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Solarbrief 3/99 Solarenergie-Förderverein e.V. SFV Enttäuscht von der Sprecherin der GRÜNEN. Offener Brief Seite 7 Atomstrom vor der europäischen Wettbewerbs- kommission Seite 13 PROGNOS kommt ins Schleudern. Ein Gutachten für das BMWi Seite 11

Solarbrief 3/99 - sfv.de · Nitsch von der DLR, gehen davon aus, daß den Betreibern von Photo- ... man dezent ein finanzi-elles Opfer) zugemutet werden müs-se. Wer eine Solaranlage

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Solarbrief 3/99

Solarenergie-Förderverein e.V. SFV

Enttäuscht vonder Sprecherinder GRÜNEN.Offener BriefSeite 7

Atomstrom vorder europäischenWettbewerbs-kommissionSeite 13

PROGNOS kommtins Schleudern.Ein Gutachten fürdas BMWiSeite 11

2 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

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Layout:

Susanne JungBritta Marold

Verantwortlich

Wolf von Fabeck

Auflage: 5500 Stück

ISSN 0946-8684

Dem Aachener Teil dieserAusgabe liegt ein Faltblatt bei:

Unter dem grünen StrichAachen zur Kommunalwahlam 12.09.1999

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3Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Gewinne haben sie alle gemacht,aber es gab doch Unterschiede. Seitihrer Gründung haben Stadtwerkedie städtischen Busse und Bahnen,die Freibäder und Hallenbäder so-wie andere gemeindeeigene Ein-richtungen finanziell unterstützt. Diegroßen Verbundgesellschaften dage-gen, wie RWE, Preußen Elektra oderdie Energie Baden Württemberg(EnBW) haben lukrative Firmen ein-gekauft und ihre Kassen bis zumBersten aufgefüllt. Außer den Ak-tionären und einigen Insidern nahmkaum jemand Notiz davon, dochjetzt sind die Medien voll davon.Der Grund?

Kurz vor dem Regierungswech-sel hat der ehemalige Wirtschafts-minister Rexroth (F.D.P.) mit einerneoliberalen Neuauflage des Ener-giewirtschaftsgesetzes den Wettbe-werb im Strommarkt freigegeben.Der Ring ist frei, der Kampf be-ginnt. Und die Stromkunden, dievorher zu bequem waren, das Lichtim Klo auszuknipsen, um einige kWhzu sparen, sind plötzlich hoch moti-viert, durch geschickten Wechseldes Stromversorgers einige Markeinzusparen. Die evangelische Kir-che z.B. - Bewahrung der Schöp-fung her oder hin - ist auf ein Billig-angebot der Preußen Elektra (62 %aus Atomkraft) sowie der Stadt-

werke Hannover eingegangen. DerStromriese RWE wildert im Ver-sorgungsgebiet der anderen Strom-versorger mit der Behauptung (in-zwischen gerichtlich untersagt), seinStrom sei der billigste. Und dieEnBW sucht für ihren „gelben“ 19Pfennig-Yello-Strom bundesweitKäufer; Preissenkung um fast 50 %trotz Durchleitung durch fremdeNetze (geschätztes Durchleitungs-entgelt: 13 Pf/kWh).

Der nachdenkliche Bürger fragtsich, ob die 19 Pfennige überhauptnoch die Kosten decken, oder obhier mit Dumpingpreisen Konkur-renten aus dem Feld gejagt werdensollen. Mit dieser Überlegung liegter sicher nicht falsch. Es geht insbe-sondere den Stadtwerken an den Kra-gen, deren schwaches Finanzpolstereinen Preiskampf kaum erlaubt.

Die Folgen für den Umweltschutzsind fatal. Die Großen haben ohne-hin nur die gesetzlichen Mindest-auflagen erfüllt (wenn man einmalvon einigen Vorzeigeobjekten ab-sieht). Einige von den Kleinen aberhaben - teilweise gedrängt von ih-ren Eignern - echte Umweltverbes-serungen eingeführt, Ausweitungder Kraftwärmekopplung und ef-fektive Förderung der erneuerbarenEnergien. So zahlen z.B. einige Dut-zend Stadtwerke „freiwillig“ erhöh-te, teilweise sogar kostendeckendeVergütungen (KV) für Solarstrom;wir haben immer wieder darüberberichtet. Doch jetzt geht es kaumnoch voran. Verstört und fixiert aufrein preisliche Überlegungen, ver-suchen die Stadtwerke im Preis-kampf mitzuhalten und alles, wasden Strom für ihre Kunden verteu-ern könnte, wegzulassen.

Ziehen wir ganz nüchtern Bilanz:

Bekanntheit und Beliebtheit desMarkteinführungsprogramms ko-stendeckende Vergütung (KV) neh-

men weiter zu. Die Stadt- bzw. Ge-meinderräte in über 80 Kommunenhaben ihren Stromversorger zur KVaufgefordert. Doch von den 80 ge-faßten Beschlüssen wurden nur 20umgesetzt. Im wettbewerbsorien-tierten Markt reicht eben die ER-LAUBNIS, eine KV für Solarstromzahlen zu dürfen, nicht mehr aus;hier ist eine gesetzliche VER-PFLICHTUNG für alle Stromver-sorger und alle Stromkunden not-wendig, doch die fehlt bisher.

Verantwortlich für die Einführungdes Wettbewerbs im frühkapitali-stischen Sinne war die vorherigeBundesregierung. Ob sie die ökolo-gischen Schwachstellen des neuenGesetzes nicht gesehen oder sie so-gar gewollt hat, kann offen bleiben.

Jetzt ist die neue Bundesregie-rung dran. Damit die Umwelt nichtauf der Strecke bleibt, müssen öko-logische Belange Berücksichtigungfinden. Die kostendeckende Vergü-tung für alle erneuerbaren Energieneinschließlich Solarstrom gehört insStromeinspeisungsgesetz!

Mit freundlichen Grüßen

PS. Das Stromeinspeisungsgesetzsoll im Herbst überarbeitet werden.Die Stadt Aachen hat sich bereitsmit einem Appell aller Fraktionenzur Aufnahme der KV in das Gesetzan Bundestag und EuropäischeGemeinschaft gewendet, sieheSeite 9. Die Stadt Nürnberg wirdfolgen. Unsere Bit te an al lebefreundeten Organisationen:Schließen Sie sich dem Appell an!

4 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Argumente10 ... Den Wettbewerb gestalten

Einige Aussagen aus einer Presse-mitteilung von Gunda Röstel undMichaele Hustedt, kommentiertdurch W. v. Fabeck

11 ... Ausstieg aus der Atomener-gie?oder aber Einstieg in die Erneuer-baren?

15 ... PROGNOS kommt insSchleudernUngereimtheiten in einer Studiefür das BMWi

16 ... Wann wird das 100.000-Dä-cher-Programm bezahltWieder einmal werden Hypothe-ken auf die Zukunft genommen

17 ... Volle Haftpflicht für Atom-kraftwerkeDie ÖDP beschwert sich in Brüsselwegen Wettbewerbsverfälschung

17 ... Preiskampf im StrommarktBund der Energieverbraucherwarnt vor unüberlegtem Wechseldes Stromlieferanten

34 ... Solarzellen und ChlorchemieEntkräftung eines Vorurteils

36 ... Kernfusion, Hoffnung oderIllusionNachlese zu dem Fachartikel ausSolarbrief 2/99

37 ... Zur besonderen Gefährlich-keit der NeutronenstrahlungWirkung auf Organismen

38 ... Herz der FinsternisEin bewegender Beitrag zur Kern-kraftdebatte von Carl Amery

Kostendeckende Vergütung

3 ..... Leitartikel:Warum die kommunale kostendeckende Vergü-tung jetzt durch eine bundesweite KV ersetztwerden muß

6 ..... Der brave Mann denkt an sich selbstzuletztWarum Solarfreunde unbedingt draufzahlenwollen

7 ..... Enttäuscht von der energiepolitischenSprecherin der GRÜNENOffener Brief des SFV an Michaele Hustedt

9 ..... Aachener AppellDie Fraktionen der Stadt fordern vom Bundes-tag und den europäischen Institutionen die ge-setzliche flächendeckende Einführung derkostendeckenden Vergütung

10 ... Gemeinsam mit der Wettbewerbs-kommission das Stromeinspeisungs-gesetz verbessernErklärung von Hans-Josef Fell,Bundestagsabgeordneter der GRÜNEN

11 ... Erste Reaktionen auf den offenen Briefan Michaele HustedtMatthias Diel, Alexander Espenschied, UlrichHaushofer, Leonhard Hinterholzer, AchmedIschiklar, Manfred Kasper, Arno Paulus, MalteStörring

13 ... Ist die kommunale KV noch zu retten?Darstellung der Rechtsfragen, die Auskunft desBMWi und ein Lösungsvorschlag

18 ... Paßt die kostendeckende Vergütung ineinen freien Strommarkt?Zur Frage, wie die Mehrkosten aufgebrachtwerden sollen

22 ... Gewinnbringende VergütungMöglichkeiten des Staates trotz Sparhaushalts

23 ... Kostendeckende Vergütung bei PV oderbei Braunkohle?Unterschiedliche Maßstäbe erschweren dieEnergiewende

31 ... Solarstrom für 99 Pf/kWhKann die Höhe der KV verringert werden?

52 ... Karte der Städte mit KV

5Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Blick über den Zaun20 ... Aus der Sicht eines privaten

WasserkraftwerkbetreibersWasserkraftstrom an einen Ökostromhändlerverkaufen?

24 ... Biomasse - Baustein einer künftigenEnergieversorgungAckernutzungskonzept zur Bereitstellung vonEnergie und Wertstoffen

Nachrichtenund Kommentare

31 ... Einschüchterungskampagne derHASTRAZahlung der Mindestvergütung nur unterVorbehalt

31 ... KV, die Bayerische „Lösung“...Kommunen und EVU müssen über Nutzung derKV miteinander sprechen ...

31 ... Einstimmiger KV-Appell auch ausGladbeck

42 ... Weitere Nachrichten

Literaturempfehlungen40 ... Eine „Utopie“ zur Rettung der Erde

Rezension: „Der ökologische Jesus“(von Franz Alt)

41 ... Weitere Auswahleine Auswahl mit Kurzinhalt

Technik undVerbraucherinformation

32 ... Herstellung von Silizium-Solar-modulenVom Sand zur Zelle

34 ... Solarzellen und ChlorchemieEntkräftung eines Vorurteils

Leserbriefe47 ... Für und Wider einer Quoten-

regelungvon Jan Tönnies

50 ... Weitere Leserbriefe

Veranstaltungen51 ... Eine Auswahl

Vereinsnachrichten2 ..... Info-Stellen und

AnsprechpartnerWo man persönliche Gespräche führen kann

51 ... MitgliederversammlungTermin, Ort, Rahmenprogramm

Impressum2 ..... Impressum

Dem Aachener Teil der Ausgabe liegt eingemeinsames Faltblatt der AachenerUmweltgruppen - zur Kommunalwahl1999 - bei

6 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

100.000 Dächer sind ein guterAnfang, aber sie reichen nicht fürdie Energiewende. Ich will hier nichtvorrechnen, wieviel Millionen Dach-besitzer darüberhinaus überzeugtwerden müssen. Doch kommen er-ste Zweifel auf, ob das Potential anIdealisten überhaupt ausreichen wird.

Aber Renditen für Solaranlagen?Da sehen sogar viele Grüne rot!Selbst bekannte Vorkämpfer für diePhotovoltaik, z.B. Dr. JoachimNitsch von der DLR, gehen davonaus, daß den Betreibern von Photo-voltaikanlagen ein „Selbstbehalt“ (soumschreibt man dezent ein finanzi-elles Opfer) zugemutet werden müs-se. Wer eine Solaranlage baut, mußdraufzahlen. Wer dagegen sein Geldmit dem Spalten von Atomen odermit dem Verbrennen von Kohle ver-dient, darf Gewinne machen; ei-gentlich „verkehrte Welt“.

Viele Solarfreunde genieren sichoffenbar, marktwirtschaftliche Re-geln bei der Werbung zukünftigerAnlagenbetreiber anzuwenden. Siefühlen sich wohl einer Elite zugehö-rig und erbauen sich an der Märvom braven Mann, der das Not-wendige tut und nicht nach demLohn fragt. Doch sei hier die An-merkung erlaubt, daß bereits zuFriedrich Schillers Zeiten der „bra-ve Mann“ die rühmliche - bedich-tenswerte - Ausnahme war.

Andere Energietechniken habenmit der Renditefrage weniger Pro-bleme: Bei Wasserkraft, Windener-gie und Biomasse-Nutzung ist unterUmweltfreunden anerkannt. daß dieAnlagen wirtschaftlich betriebenwerden müssen, doch bei PV wirdeine Ausnahme gemacht und das -wie schon gesagt - auch von denSolarfreunden selber.

Die Begründungen, die man zuhören bekommt, sind hochgradigemotional, aber kaum logisch. Eini-ge davon möchte ich deshalb unter

die Lupe nehmen:

Es sei verfehlt, Solaranlagen unterdem Gesichtspunkt der Wirtschaft-lichkeit zu betrachten, heißt es zumBeispiel. Bei einer Leder-Couch-Gar-nitur oder beim schnittigen Sportau-to würde man ja auch nicht fragen,ob sie sich „rechnen“. Wer sospricht, besitzt und besaß vermut-lich weder Leder-Couch nochSportwagen, sonst würde er etwasmehr über deren Verwendungs-zweck und Unterhaltungswert wis-sen: Leder-Couch und Sportwagendienen der Befriedigung persönlicherVorlieben. Solaranlagen dagegen die-nen dem Allgemeinwohl, etwa wieeine Spende für Misereor.

So gilt es als völlig normal, daßjemand mit seinem Sportwagen an-gibt. Wer aber mit seiner Spendefür Misereor oder mit seinem finan-ziellen Opfer für eine Solaranlageprotzt, der wird milde belächelt undunter „Heilsarmee und so“ einge-ordnet, mal davon abgesehen, daßes als peinlich gilt, mit guten Tatenzu protzen! Erst, wer darauf hin-weisen kann, daß er „echt Cash“mit seiner Anlage macht, kann sichder wohlwollenden Aufmerksamkeiteiner ganzen Abendgesellschaft si-cher sein.

Betrachten wir weitere Argumente:

PV sei so extrem teuer, daß dieNetzeinspeiser unmöglich verlangenkönnten, 100 % ihrer Ausgaben be-zahlt zu bekommen. Gegenfrage: Giltdiese „Regel“ eigentlich auch beimVerkauf von Früh-Kartoffeln?

Oder ähnlich wie das „Sportwa-genargument“: Wer eine Solaranlagebetreibt, habe davon einen hohenImagegewinn. Das müsse ihm einengewissen Eigenanteil wert sein. Hierliegt die Frage nahe, wie das dennmit dem Imagegewinn bei Betrei-bern von Kernkraftwerken gesehenwird. Deren Ansehen ist inzwischen

wohl so ramponiert, daß sie nur nochmit hohen Gewinnen bei der Stangegehalten werden können, oder?

Die PV-Technik sei noch so un-ausgereift, heißt es weiterhin. Sienutze trotz hohen finanziellen Auf-wandes die Kraft der Sonne nursehr unvollständig aus. Deshalbmüßten ihre Betreiber doch bittesehr einen Teil der Ausgaben selbertragen. Man spürt geradezu den stil-len Vorwurf gegenüber den unbe-lehrbaren Betreibern, die bedenken-los das gute Geld der Stromkundenfür eine unsinnige Spielerei ver-schwenden, anstatt abzuwarten, bisdas erbärmliche Preis-Leistungsver-hältnis irgendwie von selbst (?) gün-stiger geworden sein wird.

Die PV-Technik sei noch so stör-anfällig, besagt ein ähnliches Argu-ment, deshalb müßten ihre Anwen-der einen Teil des finanziellen Risi-kos selber tragen und nicht alles denStromkunden aufbürden. Sonderbar,in anderen Bereichen der Wirtschaftwird dem, der sein Geld anlegen soll,ein Risikozuschlag, z.B. eine höhereVerzinsung, angeboten, nicht aberein finanzieller Abzug.

Die Solarenergie wäre unter allenerneuerbaren Energien noch amweitesten entfernt von der Wirt-schaftlichkeit, deshalb dürfe Solar-strom nicht kostendeckend vergü-tet werden. Diese Behauptung be-kommt man oft zu hören. Doch istdie Überlegung genauso unsinnig,als würden die Eltern einer Kinder-schar ihr Jüngstes nur mit Wasser-suppe füttern, „weil die Kleine dochnoch nicht ihre Kartoffeln selberschälen kann“.

Nur die Wohlhabenden könnensich PV-Anlagen leisten, heißt esweiter. Von denen aber könne mitFug und Recht verlangt werden,daß sie einen Eigenanteil überneh-men. Dieses Argument klingt soedel, als stamme es direkt aus dem

Der brave Mann denkt an sich selbst zuletztWarum Solarfreunde unbedingt draufzahlen wollen. Wolf von Fabeck

7Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Grundgesetz, Artikel 14, sozialeVerpflichtung des Eigentums. DochGrundgesetzartikel lassen sich meistnicht unmittelbar anwenden. (MeinGrundrecht auf Leben und unver-sehrte Gesundheit z.B. verbietetdem Nachbarn das Autofahren nochlange nicht.) Der Appell an dieWohlhabenden bewirkt also nichts.Erst müssen Ausführungsbestim-mungen erlassen werden, z.B. „Je-der Hauseigentümer ist verpflichtetzur Errichtung einer Solaranlage“etc. Ich bezweifle allerdings, daßdiejenigen, die ein finanzielles Opferder Anlagenbetreiber verlangen, aneine gesetzliche Bestimmung den-ken. Ihnen bereitet wahrscheinlicheher der Sozialneid gewisse Proble-me. Würden sie genauer nachden-ken, so würde Ihnen auffallen, wieunsozial ihre Forderung ist. Denn

gerade die Forderung, daß die Anla-genbetreiber draufzahlen sollen,macht es dem Durchschnittsver-diener schwer, eine Anlage zu er-richten.

Die genannten Beispiele sollteneigentlich genügen, um die Dürftig-keit der verwendeten Argumente zuverdeutlichen. Doch ein weiteres,taktisches Argument, genauso un-sinnig wie alle vorhergehenden undnur hinter vorgehaltener Hand ver-breitet, will ich Ihnen nicht vorent-halten:

Das Bundeswirtschaftsministeri-um würde eine kostendeckende Ver-gütung von Solarstrom ohnehinnicht akzeptieren und deshalb wä-ren wir gut beraten, unsere Forde-rungen zurückzunehmen. Was sollman dazu sagen? Teppichhändler

können vermutlich geschickter ver-handeln, und selbst die beginnenüblicherweise nicht mit einem Kom-promißangebot. Hier geht es aberum mehr als um Teppiche, es gehtum den Erhalt der Umwelt! Undwieso eigentlich läßt sich die Regie-rungskoalition vom Wirtschaftsmi-nister vorschreiben, was im Gesetzstehen soll?

Um die künftige Stromversor-gung zu sichern, brauchen wirMillionen von Bürgern, die für etwa30 Mio. Kilowatt SolaranlagenDächer und Kapital zur Verfügungstellen. Wenn die Gesellschaft ernst-haft daran interessiert ist, auf um-weltfreundliche Energie umzustel-len, muß sie den erforderlichen An-reiz bereitstellen und der heißt: Ko-stendeckende Vergütung auch fürSolarstrom.

Enttäuscht von der energiepolitischenSprecherin der GRÜNEN- Offener Brief des SFV an Michaele Hustedt-

Sehr geehrte Frau Hustedt,

im Bundestags-Wahlprogrammder GRÜNEN hat eine gesetzlichverpflichtende bundesweite kosten-deckende Einspeisevergütung (KV)für Solarstrom ihren festen Platz.Auf dem Bundesparteitag in Erfurtam 07.03.99 wurde dies noch ein-mal bestätigt. Doch Sie als energie-politische Sprecherin der GRÜNENsehen die Dinge offenbar anders.Mehrfach schon haben Sie zu er-kennen gegeben, daß die Aufnahmeder KV in das Stromeinspeisungs-gesetz nicht mehr Ihr Ziel ist.

Meine Anfragen dazu vom31.10.97, 13.5.98, 22.8.98,19.11.98, 7.12.98, 22.12.98 undvom 1.2.99 haben Sie nicht einmalbeantwortet.

Bei einer Podiumsdiskussion zumThema „Kostendeckende Vergütungoder/und Ökostromhandel“ am

12.08.99 in Ahlen konnte ich Sieendlich nach den Gründen fragen.

Die von Ihnen genannten Gründe:- Leere Kassen,- angebliche Probleme bei der Europäischen Kommission,- Widerstand des Bundeswirt- schaftsministers

konnten nicht überzeugen.

- Die KV zeichnet sich ja geradedadurch aus, daß sie nicht aus denleeren Kassen des Bundes, der Län-der oder der Gemeinden finanziertwird, sondern über eine Erhöhungder Stromgebühren aller Stromkun-den. Die Stromkunden aber werdendurch den Wettbewerb im Strom-markt entlastet wie nie zuvor. Finan-zielle Mittel sind also vorhanden.- Die Europäische Kommission,Generaldirektion IV Wettbewerb,stößt sich nicht an einer Erhöhungder Einspeisevergütung für Solar-

strom, sondern befürchtet eine Über-förderung bei der Windenergie.- Für die Gesetzgebung ist unsererKenntnis nach nicht der Ministerfür Wirtschaft, sondern der Bun-destag zuständig.

Bei jedem anderen Diskussions-partner hätte ich angenommen, erkenne das Programm der KV undden Stand der Gespräche mit derEuropäischen Kommission nicht.Hier aber entstand der Eindruck:Michaele Hustedt in ihrer Rolle alsenergiepolitische Sprecherin ist ausunerfindlichen Gründen nicht mehrbereit, über das Thema KV weiternachzudenken.

Ihre Aussage, Sie hätten genugdamit zu tun, das Stromeinspei-sungsgesetz überhaupt zu retten, hatmich merkwürdig berührt. Das Ge-setz, das Sie retten wollen, stammtaus einer CDU/CSU-FDP-Koalition,

8 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

für die die Erneuerbaren Energiennur eine unbedeutende zusätzlicheEnergiequelle darstellten. Sie aber ge-hören einer Koalition an, die denAtomausstieg beschlossen hat, undinsbesondere Ihre Fraktion setzt aufdie Energiewende. Wir erwarten vonIhnen mehr als nur die „Rettung“des Stromeinspeisungsgesetzes.

Erschüttert aber war ich über IhreAussage, der ökologische Wert derPhotovoltaik sei in der Umweltbe-wegung durchaus umstritten. Na-türlich gibt es überall Außenseiter,die dieses und jenes bezweifeln, aberdarum ging es Ihnen vermutlichnicht. Sie zählten vielmehr die Grün-de auf, warum Sie sich für die KVnicht mehr einsetzen, und ich mußdeshalb annehmen, daß auch Sievom ökologischen Nutzen der Pho-tovoltaik nicht mehr überzeugt sind.

Muß ich tatsächlich mit einer en-ergiepolitischen Sprecherin der Grü-nen heute noch - im Jahr 1999 -ernsthaft über den ökologischen Nut-zen der Photovoltaik diskutieren?

Wenn in einer so entscheidendenZukunftsfrage wie die der Solaren-ergie-Nutzung und -Markteinfüh-rung die Positionen von Basis undSprecherin auseinanderdriften,kommt unweigerlich die Frage auf,wer denn nun den Kurs in der Ener-giepolitik der GRÜNEN bestimmt,genauer gesagt, für wen denn die„Sprecherin“ spricht. Und es kommtdie Frage auf, ob wir uns auf dieGRÜNEN noch verlassen können,

Da das Thema alle angeht, habeich zum Mittel eines offenen Brie-fes gegriffen. Mir geht es um dieKlärung folgender Fragen:

Haben Sie Zweifel am ökologi-schen Nutzen der PV; wenn ja worinliegen sie begründet? Wir sind be-reit, darüber in eine Sachdiskussioneinzutreten, auch wenn uns dieslängst ausgestanden schien.

Wir haben das 100.000-Dächer-förderprogramm so akzeptiert, wiees von Hermann Scheer und Ihnender Öffentlichkeit vorgestellt wur-de, als eine rasch wirksame Not-

maßnahme, die den Installateurenein Überleben bis zur Verbesserungdes Stromeinspeisungsgesetzes er-möglichen sollte. Dies haben wirmitgetragen, doch wir haben auchsorgfältig das Versprechen der Po-litik - Ihr Versprechen(!) - regi-striert, daß die Markteinführung derPhotovoltaik weiter beschleunigtwerden soll. Dies ist dringend er-forderlich!

Im vergangenen Jahr noch ha-ben Sie das 100.000-Dächerpro-gramm als Notbehelf dargestellt;jetzt soll es ein großer, endgültigerErfolg sein. Ich glaube nicht, daßwir weiterkommen, nur weil SieIhre Ansprüche zurücknehmen. Sollich noch einmal vorrechnen, daßalle geplanten PV-Anlagen des100.000-Dächerprogramms nur4 % dessen an Strom liefern wür-den, was ein einziger Kernkraft-werkblock erzeugt? Muß ich be-gründen, warum eine Partei, die inabsehbarer Zeit Atom und Braun-kohle durch einen Mix aus Sonne,Wind, Wasser und Biomasse erset-zen will, sich mit solchen, eher sym-bolischen Beiträgen nicht zufriedengeben kann? Soll ich belegen, daßwir auf die PV aus Mengengründenim zukünftigen Energiemix nichtverzichten können? PV ist am wei-testen von der Wirtschaftlichkeitentfernt. Wenn wir sie jetzt nichtenergisch fördern - obwohl die fi-nanziellen Mittel vorhanden sind -verschenken wir kostbare Zeit.

Ich empfinde es inzwischen alsanstößig, daß sich auch das 100.000-Dächerprogramm wie alle bisheri-gen Programme nur an opferbereiteIdealisten wendet. Wenn die Politikweiter zuläßt, daß man mit Kohleund Atom Gewinne macht, bei derSonnenenergie aber draufzahlt, dannsteht das Endergebnis schon jetztfest. Mit anderen Worten: Mirkommt es ethisch sehr fragwürdigvor, wenn man die Verantwortungfür eine von der Gemeinschaft zulösende Aufgabe wieder einmal aufdie Schultern der Idealisten abwälzt,zumal es ja andere Möglichkeiten gibt.

Die kostendeckende Vergütung wür-de endlich mit diesem Mißbrauchdes guten Willens Schluß machen.

Warum wollen Sie nicht die För-derung nach dem 100.000-Dächer-programm durch eine Erhöhung dergesetzlichen Einspeisevergütung biszur Kostendeckung aufbessern?

Ist Ihnen bekannt, daß die demo-kratisch gewählten Bürgervertretervon mehr als 90 Gemeinden undStädten - zumeist auf Initiative derGRÜNEN - ausdrücklich ihreStromversorger zur Zahlung einerkostendeckenden Einspeisevergü-tung aufgefordert haben? Und istIhnen bekannt, daß die Stromver-sorger in 70 betrüblichen Fällen die-se Aufforderung abgelehnt haben,zumeist mit der Begründung, ihreKonkurrenzfähigkeit im Preiswett-kampf wäre gefährdet, es sei denn,die KV würde bundesweit gesetz-lich eingeführt?

Was wollen Sie gegen die alar-mierende Entwicklung unterneh-men, daß von den Stromversorgern,die bisher freiwillig eine erhöhte Ein-speisevergütung gezahlt hatten

(wie z.B. die Stadtwerke Mün-chen, Solingen, Soest, Pforzheim)

immer mehr zurücktreten mit derBegründung, sie könnten im Wett-bewerb nicht mehr bestehen, so-lange andere Stromversorger die KVnicht gewähren?

Sie haben als energiepolitischeSprecherin vor der Bundestagswahlzugesagt, sich für die Aufnahme derkostendeckenden Solarstrom-Vergü-tung ins Stromeinspeisungsgesetzeinzusetzen (Solarbrief 3/98). EinBruch dieses Versprechens erschüt-tert nicht nur Ihre persönliche Glaub-würdigkeit, sondern die der gesam-ten Partei. Und - schlimmer noch -wir alle verlieren kostbare Jahre imKampf gegen die Klimakatastrophe.

Mit freundlichen Grüßen

Wolf von Fabeck

- Geschäftsführer -

Sehr geehrter Herr von Fabeck,

ich bin für jede, gerade auch kritischeBegleitung meiner Arbeit als energiepo-litische Sprecherin der Bundestagsfrak-tion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN dank-bar, solange sie sachlich und persönlichfair vorgetragen wird.

Zum Thema: Auch wenn Sie mir ande-res unterstellen, halte ich die Einführungeiner kostendeckenden Vergütung für So-larstrom für notwendig und richtig. Nurleider orientiert sich die reale Welt nichtimmer an dem, was Sie, ich und vieleandere auch, aber eben längst nicht allefür richtig und notwendig halten.

Ihnen dürfte nicht entgangen sein,daß auf dem Stromsektor in Deutsch-land dramatische Veränderungen ablau-fen - YELLO-Strom ist das jüngste, aberlängst nicht das letzte und drastischstePhänomen eines liberalisierten Energie-marktes, der auch viele positiven Aspek-te mit sich bringen wird, aber in jedemFalle nicht mehr aufzuhalten ist. Mansollte nie versuchen, das Rad der Ge-schichte zurückdrehen zu wollen.

In diesem Umfeld kommt die Erzeu-gung von Strom aus regenerativen Ener-gien, die bisher durch das Stromeinspei-sungsgesetz gefördert wurden, erheblichunter Druck. Wir müssen dieses Gesetzdeshalb wettbewerbsfest machen, um dieErfolge der Vergangenheit bei der Wind-energie zu sichern und weiter auszubau-en und die Energieerzeugung bei Biomas-se deutlich zu verstärken. Hier ist akuterHandlungsbedarf gegeben, denn ohne eineschnelle Novellierung des Stromeinspei-sungsgesetzes könnte ein nicht wieder-gutzumachender Schaden entstehen.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß eineForderung nach kostendeckender Ver-gütung für Solarstrom die gesamte No-vellierung erheblich verzögern wird, mitunabsehbaren Folgen für die anderenregenerativen Energieträger.

NACH REDAKTIONSSCHLUSS

Sie haben unseren Brief hoffentlich nichtals unfair empfunden?

Bitte betrachten Sie dies nicht als schulmeisterlicheBelehrung: Für-notwendig-und-richtig-halten genügt impolitischen Leben nicht. Eine Idee umzusetzen, setzt harteÜberzeugungsarbeit voraus!

Die energiepolitische Sprecherin einer Partei, in derenParteiprogramm die KV steht, sollte sich - anders als in denvergangenen Monaten - auch hier mit aller Überzeugungskraftengagieren!

Sinkende Strompreise erleichtern die sozialverträgliche Umla-ge der Mehrkosten aus der KV für alle erneuerbaren Energien.Dies sollte als Chance für die KV erkannt werden!

Wollen Sie damit andeuten, daß Sie die Solarstrom-KV nur ineinem monopolisierten Energiemarkt für möglich halten?

Wer die Hintergründe nicht kennt, könnte hier leicht in Panikgeraten; deshalb folgende zusätzliche Erläuterung:

1. Die Generaldirektion Wettbewerb in Brüssel akzeptiert diebisherige Vergütungsregelung im Stromeinspeisungsgesetz(StrEG) nicht mehr, weil sie keine Absenkung der Vergütungentsprechend dem wirtschaftlichen Fortschritt der jeweiligenerneuerbaren Energien vorsieht und damit zur Überförde-rung führen könnte.

2. Ende 1999 könnte im Bereich von Preussen-Elektra 5 %des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Damitwürde dort nach dem bisherigen StrEG die Abnahmepflichterlöschen.

Eine Novellierung eilt wirklich, doch braucht deshalb dieSolarstrom-KV nicht weggelassen zu werden!

Eine Verzögerungsursache könnte sein: Der Koalitionspartnerrechnet nicht mehr mit der Forderung nach KV. Umsodringlicher ist es, daß die energiepolitische Sprecherin derGRÜNEN die Forderung nach KV wieder öffentlich stellt, damitdiese Verzögerungsursache ausgeschaltet wird.

Wind, Wasser und Biomasse sollten nicht gegen die Solar-energie ausgespielt werden. Wir brauchen einen Energiemixaus allen erneuerbaren Energien und können auf das gewalti-ge Potential der Solarenergie nicht verzichten!

Antwort von Michaele Hustedt

Mit Kommentaren vomSolarenergie-Förderverein

Der ungehemmte Wettbewerb im Strommarkt führt unweiger-lich zu einem „Raubtierkapitalismus“, wenn nicht die ökologi-schen und sozialen Belange durch staatliches Eingreifen ge-schützt werden. Das ist Aufgabe der Politiker!

Kommunen und Kreise mit Beschlüssen zur KV

Ich brauche Ihnen nicht zu erläu-tern, daß die Photovoltaik noch umein Vielfaches von Wind und Biomas-se beim Kostendeckungsgrad entferntist.

Die kostendeckende Vergütung jetztdurchsetzen zu wollen, ist meiner Mei-nung wegen der vielfältigen politischenWiderstände absolut kontraproduktiv.

Ich glaube vielmehr, daß das 100.000-Dächer-Programm der Bundesregie-rung und die Inbetriebnahme der Pho-tovoltaikfabrik in Gelsenkirchen dieKosten des Solarstroms wird sinkenlassen, womit eine Aufnahme des So-larstroms ins Stromeinspeisungsgesetzperspektivisch möglich wird.

Mit freundlichen Grüßen!

Michaele Hustedt

Halten Sie wegen des geringen „Kostendeckungsgrades“ dieSolar-KV nun doch nicht mehr für „notwendig und richtig“?

Nebenbei: Die Gesamtbelastung für den Stromkunden ergibtsich aus der Höhe der Einspeisungsvergütung multipliziert mitder jährlich eingespeisten Strommenge. Wegen der zunächstnoch geringen Strommengen werden die Gesamtkosten geringsein. Der gesamte Jahresausstoß an Solarmodulen der weltgröß-ten Solarmodul-Fabrik könnte noch nicht einmal so viel Stromliefern wie 10 große Windräder (wenn die Module überhaupt inDeutschland installiert würden)!

Eine politisch notwendige Maßnahme wegen der politischen Wi-derstände - genauer gesagt, wegen des Drucks der Interessen-vertreter - aufzuschieben, hat nur Sinn, wenn ein Aufschub dieUmsetzbarkeit erleichtern würde.

Wir stellen jedoch fest, daß die Widerstände gegen die KV kei-neswegs abnehmen, wenn die Höhe der Einspeisevergütungabnimmt. Selbst gegen die 16 Pfennig pro Kilowattstunde beimWindstrom wehrt sich die Stromwirtschaft mit aller Vehemenz.Unseres Erachtens lehnt die Stromwirtschaft die erneuerbarenEnergien nicht wegen der Kosten ab, sondern wegen der Dezen-tralisierung, die ihr Millionen kleiner Konkurrenten verschaffenwürde; insbesondere die Solarstromtechnik, die den höchstenDezentralisierungsgrad hat.

Wann, wenn nicht jetzt, wollen Sie die KV für Solarstrom durch-setzen? Das StrEG wird nicht alle paar Jahre wieder novelliert!

Antwort auf Michaele HustedtSehr geehrte Frau Hustedt,

Für Ihre Antwort auf unseren of-fenen Brief danke ich Ihnen.

Die von Ihnen angedeuteten Wi-derstände gegen die KV kennen wiraus eigener Erfahrung. Wir erwar-ten jedoch von der energiepolitischenSprecherin der Grünen, daß sie sichnicht beirren läßt und zu dem Pro-grammpunkt der Solarstrom-KV imParteiprogramm steht.

Zu einzelnen Punkten Ihrer Ant-

wort nehme ich dort direkt Stellung,damit dem Leser der Zusammen-hang nicht verloren geht.

Mit freundlichen Grüßen

Wolf von Fabeck

PS Anliegend eine Liste von Kom-munen, deren Parlament - häufigauf Initiative der GRÜNEN - denStromversorger aufgefordert hat,kostendeckende Vergütung für So-larstrom zu zahlen. In 60 dieser

Kommunen ist der Stromversorgerder Aufforderung der demokratischgewählten Bürgervertreter nicht ge-folgt. Sie mögen auch daraus den ge-setzlichen Regelungsbedarf erkennen.

AachenAbensbergAhausAttenkirchenAmbergLandkreis Amberg-SulzbachAschaffenburgBad OeynhausenBad SalzufflenBaiersdorfBalingenBergBerlinBlombergBonnBrühlBündeDarmstadtDeggendorf

DelmenhorstDuisburgDüsseldorfEbernEchingElmshornErkrathErdingFrankfurtFreisingFreising, LandkreisFürstenfeldbrückGießenGladbeckGräfelingGüterslohHagenHahnbachHaltern

HammHammelburgHeidelbergHerfordHerneHerzogenaurachHerzogenrathHirschauHohenkammerKielLandshutLemgoLeverkusenLippstadtLübeckMarburgMarktheidenfeldMarkt-IndersdorfMenden

NeuwiedNürnbergOberhachingOlchingOsnabrückOttobrunnPoppenrichtPforzheimReichenschwandRemscheidRothRothenburgRottal-Inn, LandkreisSaarlouisSauerlachSchleswigSchnaittenbachSchorndorfSchwabach

Schwäbisch HallSchäftlarnSoestSolingenStraubingSulingenSulzbach-RosenbergTraunsteinTraunstein, LandkreisUlmUnterhachingViernheimWalldorfWedelWerneckWürselenWürzburg

11Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

CDU SPD GRÜNE FRAKTIONEN IM RAT DER STADT AACHEN

Appell der Stadt Aachen- den Deutschen Bundestag,- das Europäische Parlament- die Europäische Kommission

Der Rat der Stadt Aachen bittet

um eine gesetzliche, flächendeckende Einführung des Markteinführungsprogrammsder kostendeckenden Vergütung von Solarstrom.

Der Deutsche Bundestag hat 1990 einstimmig den dritten Bericht der Enquete-Kommission „Schutz der Erde“ verabschie-det. Dieser Bericht bekräftigt, „dass die Photovoitaik langfristig die wohl interessanteste Option der Nutzung erneuerbarerEnergien darstellt (Kapitel 3.2). Der Bericht enthält aber auch den Hinweis, dass zur erfolgreichen Nutzung dieser Technikbesondere energiepolitische Aktivitäten notwendig sind. In diesem Zusammenhang wurde bereits damals eine angemes-sene hohe Vergütung empfohlen (Band 2, Seite 97).Im Bewußtsein seiner kommunalen Verantwortung hat der Rat der Stadt Aachen zur Umsetzung dieser Erkenntnisse dieInitiative ergriffen. Am 19.06.1995 trat in Aachen das Markteinführungsprogramm „kostendeckende Vergütung“ in Kraft:In der Stadt Aachen hat die Gemeinschaft der Stromkunden durch eine vom Stadtrat beschlossene minimale Anhebungdes Strompreises den Bau von bisher 180 Solarstromanlagen ermöglicht. Weitere Solarstromanlagen sind in Planung.Damit zählt Aachen zu den 20 Städten der Bundesrepublik mit der höchsten Ausbaudichte an Solarstromanlagen.Aachener Bürger mit besonderem Interesse an dieser neuen Energietechnik sind in finanzielle Vorleistung getreten undhaben so den raschen Bau neuer Solaranlagen ermöglicht. Kapital und Zinsen erhalten diese Bürger im Lauf derkommenden 20 Jahre durch eine erhöhte Einspeisevergütung zurück, an deren Finanzierung alle Stromkunden mit einemgeringen Beitrag beteiligt sind. Eine zusätzliche Inanspruchnahme kommunaler oder staatlicher Kassen ist nicht erforder-lich.Das hier verwendete Markteinführungsprogramm wurde unter der Bezeichnung kostendeckende Vergütung, bisweilenauch als „Aachener Modell“ bekannt und in über 20 Städten der Bundesrepublik eingeführt.Das Programm hat das langfristig angelegte Ziel, die Nachfrage zu steigern und damit die Solartechnik in die preissenkendeMassenproduktion zu bringen. Diese ist unabdingbare Voraussetzung für einen künftigen massenhaften Einsatz derSolartechnik, insbesondere auch in den sonnenreichen Schwellen- und Entwicklungsländern, deren zukünftiger Energie-bedarf andernfalls zu einer unvertretbaren weiteren Zunahme der CO2-Emissionen führen wird.Von dieser vorausschauenden Strategie und Zukunftsplanung ist ein bedeutender Beitrag zur weltweiten CO2-Reduzie-rung zu erwarten. Darüber hinaus ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Möglichkeit zur Entwicklung eineshochwertigen Exportartikels besonders erwähnenswert.Damit das skizzierte Programm seine volle Wirkung entfalten kann, ist seine flächendeckende Ausweitung auf alle Städteund Gemeinden der Bundesrepublik und der Europäischen Gemeinschaft anzustreben. Dies ist auch unter dem Gesichts-punkt zu verstehen, dass eine solche Aufgabe umso leichter zu lösen ist, je mehr sich daran beteiligen. Die Einführung desProgramms in Aachen wurde deshalb vom Stadtrat von Anfang an unter dem Gesichtpunkt einer beispielgebenden Aktionverstanden.Die vorgesehene Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes in diesem Jahr bietet eine Gelegenheit, die in Aachengewonnenen positiven Erfahrungen bundesweit anzuwenden. Nachdem sich nunmehr die Erfolge deutlich zeigen und dieAkzeptanz des Modells bei der großen Mehrheit der Einwohnerschaft gegeben ist, wendet sich der Stadtrat in einemAppell an die gewählten Vertreter der Bevölkerung im Deutschen und im Europäische Parlament.

CDU - Fraktionsvorsitzender SPD - Fraktionsvorsitzender GRÜNE - Fraktionssprecherin

12 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Gemeinsam mit Van Miertdas Stromeinspeisungs-gesetz verbessernZu der Agenturmeldung, Van Miert wolle gegen das Strom-einspeisungsgesetz vorgehen, erklärt Hans-Josef Fell,forschungspolitischer Sprecher der BundestagsfraktionBündnis 90/DIE GRÜNEN:

Der angekündigten Überprüfungdes Stromeinspeisungsgesetz durchdie Europäische Kommission sehenwir gelassen entgegen. Das Strom-einspeisungsgesetz ist keine Beihil-fe im Sinne des EG-Vertrages undmit dem gemeinsamen Markt ver-einbar...

Trotzdem sehen auch wir Bedarffür Verbesserungen des Stromein-speisungsgesetzes. Vor allen Din-gen wollen wir die Bedingungen füralle anderen Arten erneuerbarer En-ergien neben der Windkraft wie Bio-masse, Photovoltaik, Kleinwasser-kraft und Geothermie verbessern.Auch die Anlagen der Energieversor-ger müssen berücksichtigt werden.

Das Stromeinspeisungsgesetz

muß in Zukunft folgende Elementeenthalten:1. Kostenorientierung2. Degressivität3. Wettbewerbskonformität

Kostenorientierung:

Die Einspeisevergütungen müs-sen so bemessen werden, daß füralle erneuerbaren Energien ein wirt-schaftlicher Betrieb der Erzeugungs-anlagen möglich ist.

Degressivität:

Die Vergütung muß in regelmä-ßigen Abständen der mit der Markt-entwicklung verbundenen Kosten-senkung angepaßt werden.

Wettbewerbskonformität:

Eine Differenzierung der Vergü-tungssätze ist erforderlich. FürWindkraftanlagen an der Küste rei-chen die bisherigen Sätze aus. Beider Biomasse, der Photovoltaik, derGeothermie, Windrädern im Binnen-land sowie bei neuen und kleinenWasserkraftanlagen muß es zu deut-lichen Verbesserungen kommen.Überhöhte Gewinne und Mitnah-meeffekte werden aber ausge-schlossen.

Wenn wir das Stromeinspei-sungsgesetz auf diese Weiseweiterentwickeln, wird auchder WettbewerbskommissarGefallen an ihm finden.

Den Wettbewerb gestaltenEinige Aussagen aus einer Pressemitteilung von Gunda Röstel und MichaeleHustedt vom 19.8.1999 kommentiert durch Wolf von Fabeck

Durch die freie Wahl des Strom-lieferanten werden die BürgerIn-nen entscheiden können, ob sieAtomstrom oder umweltfreundli-chen Strom kaufen wollen.

- Es ist gibt nicht nur die Alternati-ve zwischen Atomstrom und um-weltfreundlichen Strom. Warum wohlhaben die GRÜNEN in NRW so er-bittert gegen Garzweiler II gekämpft?

- Die BürgerInnen können bei denkomplizierten Netzverhältnissen undVerflechtungen der Stromversorgernicht erkennen, was für eine Art

von Strom ihnen angeboten wird.Sie können sich nur nach dem Preisorientieren.

Grüner Strom darf nicht nurein Produkt für Besserverdienendesein.

Ist er typischerweise auch gar-nicht! Nur Idealisten sind bereit,für eine gute Sache, von der siepersönlich keinen Vorteil haben,mehr auszugeben; erfahrungsgemäßnur wenige Prozent der Bevölke-rung.

Dazu gehören geringere Durch-

leitungsgebühren für dezentraleErzeugung ...

Der höhere Preis des grünenStroms beruht kaum auf den Durch-leitungsgebühren. Hauptproblem sinddie hohen Erzeugungskosten auf der„grünen“ Seite und die Nichtberück-sichtigung der externen Kosten aufder „schwarzen“ Seite. Dieser Preis-nachteil kann durch den freien Marktnicht ausgeglichen werden. Es han-delt sich vielmehr um eine Gemein-schaftsaufgabe, die von allen Strom-kunden - nicht nur von Idealisten -übernommen werden muß.

13Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Erste Reaktionen auf den offenenBrief an Michaele HustedtDie GRÜNEN, Landesverband Berlin, LAG Energie Berlin-Brandenburg, Manfred Kasper

Eure Enttäuschung in solaren en-ergiepolitischen Fragen (und wahr-scheinlich nicht nur hier) seit demWechsel in Bonn verstehe ich gut.Die von Euch monierten Äusserun-gen von Michaele Hustedt kenneich gar nicht.

Wir wollen KV und sind uneinge-schränkt für die PV. „Wir“ heissthier, GRÜNE bundesweit, und nichtnur in Brandenburg und Berlin, undzwar ohne jeden Zweifel!

Zur KV gab und gibt es natürlichein besonderes Problem, das Ihr(...) sehr gut kennt: Die Sozialde-mokraten. Sie sind stark mit denArbeitnehmern der Energiewirt-schaft verbunden und haben die vonden GRÜNEN in die Koalitionsver-einbarung gewollte KV rundum ab-gelehnt. Ich kenne da keine Ände-rung der Position. Somit sprichtMichaele Hustedt hier für die Koali-tion, obwohl sie als GRÜNE Besse-res wollte.

Dürfen wir mit den 6,7 % imBundestag argumentieren? Es ist un-gefähr 6 mal weniger als die Sozial-demokraten haben. Wir wissen ja

alle, dass sie im Zweifel lieben beto-nieren, statt Ökologisches voranzu-bringen, oder? Und GRÜNE wer-den auch nicht immer mit diesemArgument unzureichende Politikrechtfertigen können. Aber das istdie Lage.

Die Energiewirtschaft weiss ge-nau, wie wirksam die KV wäre,schließlich galt dieses Prinzip biszum 28.04.1998 selbst für sie. Siefürchten, daß die KV längerfristigder entscheidende Sargnagel für dasbisherige System der Stromerzeu-gung ist. Und das denke ich auch.Jahrelanger intensiver Widerstandaus dieser Ecke ist also verständ-lich. (...)

Durch die nunmehr sich mitLichtgeschwindigkeit ausbreitendeLiberalisierung im Strombereich inDeutschland wird es noch schwe-rer für die KV. Ich bitte Euch, dasProblem nicht zu personalisieren -Michaele Hustedt - sondern weiterfür die schrittweise Solarisierungzu kämpfen. Wichtigstes nächstesEtappenziel: Abschaffen des dop-pelten 5 % Deckels.

Kommentar von W. v. Fabeck

Manfred Kasper hat Recht mitseiner Feststellung, daß dieGRÜNEN gegenüber der SPD zu-rückstecken müssen. Doch das istnicht der Punkt, den wir kritisieren.Es geht um die Reaktion in der Öf-fentlichkeit. Warum sagt dieenergiepolitische Sprecherin derGRÜNEN nicht:

„Ich halte die KV für dringenderforderlich und für das besteMarkteinführungsprogramm aus fol-genden Gründen: a, b, c ...

Leider haben wir Grüne uns inden Verhandlungen mit der SPDbisher nicht durchsetzen können,aber ich werde jede Gelegenheit nut-zen, erneut auf diese Möglichkeitzurückzukommen und in der Öf-fentlichkeit für die Einführung derKV zu werben.“

Stattdessen zählt sie Gründe auf,die (ihrer Ansicht nach) gegen dieKV sprechen und erweckt damitden Eindruck, die KV sei kein emp-fehlenswertes Programm.

Wie will sie da noch überzeugen?

Ausstieg aus der Atomenergie?...Ulrich Haushofer

Herr Trittin würde uns und unse-rer Umwelt einen besseren Diensterweisen, wenn er anstatt einesmöglichst kurzfristigen Ausstiegsaus der Atomenergie den möglichstschnellen Einstieg in eine Energie-Nutzung auf der Basis von regene-rativen Energieträgern vorantreibenwürde. In unserer Gesellschaft glau-ben noch viel zu wenige, dass esmöglich ist, unseren Wohlstand aus-schließlich mit Wasser, Wind, Bio-masse, Erdwärme und Sonnenen-ergie zu sichern. Und dies, obwohl

die Sonne laufend 10.000-mal mehrEnergie zur Erde schickt, als diegesamte Menschheit verbraucht.

Allerdings wird dieser Energie-mix teurer sein als die Ausbeutungder über Jahrmillionen gewachse-nen Rohstoffreserven innerhalb vonwenigen Generationen. Expertensprechen von ca. 50 Pf/kWh. UnterEinbeziehung der Umweltkostenunserer jetzigen Energieerzeugung(Treibhauseffekt, Tschernobyl,Umweltverschmutzung usw.) ist

dieser Preis nicht zu hoch.

Die Instrumente für die möglicheEnergiewende sind bekannt, einfachund unbürokratisch:- Anhebung der E:nergiepreise

durch eine Ökosteuer (ohneAusnahmeregelungen)

- Kostendeckende Vergütung fürdie Einspeisung regenerativerEnergien

Der Ausstieg aus der Atomener-gie wird sich dann selbst regeln.

14 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Reaktionen auf den offenen Brief an Michaele Hustedt

Matthias Diehl,Solarinstallateur

Ich als Anlageninstallateur findees geradezu lächerlich, daß sich of-fensichtlich noch nicht einmal die„Solarexperten“ darüber im Klarensind, welchen substantiellen Vorteildie Einführung einer kV gegenüberallen anderen Zuschuß- oder Finan-zierungsmodellen hat. (...)

Zur grünen Energiepolitik (Stich-wort Michaele Hustedt) seit der Re-gierungsbeteiligung kann ich nurfolgendes sagen: Wer auf Schau-kämpfe gegen die Atomlobby setzt,darum feilscht, ob die Atommeilernun ein Jahr länger oder kürzer lau-fen und dabei vergißt, daß man ei-gentlich das Energiegesetz novellie-ren wollte, um vernünftige Rahmen-bedingungen für eine Energiewen-de zu schaffen, sich anschließendwundert, daß der einsetzende Wett-bewerb die Stadtwerke ruiniert unddie zarten Keime ökologischerStromversorgung wieder plattge-macht werden, der ist eigentlich nurnoch zu bedauern...

Alexander Espenschied,Solarinstallateur

Ihren offenen Brief finde ich gut.Auch mir, als „Energiepolitiker“ undehemals aktiver Grüner, fällt es im-mer schwerer zu verstehen, wasbei den Grünen vor sich geht. Inden Zeiten der Opposition haben dieGrünen eine hervorragende ener-giepolitische Arbeit gemacht. Undjetzt? Ich habe den Eindruck, daßhier auf die falschen Beraterinnengehört wird. Selbst in der Bundes-tagsfraktion ist mit einem Schlagdas Quotenmodell wieder salonfä-hig .... unglaublich! Dabei wissenwir doch alle, daß es bei einer sol-chen Lösung noch Jahrzehnte dau-ern würde, bis sich im bundesrepu-blikanischen Stommix etwas we-sentliches ändern würde (...).

Die erneuerbaren Energieträgermüssen den fossilen vorgezogen,

Leonhard Hinterholzer,Chiemsee Solartechnik

Vielen Dank für Ihre neue Initia-tive für die Kostengerechte Vergü-tung! Als Solarfirma für Thermieund PV bauen wir zwar seit heuerschon wesentlich mehr PV Anla-gen, jedoch ausschließlich von Idea-listen. Nach der Bundestagswahlhaben einen Mitarbeiter eingestellt,den wir demnächst wieder ausstel-len müssen, da das Potential an Leu-ten, die eine Solaranlage bauen wol-len, seit der Bundestagswahl kaumgrößer wurde. Die KostengerechteVergütung würde nach unserer Mei-nung zu einem kräftigen und dauer-haften Schub in der PV Brancheführen. Dann könnten wir auchnoch mehr Leute einstellen.

Arno Paulus,SolarPolis GbR

Nach mehreren erfolglosen Ver-suchen und Bitten an Frau Hustedt,bei der Konferenz der Grünen inBerlin im Oktober zum Thema „En-ergiewende jetzt!“ das Thema KVzu diskutieren, haben wir uns nundazu entschlossen, zu diesem Ter-min am Konferenzort leichte Stör-fälle zu organisieren. Der „Dialog“über die KV als bundesweite Mass-nahme, den uns Joschka Fischerpersönlich vor der Wahl im öffent-lichen online Diskussionsforum desBundestages in Ausssicht gestellthat, findet nicht statt. Die Argu-mente von Frau Hustedt klingen zumTeil wie die, die wir seit Jahren vonden käuflichen „Experten“ (...) hö-ren. (...) Das vorliegende Programm(für die Konferenz in Berlin) machtdeutlich, daß die KV als Marktein-führungsinstrument ignoriert wer-den soll. Ihr offener Brief hat unse-re volle Unterstützung!

zumindest aber gleichgestellt wer-den. Ich will hier gar nicht über„Wirtschaftlichkeit“ reden, da diesoffensichtlich immer anders inter-pretiert wird. Was ist „betriebswirt-schaftlich“ und was ist „volkswirt-schaftlich“? Wissen doch eigent-lich alle, daß Atomstrom bei denhohen Subventionen (bei Kohle istes auch nicht viel anders) nicht„wirtschaftlich“ sein kann. Unddoch haben es die Versorger undihre Lobby seit Jahrzehnten ver-standen, Bürger und Bürgerinnen indie Irre zu führen. Ich habe den Ein-druck, daß ihnen dies nun sogar beiGrünen Politikerinnen gelungen ist.

Bis hinunter in die Ortsverbändevon B 90/Die Grünen grassiert einschreckliches Halbwissen zum The-ma „liberalisierter Energiemarkt“.Es werden Veranstaltungen mitStadtwerken gemacht, die sich, all-zuoft auch zu Recht, natürlich aufden Schlips getreten fühlen. In derKommune wird natürlich versucht,vor Ort ein wenig Klimaschutzpoli-tik zu machen; dort wo es die politi-schen Mehrheiten auch zulassen.Aber, meine lieben Grünen, ohneein „natürliches“ Netzmonopol gehtauch dies nicht mehr. Wir haben esHerrn Rexroth nun einmal zu ver-danken, daß die Liberalisierung so„wischi-waschi“ umgesetzt werdenkann. Aber das ist seit fast 2 Jahrenbekannt! Schlafen da alle bei B 90/Die Grünen und auch in der SPD?

Während sich Grüne, SPD undVersorger um einen Atomaustiegstreiten, schaffen die großen Ver-sorger wieder einmal Fakten. Stromwird billiger und billiger... Ein Wahn-sinn. Und in diesen Strukturen einQuotenmodell umsetzen? Da kannman es auch gleich ganz sein lssen.

Malte StörringHerzlichen Glückwunsch zu dem

sehr guten Brief an Frau Hustedt!Es wird in der Tat Zeit, daß wirunsere gewählten VolksvertreterIn-nen beim Wort nehmen!

Ulrich HaushoferBravo Herr v. Fabeck!

Achmed IschiklarKlasse Text!

15Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Ist die kommunale KV noch zu retten?Die bundes- und europaweite KV wird hier nicht in Frage gestellt.Es geht vielmehr um die in den vergangenen Jahren entwickelte Möglichkeit,die KV im kommunalen Rahmen einzuführen.Die Auffassung des BMWi und der Strompreisaufsichten der Länder finden Sieauf der folgenden Seite.

Das rechtliche Problem

Das Stromeinspeisungsgesetzbestimmt in § 2: „Elektrizitätsver-sorgungsunternehmen, die ein Netzfür die allgemeine Versorgung be-treiben, sind verpflichtet, den inihrem Versorgungsgebiet erzeugtenStrom aus erneuerbaren Energienabzunehmen und den eingespeistenStrom nach § 3 zu vergüten. (...)Mehrkosten auf Grund der §§ 2 und 4können bei der Rechnungslegungder Verteilung oder Übertragungzugeordnet und bei der Ermittlungdes Durchleitungsentgelts in An-satz gebracht werden.“

In § 3 (2) sind die Mehrkostenwie folgt definiert: „Für Strom ausSonnenenergie und Windkraft be-trägt die Vergütung mindestens 90vom Hundert des in Absatz 1 Satz 1genannten Durchschnittserlöses“und der Durchschnittserlös wird inAbsatz 1 bezeichnet als „Durch-schnittserlös je Kilowattstunde ausder Stromabgabe an alle Letztver-braucher.“ (Hervorhebungen durchden Verfasser).

Für uns stand damit fest, daßnicht nur die Mehrkosten aus dergesetzlichen Mindestvergütung(z.Zt. etwa 16 Pf/kWh) auf dieDurchleitungsgebühr umgelegt wer-den dürfen, sondern auch die Mehr-kosten aus einer freiwillig erhöhtenEinspeisevergütung oder gar der KV(„mindestens 90 vom Hundert desDurchschnittserlöses ..“).

Wie dies geschehen soll, ist inSolarbrief 2/98, Seite4, sogar mitFolienvorlagen, ausführlich erläutert.

Doch die Gegner einer KV be-haupten, sie verstünden das Strom-einspeisungsgesetz anders: Nur dieMehrkosten aus der Mindestvergü-tung dürften umgelegt werden. Soz.B. das Bayerische Wirtschaftsmi-nisterium oder die Strompreisauf-sicht in Mecklenburg-Vorpommern.

Würde ein Rechtsgutachtenhelfen?

Gesetzt den Fall, ein angesehenerRechtswissenschaftler gäbe einRechtgutachten ab, wonach aucheine freiwillig erhöhte Einspeisever-gütung auf die Durchleitungsgebüh-ren umgelegt werden darf, so istein solches Gutachten nicht bin-dend. Eine endgültige Klärung könn-te erst durch einen Prozeß bis in diehöchste Instanz erreicht werden.

Das wirtschaftliche Risiko

Jeder Stromkunde kann seinenStromlieferanten wechseln, nichtjedoch seinen Netzbetreiber. Fallsdie Mehrkosten aus der erhöhtenEinspeisevergütung auf die Durch-

leitungsgebühr des Netzbetreibersaufgeschlagen werden dürfen, wür-de ein Wechsel des Stromlieferan-ten dem Kunden keinen Preisvorteilbringen. Würden dagegen die Mehr-kosten auf die Strombezugskostenaufgeschlagen, so könnte sich einWechsel des Lieferanten lohnen.

Noch eine weitere Möglichkeitist zu bedenken. Der Netzbetreiberlegt die Mehrkosten auf die Durch-leitungsgebühr um; z.B. die Stadt-werke Bonn. Großlieferanten wieYello bezahlen die erhöhte Durch-leitungsgebühr über Jahre und ver-langen dann vom NetzbetreiberSchadenersatz. Der Prozeßausgangwäre ungewiß. Möglicherweisekommen Ansprüche in Millionen-höhe auf den Netzbetreiber zu. Dochbleibt der Netzbetreiber - selbst wenner unterliegen würde - weiter anseine privatrechtliche Verpflichtungauf Zahlung der KV gebunden. Zwarhandelt es sich hier vergleichsweiseum finanzielle peanuts, doch scheu-en viele Netzbetreiber eine solch un-kalkulierbare Verpflichtung.

LösungsvorschlagDas Stromeinspeisungsgesetz

steht zur Überarbeitung an. Fol-gende Ergänzung zu §2 könnteRechtssicherheit schaffen: „...Dies gilt auch bei freiwillig er-höhten Einspeisevergütungen,soweit diese den für den wirt-schaftlichen Betrieb der einspei-senden Anlagen erforderlichenBetrag nicht übersteigen.“

Wolf von Fabeck

Möchten Sie mit dem SFV In-formationen und Argumente zupolitischen, rechtlichen, wirt-schaftlichen und psychologi-schen Aspekten der Energie-wende austauschen, so teilenSie uns bitte (per E-Mail) IhreE-Mail-Anschrift mit. [email protected]

E-mailen mit dem SFV

16 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Aus der Antwort des BMWi vom 17. August 1999

Staatliche Aufsicht über die Netzbetreiber?

1. Ist die Strompreisaufsicht zuständig für die staatliche Überwa-chung der Netzgebühr, Durchleitungsgebühr oder wie die Gebüh-ren des Netzbetreibers genannt werden?2. Können Tarifkunden künftig von ihrem Stromversorger verlan-gen, daß die Stromrechnung die unter 1) genannten Kosten ge-sondert ausweist?3. Wird die Strompreisaufsicht ggf. dem Netzbetreiber erlauben,die Mehrkosten für freiwillig gezahlte erhöhte Einspeisevergütun-gen für Solarstrom auf die Durchleitungsgebühr aufzuschlagen?4. Wird die Strompreisaufsicht ggf. dem Netzbetreiber erlauben,die Kosten für Energieberatung und LCP-Maßnahmen auf dieDurchleitungsgebühr aufzuschlagen?

Der SFV hat den Strompreisre-ferenten der Länder, sowie demBundeswirtschaftsminister folgen-de Fragen gestellt (siehe Kastenlinks):

Während die Wirtschaftsministe-rien in Mecklenburg-Vorpommernund in Bayern die Fragen 1. bis 4.jeweils mit einem knappen „Nein“beantworteten, erhielten wir vomBMWi eine ausführliche Auskunft.(siehe unten).

keit der Preisaufsichtsbehörden nichtso weit reicht (siehe oben).

Wohl wird aber gelegentlich ge-fragt, ob sich nicht aus dem Strom-einspeisungsgesetz das Recht desNetzbetreibers ergebe, erhöhte Ein-speisevergütungen in das Durchlei-tungsentgelt einzurechnen. Da sichdiese Regelung des Stromeinspei-sungsgesetzes nur auf die erhöhtenVergütungen nach diesem Gesetz be-zieht, erfaßt sie nicht über das Strom-einspeisungsgesetz hinausgehende,freiwillig gezahlte Vergütungen desNetzbetreibers.

1. Die Strompreisaufsicht nachder Bundestarifordnung Elektri-zität bezieht sich auf die Endver-braucher-Preise für Haushalt,Landwirtschaft und Gewerbe imRahmen der Versorgung zu Ta-rifabnehmerbedingungen. In die-sem Rahmen sind Kosten für Net-ze und ggf. Durchleitungen Fak-toren, die wie alle anderen Ko-stenfaktoren überprüft werden.Die Strompreisaufsicht ist dem-gegenüber nicht zuständig für dieallgemeine staatliche Überwa-chung der Netz- oder Durchlei-tungsentgelte der Netzbetreiber.Eine derartige Aufsicht ist bishernicht installiert worden.

2. Stromtarifkunden könnenvon ihrem Stromversorger keineStromrechnung verlangen, die ineinzelne Kostenpositionen aufglie-dert ist.

3. Die Strompreisaufsicht hatbereits Ihnen bekannte Grund-sätze dafür entwickelt, in wel-chem Umfang freiwillig gezahlte

erhöhte Einspeisevergütungen, z. B.für Solarstrom im Rahmen der Bun-destarifordnung Elektrizität in denStrompreisen weitergegeben werdenkönnen. Dies sagt aber nichts dar-über aus, in welchem Umfang dieseerhöhten Vergütungen generell in dieDurchleitungspreise eingerechnet wer-den dürfen. Da die Strompreisaufsichtfür eine derartige isolierte Prüfung nichtzuständig ist, kommt im Einzelfall nureine Prüfung durch die Kartellbehör-den in Betracht (Mißbrauchsaufsichtgegenüber marktbeherrschenden Un-ternehmen).

4. Für die Frage der Weitergabe derKosten für freiwillige Energieberatungund LCP-Maßnahmen gelten letztlichdieselben Prüfkriterien im Rahmen derBT0Elt und ggf. der kartellrechtlichenMißbrauchsaufsicht.

5. Der Bund-Länder-Ausschuß En-ergiepreise hat keine generellen Aus-sagen zur Frage der Umlage von Mehr-kosten aus freiwillig erhöhten Einspei-severgütungen auf die Durchleitungs-preise getroffen, weil die Zuständig-

Kommentar des SFV zur Antwortdes BMWi:

Aufgabe der Strompreisaufsichtwar es bisher, die Tarifkunden ge-genüber dem Monopol der Strom-versorger zu schützen. Doch derfreie Stromhandel beseitigt die Mo-nopole in der Stromerzeugung. In-sofern stellt sich die Frage, ob hiernoch eine staatliche Aufsicht erfor-derlich ist. Lediglich das Quasi-Mo-nopol der Netzbetreiber bleibt be-stehen. Wir können nicht verste-hen, wie die Strompreisaufsicht denTarifkunden gegenüber dem Mono-pol des Netzbetreibers schützen soll,ohne die lückenlose Kenntnis allerKosten und Erlöse im Netzbetrieb.

17Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

PROGNOS kommt ins SchleudernPROGNOS Berlin hat für das BMWi eine Studie erstellt: „Möglichkeiten derMarktanreizförderung für erneuerbare Energien auf Bundesebene ...“Eine Durchsicht dieser Studie ergab wesentliche Ungereimtheiten, aus denenunsinnige Empfehlungen folgen Wolf von Fabeck

der Gutachter zwei Gruppen vonFördermodellen:preisorientierte Fördermodellemengenorientierte Fördermodelle

Die Gutachter stellen diese zweiGruppen gegeneinander: preisorien-tierte Förderung gegen rnengenori-entierte Förderung.

Bei einem Vergleich der beidenGruppen stellen die Gutachter fest,daß die beiden Gruppen (ihrer An-sicht nach) fast gleichwertig seien.

Für Strom aus Windkraft, Was-serkraft und Biomasse schlagen dieGutachter eine kostendeckende Ein-peisevergütung vor (ohne den Begiff„kostendeckend“ zu verwenden).

Für Biogasstrom schlagen die Gut-achter ein Gemisch aus Einspeise-und Zuschußregelung vor.

Für die Photovoltaik schlagen dieGutachter ein reines Zuschußpro-gramm vor.

Die Gutachter halten aber auch,wie oben bereits gesagt, ein Quoten-modell für alle erneuerbaren Energi-en für durchaus erwägenswert undstellen seine Anwendung anheim.

Wie kommt das gute Abschnei-den der Quote zustande?

Das gute Abschneiden der Quoteergibt sich aus einem „Taschen-spielertrick“, den wir nur noch alsunseriös bezeichnen können:Zur Bewertung der Fördermodellewerfen die Gutachter die Vergü-tungslösung zusammen mit der Zu-schußlösung in einen Topf, fischenaus diesem Topf für jedes Bewer-tungskriterium die schlechtere derbeiden Lösungen heraus und ver-gleichen diese mit der Quotenrege-lung im anderen Topf.

Würde PROGNOS wissenschaft-lich sauber arbeiten, so müßte PRO-GNOS drei Fördermodelle mitein-ander vergleichen, nämlich:- kostenorientierte Zuschüsse (das

alte 1000-Dächerprogramm,REN-Zuschuß etc.),

- kostenorientierte Vergütungen(Stromeinspeisungsgesetz, KV),

- Quotenmodell.

Tatsächlich vergleicht PROGNOSaber nur zwei Modelle:- kostenorientierte Förderungen

(ausschließlich die Nachteile derZuschußförderung)

- Quotenmodell

Im Einzelnen: Die Gutachter wer-fen die von ihnen vorgeschlageneVergütungslösung (für Wind, Was-serkraft und Biomasse) zusammenmit der von ihnen vorgeschlagenenZuschußlösung (für Photovoltaik)und einer von ihnen vorgeschlage-nen Kombination aus Vergütungs-und Zuschußlösung (für Biogas) zu-sammen in einen Topf, dem sie dieBezeichung „Preisorientierte För-derung“ geben. Bei dem dann fol-genden Vergleich der „Preisorien-tierten Förderung“ mit dem Quo-tenmodell verwenden sie willkür-lich nur noch die Nachteile der Zu-schußlösung, nicht aber die Vortei-le der Vergütungsregelungen: So fin-det man in der entscheidenden Wer-tungstabelle (Tabelle 30) die Aussa-ge, es gäbe bei der preisorientiertenLösung eine „hohe finanzielle Be-lastung öffentlicher Haushalte (bzw.der Steuerzahler)“. Nun weiß derKenner der KV, daß diese nicht ausder Staatskasse, sondern aus denohnehin entlasteten Geldbeuteln derStromverbraucher gezahlt wird. DiePROGNOS-Aussage (hohe finanzi-elle Belastung) trifft also weder auf

- PROGNOS lehnt die Ko-stendeckende Vergütung fürdie Photovoltaik ab.

- PROGNOS hält eine Quo-tenregelung zwar nicht fürdie beste, aber doch für eineempfehlenswerte Lösung.

Wir können zeigen, daß die bei-den Ergebnisse nicht aufgrund sau-berer Herleitung zustandekommen,sondern sich fast willkürlich auseiner fehler- bzw. lückenhaften Kettevon Folgerungen ergeben. Wir hof-fen, daß diese Mängel der Studieöffentlich diskutiert werden und zueiner Revision der Empfehlungenführen. Deshalb begrüßen wir dievon PROGNOS gegebene Anregung(S. 5) zu einer breiten Diskussion.

Das Ergebnis der Studie inKurzform

Die Gutachter untersuchen vierFördermodelle,- ein vergütungsonentiertes (z.B.

Stromeinspeisungsgesetz, ko-stendeckende Vergütung)

- ein zuschußorientiertes- ein mengenorientiertes (Quoten-

verpflichtung für den Betreiberdes Verteilernetzes),

- ein durchleitungsorientiertes(grüner Strom).

Das Durchleitungsmodell wirdwegen geringer Effektivität wiederausgeschieden und als Option fürdie Zukunft bezeichnet.

Das vergütungsorientierte und daszuschußorientierte Modell werdenzusammengefaßt unter der Bezeich-nung „preisorientiert“.

Somit verbleiben nach Definition

18 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

die von PROGNOS selbst vorge-schlagenen Vergütungsregelung fürWindstrom, für Wasserkraft oderfür die Biomasse zu.

Oder es wird der Zuschußbedarf jeEnergieeinheit bei den beiden Förder-modellen miteinander verglichen. DerZuschußbedarf der kostenorientiertenZUSCHÜSSE ist, wie das Wort schonandeutet, bekanntlich hoch, der Zu-schußbedarf bei kostenorientiertenVERGÜTUNG dagegen ist bekannt-lich Null. PROGNOS geht auf denUnterschied nicht ein, sondem wirftbeides in einen Topf und bezeichnetden Zuschußbedarf als „Mittel“.

Warum soll die Photovoltaikkeine kostendeckende Ver-gütung erhalten?

Die Gutachter schlagen für Wind-kraft, Wasserkraft und Biomasseeine Förderung durch erhöhte Ein-speisevergütungen vor, lediglich beider Photovoltaik schlagen sie einereine Zuschußregelung vor. Folgen-de Begründung findet sich dafürauf Seite 72:

„Der Grund, warum bei der Pho-tovoltaik - abweichend von den üb-rigen Techniken zur Stromerzeugungaus erneuerbaren Energien - eineZuschußlösung vorgeschlagen wird,

ist, daß eine kostendeckende Ver-gütung von Solarstrom durch dendann zu erwartenden starken Aus-bau der Photovoltaik einen zu gro-ßen Mittelbedarf binden würde. DieMittelverteilung sollte jedoch so er-folgen, daß zunächst in den Ausbauder heute schon deutlich näher ander Wirtschaftlichkeitsschwelle be-findlichen Technologien investiertwird.“ Sagen wir es einmal mit un-seren Worten. Bei KV würde derAusbau der Photovoltaik zu raschgehen. Und das ist nicht erwünschtweil, ja weil... ehem.... Unwissen-schaftlicher geht es kaum.

1. PROGNOS berücksichtigtnicht, daß bei der KV das Kapitalvon freiwilligen Kapitalgebern vor-gestreckt wird und dann erst lang-sam im Lauf der folgenden 20 Jah-re über die Erhöhung des Strom-preises refinanziert wird.

2. PROGNOS unterscheidet nichtdie Herkunft der zur Refinanzierungerforderlichen Mittel. Ob die Mittelaus dem knappen Staatshaushaltoder aus den durch Strompreissen-kungen völlig entlasteten Budget derStromkunden stammen, wird nichtbewertet.

3. PROGNOS postuliert apodik-tisch die Behauptung, daß erst die

am weitesten fortgeschrittenenTechnologien zu fördern seien. Esfehlt hier jede Begründung. Mankam sehr viel leichter begründen,daß zur Erzielung eines ausgewo-genen Energiemixes erneuerbarerEnergien die Photovoltaik vorran-gig gefördert werden müsse.

PROGNOS-Vorschlag für dieSolarstromförderung ist inseiner Höhe unrealistischund in seinen Folgen hand-werksfeindlich

Das letztlich von den Gutachternvorgeschlagene Zuschußprogrammfür die Photovoltaik sieht Zuschüs-se zwischen 84 % bis 90 % derInvestitionskosten vor. Solche Zu-schußhöhen hat es unseres Wis-sens noch nie gegeben. Der Anreizist einerseits fast unwiderstehlich,die Mittel sind andererseits be-schränkt. Der Effekt ist leicht vor-hersehbar: Die Fördermittel werdenjeweils nach kurzer Zeit verbrauchtsein und das Programm kommt je-weils im Sommer zum Erliegen. Dasständige Stop and Go wird die In-stallateure und Händler zermürben...Unter Solarfreunden brauchen wirdies und weitere Nachteile nichtweiter auszumalen.

Wann wird das 100.000-Dächerprogramm bezahlt?Optimisten hoffen auf einen

Nachfolger für das 100.000-Dächer-Programm nach 6 Jahren. Doch dieseHoffnung dürfte trügen. Tatsacheist, daß dann die Kostenbelastungdes 100.000-Dächer Programmesfür den Bundeshaushalt noch nichteinmal ihren Spitzenwert erreichthat. Es handelt sich nämlich nichtum einen direkt bezahlten Zuschuß,sondern um eine Zinsbegünstigung.Das bedeutet, der Staat zahlt an diekreditgebende Bank den jährlich fäl-ligen Zins. Erst im dritten Jahr nachEnde des 100.000-Dächer-Pro-gramms erreichen die Kosten ihrenSpitzenwert (wegen der tilgunsfrei-

en Startjahre), für dann weitere 2Jahre (weil danach die ersten Kre-dite auslaufen) und nehmen dannüber weitere 4 Jahre langsam ab(wie sich der Erlaß der Schlußrateauswirkt, der ja auch aus dem Bun-deshaushalt bezahlt werden muß,stelle ich jetzt mal als Quizfrage inden Raum ...)

Das 100.000-Dächer-Programmbelastet also den Bundeshaushalt 16Jahre lang und könnte somit auchweitere Förderprogramme ’blockie-ren’. Es verschiebt die Kosten derFördermaßnahmen von heute in dieZukunft und ist - wie jede Kreditfi-nanzierung staatlicher Maßnahmen

- eine buchstäbliche Hypothek aufdie Zukunft.

Leider sind diese Zusammenhän-ge (wie viele andere wichtige öko-nomischer Art) besonders in dentechnisch interessierten Kreisen derSolarszene viel zu wenig präsent.Und deshalb stößt wohl die Forde-rung nach kV, die ökonomisch eineSelbstverständlichkeit darstellt, nochimmer auf Skepsis. Übrigens müß-te die Forderung eigentlich nach ei-ner gewinnorientierten Vergütunglauten! Merke: Je höher der Ge-winn, desto mehr und schneller wirdinvestiert. Thomas Seltmann

19Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Billiger Strom: Künftig kein Geld mehrfür dreiste AbsahnerPressemitteilung des Bundes der Energieverbraucher vom 13.August 99

Die gewaltigen Preissenkungenvon RWE und EnWB (GelberStrom) haben es an den Tag ge-bracht: Diese Unternehmen habenihren Kunden über Jahrzehnte vielzu tief in die Tasche gegriffen. BeiEnWB kostete eine Kilowattstundebisher 33 Pfennig, sie wird künftigals gelber Strom für 19 Pfennigangeboten. Einem durchschnittli-chen Haushalt mit einem Verbrauchvon 3.500 Kilowattstunden wurdenalso von EnWB bisher Jahr für Jahrrund 500 DM zuviel in Rechnunggestellt. Für alle 3 Millionen Kundender EnWB (frühere EVS, Baden-werke u.a.) waren das in den letz-ten zwanzig Jahren 30 MilliardenDM. Verbraucher sind über Jahr-

zehnte maßlos übervorteilt und aus-genommen worden.

Deshalb rät der Vorsitzende desBundes der Energieverbraucher, Dr.Aribert Peters: Die Verbraucher soll-ten ihre neugewonnene Wahlfrei-heit nutzen, um sich von den Ver-sorgungsunternehmen zu trennen,von denen sie bisher gnadenlos über-vorteilt worden sind. Das Vertrauender Verbraucher verdienen Anbie-ter, die schon bisher günstigenStrom angeboten haben, sich fürVerbraucherinteressen, Energieein-sparungen und erneuerbare Energi-en eingesetzt haben. Der Strom-preis allein sollte nicht das Entschei-dungskriterium sein. Denn die pral-

le Kriegskasse von vielen Milliardenerlaubt es den großen Stromversor-gern, die neuen ehrlichen Anbieterdurch Dumpingpreise vom Marktzu verdrängen. Anschließend könnendie Preise wieder auf alte Höhe ge-schraubt werden. Hinter den billig-sten Angeboten steckt keine Kun-denfreundlichlkeit sondern wiedermaßlose Gewinnsucht. Sonst wür-de man wenigstens jetzt die Preisefür alle Kunden herabsetzen undnicht nur für die Wechselbereiten.Es ist nur zu gut bekannt, wie dieje-nigen, die jetzt das „Recht der Ver-braucher auf billigen Strom“ ein-fordern, dieses Recht bisher mit al-len Mitteln bekämpft haben.

ÖDP fordert in Brüssel volle HAFTPFLICHT für AtomkraftwerkeDie Idee ist nicht neu, doch hat noch niemand dieKonsequenzen gezogen Mechthild v. Walter, ÖDP München

Gustav Heinemann hateinmal festgestellt, daß es in derPolitik darum gehe, den strategi-schen Punkt ausfindig zu machen,dessen Veränderung notwendig dieweiteren (erwünschten) Verände-rungen nach sich zöge. Die ödp hatdas weniger feinsinnig mit ihremWahlspruch formuliert „Auch einkleiner Reißnagel kann einen gro-ßen Hintern bewegen.“

Der energiepolitische Sprecherder ödp, Prof. Dr. Klaus Buchner,hat so einen strategischen Punkt

ausfindig gemacht, von dem aussich Bewegung in eine festgefahre-ne Situation bringen ließe. Die For-derung der ödp: Endlich volle Haft-pflicht für Atomkraftwerke! Durcheine solche Haftpflicht für AKWsist ein Atomausstieg schneller undsicherer zu erreichen als durch end-lose Diskussionen um viel zu langeRestlaufzeiten.

Die Folge: Alternative Energieer-zeugung hat dann eine Chance,wenn sie nicht mehr mit staatlich

subventioniertem Atomstrom kon-kurrieren muß.

Wir sehen eine realistische Chan-ce, die Forderung über das EU-Wettbewerbsrecht durchzusetzen.Falls der EU-Kommissar unsererBeschwerde nicht stattgibt, wird dieödp vor dem Europäischen Gerichts-hof klagen. ...

Kontakt:

Ökologisch-Demokratische ParteiSprecher für EnergiepolitikProf. Dr. Klaus BuchnerFax: 089-3516114

20 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Kostendeckende Vergütung unddie StromwechslerBehauptung der EVU: Die kostendeckende Vergütung sei in einem Wettbewerbs-markt ein Fremdkörper und durch den absehbaren Wechsel von Stromkundenzu anderen Anbietern könne die Umlage für die kV nicht mehr aufgebracht wer-den. Stimmt diese Behauptung?Von Rolf Fahle und Ernst Schrimpff

Das neue Energiewirtschaftsge-setz (ENWG) vom 28.4.98 verlangtdie eindeutige Trennung der EVU inErzeugung, Durchleitung und Ver-teilung. Nicht die Erzeugungs- undDurchleitungs-EVU, sondern dieVerteil-EVU sind nunmehr die allei-nigen Vertragspartner (Auftagneh-mer) der Kommunen. Entweder ha-ben die Kommunen ihren Verfas-sungsauftrag auf Dauer an eigeneVerteil-EVU (A-Kommunen mit ei-genen Stadt- oder Gemeindewer-ken) oder auf Zeit an regionale Ver-teil-EVU (B-Kommunen) übertra-gen. Viele Kommunen sind sowohldem A- als auch dem B-Bereichzuzuordnen, wenn im Gemeindege-biet sowohl ein lokales (z.B. Stadt-werke) als auch ein regionales Ver-teil-EVU (z.B IAW, OBAG) Auf-tragnehmer der Kommune sind.

Die nachfolgenden Ausführungengelten fur alle Verteil-EVU, gleich-gültig ob durch A- oder B-Kommu-nen beauftragt.

Die Verteil-EVU haben im Auf-trag der Kommunen die Letztver-braucher in der Kommune sicher,preisgünstig und umweltverträg-lich mit Strom zu versorgen. Diesverlangt sowohl die Bundestariford-nung Elektrizität (BT0Elt) als auchdas neue ENWG. Unerheblich da-bei ist, ob, in welchem Umfang undwie die Verteil-EVU Gewinne imStromhandel machen oder ihreSchwesterbetriebe Strom erzeugenoder Stromtrassen für die Durch-leitung (Höchst- und Hochspan-nung) betreiben.

Die Stromkalkulation der Verteil-EVU besteht aus zwei Teilen: dem

Beschaffungspreis und dem Ver-sorgungspreis. Beide Teile enthal-ten eine Gewinnspanne.

Zum Beschaffungspreis

Die Verteil-EVU sind grundsätz-lich frei in ihrer Entscheidung, beiwelchem Erzeuger oder Stromhänd-ler sie Strom einkaufen und - so-fern Alternativen zur Verfügung ste-hen - welches Durchleitungsnetz siezur Anlieferung benutzen wollen,es sei denn, sie werden durch Ver-tragspartner eingeschränkt oder siewerden mit dem Stromeinkauf über-haupt nicht beauftragt.

Die Kommunen könnten also von„ihrem“ Verteil-EVU z.B. verlangen,daß im Gemeindegebiet kein Atom-strom verteilt wird, daß in bestimm-ten Umfang oder ausschließlichStrom aus Erneuerbaren Energie-trägern eingekauft werden sollu.a.m. Die Vertragsbedingungen be-einflussen die Höhe des Beschaf-fungspreises, der in absehbarer Zu-kunft nicht mehr der Preisaufsichtsondern dem Markt unterliegt.

Zum Versorgungspreis

Aus dem Konzessionsvertrag mitder Kommune ergibt sich die Mo-nopolstellung des Verteil-EVU fürdie Versorgung; sie bleibt damit aufDauer des Vertrages erhalten.

Die Einführung der KV durch eineKommune ist eine Verpflichtung an„ihr“ Verteil-EVU, Strom aus Er-neuerbaren Energieträgern, der insVerteilnetz im eigenen Gemeinde-gebiet eingespeist wird, kostendek-kend zu vergüten und die daraus

folgenden Mehrkosten analog zumStromeinpeisungsgesetz (StrEG)auf den Versorgungspreis umzule-gen. Vergleichbares gilt ja auch fürdie Umlage der Konzessionsabgabe.

Wird der Konzessionsvertrag mitdem Verteil-EVU nicht verlängert,gehen die Verpflichtungen des altenVerteil-EVU auf das neue Verteil-EVU über und werden in dem neu-en Vertrag festgeschrieben. Dadurchist sicher gestellt, daß Anlagenbe-treiber im Gemeindegebiet, derenStromproduktion kostendeckendvergütet wird, tatsächlich 20 Jahrelang diese Vergütung erhalten.

Wechsel von Stromkunden zuanderen Lieferanten

Ist ein Stromtarif- oder Sonder-vertragskunde mit dem von derKommune zur Versorgung beauf-tragten Verteil-EVU - aus welchenGründen auch immer - unzufrie-den, kann er seinen Stromlieferan-ten wechseln. Dieser neue Lieferantkann ein EVU oder ein Stromhänd-ler sein, aber wegen des bestehen-den, mit der Kommune vertraglichvereinbarten Versorgungsrmono-pols kein anderes Verteil-EVU!(Mögliche, aber sicherlich sehr sel-tene Außnahme - Bau einer neuenStichleitung zu einem Stromwechs-ler mit Trafostation, um dessen Ab-

Die Autoren Rolf Fahle undErnst Schrimpff sind aktiveMitarbeiter der Arbeitsgemein-schaft Bayrischer Solarinitiati-ven Sonnenkraft Freising e.V.

21Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

nahmespannungsebene zu erreichen.)

Der Stromwechsler erhält in Zu-kunft von seinem neuen Lieferan-ten zwar seine Stromrechnung, istaber der monopolisierten Versorgungdes bestehenden Verteil-EVU im Ge-meindebereich nicht entkommen:Der „neue“ Lieferant ist gezwun-gen, den Verteil-Service des „alten“Stromlieferanten (Verteil-EVU) inAnspruch zu nehmen und hat dafürder Versorgungspreis an das Ver-teil-EVU zu entrichten. Und in die-sem Versorgungspreis steckt dieUmlage für die kV und die Konzes-sionsabgabe.

Durch den Wechsel zu einem an-deren Stromlieferanten kann derStromkunde dem Verteil-EVU alsolediglich die Gewinne aus dem Be-schaffungspreis entziehen, nicht aberaus dem Versorgungspreis.

Schlußfolgerungen

Die vorgetragenen Argumente derEVU gegen die KV sind also unbe-gründet. Die KV ist genau so wenigein Fremdkörper im Wettbewerbs-markt wie die Konzessionsabgabe.Wer eine umweltgerechte Strom-versorgung will, hat die dafür ent-stehenden Kosten zu tragen. Undwer als Verteil-EVU zum eigenenwirtschaftlichen Vorteil eine Kon-zession erhält und fremdes Eigen-tum nutzt, hat für die entsprechend-ne Kosten aufzukommen. Deshalbsind für die Betreiber von z.B. So-larstromanlagen die KV-Verträge mitdem Verteil-EVU auf Dauer sicherund die Refinanzierung des Verteil-EVU durch die Umlage auf den Ver-sorgungspreis ebenso; die Letztver-braucher in der Kommune könnensich dem nicht entziehen, welchenStromlieferanten auch immer siewählen

Die bestehenden EVU haben al-lerdings durch die Stromwechslerund ihre neuen Lieferanten zu be-fürchten, daß die Schwesterunter-nehmen der Verteil-EVU wenigerStrom verkaufen oder durchleiten

können, bzw. sie selber im Strom-handel weniger Gewinne machenkönnen.

Vor diesem Hintergrund wäre esjeder Gemeinde anzuraten, auf kei-nen Fall vorzeitig einen bestehen-den Konzessionsvertrag zu verlän-gern. Dies gilt insbesondere auchdeshalb, weil die Rechtsgültigkeitder Konzessionsverträge nach Ein-führung des EnWG noch nicht end-gültig geklärt ist (anhängiges Ge-richtsverfahren). Vielmehr solltendie Kommunen zur dauerhaften Ab-sicherung ihrer Gemeindefinanzendarüber nachdenken, ob sie z.B. dieStromversorgung für ein Neubau-gebiet an ein anderes (neues, even-tuell gemeindeeigenes) Verteil-EVUvergeben oder ob sie selbst das in

der Kommune bestehende Verteil-Netz ihres derzeitigen Verteil-EVUgegen Abfindung übernehmen wol-len. Dies sieht das ENWG in § 13Abs. 2 ausdrücklich vor.

Fazit

Auch wenn der Stromlieferant ge-wechselt wird, bleibt die Anzahl derumlageerbringenden Stromkundengleich und die Einnahmen für dieKonzessionsabgabe oder die kosten-deckende Vergütung werden nichtgeschmälert. Unzufriedene Kundeneines Verteil-EVU verringern aller-dings durch einen Lieferantenwech-sel den Stromhandelsgewinn diesesEVU. Das mag ein Problem für dasEVU sein, nicht jedoch für die Kom-mune!

Karikatur von Ulrich Wörner

22 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Lieferung an Ökostromanbieter Ergänzung oder Ersatz für das

Stromeinspeisungsgesetz ? Aus der Sicht eines Wasserkraftwerkbetreibers Manfred Lüttke

Seit dem In-krafttreten desneuen Energie-

wirtschaftsrechts und der damit ver-bundenen Freigabe des Strommark-tes etabliert sich eine immer größe-re Anzahl von Ökostromanbietern.In der Palette der Anbieter findetman sowohl Umweltverbände, Ver-sorgungsunternehmen als auch Neu-gründungen hochspekulativer Art,bei denen die schnelle Mark durchden Verkauf überbewerteter Aktienim Vordergrund stehen dürfte.

Die Stromwirtschaft hat schonlange versucht, sich ein Öko-Män-telchen umzuhängen, indem mangutgläubige Kunden suchte, die be-reit waren, für den angeblichen Be-zug von Öko-Strom Aufpreise zwi-schen 8 und 12 Pf/kWh zu zahlen.Diese EVU-Werbekampagnen konn-ten bei weitem nicht so viele Ab-nehmer zum Abschluß eines Ergän-zungsvertrages bewegen, wie dieStromkonzerne dies wünschten.Deshalb mischen jetzt auch die gro-ßen Verbundunternehmen bei derNeugründung sogenannter Öko-stromhandelsgesellschaften kräftigmit.

Den Abnehmern wird meistenssuggeriert, mit dem Abschluß einesSonder-Stromvertrages käme ausseiner Steckdose nur noch Öko-Strom anstelle des üblichen Strom-mixes aus Kohle- und Kernkraft.

Tatsächlich aber erhält der Ab-nehmer - egal wieviele Schilder erauf seinen Zähler klebt und gleich-gültig einen wie hohen Zuschlag erfür den Ökostrom bezahlt - den-noch immer nur den gleichen üb-lichen Strommix, bestehend aus

überwiegend endlichen Energien, dairgendwo ins Netz eingespeisterÖko-Strom gleichgültig ob aus Son-ne, Wind oder Wasser niemals ge-zielt durch das allgemeine Netz zubestimmten Abnehmern hin- oderdurchgeleitet werden kann. JederStrom, gleichgültig aus welcher Er-zeugungsquelle eingespeist, geht indas allgemeine Netz so ein wie einFluß in das Salzwasser des Meeres.

Der Endabnehmer, der aus öko-logischer Verantwortung heraus ei-nen Aufpreis für Umweltstrom be-zahlt, muß sich darüber im Klarensein, daß er dennoch weiterhin nurden gleichen Strommix, keineswegsaber reinen Umweltstrom erhält.

Wer dennoch damit wirbt,der Stromkunde erhaltenach Abschluß einesÖkostromlieferungsvertra-ges reinen Umweltstrom,verstößt gegen die Grund-sätze des Wettbewerbs-rechts, weil wissentlich et-was angeboten wird, was indieser Form nicht geliefertwerden kann.

Gegen eine neu gegründete Na-turstromanbieterin - ein Tochterun-ternehmen zweier Stromkonzerne-, die damit warb, daß nur nochreiner Öko-Strom zum Zähler desKunden geliefert werde, wenn die-ser den Vertrag unterzeichne undeine Kleber auf dem Zähler anbrin-ge, wurde beim zuständigen Lan-desgericht Unterlassungsklageeingereicht. Der Vorstandsvorsit-zende einer der beiden Mutterge-

sellschaften hatte bereits ungeniertverlautbart, daß er das große Po-tential seiner Rheinwasserkräftekünftighin bundesweit gegen Auf-preis an Direktkunden vermarktenwill.

In diesem Fall geht es unüber-sehbar nur darum, den Strom ausWasserkraftwerken, deren Errich-tung der Kunde bereits über dennormalen Strompreis bezahlt hat,zum höheren Wohl des Versor-gungsunternehmens und zur Erzie-lung noch höherer Gewinnmargenan gutgläubige Kunden zu vermark-ten, die glauben, damit etwas zurSchonung der Umwelt beizutragen.

Die Aktivitäten der ständig stei-genden Anzahl sogenannter Öko-Stromanbieter sind daher sehr sorg-fältig und kritisch zu analysieren.Es drängt sich auch der begründeteVerdacht auf, daß es vielen dieserAnbieter weniger um die Förderungvon Öko-Strom, sondern vorrangigeinmal um die Jagd nach derschnellen Markt geht. Wenn an-geboten wird, daß die örtlichenStrombezugsverhältnisse unverän-dert die gleichen bleiben, es müssenur per seperater Rechnung ein Zu-schlag an das betreffende Unter-nehmen gezahlt werden, handelt essich im eigentlichen Sinn nur umeine Spenden-Einwerbungsorganisa-tion, bei der offen bleibt, ob undwieviel der so gesammelten Auf-preisspenden letztlich dem Bau von

Manfred Lüttke ist 1. Vorsit-zender des BundesverbandesDeutscher Wasserkraftwerke.

23Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Anlagen zur Nutzung erneuerbarerEnergie zugute kommt.

In der Regel dienen die einge-worbenen Beträge vorab zuerst ein-mal der Finanzierung des neu ge-gründeten Öko-Strom-Handelsun-ternehmen und seiner Initiatoren.Ob und welche Beträge dann letzt-endlich in die direkte Förderung um-weltfreundlicher Anlagen fließen,dürfte meistens nur schwer erkenn-bar sein.

Um diese Bedenken zu zerstreu-en, bieten „Öko-Strom-Handelsun-ternehmen“ Wind- und Wasser-kraftbetreibern Verträge an, in de-nen den Einspeisern für das Einge-hen der Lieferverpflichtung ein Auf-preis zum Einspeisungsgesetz an-geboten wird.

Die bis jetzt dem Verfasser be-kannt gewordenen Angebote lagenbei einem Aufschlag zwischen1 und 1,5 Pf/kWh auf die Sätze desEinspeisungsgesetzes, wohingegendie Aufschläge, die den Abnehmernvon Naturenergie abverlangt wer-den, meistens zwischen 8 und10 Pf/kWh brutto, vor Mehrwert-steuer, also zwischen 6,98 und8,62 Pf/kWh liegen. Der Erzeugervon Strom aus Wind- und Wasser-kraftwerken erhält also nur einenBruchteil des Aufschlages, der anden Kunden berechnet wird.

Dieses Verhältnis erscheintschlicht unausgewogen, ein Auf-preis aus der Vermarktung von Öko-Strom sollte zumindest jeden derbeiden Parteien hälftig zukommen,bei einem Verteilungverhältnis von20-25% für den Erzeuger und75-80% für den Händler macht nureine Partei ein Geschäft, der Ab-nahmevertrag mit dem Öko-Strom-Erzeuger dürfte in diesem Falle wohlin erster Linie Alibifunktion haben.

Abnahmebedingungen derÖko-Stromhändler

Aus den bisher hier vorliegendenVertragsangeboten ist zu ersehen,daß der jeweilige Öko-Stromhänd-

ler fast nie die gesamte Produktion,sondern nur ein Teil der jeweiligenStromproduktion aus der Wind- undWasserkraftanlage abnehmen will.

Darüber hinaus werden teilweiseVertragsbedingungen vorgegeben,die nicht akzeptabel sind.

Hier liegt unter anderem das An-gebot einer Öko-Strom-Handels AGaus Hamburg vor; diese räumt vonvornherein ein, daß sie nur einenEnergiemix liefert, der zu 50% auserneuerbaren Energiequellen stammt.In diesem Fall muß darüber nach-gedacht werden, ob nicht schon dieFirmenbezeichnung wettbewerbs-widrig ist, weil unter der Firmie-rung „Öko-Strom-Handels AG“ je-der annehmen darf, daß nur reinerÖkostrom geliefert wird. Das Un-ternehmen sucht derzeit Lieferan-ten aus Strom von Wasserkraft undbietet diesen Vertragsentwürfe an,gemäß denen der Vertragspartner1 Pf/kWh mehr als per Einspeise-gesetz erhalten soll. Welche kon-kreten Aufschläge den Kunden ab-verlangt werden, ist aus diesem Ver-tragsentwurf nicht ersichtlich.

Der Vertragsentwurf erscheintaus hiesiger Sicht aus folgendenGründen unannehmbar:

1. Die Abnahme soll nur im Rah-men des Lastprofils der Kunden die-ser Handelgesellschaft erfolgen. Eswird ausdrücklich vereinbart, daßEnergie, die über das Lastprofil hin-aus geliefert wird, nicht Gegenstanddieses Vertrages ist.

2. Der Einspeiser soll akzeptieren,daß die Abnahme durch „Öko-Strom“ jederzeit dann eingestelltwird, wenn die eingespeiste Ener-gie „an der Entnehmeranlage nichteingespeist werden kann“. Im Klar-text bedeutet dies, daß dann, wennder jeweilige Bedarf zurückgeht,keine Vergütung mehr gezahlt wird.Der Einspeiser hat aber trotz Ver-trag keinerlei Kalkulationsbasis dar-über, was er denn nunmehr tat-sächlich verkaufen und erlösenkann. Er kann auch nichts kontrol-

lieren; er ist gezwungen, das zuakzeptieren, was ihm der Öko-Stromhändler am Monatsende alsangeblich durchgeleitet anerkenntund bezahlt. Was dann übrig bleibtmuß der örtliche Netzbetreiber alssogenannte Überschußstrom nachdem Einspeisungsgesetz abnehmenund vergüten.

3. Umgekehrt aber soll der Einspei-ser dem Stromhändler für alle Schä-den haften, die diesem durch Un-terbrechung der Stromlieferungendes Einspeisers entstehen.

Vor dem Abschluß derartig ein-seitiger Verträge kann nur dringendgewarnt werden.

Stromeinspeisungsgesetzüberflüssig?

Generell besteht bei Arrangementsmit Öko-Stromhandelsgesellschaf-ten die Gefahr, daß die monopoleStromwirtschaft dann argumentiert:das Stromeinspeisungsgesetz seijetzt überflüssig und könne aufge-hoben werden, da die Kleineinspei-ser ja am Markt über Verträge mitÖko-Stromhändlern weit höherePreise erzielen könnten.

Wenn überhaupt über einen Ver-trag mit Öko-Stromhändlern nach-gedacht werden soll, dann muß na-türlich ein wesentlich ausgewoge-neres Vertragsverhältnis zugrundegelegt werden, als die Bedingun-gen, die vorausgehend erläutertwurden.

Außerdem muß in jedemVertrag als Präambel fest-gehalten werden, daß durchdiese Vereinbarung die not-wendige Grundlage für dieVergütung nach Einspei-sungsgesetz unangetastetbleibt und das dieser Ver-trag auch nicht die Zielset-zung verfolgt, das Einspei-sungsgesetz zu ersetzen,

vielmehr soll über die zusätzliche

24 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Vergütung eine Verbesserung derWirtschaftlichkeit der bestehendenAnlagen erreicht werden, um aufdiese Weise Anreize für den ver-stärkten Ausbau der noch vorhan-denen Ressourcen erneuerbarer En-ergiequellen zu schaffen.

Ein Vertragsverhältnis, bei dem derÖko-Stromhändler den erzeugtenStrom nur stundenweise, ohne vor-hergehende Festlegung, abnimmt undvergütet, ist abzulehnen; dies auchdann, wenn es sich bei einem sol-chen Vertragsverhältnis aufgrund derUnmöglichkeit der direkten Durch-leitung von Öko-Strom zu einemDritten im eigentlichen Sinne nur umein symbolisches Vertragsverhältnishandelt, das in dieser Form in derPraxis nicht umgesetzt werden kann.

Bei allen derzeit vorliegenden Ab-nahmeangeboten erscheint es völligunzureichend, daß der Einspeisernur 1 bis max 1,5 Pf/kWh Aufpreiserhalten soll, wohingegen der Öko-Stromhändler zwischen 6,5 und 9

Pf/kWh Mehrpreis kassiert.

In aller Deutlichkeit mußklargestellt werden, daß derGrundsatz der Vergütungnach Einspeisungsgesetz invollem Umfang aufrechter-halten und unangetastetbleibt.

Die Bestrebungen der Öko-Strom-händler, Vertragsverhältnisse mit un-abhängigen Produzenten einzuge-hen, stehen erst am Anfang; ob esin der Folge zu akzeptablen undannehmbaren Vertragsangebotenkommt, muß abgewartet werden.Euphorie ist also fehl am Platz; umso mehr wird vorsichtige Zurück-haltung empfohlen.

Bis jetzt ist dem Verfasser nochkein Vertragsangebot eines Öko-Stromhändler vorgelegt worden,das akzeptabel ist und dessen Ab-schluß empfohlen werden kann.Selbst wenn der Öko-Stromhandel

künftighin bessere Vertragsbedin-gungen anbieten sollte, dann kanndennoch nur dann über ein eventu-elles Vertragsverhältnis nachgedachtwerden, wenn der betreffende Ver-trag eine Präambel beinhaltet, dieden Vorrang und die Unverzicht-barkeit des Einspeisungsgesetzesfestschreibt, wobei dann gleichzei-tig auch ein Verteilungsschlüssel fürdie Aufteilung der vom Kunden ver-langten Aufpreise zugrundegelegtwerden muß. Vorausgehend mußauch sichergestellt werden, daß derNetzbetreiber in jedem Falle die ver-bleibende Einspeisemenge übernimmt.

Solange diese erläuterten Voraus-setzungen alle nicht gegeben sind,erscheint es zumindest zum derzei-tigen Zeitpunkt besser, vorderhandkeine Verträge oder Vereinbarun-gen mit Öko-Stromhändlern einzu-gehen.

Anmerkung der Redaktion: Nurwer nach dem Stromeinspeisungs-gesetz eine Vergütung unterhalb desKV-Satzes erhält, dürfte überhauptInteresse haben.

Klimaschutz trotz Sparhaushalts möglichVorschlag einer „Gewinnbringenden Vergütung“ trotz Sparhaushalts des neuenBundesfinanzministers Von Herbert Mühlbauer

Die in allen Bereichen des Haus-halts vorgesehenen Einsparungenlassen auch drastische Kürzungenbei den längst überfälligen Investi-tionen in den Klimaschutz befürch-ten.

Hier bietet sich als Lösung, dieim Gegensatz zum ohnehin nichtbesonders effektiven 100.000-Dä-cher-Photovoltaik-Programm nichtdie Steuerkasse belastet, eine Wei-terentwicklung der bisher schon ineinigen Kommunen für die Einspei-sung von Solarstrom gezahlten „Ko-stendeckenden Vergütung“ (KV) ge-nerell für Strom aus den erneuerba-ren Energiequellen Sonne, Wind,Wasser, Biomasse oder Geother-mie an. Dabei erhält der Betreiber

deutlich mehr als die Mindestvergü-tung des Stromeinspeisegesetzes, sodaß er seine Anlage kostendeckendbetreiben kann. Die anfallendenMehrkosten kann der Stromnetzbe-treiber den Netzkosten zuschlagenund auf alle Stromkunden umlegen,auch auf jene, die per „Durchlei-tung“ billigeren Strom beziehen. Soentsteht auch ein Anreiz zum Strom-sparen.

Der Prozeß der Energiewende lie-ße sich durch sprunghaft ansteigen-de Zahlen privater Investoren we-sentlich beschleunigen, würde überdie reine Kostendeckung hinaus fürStrom aus erneuerbaren Energieneine gewinnbringende Vergütung be-

zahlt (ich schlage vor, sie „Innova-tive Vergütung“ zu nennen), bei derauch die privaten Betreiber ähnlichwie die etablierten Energiekonzernemehr als nur „Sparbuchzinsen“ er-wirtschaften. Durch Produktion gro-ßer Stückzahlen könnten in weni-gen Jahrzehnten die Herstellungs-kosten soweit fallen, daß dann Stromdezentraler Neuanlagen in unmittel-barer Nachbarschaft billiger zu ver-markten wäre als umweltbelasten-der Strom fossilen und atomarenUrsprungs. Nebenbei würde dieRegion gestärkt, der Arbeitsmarktentlastet und der Export von um-weltfreundlicher Stromerzeugungs-technologie oder entsprechendemKnow-how gefördert.

25Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

KV gibt es nicht nur beiPhotovoltaik sondernauch bei BraunkohleDoch offenbar wird mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen Von Peter Raue

Peter Raue, 1969 ist Physikerund wissenschaftlicher Ange-stellter in der Arbeitsgruppe Pho-tovoltaik des Instituts für Expe-rimentelle Physik der TU Berg-akademie Freiberg, Gründungs-mitglied und Pressereferent der„Initiative für Regenerative En-ergien in Sachsen e.V.“ (IRES)

Die kostendeckende Einspeise-Vergütung (KV) für regenerativeEnergien, speziell für den Solar-strom aus Photovoltaik (PV), stößtauf den erbitterten Widerstand derdeutschen Stromkonzerne. Unisonoverkünden - allen voran RWE,PreussenElektra, Bayernwerk undVEAG: die KV bedeute den Unter-gang der Wirtschaft des deutschenAbendlandes. Wegen der immen-sen Kosten. Dabei ist der Gedankeder KV nicht neu. Im Gegenteil:Sie bewährt sich gerade beim Auf-bau Ost- zumindest, wenn manden oben genannten KonzernenGlauben schenkt. Nur, daß sie hiernicht KV, sondern „Energiekon-sens Ost“ heißt und noch weiterekleine Unterschiede aufweist:Die KV für sauberen Strom ausPhotovoltaik, Wasserkraft oderBiomasse haben sich ein paar ver-nünftige Köpfe ausgedacht. Mitihr könnte sich jeder Bürger seinkleines Öko-Stromwerk bauen:Viele erzeugen Strom, und jederkann seine Anlage, die derzeit nochrelativ teuer ist, von den Erlösenrentabel betreiben. Diese Erlösesind höher als der derzeitige Markt-preis für Strom. Dadurch würdeeine gewaltige neue Branche ent-stehen mit sehr vielen neuen Ar-beitsplätzen. Ihre Väter setzen fürihre Einführung auf Überzeugung.Bei jeder Gelegenheit sprechen sieüber ihre Idee. Sie wollen sie vonder Bundesregierung als Gesetzverwirklicht sehen. Im Vorder-grund der öffentlichen Diskussionstehen hier die (eigentlich gerin-gen) Kosten.

Der Energiekonsens Ost - „Ret-ter der ostdeutschen Braunkohle“ -funktioniert genauso. Hat aber dreiwichtige Unterschiede. Hier erhältnur einer eine kostendeckende Ver-gütung: die VEAG. Sie erhält fürihren aus ostdeutscher Braunkohleerzeugten Strom einen Mindest-preis, der höher ist als der markt-übliche Preis für Strom. Die VEAGbrauchte nicht auf das langwierigeÜberzeugen der Bürger zu setzen.Sie ließ von der damaligen Regie-rung einen Vertrag unterschreiben.Denn die Politiker wollten wenig-stens einen Bruchteil der Arbeits-

Ökobank-Werbung

KV jetzt !!!Wenn KV bundesweit, dann jetzt, wo

die Strompreise drastisch fallen ! (z. B. in Amberg: Senkung der Strompreise um 240.-DM /a)

Hans-Jürgen Frey, Solarenergie - Förderverein e.V. Infostelle Amberg / Amberg - Sulzbach

plätze für die Kumpel in der Lausitzund dem Mitteldeutschen Braunkoh-lerevier erhalten. Im Vordergrund deröffentlichen Diskussion standen hierdie (wenigen) erhaltenen Jobs undnicht die immensen Kosten.

26 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Biomasse - Baustein einer künftigenEnergieversorgungEin produktives, umweltschonendes Ackernutzungskonzept zur Bereitstellungvon Energie und Wertstoffen aus der Vielfalt der KulturpflanzenVon Prof. Dr. Konrad Scheffer

1. Einleitung

Neben der Bereitstellung von Nah-rungs- und Futtermitteln hat dieLandwirtschaft mit der Erzeugungvon Rohstoffen und Energie wiederdie Funktionen zu übernehmen, dieihr seit ca. 100 Jahren mit der Nut-zung fossiler Rohstoffe vorüberge-hend entzogen worden sind. Aufdiese alten Funktionen kann späte-stens dann nicht mehr verzichtetwerden, wenn die fossilen organi-schen Rohstoffquellen versiegen; siesind jedoch schon heute wegen derDringlichkeit einer Reduktion klima-wirksamer Gasemissionen (CO2)und der Entschärfung der Abfall-problematik erforderlich.

Eine Zukunft, in der umwelt-schädliche Emissionen und Abfällevermieden werden, in der Boden,Wasser und Luft schadstofffrei blei-ben sollen und zu der die stofflicheund energetische Pflanzennutzungihren unverzichtbaren Beitrag lei-sten muß, kann nicht mit landwirt-schaftlichen Produktionsverfahrengestaltet werden, die bislang in er-heblichem Maße zu Umweltbela-stungen beigetragen haben (Nitrate,Phosphate, Pestizide in Böden,Grund- und Oberflächenwasser,Bodenabtrag durch Wind und Was-ser u.a.m.). Eine ebenso zukunfts-bedrohende Entwicklung stellt dieArtenverarmung der Nutz- und Wild-pflanzen und in ihrem Zuge auchder Fauna dar. Moderne Züchtungs-methoden und Vermarktungsstra-tegien engen die Genvielfalt einzel-ner Arten immer weiter ein.

Ökologisch orientierte Landnut-zungskonzepte, die lediglich die Ver-meidung von Umweltbelastungenzum Ziel haben, werden der zusätz-lichen gesellschaftlichen Verantwor-

tung der Landwirtschaft als Stoff-und Energieproduzent nicht gerecht.Daher müssen Konzepte erarbeitetwerden, die zu einer multifunktio-nellen und umweltschonenden Land-nutzung im Interesse einer umwelt-gerechten Entwicklung der Industrie-gesellschaft führen.

2. Ein Konzept

Biomassen aus der Land- undForstwirtschaft werden zukünftig,gemessen am Anteil der regenerati-ver Energieträger am Primärener-gieaufkommen, die größte Bedeu-tung erlangen. Vorraussetzung hier-für ist, daß dieser Energieträger ohnegroßen Energieaufwand und ohneUmweltbelastungen bei der Erzeu-gung (Anbau, Ernte) und Weiter-verarbeitung (z.B. thermische Um-wandlung) bereitgestellt werdenkann.

Weltweit speichert die jährlichheranwachsende Pflanzenmasse

zehnmal mehr Sonnenenergie, alsdie Weltbevölkerung an Energie be-nötigt. Der Energiewert der Nah-rungsmittel beträgt von dieser Ge-samtenergiemenge nur ca.1 %. So-mit treten die neuen Funktionen derLandwirtschaft nicht in Konkurrenzzur Nahrungsmittelversorgung, zu-mal in nahezu allen Industriestaatendie landwirtschaftliche Überproduk-tion durch uneffiziente Flächenstil-legungsprogramme zu lösen ver-sucht wird. Auch dort, wo Nah-rungsmittel nicht im Überschuß vor-handen sind, gibt es beachtliche Bio-massepotentiale, da von Nahrungs-pflanzen selten mehr als die Hälfteverzehrbar ist.

Abb.1: Neben Biomasse spielen in einer „solaren Zukunft“ die erneuerba-ren Energiequellen Wasser, Wind und Sonnenstrahlung eine vergleichba-re Rolle. Solange jedoch die Energie nicht speicherbar ist, kann nicht aufBiomasse verzichtet werden.

Prof. Dr. K.Scheffer ist am In-stitut für Nutzpflanzenkundeder Universität Kassel, Fach-bereich Landwirtschaft, Inter-nationale Agrarentwicklung undÖkologische Umweltsicherungtätig.

27Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Neben gespeicherter Energie ent-halten die Pflanzen eine unbegrenz-te Zahl an industriell verwertbarenlnhaltsstoffen, die den größten Teilbisher aus fossilen Rohstoffen her-gestellter Industriestoffe umweltent-lastend ersetzen können. Einige we-nige Beispiele hierfür sind Folienaus Stärke, Schmieröle aus Pflan-zenöl, Dämmstoffe aus Pflanzenfa-sern.

Die langfristige Strategie bestehtin der stofflichen Zwischennutzunghöherwertiger Inhaltsstoffe einerPflanze. Nach der Zwischennutzungwerden diese Stoffe - ebenso wieder große Rest der Pflanze - ener-getisch genutzt, selten kompostiertund niemals deponiert, weil letztge-nannte Verfahren neben hohen Ko-sten zu Emissionen umwelt- undklimaschädigender Gase (Ammoni-ak, Methan, Lachgas) führen.

Aus den gleichen Gründen wer-den Aufwüchse von Naturschutz-flächen, Grünschnitt von Weg- undGewässerrändern sowie von Grün-anlagen in eine thermische Verwer-tung mit einbezogen. Energie undRohstoffe sind im Interesse stabilerÖkosysteme aus einer Vielfalt vonArten und Sorten zu gewinnen,wobei neben der Tolerierung vonWildpflanzen Umweltbelastungendurch Bodenerosion, Einträge vonNährstoffen in das Grundwassersowie die Anwendung von Pestizi-den zu vermeiden sind.

Ein am Institut für Nutzpflanzen-kunde in Witzenhausen entwickel-tes, ökologisch orientiertes Anbau-system erfüllt weitgehend diese For-derungen. Dabei wird die Biomasseals Grünpflanze geerntet und in Gär-silos dauerhaft konserviert. DiesesVerfahren ist in der landwirtschaft-lichen Praxis für die Lagerung vonFutter erprobt. Das Anbausystemberuht auf der Ernte von möglichstzwei Kulturen pro Jahr. Eine Zwei-fachnutzung wird möglich, da dieAusreife der Erstkulturen nicht ab-gewartet und somit Vegetationszeitfür den Anbau der Zweitkultur ge-wonnen wird. Die Zweitkultur wird

nach der Ernteder Erstkulturohne vorherge-hende Bodenbe-arbeitung zwi-schen die Stop-peln gesät(Abb.2). Diese„ B o d e n r u h e “wirkt einem Hu-musabbau entge-gen. Die Stoppelnder Vorfrucht bieten einen idealenSchutz vor Bodenerosion.

Beispiele für überwinternde Kul-turen sind die heimischen Getreide-arten, desweiteren Raps und Rüb-sen, Futterpflanzen und ebenso Win-terleguminosen als Stickstoffsamm-ler. Als Folgekulturen können diehochproduktiven C4-Pflanzen Maisund Hirse sowie Sonnenblumen,Hanf, Ölrettich und Gräser angebautwerden. Durch den Zweifruchtan-bau erhält der Boden das ganze Jahrüber eine Vegetationsdecke, die stän-dig Nährstoffe entzieht, somit Nähr-stoffauswaschungen, insbesonderevon Nitratstickstoff, minimiert undvor Bodenerosion schützt. DurchAuswahl oder Neuzüchtung vonproteinarmen Sorten läßt sich derStickstoffbedarf der Energiepflan-zen erheblich senken.

Herbizide werden gewöhnlich ein-gesetzt, um die Konkurrenz zwi-schen Kulturpflanze und Wildpflan-ze auszuschalten und einer Wild-pflanzenvermehrung durch Samen-ausfall vorzubeugen. Die Konkur-renz zwischen Wildpflanze und Kul-turpflanze verliert an Bedeutung,wenn nicht nur die Kulturpflanzedas Ernteprodukt darstellt, sondernwenn der Gesamtbestand einschließ-lich der Wildpflanzen (thermisch)nutzbar ist. Die frühzeitige Ernteder Winterfrüchte verhindert gleich-zeitig die Samenreife und somit Ver-mehrung der Ackerwildpflanzen.

Eine Herbizidanwendung bei derZweitkultur ist auch nicht notwen-dig, wenn die Neueinsaat der Zweit-kultur in den unbearbeiteten Bodenerfolgt. Dadurch unterbleibt bei den

Wildpflanzensamen die Anregungzum Keimen. Ein Wiederaustreibender Erstkultur wird vermieden, wenndie Ernte frühestens nach der Blüteerfolgt. Ackerwildpflanzen sind nichtnur Konkurrenten um Wachstums-faktoren sowie Wirtspflanzen undZwischenwirte für Krankheiten undSchädlinge, sondern auch mit ihrenBlüten und Blättern Nahrungsgrund-lage für viele Nützlinge eines Agrar-ökosystems. Sie sind somit Teil derArtenvielfalt, die angestrebt wird.Bei dem Zweikulturnutzungssystemund der stofflichen und thermischenVerwertung der Biomasseaufwüch-se können im Gegensatz zu anderenAnbauverfahren und Verwertungs-richtungen diese Ackerwildpflanzentoleriert werden.

Artenvielfalt und die Nutzungpflanzengenetischer Ressourcen inSorten- und Artenmischungen sindweitere Vorzüge dieses Nutzungs-konzeptes. Da Reifetermine nichtabgewartet werden müssen, kön-nen beliebige Sorten- und Artenmi-schungen angebaut werden. An diePflanzenarten werden keine beson-deren Qualitätsansprüche gestellt.Damit erweitert sich das Spektrumder nutzbaren Herkünfte bis hin zurNutzung vieler sonst nur in Gen-banken konservierter pflanzengene-tischer Ressourcen. Dabei kann al-tes proteinarmes Zuchtmaterial mithohem Gesamtertrag (z.B. Getreidemit hohem Stroh- und niedrigemKornertrag) aus ackerbaulicherSicht (geringerer Stickstoffdünger-aufwand) sehr wertvoll sein.

Bei unserer Form der Energie-pflanzenproduktion wird auch auf

Abb.2: Einsaat einer Zweitkultur in die Stoppelnder Erstkultur

28 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Fungizide und lnsektizide verzich-tet, weil alle Kulturen in einemWachstumsstadium geerntet wer-den, in dem Schaderreger den Er-trag wenig beeinflussen können.Unsere Versuche zeigen, daß der Ver-zicht auf alle chemischen Pflanzen-behandlungsmittel maximale Ertrags-einbußen von 10 % zur Folge hat.

Die jährlichen Trockenmasse-Er-träge liegen bei dem Zweikulturnut-zungssystem in Abhängigkeit vonBodenart und Wasserversorgungzwischen 15 und 25 t/ha; das ent-spricht einem Energieertrag von um-gerechnet ca. 6.500 bis 11.000 t Öl.

3. Wertstoff- und Brennstoff-gewinnung

Zur Ernte der Biomasse könnenGeräte zum Einsatz kommen, dieauf jedem landwirtschaftlichen Be-trieb vorhanden sind, wie Häckslerund Mähdrescher. Grüngut zum Ein-silieren wird direkt mit dem Häcks-ler geerntet, während Körner vonPflanzenarten, die für die Wertstoff-gewinnung vorgesehen sind, mit

dem Mähdrescher gewonnen wer-den. Das Stroh bzw. die Restpflan-ze der Körnerfrüchte wird mit demHäcksler geworben und einsiliert.

Das Erntegut wird direkt auf dasTransportfahrzeug geblasen. EineAblage von gemähtem Erntegut aufdem Feld zum Zwischentrocknenist nicht vorgesehen. Dieses Ver-fahren hätte zwar den Vorteil höhe-rer Trockensubstanzgehalte in derBiomasse, hingegen die Nachteilestärkerer Verschmutzung, von Sub-stanzverlusten und Ausfall von Un-krautsamen.

Das Erntegut wird in einem Fahr-silo konserviert. Das Fahrsilo ver-fügt über eine feste Bodenplatte mitAblaufrinnen und Sammelbehälterfür Regenwasser und Sickersaft.Ist bei Zuckerhirse eine Zuckerge-winnung vorgesehen, wird die Zuk-kerlösung vor der Einsilierung durchAbpressen gewonnen.

Die Verfahrensschritte zur Wert-stoff- und Brennstoffgewinnungsind in Abb.3 (unten) aufgeführt.

Die Wertstoffe können bei der Ern-te, vor oder nach der Silierung bzw.der mechanischen Entwässerungdes Siliergutes - ein Prozeßschrittzur Brennstoffbereitstellung - ge-wonnen werden.

Die besondere ökonomische Per-spektive ergibt sich aus der Nut-zung der Gesamtpflanze. Alle hö-herwertig nutzbaren Inhaltsstoffesind in ihrem stofflichen Ausgangs-preis dem des Brennstoffes ver-gleichbar und verteuern sich ledig-lich um die mit der Gewinnung (Ab-trennen, Auskämmen, Sedimentie-ren) verbundenen Kosten. Ist nochoder vorübergehend kein Markt fürdiese Rohstoffe vorhanden, so wer-den sie ohne Einnahmeverluste fürden Produzenten thermisch mitge-nutzt.

Diese Strategie unterscheidet sichvon bisherigen Bemühungen um dieMarkteinführung nachwachsenderRohstoffe, bei denen die zu ver-marktenden lnhaltsstoffe allein dieKosten für Anbau und Gewinnungzu decken hatten.

Abb.3: Wertstoff- und Energiegewinnung aus Biomasse nach dem Konzept der Feuchtgutlinie

29Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Stärke: Erreicht Mais die Körner-reife, wird das Korn gedroschenund zur Stärkegewinnung weiter-verarbeitet, während das feuchteStroh siliert wird. Stärkegewinnungaus Mais ist wie die aus Kartoffelnund Getreide ein bereits bekanntesVerfahren.

Zucker: Zuckerrübe, Zuckerhirseund Zuckerrohr speichern den Zuk-ker im Stengel. Nach der Ernte wirddurch mechanisches Abpressen dieZuckerlösung gewonnen, die Rest-pflanze wird siliert. Der Zuckerwird durch Eindampfen der Zuk-kerlösung gewonnen (Nutzung vonAbwärme aus dem Biomasseheiz-kraftwerk).

Ölsamen: Einige Wochen vor demErntetermin für druschreife Körnerhaben Ölpflanzen wie Raps, Rüb-sen und Sonnenblumen schon er-hebliche Mengen an Öl in ihren Sa-men gespeichert. Bei unserem neu-en Ernteverfahren werden die Pflan-zen mit dem Häcksler abgeerntetund einsiliert. Die Samengewinnungaus dem Siliergut erfolgt über eineSiebtrennung, die Verwertung derRestbiomasse als Brennstoff überdie mechanische Entwässerung. Diefeuchten Samen werden entwederdirekt einer Ölpresse zugeführt odermüssen getrocknet werden. Mit die-

sem Verfahren konnten in erstenUntersuchungen bei Raps mehr als80 % aller Körner gewonnen wer-den. Im Gegensatz zum herkömm-lichen Drusch des Rapses, bei demmehr als 10 % der Körner verloren-gehen, verbleiben die nicht gewon-nenen Körner im Brennstoff undwerden dort energetisch genutzt.Das Öl kann als Brennstoff oderTreibstoff verwertet werden. SeineEignung als Speiseöl wurde nochnicht untersucht. Neben ökonomi-schen Vorteilen hat das neue Ernte-vorfahren besonders bei Raps öko-logische Vorzüge, weil durch dieNutzung der Gesamtpflanze wenigN-haltige Biomasse auf dem Ackerzurückbleibt. Bei herkömmlichemRapsanbau reichert sich der Bodennach Zersetzung der Restbiomassemit hohen Mengen an Nitrat-Stick-stoff an, der in das Grundwassergelangt.

Fasern: Die Silierung von Faser-pflanzen wie Hanf führt zu einemAufschluß der Fasern, wonach siedurch Sieb- und Kämmtechnikenvon der Restpflanze abgetrennt wer-den können. Durch den Silierpro-zeß werden zum Teil auch die Pek-tine, die die Einzelfasern zu Faser-bündeln verbinden, aufgelöst, sodaß sehr kurze Fasern gewonnenwerden. Diese eignen sich gut fürdie Herstellung von Dämmstoffenund Formteilen.

Grundstoffe für Formteile:Unter dem Aspekt einer problemlo-

sen Entsorgung von Formteilen undPlatten für Formteile aus biogenenRohstoffen gibt es viele Bemühun-gen, hohe Stabilität ohne Zumi-schung synthetischer Klebstoffe zuerreichen. Als natürlicher und preis-günstiger Klebstoff könnte sich na-tive Stärke (z.B. Kartoffelstärke) eig-nen. Allerdings sind bisher keinebefriedigenden Stabilitäten erzieltworden. In Zusammenarbeit mitdem Institut für Werkstofftechnik

der Universität Kassel wurde nach-gewiesen, daß die Klebkraft derStärke erheblich gesteigert wird,wenn die vorherige Gelierung derStärke mittels Erhitzung und die an-schließende Formung des Biomas-segemisches unter Anwesenheitoder durch Zusatz von saurem Gär-saft, wie er bei der Silierung vonPflanzenmaterial entsteht, erfolgt.Der wesentliche stabilitätssteigern-de Effekt wird in einer Veresterungder Milchsäure mit der Stärke gese-hen.

In einfacher Weise lassen sichnun faserverstärkte Formteile ausHanf- oder Getreidesilage herstel-len. Die Härte bzw. Porösität läßtsich beim Formprozeß durch un-terschiedliche Vortrocknung desAusgangsmaterials bestimmen. Einebreite Verwertung der Formteile se-hen wir u.a. im Verpackungsbe-reich.

Wertstoffe

Abb.6: Formteil aus Hanfsilage(Foto Beyer)

Abb.4: Sonnenblumen zurÖlgewinnung

Abb.5: Fasern aus Hanfsilage,Dämmmaterial

- Biomasse - Baustein einer künftigen Energieversorgung -

30 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Zusatz für Produktion vonFormteilen: Preßsaft dient als Zu-satz bei der Herstellung von Stroh/Stärke- bzw. Holz/Stärke-Verbund-werkstoffen. Untersuchungen imInstitut für Werkstofftechnik erga-ben, daß bei den als optimal ermit-telten Herstellungstemperaturen von120°C Formteile aus Stroh/Sila-gesaft/Stärke-Gemischen solchenaus Stroh/Wasser/Stärke-Gemi-schen in der Härte (Shore D-Mes-sung) um 49 %, in der Dichte um14 % und in der Biegefestigkeit um122 % überlegen sind. Somit kön-nen erstmalig stabile Strohplattenhergestellt werden, die - wie dieFormteile aus Hanfsilage - aus-schließlich aus organischer Substanzbestehen.

Das Siliergut in Form von Ge-samtpflanzenmasse oder Restpflan-zenmasse wird durch einen Ent-wässerungsvorgang mittels einerSchneckenpresse im Wassergehaltauf 40 bis 45 % reduziert. EineZumischung von Trockengut (Stroh,Heu) führt zu einer weiteren Ver-ringerung des Wasseranteiles, deraufgrund großtechnischer Brennver-suche mit Maissilage 40 % nichtüberschreiten sollte.

Ein Brennstoff mit 40 % Was-sergehalt hat gegenüber trockenemStroh (15 % H20) einen auf gleicheTrockenmasse bezogenen niedrige-ren Heizwert von 7 %. Diese Ener-giedifferenz resultiert aus der Ver-dunstung des höheren Wasseran-teiles bei der Verbrennung. DurchNutzung der Brennwerttechnik läßtsich der größte Teil der Verdun-stungsenergie als Wärme wiederzurückgewinnen. Durch die mecha-nische Entwässerung werden er-hebliche Mengen an Mineralstoffenin das Preßwasser überführt. Da-durch wird der Brennstoff von emis-

Milchsäure: Der Silierprozeß istmit der bakteriellen Synthese vonMilchsäure verbunden. Der Preß-saft enthält 2 bis 4 % Milchsäure,die als technische Milchsäure (z.B.in Gerbereien) Verwendung findenkann.

Mineralstoffe: Die in dem Preß-saft gelösten Mineralstoffe könnenals Pflanzennährstoffe Verwendungfinden. Zusammen mit der bei derVerbrennung zurückbleibendenAsche ergeben sich fast geschlos-sene Nährstoffkreisläufe.

Güllezusatz: Eine ökologisch be-deutsam Verwertung kann der Preß-saft nach Zumischung zu Gülle er-fahren. Unsere Laborversuche er-gaben, daß schon bei einer Beimen-gung von nur 15% Ausgasungsver-

luste von Ammoniak aus der Gülleverhindert wurden. Besonders wäh-rend und nach der Ausbringung vonGülle entstehen hohe Ammoniak-Ausgasungsverluste. Sie stellen nichtnur einen Stickstoffdüngerverlustfür den Landwirt dar, sondern bela-sten die Umwelt durch Schädigunghistorisch wertvoller Bausubstanz,Eutrophierung von Gewässern undVersauerung von Waldböden. Dieemissionsmindernde Wirkung desPreßsaftes beruht auf einer pH-Wert-Absenkung der Gülle durchdie im Preßsaft enthaltenen organi-schen und damit biologisch abbau-baren Säuren. Im Gegensatz dazuwerden in Holland Konzepte einerAmmoniakemissionsminderung durchZusatz von Schwefelsäure oder Sal-petersäure verfolgt.

sions- und brenntechnisch relevan-ten Inhaltsstoffen wie Chlor, Stick-stoff, Leicht- und Schwermetallenum 50 - 80 % entlastet. Außer Holzverfügt kein biogener Brennstoffüber niedrigere Mineralstoffgehalteals dieser Brennstoff. Großtech-nische Verbrennungs- bzw.Vergasungsversuche mit Mais-silage wurden 1995 mit finan-zieller Unterstützung der Nie-dersächsischen Landesregie-rung und der Deutschen Bun-desstiftung Umwelt durchge-führt. Dabei erwies sich, daßdie Vergasungstechnologie ei-ner Rostfeuerungsanlage in denEmissionswerten überlegen war,jedoch wurden auch bei derRostfeuerung die Grenzwerte(TA Luft) für Großfeuerungs-anlagen nicht überschritten. Beiden von uns angestrebten de-zentralen Energieanlagen mit 1bis 10 MW Feuerungsleistunghat die Vergasungstechnologieden Vorteil, daß das Synthese-gas zukünftig zum Antrieb von

BrennstoffeMotoren und Turbinen, in Brenn-stoffzellen oder bei Stirlingmotorenzum Einsatz kommt. Damit wirdder Betrieb von Blockheizkraftwer-ken mit hoher Stromausbeute ge-währleistet.

Stirlingmotor, Foto: Dieter Viehbach

- Biomasse - Baustein einer künftigen Energieversorgung -

Wertstoffe aus Preßsaft

31Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Ökologische und ökonomische Vorteile1. Bereitstellung eines CO2-neutralen Energieträgers mit niedrigen Gehalten an emissionsrelevanten

Inhaltsstoffen (Stickstoff, Chlor)

2. Bereitstellung pflanzlicher Wertstoffe zur Entschärfung der Abfallproblematik und zur Schonung

fossiler Ressourcen

3. Bereitstellung von Energie und Wertstoffen zu langfristig kalkulierbaren Preisen

4. Deviseneinsparung und Erhöhung der regionalen Kaufkraft

5. Verbesserung der Einkommenssituation der Landwirtschaft

6. Sicherung bzw. Schaffung von Arbeitsplätze im Bereich der Rohstoffproduktion und der Weiterverar-

beitung zu Wertstoffen

7. Nutzung einer unbegrenzten Arten- und Sortenvielfalt in Mischkulturen (Biodiversität)

8. Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen

9. Tolerierung der Ackerbegleitflora zur Erhöhung der Stabilität von Agrarökosystemen

10. Verhinderung einer Eutrophierung von Naturschutzflächen durch thermische Nutzung des Auf-

wuchses (die Kompostierung als Alternative ist zu kostenaufwendig)

11. Steigerung des Erholungswertes der Landschaft

12. Schutz von Grund- und Trinkwasser durch Vermeidung von Pestizidanwendungen und Minimie-

rung von Nährstoffausträgen durch Dauerbegrünung

13. Bodenschutz durch Verhinderung von Erosion

14. Reduzierung von Ammoniakemissionen aus Gülle

Literaturempfehlungen:

Buttlar,Chr.v.: Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen zur Energiegewinnung - dargestellt am Bei-spiel der Wintergerste. In: Alternativen in der Flächennutzung, der Erzeugung und Verwertung landwirtschaft-licher Produkte. In: VDLUFA-Schriftenreihe 38, 677 - 680, 1994

Buttlar, H.-B.v., J.Müssig, M.Theis: Produkte aus Hanfsilage, Vortragmanuskript, Tagung Biorohstoff Hanf97, Frankfurt/Main, 2.Auflage, 527-536, 1995

Ortmeier, E.: Biomasseerzeugung und -verwertung - wie rechnet sich das? Arbeitsunterlagen DLG,Biomasseerzeugung zur direkten energetischen Nutzung, Bonn, 123 -146, 1992

Rinke, G.: Reduzierung von Ammoniak- und Geruchsemissionen aus Gülle durch Zusatz von Silagepreß-säften aus der Aufbereitung von Biomasse zu Brennstoff. In: Alternativen in der Flächennutzung, derErzeugung und Verwertung landwirtschaftlicher Produkte. 106. VDLUFA-Schriftenreihe 38, 681-684, 1994

Scheffer, K.: Anbau von Energiepflanzen und ihr Einsatz über Verbrennung und Vergasung, - Logististi-sche Anforderungen und ökologische Bewertung. In: Energie aus Biomasse, eine Chance für die Landwirt-schaft, Springer Verlag, S.138-147, 1993

Scheffer, K. und Stülpnagel, R.: Wege und Chancen bei der Bereitstellung der CO2-neutralen Energieträ-gers Biomasse - Grundgedanken zu einem Forschungskonzept. Jutzi, S.C. und B. Becker (Hrsg.): Pflanzenge-netische Ressourcen - Erhaltung und multiple, nachhaltige Nutzung. Der Tropenwirt, Beiheft Nr. 49, 147-161, 1993

Scheffer, K., Stülpnagel, R.; Geilen, U.; u. Oefelein,T.: Einfluß der Aufbereitung und Lagerung auf dieBrennstoffeigenschaften feuchter Biomassen. Tagungsband „Eigenschaften fester Bioenergieträger - Beein-flussungsmöglichkeiten, Anforderungen, Normung“, M.Kaltschmitt (Hrsg.:): Schriftenreihe Nachwachsende Roh-stoffe, Bd 6, Landwirtschaftsverlag Münster, 89-107, 1996

Stülpnagel, R.: Bereitstellung und Verwertung von Biomassen vom Grünland und aus der Landschafts-pflege; In: Energetische Nutzung von Biomasse in Konsens mit Osteuropa. Hrsg. Forum für Zukunftsenergie e.V.,Intern. Tagung, 22-24. März 1994 in Jena. Tagungsband, 169-178, 1994.

- Biomasse - Baustein einer künftigen Energieversorgung -

32 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Wir wollten noch mehr wissen :Der vorangehende Text zur Biomasseerzeugung regte uns zu vielen Fragen an.Hier nun einige Fragen, die wir Prof.Scheffer ergänzend zum Text stellten:

SFV: Kann der von Ihnen beschrie-bene Zweitfruchtanbau in die „her-kömmliche“ Fruchtfolge (Anbauvon z.B. Getreide, Kartoffeln, Zuk-kerrüben) eingegliedert werden?

Prof. Scheffer: Natürlich wird dashier beschriebene System in die her-kömmliche Fruchtfolge eingeglie-dert. Da vorerst dieses System eherim konventionellen Anbau Bedeu-tung haben könnte, trägt es dochim Rahmen einer herkömmlichenFruchtfolge zu einer erheblichen„ökologischen“ Entlastung bei.

SFV: Da Ackerunkräuter zu unter-schiedlichen Zeiten keimen und aus-samen, stellt sich in diesem Zusam-menhang auch die Frage, ob durcheinen frühzeitigen Schnitt der je-weils gewachsenen Biomasse nichtnur bestimmte Arten der Wildpflan-zen bzw. Unkräuter auf Dauer amAussamen gehindert werden? Be-steht nicht die Gefahr der Verun-krautung der Flächen durch solcheUnkräuter, die sich durch Wurzelri-zome fortpflanzen?

Prof. Scheffer: Natürlich bildennicht alle Unkräuter ihre Samen zugleicher Zeit aus. Außerdem ist beiden Wildpflanzen die Samenreifeüber einen längeren Zeitraum ver-teilt. Da unsere Erntetermine zeit-lich sehr flexibel gestaltet werdenkönnen, hat der Landwirt die Mög-lichkeit, den Erntetermin so zu wäh-len, daß möglichst die Unkräuter,die ihm am gefährlichsten erschei-nen, an der Samenbildung zu hin-dern. Dies läßt sich nicht absoluterreichen. Es wäre auch im Inter-esse von Bodendiversität nicht er-wünscht. Wichtig ist für uns, dar-auf hinzuweisen, daß ein Verzichtauf Herbizide dann nicht möglichist, wenn das Getreide als Brenn-stoff ausreifen soll, wie es bei dersogenannten Trockengutlinie mitTritikale der Fall ist. Wurzelunkräu-ter vermehren sich in Zeiten, in de-

nen der Acker nicht mit (konkurrie-renden) Kulturpflanzen bestellt ist.Wir können uns vorstellen, daß beiunserem System der Dauerbegrü-nung die Vermehrung von Wurzel-unkräutern vermindert ist. Es liegenjedoch noch keine Untersuchungenvor.

SFV: Gibt es Erfahrungen, in wel-cher Art und Weise benachbarteAckerflächen von möglichen ver-mehrten Aussamen frühblühenderWildkräuter betroffen sind? Benach-barte Kartoffel- und Getreideflächenkönnten eventuell verstärkt verun-krauten.

Prof. Scheffer: Diese Gefahr stelltsich nicht. Ein deutlich größeres„Gefahrenpotenzial“ stellen Wegrän-der und Brachflächen dar. (Sieheauch letzte Antwort)

SFV: Kann eine möglichst früheMahd extensiv genutzter landwirt-schaftlicher Flächen dem Natur-schutzziel, bodenbrütende Vögel zuschützen, Rechnung tragen?

Prof. Scheffer: Wenn landwirt-schaftliche Flächen dem Natur-schutzziel von bodenbrütenden Vö-geln dienen soll, muß über entspre-chende Nutzungskonzepte nachge-dacht werden. Unter solchen Aspek-ten ist z.B. Grasanbau mit sehr spä-ten, für die Viehfütterung dann un-günstigen Ernteterminen interessant.Das Gras ist zur thermischen Nut-zung allerdings gut geeignet. Sol-che Strategien gelten für die Grün-landnutzung. Unter diesem Punktgibt es unter den Aspekten des Ar-tenschutzes und der Interessen derLandwirte noch viel zu diskutieren.

SFV: Schließt das in Witzenhausenentwickelte, ökologisch orientierteAnbausystem eine zusätzliche mi-neralische Düngung zu dem genutz-ten Preßsaft aus?

Prof. Scheffer: Da Stickstoff nurzu maximal 50% in den Preßsaft

übergeht und der übrige Stickstoffim Gegensatz zu den anderen Nähr-stoffen bei der Verbrennung verlo-rengeht, muß zusätzlich in dem Sy-stem stickstoffhaltiger Dünger inForm von Hofdünger wie Gülle(wenn mineralischer Dünger nichtzur Anwendung kommen soll) ge-düngt werden, oder, worauf im Textverwiesen wird, der Anbau vonStickstoff sammelnden Legumino-sen erfolgen.

SFV: Gibt es ökonomische Bewer-tungen bzw. Rechenbeispiele, dieunseren Lesern die positiven öko-nomischen Perspektiven einer sol-chen Wert- und Brennstoffgewin-nung verdeutlichen?

Prof. Scheffer: Gegenwärtig wirdeine Bilanzierung der ökonomischenund ökologischen Auswirkungendieses Konzeptes im Vergleich zukonventionellen Anbau von Ener-giepflanzen mit Unterstützung derDBU und in Zusammenarbeit mitdem Institut für Rationelle Energie-wirtschaft der Uni Stuttgart durchge-führt. Die Ergebnisse werden geradeausgewertet. Nach meinem Kennt-nisstand sehen die Bilanzen gut aus.

SFV: Wird das von Ihnen vorgestell-te Verfahren schon praktiziert?Wenn ja, an wen können sich dieLandwirte wenden?

Prof. Scheffer: Außer den groß-technischen Verbrennungsversu-chen, die im Text erwähnt sind,gibt es keine Anlage in Betrieb. Diesliegt auch daran, daß bislang erstwenige Biomassekraftwerke (außerfür Holz) gefördert wurden. Wirbrauchen Geduld! Das Konzept solleine Anregung zu mehr Ökologie inder Landbewirtschaftung sein, ohneauf Flächenerträge verzichten zumüssen. Sicher gibt es noch vieleoffene Fragen und auch Verbesse-rungsmöglichkeiten.

33Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Jetzt schon KV bei 99 Pf/kWh?Laut Pressemitteilung vom 28.05.99 bietet Solar-

World AG Solarstrom für 99 Pf/kWh an. Rückfragenergaben, daß der günstige Preis wie folgt zustande-kommt: Die Anlagen haben eine Mindestgröße von 50kW und werden zusätzlich DtA- und KfW-Mittel ge-fördert!

Für Anlagen unter 10 kW und ohne Förderung bleibtdie Höhe der KV unverändert bei 1,76 DM/kWh. Dienächste Überprüfung der KV-Höhe findet im Novem-ber beim Wirtschaftsministerium NRW statt.

Einschüchterungskampagne der HASTRA

KV, die Bayerische „Lösung“ ...Kommunen und EVU müssen über Nutzung derkostendeckenden Vergütung miteinander sprechen,Pressemitteilung vom 13. August 1999

Zur Zeit verschickt die HASTRA AG, Hannover,nette Briefe an Besitzer von Solaranlagen, die ihrenStrom in das öffentliche Netz einspeisen und damitAnrecht auf die gesetzliche Vergütung nach dem Strom-einspeisungsgesetz haben. Darin erklären die Ansprech-partner sehr ausführlich, daß und warum sie die Vergü-tung nur noch unter Vorbehalt der Rückforderungzahlen können.

Einige Kostproben aus dem Brief: „Die Bedenken, dieseitens der Energiewirtschaft vielfach und unterstütztdurch verschiedene Stimmen aus Wirtschaft und Pra-xis gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungenschon des alten Stromeinspeisungsgesetzes aus demJahr 1990 vorgebracht wurden, hat der Gesetzgeberbei der Ausgestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes

1998 nicht beachtet. Sollte die Zahlung der Einspeise-vergütung seitens der Energiewirtschaft als Beihilfe imSinne des EU-Rechtes angesehen werden müssen, hät-te das neue Stromeinspeisungsgesetz insoweit bei derEG-Kommission in Brüssel notifiziert werden müssen.Dies ist jedoch nicht geschehen. Auch aus diesemGrund könnte das Stromeinspeisungsgesetz daher recht-lich keinen Bestand haben. Diese Ansicht wird vonProf. Ossenbühl in einem Rechtsgutachten bestätigt“

Hätte, wäre, könnte... Hier sollen Solarstromer durchbeeindruckende aber unsinnige juristische Formulie-rungen eingeschüchtert werden.

Wie stellt sich die HASTRA eigentlich eine Rückfor-dung vor? Will sie im Gegenzugauch den Solarstromzurückliefern?

MÜNCHEN Seit der Energierechtsnovelle 1998 istes rechtlich möglich, daß die EVU die erhöhte Einspei-severgütung im Rahmen einer allgemeinen Preissen-kung auch örtlich differenziert in den Gemeinden ein-führen, die dies für ihr Gebiet wünschen. Nach Infor-mationen des Wirtschaftsministeriums interessieren sichinzwischen rund 80 Gemeinden in Bayern für dieseMöglichkeit.

Bereits 1994 hatte Bayerns Wirtschaftsminister OttoWiesheu mit landeseinheitlichen Grundsätzen für diePreisaufsicht den Weg für die flächendeckende Einfüh-rung der KV freigemacht. Die Stromversorger habendamit die Möglichkeit, Strom aus erneuerbaren Ener-giequellen, der in ihr Netz eingespeist wird, auf freiwil-liger Basis höher zu vergüten, als dies im bundesweitgeltenden Stromeinspeisungsgesetz vorgesehen ist. Biszu. einem Betrag von 0,15 Pf/kWh können die entste-henden Mehrkosten auf die Stromrechnung aller Ver-braucher umgelegt werden.

„Wir wollen den Beitrag erneuerbarer Energien zur

Stromerzeugung weiter erhöhen. Das ist ein wichtigesZiel bayerischer Energiepolitik. Die erhöhte Vergütungfür die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Ener-gien kann dazu beitragen - neben einer ganzen Reiheweiterer Fördermöglichkeiten. Wir haben dafür die Rah-menbedingungen geschaffen. Die Stromversorger unddie Gemeinden müssen jetzt miteinander verhandeln,wenn sie diese Möglichkeit nutzen wollen“, erklärteMinister Wiesheu heute (13. August) in München. Obdie erhöhte Vergütung im konkreten Fall zur Anwen-dung kommt, kann nicht der Staat sondern müssen dieEVU entscheiden. Die Unternehmen haben ihrerseitsauf den zunehmenden Wettbewerb auch im Tarifs-trombereich hingewiesen, der eine Umlage der zusätzli-chen Kosten einer KV sehr schwierig mache. Wiesheuweist darauf hin, daß die Gemeinden Vertragspartnerder EVU sind, nicht der Freistaat Bayern.

Nach Redaktionsschluß

Der Räte der Stadt Gladbeck, der Stadt Blom-berg und der bayerischen Stadt Marktheidenfeldhaben sich dem Appell der Stadt Aachen zurgesetzlichen, flächendeckenden Einführung derKV angeschlossen!

Nachrichten und Kommentare

34 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Die Herstellung von Silizium-SolarmodulenWie funktioniert eigentlich eine Solarzelle? Wie entsteht sie und welche Fertigungsschrittegibt es? Die Fachleute unter Ihnen wissen Bescheid. Wir wollen mit diesem Artikel diejenigenLeser ansprechen, die eben keine Fachleute sind. Deswegen ist dieser Artikel auch wederhochtechnisch, noch bis ins Detail ausgefeilt. Wir beabsichtigen eine klare und auch für denLaien verständliche Darstellung. In diesem ersten Teil wird der Weg „vom Sand zur Zelle“beschrieben. Im zweiten Teil wollen wir über die Modul-Herstellung berichten. Ein wenigChemie, ein bißchen Physik wird Ihnen nicht erspart bleiben. Aber hinterher wissen Sie mehrdarüber, wie eigentlich Solarstrom entsteht. Von Britta Marold

Vom Sand zum Silizium

Das Ausgangsmaterial für Silizium-Solarmodule ist Quarzsand, mit derchemischen Formel SiO2. DurchReduktion mit Kohlenstoff wird dasSilizium gereinigt:

Es hat jetzt einen Reinheitsgradvon ca. 98%. Um hochreines Silizi-um zu erhalten, müssen noch ge-ringfügige Beimischungen von an-deren Elementen entfernt werden.Dafür wird das Silizium in gasför-miges Siliziumtetrachlorid über-führt; verunreinigende Elemente las-sen sich jetzt abtrennen. Anschlie-ßend wird das Siliziumtetrachloridmit Wasserstoff wieder reduziert,sodaß man am Ende hochreines Si-lizium hat, das granulatartig vorliegt(mit einem Reinheitsgrad von nahe-zu 100%) und als AbfallproduktSalze, die die Verunreinigungen ent-halten:

Dieses Verfahren wird bisher vonder Photovoltaikindustrie noch nichtselbst angewendet. Das hochreineSilizium, das für die Herstellungvon Wafern Verwendung findet, wirdals Abfall von der Elektronikindu-strie aufgekauft. Durch den Boomauf dem Computersektor ist dashochreine Silizium in den letzten Jah-ren auf dem Weltmarkt recht knapp

geworden. Da der Markt für Pho-tovoltaikanlagen in Zukunft wächst,wird es für die Solarindustrie zu-nehmend wichtig werden, eigeneProzeßlinien für die Reduktions-und Reinigungsverfahren einzurich-ten und zu betreiben. Wir sehen hiernoch weitere Möglichkeiten der Ar-beitsplatzbeschaffung und auch derUnabhängigkeit für die Solarindu-strie. Natürlich lohnt sich die „ei-gene“ Herstellung von hochreinemSilizium für die Photovoltaikindu-strie erst, wenn die Modulherstel-lung in größerem Umfang erfolgt.

Wenn man nun das hochreine Si-lizium hat (woher auch immer), gibtes verschiedene Verfahren zur Her-stellung von Silizium-Wafern.

Vom Silizium zum Wafer

Die Wafer unterteilen sich in Produk-te aus a) monokristallinem, b) polykri-stallinem und c) amorphem Silizi-um. Die Herstellungsverfahren fürdiese Typen sind unterschiedlichweit entwickelt. Außerdem habendie fertigen Solarzellen unterschied-lich hohe Wirkungsgrade. Ich wer-de nun verschiedene Fertigungswe-ge kurz beschreiben:

a) monokristallines Silizium

Eine Möglichkeit zur Herstellungvon monokristallinen Wafern bestehtin dem sogenannten Czochralski-Prozeß. Hierzu wird das Silizium in

einem hitzebeständigen „Topf“ ein-geschmolzen. Nun wird von obenein kalter, einkristalliner Siliziums-tab in das flüssige Silizium geführtund langsam wieder herausgezogen.An diesem Impfkristall erstarrt dieSchmelze mit der gleichen Kristall-ausrichtung über eine Länge vonbis zu mehreren Metern.. Wird wäh-rend des Prozesses der Kristall kon-tinuierlich in die Höhe gezogen,„wächst“ ein Silizium-Einkristall miteinem Durchmesser von bis zu 300Millimetern aus der Schmelze nach.

Der Zylinder wird nun in Scheibenvon 250-350 µm „Dicke“ zersägt.Hierbei gehen bis zu 50 % des Mate-rials als Sägeschnitt verloren. Das istein Grund für die z.Zt. noch hohenKosten. Durch Einsatz anderer Her-stellungsverfahren kann man diese Sä-gekosten drastisch verringern. Bei-spiel hierfür ist das sogenannte EFG-Verfahren, bei dem achteckige Rohreaus der Siliziumschmelze gezogenwerden.

Der Wirkungsgrad monokristal-liner Zellen liegt bei etwa 17%.

b) polykristallines Silizium

Ein Herstellungsverfahren für die-se Zellen ist das Blockkristallisa-tionsverfahren.Wieder wird das Sili-zium-Granulat in großen Töpfen ge-schmolzen. Nun gibt es zwei Mög-lichkeiten: Entweder läßt man dasSilizium in diesem Topf zu Poly-Kristallen erstarren, oder es wird ineine Form gegossen, in der es unteranderen Prozeßbedingungen eben-falls wieder erstarrt.

Auch aus diesen Blöcken werden

SiO2 + C = Si + CO2

Als Wafer bezeichnet man diereine Siliziumscheibe vor der Wei-terverarbeitung zur Solarzelle

Si + 2Cl2 = SiCl4

SiCl4 + 2H2 = Si + 4HCl

35Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

jetzt die dünnen Wafer geschnitten.Im Unterschied zum monokristalli-nen Verfahren, sind diese Verfah-ren kostengünstiger und schneller.Dafür haben die polykristallinen Zel-len aber auch einen etwas geringe-ren Wirkungsgrad (etwa 15%).

c) amorphes Silizium

Die Solarzellen aus amorphem Si-lizium sind sogenannte Dünn-schicht-Zellen. Hierbei wird das Si-lizium auf eine Trägerschicht auf-gedampft. Diese Technik macht bis-her einen kaum meßbaren Anteil amWeltmarkt aus. Sie bietet natürlichviele Möglichkeiten, da der Materi-alverbrauch sehr gering ist (die Sili-ziumschicht hat nur eine Dicke vonunter einem µm!), was eine Ko-stenreduzierung bedeutet. DerNachteil amorpher Zellen besteht ei-nerseits in einem wesentlich gerin-geren Wirkungsgrad (7-8%) habenund andererseits in einer Degradati-on des Wirkungsgrades mit der Zeit(Staebler-Wronski-Effekt). Weiter-hin gelingt es bis heute nicht, groß-flächige Schichten zu erzeugen.

Vom Wafer zur Solarzelle

Wie wird nun aus einem Wafereine Solarzelle? Wie funktioniert dieStromerzeugung? Die Siliziumschei-be wurde mit Bor-Atomen gezieltverunreinigt (dotiert). Nun wird aufder Oberseite eine Dotierung mitPhosphor-Atomen vorgenommen.(Dadurch entstehen zwei Schich-ten, die p-Halbleiter- und die n-Halb-leiterschicht.)

Silizium ist vierwertig, Phosphorfünf- und Bor dreiwertig. Wird nunein Phosphoratom in ein bor-dotier-tes Siliziumkristall eingebunden, sobleibt ein Elektron „übrig“, das sichfrei in der Siliziumscheibe bewegt,

es sei denn, es trifft auf sein Ge-genstück, ein Atom mit einem Elek-tron zu wenig. Das dreiwertige Borist genau dieses Gegenstück, da ihmim Vergleich zum Silizium ein Elek-tron fehlt. Es verfügt also über dieLochstelle, um das sich frei bewe-gende Elektron wieder „einzufan-gen“.

Im Inneren der Siliziumscheibe,in der Grenzschicht zwischen denunterschiedlich verunreinigten Sili-ziumfeldern, entsteht dadurch einelektrisches Feld, die sogenannteRaumladungszone (auch pn-Über-gang genannt). Trifft nun Licht aufdie Solarzelle, so geraten die Phos-phor- und Bor-Atome in einen an-geregten Zustand. Zur Freisetzungvon Elektronen aus dem Verbundwird nur eine bestimmte MengeEnergie benötigt. Haben die Photo-nen, die Energieträger des Lichtes,mehr als diese Energie, so wird derRest in Wärme umgewandelt. FreieElektronen bewegen sich nun durchdas Siliziumkristallgefüge. Geratensie dabei in den Bereich der Raum-ladungszone, so werden sie als ne-gativ geladenen Teilchen von derdarunterliegenden, nun positiv gela-denen Zone, angezogen. Dieser Pro-zeß hält an, solange Licht auf dieZelle auftrifft. (Die Elektronenmen-ge, die sich in der Zelle bewegt, istmit der Stromstärke gleichzusetzen.Je höher Einstrahlungsintensität undZellenfläche, desto stärker fließt derStrom. Verluste entstehen dadurch,

daß ein Elektron auf ein Loch trifftund mit diesem „rekombiniert“.)

Besteht eine elektrische Verbin-dung zur Unterseite der Zelle übereinen äußeren Stromkreis, so kön-nen die Elektronen über die aufge-brachten Metallkontakte abfließen.Die Spannung, die dabei entsteht,beträgt bei einer Siliziumzelle etwa0,6 Volt. Die Elektronen können nurüber die an Ober- und Unterseiteangebrachten, elektrisch verbunde-nen Metallkontakte zur positiv gela-denen Unterseite gelangen, um dortdie freien Lochstellen zu besetzen.

Da aber jedes Elektron immer denstabilen Zustand anstrebt, wanderndie Elektronen wieder an ihren Aus-gangspunkt zurück. Die Elektronen-menge, die sich in der Zelle bewegt,ist mit der Stromstärke gleichzuset-zen. Je höher Einstrahlungintensitätund Zellenfläche, desto stärker fließtder Strom. An der Verbindung zwi-schen den Zellschichten kann derStrom nun durch einen Verbrau-cher (z.B. eine Lampe) geleitet wer-den.

Um das Abstrahlen des Lichteszu verhindern, was eine geringereAusbeute der Zelle zur Folge hätte,wird schließlich auf die Oberseiteder Zelle eine Antireflexionsschichtaufgebracht.

Wie aus Solarzellen nun Modulehergestellt werden, wird im näch-sten Solarbrief beschrieben.

Als Solarzelle bezeichnet manden phosphordotierten, mit Me-tallkontakten versehenen Wafer.Auch die Antireflexionsschicht istschon aufgebracht.

Quelle: Deutsche Shell AG, Graphik: Zeitbild

36 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Solarzellen undChlorchemie?

Wie umweltfreundlich sind Solarzellen?Einmal auf einem Dach installiert können sie jahrzehnte-lang Strom erzeugen - ohne Abgase, ohne Treibhausgasemissionen, ohneUmweltverschmutzung. Von Kritikern angeprangert werden allerdings immerwieder „umweltschädigende Herstellungsverfahren“, „giftige Materialien“, „Pro-bleme bei der Entsorgung“. Was ist dran an „Solarzellen und Chlorchemie“?Von Wolfgang Bessler

Der Begriff „Chlorchemie“ wirdheute als Schlagwort für alle Um-weltgefahren benutzt, die von derchemischen Industrie ausgehen. Tat-sächlich stimmt es, daß es eine Rei-he hochgiftige Stoffe gibt, die Chlorenthalten: Wer hat nicht von Dioxi-nen, DDT, Lindan etc. gehört? Fastschon regelmäßig liest man in Pres-seberichten von Störfällen, bei de-nen solche Stoffe freiwerden. DieGefahren sollen keinesfalls unter-schätzt werden, denn neben der aku-ten Giftigkeit besteht die Gefahr derAnreicherung: Die Stoffe werden nursehr langsam vom Stoffwechsel aus-geschieden. Außerdem können siekrebserregend wirken.

Wir benötigen an dieser Stelle zu-nächst eine grundlegende Klarstellung:Fast alle Stoffe, die Chlor enthalten,sind ungiftig. Und andererseits: Esgibt viel mehr giftige Stoffe, die keinChlor enthalten.

Die Herstellung einer Solarzelle istein chemischer Prozeß, bei dem vie-

le Chemikalien, auch chlorhaltige, be-nötigt werden. Es soll nun meineAufgabe sein, hierüber eine realisti-sche Beurteilung zu erstellen. AlsGrundlage dienen dafür unter ande-rem eine ganze Reihe von wissen-schaftlichen Studien über die Um-weltverträglichkeit von Solarzellen.

Werfen wir einen Blick auf denLebenslauf einer Solarzelle. DasGrundmaterial für eine konventio-nelle Solarzelle ist Silizium (98% derheute hergestellten Solarzellen arbei-ten auf Silizium-Basis, auf die Beur-teilung einiger zur Zeit erprobterneuerer Technologien sei in diesemRahmen verzichtet). Wir können dieSolarzellenherstellung grob in dreiSchritte einteilen: Die Siliziumherstel-lung, die Verarbeitung zu Solarzellenund die Montage zu einsatzfähigenPhotovoltaikmodulen. Schließlich sollnoch auf den Betrieb und auf dasRecycling eingegangen werden.

1. Siliziumherstellung

Silizium ist, nach Sauerstoff, dasauf der Erde zweithäufigste chemi-sche Element. Es wird hauptsächllichin der Metallindustrie verwendet.

Die gesamte Computer- und Elek-troniktechnologie (dazu gehört auchdie Photovoltaik) benutzt Silizium alswichtigsten Grundstoff. Hierfür isteine Reinigung des Siliziums erfor-derlich. Das Rohsilizium wird dazuchemisch mit der Verbindung Chlor-wasserstoff in eine Verbindung na-mens „Silicochloroform“ umgewan-

delt; diese kann von allen Verunrei-nigungen befreit werden. Aus ihrwird dann wiederum der Chlorwas-serstoff und das Silizium in hochrei-ner Form zurückgewonnen. Erste-rer wird entweder im Prozeß wie-derverwendet oder in der chemi-schen Industrie anderweitig benutzt.Das Verfahren ist insgesamt in sichgeschlossen, es werden lediglich dieVerunreinigungen frei, die das Silizi-um enthielt. Es handelt sich dabeivor allem um andere Metalle wieEisen und Aluminium.

Chlorwasserstoff und die Zwi-schenverbindung Silicochloroformsind sehr reaktive Stoffe. Für denMenschen würde bei direktem Kon-takt die Gefahr von Verätzungen be-stehen. Die Umsetzung geschieht da-her in geeigneten abgeschlossenenReaktionsgefäßen. Der wichtige Un-terschied zu eingangs erwähntenChlorverbindungen wie Dioxinen be-steht jedoch darin, daß keine Giftig-keit besteht, d.h. keine physiologi-schen Auswirkungen auf den Orga-nismus. Sie sind nicht krebserregend.Ebensowenig besteht die Gefahr derAnreicherung.

wendete Chlorwasserstoff sogarhinterher als Salzsäure verkauft wer-den.) Abluft und schädliche Abfälle

Wolfgang Bessler ist Che-miestudent im 10.Semesteran der Universität Heidelberg

Am Anfang war der Sand ...

37Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Die beschriebenen Prozesse belie-fern die Computerindustrie seit Jahr-zehnten mit höchstreinem Silizium.Die jährliche Produktion beträgt heuteknapp 18.000 Tonnen. Davon wer-den zur Zeit weniger als 10% fürSolarzellen eingesetzt. Die Reinheits-ansprüche sind bei Solarzellen weni-ger hoch, so daß hier meist „Abfall-silizium“ der Computerindustrie ver-wendet wird. Die Solarzellenindu-strie klinkt sich lediglich in geringemMaße in die viel höhere Produktionder Halbleiterindustrie ein.

2. Verarbeitung zu Solarzellen

Das reine Silizium muß physika-lisch und chemisch in einer Vielzahlvon Stufen zu Solarzellen verarbeitetwerden. Hierzu gehören Dotierung,Texturierung, Passivierung, Reini-gungs- und Ätzprozesse. Auf diesemöchte ich nicht im einzelnen einge-hen; wichtig ist für uns die Beurtei-lung des Gesamtprozesses. Letzt-endlich soll dadurch ein möglichsthoher Wirkungsgrad erreicht wer-den. (Großtechnisch hergestellte Si-liziumsolarzellen kommen heute aufeinen Wirkungsgrad von 15-17 %).

Für die einzelnen Verfahren wer-den eine Vielzahl von chemischenVerbindungen benötigt. Hierzu ge-hören u.a. Chlorwasserstoff (dieseVerbindung ist uns schon bei derSiliziumreinigung begegnet), Flußsäu-re, Kalilauge, Bor- und Phosphor-verbindungen. Entsprechende Stof-fe treten dann natürlich zunächstauch als Abfallprodukte auf.

Für den größten Teil der verwen-deten Stoffe gilt das schon bei derSiliziumreinigung Gesagte: Es han-delt sich um ungiftige oder minder-giftige Chemikalien, die in der che-mischen Industrie in vielen Prozes-sen eingesetzt werden. Ein Gefahrgeht lediglich vom direkten Kontaktaus.

Einige Stoffe, wie die erwähntenBor- und Phosphorverbindungen kön-nen können dagegen zusätzlich sehrtoxisch sein. Sie werden bei den vor-liegenden Prozessen (Dotierung) je-

doch nur in minimalen Mengen be-nötigt, so daß selbst im Störfall nurgeringste Mengen freiwerden. Sowerden für eine Tonne Silizium we-niger als ein Milligramm (ein tau-sendstel Gramm) an Bor und Phos-phor benötigt!

3. Modulfertigung

Hierzu gehören Prozesse wie Ver-kleben der Solarzellen, Vergießen derAbdeckplatte, Randabdichtung etc.Dabei sind keine oder nur geringeUmweltbelastungen zu erwarten (z.B.in geringem Maße durch Lösungs-mittel von Klebern).

4. Betrieb von Solarzellen

Die Bestandteile einer Solarzellesind ungiftig und ungefährlich. Soist auch keine Unfallart (Brand, Erd-beben etc.) denkbar, bei der eine Um-weltgefährdung auftreten könnte. Si-lizium hat keinerlei Wirkungen aufMensch und Natur!

5. Recycling

Zum Recycling von Siliziumsolar-zellen haben mehrere Firmen ver-schiedene Verfahren entwickelt. DasHauptproblem liegt zur Zeit in derDemontage der Solarzelle in ihre ver-schiedenen Bestandteile. Da das So-larmodul keine giftigen Stoffe ent-hält, verbleiben keine gefährlichenAbfälle. (Die Bor- oder Phosphor-verbindungen liegen, wie wir gese-hen haben, in vernachlässigbarenMengen vor.) Insbesondere weist derRecyclingprozeß eine positive Ener-giebilanz auf, d.h. selbst wenn das

Silizium je nach Verfahren nicht mehrfür Solarzellen verwendet werdenkann, sondern in anderen Bereichen(Metallindustrie) verwendet werdenmuß, ist der Energieaufwand für dasRecyclen geringer als für die Her-stellung von neuem Silizium aufge-wendet werden müßte.

An dieser Stelle sei noch eine Be-merkung zur Energiebilanz von So-larzellen gemacht. Je nach Techno-logie gewinnt eine Solarzelle heutedie gesamte Herstellungsenergie ineinem Zeitraum von 3-7 Jahren wie-der zurück. Der Einsatz von Solar-zellen „lohnt“ sich also energetischauf alle Fälle.

Wird der gesamte Lebenslauf ei-ner Siliziumsolarzelle betrachtet, sokann ihre Umweltfreundlichkeit of-fensichtlich an der Gefährlichkeitoder Harmlosigkeit der bei der Her-stellung verwendeten Chemikalienbeurteilt werden.

Leider gibt es noch keine oder nurunvollständige Daten zu tatsächlichenEmissionen, so daß eine auf Mes-sungen basierende Bewertung nochausstehen muß. Grundsätzlich kön-nen aber schon einige wesentlicheAussagen gemacht werden. So istzunächst generell zu bemerken, daßbei der Produktion selbstverständ-lich alle notwendigen Umweltschutz-techniken eingesetzt werden: Stoffewerden dem Prozeß zurückgeführtoder anders weiterverwendet. (Sokann der bei der Texturierung ver-wendete Chlorwasserstoff sogar

Ein Wafer, Zwischenprodukt derSolarzellenproduktion

38 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Einige Literaturangaben:

- Möller, J., Integrierte Be-trachtung der Umweltauswir-kungen von Photovoltaik-Tech-nologien, Diplomarbeit, Wup-pertalinstitut für Klima UmweltEnergie 1998

- Ostermayer, A., Analyse derUmweltauswirkungen einesneuentwickelten Herstellungs-verfahrens für PV-Module ausmult ikr istal l inen Si l ic ium-Dünnschichtsolarzellen, Di-plomarbeit, FachhochschuleBingen 1997

- Goetzberger, A. / Knobloch,J., Sonnenenergie: Photovol-taik, Teubner Stuttgart 1997

„Kernfusion, Hoffnung oder Illusion“Neben vielen telefonischen Rückmeldungen zu dem im Solarbrief 2/99 veröffent-lichten Artikel erreichten uns auch Leserbriefe und ein weiterer themenüber-greifender Artikel zur Kernfusion. Hier nun eine kurze Nachlese ....

Der AutorDr.-Ing. HermannKnüfer wurde 1927 inDuisburg geboren; Stu-dium der Fachrichtung:„Wärme-, Kraft- undArbeitsmaschinen“ ander TH Aachen; ab1957 Angestellter desregionalen Energiever-sorgers Elektromark

und in Rahmen der Arbeitgemein-schaft Versuchsreaktor (AVR)GmbH Betriebsleiter eines 15 MW-Hochtemperatur-Kernkraftwerks;

Leserbrief vonMartin Creuzburg

Glückwunsch zu demsoliden Artikel von Her-mann Knüfer! Das muß-te auch in einer Solar-zeitschrift einmal gesagtwerden.

Trotzdem ein Vor-schlag: Die Leser ken-nen meist die Hinter-gründe der Autoren nicht. Wäre esnicht angebracht, einen kurzenSteckbrief des Autors beizufügen?

von 1976 bis 1982 leitender Ange-stellter der Gesellschaft für Reak-torsicherheit mbH in Köln; zahlrei-che Veröffentlichungen in der Fach-zeitschrift „Brennstoff-Wärme-Kraft“ in der Zeit von 1966-1975;Frühpensionierung 1882; intensiveBeschäftigung mit dem Problem derKlimaänderung durch Verbrennungfossiler Energieträger; zahlreicheVorträge, Veröffentlichungen undStellungnahmen zum Thema Ener-giewende; Betreiber einer PV-Anla-ge, Kollektoranlage und beteiligt aneiner Windkraftanlage; seit 1988 ak-tives Mitglied des SFV.

Hermann Knüfer

hinterher als Salzsäure verkauft wer-den). Abluft und schädliche Abfällewerden behandelt, letztere sodanndeponiert. Von ihnen sind keine Be-lastungen mehr zu erwarten. Vomnormalen Produktionsbetrieb gehtalso keine Umweltgefährdung mehraus.

Würden aber bei einem Unfall ge-fährliche Stoffe freigesetzt? Wir ha-ben von vielen verschiedenen betei-ligten Chemikalien und ihren Eigen-schaften gehört. Es wäre demnachsicher falsch zu sagen, die verwen-deten Stoffe seien harmlos und dieProzesse ungefährlich. Wesentlichist, daß die möglichen Gefahren nurlokal (d. h. in der Produktionsstätteselbst) und kurzzeitig ( d. h. keineGiftwirkung, keine Anreicherung,keine Langzeiteffekte) wirken. Da-mit unterscheiden sich die Wirkun-gen grundsätzlich von denen der ein-gangs genannten Chlorverbindungen.Wichtig ist auch, daß während derReaktionen keine anderen schädli-chen Stoffe entstehen können. (Diesist z. B. das wesentliche Problem bei

der Müllverbrennung: giftige Gasewie Dioxine entstehen hier als unbe-absichtigte Nebenprodukte.)

Das Gefahrenpotential steht alsoin keinem Verhältnis zu dem her-kömmlicher Energiequellen wie Koh-le, Öl oder Atomkraft, mit denendie Solarenergie ja immer in Relati-on gesetzt werden muß: Dort sinddie Gefahren global (Kohlendioxi-demissionen) und langzeitig (z. B.die Entsorgungsprobleme der Nu-klearindustrie) - und dies bereits imNormalbetrieb.

Die bei der Solarzellenherstellungverwendeten Prozesse sind tech-nisch ausgereift und erprobt. Aucheine Massenproduktion von Solar-zellen wird aus chemisch-toxiko-logischer Sicht keine wesentlichenUmwelt- oder Gesundheitsproble-me mit sich ziehen. Der vermehrteEinsatz regenerativer Energiequel-len wie der Solarenergie muß so-gar im Gegenteil notwendige Fol-gerung aus dem vorhandenen Ge-fahrenpotential herkömmlicher En-ergiequellen sein! Insbesondere ge-

hören Schlagworte wie „Dioxine“oder „Chlorchemie“ in die Berei-che der Müllverbrennung oder In-sektizidherstellung und haben mitSolarzellenproduktion nicht das ge-ringste zu tun!

39Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Zur besonderen Gefährlichkeitder NeutronenstrahlungAnläßlich einer Veranstaltung „Umweltkrise und me-dizinische Wissenschaft“ in der Evangelischen Aka-demie Lokkum vorgetragen Von Rolf Bertram

Bei der Kernspaltung, bei derKernfusion und bei anderen Kern-reaktionen werden Neutronen un-terschiedlicher Energie emittiert. Alselektrisch neutrale Atomkernbaustei-ne vermögen sie tief auch in festeund flüssige Stoffe einzudringen.Beim Durchgang durch Materiewerden schnelle Neutronen auf dieGeschwindigkeit thermischer Neu-tronen abgebremst („thermalisiert“).Die Bremsung durch Stöße mit Ato-men (elastische Streuung) verur-sacht in der Nähe der Bahnspureine hohe Ionisationsdichte. Die vonden abgebremsten Neutronen ge-troffenen Atome eines beliebigenMaterials werden überwiegend ra-dioaktiv (Aktivierung). Die Aktivie-rungsrate hängt vom Neutronenflußund von der Art der getroffenenAtome ab. Dringen Neutronen inorganismisches Gewebe ein, so wirddieses unvermeidbar zu einer radio-aktiven Strahlenquelle. Die bei derAktivierung gebildeten Radionukli-de (Produktkerne) sind noch langeZeit nach der Neutronenbestrahlungnachweisbar. Im neutronenbestrahl-ten Gewebe werden diverse Radio-

nuklide unterschiedlicher Aktivitätund Halbwertszeit erzeugt. Dabeiist zu unterscheiden zwischen derwährend einer Kernumwandlungemittierten Strahlung (meist Gam-ma) und der Strahlung durch diedem radioaktiven Zerfall unterlie-genden Produktkernen. In jedem Falltritt Ionisation und Radikalbildungauf. Bei den durch Neutronen aus-gelösten Kernreaktionen werden insubmikroskopischen Bereichen En-ergiebeträge zwischen 100 und 1000eV übertragen, die bei weitem dieBindungsenergien in einem Biomo-lekül übersteigen. Dieser Transferhoher Energiebeträge auf engstemRaum löst eine kaskadenartige Ioni-sation und in der Regel ein Zerplat-zen des Biomoleküls aus ( AUGER-Explosion). Zusätzlich treten durchRückstoßeffekte hochionisierte Ra-dikale mit ungewöhnlicher Reakti-vität und Schadensdichte auf (HotAtom Chemistry, abgekürzt HAC).Neutronen wirken nicht nur ionisie-rend sondern auch molekülzerstörend.

Die Kenntnisse über die dabei ab-laufenden radiochemischen, kern-

Mit dem Solarbrief auf dem Laufenden bleiben ...

Leserbrief von Prof.Rolf Betram

als ständiger Bezieher der „Solarbriefe“ möchte ich mich zunächsteinmal sehr herzlich bedanken für die schnellen Informationen [...]Wenn man -wie ich- in Sachen Energie- und Umweltprobleme engagiertund aktiv ist, bleibt kaum noch Zeit, die vielfältigen Informationenwahrzunehmen und zu bewerten. Durch die Solarbriefe bleibt man stetsauf dem Laufenden.

Der Schwerpunkt meiner gegenwärtigen Aktivität liegt auf der Atom-müllproblematik und hier speziell auf den Schadwirkungen durch Neu-tronenstrahlung. Der im Solarbrief 2/99 von Hermann Knüfer verfassteAufsatz zeugt von hohem Sachverstand, ist physikalisch und technischhervorragend, sehr anschaulich und trägt sicherlich zur Desillusionie-rung der „Wunderwaffe“ Kernfusion bei.

chemischen und thermochemischenReaktionen sind selbst für einfacheMolekül-Systeme noch sehr lücken-haft. Die meisten Prozesse der HACin kondensierter Phase werden zurZeit noch nicht verstanden. Überdie Schadmechanismen der Primär-und Folgevorgänge an Biomolekü-len (in vivo) unter dem Einfluß vonNeutronenstrahlung weiß man prak-tisch nichts.

In einer von Neutronen getroffe-nen Körperzelle kommt während undnach der Neutronenbestrahlung einunüberschaubares Gemisch ionisie-render Strahlen zur Wirkung. DieFolgen für biochemische Reaktio-nen und biomolekulare Struktur-veränderungen sind gegenwärtigvöllig unklar. Die physiologischen,histologischen und cytologischenFolgewirkungen sind im einzelnenwenig, ihr Zusammenwirken über-haupt nicht erforscht. Die Emp-findlichkeit von Biomolekülen kannu.a. am Hämoglobin gezeigt wer-den, das eine komplexe Molekül-struktur aus 574 Aminosäuren dar-stellt. Sitzt an nur einer von den 574Stellen eine durch Strahlung defor-mierte Aminosäure, so führt dasfür den Träger bekanntlich zur Si-chelzellenanämie.

Ein intaktes lebendes System stellteine sehr komplizierte und dynami-sche Struktur dar. So sind z.B. dieNukleinsäuren (RNS, DNS) und an-dere hochmolekulare Eiweißverbin-dungen (Molekulargewicht bis 100Mio) nur im Zusammenhang mitihren biologischen Funktionen zudefinieren. Subzelluläre Strukturensind energetisch und stofflich soaufeinander abgestimmt, daß zusätz-liche Energiezufuhr und stofflicheVeränderungen die lebensnotwen-digen Abläufe (z.B. Stoffwechsel)empfindlich stören.

Bei der Festsetzung der Grenz-werte und Zusatzfaktoren (z.B.RBW) durch die Strahlenschutz-gesetzgebung sind die herkömmli-chen, strahlendosimetrischen Ver-fahren und Kalkulationen völligungeeignet.

40 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Inmitten der machtvollen Trotz-und Trauerchöre, die aus der Kern-kraftgemeinde ob der grausamenWillkür der rot-grünen Regierungaufsteigen, ist es vielleicht ziemlich,zwei moralischen Problemen Raumzu geben, die unmittelbar mit dieserKernkraft zu tun haben. Natürlichist klar, daß sie gegenüber den eher-nen Gesetzen der Wirtschaft nichtzählen; aber das Höhere ist uns, wiewir wissen, das Höchste im Leben.

Das erste Problem ist, wie be-kannt, das der Entsorgung. Es istschlechthin nicht lösbar, wenn manmit einigem Sinn für Geschichte ansie herangeht. „Sicherer Verschluß“der strahlenden Materien soll da überÄonen hinweg bewerkstelligt wer-den, deren natur- und noch mehrderen humangeschichtliche Ent-wicklung im völligen Dunkel liegt.Das ist unendliche und törichte Ver-messenheit, und die unumkehrbareSchuld der Promoter liegt vor un-serer Nase und ist nicht zu leugnen.Das moralisch einzig Mögliche, wasuns noch bleibt, ist der Versuch,dem Berg der Lebensfeindlichkeitnicht noch weitere Breiten- undHöhenklafter hinzuzufügen.

Das Uran der Urahnen

Über dieses Problem wurde hin-reichend gehandelt, und die militan-te Anti-AKW-Bewegung hat es ge-bührend in ihr Arsenal einbezogen.Das zweite Problem beschäftigtwesentlich weniger Gehirne undGemüter, aber es ist gerade deshalbfür den kollektiven Seelenzustandbezeichnend, ohne den die Verwen-dung der Atomenergie nicht mög-lich wäre. Es sind die Zu- und Um-stände, unter denen der Rohstoff fürden ganzen Betrieb gewonnen wird:die Zu- und Umstände des Uranab-baus. Es sind Zu- und Umstände desGenozids und des Ethnozids.

Uran wird in der Regel dort ab-gebaut, wo sich die Heimat verhält-nismäßig wehrloser Gesellschaftenbefindet. Da im Ostblock (und heutenoch im Hoheitsbereich Chinas) sogut wie alle abhängigen Satelliten-und Minderheitenvölker wehrloswaren und sind, boten und bietensich großartige Möglichkeiten. Ti-betaner gibt es ohnehin zuviel; undKasachstan ist vermutlich das ra-dioaktiv am stärksten verseuchteGebiet der Erde, wenn man von derunmittelbaren Umgebung vonTschernobyl absieht. Auch im so-wjet-unterworfenen mitteleuropäi-schen Sachsen gab es, wie wir wis-sen, eine Wismuth-AG.

Was den freiheitlichen Westenbetrifft, so bieten sich die besten,das heißt, die bequemsten Voraus-setzungen in den Territorien der so-genannten traditionellen Gesellschaf-ten, also den Territorien der Urein-wohner. Die reichen von Australienüber Schwarzafrika bis nach Nord-und Südamerika. Wenn deutscheAtommanager die Auskunft ertei-len, daß sie ihr Uran aus „den USA“beziehen, so bedeutet dies, daß die-ses Uran unter unglaublichen Be-dingungen, von ganz oder teilweiseahnungslosen Indianern, Eskimos,Chicanos wenn nicht gefördert, sodoch erpreßt oder erschwindeltwurde. Jede Kilowattstunde Atom-strom, die wir hier verbrauchen,bedeutet mehrere Kubikmeter yel-low cake, also strahlenden Abfall inirgendeiner Gegend, die man zyni-scherweise zur National SacrificeArea, also zum nationalen Opferge-biet erklärt. Dieser Abfall liegt un-geschützt und unbedacht im Freienauf Halde und verseucht eine Land-schaft, die den wehrlosen VölkernHeimat ist - ihren Boden, ihr Was-ser, ihre Ernten. Gut und gern40.000 Tode pro Jahr werden durch

diese Praxis weltweit verursacht. Esist sinnlos, das zu leugnen - seit demHerbst 1992, dem „World UraniumHearing“ in Salzburg, liegen die Fak-ten vor und sind protokolliert in demDokumentarband „Poison Fire -Sacred Earth“.

Wer den Versuch macht, die ver-antwortlichen oder zwecks Propagan-da abgestellten Herren auf diesen Ge-nozid, diese Fäulnis in den Funda-menten der Atomwirtschaft anzuspre-chen (der Verfasser hat es des öfterengetan), der stößt auf folgende Reak-tionen: Oft wird schlicht gelogen. DerAngesprochene versichert festenBlicks und nicht ohne Vorwurf ob dertaktlosen Frage in der Stimme, Uran-abbau finde unter strikt kontrolliertenSicherheitsbedingungen statt - zumin-dest dort, wo man das eigene Uranherbeziehe. Es gibt natürlich auch ge-witztere Gesprächspartner. Die stel-len sich dumm und erklären, daß siediese Zustände in fernen Weltgegen-den gar nichts angingen. Es sei Sacheder Bergbaugesellschaften, wie sie mitden natürlichen und menschlichen Fak-toren ihres Gewerbes zurechtkommen.(Daß man den Preis des Atomstromsmusterhaft niedrig halten will und teu-re Sicherheitskosten nicht eben wohl-wollend zur Kenntnis nähme, wirddabei nicht erörtert.)

Jenseits davon kann es philoso-phisch werden. Das läuft dann auf diegute alte Güterabwägung hinaus: dieenergetische Unersättlichkeit unsererZivilisation gegen das Leben von welt-weit verstreuten und letzten Endesunbrauchbaren Kanaken - wer kannbei solcher Entscheidung zögern? (Esmag interessieren, daß Dr. JochenHolzer, langjähriger Chef der Bayern-werke und der Viag, in einem Brief anmich sowohl Argument eins wie Ar-gument drei verwendet hat, obwohlsich die eigentlich gegenseitig aus-schließen.) Geschickte Disputanten

Herz der FinsternisArbeitsteilung: Die einen sahnen ab, die anderen zahlenEin Beitrag zur Kernkraftdebatte Von Carl Amery

41Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

werden sich auch zunächst vor demstichhaltigen ethischen Argument ver-beugen und es dann sofort ersticken,indem sie es für den Rest der verfüg-baren Zeit mit dem üblichen Geredevon Standort, Grundlast und Preis-vergleich überrollen. Alle fühlen sichdabei relativ sicher, weil sie sich zudiesem Punkt der Mehrzahl der Kern-kraftgegner höchst selten stellen müs-sen. Der hiesige Anti-Atom Aktivistschleppt ja, ob er es weiß oder nicht,sein eigenes Päckchen Seelen-Impe-rialismus mit herum, das ihm die Ge-fahrenmöglichkeiten im eigenen Landlebhaft vorstellt, während die steteGenozidwirklichkeit in TubaCity, Ari-zona, oder im australischen Outbackkaum an sein Gemüt herankommt.Mit anderen Worten: Er gehört dernämlichen Zivilisation an wie sein Ge-genüber im AKW-Lager. An dieserZivilisation hat sich in den letzten zwei-hundert oder fünfhundert Jahrennichts geändert, jedenfalls nichtsWesentliches. „Ihr Wesen ist packendund scharfsichtig“ erfaßt in JosephConrads Roman „Herz der Finster-nis“, „die grausigen Geschehnisse imInneren Afrikas sind es, die auf derfernen Insel... auf dem Kleinod in derSilbersee, die hohe Moralität und Sen-sibilität des viktorianischen Zeitalters,seinen nur von hausgemachten mora-lischen Schattierungen belebten Wohl-stand ermöglichen.“

Die frommen Frauen der Sklaven-händler und Plantagenherren habenbestimmt seit Cortés’ und PizarrosZeiten im Kirchenchor gesungen undsich mit Beichtvätern über die Fein-heiten ihres Seelenhaushalts ausge-sprochen. Und es ist zu bezweifeln,ob Leopold von Belgien nachts inBrüssel von den abgehackten Händender Kongoarbeiter träumte, die ihr Sollnicht erfüllten. Unsere gegenwärtigeGesellschaft ist vielleicht etwas grob-körniger als die des 19. Jahrhunderts- aber das, worauf wir uns nicht we-nig einbilden, nämlich das Ende derkolonialen Bestialität, ist eben nichtsals das: eine grundlose Einbildung. Wirhacken vielleicht keine Hände mehrab, wir vergiften die Indianer nichtmehr mit Feuerwasser und pockenin-

fizierten Decken, aber wir besche-ren ihnen dafür raffiniertere Malai-sen, die der Produktionsfaktor Wis-senschaft halt so als Risiko undNebenwirkung hervorbringt. Sie ha-ben die Nebenwirkungen, wir dieumweltfreundliche, klimaschonen-de, preiswerte Fülle der Kernener-gie. So soll es auch, wenn es nachden güterabwägenden Herren geht,noch möglichst lange bleiben: „Re-gierungen kommen und gehen, aberdie deutsche Kernkraft die bleibtbestehen“, wie es Wilfried Steuer,der Präsident des Deutschen Atom-forums, so kernig formulierte.

Gift für die Welt

Und eben deshalb ist es dring-lich, uns die Wirklichkeit der Fin-sternis vor Augen zu stellen. Ebendeshalb ist es geboten, neben derVermessenheit des „Entsor-gungs“-Nebels die handfesteVerdrängung des permanentenGenozids durch Uranförderungzu thematisieren.

Ich wünsche allen Funktio-nären und politischen Büch-senspannern der Atomkraft-werke ein möglichst enges Zu-sammenleben mit dieser fin-steren Wirklichkeit. Ich wün-sche Herrn Majewski von denBayernwerken, daß er mor-gens, wenn er sich beim Ra-sieren im Spiegel betrachtet,hinter seiner linken Schulterdas aschgraue Gesicht einesleukämiekrankenYakimah-In-dianers sieht. Ich wünschedem bayerischen Wirtschafts-minister Wiesheu in gleicherLage das Gesicht einer ster-benden australischen Urein-wohnerin. Und Herrn Steuer,dem kühnen Vorkämpfer dersteckengebliebenen Moderne,wünsche ich deren zwei - ei-nes links, eines rechts hinterseinen Schultern, wenn er denScherkopf ansetzt. Zwei Licht-lein lassen sich vielleicht an-stecken in der Finsternis - daserste am Rohstoffende:Yvonne Margarula vom

Stamm der Mirrar, einem Aborigine-Volk in Australien, hat für ihren Wi-derstand gegen die Eröffnung.der Uran-mine im Kakadu-Nationalpark imHerbst 1998 den ersten „Nuclear FreeFuture Award“ erhalten - traditionsbe-wußt in Salzburg, dem Ort der Anhö-rung von 1992.

Das zweite Lichtlein, am ganz ande-ren, am Konsumenten-Ende: die Ge-meinde Schoenau im Schwarzwald,die sich vom Zwang des Atomstrom-konsums durch Kauf des Stromnetzesbefreit hat, betreibt ihr eigenes E-Werkund ist im Augenblick eine führendeMaklerin im Verkauf von Naturstromin Deutschland. Ich habe dort 1.000Kilowattstunden gut, vielleicht kaufeich noch mehr, um mir das zweiteGesicht im Rasierspiegel zu ersparen.

Abdruck mit freundlicher Genehmi-gung des Autors

42 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Es ist einfach, eine Rezenssionzu einem Buch zu schreiben, vondem man restlos begeistert ist.Schwierig wird es, wenn man demBuch ambivalent gegenüber steht.

Und so geht es mir mit dem neu-en Buch von Franz Alt „Der ökolo-gische Jesus“ (!). Allein der Titelhätte mich normalerweise restlosabgeschreckt, wäre da nicht dervon mir sehr geschätzte Autor. Alsohabe ich mir mal den Klappentextbetrachtet:

„Die letzten 25 Jahre haben be-wiesen: Umwelttechnik allein wirdunseren schwerkranken Planetennicht retten. Grundsätzliches Um-denken und ein Bewußtseinswandelsind notwendig, um die Wende zuschaffen; denn täglich

* werden die Wüsten um 20.000Hektar größer* produzieren wir 100 MillionenTonnen Treibhausgase* vernichten wir 31.000 HektarWald* wächst die Menscheit um eineViertelmillion zusätzlich.

Wir führen einen dritten Weltkrieggegen die Natur und damit gegenuns selber. Sind wir noch zu ret-ten?

Erstmals in der Menschheitsge-schichte hängt unser Überleben voneiner radikalen geistigen und seeli-schen Umkehr ab, von einer ethi-schen Ökologie.“

Besonders der letzte Satz hat miraus der Seele gesprochen und sohabe ich das Buch gelesen. Die Am-bivalenz, die von Anfang an be-stand, hat sich bis zum Schluß nichtaufgelöst. Ein kirchlich orientierterMensch wird dieses Buch sichermit ganz anderen Augen betrach-

ten, wird höchstwahrschein-lich auch andere Aspekte beider Beurteilung in Betracht zie-hen und folglich zu anderenSchlüssen kommen.

Für einen Theologen magdas Buch eine Verpflich-tung zum Handeln enthal-ten oder er wird es alsunwissenschaftlich ableh-nen. Das kann ich nichtbeurteilen.

Ich persönlich halteeine Deutung des Le-bens Jesu unter demAspekt: „Wenn Öko-logie damals ein The-ma gewesen wäre, dannwäre Jesus der größte Ökologe vonallen gewesen“ zumindest für frag-würdig.

Trotzdem hat dieses Buch fürmich etwas ganz besonderes:

Franz Alt ist es gelungen, denDrahtseilakt zwischen Panikmacheund Hoffnung zu vollführen. Ermacht in diesem Buch bewußt, daßdie Erde kurz vor dem Kollaps steht.Und er entwickelt eine Utopie, mitderen Hilfe eine „Rettung“ nochmöglich ist. Utopie nicht im Sinnevon: „Schön wär’s, aber es klapptsowieso nicht“, sondern Utopie alsIdee einer Gesellschaft, die ihre ge-lebten Werte neu definiert und da-durch verantwortlich und lebens-bejahend handelt. Er macht bewußt,daß es notwendig ist, global zu den-ken. Der in unserer Gesellschaftfortschreitenden, sogenannten „In-dividualisierung“ setzt er ein neuesGemeinschaftsdenken entgegen.

Und das tut er mit seinem ge-wohnt kämpferischen Geist; ernimmt kein Blatt vor den Mund,

Eine Utopie zur „Rettung“ der Erde...Eine Rezension des neuen Buches von Franz Alt: „Der ökologische Jesus“von Britta Marold

wenn es gilt, Mißstände anzupran-gern, Namen zu nennen. Seine Kom-promißlosigkeit wirkt ansteckendund inspirierend. Einige Zitate mö-gen dies verdeutlichen:

„Wie war 1912 der Luxusdamp-fer ‘Titanic’ untergegangen? AnDeck gab es Tanz und Theater,Champagner und Luxuskleider, vielGeld und wenig Geist. Deshalb hiel-ten die Passagiere das Schiff fürunsinkbar.“ (S. 24)

„Entweder wir schaffen die heu-tige Energiepolitik ab, oder dieseschafft uns ab.“ (S. 66)

„Die Entdeckung der inneren psy-chischen Sonne wird ebensolche re-volutionären Veränderungen zur Fol-ge haben wie die technische Nut-zung der Sonnenstrahlen. Die äuße-re Energiekrise ist ein Abbild derinneren. Die Überwindung der äu-ßeren Energiekrise setzt eine Mobi-lisierung unserer inneren, ethischenEnergie voraus. Wissenschaft, Po-

43Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

litik und Wirtschaft werden lernenmüssen, sich der Natur unterzu-ordnen und bei ihr in die Lehre zugehen. Das Beachten der Naturge-setze ist das Geheimnis künftigerErfolge. Naturblindheit ist Zukunfts-blindheit.“ (S. 87)

„Die Umweltbewegung wird dannErfolg haben, wenn sie klarzuma-chen versteht, daß Umweltschutzund Umweltpolitik ein Gewinn undnicht Verzicht ist, ein Reichtum füralle und nicht Verlust für fast allewie unter der heutigen Diktatur ei-

ner kurzfristig verstandenen Öko-nomie. Ohne diese Perspektive derFülle, der Freude, des Reichtumsund des Überflusses können dieUmweltbewegung und eine effizien-te Umweltpolitik niemals die Herzender Mehrheit erreichen.“ (S. 109)

Ich denke, daß wir bei unseremEinsatz für die Energiewende im-mer wieder Hoffnung und Inspira-tion brauchen; und wir braucheneine Utopie, die uns eine klare Rich-tung weist, damit wir bei all dentäglichen Widerständen nicht mut-

los werden.

Und das macht das Buch fürmich, trotz aller Einwände, zu ei-nem lesens- und empfehlenswertenBuch.

Franz Alt,„Der ökologische Jesus“Riemann Verlag 1999ISBN 3-570-50000-436,- DM

BINE-InformationsdienstDer vom Bundesministerium für

Bildung, Wissenschaft, Forschungund Technologie geförderte Infor-mationsdienst veröffentlicht in re-gelmäßiger Folge unter anderem in-teressante Schriften zum Thema„Regenerative Energien“. Zur Ver-öffentlichung kommen die Erfah-rungen und Erkenntnisse von Inge-nieuren und Wissenschaftlern auszahlreichen Forschungsprojektenund praktischen Tätigkeiten.

Eine Übersicht zu den veröffent-lichten Schriften können Sie unterfolgender Adresse erhalten:

BINE Informationsdienst,Fachinformationszentrum Karls-ruhe/Büro Bonn,Mechenstr.57, 53129 Bonn,Tel.: 0228-92379-0Fax.: 0228-92379-29

Entscheidungshilfe fürSolarkraft-Fans

Die Energieagentur NRW hat denersten Solaratlas für Nordrhein-Westfalen herausgegeben. Ihm läßtsich genau entnehmen, an welchemOrt in NRW wieviel Sonnenenergieauf eine Solaranlagenfläche bei ver-schiedenen Himmelsrichtungen undNeigungswinkeln einstrahlt. DerAtlas soll Planern und Nutzern vonSolarenergie als Instrument dienen.Fazit der Herausgeber: Der Einsatzvon Solarenergie lohnt sich in NRWüberall, selbst das dunkle Sauerlandbietet immerhin noch 930 kWh/m²jährlich. Informationen unter:

Energieagentur NRW, Morianstr.32,42103 Wuppertal,Tel.: 0202-24552-0 Fax.: 0202-24552 30, http://www.ea-nrw.de

Hier zwei Kostproben:

Photovoltaik - Ein Leitfaden fürdie Praxis

J.Schmid, 3. Auflage 1995, 124 Sei-ten, 25.00 DM,ISBN 3-8249-0262-1

FörderfibelEnergie

Öffentliche Finanz-hilfen für den Einsatz erneuerbarerEnergiequellen und die rationelle En-ergieverwendung; 5. überarbeitetAusgabe; 280 Seiten, broschiert,36.80 DM,ISBN 3-87156-211-4

Spezifische Daten zurBiomasse

Die in der Biomasse vorhandeneEnergie kann durch verschiedeneVerfahren genutzt werden: Verbren-nung, Vergärung, Vergasung, Öl-gewinnung.

Die Landesinitiative Zukunftsen-ergien NRW hat eine Info-Scheibeherausgegeben, die Ihnen die Mög-lichkeit gibt, spezifische Energie-Daten verschiedener Biomasseartenzu ermitteln und zu beurteilen.

Geschäftsstelle der Landesinitia-tive Zukunftsenergien NRWHaroldstr. 440213 DüsseldorfTel.: 0211-86642-0Fax: 0211-86642-22E-Mail:[email protected]

Weitere Literaturempfehlungen

44 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Nachrichten

Stromversorger blockie-ren Wechsel zur Natur-strom AG

Rund 170 Stromver-braucher, die zur Natur-strom AG wechseln woll-ten, werden laut Presse-

mitteilung der NATAG von ihrenbisherigen Energieversorgungsun-ternehmen nachdrücklich behindert.Darunter seien z.B. die KoblenzerElektrizitätswerk und Verkehrs-Ak-tiongesellschaft (KEVAG), dieStadtwerke Düsseldorf AG und dieGEW Köln AG. Zu den Methodender EVU’s gehören u.a. die recht-lich bedenkliche Drohung, dieStromversorgung zu unterbrechenoder die Verbraucher über den „Um-weg“ Naturstrom AG zu beliefern.Doch nach § 10 Abs.1 Satz 1 desEnWG verpflichtet der Netzbetrei-ber, „jedermann“ zu allgemeinen Be-dingungen und allgemeinen Tarifenfür die Versorgung in Niederspan-nung anzuschließen und zu versor-gen. Der überwiegende Teil der bis-herigen EVU stemmt sich jedochnicht gegen den Kundenwechsel.Ein Teil der Versorger bemüht sichsogar um Kooperation mit der Na-turstrom AG.

Grüne wollenAtom und Kohleabschalten

Die Landesgeschäfts-stelle der NRW-Grünenwechselt zur Naturstrom-AG. Ob-wohl die Düsseldorfer Stadtwerkeversucht haben, diesen Wechsel zuerschweren, zahlen die NRW-Grü-nen seit 1.August acht Pfennig proKilowattstunde mehr als bisher. Da-für stellt die Naturstrom-AG sicher,eine dem Strombedarf des Kundenentsprechende Menge Strom aus re-generativen Energien ins öffentli-che Netz einzuspeisen. Neben derLandesgeschäftsstelle in Düsseldorfhaben Ende Juli auch etliche andereKreis- und Ortsbüros der Grünenzur NATAG gewechselt.

HessischesSolarförderungeingestellt

100.000- Dächer-Programm -Programmänderung undStand der Dinge

Die EU hat jetzt genehmigt, daßauch gewerbliche Antragsteller beidem Erwerb von Photovoltaikanla-gen gefördert werden können. Absofort können somit auch Anträgevon Freiberuflern sowie kleinen undmittleren Unternehmen berücksich-tigen werden. Bislang stand das Pro-gramm der Kreditanstalt für Wie-deraufbau nur Privatpersonen, Woh-nungsbaugesellschaften, privatenStiftungen und Vereinen offen.

Damit jetzt auch Unternehmen dieSonne anzapfen können, müssen je-doch folgende Kriterien erfüllt sein:der Jahresumsatz bzw. die Bilanz-summe ist auf 40 Mio DM / 27 MioEUR begrenzt, die Zahl der Beschäf-tigten darf nicht über 250 Mitarbei-tern liegen und der Antragsteller be-findet sich höchstens mit 25 Pro-zent im Besitz eines Unternehmens,das die beiden vorgenannten Krite-rien überschreitet.

Nachdem die Förderung für ge-werbliche Antragsteller offensteht,erwartet die Bank einen weiterenNachfrageschub.

Derzeit ist das 100.000-Dächer-Programm, das eine Gesamtlaufzeitvon 6 Jahren hat, zu ca. 1 Prozentausgeschöpft.

100 000 solche Dächer - wäre das nicht ein tollerAnfang? hier: Lemgo: 9,4 kWp

Laut Beschluß desHessischen Kabi-

netts vom 29.06.1999 zur Neu-ausrichtung der Förderschwer-punke wurden im Energiebereichneue Richtlinien festgeschrieben.

Hiernach werden ab diesem Jahrnur noch die Photovoltaik-Anla-gen jouristischer Personen öffent-lichen Rechts gefördert, die nichtdurch die Richtlinien des 100.000-Dächer-Programms des Bundes-wirtschaftsministeriums erfaßtsind. PV-Anlagen, für die im100.000-Dächer-Programm eineAntragsberechtigung besteht undfür die ein Antrag auf Landesför-derung bei der Bewilligungsbehör-de nach Anlaufen des Bundespro-grammes eingegangen ist, werdenvom Hessischen Ministerium nichtmehr gefördert.

Das Thema Solarstromförde-rung kam bei der neuen Landesre-gierung erst sehr spät auf denTisch - sehr ärgerlich für all dieje-nigen in Hessen, die antragstellendnoch immer eine leise Hoffnungauf eine etwaige Hessen-Zulagehatten.

Zudem: Die bisherige Hessen-Förderung, bei der Zuschläge biszu 40% der Installationskosten fürAnlagen bis 5 kW gezahlt wurden,hätte PV-Interes-sierten eine bessereFinanzierungssitua-tion geboten als das100.000-Dächer-Programm derzeitvermag. Zumindesthätte man über eineKombinierbarkeitnachdenken kön-nen, wie es auch inNRW bei der REN-Förderung prakti-ziert wird.

45Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Dortmunder Energie- und Wasser-versorgung GmbH wehrt sich ge-gen Vorwürfe des unlauterenWettbewerb

Mitte Fe-bruar die-sen Jahreskündigtedie DEWan, künf-tig in denVer t r iebvon Pho-tovoltaik-a n l a g e n

einzusteigen. Albert Herzmann, En-ergie- und Umweltschutzexperte derDEW bot PV-Anlagen zu einemPreis von nur 12.750 DM inkl.MwSt. pro Kilowatt installierte Lei-stung an. Auf die Solarmodule soll-te eine Garantie von 25 Jahren, aufdie gesamte Anlage von 10 Jahrengegeben werden. Zusätzliche Lei-stungsüberprüfungen wurden ange-kündigt. Nach relativ kurzer Zeitzog sich jedoch die DEW aus demgeplanten Verkauf der PV-Anlagenwieder zurück. Grund: Die Dort-munder Solarinstallateure reagiertenverärgert, da dieser vom DEW of-ferierte Installationspreis einen un-lauteren Wettbewerb auslösen wür-de. Nur zwei Installateure konntenpreislich mithalten. Herr Herzmannwies in einer Pressemitteilung dieBehauptung entschieden zurück,DEW hätte Kundenadressen ande-rer Unternehmen dazu genutzt, ak-tiv diese Kunden durch Konkurrenz-angebote abzuwerben. Allerdingswürden auch heute noch Kunden einPreisangebot der DEW erhalten, wennsie es wünschten.

DEW wird auch weiterhin Solar-anlagen durch ein günstiges Finan-zierungsangebot fördern. Diese Fi-nanzierung wird weiterhin nur mitdem Angebot der DEW koppelbarbleiben. Dies sei ein ganz normalerkaufmännischer Vorgang, meintHerzmann...

Kommentar des SVF:

Auch wir empfinden es als unfair,wenn Stromversorger den Solar-installateuren mit BilligangebotenKonkurrenz machen, insbesonderewenn die Stromversorger unterSelbstkosten anbieten, um die In-stallateure vom Markt zu verdrän-den - Preisdumping (wobei aller-dings ihre Personalkosten schlechtnachgeprüft werden können).

Leider müssen wir aber darauf ver-weisen, daß das OberlandesgerichtMünchen dies in einem ähnlichenFall anders gesehen und den Stadt-werken den weiteren Verkauf vonPV-Anlagen rechtlich zugestandenhat. (siehe OLG München, Urteilvom 12.02.1998 - 6 U 260/97, ver-öffentlicht in der Zeitschrift für Neu-es Energierecht (ZNER) 2/3 1998Seite 64). Das OLG München be-gründet seine Entscheidung u.a. mitdem Argument, daß „die beklagtenStadtwerke selbst im Wettbewerb beider Lieferung und Beschaffung vonelektrischer Energie stehen und diesletztlich auch günstig erreichen wol-len, indem sie den Erzeugern PV-Anlagen zu günstigen Preisen durchGroßeinkauf und unter Verzicht aufeigenen Gewinn bei der Abgabe ver-schaffen.“ Sie verhielten sich damitim Rahmen des zulässigen allge-meinen Wettbewerbsgeschehens,auch wenn hierdurch die Absatz-möglichkeiten anderer Lieferantenvon PV-Anlagen geschmälert wür-den. „Die Lieferung zum Einstands-preis und sogar unter dem Ein-standspreis ist als solche nicht wett-bewerbswidrig, wenn nicht nochbesondere, unlautere Begleitumstän-de hinzukommen.“ Und die hat dasOLG München offenbar nicht er-kennen können?

Nachrichten

46 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Nachrichten

Gemeinschaftsanlage aufSparkasse Heidelberg

In den Sommermonaten wird aufdem Verwaltungsgebäude der Spar-kasse Heidelberg eine PV-Anlage miteiner Leistung von 25 kWp errichtet.Über einen Zeitraum von 20 Jahrensoll diese Anlage ca. 400.000 kWhSolarstrom erzeugen und somit ge-genüber Kohlestrom 370 t CO2 ein-sparen.

Die Solaranlage wird von einer ei-gens dafür gegründeten Betreiberge-sellschaft „Heidelberg Solar III GbR“gebaut und betrieben. Die Gesell-schafter können ihre Einlage zu 100%über ein sehr günstiges Darlehen derLandeskreditanstalt finanzieren. Dererzeugte Strom wird vollständig indas Netz der Stadtwerke eingespeistund in einer solchen Höhe vergütet,daß die Gesellschafter das eingesetz-te Kapital zzgl. Verzinsung refinan-zieren können.

Infos unter: Tel.: 06221-902130

Bürgerbeteiligungsanlagein München

Ende Mai konnte das Projekt So-larpark 2000 fertiggestellt werden.Die Bürgerbeteiligungsanlage hat eineGesamtleistung von insgesamt 256kWp ( 2.000 Quadratmeter Modul-fläche).

Der Solarpark besteht aus 3 Teil-anlagen. Die erste Anlage wurde inMoosburg (105 kWp), die größteauf dem Dach der Briefpost Mün-chen (133 kWp) installiert. Die klein-ste Teilanlageschmückt dasDach der Grund-schule in Haid-hausen. Hiersoll die Strom-produktion mitöko log i sche rBildungsarbeitverknüpft wer-den. Die Solar-anlagen wurdenvon der Firma

Gehrlicher Umweltschonende En-ergiesysteme GmbH projektiertund gebaut und vom Umweltin-stitut München e.V. mitinitiiertund begleitet. Das Projekt ist Teilder lokalen Agenda 21 in Mün-chen. Das Besondere: Kein Groß-konzern, sondern Münchner Bür-gerInnen und ein mittelständischerBetrieb haben diese PV-Anlagerealisiert.

Solaranlage in Moosburg, 105 kWp,Foto: Fa. Gehrlicher Umweltschonende

Energiesyteme GmbH

SOLON AG erhielt Groß-auftrag der HannoverschenVerkehrsbetriebe AG

delt es sich um verschiedene Lö-sungen der Gebäudeintegrationund Zellentechnologie.

Zum Einsatz kommen zum ei-nen 1000 qm Sondermodule, in-tegriert in den Dach-Oberlichternder Betriebswerkstatt in Verbin-dung mit wärmegedämmter Iso-lierverglasung, mehr als 1.000 qmaufgeständerte Standardmoduleauf dem Flachdach sowie mehrals 300 qm Module mit amorpher

Dünnschicht-Tech-nologie an der Süd-fassade der Be-triebswerkstatt.

Der erzeugteGleichstrom soll indas 600-Volt-Fahr-leitungsnetz derH a n n o v e r s c h e nStadtbahn einge-speist werden.

geplante PV-Großanlage in Hannover

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SOLON AG wird auf einer Flä-che von ca. 2.300 Quadratmeternauf der Wartungshalle des Stadt-bahn-Betriebshofes Hannover-Lein-hausen eine PV-Großanlage mit ei-ner Gesamtspitzenleistung von 250Kilowatt in drei Teilanlagen umset-zen. Bei den drei Teilanlagen han-

ASE liefert Dünnschicht- Solarzellen nach Berlin

In das zum Bundestagskomplexgehörende Paul-Löbe-Haus in Ber-lin soll auf einer Fläche von 3000m²eine 125 kWp-Dünnschicht-Solar-anlage integriert werden. Die vonASE gelieferten Solarzellen werdenvon der SOLON AG zu bewegli-chen Lamellen-Solarmodulen ver-arbeitet, die den Licht- und Wärme-eintrag in das Gebäude regulierensollen.

ASE ist der größte Herstellervon Solarzellen in Deutschland.Im vergangenen Jahr ist in Al-zenau eine industrielle Fertigungvon kristallinen Zellen in Betriebgegangen. ASE fertigt zudemSolarzellen aus amorphen Silizi-um und Hochleistungszellen fürdie Energieversorgung von Sa-telliten an. ASE gehört zumRWE-Konzern.

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Bitte senden Sie ein Werbeexemplar des Solarbriefs an

Herrn/Frau .................................................

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BeitrittserklärungBeitrittserklärungBeitrittserklärungBeitrittserklärungBeitrittserklärungzum Solarenergie-Förderverein e.V. (SFV)

Ich möchte stimmberechtigtes Mitglied werden. Mein Mitgliedsbeitrag beträgt 120.-DM/Jahr.

Ich möchte stimmberechtigtes Mitglied werden und beantrage eine Beitragsermäßigungauf 45.-DM/Jahr. (Grund: Studium, Rente, Arbeitslosigkeit, Mitgliedschaft in mehreren Vereinen)

Ich möchte den SFV mit einer jährlichen Dauerspende von __________ DM unterstützen.

Unsere Firma / unser Verein / unsere Kommune möchte Fördermitglied werden.Der jährliche Förderbeitrag beträgt ___________ DM.

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Solarenergie-FördervereinHerzogstraße 6

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Sonnestatt Kohle und Atom

49Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Nachrichten

Solar-Fabrik Freiburgfeierte Einweihung ihresneuen Produktionsge-bäudes

Nach einer relativ kurzen Bauzeitwurde am 14. Mai das neue Pro-duktiosgebäude der Solarstrom-Fa-brik offiziell eingeweiht. In dem aus-schließlich mit erneuerbaren Ener-gien versorgten Produktionsgebäu-de sollen laut Pressemitteilung derSolar-Fabrik künftig absolut CO2-neutral produzierte Solarstrommo-dule vom Band gehen.

Anreisenden Gästen fällt die So-lar-Fabrik schon von weitem durchdie imposante, nahezu 10 m hoch inden Himmel ragende Glasfassadeauf. Sie schließt das Gebäude nachSüden ab und ist Teil eines ausge-klügelten Energiekonzepts. Innenspannt die schräg gestellte Fassadeeine beeindruckende Glashalle mitüber 400 m² Fläche auf. Einzigartigist das Energiekonzept der Solar-Fabrik. Verwaltungsgebäude wieProduktionsanlage werden aus-schließlich mit erneuerbaren Ener-gien versorgt. Die Solarstrommo-dule auf und an dem Gebäude miteiner Gesamtfläche von 575 m2 dek-ken etwa ein Drittel des Strombe-darfs. Hinzu kommen die passivenSolargewinne durch einfallendes

Foto: Solar-Fabrik

Sonnenlicht. Wo die Sonne nichtausreicht, hilft ein Blockheizkraft-werk (BHKW) mit einer elektrischenLeistung von 45 kW nach, das so-wohl Strom als auch Wärme er-zeugt. Brennstoff hierfür ist natur-belassenes Rapsöl aus regionalerProduktion. Bei der Innenausstat-tung wurde auf aufwendige Ver-kleidungen und Kaschierungen ver-zichtet, um die Baukosten im Be-reich eines konventionellen Indu-striegebäudes zu halten.

Freiburg: Neue Solar-kraftwerke mit bis zu530 kW geplant

Noch in diesem Jahr will dieS.A.G. Solarstrom AG laut einerPressemitteilung vom Juli drei So-larkraftwerke installieren: 60 kWpauf dem Dach des Dreisamstadion,90 kWp auf dem Dach der Quar-tiergarage Vauban sowie 150 - 400kWp auf dem Dach der Neuen Mes-se Freiburg. Auslöser für die regeNachfrage nach Solarstrom ist das

Grüne Stromangebot derFreiburger Energie- undWasserversorgungs AG(FEW), nachdem Haus-haltskunden über einenStrompreisaufschlag Grü-nen Strom bestellen kön-nen. Derzeit beteiligen sichüber 1.500 Haushalte andiesem Programm.

Die S.A.G. SolarstromAG wurde 1998 gegrün-det und ist Herausgeberder ersten Solar-AktieDeutschlands. Zu den Auf-sichtsräten gehört u.a.auch der Geschäftsführerder Solar-Fabrik FreiburgGeorg Salvamoser.

50 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Shell: 100.000Solarsysteme fürdie Mongolei

Ende Mai unterzeichne-ten die Deutsche Shell AGHamburg, die DeutscheShell Solar Deutschland und die Ent-wicklungs- und Planungskommis-sion der Volksrepublik China einenVorvertrag über die Lieferung vonSolarmodulen, Batterien und weite-re Komponenten zur Installation von100.000 Solarsystemen in der In-neren Mongolei. Bei den Solarsy-stemen handelt es sich um kom-plette Insellösungen. Sie könnenzusätzlich durch kleine Windkraft-anlagen ergänzt werden. Dadurchsollen Menschen auch in abgelege-nen Gebieten kostengünstig und um-weltfreundlich mit Strom versorgtwerden. Produziert werden dieseSolarkomponenten in der neuen So-larzellenfabrik Gelsenkirchen.

ISE auf demGelände der ShellSolarfabrik

Um die weitere Entwick-lung der Solarzellentechnolo-

gie in Gelsenkirchen voranzubrin-gen, wird das Fraunhofer Institutfür Solare Energiesysteme (ISE)Freiburg eine Außenstelle auf demGelände der Solarzellenfabrik errich-ten. Das Land NRW hat entspre-chende Fördermittel zur Verfügunggestellt.

In der Endausbaustufe der neuenSolarzellenfabrik sollen multikristal-line Zellen in einer Größenordnungvon 25 Megawatt (rund 13 Millio-nen Solarzellen) jährlich produziertund weltweit vermarktet werden.Durch eine enge Kooperation mitder ISE soll es möglich werden,neueste Erkenntnisse aus der For-schung in die Produktion in Gelsen-kirchen einfließen zu lassen.

Bayernwerk kauftRußlandstromDie Viag-Tochter Bayernwerk AGwird aus Rußland jährlich zehn Mil-liarden Kilowattstunden billigenStrom beziehen. Bayernwerk kom-mentierte diese Entscheidung mitdem Argument, die derzeitige rot-grüne Energiepolitik und der starkeWettbewerbsdruck dränge sie zudieser Entscheidung ...

Größte Photovoltaik-LärmschutzwandDeutschlands in Betrieb

Foto: SOLON AG

Sausenheim können mit den jähr-lich etwa 70.000 Kilowattstundenerzeugten Strom der 100 kW-So-laranlage versorgt werden.

Die Universität Kaiserslauternwill elektrische und meteorologischeDaten dieser Anlage wissenschaft-lich auswerten und im Internet ver-öffentlichen. Die Kosten für den Bauder Anlage von rund 1,6 Mio. DMteilen sich das Land Rheinland-Pfalzund die Pfalzwerke AG.

Seit Anfang April ist an der A6zwischen Mannheim und Saarbrük-ken in Rheinland-Pfalz die größtePV-Lärmschutzwand Deutschlandsin Betrieb. Das Pilotprojekt des Lan-des und des regionalen Energiever-sorgers Pfalzwerke AG arbeitet mitrund 1.600 in Berlin-Kreuzberg her-gestellten Solarmodulen der SOLONAG. Auf ca. 1,2 km Länge wird dievon dem Berliner Unternehmen ge-baute Photovoltaik-Anlage auch di-rekt für den Lärm-schutz genutzt.Möglich ist diesdurch die versetz-te Anordnung derModule auf der 4,5m hohen Holz-wand.

Rund 20 Haus-halte der benach-barten Ortschaft

Nachrichten

Kurz und Knapp

Verbraucher-Info

Die direkt und unmittelbar auf§§ 2,3 StrEG beruhenden An-sprüche auf Einspeisung undZahlung einer dort festgeleg-ten Vergütung begründen eingesetzliches Schuldverhältnis.Ein extra Vertrag ist nicht not-wendig.

StraubingAuch der zweite Versuch, den

1997 gefaßten Beschluß zur Ein-führung der KV in Straubing durch-zusetzen, ist gescheitert. Die nie-derbayrische Regierung wider-sprach wiederholt einer möglichenGenehmigung der Umlage der durchdie KV entstehenden Mehrkostenauf den allgemeinen Tarifpreis. Diederzeit in Straubing geplanten 5 So-laranlagen wären im Kostenaufwandzu unerheblich und würden somiteine Strompreiserhöhung für alleTarifkunden nicht rechtfertigen.Nach Ansicht des Stadtwerkechefskann man unter den neuen, unsi-cheren Bedingungen des liberalisier-ten Energiemarktes auch keine Mög-lichkeiten finden, die KV-Einspeise-vergütung anfänglich vorzufinanzie-ren.

Fazit: Auch dieser KV-Beschlußwird bis auf weiteres auf Eis gelegtwerden.

51Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Stromwechsel - Greenpeace be-zieht seit Juli nur noch Ökostrom

Nachrichten

Versorgt wird Greenpeace vonder ARGE Stromwechsel - ein Zu-sammenschluß der StadtwerkeSchwäbisch Hall, der HamburgerÖkostrom Handels AG und derWiesbadener NEVAG. Der Öko-strom, der aus Strom aus Wind-kraftanlagen, Solarzellen und Kraft-Wärme-gekoppelten Erdgasanlagenwird für die Versorgung aller Büro-und Lagerräume genutzt.

Die HEW, der frühere Stromlie-ferant von Greenpeace, will sichden Atomausstieg des Kunden teu-

er bezah-len las-sen. ProJahr sollGreenpea-ce für dieBenutzung desS t r o m n e t z e süber 20.000 DMzahlen. Greenpeace will nungegen die HEW Netz AG rechtlicheSchritte beim Bundeskartellamt ein-leiten, um für alle umweltbewußtenVerbraucher faire Bedingungendurchzusetzen.

Stadtwerke Bonnwehren sich

Nach einer Mitteilung der Stadt-werke Bonn vom 17.08. legen dieStadtwerke die Mehrkosten aus derKV in Höhe von 0,2 Pf/kWh auf dieDurchleitungsgebühr um. Das Durch-leitungsentgelt beträgt 13,27 Pf/kWhplus MWSt. plus 60.- DM Meßpreis.

Kommentar des SFV: Großhänd-ler wie Yello, die den Strom imStadtgebiet zum Festpreis von 19Pf/kWh verkaufen, zahlen dieDurchleitungsgebühr wohl aus derFirmenkasse. Wir fragen uns, wieYello so auf seine Kosten kommenwill. (Preisdumping?)

„Für und Wider“ einerQuotenregelung

Auseinandersetzung mit ver-schiedenen Argumenten zurmöglichen Einführung einerQuotenregelungLeserbrief von Jan Tönnies

1. Die Diskussion um den Ersatzdes geltenden Stromeinspeisegeset-zes durch ein Quotensystem ist un-nötig wie ein Kropf.

Wir haben mit dem geltendenStromeinspeisegesetz eine funktio-nierende Regelung, die ihr Ziel, näm-lich die wirtschaftliche Grundlagefür die Erzeugung von elektrischerEnergie unter Einsatz regenativerTräger zu schaffen, erfüllt. DiesesGesetz bedarf einer Überarbeitung,nicht aber einer Beseitigung.

Die Behauptung, rechtliche, ins-besondere auch europarechtlicheRahmenbedingungen würden einQuotensystem erzwingen, ist Was-ser auf die Mühlen derjenigen, dieim Kampf um das faktische Erzeu-gungsmonopol alles tun, um jedesSystem einer Förderung nicht vonihnen erzeugter elektrischer Energie

als rechtlich nicht zulässig zu dis-kreditieren.

Es ist nicht zufällig, daß es die inder VDEW zusammengeschlosse-nen Unternehmen der Stromwirt-schaft sind, die die Diskussion überdie Quote fördern; es ist auch nichtzufällig, daß es vermeintlich unab-hängige, tatsächlich aber von derStromwirtschaft finanzierte und ge-lenkte Institutionen wie die in Kielansässige Energiestiftung sind, diedas Quotenmodell vertreten.

Die gebotene Korrektur kann nurdurch ein preisregulierendes Systemerfolgen.

2. Ein Quotensystem ist als men-genregulierendes System wirt-schaftspolitisch nicht zu begründen,da die Förderung regenerativerStromerzeugung ihre Grundlage al-lein in der wohlfahrtsökonomischals falsch darstellenden Nicht-Ab-bildung der externen Kosten derStromerzeugung in dem Preis findet.

2.1. Einem die Einspeise-vergütung regelnden Systemwie dem Stromeinspeisege-setz liegt der Gedanke zu-

grunde, daß denjenigen, die elektri-sche Energie ohne solche externenKosten erzeugen, ein Bonus zukom-men muß: Da es politisch und ad-ministrativ offenbar auf unüber-windbare Hindernisse stößt, die ex-ternen Kosten atomar und fossil ge-tragener Stromerzeugung durch eineentsprechende Abgabe zu internali-sieren (in einem solchen Fall würdees einer Förderung „grünen Stroms“nicht bedürfen), geht das Strom-einspeisegesetz den (zweitbesten)Weg der Begünstigung derjenigen,die elektrische Energie ohne oderjedenfalls mit geringeren externenKosten erzeugen.

Dieser Ansatz des Stromeinspei-segesetzes ist ökonomisch rational:Die Nicht-Berücksichtigung der mitder Erzeugung elektrischer Energieverbundenen Belastungen der Um-welt in dem für diese verlangtenPreis stellt sich wirtschaftspolitischals Subvention der gesamten Ener-giewirtschaft dar. Diese Subventi-

Leserbriefe

52 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

on bewirkt, daß mehr elektrischeEnergie erzeugt und verbrauchtwird, als es bei einer Anlegungwohlfahrtsökonomischer Kriterienrichtig ist. So betrachtet stellt sichdas System der Einspeisevergütungwirtschaftspolitisch nicht als eineBeihilfe, sondern als ein Mittel zurKompensation der aus gesamtwirt-schaftlicher Sicht nicht vernünfti-gen, auf der Nicht-Berücksichtigungder externen Kosten beruhendenBesserstellung atomar und fossilgetragener Stromerzeugung gegen-über „grünen Kraftwerken“ dar.

2.2. Das dem Quotensystem zu-grundeliegende Prinzip der Mengen-regulierung (statt des dem Strom-einspeisegesetz zugrundeliegendenPrinzips der Preisregulierung) fin-det seine Begründung dagegen indem Versuch, bestimmte sich alleinaus politischen Willensbekundungenergebende, ökonomisch nicht be-gründbare Mengenziele durchzuset-zen.

Eine in das Marktgeschehen ein-greifende Mengenregulierung hatdort ihren Sinn, wo es darum geht,ein von außen vorgegebenes Men-genziel durchzusetzen, wie es etwadas Schwerbehindertengesetz durchdie sich an Arbeitgeber richtendeVorgabe einer Quote von unter Ver-meidung einer Pönale einzustellen-den Betroffenen macht. Zum Aus-gleich der Nicht-Berücksichtigungexterner Kosten ist ein mengenre-gulierendes System schon vomGrundansatz her ungeeignet.

Eine Menge, oberhalb derer einMehr an ohne Belastung der Um-welt erzeugter elektrischer Energienicht mehr sinnvoll ist, gibt es da-gegen nicht, es gibt allein eine Gren-ze, oberhalb derer der mit der Er-zeugung grünen Stroms verbunde-ne Mehraufwand nicht mehr ver-tretbar ist; es stellt sich nicht dieFrage, wieviel „grünen Strom“ sich

die Gesellschaft leisten kann, son-dern welchen Mehrpreis wir bereitsind, für ohne Belastung der Um-welt erzeugten Strom zu bezahlen.

2.3. Dem Leser - insbesonderedem primär ökologisch motiviertenLeser - mag diese Herleitung alsakademisch erscheinen. Er mag aberberücksichtigen, daß eine Regelung,die nicht auf einer wirtschaftspoli-tisch herleitbaren Basis beruht, alsin einer Wettbewerbsordnung sy-stemfremd in ihrer Umsetzung aufunüberwindbare Hindernisse stoßenwird.

3. Die mit der Quote erfolgendeBegrenzung regenerativ erzeugtenStroms führt zu einer Verdrängungunabhängiger Stromerzeuger durchdie Oligopolisten und sichert damitdie gegebene Struktur dieses Wirt-schaftsbereichs mit den damit ver-bundenen negativen gesamtwirt-schaftlichen Folgen.

3.1. Ein Quotensystem, dessenAdressaten die Unternehmen derStromerzeugungswirtschaft sind,verlangt von diesen den Nachweis,daß ein bestimmter Prozentsatz dervon ihnen erzeugten elektrischenEnergie „grün“ ist. Die Wirkung die-ses Systems, nämlich der Erhalt desErzeugungsoligopols, ist offenbar.

3.2. Nun glauben die Befürwor-ter einer Quotenregelung dieses Pro-blem durch den Vorschlag einesZertifikatmodells lösen zu können:Adressat einer solchen Regelungsollen die Großverbraucher und diedie sonstigen Verbraucher beliefern-den Verteilerunternehmen sein; die-se werden veranlaßt, zur Vermei-dung einer Pönale für einen durchdie Quote vorgegebenen bestimm-ten Prozentsatz ihres Strombezugsdeckende Zertifikate anzukaufen, zuderen Verkauf die Erzeuger „grü-nen Stroms“ berechtigt sind. Einbörsenartiger Handel mit den Zerfi-

fikaten soll damit ökonomische Ef-fizienz bewirken.

3.3. Zu glauben, daß sich ein sol-cher Markt ergeben würde, ist illu-sorisch. Dieselben Mechanismen, diebisher unter Ausschluß jedes Wett-bewerbs bewirkt haben, daß dieVerteiler-EVU ihren Strombedarfpraktisch ausschließlich bei ihrem„zuständigen“ Liefer-EVU decken(bei dem es sich im übrigen regel-mäßig um deren Eignerin oder je-denfalls Mit-Eignerin handelt) wer-den dasselbe auch für den zweiten(Zertifikats-)Markt bewirken.

Die etablierten EVU werden esauch verstehen, Großkunden durchKoppelgeschäfte an sich zu binden,die Lieferung von Strom also mitder Abnahme auch von „grünenZertifikaten“ des EVU (oder einesmit diesem verbundenen Unterneh-mens) abhängig zu machen.

3.4. Selbst wenn sich ein zwei-ter (Zertifikats-)Markt für „grünenStrom“ etablierten würde, so wäredieser doch der Gefahr von Mani-pulationen durch die Unternehmender Stromwirtschaft unterworfen:Schon ein die staatlich vorgegebeneQuote geringfügig übersteigendesAngebot an Zertifikaten würde de-ren Preis auf ein Niveau fallen las-sen, auf dem nur die zu einer Misch-kalkulation fähigen etablierten Un-ternehmen der Stromwirtschaft aufdem Markt verbleiben würden.

4. Eine „grünen Strom“ quotie-rende Regelung ist eine diesen limi-tierende und damit die Menge desatomar und fossil getragenen er-zeugten Strom sichernde Regelung.

4.1. Die Quote begrenzt den An-teil regenerativ erzeugten Stroms aufeinen willkürlich festgesetzten Be-trag. „Grüner Strom“, der die Quo-te übersteigt, wäre zu wirtschaftli-chen Bedingungen nicht mehr ab-

Leserbriefe

53Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

setzbar. Es ist nun aber - wiederumaus wohlfahrtstheoretischer Sicht -nicht einsehbar, daß ohne die Be-wirkung externer Kosten erzeugteelektrische Energie nicht absetzbarwird, nur weil durch deren Erzeu-gung ein ohne ökonomische Ratio-nalität festgesetztes Plan-Soll über-erfüllt wird

4.2.Die Begrenzung des unter Ein-satz von regenerativen Energieträ-gern erzeugten Stroms auf die poli-tisch bestimmte Quote ist eine Be-standsgarantie für die Anlagen, dienicht regenerative Energieträger ein-setzen: Jeder Politiker kennt dieÜberzeugungskraft des Argumentsder „strandet investments“ (auf dasder Wohlfahrtsökonom mit einemknappen „so what“ antwortet); inder politischen Realität wird bei derFestlegung der Quote die Frage nicht(wie es geboten wäre) lauten, wie-viel regenerativ erzeugte elektrischeEnergie wir brauchen, sondern wie-viel regenerativ erzeugte elektrischeEnergie wir uns leisten können. Unddiese Frage wird - so zeigt die Er-fahrung - im Hinblick auf die beste-henden Überkapazitäten zu einer dieregenerativ erfolgende Stromerzeu-gung nicht fördernden Art und Wei-se beantwortet werden.

Dies ist ein systematischer Feh-ler, der sich bei einem mengenregu-lierenden System - anders als beieinem preisregulierenden System -nicht vermeiden läßt.

5. Das Quotensystem ist ökono-misch ineffizient, da es die jeweili-gen Grenzerzeugungskosten rege-nerativ erzeugter elektrischer Ener-gie nicht abbildet und damit zu einergesamtwirtschaftlich ineffizientenAuslegung und Betriebsführung von„grünen Kraftwerken“ führt.

5.1. Im volkswirtschaftlichenSinn effizient ist eine wirtschafts-politische Regelung dann, wenn sieSignale setzt, die die Adressaten der

Regelung zu einem gesamtwirt-schaftlich „richtigem Verhalten“veranlaßt. Für den Bereich derStromerzeugung heißt dies, daßKraftwerke in einer Art und Größegebaut und in einer Art und Weisebetrieben werden, bei dem sie dengrößten gesamtwirtschaftlichenNutzen haben.

Gegen diesen Grundsatz verstößtdas Quotenmodell, da es in unzu-lässiger Weise nicht berücksichtigt,daß die Grenzerzeugungskosten(und damit die durch die Erzeugungelektrischer Energie in regenerativbetriebenen Anlagen vermiedenenKosten) sich als eine Funktion derjeweiligen Gesamtnetzlast darstel-len Strom hat zu Schwachlastzeiteneinen Wert von etwa 3 Pfennigen,zu Spitzenlastzeiten von mehr alsDM.

5.2. Bei einem Zertifikationsmo-dell soll der Betreiber einer regene-rativ betriebenen Anlage für einebestimmte Menge elektrischer En-ergie - etwa 10.000 kWh - ein Zer-tifikat verkaufen dürfen. Ob diese10.000 kWh nun zu Schwachlast-zeiten eingespeist worden sind (unddamit gesamtwirtschaftliche Kostenin Höhe von 300 DM vermiedenhaben) oder aber zu Spitzenlastzei-ten (und damit gesamtwirtschaftli-che Kosten von Höhe von mehr als10.000 DM vermieden haben), bleibtunberücksichtigt. Der Betreiber hatdaher keine Veranlassung, seinKraftwerk in Abhängigkeitvon derjeweiligen Gesamtnetzlast (und da-mit - weil die durch den Betriebvermiedenen gesamtwirtschaftli-chen Kosten minimierend - richtig)zu fahren.

5.3. Ein mengenregulierendesSystem ist nun nicht nur ökono-misch, sondern auch ökologischunsinnig, da es zu einer unrichtigenAuslegung insbesondere einesBlockheizkraftwerks führt: Bei ei-

nem mengenregulierenden Systemwerden solche Anlagen auf die Er-reichung einer maximalen Anzahlvon Jahresbetriebsstunden und da-mit nur auf einen Bruchteil derhöchsten Wärmelast ausgelegt, wo-durch das Potential, daß sich beieiner den Wert der erzeugten elek-trischen Energie maximierenden(und damit gesamtwirtschaftlichrichtigen) Auslegung ergeben wür-de, nur zu einem Bruchteil erreichtwird.

5.4. Diesem sich aus grenzko-stentheoretischen Überlegungen er-gebenden Aspekt kommt für Anla-gen, deren Erzeugungsgrenzkostenvernachlässigt werden können (wieinsbesondere Windenergieanlagen)keine praktische Bedeutung zu, wohlaber für Blockheizkraftwerke undBiogasanlagen. Es verblüfft daher,daß in der aktuellen Diskussion eineQuotenregelung ausgerechnet fürden Bereich vorgeschlagen wird, indem sie ökonomisch falsch ist, näm-lich für in Kraftwärmekopplung ge-fahrene Kraftwerke.

5.5. Es wird nun nicht verkannt,daß auch das Stromeinspeisegesetzin seiner jetzigen Form unter die-sem Mangel leidet. Bei einem preis-regulierenden System ist dies aberkein systemimmanenter sondern einheilbarer Fehler; hier bedarf es le-diglich der Ausbildung der Mehr-vergütung als prozentualem Auf-schlag auf den jeweiligen Markt-preis (der nichts anderem als denjeweils vermiedenen Kosten ent-spricht).

Dies bedarf der Einführung einesdie jeweiligen Systemgrenzerzeu-gungskosten abbildenden (und da-mit lastvariabel, leistungspreisfreiausgebildeten) Preissystems auf al-len stromwirtschaftlichen Ebenen.Daß ein solches System problemlosverwirklicht werden kann, zeigt dasdänische Beispiel.

Leserbriefe

54 Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Kritik am Solarbrief 1/99Leserbrief von Christine Seer

Mit Spannung öffneteich die Ausgabe 1/99 desSolarbrief, betitelt als„Sonderausgabe zurDurchleitungsdiskussi-on“. Doch meine Erwar-tung, daß ich mir auf die-sem Weg ein Bild überdie verschiedenen Öko-strom-Anbieter und de-ren Konzepte und Zielemachen könnte, wurdebitter enttäuscht. Bei derLektüre mußte ich leiderfeststellen, daß sich dieHerausgeberInnen auf einseitige undunsachliche Weise mit der „Durch-leitungs“-Thematik auseinandersetz-ten. Mir ist bewußt, daß es sichbeim Solarbrief um eine Vereins-zeitschrift handelt, die verständli-cherweise in erster Linie die Inter-essen ihrer Mitglieder vertritt, dochdie Sonderausgabe hat sich vor al-lem durch eine einseitige und pole-mische Darstellung des Themas„ausgezeichnet“. Ich möchte diesanhand einiger Beispiele konkreti-sieren:

- Die Seiten 5 - 23 sind durchgän-gig mit „Durchleitung - ein Irrweg“überschrieben.

- Das Greenpeace-Konzept wird mitkeinem Wort inhaltlich vorgestellt.Der Verfasser Jürgen Grahl unter-stellt Greenpeace pure Vermark-tungsabsichten in der Öffentlich-keit.

- Das fiktive „Verkaufsgespräch“(S. 12 und 13) ist Polemik pur undbedient sich platter Vorurteile [...]

- Arno Paulus ergeht sich in seinemLeserbrief in vagen Andeutungen,ohne an irgendeiner Stelle konkretzu werden. Offenbar sollten das nurInsider aus der Berliner Szene ver-stehen.

- Auf Seite 16 findet sich gleich einzustimmender Beitrag von SiegfriedLeittretter zu einem Artikel von

Herrn von Fabeck (S. 10 und 11).Das halte ich für sehr unseriös, kanndoch eine Reaktion auf einen Arti-

kel erst in dernächsten Ausga-be erscheinen!

- Der einzigesachliche undobjektive Beitragstammt von EvaSpille.

Ich hätte mir alsLeserin gerneselber eine Mei-nung zum The-ma „Durchlei-tung“ gebildet.

Lasst uns doch einfachin Ruhe arbeiten!Leserbrief von Thomas Langner,Solartechnik Langner in Bochum

Die Ernsthaftigkeit, mit der Sieüber die Fördersituation (100.000Dächer-Programm, REN, Kulmu-lierung der beiden) berichten, istmeiner Meinung nach kontrapro-duktiv. Die Damen und Herren Po-litiker fühlen sich womöglich nachLektüre des Solarbriefs in ihrem Tunbestätigt und quälen die Branchemit weiteren finanzmathematischenRechenspielchen.

Das 100.000-Dächer-Programmist ein Musterbeispiel für das Zu-sammenwirken von unkompetentenVerwaltungen und Politikern. Er-schreckend finde ich die Selbstver-ständlichkeit, mit der ein ander Basis offensichtlich un-brauchbares Verfahren, dasden Förderzweck völlig ver-fehlt, weiterhin schön ge-redet wird, bzw. ernsthaftdiskutiert wird. Ich möchteHerrn Scheer, Herrn Fell,Frau Hustedt usw. zurufen„LASST UND DOCH EIN-FACH IN RUHE ARBEI-TEN!“ Verschont uns, diearmen Banken und nicht zu-letzt unsere Kunden mitweltfremden Förderpro-

grammen, die keiner will.[...]

Für 10-30% der erwartendenKosten (wieviel eigentlich genau?)zur Bank zu rennen und dem un-wissenden Banker zu erklären, wasfür ein Kreditprogramm er ihnenverkaufen soll, um ein paar Wo-chen auf einen Bescheid zu warten,ist einfach nicht zumutbar. Ein Kun-de möchte 20.000.- DM in ein neu-es Produkt investieren. Dafür er-wartet jeder Kunde zu Recht, dasser nach einem Informationsge-spräch über das Produkt - und nichtüber die Finanzierung - zufriedennach Hause geht und sich auf seinneues Produkt freuen kann. Stattdessen muß er sich durch den För-derdschungel kämpfen. Der Nach-teil dieser Situation ist, dass jederInteressent, der weiß, dass es eineFörderung gibt, auch nicht daraufverzichten will. Aber die Mühe istes ihm auch nicht wert. Also lässter die Finger lieber ganz davon.

Sicherlich ist eine Förderung derSolartechnik notwendig und sinn-voll. Aber bitte nicht so!

Neben allen anderen Peinlichkei-ten, die die Bundesregierung sichzur Zeit genehmigt, hat das 100.000-Dächer-Programm den Spitzenplatzverdient.[...] Lieber Herr von Fa-beck, arbeiten Sie weiter an derDurchsetzung der KV. Der Nach-teil dieser Idee ist, dass sie zu ein-fach ist. Die Politiker müssen be-fürchten, überflüssig zu sein. Undwer will das schon.

Lasst uns doch einfach in Ruhe arbeiten!!!

Leserbriefe

55Solarbrief 3/99des Solarenergie-Fördervereins

Veranstaltungshinweise

ZAT solar ‘99 HamburgFachmesse und Fachtagung für zukunftsfähige An-gepaßte Technik zur Nutzung von Sonne und Was-serkraft am 3./4. September 1999, Veranstalter: Um-weltzentrum Karlshöhe, Ökologische Technik e.V.,EUROSOLAR e.V. und DGS, Tel.: 040-74317-291

Tagungen der Energieagentur NRW

„Die neuen Spielregeln“

Seminar zum Thema „Aufbau und Struktur vonStromlieferverträgen mit RAVEL NRW - Auswir-kungen des liberalisierten Energiemarktes“ am 28.September 1999 in der Industrie- und Handelkam-mer Arnsberg (Anmeldung unter Tel.: 02931-878100)

„Ökonomie trifft Ökologie“

am 19.Oktober von 9-17 Uhr findet in der Fortbil-dungsakademie Mont-Cenis in Herne-Sodingen eineVeranstaltung zum Thema „Rendite durch effizienteBüro- und Industriebauten“ statt.

Energieagentur NRW, Morianstr.32, 42103 Wup-pertal, Tel.: 0202-24552-0 Fax.: 0202-24552-99

EnergieTage Hessen ‘99Ausstellung für Erneuerbare Energien und rationelleEnergieanwendung vom 29.-31. Oktober 1999 in derStadthalle Wetzlar

Messebüro, Unter den Linden 15, 72762 ReutlingenTel.: 07121-937520, Internet: http://www.energie-server.de

7. Georgsmarienhütter Energietagevom 11./12. November, Veranstalter: Stadt und Stadt-werke Georgsmarienhütte

Info bei: R. Korte, Feuerstätte 15,49124 Georgsmarienhütte,Tel.: 05401-460476, Fax.: 05401-461002

Fachmesse Erneuerbare Energienvom 14.-16. Januar 2000 im Rahmen der Interna-tionalen Grünen Woche in Berlin

Messe Berlin GmbH, Fax.: 030-3038-2019internet: http//: www.messe-berlin.de

Internationale EUROSOLAR -Konferenz „Der Landwirt als En-ergiewirt“während der Grünen Woche am 15. Januar 2000in Berlin

EUROSOLAR e.V., Kaiser-Friedrich-Str.11, 53113Bonn, Fax.: 0228-361279

CLEAN ENERGY 2000Internationaler Kongress und Weltausstellung fürsaubere Energie in Genf vom 24.-29.Januar 2000

CMDC, Rue de Varembe, POB 200,Ch-1211 Geneva 20, Tel.:++41-229103306,E-mail: [email protected],internet: http//:www.cleanenergy2000.com

15. Symposium PhotovoltaischerSolarenergieDas in der Zeit vom 15.-17. März 2000 vomOTTI-Technologie-Kolleg veranstaltete Symposi-um wird sich u.a. mit Fragen der Qualitätssiche-rung und Standardisierung von Modulmeßtechnik,mit Betriebserfahrungen bei der Anwendung vonnetzgekoppelten PV-Anlagen, der PV-Gebäudein-tegration und der Finanzierung von Solaranlagenbefassen

OTTI-Technologie-Kolleg, Wernerwerkstr.4,93049 Regensburg, Tel: 9941-29688-20,Fax: 0941-29688-19,Internet: http://www.otti.de

Mitgliederversammlung des SFVSamstag(!) 13. Nov. 1999 ab 19.00 Uhr in den

Räumen der Bischöflichen Akademie des Bistums AachenRahmenprogramm der Bischöflichen Akademie: 12. Nov. 18.00 Uhr bis 14. Nov. 14.00 UhrThema: „Ökostrom - Nische für Idealisten oder Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit?“Referenten: Dr. Wolfram Wiesner, TÜV Rheinland; Hr. Kohn, RWE; Ralf Bischof, Naturstrom AG;Sven Teske, Greenpeace; Dr.Wolfgang Zander, BET Aachen; und andere.Anmeldungen und Programm: Tel.: 0241-479900, Fax.: 0241-4799610, Tagungs-Nr.: A 1138

G 8058 Postvertriebsstück

Entgelt bezahlt

Absender: SOLARENERGIE-FÖRDERVEREIN E.V.

Bundesgeschäftsstelle

Herzogstraße 6

52070 Aachen

Berlin

Freising

RemscheidDüsseldorf

Neuwied

Gießen

Darmstadt

Balingen

Lippstadt

Blomberg

Frankfurt

Fürstenfeldbruck

UlmErding

Schorndorf

Lübeck

Würzburg

Saarlouis

Olching

Delmenhorst

Haltern

Gütersloh

Duisburg

Herford

Wedel

Hamm

Brühl

Hammelburg (ÜWU)

Werneck

Hammelburg (Stadtwerke)

Gladbeck

Landkreis Rottal-Inn

Aschaffenburg

Landkreis Freising

Traunstein

Soest

LandkreisTraunstein

Deggendorf

Baiersdorf

Nürnberg

ReichenschwandSulzbach-Rosenberg

Landkreis Amberg-SulzbachBerg

Hahnbach

Schwabach

Roth

Rothenburg

Marburg

Bad Oeynhausen

Bünde

AhausOsnabrück

LeverkusenSolingen

Aachen

Elmshorn

WürselenHerzogenrath

Beschluß für kostendeckende Vergütung liegt vor, KV wird aber noch nicht gezahltKostendeckende Vergütung wird gezahltKV wird gezahlt, aber es werden keine neuen Verträge mehr abgeschlossenKV wurde erfolgreich gezahlt, für Neuverträge leider jedoch abgesenkt

Viernheim

Herne

Kiel

Schleswig

Menden

Sulingen

Bonn

Lemgo

Schwäbisch Hall

Heidelberg

Pforzheim

Straubing

Hagen

HirschauHerzogenaurach

Erkrath

AbensbergWalldorf

(letztmalig aktualisiert am 20.8.99)

Marktheidenfd.

Ottobrunn

Ebern

Hohenkammer

Markt-Indersdorf

Poppenricht

Sauerlach

EchingAttenkirchen

Gräfelfing

Landshut

OberhachingUnterhaching

Schäftlarn Tittmoning

KümmersbruckAmberg

Schwabhausen