende Herausforderung!

Das SECDP-Projekt ist ein Gemeinschaftsprojekt von ZGF und TA-

NAPA, das von der Deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch

die KfW kofinanziert wird. Das Projekt ist letztendlich ein Ergeb-

nis der Diskussion um den umstrittenen „Serengeti Highway“ sowie

der Entscheidung der tansanischen Regierung, auf den Bau dieser

asphaltierten Straße durch den Serengeti Nationalpark zu verzich-

ten. Dieses Straßenbauprojekt sollte eine wichtige Transitroute durch

Tansania darstellen, doch es hätte den Fortbestand des gesamten Se-

rengeti-Ökosystems aufs Spiel gesetzt. Da die Straße den Norden des

Parks vom Süden getrennt hätte, hätte sie die jährliche Migration von

Millionen von Huftieren durch der Serengeti massiv beeinträchtigt.

Dass wirtschaftliche Entwicklung innerhalb des Serengeti-Öko-

systems dringend notwendig ist, sieht selbstverständlich auch die

deutsche Bundesregierung. Diese Entwicklung darf jedoch nicht zu

Lasten der enormen biologischen Vielfalt des Serengeti-Ökosystems

gehen. Und auch die Wirtschaftskraft, die der Nationalpark dank des

Tourismus hat und die ihn zu einem entscheidenden Standbein der

lokalen und nationalen Wirtschaft macht, darf nicht in Mitleiden-

schaft gezogen werden. Daher hat Deutschland seinen tansanischen

Partnern Unterstützung zugesagt, bei der sozialen und wirtschaft-

lichen Entwicklung der Gegenden entlang der östlichen und west-

lichen Nationalparkgrenzen (Serengeti und Ngorongoro Distrikt).

Diese Unterstützung kommt nun durch SEDCP.

Die Gemeinden an den Parkgrenzen befinden sich zwar außerhalb

des Parks, aber im Herzen des Serengeti-Ökosystems. Sie profitie-

ren kaum von den Erträgen des Serengeti Nationalparks, haben aber

dennoch einiges an Nachteilen in Kauf zu nehmen, die mit einem

Schutzgebiet einhergehen. Beispielsweise wird ihre Ernte nicht selten

von den Wildtieren, Gnuherden oder Elefanten, zerstört. Hier setzt

Naturschutz und Entwicklung im EinklangAls sich die tansanische Regierung 2012 bereit erklärte, das ange-

dachte Projekt einer Teerstraße quer durch den Serengeti National-

park fallenzulassen, war Deutschland bereit, die Region bei einer

wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen, die klar den Schutz

der natürlichen Ressourcen im Fokus hat.

Ende 2014 ist das neue Serengeti-Ökosystem Entwicklungs- und

Naturschutzprojekt gestartet.

Von Nelly Boyer

fotografierte Fläche

Die Gnubestände waren aufgrund der vorausgegangenen Rinder-

pest-Epidemie auf ihrem Tiefpunkt. Heute, ein halbes Jahrhundert

später, sind es rund 1,3 Millionen Gnus. Und auch heute noch fliegt

die Cessna der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und wir zählen

die Gnus und Zebras in den riesigen Herden draußen in der Ebene

der Serengeti. Seit fünf Jahrzehnten gib es somit Bestandsdaten und

diese zeigen, wie sich die Population ab den 1960er-Jahren erholt

hat und über die letzten Jahrzehnte auf hohem Niveau konstant ge-

blieben ist.

„Die Zählungen finden im Durchschnitt alle zwei Jahre statt und

dauern circa zwei Tage“, erzählt Felix Borner, der als Pilot für die

ZGF schon viele Tierzählungen mit der Cessna durchgeführt hat.

Danach werden die Daten gemeinsam von der Nationalparkbehörde

TANAPA, dem tansanischen Wildtier-Forschungsinstitut TAWIRI

und der ZGF weiterverarbeitet.

ERFASSUNG EINES AUSSCHNITTS

Seit 1961 werden die Gnus fotografisch erfasst. Allerdings werden

nicht alle Individuen gezählt, wie das die Grzimeks versucht hat-

ten, sondern letztendlich wird nur ein kleiner Teil der Population

tatsächlich fotografiert. Während der Pilot mit dem Flugzeug in

geraden Ost-West-Linien, den sogenannten Transekten, über die

Migration fliegt, macht eine Kamera im Heck des Flugzeugs alle

zehn Sekunden ein Bild. Die Abstände der parallel liegenden Tran-

sekte betragen jeweils 2,5 Kilometer.

Bis 2003 wurde analog fotografiert, d.h. am Ende lagen Tausende

von Papierfotos vor, die anschließend gescannt werden mussten,

um sie am Computer auszuwerten. Heute wird mit einer digitalen

Kamera fotografiert. Die digitalen Bilder werden automatisch mit

GPS-Koordinaten versehen. Trotz aller Technik ist immer ein Assi-

stent erforderlich, der den Piloten begleitet. „Es ist extrem wichtig,

dass jemand im Blick hat, ob die Kamera automatisch fotografiert,

sonst stellt man nach mehreren Stunden Flug fest, dass nichts im

Kasten ist,“ erläutert Felix Borner.

Zudem notiert der Assistent zu jeder Aufnahme die Flughöhe, da-

mit später die Fläche der Aufnahme genau bestimmt werden kann.

Entscheidend für den Erfolg der Zählung und damit für die Ver-

gleichbarkeit der Daten über die Jahre hinweg ist auch, dass zum

richtigen Zeitpunkt gezählt wird. „Es ist wichtig, dass sich alle Gnus

zum Zeitpunkt der Zählung in der sogenannten Kurzgras-Steppe

aufhalten, sie dort gut verteilt sind und nicht wandern. Denn wenn

sie zwischen Büschen und Bäumen stehen, kann man sie nicht se-

hen“, sagt Felix Borner.

Selbst auf den digitalen Fotos müssen die Tiere „von Hand“ aus-

gezählt werden, da es immer noch keine Software gibt, die das so

gut und zuverlässig tun könnte, wie es das geschulte menschliche

Auge kann. Alle Bilder werden sogar doppelt, von zwei getrenn-

ten Teams ausgezählt, um Fehler bei der Auswertung zu minimie-

ren. Die Anzahl an Gnus, die man auf den Bildern ermittelt hat,

wird anschließend auf die gesamte Verteilungsfläche der Tiere in

der Ebene hochgerechnet. Wie groß diese Fläche ist, weiß man

aufgrund der GPS-Daten der Anfangs- und Endpunkte der geflo-

genen Transekte.

SOBALD DIE GNUS WANDERN, IST ES AUS

„Wir überfliegen das gesamte Gebiet, in dem sich die Gnus aufhalten,

in einer Höhe von etwa 1.100 Fuß und mit einer Geschwindigkeit

von circa 200 Stundenkilometern. Da die Kamera alle zehn Sekun-

den automatisch ein Bild macht, haben wir am Ende rund zwei Pro-

zent der Gesamtpopulation fotografisch erfasst.“ Nur bei optimaler

Verteilung der Gnus in der Ebene sind diese Daten dann statistisch

zuverlässig auswertbar. Sobald die Gnus sich zu Trupps formieren,

überschreitet die Fehlermarge beim Zählen die 10-Prozentmarke

und die Daten sind nicht vergleichbar mit denen anderer Jahre.

Das Zeitfenster, in dem die Zählung stattfinden kann, ist recht eng

begrenzt. Nur etwa zwei Wochen im Jahr stehen die Gnus perfekt für

den Überflug. „Wenn wir das verpassen, müssen wir ein ganzes Jahr

warten“, weiß Felix Borner.

Insgesamt 12 Stunden ist der junge Pilot am Ende einer Zählung

über die Tiere hin und her geflogen, hat rund 4.500 Fotos gemacht

und eine Flugdistanz von etwa 2.500 Kilometern zurückgelegt. Das

ist in etwa so weit wie von Frankfurt nach Zypern – und dies fast

non-stop über Gnus.

Während des Transektfl ugs macht eine automatische Kamera alle

10 Sekunden ein Bild der Gnuherde. Aus diesen Bildern kann der

Gesamtbestand an Tieren hochgerechnet werden.

MOMENTAUFNAHME

2524

SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Musoma

Mugumu

Wasso

K E N I A

Engarasero

Mto wa Mbu

Mbulu

Lalago

Bariadi

Arusha

SEDCP an: Mit diesem Projekt wollen wir den betreffenden Gemein-

den konkrete Entwicklungsmöglichkeiten anbieten, die einerseits

naturschutzfreundlich sind und andererseits den Gemeinden mehr

Vorteile bescheren, als eine befestigte Straße ihnen gebracht hätte.

SEDCP wird von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt Hand in

Hand mit TANAPA und in enger Zusammenarbeit mit dem Ministe-

rium für Natürliche Ressourcen und Tourismus sowie den Distrikten

Serengeti und Ngorongoro durchgeführt. Im Rahmen von SEDCP

wird die ZGF in den Gemeinden alternative Wege aufzeigen, för-

dern und bewerben, wie die Menschen ihren eigenen Lebensunter-

halt auf eine Art und Weise erwirtschaften können, die gleichzeitig

dem Naturschutz im Serengeti Nationalpark hilft. Darüber hinaus

gehört der Aufbau eines sogenannten gemeindebasierten Manage-

ments der natürlichen Ressourcen (Community-Based Natural Re-

source Management, CBNRM) zum Programm von SEDCP. Die

Selbstverwaltung der natürlichen Ressourcen auf den Gemarkungen

einer Gemeinde kann beispielsweise in Form von „Wildlife Manage-

ment Areas“ oder durch kommunale Waldschutzgebiete erfolgen.

Praktische Bestandteile des Projektes, die von der ZGF umgesetzt

werden, sind beispielsweise:

Landnutzungspläne: Gemeinsam mit den Dörfern und allen Betei-

ligten werden Pläne erarbeitet, was von wem wie genutzt werden

darf (Wasser, Wald, Weideflächen etc.). Dazu gehören auch entspre-

chende Belohnungssysteme, damit sich alle daran halten.

Village Scouts: Die Village Scouts erhalten Unterstützung bei der

Umsetzung des gemeindebasierten Managements der natürlichen

Ressourcen (CBNRM). Sie sind dafür verantwortlich, dass die Spiel-

regeln eingehalten werden.

SEDCP ist ein Pilotprojekt, eine neue Generation der sogenannten

„Community Outreach“ Projekte. Es soll sicherstellen, dass die Ge-

meinden über den Naturschutz ausreichend Benefits haben, um bei

ihrer eigenen Entwicklung voranzukommen. Das heißt konkret: Na-

turschutzfreundliche Initiativen in den Dörfern um den Nationalpark

herum werden mit sozialer und wirtschaftlicher Dorfinfrastruktur

„belohnt“, beispielsweise dem Bau von Schulen und Krankenstationen.

Auch der Schutz des Nationalparks selbst wird mit diesem Pro-

jekt verbessert. Zum einen erhalten die Ranger bessere Ausrüstung

und zusätzliches Training, zum anderen wird einiges an Infrastruk-

tur auf- bzw. ausgebaut. Beispielsweise soll eine alte Wasser-Pipe-

line durch den Park wieder instand gesetzt werden. Damit wird die

Versorgung des Serengeti Nationalparks (SENAPA) mit Trinkwas-

ser sichergestellt. Bislang ist diese aufwändig und kostspielig. Die fi-

nanziellen Ressourcen, die dadurch eingespart werden, können dann

dem Schutz des Parks zufließen bzw. für das sogenannte „Benefit-

Sharing“ mit den Gemeinden eingestellt werden.

Einher mit dem Projekt geht auch ein umfangreiches Monitoring.

Um sehen zu können, ob all die angedachten Maßnahmen Erfolg ha-

ben – sowohl sozio-ökonomische Erfolge in den Dörfern, wie auch

naturschutzfachliche Erfolge im Schutzgebiet – wird eine Reihe von

Parametern kontinuierlich überwacht. Dazu gehören unter anderem

die Populationsgrößen von ausgewählten Arten, das Ausmaß wei-

terer Entwaldung und die Einhaltungsquote der Landnutzungspläne.

Die Village Scouts sorgen dafür, dass die Dörfer ihre selbst gesteckten Naturschutzziele erreichen.

Die Regionen um Mugumu im Westen und Wasso im Osten des Parks sollen besser an ihre jeweiligen regionalen Zentren angebunden werden.

Deutschland hilf dabei im Rahmen eines von der KfW geförderten Projektes zur nachhaltigen Regionalentwicklung.

Foto-Tourismus ist eine Möglichkeit für die Dörfer, Einnahmen zu generieren. Private Honigproduktion. Der Honig geht u.a. an die Touristenlodges.Hühnerzucht ermöglicht ein kleines, stabiles Einkommen. Präsentation von Kunsthandwerk aus den Community Projekten.

Existierende Straßen

Teerstraße

Piste, in Ausbau / Planung als Teerstraße

Mögliche Südumfahrung

potentielle Trassenführung

Serengeti Ökosystem (keine Bevölkerung)

Serengeti Ökosystem (mit Bevölkerung)

See

0 – 10 Einwohner / km2

10 – 50 Einwohner / km2

50 – 100 Einwohner / km2

100 – 500 Einwohner / km2

500 – 1.000 Einwohner / km2

BEVÖLKERUNGSDICHTE IM UMFELD DES SERENGETI-ÖKOSYSTEMS

2726

SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Einen Großteil dessen, was wir über Löwen und

ihr Verhalten wissen, wurde an den Löwen der

Serengeti erforscht. Das Serengeti Lion Project

und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ha-

ben seit dessen Gründung 1966 mehr als ein-

hundert wissenschaftliche Publikationen über

Löwen veröffentlicht.

A ls George Schaller 1966 in der Seren-

geti ein Löwenprojekt ins Leben rief,

war noch sehr wenig über wild le-

bende Löwen bekannt. Fast alles, was man

wusste oder zu wissen glaubte, stammte

aus Beobachtungen in Zoos. Seitdem ha-

ben unzählige Studenten, Doktoranden

und Projektmitarbeiterinnen und -mitar-

beiter Hunderte von Studien durchgeführt

und unschätzbares Wissen über Löwen ge-

sammelt. Seit 1978 leitet Craig Packer das

Serengeti Lion Project, das wissenschaftlich

an der Universität von Minnesota (USA)

angesiedelt ist.

In der kleinen Wissenschaftlergemeinde in

der Serengeti sind die Löwenforscher und

die ZGF-Mitarbeiter seit jeher gut vernetzt

und die ZGF greift dem Projekt seit Langem

logistisch unter die Arme, wartet die Fahr-

zeuge der Forscher in ihrer Werkstatt und

steht mit ihrem Flugzeug bereit, wenn aus

der Luft nach Löwen mit Peilsender Aus-

schau gehalten werden muss.

Die Löwenforscher haben konstant 20 bis 25

Löwenrudel mit insgesamt etwa 380 Löwen

unter Beobachtung. Ein typisches Rudel be-

steht aus drei bis sechs Weibchen und ihrem

Nachwuchs sowie einer Koalition aus zwei

bis vier Männchen.

Die Löwenpopulation der Serengeti wird

auf 2.500 bis 3.000 Tiere geschätzt. Das

macht die Serengeti zu einer der letzten

Löwenhochburgen Afrikas. Tatsächlich hat

Tansania die größte Löwenpopulation der

Welt. Die demografischen Daten der Löwen,

die in der Serengeti gesammelt werden, sind

daher eine wertvolle Informationsquelle.

Dank der jahrzehntelangen kontinuier-

lichen Beobachtungen „ihrer“ Löwenrudel

haben die Forscher beispielsweise Einblicke

erhalten in das Sozialleben der Löwen oder

die evolutionäre Bedeutung der männlichen

Mähnen.

Die Löwen im Ngorongoro-Krater stehen

ebenfalls unter Beobachtung des Serengeti

Lion Project, denn nirgends auf der Welt gibt

es eine derartige Dichte an großen Fleisch-

fressern wie im Krater. Das Problem: Die Po-

pulation dort ist von Inzucht betroffen und

braucht dringend frische Gene. Doch das

Gebiet zwischen Krater und Serengeti wird

von Massai und ihren Viehherden bewohnt.

Deshalb arbeitet das Serengeti Lion Pro-

Fotos & Text von Daniel Rosengren

Signal körperlicher Stärke

Die Mähne der Löwenmännchen, so fanden

Projektmitarbeiter heraus, ist im heißen

Afrika ein Signal körperlicher Stärke – ab-

schreckend für Konkurrenten, anziehend für

Weibchen. Weitere Studien des Serengeti Lion Project ergaben, dass Löwen sich an

der Stimme erkennen, in der Lage sind

zu zählen und dass ihr Jagderfolg von der

Mondphase abhängt. In den dunklen Neu-

mondnächten sind sie in ihrem Element,

denn Löwen können nachts besser sehen

als jede andere Art.

ject an einer nachhaltigen Lösung sowohl

für die Massai als auch für die Löwen, die

eine „friedliche Koexistenz“ in diesem Ge-

biet zulässt. Wir hoffen, dass dieses Projekt

langfristig den Austausch von Löwengenen

zwischen Ngorongoro-Krater und Serengeti

ermöglichen wird.

Daniel Rosengren arbeitet als Feldforscher

für das Serengeti Lion Project und fotogra-

fiert mit Leidenschaft Wildtiere.

Ú Webseite des Löwenprojektes mit

einem großen Fundus an wissen-

schaftlicher Literatur:

cbs.umn.edu/lionresearch

Ú Begleiten Sie das Vumbi Rudel in

„Serengeti Lion“, einer sehenswerten

Sammlung von kurzen Filmen mit

Erläuterungen von Craig Packer:

ngm.nationalgeographic.com/serengeti-lion

LÖWEN ONLINE

DIE KÖNIGE DER SAVANNE

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2928

SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Lückenloses Datensammeln

Derzeit werden 20 bis 25 Löwenrudel

überwacht, die über 2.500 Quadratkilometer

verstreut leben. Damit man diese Rudel

im Wochenrhythmus wiederfi ndet, haben

Mitarbeiter des Projekts eine Löwin pro Rudel

mit einem Sendehalsband ausgestattet.

Manchmal ist es dennoch sehr schwierig,

sie vom Boden aus aufzuspüren. Denn

Löwen unternehmen in der Regenzeit häufi g

weite Wanderungen über die Grenzen ihres

Territoriums und ihrer Streifgebiete hinaus.

Dann leistet die ZGF mit ihrem Flugzeug

unschätzbare Hilfe. Tracking-Flüge erlauben

es, riesige Gebiete in kurzer Zeit abzusuchen,

um die verlorenen Rudel wiederzufi nden. Die

Reichweite der Sender ist außerdem in der

Luft viel höher. Dank dieser Unterstützung

kann das Serengeti Lion Project fortwährend

und lückenlos Daten sammeln.

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Effektive Evolutionsstrategie

Wann und warum begehen Löwen Infantizid,

töten also Nachkommen der eigenen Art?

Übernimmt ein neues dominantes Männ-

chen ein Rudel, braucht dieses so schnell

wie möglich eigenen Nachwuchs, da es

ansonsten seine Position nur selten lange

halten kann. Weil Löwenweibchen erst

paarungsbereit werden, wenn ihre Jungen

zwei Jahre alt sind, tötet der neue Chef des

Rudels die Nachkommen seines Vorgängers.

Kurz darauf sind die Weibchen bereit für

neuen Nachwuchs – eine grausam anmu-

tende, aber effektive Evolutionsstrategie für

männliche Löwen, ihre Gene zu verbreiten.

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Ú Name:

In der Sprache der Massai bedeutet Serengeti „endloses Land“

Ú Gründung: 1951 (Grenzänderungen 1959)

Der Serengeti Nationalpark ist Tansanias ältester und bekanntester

Park. 1929 wurde die zentrale Serengeti zum “Game Reserve”,

seit 1940 ist sie Schutzgebiet. Nationalparkstatus erhielt sie 1951,

wobei die Grenzen 1959 gravierend geändert wurden, der östliche

Teil des Parks entfiel (heute Ngorongoro Conservation Area),

der nördliche Teil kam neu hinzu.

Ú Status: Nationalpark, UNESCO-Weltnaturerbe

Darüber hinaus: Important Bird Area, Biodiversity Hotspot,

WWF Global 200 Ecoregion

Ú Größe Nationalpark: 14.763 km2

Der Park schützt weite Grasebenen, Savanne, bewaldete Gebiete,

Flüsse und so spezielle Lebensräume wie die aus den Ebenen

herausragenden Kopjes.

Ú Größe Ökosystem: 25.000 km2

Zusammen mit den umgebenden Schutzgebieten ist das

gesamte Serengeti-Ökosystem rund 25.000 km2 groß.

Ú Die große Migration:

Auf der Suche nach frischem Gras wandern jedes Jahr rund 1,3

Millionen Gnus, 300.000 Zebras sowie weitere 300.000 Antilopen

fast 1000 Kilometer durch das Serengeti-Ökosystem.

Ú Big Five:

Löwen, Leoparden, Elefanten, Nashörner und Büffel gelten als die

„Big Five“. Sie sind genauso in der Serengeti heimisch wie Geparden,

Wildhunde, Flusspferde, Giraffen oder Schuppentiere.

Ú Anzahl Säugetierarten: 184

Ú Anzahl Vogelarten: 540

Ú Besucher:

2013 verzeichnete der Serengeti Nationalpark 350.000 Besucher,

etwa 150.000 davon ausländische Touristen.

SERENGETI NATIONALPARK

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SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015 SERENGETI | PROJEKTINFORMATION 2015

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Wir wollen, dass die wahrhaft wilden Naturgebiete unserer Erde

erhalten bleiben. Unzerstört und dauerhaft. Daran arbeiten wir.

Engagiert und dauerhaft. Und dafür brauchen wir Ihre Unterstützung.

Einmalig oder dauerhaft.

EIN DAUERAUFTRAG.

DIE WILDNIS IST:

WWW.ZGF.DESPENDENKONTO IBAN: DE63 5005 0201 0000 0800 02 BIC: HELADEF1822

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