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Sigrid Baringhorst · Veronika Kneip Annegret März · Johanna Niesyto Unternehmenskritische Kampagnen

Sigrid Baringhorst · Veronika Kneip Annegret März ... filetransnationale Anti-Corporate Campaigns 314 Ausblick Veronika Kneip/Johanna Niesyto 10 Zum Wandel von Medien- und Protestkulturen

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Sigrid Baringhorst · Veronika Kneip Annegret März · Johanna Niesyto

Unternehmenskritische Kampagnen

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Bürgergesellschaft und DemokratieBand 34

Herausgegeben von

Ansgar KleinRalf KleinfeldFrank NullmeierDieter RuchtHeike WalkUlrich WillemsAnnette Zimmer

Die Schriftenreihe wird unterstützt von Aktive Bürgerschaft e.V. (Berlin).

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Sigrid Baringhorst · Veronika Kneip Annegret März · Johanna Niesyto

Unternehmens-kritische KampagnenPolitischer Protest im Zeichen digitaler Kommunikation

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1. Auflage 2010

Alle Rechte vorbehalten© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010

Lektorat: Frank Schindler

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson derefür Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei-cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-531-17451-8

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

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Inhaltsverzeichnis Theorie, Hintergründe, Forschungsdesign Sigrid Baringhorst 1 Anti-Corporate Campaigning – neue mediale Gelegenheitsstrukturen

unternehmenskritischen Protests 9 Sigrid Baringhorst/Veronika Kneip/Johanna Niesyto 2 Transnationale Anti-Corporate Campaigns im Netz –

Untersuchungsdesign und erste Ergebnisse 32 Veronika Kneip/Annegret März/Johanna Niesyto 3 Kurzdarstellung der ausgewählten Kampagnen 63 Kampagnenpraxen in soziotechnischer Perspektive Veronika Kneip 4 Framing/Problemdeuten: Anti-Corporate Campaigns und

Unternehmen – Konfliktdynamik 93 Veronika Kneip 5 Framing/Problemdeuten: (Gegen-)Öffentlichkeit Online/Offline 137 Annegret März 6 Einbinden/Identität stiften: Virtualisierte kollektive Identität und

Gemeinschaft 177 Annegret März 7 Mobilisieren: Partizipation – vom ‚klassischen Aktivismus‘ zum

Cyberprotest 222

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6 Inhaltsverzeichnis

Johanna Niesyto 8 Integrieren/Vernetzen: Kampagnen im Zeichen des

Netzwerkparadigmas – ein Paradoxon 264 Johanna Niesyto 9 Integrieren/Vernetzen: Transnationale Wertschöpfungsketten –

transnationale Anti-Corporate Campaigns 314

Ausblick Veronika Kneip/Johanna Niesyto 10 Zum Wandel von Medien- und Protestkulturen –

Anti-Corporate Campaigns im internationalen Vergleich 367 Sigrid Baringhorst 11 Politik mit dem Einkaufswagen – netzbasierte Anti-Corporate

Campaigns als Ausdruck eines neuen Verständnisses des Politischen 389 Anhang 1: Interviewübersicht 399 Anhang 2: Kampagnenübersicht 403

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Theorie, Hintergründe, Forschungsdesign

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Sigrid Baringhorst

1 Anti-Corporate Campaigning – neue mediale Gelegenheitsstrukturen unternehmenskritischen Protests

1 Anti-Corporate Campaigning

Gerechtigkeit durch Konsum? Zur moralischen Aufladung des Konsums im politischen Konsumerismus „Entweder wir ändern uns oder das Klima wird sich noch schneller verändern“, so das werbliche Selbstbekenntnis zu sozialer Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit in einer Werbung von British Petrol aus dem Jahr 2007. In anderer Weise startete der Discounter Lidl, welcher sich lange Zeit mit dem schlichten Slogan „Lidl ist billig“ positionierte, eine Imageoffensive, die im Herbst 2008 in der Ausstrahlung des TV-Werbespots „Lidl lohnt sich“ gipfelte.1 Unter dem Slo-gan „Lidl Qualitätsmarken“ präsentiert der Konzern in seinen Filialen im Kas-senbereich Eigenmarken wie „Fairglobe“ und „Bioness“ und setzt damit ein Zei-chen für einen inzwischen von vielen ‚Billiganbietern‘ vollzogenen Sinneswandel – weg vom rein materialistischen Preisdiktat – hin zu normativ anspruchsvolle-ren Standards von Produktangebot und -vermittlung.

Symbolische Formen einer moralischen und politischen Aufladung kom-merzieller Werbung sind keineswegs ein werbegeschichtliches Novum. Mit mo-ralisch aufgeladenen Werbebotschaften antworten Unternehmen schon seit eini-gen Jahren auf eine von sozialen Bewegungsakteuren artikulierte Kritik an den ökologischen wie sozialen Folgen einer unregulierten kapitalistischen Wachs-tumsökonomie, die sich immer wieder an einzelnen, besonders skandalisierten Unternehmen entzündete. Die Skandalisierung von als sozial und ökologisch verantwortungslos gebrandmarkten Unternehmenspraktiken fand im Laufe der 1 Unter www.lidl-lohnt-sich.de können die entsprechenden Spots abgerufen werden (Stand: 22.09.2009). Der TV-Werbespot ist unter www.youtube.com/watch?v=ByTzbtsjhK4, die kritische Videoantwort von moehblog unter www.youtube.com/watch?v=UtYZfUHSyj8&NR=1 abrufbar (Stand: 24.10.2008).

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1980er Jahre zunehmend Resonanz in breiten Bevölkerungsschichten und führte zu einer wachsenden Sensibilisierung für vielfältige, mit der beschleunigten tech-nischen und ökonomischen Modernisierung einhergehende Risiken. Eine beson-ders sichtbare symbolische Verdichtung erfuhr die gewachsene Unternehmens-kritik in dem von vielen Unternehmen durchaus als Schock wahrgenommenen Boykott von Shell-Tankstellen im Rahmen der „Brent-Spar-Kampagne“ von 1995. Paradoxerweise minderte die vor allem nach dem Shell-Boykott zunehmende kommerzielle Moralkommunikation, in der Unternehmen den Kunden morali-sche Konsumbedenken nehmen und sich selbst als sozial verantwortlich Han-delnde inszenieren wollen, die kritischen Mahnrufe politischer Protestakteure ebenso wenig wie das schlechte Gewissen einer wachsenden Zahl reflexiv ge-wordener Konsumenten. Der Discounterboom der 1990er und die ‚Geiz-ist-geil-Welle‘ des beginnenden 21. Jahrhunderts täuschten nur darüber hinweg, dass sich jenseits des ‚Billigheimer-Massenkonsums‘ ein kritisches Konsumbewusst-sein unter einer wachsenden Zahl von Konsumenten entwickelt hat. Einzelne

Abbildung 1: Culture Jamming im Kontext der Kampagne „Mit ‚Tempo‘ in die

Armut“2

Autoren sprechen inzwischen schon von einer „Einkaufsrevolution“, in der die Konsumenten „ihre Macht“ „entdecken“ (Busse 2006), oder von einem „politi-schen Konsumerismus“ (Lamla 2006), einer Protestbewegung, die im neuen Jahr- 2 www.umwelt.org/robin-wood/german/trowa/urwaldpapier/index-tempo.htm (Stand: 23.04.2007).

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1 Anti-Corporate Campaigning 11

tausend – gefördert durch neue mediale Kommunikationsmöglichkeiten und neue transnationale soziale Vernetzungsstrategien – die Versprechungen kom-merzieller Markenstrategien mittels „Culture Jamming“3 symbolisch aufgreift, verfremdet und in einer umfassenden, ökologische und soziale Ziele verbinden-den, gesellschaftskritischen neuen Form von Protestpolitik integriert.

Konsumeristische, den Konsumenten als Bürger ansprechende Protestkam-pagnen skandalisieren eine Vielzahl unternehmerischer Normverletzungen. Nicht selten geht es, wie in diesem Band an Fallbeispielen genauer erläutert, um als sozial ungerecht empfundene Handels- und Produktionspraxen ganzer Bran-chen wie etwa in der „Blumenkampagne“, der „Bananenkampagne“, der Kam-pagne „fair spielt“ (Spielzeughersteller) oder der „Kampagne für Saubere Klei-dung“. Oft geht es auch um die Verletzung von Normen nachhaltiger Nah-rungsmittelproduktion – z.B. in der sich unter anderem gegen Bayer und Mon-santo richtenden „Kampagne gegen GenFood“ der Coordination gegen Bayer-Gefahren – oder um die Verletzung tierrechtlicher Normen, wie in den von un-terschiedlichen Tierschutzorganisationen lancierten Anti-Pelz-Kampagnen. Häu-fig wird gezielt ein bekanntes Unternehmen exemplarisch herausgegriffen und an den Pranger einer kritischen Öffentlichkeit gestellt: So etwa in den von den Mas-senmedien breit kommentierten Kampagnen gegen die Discounter Schlecker, Lidl und Aldi, in denen als unfair skandalisierte Arbeitsbedingungen in Deutschland wie auch in anderen Produktionsländern bloßgestellt werden.4 Weitere unter-nehmenskritische Kampagnen richten sich gegen umweltschädliche Produktions-folgen wie z.B. die von Robin Wood gegen Procter & Gamble geführte Kampagne „Mit ‚Tempo‘ in die Armut“. Wieder andere kritisieren die Beteiligung von Un-ternehmen an Menschenrechtsverletzungen, wie etwa die von einem breiten Bündnis von Menschenrechts-Nichtregierungsorganisationen gestützte Kampa-gne „Deportation Class“, die sich gegen die Durchführung von Abschiebungsflü-gen durch die Fluggesellschaft Lufthansa richtete.

Protestaktionen des gegenwärtigen politischen Konsumerismus5 sind im Allgemeinen, so eine These dieses Bandes, weniger kollektivistisch als Protest-mobilisierungen früherer sozialer Bewegungen. Unterstützungshandlungen wie

3 Culture Jamming ist für Michele Micheletti „[…] the most flamboyant and contentious of political con-sumerist discursive activities. […] Culture jamming aims at co-opting, hacking, mocking, and re-contex-tualizing corporate messages to discuss the problematic nature of consumer society and to encourage consumers to rethink their consumption practices“ (Micheletti 2004: 14-15). 4 Die Kritik an den Unternehmen Schlecker und Lidl wurde von der ARD zudem jenseits von Nachrich-tenformaten in einem Tatort zum Gegenstand gesellschaftskritischer Auseinandersetzung (Tatort „Kas-sensturz“; ausgestrahlt am 01.02.2009). 5 Zur historischen Entwicklung vgl. z.B. Vogel (2004) und Cohen (2003: 345-398).

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das Schreiben standardisierter elektronischer Protestbriefe an skandalisierte Un-ternehmen oder der Boykott bzw. Buykott6 bestimmter Produkte und Firmen sind einfach in die alltägliche Einkaufspraxis zu integrieren. Sie folgen einem allgemeinen Trend zur Individualisierung und ‚Veralltäglichung‘ politischen Protests; Tendenzen, die nach Dieter Rucht (2003) charakteristisch sind für einen allgemeinen Wandel von Protestkulturen in den letzten Jahrzehnten. Die gerin-gen Kosten und Hemmschwellen der politischen Beteiligung an einer „Politik mit dem Einkaufswagen“ (Baringhorst et al. 2007a) helfen Free-Rider-Aktionen, so-wie aber auch ein Burn-Out unter den Aktivisten zu verhindern. Die Kopplung der Bürgerrolle an den Konsumentenstatus spiegelt zudem den für die Entwick-lung politischer Partizipation allgemein gültigen Trend eines Rückzugs vom öffentlichen ins private Leben wider. Lebensstilfragen werden politisch aufgela-den – W. Lance Bennett spricht in dem Zusammenhang mit Bezug auf Anthony Giddens und Ulrich Beck zu Recht von „lifestyle politics“ (Bennett 1998). Im politischen Konsum, verstanden als Ausrichtung individueller Konsumentschei-dungen an Zielen der Veränderung gesellschaftlicher und politischer Missstände, verschwimmt die Trennlinie zwischen öffentlicher und privater Sphäre (Michelet-ti 2003: 24).

Unternehmenskritische Kampagnen versuchen oft Druck aufzubauen durch die Mobilisierung der politischen und gesellschaftlichen Macht von Verbrau-chern. Diese Mobilisierung von Verbrauchern als Protestakteure wird ermöglicht und begünstigt durch strukturelle politische und ökonomische Transformations-prozesse, auf die weiter unten eingegangen wird, sowie durch lebensweltliche, sich im individuellen Markenbewusstsein und in individuellen Konsumpräferen-zen niederschlagenden sozialen und kulturellen Veränderungsprozessen. Dass es sich beim „Shopping for a Better World“7 nicht mehr nur um ein mediales Ni-schenphänomen genussfeindlicher Moralisten, verantwortungsbewusster Chris-ten und Ökologen handelt, belegt die Verbreitung des Phänomens des Lohas („Lifestyle of Health and Sustainability“; Lebensstil der Gesundheit und Nachhal-tigkeit) und des Lovos („Lifestyle of Voluntary Simplicity“; Lebensstil der freiwil-ligen Einfachheit) sowie die zunehmende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema des gerechten Konsums (z.B. Koslowski/Priddat 2006; Littler 2008).

6 Während Boykott den bewussten Nicht-Kauf bestimmter Produkte oder Marken bezeichnet, wird unter Buykott der bewusste Kauf (z.B. von fair gehandelten Produkten) verstanden. 7 So der Titel eines amerikanischen Consumer Guides (Schoenheit 2007: 211). Vgl. für den deutschspra-chigen Raum auch den Einkaufsführer von Fred Grimm mit dem ähnlichen Titel „Shopping hilft die Welt verbessern. Der andere Einkaufsführer“ (Grimm 2006).

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Belegt werden kann die These vom Trend zum politischen Konsum durch Verweis auf die Umsatzentwicklung von Fair Trade- und Bio-Lebensmitteln in Deutschland. Beide Produktgruppen zeigen erstaunliche und im Vergleich zum konventionellen Lebensmittelhandel weit überdurchschnittliche Wachstumsra-ten.8 Nach optimistischen Schätzungen ist es durchaus möglich, dass der Markt-anteil von Bio – wie von fair gehandeltem und den Prinzipien der Nachhaltigkeit folgendem Konsum – bis 2020 auf einen dreißigprozentigen Marktanteil anstei-gen könnte (Ernst & Young 2007). Eine von der Wirtschafts- und Steuerbera-tungsgesellschaft Ernst & Young AG in Auftrag gegebene Befragung von 1.000 Verbrauchern, 24 Handelsunternehmen und 14 Lebensmittelproduzenten unter-streicht das Drohpotenzial, das Konsumenten aus ihrer prinzipiellen „Exit-Option“ (Hirschman) erwächst. Markenloyalität scheint danach ein rares Gut zu werden; schon gegenwärtig zeigt ein großer Prozentsatz von Kunden eine hohe moralisch begründete Wechselbereitschaft:

„Gut 75% der Befragten würden die Marke zugunsten eines entsprechenden Bio-Produkts und 56% zugunsten eines besseren Bioangebots den Händler wechseln. Aber nur bei 44% der Befragten ist der Wunsch nach einem umfassenderen Fairtrade-Produktangebot so stark, dass sie deshalb zu einem anderen Händler gehen würden. […] Extremer ausgeprägt ist die Wechselbereitschaft, wenn bekannt würde, dass der Produzent Kinder beschäftigt, Arbeitsbedingungen schafft, welche die Gesundheit schädigen, seine Mitarbeiter diskriminiert, Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen beschäf-tigt, natürliche Ressourcen verschwendet, die Umwelt vergiftet oder keinen Wert auf Artenschutz legt. Zwischen 88,4% und 94,5% der Verbraucher würde wegen aufge-deckter Skandale zu diesen Themen die Marke wechseln. Für ein umfassendes Wa-renangebot aus garantiert nachhaltiger Produktion bekundeten 77% der Verbraucher die Bereitschaft, den Händler zu wechseln. Das Gleiche gilt für die Beachtung ethi-scher Grundsätze“ (Ernst & Young 2007: 6).

Fragt man nach den Motiven der Verbraucher, Konsumhandlungen moralisch und politisch aufzuladen, so ergeben sich jenseits rein altruistischer Motive zahl-reiche Vorteile für den Einzelnen: Häufig genannt werden kulturelle Distinkti-ons- und Reputationsgewinne (Jäckel 2004: 14; Priddat 2006; Schoenheit 2007). Zudem sind die Opportunitätskosten gering, da z.B. für boykottierte Produkte in der Regel genügend Alternativen zur Verfügung stehen (Baringhorst 1998) und der Grad der individuellen Verbindlichkeit der Beteiligung an konsumeristischen

8 Abgesehen von 2003 lagen die Wachstumsraten der Bio-Branche in den Jahren 2000 bis 2006 stets im zweistelligen Bereich. Zwar ist der Bio-Markt mit 4,6 Mrd. Euro noch klein, doch erscheint sein Wachs-tumspotenzial als außerordentlich hoch (Ernst & Young 2007).

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Protesten als niedrig einzustufen ist. Attraktiv für den Einzelnen ist jedoch ver-mutlich auch die mit der Privatisierung des Politischen im politischen Konsum einhergehende Möglichkeit, komplexe globale Prozesse mit einfachen und kon-kreten lokalen Protesthandlungen zu verknüpfen.

Strukturelle Ursachen einer unternehmenskritischen konsumeristischen Protestpolitik Prozesse der Veralltäglichung und Privatisierung von Protest – im Sinne der moralischen und politischen Aufladung individuellen Konsumverhaltens – bil-den die lebensweltlichen Grundlagen einer oft unternehmenskritisch artikulier-ten konsumeristischen Protestpolitik. Die skizzierten lebensweltlichen Verände-rungen erklären die Zunahme einer die Macht von Konsumenten mobilisieren-den neuen Form der Protestpolitik nur im Zusammenhang mit grundlegenden politischen, ökonomischen und medialen Strukturveränderungen. Diese struktu-rellen Wandlungsprozesse ermöglichen und befördern soziale Veränderungen auf der Ebene individuellen Konsum- und Protestverhaltens, zugleich sind sie aber auch selbst, dem strukturationstheoretischen Ansatz von Anthony Giddens (1984) folgend, als Folgen sozialer Handlungsprozesse zu begreifen. Strukturen sind demnach sowohl Medien als auch Ergebnisse sozialen Handelns. Akteure beziehen sich in ihren Handlungen auf gegebene Strukturen und (re)produzieren sie dadurch. Politischer Protest im Allgemeinen sowie unternehmens- und marktkritische Kampagnen im Besonderen werden in sozialen und politischen Praxen konstituiert und artikuliert, in denen gesellschaftliche und politische Insti-tutionen und Strukturen auf der einen und die Aktionen und Interaktionen der Akteure auf der anderen Seite wechselseitig aufeinander bezogen sind.

Zu unterscheiden ist hinsichtlich der strukturellen Veränderungen, die den gesellschaftlichen und politischen Einfluss von Verbrauchern und damit ver-knüpft die Mobilisierung durch transnationale Anti-Corporate Campaigns be-günstigt haben, zwischen politischen, ökonomischen und – wie im Rahmen die-ses Bandes besonders untersucht wird – medialen Strukturveränderungen.

Politische Gelegenheitsstrukturen Politische Gelegenheitsfaktoren für die Mobilisierung von Verbrauchermacht resultieren vor allem aus der Entstehung neuer Governance-Strukturen. Mit der

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Überlagerung nationalstaatlicher Interventionsstrukturen durch eine mehrdi-mensionale „Global-Governance-Architektur“ (Messner/Nuscheler 1997) werden politische Probleme auf verschiedenen territorialen Ebenen, in unterschiedlichen funktionalen Sektoren und in jeweils unterschiedlichen Akteurskonstellationen thematisiert und mit unterschiedlicher Verbindlichkeit geregelt (Schuppert/Zürn 2008; Behrens 2005). In den Arbeiten zur Global Governance wird zivilgesell-schaftlichen Akteuren wie vor allem transnationalen Nichtregierungsorganisatio-nen in der globalen Kooperationspolitik eine wachsende Bedeutung beigemessen. Indikatoren für den zunehmenden Einfluss dieser Organisationen sind der quan-titative Anstieg von transnationalen Nichtregierungsorganisationen in den letz-ten Jahrzehnten (Anheier/Hagai 2003) sowie ihre zunehmende Konsultation in grenzüberschreitenden Problemfeldern, die nicht zum Kernbereich nationalstaat-lichen Handelns gehören wie z.B. Umweltpolitik oder Menschenrechtspolitik (Glasius et al. 2006: 414; Curbach 2003: 20-21). Nichtregierungsorganisationen wird dabei zuweilen – wenn auch in den letzten Jahren zunehmend kritisch kommentiert – die Funktion eines zivilen Weltgewissens zugewiesen (z.B. Beck 2002). Durch medienwirksame Thematisierung von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltproblemen kann es ihnen, wie auch einige in diesem Band darge-stellte Kampagnen belegen, durchaus gelingen, für skandalisierte Protestanlässe im nationalen wie transnationalen Raum Öffentlichkeit zu erzeugen und dadurch nationale Regierungen oder transnationale Konzerne unter Druck zu setzen. Insbesondere durch die Einbeziehung in transnationale Akteursnetzwerke sind auch für transnationale Nichtregierungsorganisationen, die durch das Mittel der Konsumentenmobilisierung auf sich aufmerksam machen, neue Partizipations-chancen entstanden. Eine Sanktionsmacht gegenüber transnational agierenden Unternehmen entfalten Anti-Corporate Campaigns vor allem dann, wenn sie sich gegen reputationsanfällige Unternehmen wenden, d.h. Unternehmen mit bekann-tem Markennamen bzw. bekannten Markenprodukten. Durch eine Mobilisierung von kritischen Konsumenten als Bürger (Consumer Citizens) vermögen solche unternehmenskritischen Kampagnen nicht nur, wie oben erwähnt, die Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre im Sinne einer Politisierung privaten Handelns aufzuheben. Ein weiteres Geheimnis ihres Erfolgs liegt darin, dass sie angesichts der beschleunigten Entgrenzung wirtschaftlicher Räume konkrete Anknüpfungspunkte für die Bürger bieten, ihren lokalen Konsum mit einem globalisierten Marktgeschehen zu verbinden.

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Ökonomische Gelegenheitsstrukturen Ein wesentlicher struktureller Bedingungsfaktor für die Entstehung unterneh-menskritischen konsumeristischen Protests ist der mit Prozessen der ökonomi-schen Globalisierung einhergehende Machtzuwachs transnationaler Unterneh-men. Mit ihrer Exit-Option können transnationale Konzerne nationale Regierun-gen unter Druck setzen, steuerliche Belastungen zu reduzieren. Gerade weil zent-rale Fragen zur Gestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens und Überlebens in die subpolitischen Sphären unternehmerischer Entscheidungen abgewandert sind und Prozesse der politischen Transnationalisierung nicht mit den beschleu-nigten Prozessen der ökonomischen Globalisierung Schritt zu halten vermögen, sind Unternehmen zu zentralen Adressaten transnationalen wie nationalen poli-tischen Protests geworden. Dies gilt insbesondere für bekannte Markenfirmen, die aufgrund ihrer Markenkommunikation besondere gesellschaftliche Sichtbar-keit besitzen. Ihre große Bekanntheit bietet ihnen den Marktvorteil erhöhter Re-putation, sie bedeutet jedoch auch zugleich das erhöhte Risiko von Imagever-lusten. Auf moralische Skandalisierungen antworten Unternehmen, wie im Kon-text der Untersuchung der Konfliktdynamik ausgewählter unternehmenskriti-scher Kampagnen in diesem Band näher analysiert wird, durch eine Vielzahl von Gegenstrategien und -maßnahmen. Häufig reagieren sie mit einer verstärkten Moralkommunikation: sei es durch sogenanntes Greenwashing in der Unterneh-mens- oder Produktwerbung oder durch die Zusammenarbeit mit einzelnen Nichtregierungsorganisationen im Rahmen von entwickelten Konzepten der Cor-porate Social Responsibility. Das angestrebte Ziel einer dauerhaften moralischen Exkulpierung verfehlen die unternehmerischen Selbstinszenierungen gesell-schaftlicher Verantwortung jedoch oftmals. Nicht selten bieten sie nur eine weite-re Legitimationsgrundlage für Protestakteure, die die augenfälligen Diskrepan-zen zwischen unternehmerischem Selbst- und Fremdbild zum Ausgangspunkt ihrer Kritik nehmen.

Aufgrund der zunehmenden Deregulierung und Flexibilisierung der Ar-beitsbedingungen verlieren nationale Gewerkschaften an Einfluss auf die Ar-beitsbeziehungen. Im Gegensatz zu transnationalen Unternehmen können Ar-beitnehmer nur im Ausnahmefall von ihrer Exit-Option Gebrauch machen. Nur die wirklich gesuchten, in der Regel hoch qualifizierten Arbeitskräfte, können durch Abwanderungsdrohungen Arbeitgeber unter Druck setzen und Verhal-tensänderungen erzwingen. Demgegenüber scheinen Verbraucher angesichts der Fülle des Angebots von in der Regel gleichwertigen Waren und Dienstleistungen eher in der Lage zu sein, soziales und politisches Gegenmachtpotenzial zu entfal-

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1 Anti-Corporate Campaigning 17

ten. So wie Unternehmen ihre Macht aus der Drohung der Verlagerung von Pro-duktionsstätten ins Ausland ziehen, basiert die Macht der Verbraucher auf ihrer in nicht monopolisierten Märkten grundsätzlich bestehenden Chance, gleiche oder ähnliche Produkte vergleichbarer Qualität von einem anderen Anbieter beziehen zu können. Während die fortschreitende ökonomische Globalisierung die klassischen Marktinterventionschancen der Nationalstaaten vermindert, ent-stehen, wie Margaret Scammell die veränderte politische Steuerungsbilanz zu-sammenfasst, neue Optionen der politischen Regulierung in der gesellschaftli-chen Selbstregulierung durch Verbrauchermacht: „Just as globalization squeezes orthodox avenues for politics, through the state and organized labour, so new ones are being prized open, in consumer power“ (Scammell 2000: 352). Wenig wissen wir jedoch bisher darüber, wie die strukturell sich eröffnenden Chancen, durch die Mobilisierung von Consumer Citizens politische Steuerungsdefizite zu kompensieren, faktisch genutzt werden und wirken. Während inzwischen für den US-amerikanischen (Manheim 2001; Bennett 2004) und den schwedischen Raum (Micheletti 2003; 2004) wichtige Studien vorliegen, ist die Untersuchung der Mobilisierung von kritischen Verbrauchern in ihrer Bürgerrolle für den deutschsprachigen Raum noch weitgehend ein Desiderat der Forschung. Zum Abbau dieses Defizits will der vorliegende Band in seiner explorativen Untersu-chung ausgewählter transnationaler netzbasierter Anti-Corporate Campaigns einen Beitrag leisten. Dabei wird ein besonderer Akzent auf die Erforschung der Nutzung neuer netzbasierter Medientechniken für unterschiedliche soziale und kulturelle Praxen unternehmenskritischer Kampagnen gelegt.

Mediale Gelegenheitsstrukturen Inwiefern das Internet neben den genannten ökonomischen und politischen Strukturen eine mediale „opportunity structure“ (Tarrow 1998) für konsumeristi-schen Protest darstellt, wurde im Rahmen eines von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft geförderten Projekts zum Thema „Protest- und Medienkulturen im Umbruch“ an der Universität Siegen untersucht. Wesentliche Ergebnisse dieses als Teilprojekt des Sonderforschungsbereich/Forschungskolleg 615 „Medienum-brüche“ durchgeführten Projekts bilden die Grundlage für die Kampagnenanaly-sen dieses Bandes.9

9 Vgl. auch die Website des Projekts: www.protest-cultures.uni-siegen.de.

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Mediale Gelegenheitsstrukturen sind dabei abzugrenzen von sogenannten „diskursiven Gelegenheitsstrukturen“ (Koopmans/Stratham 1999), welche das Augenmerk auf den Einfluss massenmedialer Diskurse auf die kommunikativen Handlungen sozialer Bewegungsakteure legen. Ruud Koopmans und Paul Strat-ham gehen mit ihrem Konzept diskursiver Gelegenheitsstrukturen davon aus, dass Mediendiskurse sowohl Quelle strategischer Informationen sind, auf denen spätere Entscheidungen von Bewegungsakteuren basieren, als auch einen Reso-nanzboden für die Evaluation von Strategien bilden, welche wiederum zukünfti-ge Handlungen vorbereiten (ebd.). Mediale Gelegenheitsstrukturen beziehen sich weniger auf die inhaltliche Ebene, sondern setzen eher an der strukturellen Frage an, wie sich veränderte Konstellationen von Medienensembles durch die Einfüh-rung neuer Medien auf die Kommunikation und Organisation sozialer Bewe-gungsakteure auswirkt. Folgt man den gängigen Annahmen der Literatur, so hat die Entwicklung und Verbreitung von neuen Informations- und Kommunikati-onstechnologien, die Marktbeziehungen zwischen Anbietern und Verbrauchern wesentlich zugunsten der Konsumenten gestärkt. Insbesondere das Internet, so die weit verbreitete These (Scammell 2003; Arvidsson 2006; Bennett 2003a), bietet neue, effiziente Möglichkeiten der kollektiven Wissensproduktion und ortsunge-bundenen Gemeinschaftsbildung sowie auch für die Suche nach Informationen aller Art (Baringhorst 2007). Aufgrund seiner geringen Transaktionskosten, der Ortsungebundenheit der Kommunikation und des erleichterten Zugangs zu marktbezogenen Informationen habe das Internet, so Adam Arvidsson (2006: 103), die Wirtschaftsmacht von Verbrauchern im Verhältnis zu Waren- und Dienstleistungsanbietern deutlich gestärkt. John Hagel und Arthur G. Armstrong, zwei Unternehmensberater von McKinsey, schilderten diesen Wandel schon in den 1990er Jahren geradezu als Umkehrung der herrschenden Marktbeziehungen und -dynamik:

„In their relationships with customers, vendors have long held the upper hand. This has to do with information. Access to information is a key determinant of bargaining power in any commercial transaction. If one party gains access to more information, that party tends to be able to extract more value from transactions than a party with access to less information. In most markets today, vendors are armed with comparati-vely more information than their customers. […] Virtual communities are likely to turn these market dynamics upside down by creating ‚reverse markets‘ – markets in which the customer armed with a growing amount of information, uses that informa-tion to search out vendors offering the best combination of quality and price tailored to his or her individual need“ (Hagel/Armstrong 1997: 17).

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1 Anti-Corporate Campaigning 19

Ähnlich argumentierend beschrieb die britische politische Kommunikationsex-pertin Margaret Scammell die Auswirkungen des Internets auf die Entstehung des politischen Konsumerismus als „re-writing the rules of the marketplace“:

„It is democratising the information environment, transforming what Kotler calls the ‚asymmetry‘ between sellers and customers. Sellers typically have had greater access to and control of market information and could effectively set the terms, while costu-mers mostly relied on shortcuts such as brand recognition, reputation and consumer advice media. The Internet now allows buyers to compare prices and product attrib-utes in minutes, facilitated by consumer information websites“ (Scammell 2003: 120).

Gleichzeitig, so ihre Argumentation, werden dem Verbraucher erheblich mehr Auswahlmöglichkeiten geboten. „Digital deregulated markets lower the costs of entry for new producers and substantially reduce, or make irrelevant, barriers of time and space“ (ebd.). Während nun mediale Gelegenheitsstrukturen beschrie-ben wurden, ist in einem weiteren Schritt danach zu fragen, wie diese sich auf die Formierung politischen Protests auswirken.

Kampagnenförmigkeit politischen Protests und medialer Wandel Während die Auswirkungen politischer, sozialer und ökonomischer Verände-rungsprozesse auf Entstehung und Verlauf sozialer Bewegungen vielfältig unter-sucht wurden, ist der Konnex zwischen Medienwandel und sozialen Bewegun-gen noch immer in vieler Hinsicht ein Desiderat der Forschung. Dies verwundert umso mehr, als die außerordentliche Bedeutung von Medien für die erfolgreiche Mobilisierung politischen Protests weitgehend unstrittig ist. „A movement that does not make it into the media is non-existent“, so Joachim Raschke10 (zit. nach Rucht 2004: 29). Die absolute Behauptung der Abhängigkeit von sozialen Bewe-gungen von massenmedialer Resonanz mag übertrieben sein, da es, wie Dieter Rucht zurecht hervorgehoben hat, durchaus auch Protestgruppen gibt, die sich bewusst einer Anpassung an massenmediale Filter durch weitgehende Medien-abstinenz zu entziehen vermögen und allein auf die Generierung einer „alterna-tiven Öffentlichkeit“ oder „Gegenöffentlichkeit“ zielen (Rucht 2004). Diese beiden Begriffe werden in der Literatur häufig synonym verwendet. Sinnvoll scheint jedoch eine begriffliche Systematisierung nach der „Gegenöffentlichkeiten“ als

10 Vermutlich formuliert in Anlehnung an die bekannte Äußerung von Lyndon B. Johnson zur Medien-abhängigkeit der Politik: „If it didn’t happen in the evening news it didn’t happen“.

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Netzwerke kritischer Teilöffentlichkeiten verstanden werden, die sich in Reaktion auf wahrgenommene Defizite massenmedial vermittelter Öffentlichkeit formie-ren. Ihr Ziel besteht darin, auf Probleme und Meinungen hinzuweisen, die in den Massenmedien nicht oder nur wenig beachtet werden, obwohl sie von den Pro-testakteuren als für die Allgemeinheit bedeutsam betrachtet werden. Grundsätz-lich können Gegenöffentlichkeiten durch zwei unterschiedliche Öffentlichkeits-strategien hergestellt werden: zum einen durch die Schaffung autonomer oder ‚alternativer‘ Medien, zum anderen durch an massenmediale Nachrichtenfilter angepasste Handlungsformen, wie vor allem durch spektakuläre, kampagnen-förmige Inszenierungen von Protestaktionen. Im ersten Fall kann Gegenöffent-lichkeit als „alternative Teilöffentlichkeit“, im zweiten Fall als „Kampagnenöf-fentlichkeit“ beschrieben werden (Plake et al. 2001: 25).11

Wollen Protestakteure jedoch über eine reine Selbstverständigung in alterna-tiven Medien hinausgehend gesellschaftliche und politische Veränderungen bewirken, müssen sie Anschlusskommunikation im politischen System oder unter gesellschaftlichen und ökonomischen Eliten erzeugen. Wollen sie andere auf ihre Anliegen aufmerksam machen und von ihren Forderungen überzeugen, so sind sie gezwungen, nicht (nur) expressiv, d.h. im Sinne der individuellen und kollektiven Selbstäußerung, sondern auch strategisch zu handeln, d.h. im Sinne der gezielten Ausrichtung von kommunizierten Problemdeutungen und kollekti-ven Aktionen auf die Erzeugung von Resonanz in der politischen Öffentlichkeit (Baringhorst 2009b). Da Protestakteure im Gegensatz zu etablierten politischen Akteuren selbst von relevanten Entscheidungsprozessen ausgeschlossen sind, sind sie mehr noch als die Angehörigen der „politischen Klasse“ (von Beyme) gezwungen, für ihre Thematisierung von Kritik und Widerspruch öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung zu gewinnen.

Politische Öffentlichkeit zu erzeugen, bedeutet in modernen Gesellschaften vor allem massenmediale Aufmerksamkeit für politische Themen zu generieren. Dies ist jedoch im Zuge der Kommerzialisierung des Mediensystems und ange-sichts der rapide gestiegenen Zahl konkurrierender Medienangebote seit Mitte der 1980er Jahre immer schwieriger geworden. Insbesondere die Privatisierung des Fernsehens hat zu einer zunehmenden Entertainisierung und sensationsori-entierten Dramatisierung medienvermittelter politischer Kommunikation ge-führt, die nicht nur auf die Politikvermittlung etablierter politischer Akteure, sondern auch auf die Öffentlichkeitsstrategien von Protestakteuren zurückwirkte. 11 Das Spannungsverhältnis zwischen eigenproduzierten Kommunikationsartefakten und der Orientie-rung an massenmedialen Selektionslogiken wird insbesondere im Kapitel 5 „Framing/Problemdeuten: (Gegen-)Öffentlichkeit Online/Offline“ thematisiert.

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Nicht zuletzt aufgrund der veränderten medialen Rahmenbedingungen ist es nicht nur für parteipolitische Akteure, sondern auch für zivilgesellschaftliche Organisationen immer schwieriger geworden, die enger werdenden Tore mas-senmedialer Gatekeeper zu passieren.

Etablierte politische Akteure wie Protestakteure reagierten auf die Verände-rungen ihrer medialen Umwelt mit einer zunehmenden Professionalisierung und Kampagnenförmigkeit ihrer politischen Kommunikationsleistungen. In nahezu allen Bereichen des Politischen hat die kampagnenförmige Struktur öffentlicher Kommunikation zugenommen. Zivilgesellschaftliche Protestkampagnen bilden neben Wahlkampagnen, staatlichen Aufklärungskampagnen, parteiengetragenen Diffamierungskampagnen, gewerkschaftlichen Mitgliederrekrutierungskampa-gnen oder vielen anderen Typen kampagnenförmiger Kommunikation nur eine spezifische Ausformung moderner Kampagnenpolitik. Allgemein betrachtet, kön-nen Kampagnen verstanden werden als ein Komplex aufeinander abgestimmter kommunikativer und sozialer Praxen zur Erreichung eines oder mehrerer zuvor definierter Ziele bezogen auf eine zuvor definierte Zielgruppe in einem zuvor definierten Zeitraum und mit zuvor definierten Ressourcen. Sie können demnach nach ihren Zielen, Strategien, Taktiken und eingesetzten Mitteln sowie nach ihren Trägern und den anvisierten Zielgruppen differenziert werden (Baringhorst 2009a; Röttger 2006). Funktional betrachtet lassen sich als kleinster gemeinsamer Nenner aller Kampagnen drei angestrebte Ziele bestimmen; Kampagnen versuchen: Ers-tens öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen und diese auf ein besonderes Pro-blem, eine Organisation oder Person zu lenken; zweitens Glaubwürdigkeit für eine Person oder Organisation zu erzeugen; drittens kognitive, evaluative und verhaltensbezogene Veränderungen in einer Zielgruppe zu bewirken (Saxer 2006: 30-31; Bonfadelli 2004: 101).

Politische Kampagnen sind strategische Formen der Kommunikation, deren Hauptziel darin besteht, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Sie sollen nicht nur informieren, sondern auch die Akzeptanz bestimmter Prinzipien oder Akteure fördern. Häufig mobilisieren sie auch zu einer bestimmten politi-schen Handlung wie dem Wahlakt, Eintritt in eine Partei, die Spende an eine Nichtregierungsorganisation oder, wie in Protestkampagnen üblich, zur Teilnah-me an kollektiven Protestaktionen. Der angestrebte Verhaltenseffekt kann in einer einmaligen Handlung bestehen. Angestrebt sind jedoch in der Regel längerfristige Verhaltensänderungs- und Sozialisationseffekte (Swanson/Mancini 1996).12 So 12 Information, Persuasion und Sozialisation sind nach Swanson und Mancini die zentralen Aspekte der kampagnenförmigen Mobilisierung: „[…] while information assumes a ready-made consensus that can be activated by tapping upon shared interests grievances and habitus, the persuasive and socializing

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zielen die in diesem Band diskutierten Kampagnen zum Beispiel auf eine Sensibi-lisierung für die Verletzung von Menschenrechten in der globalen Textilprodukti-on oder eine Bewusstmachung der unkalkulierbaren Folgen genverändernder Eingriffe in die Nahrungskette und eine mit der Bewusstseinsbildung erhoffte Veränderung individuellen Konsumverhaltens.

Kampagnen, die von zivilgesellschaftlichen Akteuren geführt werden, de-cken oft das gesamte Spektrum möglicher Kampagnenziele ab. Sie enthalten Elemente von Informations- und Aufklärungskampagnen, von Imagekampagnen zur Verbesserung der Reputation der sie tragenden Nichtregierungsorganisatio-nen aber vor allem auch von Aktionskampagnen zur Erzeugung öffentlichen Drucks. Da sie zudem auf gesellschaftliche Inklusionseffekte zielen und Solidari-tät zur Unterstützung bestimmter moralischer Prinzipien wie soziale Gerechtig-keit oder Menschenrechte mobilisieren, weisen sie in der Regel auch Elemente von Solidaritätskampagnen auf.

Die Anpassung zivilgesellschaftlicher Organisationen an veränderte mediale Rahmenbedingungen hat wesentlich zur Professionalisierung von Protestkam-pagnen beigetragen. Dieser in Arbeiten zur Öffentlichkeitsarbeit von Nichtregie-rungsorganisationen dokumentierte Prozess (z.B. Neidhardt 1994; Schmitt-Beck 2001; Voss 2007; Vowe 2006) lässt sich auch, wie ein Vergleich zwischen der „Ent-eignet Springer“-Kampagne von 1968 und der „Brent-Spar-Kampagne“ von 1995 zeigt, hinsichtlich der Veränderung unternehmenskritischer Kampagnen in Deutschland nachweisen (Baringhorst et al. 2007b). So stand die Kampagne gegen Springer noch deutlich im Zeichen einer auf diskursive Verständigung ausgerich-teten universitären Versammlungsöffentlichkeit sowie einer durch Demonstrati-onen und Flugblattdistribution erzeugten Straßenöffentlichkeit. In dieser bildete das Flugblatt das Leitmedium der intendierten Erzeugung einer „aufklärenden Gegenöffentlichkeit“13.

Mit der Ausrichtung von Protestaktionen an den Nachrichtenfaktoren eines kommerzialisierten Mediensystems ändert sich in den 1980er Jahren die Organi-sation und Ausrichtung kampagnenförmigen Protests grundlegend. Die Einfüh-rung des Privatfernsehens begünstigte eine zunehmende Ausdifferenzierung und

patterns deal with the construction of issues, purposes, interests and preferences. In the case of persua-sion, mobilization is about the explicit, supplementary efforts to convince individuals to become active by giving them good reasons to join a good cause. […] Finally socialisation is proposed as a process through which mobilization generates and reproduces its own conditions: shared commitments, prefer-ences, interests and identities“ (Swanson/Mancini 1996: 53). 13 „Resolution zum Kampf gegen Manipulation und für die Demokratisierung der Öffentlichkeit“ (zit. nach Miermeister/Staadt 1980: 141).

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Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit von Protestakteuren sowie eine zunehmende Ausrichtung von Protestaktionen am Sensationalismus massenme-dialer Berichterstattung. Damit erhält in der Kampagnenpolitik von Protestakteu-ren die strategische, auf Persuasion eines Massenpublikums zielende Dimension von Kommunikation Vorrang gegenüber der auf möglichst authentische Selbst-äußerung zielenden Dimension.14 Die Umweltorganisation Greenpeace im All-gemeinen wie die „Brent-Spar-Kampagne“ im Besonderen gelten zu Recht als Paradebeispiele für diese Anpassung von Medienstrategien an die Selektionslo-gik kommerzieller Medien und die kampagnenförmige Inszenierung von Protest als Medienspektakel.

Abbildung 2: ‚Rainbow Warriors‘© Dave Sims/Greenpeace15

14 Als kennzeichnend für die Medienarbeit von Akteuren der neuen sozialen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre gilt die Erzeugung alternativer Öffentlichkeiten, verstanden als Schaffung eines von unabhängigen Kommunikationsräumen jenseits der als vermachtet und manipulierend kritisierten massenmedialen Öffentlichkeit. Zur Stärkung der propagierten Autonomie der Subjekte wurden selbst-bestimmte Publikationspraxen und authentische Erfahrungsberichte für ein alternatives, bewegungsna-hes Publikum gefordert (Stamm 1988). Mit der seit Ende der 1970er Jahre zunehmenden Institutionalisie-rung von Bewegungspolitik verliert diese Authentizität bewegungsinterner Verständigungsprozesse im Rahmen der Medienarbeit von Protestakteuren jedoch an Bedeutung. 15 www.greenpeace.de/themen/oel/brent_spar (Stand: 10.03.2006).

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Wie nun, so die Kernfrage dieses Bandes, verändert sich kampagnenförmige Protestkommunikation durch den Medienumbruch von analogen zu digitalen Medientechnologien und den damit verbundenen Veränderungen der Medien-produktion und -rezeption? Da die erfolgreiche Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung das allen Teilzielen einer Kampagne übergeordnete Leitziel bildet, gilt der Frage nach den Rückwirkungen der Einführung des Internets auf die kampagnenförmige Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit für bisher ver-nachlässigte Protestthemen (Issues) bzw. für bisher vernachlässigte oder verzerr-te Sichtweisen bekannter Themen unser besonderes Forschungsinteresse. Wenn dabei nach den Auswirkungen komplexer Online-/Offline-Relationen auf Pro-testakteure und ihre Kommunikations- und Handlungsstrategien gefragt wird, gehen wir jedoch nicht von einer einseitigen Abhängigkeit der Protestakteure von der sie umgebenden medialen Umwelt aus. Das Verhältnis zwischen Medien- und Protestwandel ist vielschichtig und strukturationstheoretischen Annahmen folgend eher als interdependent denn als schlicht dependent zu beschreiben.

Generell bietet eine Perspektive der Interdependenz die Möglichkeit, empi-rische Phänomene wie die Abbildung bestehender sozialer Strukturen im virtuel-len Raum zu erklären, ohne gleichzeitig die Möglichkeit des Einflusses von com-putervermittelter Kommunikation auf bestehende gesellschaftliche, politische Strukturen und kulturelle Ausdrucksformen bzw. die Möglichkeit der Ausbil-dung neuer Formen zu negieren. Geht man von einer wechselseitigen Kausalität von Medienentwicklung und sozialem Wandel im Allgemeinen wie politischem Protestwandel im Besonderen aus, kann außerdem berücksichtigt werden, dass Medien Prozessen der sozialen Aneignung unterliegen. Medientheoretisch wird dabei das Internet als Medium betrachtet, welches nicht nur soziales und politi-sches Handeln beeinflusst, sondern selbst auch durch soziale und politische Handlungen und Praxen konstituiert wird:

„[Der] kognitions- und handlungstheoretisch sowie – durch das Konventionenkon-zept – zugleich sozialtheoretisch fundierte Medienbegriff integriert die klassisch ge-trennten Ebenen des individuellen Handelns und des Sozialen. Auch wird mit diesem Medienbegriff eine systematische, die funktionalen Eigenschaften von Medien als ‚Mitteln‘ theoretisierende Erweiterung des medientheoretischen Objektbereiches über kommunikative und rezeptive Handlungen hinaus möglich, nämlich um semiotische (inhaltliche und formale), sozialstrukturelle (und damit auch institutionelle, ökonomi-sche, juristische) sowie technische (infrastrukturelle und apparative) Voraussetzungen oder Bedingungen von Kommunikation und Rezeption. Diese Theoretisierungen können empirisch als kulturelle Instrumentierungen von Kommunikation und Rezep-tion begriffen werden, die historisch in enger Wechselbeziehung mit jeweiligen sozia-

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len, politischen, ökonomischen und technischen Verhältnissen entwickelt, konsolidiert und ausdifferenziert werden“ (Rusch 2007: 16).

Für den Gegenstand netzgestützter Protestkampagnen kann im Sinne der Inter-dependenz zwischen Medienwandel und Politikwandel insbesondere der Ansatz von Kirsten Foot und Steven Schneider fruchtbar gemacht werden. Unter Rück-griff auf Anthony Giddens’ Strukturationstheorie und sowie auf Orlikowskis’ Strukturationsmodell argumentieren Kirsten Foot und Steven Schneider, dass:

„[…] campaigns’ act of making on the Web reflect the electoral [resp. protest, S.B.] arena, existing organizational structures, and prior practices, and result in particular organizational and online structures. These acts of making in turn enable and con-strain actions in ways that may shape future iterations of practices – and thereby the evolution of structures – both online and offline, and at both the macro level on which Giddens focuses and the meso level addressed by both Orlikowski and Yates“ (Foot/Schneider 2006: 18).

Die „mediale Dynamik“ (Rusch) von Protestkulturen ist damit sowohl mit einem soziokulturellen Rahmen als auch mit einem Rahmen soziotechnischer Struktu-ren interdependent verbunden.

Protest im Netz – Desintermediarisierung und/oder Reintermediarisierung Zahlreiche Autoren deuten die Einführung und Verbreitung digitaler Medien, insbesondere des Internets, als Chance zur Umkehrung des Trends zur professio-nellen Kampagnenpolitik. Das Netz, so die Annahme, biete insbesondere res-sourcenarmen Akteuren – wie vor allem Protestakteuren – die Möglichkeit, die Selektionsfilter massenmedialer Gatekeeper zu umgehen. Die technische Struktur des Web 2.0 trage zu einer Desintermediarisierung der Kommunikation bei und schaffe durch Wikis, Blogs und soziale Netzwerkportale neue Anreize, die Kon-sumentenhaltung von Medienrezipienten zugunsten einer autonomen, selbstbe-stimmten Medienproduktion zu durchbrechen (z.B. Kahn/Kellner 2005; Schön-berger 2004). In einigen Arbeiten zur Netznutzung globalisierungskritischer transnationaler sozialer Bewegungen wird der sich in neuen internetgestützten Protestformen ausdrückende Trend hin zu flexibleren Netzwerkstrukturen sogar als Einflussverlust großer Bewegungsorganisationen gedeutet. Das Netz, so etwa die Annahme von W. Lance Bennett, führe zu einer Desintermediarisierung der

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Beziehungen zwischen den an Protestnetzwerken beteiligten Akteuren und er-mögliche die Erzeugung einer massenmediale Filter umgehenden egalitären Form öffentlicher Kommunikation:

„Communication in distributed networks becomes potentially transformative when networks spill outside of the control of established organizations. Networks that are not limited to the agendas of any of their members may, under the right conditions become sustainable, growing democratic organisations. […] When networks are not decisively controlled by particular organizational centers, they embody the Internet’s potential as a relatively open public sphere in which the ideas and plans of protest can be ex-changed with relative ease, speed, and global scope – all without having to depend on mass media channels for information or (at least, to some extent) for recognition. […] Indeed the potential of networked communication to facilitate leaderless and virtually anonymous communication makes it challenging to censor or subvert broadly distrib-uted communication even if it is closely monitored“ (Bennett 2003a: 147-148)16.

Die Ergebnisse unserer Untersuchung ausgewählter Anti-Corporate Campaigns im deutschsprachigen Raum können, wie weiter unten näher ausgeführt wird, diese starke These vom netzbedingten Einflussverlust großer Nichtregierungsor-ganisationen nicht bestätigen. Auch in der „Netzwerkgesellschaft“ (Castells) ist die Erzeugung massenmedialer Aufmerksamkeit noch immer ein vorrangiges Ziel politischen Protests. Auch in Bezug auf unternehmens- und marktkritische Kampagnen hängt die Generierung massenmedialer Resonanz noch immer we-sentlich von der Beteiligung bekannter Nichtregierungsorganisationen ab. Ein politisches Empowerment von Bürgern im Allgemeinen wie von Verbrauchern im Besonderen ist ohne die Watchdog- und Gatekeeperfunktion vertrauenswür-diger zivilgesellschaftlicher Organisationen nicht denkbar. Angesichts des enor-men Umfangs und des häufig ungesicherten Quellenstatus von Informationen über Produkte, Unternehmen und Branchen sind individuelle Protestakteure weiterhin darauf angewiesen, dass Nichtregierungsorganisationen diese oft un-überschaubaren Informationsmengen prüfen, nach Relevanzkriterien selektieren und ordnen. Nichtregierungsorganisationen oder zivilgesellschaftliche Aktions-bündnisse haben die Ressourcen und die Expertise, diese Funktionen zuverlässig und kontinuierlich wahrnehmen zu können (Bieber/Lamla 2005). Selbst wenn die organisatorischen Träger von Protestkampagnen Informationen, wie etwa wis-senschaftliche Gutachten oder Erfahrungsberichte von Unternehmensmitarbei-

16 Vgl. auch die Einschätzung von Redden, der davon ausgeht, dass das Internet „allows individuals and community groups to reduce the influence gap between themselves and wealthier organizations“ (Red-den 2001, zit. nach Bennett 2003b: 20).

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tern, nicht eigenständig generieren, so sind sie doch für die Bewertung, Deutung und Kommunikation dieser Informationen unverzichtbar. Axel Bruns’ Begriff des „Gatewatching“, welcher er im Kontext des partizipativen Journalismus veran-kert, ist vor diesem Hintergrund auf die Ebene intermediärer zivilgesellschaftli-cher Akteure übertragbar:

„Statt einer Bewachung der eigenen Eingangs- und Ausgangstore, die auf eine Be-schränkung des Informationsflusses abzielt (also Gatekeeping im konventionellen Sinne), beschreibt Gatewatching die Beobachtung der Ausgangstore von externen Nachrichten- und anderen Quellen mit der Absicht, wichtiges Material zu identifizie-ren, sobald es verfügbar wird“ (Bruns 2008: 7-8).

Nichtregierungsorganisationen, so ist mit James Bohman (2004; 2007) gegen die These der Desintermediarisierung der Protestkommunikation einzuwenden, tragen wesentlich zu einer gegenläufigen Tendenz der „reintermediarization“ der Netzkommunikation bei. Diese Reintermediarisierung ist funktional notwendig für den Erfolg von Protestkampagnen im Sinne der Erzeugung von Anschlussre-aktionen in Politik, Medien und Gesellschaft. Sie ist darüber hinaus eine unver-zichtbare Voraussetzung der Verhinderung einer Balkanisierung der Netzkom-munikation (z.B. Kahn/Kellner 2005; Sunstein 2007) durch zivilgesellschaftliche Akteure. Soll Protestkommunikation in transnationalen Bewegungen über die Skandalisierung einzelner Missstände hinausgehend zur Etablierung einer trans-nationalen Öffentlichkeit beitragen, bedarf es der grundlegenden Verknüpfungs- und Integrationsleitung zivilgesellschaftlicher Organisationen. Insbesondere die Websites transnationaler Kampagnen und der sie tragenden Nichtregierungsor-ganisationen und Nichtregierungsorganisationsnetzwerke fördern die Integration disparater Themenöffentlichkeiten, wie im Rahmen der Analyse der ausgewähl-ten Kampagnennetzwerke exemplarisch dargestellt wird.

Während in der Einleitung das Phänomen politischen Konsums in seinen strukturellen und lebensweltlichen Hintergründen thematisiert wurde, werden im folgenden Kapitel das Untersuchungsdesign sowie Ergebnisse einer Grobana-lyse von 109 Anti-Corporate Campaigns im deutschsprachigen Raum vorgestellt. Das darauf folgende Kapitel skizziert ausgewählte Fallbeispiele, auf welche sich die anschließende Tiefenanalyse bezieht, die entlang der im Kapitel 2 eingeführ-ten vier Untersuchungskomplexe (Framing/Problemdeuten, Einbinden/Identität stiften, Mobilisieren, Integrieren/Vernetzen) strukturiert ist. In einem abschlie-ßenden Kapitel werden sämtliche Ergebnisse zusammengefasst und reflektiert: Zudem werden hier während einer Forschungsreise gewonnene Einblicke in US-amerikanische Anti-Corporate Campaigns vorgestellt und mit dem deutschspra-

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