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Skriptum zur Vorlesung: PHYSIKALISCHE MESSTECHNIK B (Messgrößen) Kapitel B: Grundlagen Universität Paderborn Fachbereich 6 - Physik - Dozent: Prof.Dr.H.Ziegler erste Manuskriptfassung erstellt von Dr. Heiner Aulfes im Sommersemester 98 derzeitiger Stand: SS 99 –CH08

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Skriptum zur Vorlesung:

PHYSIKALISCHE MESSTECHNIK B(Messgrößen)

Kapitel B:

Grundlagen

Universität Paderborn

Fachbereich 6 - Physik -

Dozent: Prof.Dr.H.Ziegler

erste Manuskriptfassung erstellt von Dr. Heiner Aulfes im Sommersemester 98

derzeitiger Stand: SS 99 –CH08

Mess-system 2

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

B. GRUNDLAGEN ......................................................................................................4

I. MESS-SYSTEM .................................................................................................................................................41. Idealisiertes Blockschema ................................................................................................................................42. Begriffe und Definitionen ................................................................................................................................4

a) Messgröße ....................................................................................................................................................4b) Analoge Anzeige..........................................................................................................................................4c) Digitale Anzeige...........................................................................................................................................4d) Anzeigenbereich (Skalenbereich) ................................................................................................................4e) Messbereich .................................................................................................................................................5f) Unterdrückungsbereich.................................................................................................................................5g) Messwert......................................................................................................................................................5h) Genauigkeit ..................................................................................................................................................5i) Reproduzierbarkeit (Präzision) .....................................................................................................................5j) Auflösungsvermögen ....................................................................................................................................5k) Empfindlichkeit analoger Messinstrumente .................................................................................................5l) Empfindlichkeit digitaler Messinstrumente ..................................................................................................5m) Messergebnis ..............................................................................................................................................5n) Messeinrichtung...........................................................................................................................................6o) Mess-system.................................................................................................................................................6

3. Funktionsblöcke eines Mess-systems ...............................................................................................................6a) Prozess .........................................................................................................................................................6b) Messfühler, Detektor, Sensor.......................................................................................................................6c) Messumformer .............................................................................................................................................6d) Mess-signal-Übertragung.....................................................................Fehler! Textmarke nicht definiert.e) Rechenoperationen.......................................................................................................................................7f) Messwertübertragung ...................................................................................................................................7g) Anzeige ........................................................................................................................................................7

4. Fehlerbehaftete Mess-systeme..........................................................................................................................7a) Blockschaltbild ............................................................................................................................................7b) Rückwirkung, Bürde ....................................................................................................................................8c) Superponierende äußere Störungen..............................................................................................................8d) Deformierende äußere Störungen ................................................................................................................8e) Innere Störungen ..........................................................................................................................................8

5. Korrekturverfahren äußerer Störungen.............................................................................................................8a) Kontrolle der Störgrößen .............................................................................................................................8b) Korrektur des Störgrößeneinflusses .............................................................................................................8

6. Korrektur innerer Störungen ............................................................................................................................8

II. FEHLERCHARAKTERISTIKEN..................................................................................................................91. Nullpunktempfindlichkeit, Ansprechwert.........................................................................................................92. Umkehrspanne (Hysterese, Nachwirkung) .......................................................................................................9

a) Konstante Hysterese.....................................................................................................................................9b) Wertabhängige Hysterese ..........................................................................................................................10c) Vorgeschichte-abhängige Hysterese...........................................................................................................10

3. Auflösung.......................................................................................................................................................10a) Definition ...................................................................................................................................................10b) Beispiel ......................................................................................................................................................11c) Digitale Auflösung .....................................................................................................................................11

4. Nullpunktstabilität..........................................................................................................................................11a) Zeitliche Nullpunktstabilität.......................................................................................................................11b) Temperaturabhängigkeit ............................................................................................................................12

5. (Nicht)-Linearität ...........................................................................................................................................12a) Bezogen auf Soll-Endpunkte......................................................................................................................12b) Bezogen auf Ist-Endpunkte........................................................................................................................12

6. Toleranzband..................................................................................................................................................13a) Konstantes absolutes Toleranzband ...........................................................................................................13b) Konstantes relatives Toleranzband ............................................................................................................13

Mess-system 3

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

7. Güteklassen ....................................................................................................................................................13

III. MESSFEHLER UND MESSUNSICHERHEIT..........................................................................................141. Messfehler ......................................................................................................................................................14

a) Definition Fehler ........................................................................................................................................14b) Relativer Fehler..........................................................................................................................................14

2. Systematischer Fehler.....................................................................................................................................153. Zufällige Fehler ..............................................................................................................................................154. Fehlerfortpflanzung........................................................................................................................................155. Fehlerfortpflanzung bei systematischen Fehlern ............................................................................................156. Fehlerfortpflanzung bei statistischen Fehlern.................................................................................................16

IV. NORMALE ....................................................................................................................................................161. Normale und Einheiten...................................................................................................................................162. Die sieben SI-Basis-Einheiten........................................................................................................................173. Ideale Eigenschaften eines Normals...............................................................................................................184. Quanten-Normale ...........................................................................................................................................19

Mess-system 4

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B. GRUNDLAGEN

I. MESS-SYSTEM

1. Idealisiertes Blockschema

Das idealisierte Blockschema eines Mess-Systems hat folgendes charakteristisches Aussehen:

Messeinrichtung Anzeige

Normal

Messgröße xProzess(phys.Vorgang)

Abbildung B-1

Die zu einem Prozess (physikalischer Vorgang) gehörende Messgröße x wird durch die Mess-einrichtung auf die Anzeige übertragen. Der Messvorgang wird durch die Messgröße x und durch das Normal (Eichung) beeinflusst.

Störeinflüsse werden bei dieser Darstellung zunächst nicht berücksichtigt.

2. Begriffe und Definitionen

a) Messgröße

Die Messgröße ist die physikalische Größe, die durch die Messung erfasst wird, z.B. Länge, Druck, Temperatur, elektr. Widerstand.

b) Analoge Anzeige

Stand einer Marke (Zeiger) auf einer Skala.

c) Digitale Anzeige

Unter einer digitalen Anzeige ist eine reine Ziffernangabe zu verstehen.

d) Anzeigenbereich (Skalenbereich)

Bereich der Messwerte, die abgelesen werden können.

Mess-system 5

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e) Messbereich

Der Teilbereich des Anzeigebereichs, für den der Messfehler innerhalb der garantierten Feh-lergrenzen liegt.

f) Unterdrückungsbereich

Bereich von Messwerten, oberhalb deren die Anzeige beginnt.

g) Messwert

Aus der Anzeige ermittelte Wert der phys. Größe, angegeben durch Zahlenwert und Einheit.

h) Genauigkeit

Übereinstimmung mit dem wahren, genauen Wert.

i) Reproduzierbarkeit (Präzision)

Sie sagt etwas aus über die Übereinstimmung bei Wiederholungsmessungen.

j) Auflösungsvermögen

Kleinste Änderung der Messgröße, die an der Anzeige noch feststellbar ist.

k) Empfindlichkeit analoger Messinstrumente

Zeigerweg auf der Skala (in mm oder Grad) pro Einheit der Messgröße.

l) Empfindlichkeit digitaler Messinstrumente

Anzahl der Ziffernschritte pro Einheit der Messgröße.

m) Messergebnis

Im einfachsten Fall ist das Messergebnis = Messwert. Meistens wird das Ergebnis jedoch aus mehreren einzelnen Messwerten durch eine vorgegebene mathematische Beziehung gewonnen (z.B. Geschwindigkeit durch Messung von Zeit und Weg).

Mess-system 6

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n) Messeinrichtung

Gesamtheit der für die Messung benutzten Elemente: Fühler (Sensor), Verstärker, evtl. Rech-ner, Ausgabeeinheit.

o) Mess-system

Das Mess-System umfasst zusätzlich noch die Bereiche des Prozesses, die durch die Messung beeinflusst werden.

3. Funktionsblöcke eines Mess-Systems

Die Funktionsblöcke eines Mess-Systems haben folgendes Aussehen:

Abbildung B-2

a) Prozess

Der Messprozess selber steht für eine Vielzahl von physikalischen Prozessen, die gemessen werden sollen.

b) Messfühler, Detektor, Sensor

Er ist das erste Element, welches mit dem Prozess wechselwirkt. Es erfasst die Messgröße und wandelt sie in ein anderes Signal um. Beispiele: Thermoelement wandelt eine Temperaturdif-ferenz in eine elektr. Spannung um; Ein Dehnungsmess-streifen (DMS) wandelt eine Dehnung in eine elektr. Widerstandänderung um.

c) Messumformer

Der Messumformer dient zum einen der Umwandlung nichtelektrischer Größen in elektrische Größen und zum anderen der Verstärkung und Normierung schwacher Ausgangssignale z.B durch A-D-Wandler.

Mess-system 7

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d) Mess-Signal-Übertragung

Bei der Mess-Signal-Übertragung (nicht zu verwechseln mit der Messwert-Übertragung) wird das analoge, wertkontinuierliche Rohsignal (Strom. Frequenz o.ä.) übertragen.

e) Rechenoperationen

Die allgemeinen Rechenoperationen können z.B. eine Brückenschaltung sein oder ein Rech-ner. Hier wird das Mess-Signal mit einem Normal verglichen.

f) Messwertübertragung

Häufig sind Messort und Anzeige örtlich voneinander getrennt. Das Signal muss daher (stö-rungsfrei) über möglicherweise große Distanzen übertragen werden.

g) Anzeige

Die Anzeige des Messwertes kann digital oder analog, momentan direkt oder registriert erfol-gen: Ziffernanzeige, Zeigerskala, Balkenanzeige, Schreiber etc.

4. Fehlerbehaftete Mess-Systeme

Grundsätzlich ist jeder Messvorgang mit Fehlern behaftet. Bei jeder Messung muss also ge-prüft werden, welche Fehlerquellen aufgetreten sein können.

a) Blockschaltbild

dem Messvorgangsuperponiert

der Übertragungsuperponiert

Ausgabe

Rückwirkung vomEmpfänger

Messgröße

Rückwirkung

Bürde

innere Störung

Äußere Störungen

Abbildung B-3

Mess-system 8

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b) Rückwirkung, Bürde

Der Detektor (Sensor) beeinflusst prinzipiell die Messgröße. Beispiele:

• Wärmekapazität eines Thermometers

• Spannungsabfall am inneren Widerstand der Quelle bei Spannungsmessung

• Strömungssonden stören das Strömungsfeld

c) Superponierende äußere Störungen

Sie sind dem Mess-Signal additiv überlagert. Der von ihnen verursachte Fehler ist vom Mess-wert unabhängig. Beispiele: Rauschen, eingespeiste Wechselspannung.

d) Deformierende äußere Störungen

Sie beeinflussen das Übertragungsverhalten der Messeinrichtung. Der Fehler hängt vom Messwert ab. Beispiele:

• Einseitige Erwärmung einer Balkenwaage

• Temperaturmessung in einer strömenden Flüssigkeit; die Trägheit des Thermometers er-zeugt einen Fehler, der von der Änderungsgeschwindigkeit der Temperatur abhängt.

e) Innere Störungen

Treten durch Wechselwirkungen des Systems mit sich selber auf. Beispiel: Mechanische Rei-bung.

5. Korrekturverfahren äußerer Störungen

a) Kontrolle der Störgrößen

Versuch, die einwirkende Störgröße zu kontrollieren. Beispiel: (Temperatur-) Kapselung des Mess-systems.

b) Korrektur des Störgrößeneinflusses

Wenn die superponierende Störgröße eine bekannte Wirkung auf die Ausgabe hat, so lässt sie sich aus dem Messwert zum Schluss herausrechnen.

6. Korrektur innerer Störungen

Innere Störungen lassen sich nicht so einfach kompensieren, da innere Störungen sich nicht so einfach messen lassen.

Fehlercharakteristiken 9

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

Es gibt aber heutzutage schon Ansätze auch solche Störungen zu kompensieren. Beispiel: Kompensation von Hysteresen von Waagen.

II. FEHLERCHARAKTERISTIKEN

1. Nullpunktempfindlichkeit, Ansprechwert

Dieser Fehler ist dadurch gekennzeichnet, dass die Messgröße einen gewissen Mindestwert überschreiten muss, damit sich eine Anzeige ergibt:

Abbildung B-4

wobei x=Messgröße und xa =Anzeigewert.

2. Umkehrspanne (Hysterese, Nachwirkung)

Wenn bei fallenden Messgrößen andere Anzeigen als bei steigenden Messgrößen auftreten spricht man von einer Hysterese. Bei ein und dem gleichen Messwert treten also verschiedene Anzeigewerte auf. Das Mess-System ist dann nicht eindeutig.

Es gibt verschiedene Typen solcher Hysteresen, die im Folgenden dargestellt werden.

a) Konstante Hysterese

Abbildung B-5

Fehlercharakteristiken 10

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

b) Wertabhängige Hysterese

Abbildung B-6

c) Vorgeschichte-abhängige Hysterese

Abbildung B-7

3. Auflösung

a) Definition

Auflösung ist die erforderliche Änderung von der Messgröße x, um eine festgelegte Änderung ∆xa der Anzeige zu erhalten.

Fehlercharakteristiken 11

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b) Beispiel

Endliche Auflösung bei Hysterese:

Abbildung B-8

c) Digitale Auflösung

Bei digitalen Anzeigen ist die Auflösung der Ziffernschritt der letzten Stelle ( ± 1 digit):

Abbildung B-9

4. Nullpunktstabilität

Bei vielen, insbesondere elektronischen Messgeräten ist der Nullpunkt nicht stabil, er kann davon driften. Man unterscheidet zwei verschiedene Arten von Nullpunktstabilitäten:

a) Zeitliche Nullpunktstabilität

Bei der zeitlichen Nullpunktstabilität verändert sich der Nullpunkt mit der Zeit. Angegeben wird dies z.B. mit der Angabe 3mV/24h.

Fehlercharakteristiken 12

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

b) Temperaturabhängigkeit

Ändert sich der Nullpunkt linear mit der Temperatur gibt man dies z.B. mit der Angabe ( ± ) 3mV/K an.

5. (Nicht)-Linearität

Mess-Systeme, von denen man eigentlich Linearität verlangt, d.h. x xa ≈ , zeigen häufig Ab-

weichungen. Diese Abweichungen von der Linearität werden in der Literatur seltsamerweise mit Linearität bezeichnet. Sie gibt an, wie Linear das System ist. Drei verschiedene Definitio-nen werden im Folgenden dargestellt:

a) Bezogen auf Soll-Endpunkte

Hier wird die Linearität angegeben durch die maximale Abweichung von der geforderten Ge-raden in Prozent des Anzeigebereiches:

Abbildung B-10

b) Bezogen auf Ist-Endpunkte

Eine bessere Linearität wird erreicht, indem der Fehler statt auf die Soll-Endpunkte auf die Ist-Endpunkte bezogen wird:

Abbildung B-11

Fehlercharakteristiken 13

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

6. Toleranzband

Das Toleranzband ist eine andere Methode Fehlergruppen zusammengefasst darzustellen. Man unterscheidet zwei Gruppen:

a) Konstantes absolutes Toleranzband

Bei diesem ist der Fehler konstant über gesamten Anzeigenbereich:

Abbildung B-12

b) Konstantes relatives Toleranzband

Bei diesem ist der relative Fehler konstant:

Abbildung B-13

7. Güteklassen

Messgeräte werden in Güteklassen aufgeteilt, die den maximalen Fehler des Instruments in Prozent vom Endauschlag angeben.

Messfehler und Messunsicherheit 14

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

Güteklasse Fehler in % vom Skalen-

endwert

Geräteart

0,1 ± 0,1

0,2 ± 0,2 Feinmessgeräte

0,5 ± 0,5

1 ± 1

1,5 ± 1,5 Betriebsmessgeräte

2,5 ± 2,5

5 ± 5

Beispiel Voltmeter: Vollausschlag 100VGüteklasse 1,5Maximaler Fehler: 1,5% von 100V =± 1,5VDieser Fehler gilt für JEDEN Messbereich.

III. MESSFEHLER UND MESSUNSICHERHEIT

Da es keine absolut genauen Messungen gibt, gehört zu jeder sinnvollen Messung die Angabe des Messfehlers.

1. Messfehler

a) Definition Fehler

Der Fehler ist definiert als:

Fehler = Istwert - SollwertF = xa - xr

wobei xr = richtiger, wahrer Wertund xa = abgelesener Wert, fehlerbehaftet

b) Relativer Fehler

Der relative Fehler frel ist definiert als die prozentuale Angabe des Quotienten aus Fehler

und richtigem Wert:

fx x

xrela r

r=

−⋅100%

Messfehler und Messunsicherheit 15

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

2. Systematischer Fehler

Sie werden durch den Messaufbau, z.B. durch Fehler im Messgerät oder Unvollkommenheit des Messaufbaus verursacht.Sie treten auch bei Wiederholung der Messung auf.Betrag und Vorzeichen dieser Fehler bleiben zeitlich konstant.Durch Kalibration des Messgerätes sind diese Fehler eliminierbar.Auch äußere Einflussgrößen wie z.B. Temperatur, Licht, Magnetfelder, Lärm etc. können sys-tematische Fehler verursachen.Die Fehlerursache ist oft sehr schwer zu ermitteln. Oft sind es zunächst unbeachtete Neben-umstände, die zu einer systematisch falschen Messung führen.Auch die Bürdenfehler (Rückwirkung auf den Prozess) gehören zu den systematischen Feh-lern.

Das bekannteste Beispiel ist die Spannungsmessung bei Innenwiderstand Ri . Das Messergeb-nis wird dabei systematisch um − ⋅R Ii verfälscht.

3. Zufällige Fehler

Die andere Fehlergruppe beinhaltet die nicht vermeidbaren zufälligen Fehler.Sie sind zeitlich nicht konstant, d.h. die Messwerte schwanken um einen Mittelwert.Ursachen können schnell veränderliche externe Störgrößen oder innere Störgrößen (Rauschen) sein. Ein Beispiel ist das physikalische (z.B.thermodynamische) Rauschen (s. Teil A dieser Vorlesung).Aussagen über diese Fehler werden durch die statistische Datenanalyse gemacht, bei denen die Modellannahmen der Gaußverteilung die zeitliche Unkorreliertheit vorausgesetzt werden (s. Teil A).Eine Verbesserung des Messergebnisses wird durch Mittelung, Filter etc. erreicht (s.Teil A).

4. Fehlerfortpflanzung

Häufig muss aus vielen direkt gemessenen Größen xi mittels einer bekannten Systemglei-chung die Endgröße y y x x x= ( , , , )1 2 3 L berechnet werden. Wenn die einzelnen Messfehler Si der Größen xi bekannt sind, so stellt sich die Frage wie groß Sy die Streuung der Endgrö-

ße y ist. Solche Fragestellungen sind typisch bei mehrparametrigen Experimenten.

Eine Abschätzung des Gesamtfehlers aus Einzelfehlern ist das Ziel.

5. Fehlerfortpflanzung bei systematischen Fehlern

Die Bestimmung des Maximalfehlers ist aufwendig und kann nur durch explizites einsetzen aller Kombinationsmöglichkeiten errechnet werden.

Eine Alternative zur Näherung bietet die Bildung des totalen Differentialquotienten:

dyy

xdx

y

xdx=

∂∂

⋅ +∂∂

⋅ +12

2 L

Normale 16

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

der Maximalfehler kann nun durch Betragsaddition abgeschätzt werden:

dyy

xdx

y

xdx=

∂∂

⋅ +∂∂

⋅ +1

12

2 L

Werden die Größen xi in der Systemgleichung durch Produkte, Quotienten oder Potenzen mi-

teinander verknüpft, so existiert eine andere Variante. Ist die Systemgleichung beispielsweise:

y x x xn n n= ⋅ ⋅1 2 31 2 3

so wird daraus durch Bildung des Logarithmus:

ln ln ln lny n x n x n x= ⋅ + ⋅ + ⋅1 1 2 2 3 3

Daraus das totale Differential ergibt:

dy

yn

dx

xn

dx

xn

dx

x= ⋅ + ⋅ + ⋅1

1

12

2

23

3

3

Für den Maximalansatz gilt dann:

dy

yn

dx

xn

dx

xn

dx

x≤ ⋅ + ⋅ + ⋅1

1

12

2

23

3

3

6. Fehlerfortpflanzung bei statistischen Fehlern

Unter den Annahmen, dass es sich um gaußverteilte Fehler handelt, dass die Mess- und Ein-flusswerte zeitlich unkorreliert sind und das die Einflusswerte untereinander unkorreliert sind erhält man für den Fall, dass die Messwerte als Summe in die Systemgleichung eingehen ein

einfaches Fehlerfortpflanzungsgesetz. Der absolute Fehler ist proportional N (N Anzahl der

Einzelmessungen) und der relative Fehler ist proportional 1 N .

Das verallgemeinerte Fehlerfortpflanzungsgesetz lautet:

Sy

xS

y

xS

y

xSy =

∂∂

FHG

IKJ ⋅ +

∂∂

FHG

IKJ ⋅ +

∂∂

FHG

IKJ ⋅ +

1

2

12

2

2

22

3

2

32 L

wobei S die Streuung der jeweiligen Messgröße bedeutet.

IV. NORMALE

1. Normale und Einheiten

Normale sind für jeden Messvorgang von entscheidender Bedeutung, da Messen ja nichts an-deres ist, als der Vergleich mit einem Normal. Historisch gesehen waren der Begriff Normal =

Normale 17

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

Einheit. D.h. die Einheit war durch ein physikalisches Normal definiert. Beispiel: Das Kilo-gramm, bei dem die Einheit durch die Masse definiert ist.

Die Einheiten wurden willkürlich gewählt. Sie sind meist praktischer oder historischer Natur.

In diesem Jahrhundert hatte man das Ziel, die Anzahl der Einheiten auf eine Minimalzahl zu begrenzen. Dazu stellte man sich die Fragen mit wieviel verschiedenen Einheiten die Natur zu beschreiben ist, welche Einheiten voneinander abgeleitet sind und ob es naturgegebene Bezie-hungen zwischen diesen Einheiten gibt?

Man stellte fest, dass rein physikalisch weniger Einheiten gebraucht werden als praktisch (messtechnisch) nötig sind.

Wir befinden uns mit den heute gültigen gesetzlichen Einheiten in einem Zwischenstadium zu weniger Einheiten.

Die komplexe Normalhierarchie, in der auch die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) eingegliedert ist, stellt sich für das Masse-Urnormal folgendermaßen da:

Abbildung B-14

2. Die sieben SI-Basis-Einheiten

1. Die Länge hat die Einheit Meter [m] und ist definiert über die Entfernung, die von einer ebenen elektromagnetischen Welle im Zeitintervall von 1/ 299 792 458 Sekunden zurück-gelegt wird.

Normale 18

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

2. Die Masse hat die Einheit Kilogramm [kg] und ist definiert über die Masse des Internatio-nalen Kilogrammprototyps.

3. Die Zeit hat die Einheit Sekunde [s] und ist definiert als das 9 192 631 770-fache der Peri-odendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grund-

zustandes von Atomen des Nuklids 133CS entsprechenden Strahlung.

4. Die elektrische Stromstärke hat die Einheit Ampere [A] und ist definiert als die Stärke ei-nes zeitlich unveränderlichen elektrischen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand von 1m voneinander angeordneten, geradlinige, unendlich lange Leiter von ver-nachlässigbar kleinem , kreisförmigen Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern je 1 m

Leitlänge elektrodynamisch die Kraft 0 2 10 7, ⋅ − N (N=m*Kg/s²) hervorrufen würde.

5. Die Stoffmenge hat die Einheit Mol [mol] und ist definiert als die Stoffmenge eines Sys-

tems, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in 0,012kg des Nuklids 12C ent-halten sind.

6. Die thermodynamische Temperatur hat die Einheit Kelvin [K] und ist definiert als der 273,15te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser.

7. Die Lichtstärke hat die Einheit Candela [cd] und ist definiert als die Lichtstärke einer

Strahlungsquelle, welche monochromatische Strahlung der Frequenz 540 1012⋅ Hz aussen-det, in der die Strahlstärke 1 /683 Watt je Steradiant beträgt.

3. Ideale Eigenschaften eines Normals

Von einem Normal werden folgende (ideale) Eigenschaften abverlangt:

• Zeitliche Konstanz. Die Kontrolle ist naturgegeben schwierig. Z.B. sind Quarzuhren - ob-wohl kurzzeitig hochgenau- als Zeitnormal nicht zu gebrauchen: Sie altern, d.h. die Quarz-frequenz driftet langsam davon.

• Örtliche Konstanz. Kontrolle ist nicht immer leicht. Z.B. gehen Uhren aufgrund der Ein-stein´schen Relativitätstheorie in bewegten Objekten anders im Bezug auf das ruhende Ini-tialsystem. Anderes Beispiel: Die Erdanziehung ist ortsabhängig.

• Das Normal soll autonom reproduzierbar sein. Das so selbst produzierte Normal soll nicht schlechter als das Hauptnormal sein.

• Das Normal soll möglichst wenigen, kontrollierbaren und korrigierbaren Einflussgrößen unterliegen. Beispiele für Einflussgrößen: Temperatur, Schwerkraft, Magnetfelder usw.

• Das Normal soll möglichst scharf sein. D.h. es soll vergleichbar sein; Abweichungen sollen sofort erkennbar sein. Gegenbeispiel: Beim Urmeter (Pt-Stab) waren die Strichmarkierun-

gen nur mit einer Unsicherheit von ± −10 7 ablesbar und auf Tochternormale übertragbar.

• Das Normal soll möglichst klein oder einstellbar sein.

Normale 19

Kapitel B des Skriptums zur Vorlesung „Physikalische Messtechnik B“ SS 1998

4. Quanten-Normale

Im Gegensatz zu Festkörpern sind auf atomarer Ebene alle Elemente immer gleich. Dadurch sind solche Normale automatisch beliebig und abgleichfrei reproduzierbar.

Sie besitzen durchweg kleine Einheiten (Zeit, Länge, Masse). Oft sind solche Einheiten mit elementaren Naturkonstanten verbunden. Dadurch werden Naturkonstanten statt Ein-heit/Normal definiert.

Die großen praktischen Schwierigkeiten liegen hauptsächlich beim Zählen von 1023 Atomen.

In Zukunft werden dennoch sicher einige Normale (wie z.B. das Kilogramm) durch Quanten-Normale ersetzt. Auch ist das Ziel eine weitere Reduktion der Basiseinheiten. Bis dahin ist aber noch viel Forschungsarbeit zu leisten.