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Soziologiemagazin Nr. 6: Wirtschaft - Arbeit - Märkte

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Zu Beginn gibt es ein (Streit-) Gespräch mit dem Titel „Wachstum und Fortschritt jenseits des Kapitalismus?“ mit Christoph Deutschmann und John P. Neelsen. Den Anfang in unserer wissenschaftlichen Artikel-Sektion macht der sozialphilosophische Aufsatz „Subversion der Gegenwart“ von Janosik Herder, Sebastian Barteczkos Studie „Arbeitskraftunternehmer – Wo bist du?“ sowie der Artikel „Technik als Unterscheidung“. Neben diesen drei Artikeln zum inhaltlichen Themenschwerpunkt findet ihr im Abschnitt „Teilnehmende Beobachtungen“ wieder lesenswerte Beiträge alternativer Formate: Tobias Rieder und Christopher Wimmer stellen eine Studie vor, in der sie aus Bourdieu’scher Perspektive den Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den Theoriepräferenzen von Soziologiestudierendenuntersucht haben. Außerdem gibt es eine ethnografischen Studie von Yannick Zapf, in der er die Hintergründe des nächtlichen Dosenbierverkaufs in den Straßen Barcelonas durch irreguläre Einwanderer beleuchtet.

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Technik als Unterscheidung Markus CiesielskiArbeitskraftunternehmer wo bist du?Sebastian BarteczkoSubversion der GegenwartJanosik HerderWirtschaft Arbeit MrkteWirtschaft Arbeit MrkteFoto von Randy LeMoine auf flickr.com (CC BY 2.0) Auerdem: Gesprch mit Christoph Deutschmann und John P. Neelsensowie eine Studie zum Zusammenhang sozialer Herkunft und den Theorie-prferenzen von Soziologiestudierenden u.v.m.Deutschlandweites Magazin fr Studierende und SoziologieinteressierteAusgabe 2 | 2012 | Jg. 5 Kostenloses E-Journal | Einzelheft Print 7,90 www.soziologiemagazin.dePublizieren statt archivierenAusgabe 2 | 2012 | Seite 2EditorialWirtschaft - Arbeit - MrkteLiebe Leser_innen,mitdiesemHeflestihrdiemiulerweile sechste Ausgabe des Soziologiemagazins. Der ersteundgrteDankgehtwiederandie AutorinnendereingesandtenBeitrge,die dieses Magazin berhaupt mglich machen. Mit den folgenden Seiten zum Schwerpunkt ,WirtschafArbeitMrkte wagen wir unsaufeinklassischesTemengebietder Soziologie,dessenZugngesichimWan-del der Zeit (und der Produktionsprozesse) deutlich verndert haben. Doch wie die fol-genden Beitrge zeigen, knnen die Sozio-logieundihreStudierendenonensichtlich immer noch einiges zum Verstndnis wirt-schaflicherZusammenhngebeitragen, dasdenWirtschafswissenschafenwo-mglich verborgen bleibt.ln diesem Sinne eingeleitet wird die Aus-gabedurchdenerstenTeileines(Streit-)Gesprchs mit dem Titel ,Wachstum und lortschriujenseitsdesKapitalismus`, dasKonstantinDeckerundMaikKrger mitdenTbingerSoziologieprofesso-ren Christoph Deutschmann und John P. Neelsengefhrthaben.DerzweiteTeil dieses lnterviews erscheint zeitgleich mit dieserAusgabeaufunseremBlogunter www.soziologiemagazin.de/blog/ .Den Anfang in unserer wissenschaflichen Artikelsektion macht der sozialphilosophi-scheAufsatz,SubversionderGegenwart von Janosik Herder. lm Anschluss an Ador-nosDiagnose,dassdieVorstellungeiner sich selbst bewussten Arbeiterklasse in der Moderneunmglichgewordenist,stellt derAutordielrage,wieunterdenheuti-gen Bedingungen subversive, das heit die gesellschaflichenVerhltnisseverndern-deSubjektivittundPolitikmglichsind. linen ganz anderen Zugang zum Hefthe-ma bietet Sebastian Barteczkos Studie ,Ar-beitskrafunternehmerWo bist du`. Mit-telseinerlinzelfallanalyse,dieauseinem LehrforschungsprojektanderUniversitt Jenahervorgegangenist,berprfBar-teczko die Hypothese von Hans J. Pongratz und G. Gnter Vo, wonach sich Beschf-tigte in Zeiten abnehmender Arbeitsplatz-sicherheitimmermehramberbetriebli-chenArbeitsmarktorientieren,stauihre lhigkeitenundHandlungsoptionenvor-wiegend am eigenen Betrieb auszurichten. DenAbschlussdieserRubrikbildetder Artikel,TechnikalsUnterscheidung.Mit einerdinerenzlogischenVorgehensweise imAnschlussanNiklasLuhmannmacht Markus Ciesielski plausibel, wie die lrkl-rungwirtschaflichenWachstumsdurch die neoklassische Wirtschafswissenschaf, diesichdabeivorallemaufdentechni-schenlortschriukonzentriert,einerseits dieProduktionvonMehrwertkommuni-kativentproblematisiertundandererseits dieMglichkeitmoralisch-politischerAn-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 3schlusskommunikation erschwert. NebendiesendreiArtikelnzuminhalt-lichenTemenschwerpunkthndetihr imAbschniu,TeilnehmendeBeobach-tungenwiederlesenswerteBeitrge alternativerlormateTobiasRiederund Christopher Wimmer stellen eine Studie vor,indersieausBourdieu`scherPers-pektivedenZusammenhangzwischen dersozialenHerkunfunddenTeorie-prferenzenvonSoziologiestudierenden innerhalbDeutschlandsuntersuchtha-ben.Mitdiesemlorschungsprojektund miteinerethnograhschenStudievon YannickZapf,indererdieHintergrn-de des nchtlichen Dosenbierverkaufs in den Straen Barcelonas durch irregulre linwanderer beleuchtet, honen wir auch, unserestudentischenLeserinnenzur eigenenempirischenlorschunganzure-gen. Besonders ans Herz legen mchten wireuchauerdemdenCallforPapers frden4.StudentischenSoziologiekon-gress,derunterdemTitel,Krisen,Pro-zesse,Potenzialevom4.bis.Oktober 2013 in Bamberg stauhnden wird.Wirselbsthabenunsmitdieser sechstenAusgabehingegenvom,Stu-dentischenverabschiedetallerdings nurimNamen!DasSoziologiemagazin bleibt natrlich auch weiterhin ein wis-senschafliches Journal von Studierenden fr Studierende. Angesichts unseres Un-tertitels ,Deutschlandweites Magazin fr SoziologiestudierendeundSoziologie- interessierteerschienunsdas,Studen-tische jedoch redundant und ein einfa-ches ,Soziologiemagazin prgnanter. Die zweite Neuerung betrim den forma-len Rahmen Ab sofort erscheint das So-ziologiemagazinimrenommiertenVer-lag Barbara Budrich, was uns besonders dieHerstellungunddenVertriebder Printausgabe erleichtert, auf die viele Le-serinnen nach wie vor nicht verzichten wollen. Davon unberhrt bleibt das kos-tenlose lrscheinen unseres Magazins als l-Journal und PDl auf unserer Website.Bevor ihr euch gleich in die Lektre des Hefes vertief, sei noch auf unseren Call-4Papers fr die nchste Ausgabe hinge-wiesenUnterdemArbeitstitel,(Wozu) brauchenwir(ein)Geschlecht`laden wir auf der letzten Seite dazu ein, uns bis zum1.12.Artikelvorschlgeeinzusen-den, die sich im weiteren Sinne mit Prob-lemen beschfigen, die aus Geschlechts-zuschreibungenresultieren.Daneben habt ihr auch weiterhin die Mglichkeit, aufunseremBlogeigeneKurzbeitrge, Rezensionen,Tagungsberichteundna-trlichKommentarezuvernentlichen, was viele von euch ja bereits feiig tun. Wirsindalsoweitergespanntaufeure Beitrgewnschen nun aberViel Spa beim Lesen!Sina Knoll & Claas PollmannsAusgabe 2 | 2012 | Seite 4InhaltEditorial 2Wachstum und Fortschritt jenseits des Kapitalismus?6Gesprch zur Einfhrung mit Christoph Deutschmann und John P. NeelsenKonstantin Decker und Maik KrgerArtikelSubversion der Gegenwart21Subjektivitt und Politik im Anschluss an Adorno, Hardt und NegriJanosik HerderArbeitskraftunternehmer wo bist du? 41Sebastian BarteczkoTechnik als Unterscheidung57Ein Konzept auf seine Implikationen hinterfragtMarkus CiesielskiTeilnehmende BeobachtungenSoziale Herkunft und Theorieprferenzen von Soziologiestudent_innen 68Eine Querschnittserhebung im Anschluss an BourdieuTobias Rieder und Christopher WimmerDer ambulante Bierverkauf in Barcelona 85,Doppelt illegale' Straenhndler vs. staatliche lnstitutionen - eine EthnograeYannick ZapfCall for Papers zum 4. Studentischen Soziologiekongress in Bamberg 100Tagungen und Workshops102 Das Redaktionsteam104Impressum 107Call for Papers108N e u e r s c h e i n u n g e n b e i t r a n s c r i p twww.tr anscr i pt-ver l ag.deSilke Helfrich, Heinrich-Bll-Stif tung (Hg.)CommonsFr eine neue Politik jenseits von Markt und Staat Commons die Welt gehr t uns allen! Die nicht enden wol-lendeglobaleFinanzkrisezeigt:MarktundStaathabenver-sagt. Wir bentigen nichts dringlicher als eine fundamentale Neuausrichtung von Politik, Wir tschaf t und Gesellschaf t, die denUmgangmitgesellschaf tlichenRessourcenandersor-ganisier t. 2012, 528 Seiten, Hardcover, 24,80 , ISBN 978-3-8376-2036-8Peter Mr tenbck, Helge MooshammerOccupyRume des ProtestsMachtRaumPolitik?EinEssayberdieBesetzungdes realenRaumsunddasErringenpolitischerHandlungsru-me:WassinddieChancenundHindernissederweltweiten Occupy-Bewegung? September 2012, ca. 140 Seiten, kart., ca. 14,80 , ISBN 978-3-8376-2163-1Karin Kaudelka, Gerhard Kilger (Hg.)Das Glck bei der Arbeitber Flow-Zustnde, Arbeitszufriedenheit und dasSchaf fen attraktiver Arbeitspltze GlckbeiderArbeitgibtesdasberhaupt?Warum istArbeitszufriedenheitnichtnurwichtigfrArbeitnehmer undUnternehmen,sondernauchfrdieGesellschaf t?Wie schaf f t man attraktive Arbeitspltze? September 2012, ca. 230 Seiten, kart., 19,80 , ISBN 978-3-8376-2159-4Ausgabe 2 | 2012 | Seite 6Ein Gesprch zur Einfhrung mit den Professoren Christoph Deutschmann undJohn P. Neelsen vom Institut fr Soziologieder Eberhard-Karls-Universitt TbingenWachstum und Fortschritt jenseits des Kapitalismus?[Teil 1]Gefhrt und aufgezeichnetfr das Soziologiemagazinvon Konstantin Decker undMaik Krger am 24. Juli 2012. Renate lranke/pixelio.deAusgabe 2 | 2012 | Seite 7Soziologiemagazin:Wenn man sich die oenIIIche BerIchIerIunung her dIe deuI-cheVIrIchuJunhorIunddurher,+Ie e Ihr gehI, pIeII du KrIIerIun de Vuch-IunoenIchIIIcheInegroeRoIIe.Mun nuchI Ich Sorgen durun, oh dIe VIrIchuJ +uchI, und +enn Ie nIchI +uchI, II e eIn AnzeIchenJrProhIene.UnereerIeFruge +ureuIozunuchI: Vugenuu+uchIdu oder oII +uchen, und +urun II e o +Ich-IIgInunererGeeIIchuJ,duedIee VuchIun IundIg gehen nu?Deutschmann:DieblicheAntwort, diemanjedenTagimlernsehenoder inZeitungenbekommt,ist,lswchst oderstagniertoderschrumpfdasBrut-tosozialprodukt.Wobeimanhiernoch einmalunterscheidenkannzwischen derabsolutenGredesBruuosozial-produktsunddemBruuosozialprodukt proKopf,daswrediesogenanntePro-duktivitt.Wachstumkanneinerseits darauf zurckzufhren sein, dass die Be-vlkerung wchst. Wenn dann jeder das Gleiche macht und sich nichts verndert, dannwchstauchdasBruuosozialpro-dukt. Aber es kann auch wachsen, wenn dieBevlkerungnichtwchst.Dann nimmtdieProduktivittzu.Dasistdie Antwort,diedieOkonomenunsgeben. DasKernproblemdabeiistWasistei-gentlichdasBruuosozialprodukt`Das bestehtausSchweinefeisch,Autoreifen, Terapiestunden, llektrizitt und so wei-ter. Das ist eine riesige Masse von irgend etwas, was man gar nicht zusammenzh-len kann. Deswegen sagen uns die Oko-nomen ls geht nicht einfach um Materi-alitt oder um das Physischedenn zum Teil handelt es sich um vllig lmmateri-elles, wie Dienstleistungen , sondern es geht um den Wert aller dieser Dinge. Und den kann man eben nur in Geld messen. BeimGeldistwiederumdasProblem, dass der Wert des Geldesselbst schwan-kenkann.Deshalbversuchtman,einen konstanten Geldwert zu hngieren und so wenigstens eine Nherung dafr zu hn-den, was da tatschlich wchst. Das heit also ls wchst der Wert aller dieser Din-ge, doch was der Wert eigentlich ist, kann niemand sagen.Neelsen:lchhabelhrelragevielkon-kreterverstanden.Dochzunchstnoch eineBemerkungzumGrundstzli-chenNachmarktwirtschaflicherLogik wchst die Wirtschaf, also das Bruuoso-zialprodukt,auchdann,wennicheinen Unfall baue und Versicherungsleistungen eintreten. Herr Deutschmann hat es an-gedeutetlsgehtnichtnurumWaren-produktion, sondern auch um Dienstleis-tungen.WennalsodieReinigungskrafunser Zimmer sauber macht, ist das eine Dienstleistung,frdiesiebezahltwird, unddiedasBruuosozialprodukterhht. UnbezahlteArbeit,wiegesellschaflich notwendigsieimmersei,gehtdagegen Ausgabe 2 | 2012 | Seite 8berhaupt nicht in die Bildung des Brut-tosozialproduktein.Aberdavonunab-hngiggiltfrmich,dassesgrundstz-lichdieProduktionvonWarenist,die denKerndesgesellschaflichenReich-tums darstellt.UmzurGegenwartzurckzukehrenls gehtindenlllenvonSpanien,Grie-chenland und ltalien aktuell doch darum, dassdieseLnderihreStaatsschulden und die Bankenkrise nur ber Wachstum bewltigenknnen.DieganzePolitik verfolgtdenerklrtenZweck,Schulden undWachstumshindernisseabzubauen mitdemZiel,lnvestitionenanzuregen, umesdiesenLndernzuermglichen, ausdenSchulden,herauszuwachsen. Dabei wird weniger bercksichtigt, dass dieaktuelleKrisegroenegativeAus-wirkungenaufdenArbeitsmarkthat. DasAugenmerksolltealsoauchdar-aufgerichtetsein,dassesimRahmen des Wachstums mehr Stellen bzw. mehr zuverteilengibt.Diefaktischverfolg-teAusterity-Politik[d.h.diePolitikder wirtschaflichenlinschrnkungenoder Strenge;Anm.d.Red.]verfehltaberof-fenbarbeides,WachstumdesBruuoso-zialprodukts und des Stellenangebots. So durchlebtGriechenlandseit200bzw. 2008einetiefeRezessionmiteinerum einlnfelgeschrumpfenWirtschafundeinerJugendarbeitslosigkeitvon 0.VordiesemHintergrundwirddar-berdiskutiert,dassdieGriechenkeine Chance haben, ihre Schulden zu bewlti-gen und dass daher ber ein Ausscheiden Griechenlands aus dem luro nachzuden-ken sei.Deutschmann: Zwei Punkte mchte ich auch bekrfigen lrstens, Herr Neelsens Beispiel des Unfalls besttigt, dass wir ei-gentlich gar nicht wissen, was da wchst, also was Wert eigentlich ist. Jedenfalls ist esnichtrichtig,Wertschlichtundein-fachmitNutzen,Wohlfahrt,Reichtum oderAhnlichemgleichzusetzen.Zwei-tensDasgrundstzlicheProblemim lalle Griechenlands wie auch in anderen lllenist,dasseineexzessiveVerschul-dung vorliegt, und zwar sowohl der Staa-tenalsauchderprivatenUnternehmen undHaushalte.linAbbaudieserexzes-siven Schulden ist nur mglich, wenn die UnternehmenundHaushaltewiederet-was verdienen, wieder Gewinn machen. DamitsieGewinnmachen,mssensie wachsen,mssenhhereMarktanteile erobern, sie mssen mehr verkaufen. Aus diesemGewinnentstehtdannvielleicht die Chance, die Schulden abzubauen. Der Schuldendruck ist hier der lmperativ, der hinterdemWachstumsimperativsteht. Die Beziehung zwischen Wachstum und Schuldenistjedochsehrkompliziert. Schulden knnen, wie in diesem lalle, die Notwendigkeit von Wachstum erzeugen, aber umgekehrt ist Wachstum nur dann mglich,wennandereLeutesichver-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 9schulden. Man kann deshalb erst einmal festhalten,dassWachstumohneSchul-den schlicht nicht denkbar ist. Wenn alle ihreRechnungenbezahlenwrdenund niemand Schulden machen wrde, dann knnteesauchkeinWachstumgeben. Soviel ist sicher.Neelsen:lchwrdehierdochdineren-zierenWennichalsUnternehmerim-mernurdasinvestierenwrde,wasich schonaufdemKontohabe,kommeich zunichts.lnWirklichkeitgehtesdoch darum, Kredite aufzunehmenum nicht den negativ konnotierten Begrin ,Schul-den`zuverwenden,umproduktive lnvestitionenzuttigen,undnicht,um sie dem Konsum zuzufhren. Der Unter-nehmer geht davon aus, dass die Kredit-zinsen, die gezahlt werden, niedriger sind alsdieGewinnerwartung.Dasistnicht vergleichbar mit den linanzen eines ein-zelnenHaushalts,der,nichtberseine Verhltnisse leben, also mglichst keine Schuldenmachensollte.SosindSchul-dennichtgleichSchulden.Undwasdie Bankenkriseanbetrim,wurdehiervon Seiten der Banken die originre Aufgabe derKreditvergabemitSpekulationsge-schfen vermengt.Deutschmann:lineAntworthaben wir also schon Wachstum ist ntig, um Schulden zu bezahlen. Aber wo kommen die Schulden her` Da drehen wir uns im Kreise,denndieSchuldenergebensich jawiederum aus der Notwendigkeit des Wachstums.Marxhatgezeigt,dassAr-beitskrfe und Produktionsmiuel gewis-sermaen getrennt voneinander auf den Marktkommen;dassmanArbeitskrfe alsWarenaufdemfreienMarktkaufen kann.UnddieseArbeitskrfewerden nurdanneingestellt,wennsieeinen Mehrwerterbringen.RosaLuxemburg hat gezeigt, dass die Nachfrage nur dann gedecktwerdenkann,wennUnterneh-menvorherZahlungengeleistethaben, bevorsieberhauptangefangenhaben zuproduzieren.AberdieseNachfrage istimmerzugering.Siereichtniemals aus, um den Mehrwert abzudecken. Um diesesProblemzulsen,gibtesber-hauptkeineandereMglichkeitalsdie Kreditaufnahme.lsmusssichinder Wirtschafjemandverschulden,damit dieUnternehmenGewinnmachenkn-nen. Der tiefere Grund ist also, dass wir Lohnarbeitsverhltnisse haben, und dass Arbeitskrfe und Produktionsmiuel un-abhngigvoneinanderaufdenMarkt kommen. VIrverucheneInnuI,duhIherGeugIe zuunnenzuJuen:DuVuchIunde VerIe JuIII nIchI unhedIngI dunII zuun-nen, du VohIIund Jr uIIe erzeugI +Ird oderdunehrnIzIIcheProdukIeherge-IeIII+erden,ondernduVerI+uchIun +Ird zunuchI In GeId heneen. Und oh du Ausgabe 2 | 2012 | Seite 10dunn nII eInen uIIgeneInen VohIIund zu-unnenJuIII, +ure dunn dIe nuchIe Fruge. DIe z+eIIe AukunJ +ur: VuchIun II noI-+endIg,+eIIkupIIuIIIIcheUnIernehnerInnen onI gur nIchI produzIeren +rden, +enn Ie keIne AuIchI duruuJ hunen, Ihr GeId dudurch zu vernehren.Deutschmann:Ja,sonstwrdensiees gleichbehalten.lswredannunsinnig, das Geld dem Risiko der ganzen Prozedur auszusetzen.Neelsen:lsgehtaberimSinnelhrer lingangsfragestellung auch um die lrage nachdenGrenzendesWachstums.Das Bruuosozialproduktwirdzwarinallen internationalenStatistikenalszentraler lndikatorfrReichtumundLebensqua-litt verwendet, doch gibt es zunehmend kritische Stimmen. Wenn wie von Sarko-zy, dem eben abgewhlten franzsischen Prsidenten,internationaleKommissi-oneneingesetztwurden,umneueKon-zeptezurMessungvon,Reichtumund ,Wohlbehndenzuentwickeln,hatdies angesichts niedriger oder gar stagnieren-derWachstumsrateninden,reifenka-pitalistischen Gesellschafen sicher auch eineideologischelunktion.Dochdane-benistnichtzuvergessen,dassWachs-tum immer auch Probleme mit der Um-weltunddesRessourcenverbrauchsmit sichbringt.TrotzsolcherDiskussionen istallerdingsgrundstzlichfestzuhalten, dassWachstumdemKapitalismusim-manent ist. ls kann keinen Kapitalismus ohne Wachstum geben. Deutschmann:DasWachstumist ebennichtbloeineZielvorstellung, eineNorm,derwirirgendwieverfallen sind.lsistnichtsdagegeneinzuwen-den, wenn Leute sich darber Gedanken machen,wieeinealternativeMessung vonWohlstandaussehenknnte,aber ichglaube,dassindGedankenexperi-menteohnepraktischeBedeutung.Der kritische Punkt ist, ob man solche alter-nativenKonzepteinderRealittdurch-setzenkann.Unddasttmanaufdas Problem Was soll der Unternehmer, der seineSchuldenzurckzahlenmuss,der entscheiden muss, ob er Leute einstellen oderentlassensoll,miteinemsolchen lndikatoranfangen`DerUnternehmer kannsichdavonnichtskaufen.Der Grund liegt also nicht in irgendwelchen falschenZielvorstellungen,sonderner liegt schlicht in dem institutionellen lak-tum,dasswirKapitalismushaben,das heit, einen universalen Markt, der alles bestimmt.WirhabennichtnurMrkte fr Produkte und Dienstleistungen, son-dernauchfrArbeit,Boden,Produkti-onsmiuel,alsoalles,wasdenReichtum berhaupthervorbringt.Diegesamte Gesellschaf ist dem Markt unterworfen, und das ist der Kern des Wachstumspro-blems.Daskannmanauchhistorisch Ausgabe 2 | 2012 | Seite 11sehr gut belegen ls gibt die im Aufrag der OlCD durchgefhrten Untersuchun-genAngusMaddisons,undsiezeigen, dass bis zu dem Zeitpunkt, als die Mrkte diesenumfassendenCharaktergewon-nenhabendaswarzuBeginndes19. Jahrhunderts,dieWirtschafweltweit fastberhauptnichtgewachsenist.ln Westeuropagabeszwischen100und 1800einenleichtenZuwachs;ber300 Jahrehinwegetwa0Prozentdasist berhauptnichtviel.Ab1800/1820bis zurGegenwartistdieWirtschafdage-gen um den laktor 1 oder 1 gewachsen. Das ist etwas vllig Auergewhnliches. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass dasaufdieDauersoweitergehenkann. DerZeitpunkt,andemdieseWachs-tumsexplosionbegonnenhat,besttigt sehr gut Karl Polanyis Tese von der gro-enTransformation,diemitdemUber-greifen der Mrkte auf Arbeit und Boden zusammenhngt. VIe+rdenSIedIeneguIIvenFoIgende VuchIun unreIen?Neelsen:NochvorwenigenMonaten wurdebeidenTrenenderG20vonder NotwendigkeitzurKorrekturderin-ternationalenUngleichgewichteinder Wirtschafgeredet.Mandachtedabei nebenChinavorallemandieBRD.lch denke,zuRecht.Dennesgehtdarum, woundinwelcherGrenordnungdie Nachfrage besteht und wo, wie viel und unterwelchenBedingungenproduziert wird. lm konkreten lall der lURO-Krise bedeutetdochder(lU-interne)Auen-handelsberschussderBundesrepublik zugleich den lmport von Arbeitspltzen, dieanderswowegfallen.Leiderwird hierzulandewederdieserAspekt,noch deren Hintergrund, nmlich das Niedrig-haltenderLhnediskutiert,obwohlsie zentraler Gegenstand einer langfristigen Lsungseinmssten.Zweitensistbe-kannt,dassangesichtsungeheuerge-wachsener Produktivitt und eines Uber-angebots an Waren relativ zur Nachfrage die Bedrfnisse of erst stimuliert wer-denmssen,umdieWarenabsetzenzu knnen.ZudiesemZweckfieenca. 1 der Ausgaben groer Unternehmen inWerbung,waseinerimmensenVer-schwendunggesellschaflichenReich-tumsgleichkommt.Aufdieserlbene spielt sich die tatschliche Konkurrenz ab, und weniger ber die Gterpreise, wie es dieklassischeVorstellungwill.Driuens ist die lntwicklung des Kapitalismus his-torischmitdenfossilenlnergietrgern verbunden.VordiesemHintergrund lsstsichfeststellen,dassca.0der CO2-lmissionen von einem Sechstel der Weltbevlkerungausgestoenwerden. lhnengegenberstehendieMilliarden Menschen,vorallemderDriuenWelt, dieeinenachholendelntwicklungund einenLebensstandardnachdemMuster Ausgabe 2 | 2012 | Seite 12derMetropolenanstreben.DieSenkung derCO2-lmissionwirddadurchzuei-nem groen Problem. Neben der dadurch verursachtenKlimaerwrmungistdiese lntwicklungsptestensseitderzwei-tenHlfedes19.Jahrhundertsineine BeherrschungderNaturbergegangen, die zwar mit natrlichen Stonen arbeitet, aberdieseinvlligneuen,inderNatur nichtvorkommendenchemischenVer-bindungenkombiniert.Bei80.000bis 100.000chemischenStonenkenntman nurvonetwadieAuswirkungen. AlleinimBereichderAgrarproduktion kannmannachweisen,dassderlinsatz von Chemikalien einen zentralen laktor frdieUmweltschdigungvorallemin derBodenfruchtbarkeitundBiodiversi-tt darstellt. lin weiterer Punkt ist, dass manklarzwischenenektiverundphy-siologischerNachfrageunterscheiden muss. Denn nur, wo monetre Nachfrage herrscht,gibtesaucheinentsprechen-desAngebot.OderandersgesagtViele MenschenknnenvorvollenBrotrega-lenverrecken,wennsienichtdasGeld haben, das Brot zu kaufen.Deutschmann:Wennmannachden lolgenfrdieGesellschaffragt,muss mansicherstmalberdiegesellschaf-lichelinheitverstndigen,berdiewir reden wollen. Wenn man als linheit eine Nationalwirtschafdehniert,dannkann genaudaspassieren,wasHerrNeelsen gesagt hat dass das Wachstum der einen Seite als Kehrseite eine Schrumpfung der anderenSeitebedeutet.Undesspricht einiges dafr, dass wir zumindest in der lurozoneindenletztenJahrensoeine Situation hauen. Die Gewinne der deut-schen lxportwirtschaf sind zum Teil zu-mindest die Schulden vor allem der sd- europischenVolkswirtschafen.Aber die Grundfrage msste lauten Was heit Wachstum, wenn wir von der Weltwirt-schaf ausgehen` Hier kann kein Zweifel bestehen,dassdiesnichtnureinNull- summenspiel gewesen ist. Wenn wir die letzten 100 bis 200 Jahre berblicken, ist dieWeltwirtschafalsGanzesstarkge-wachsen,unddashatnichtnurnegati-ve, sondern auch positive Seiten gehabt. UnseregesamtemoderneZivilisation verdankenwirdiesemkapitalistischen Wachstum.OhneWachstumhuenwir keinelisenbahnengehabt,keinellekt-rizitt,keineChemie,keinellugzeuge, keinlnternet,keineMikroelektronik. DasallessinddieGrundlagenunserer Zivilisation,wiewirsieheutesoscht-zen. Diese positiven, von uns allen meist als selbstverstndlich unterstellten Seiten habenaberleiderauchihreKehrseiten. linedavonistdieZerstrungdesko-logischenGleichgewichtsderfossile lnergieverbrauch,dieAbholzungder Regenwlderund eine andere sind die exzessivensozialenUngleichheiten.Die Schwierigkeitliegtdarin,dassmandas Ausgabe 2 | 2012 | Seite 13Positive und das Negative nicht so leicht auseinander dividieren kann. Neelsen: lch wrde hier einen etwas an-derenStandpunkteinnehmen.lchteile die Meinung der groen historischen Ge-winne des Kapitalismus. Meiner Ansicht nach wird jedoch jede Produktionsweise in ihrer geschichtlichen lntwicklung von einerzunchstprogressiven,sptervon einerabsteigenden,regressivenPhase abgelst. Das gilt auch und vor allem fr denKapitalismus.Undichsehe,zumin-dest was unsere Gesellschaf betrim, nur nochDestruktivkrfe,aufjederlbene. lch gebe jedoch auch sofort zu, dass es in lndienoderChinasehrvielebegeister-teAnhngerderfreienMarktwirtschaf gibt.DieseBegeisterungteileichber-hauptnicht.lsgehtlngstnichtmehr umdengesellschaflichenReichtumfr alle.WirbrauchendenKapitalismus nicht mehr, wir sollten ihn abschanen. Deutschmann:Dasseskippenkann, wrde ich auch berhaupt nicht bestrei-ten und auch nicht, dass wir in den ent-wickelten Lndern in der Tat Symptome eines Umkippens haben, wo der Kapita-lismus keinen lortschriu, keine lntwick-lung,keineVerbesserungmehrbrin-genkann.Daistetwasdran.Dasfhrt nochzueineranderenNegativseitedes Wachstums,nmlichdemWachstums-zwang.DerKapitalismusfunktioniert eben nur so, dass versucht werden muss, neueRumeundHorizontezuerschlie-en.Gelingtdiesnicht,heitdasnicht, dass alles so weiterluf wie bisher, son-dern man strzt ab. Doch selbst im Bezug auf die entwickelten Lnder wre ich mir nichtganzsosicherwieHerrNeelsen, wasdieDestruktivittangeht.Momen-tangibtesAnzeichendafr,dassdurch dielnergiewendeeinganzerSektorein ziemlichprohtablesGeschfsfeldent-deckthat.Hierausknntesicheinneu-erWachstumszyklusentwickeln.Und selbst, wenn wir der Meinung sind, dass auch das nicht funktioniert, stellt sich die lrage, wie wir denn eigentlich den Kapi-talismusabschanenwollen.Dasistmir nicht klar.Neelsen:lchverweiseaufBrechtdas GleichnisvomBuddhaimbrennen-den Haus. Wenn die Bude hinter lhnen brennt, dann fragen Sie nicht, was drau-en ist, sondern dann springen Sie.Deutschmann:Derkapitalistische Wachstumszwangist,wiegesagt,aus der groen Transformation entstanden, alsoausdemUbergreifenderWaren-formderMrkteaufdieProduktions-bedingungen.WennmandenKapita-lismus nicht mehr will, dann muss man diegroeTransformation,dieKom-modihzierung,alsodieVerwandlung derArbeitskrafundauchdesBodens Ausgabe 2 | 2012 | Seite 14inWaren,wiederrckgngigmachen. Wie will man das erreichen`Neelsen:lchwrdenichtvoneinem Rckgngigmachenreden.lsgehtda-rum, weiter voran zu schreiten.Deutschmann: Das luf aber auf das-selbe hinaus, wenn Sie dem Markt vor-schreiben wollen, was er zu tun hat.Neelsen:Nein,nein,ichredevom Postkapitalismus.Wasistinunserem Lebeneigentlichalleskommodihziert worden`Dasgehtbishinzumindivi-duellenAlltag.Dielssenszubereitung istkeineBeschfigungmehr;immer wenigerZeitwirdinderKchever-bracht.DieLeutegehenindenSuper-markt und mssen das lssen dann nur nochindieMikrowelleschieben.Die lrageeineslndesderlhigkeitdes Kapitalismus,immerneueLebensvoll-zge,jadasLebenselbst,zukommo-dihzieren,stelltsichinmeinenAugen nicht. lch denke eher, dass die materiel-lenGrundlageneinerBedrfnisbefrie-digung fr alle, und damit die Voraus-setzungen eines lndes der Ausbeutung von Arbeit und Natur, im Prinzip schon gegebensind.Dielnstrumentalisie-rungdesWirtschafenszuindividuel-lem Prohtinteresse hat dagegen absolut destruktive lormen erreicht und selbst negativeSozialisationsenektebeim linzelnenhinterlassen.Daherbinich der Meinung, dass ber eine andere Ge-sellschafnachgedachtwerdenmuss. Zweitens Sehen Sie sich die Welt an. ln Nepal leben 92 auf dem Lande; in ln-dien, Schwellenland par excellence und zuknfigeWeltwirtschafsmacht,sind es 0. Obwohl es gemessen am Brut-tosozialproduktzudenzehngrten Wirtschafsmchten zhlt und seit zwei Jahrzehnten jhrliche Wachstumsraten vonmindestensverzeichnet,arbei-ten weiterhin rund 0 der lrwerbst-tigen in der Landwirtschaf.Von einer lntwicklungzururban-industriellen GesellschafkannkeineRedesein.ln DeutschlandistderDurchschniushof Hektar gro, in lndien ist es weniger als ein Hektar. Wie knnen diese bei ei-nemfreienWeltmarktberleben`0 derabsolutArmenundHungernden lebenaufdemLand,siehabenweder Zugang zu Strom noch gengend Nah-rungsmiuel.Welchelntwicklungsper-spektivenhabensie`Wiesollensie ernhrt werden` Wo werden sie Arbeit zu angemessenen Lhnen hnden`Deutschmann:Dieleidenalleanzu wenig Kapitalismus.Neelsen:Jagenau,soknnenSiedas theoretisch ausdrcken. Deutschmann:DasProblemistnicht Ausgabe 2 | 2012 | Seite 15derKapitalismus,sondern,wieschon Lenin festgestellt hat, ein ,zu wenig an Kapitalismus. ls gibt noch etwas Schlim-meres,alskapitalistischausgebeutetzu werden, nmlich am Kapitalismus ber-haupt nicht teilzunehmen.Neelsen:MeineTeseistallerdings auch,Newgreendealdoesn`twork. Wir diskutieren nicht, dass hier ein neues lnvestitionsfeld entdeckt wurde. ls geht darum, ob im Rahmen des Kapitalismus, einschlielichdeslmissionshandels,die Umweltproblematik,dieerhistorisch verursachthatundqualunktionsme-chanismen systemisch vorantreibt, ber-hauptgelstwerdenkann.lchmeine ganzdeutlichnein.Dasistschlichtweg eine lllusion. Nochmals Kapitalismus als Produktionsweisebrauchenwirnicht mehr. Aber Wachstum brauchen wir, be-sonders im Hinblick auf die weniger ent-wickelten Lnder im Sden.Deutschmann: Warum soll eine analoge lntwicklung wie in luropa zum Beispiel in lndien und Afrika nicht mglich sein` ln China luf es ja schon.Neelsen:Sieunterschtzendielormie-rung des globalen Marktes, will sagen die AuswirkungenderheutigenGlobalisie-rung des Kapitals. Denn anders als in der Vergangenheit,alssichderKapitalismus zunchstindennationalenGesellschaf-tenentwickelte,wirderheuteausden Metropolenherausunterkapital-und forschungsintensivenBedingungenbei gleichzeitiger ungeheurer Kapitalkonzent-ration mit den transnationalen Konzernen alswichtigstenTrgernuniversalisiert. Daslrgebnissindindieinternationale Arbeitsteilung integrierte global cities wie BangaloreundHyderabad,mitMiuel- undOberschichtangehrigen,dienach QalihkationundKonsumerwartungen kosmopolitischen Standards entsprechen. Danebenaberlebtdieweitberwiegen-deMehrheitderBevlkerungaufDau-eriminformellenSektoruntervor-und halb-kapitalistischenVerhltnissen.Stauder Uberfhrung in Lohnarbeit stellen die kleinenSelbststndigentrotzzunehmen-derVerarmungwieehundjerunddie Hlfederlrwerbsttigen.Dasiehtman in der Tat voll klimatisierte Bros, Ange-stellte mit an unsere Gehlter reichenden linkommen. Und dann kommen die Leu-te raus und steigen ber Menschen, die da imMllliegenundkranksind.Warum` WeilsichebennurbestimmtePoleder lntwicklung herausbilden. ls handelt sich um entwickelte kapitalistische Verhltnis-se, aber eben solche in der Peripherie als Kehrseite derer in den Zentren.Deutschmann: lch habe berhaupt nicht ausgeschlossen,dasskapitalistischelnt-wicklungphasenweiseuntereinerstar-kenPlanwirtschafstauhndenkann,wie Ausgabe 2 | 2012 | Seite 16in China. Aber Planwirtschaf ist ja noch nicht der Ausstieg aus dem Kapitalismus. Selbst wenn lndien wieder zu der frheren Planwirtschafzurckkehrenwrde,w-rensiejanachwievorTeilderglobalen kapitalistischenWirtschaf.lrmichist derUnterschiedzwischenKapitalismus und etwas anderem nicht einfach der Un-terschied zwischen Markt- und Planwirt-schaf.AuchPlanwirtschafkanndurch unddurchkapitalistischsein.lchfrage mich, wie man anders aus diesen Situati-onen, wie zum Beispiel in lndien, heraus-kommt,wennnichtimweitestenSinne kapitalistisch. Das muss nicht Laisser-faire heien, dass kann durchaus eine List`sches lntwicklungsmodell sein. Kapitalismus ist frmichnichteinfachNeoliberalismus. Kapitalismusheitfrmichauchnicht, dasdieimAugenblickdominierenden KonzerneundKapitalgesellschafenfr alle Zeit das Sagen haben werden.Nun Ind vIeIe DInge ungeprochen +orden; unIerunderen,duVuchIunInKupI-IuIInu keIn konIIngenIe ZIeI II, ondern IenInnunenI und keIne Norn, dIe nun uhIeIIen kunn. Du deuIeI duruuJ hIn, du dIe VIrIchuJ eIne ge+Ie EIgenIundIgkeII In unerer GeeIIchuJ heIIzI und Ihre Kon-IroIIe den Menchen cheInhur uhhunden ge-konnen II. DIe PoIIIIk kunn In der ]eIzIgen KrIe dIe MIIunde nIchI hehehen, ondern hrIngI Munuhnen uuJ den Veg und +urIeI uh, +Ie Ie +Irken. VIe +rden SIe dIee EI-genIundIgkeII der VIrIchuJ erkIuren und he+erIen? EI+u nuIv konnIe nun ]u ugen: DIeVIrIchuJIIvonMenchengenuchI und kunn duher uuch under geIuIIeI +er-denDeutschmann:lchwrdedasausei-neranderenPerspektivebeleuchten Was wrde es denn bedeuten, wenn wir dieWirtschafunterKontrollehuen` WennwirsozusageneinegroeBehr-dehuenmeinetwegenauchdemo-kratisch gewhlt , die in der Lage wre, dieWirtschafzukontrollieren`Die dannbeispielsweisejedesJahrfestlegen wrdeSovielKaneeknnenwirkon-sumieren,sohuhgknnenwirunsere Wohnung mit neuen Mbeln ausstauen, so und so viel Nahrungsmiuel in der und derZusammensetzungknnenverzehrt werden.lchglaube,daswregarnicht mglich,undniemandwrdedaswol-len.Dasistjageradedielrfahrungaus demrealenSozialismus.lsfunktioniert nichtnurnicht,sondernesgibtkeinen zentralenpolitischenAkteur,derinder Lage ist, das allgemeine Glck, die allge-meineBedrfnisbefriedigungzuorgani-sieren. Selbst wenn es ihn gbe, wrden viele Leute immer etwas anderes machen wollen.Dasliefeaufeinendauerhafen KonfiktmitungewissemAusganghin-aus.Niemandkanneinlnteressedaran haben,dieUnsicherheitderwirtschaf-lichenlntwicklungvlligauszuschal-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 17ten.lswreschlichtunvereinbarmit dempersnlichenAutonomieanspruch, den jeder hat. Aber worber man schon nachdenken kann, ist das Ausma dieser Unsicherheit. Kapitalismus ist eben nicht einfach nur mit Mrkten gleichzusetzen. Mrkteimplizierenimmereinegewisse Unsicherheit,weilmannichtwei,wie siesichentwickeln.Aberkapitalistische MrkteenthalteneineZusatzdosisan Unsicherheit,unddieseergibtsichaus demVerkaufderArbeitskraf.Niemand kann erschpfend angeben, was man mit Arbeitskrfenallesleistenkann.Da-durch kommt ein zustzliches Unsicher-heitsmomentinsSpiel.Wirmssenuns berlegen, wie man die Mrkte eingren-zenkann,ohnedeshalbaufdieldeezu kommen,dasswirallesperfektorgani-sieren und planen knnen.Neelsen:Siewerdennichtberrascht sein, aber ich bin da anderer Meinung. ls geht um ein Wollen. lch denke, man stellt dielragederpersnlichenAutonomie undderenlinschrnkungunbewusst inden Vordergrund, weil man ber die materiellenBedrfnisseschongarnicht mehr diskutiert, weil man Wahlmglich-keitenhat.Geradeinunserenreichen GesellschafengibteseinenormesVer-teilungsproblem. Auerdem spielt die Be-drfnissteuerungeineganzgroeRolle, so dass man das Konzept der Autonomie vielleichtdochetwasrelativierensollte. ls gibt bestimmte lntscheidungszwnge. lch denke, dass der Pfad, auf dem wir uns derzeit behnden, in die lrre fhrt.Deutschmann:MenschlichesHandeln setztimmerAutonomievoraus,aber immernurimRahmendergegebenen BedingungenundVerhltnisse.Ausder AutonomiedesHandelnsgehendann auch die Vernderungen der Verhltnis-se hervor. Aber, und deshalb sind wir ja SoziologenDieVerhltnisseselbstsind nichts Naturgegebenes. Angewendet auf den Kapitalismus heit das, dass wir uns tatschlichdafrverantwortlichfhlen mssen,wenngroeTeilederWeltbe-vlkerungihreelementarenmateriellen Bedrfnissenichtdeckenknnen.Die Verhltnissemssendannebensover-ndert werden, dass niemand mehr hun-gern muss. Aber wie kommen wir dahin` NiemandhatimMomenteinPatentre-zeptdafr.lsreichtjanichtauszusa-gen, man sei gegen den Kapitalismus. Auf diese Position kann man sich zurckzie-hen und sich vielleicht als guter Mensch fhlen. Wenn man am nchsten Morgen aufwacht, wird man entdecken, dass man weiter auf Mrkte und den Geldautoma-tenderBankangewiesenist.Dielrage, wiemandieVerhltnisseverndert,ist damitnichtgeklrt.Wiekannmandie-seldeekonkretisieren`UndvonHerrn Neelsenhabeich,ehrlichgesagt,auch noch keinen Weg gehrt. Ausgabe 2 | 2012 | Seite 18Neelsen:Dasernneteinenneuen Steinbruch.Natrlichhabeichkonkre-tere Vorstellungen. lch dachte allerdings, esgehtersteinmalumdieProblemdia-gnose,unddabeiwarenwirschonwei-tergekommen.Daherbleibeichnoch bei der lrage von Herrn Decker. Unsere fnfWirtschafsweisen,diejaheuteih-ren Bericht vorgelegt haben, sagen, dass dieKrisenbewltigungsstrategiender lU-PolitikerundinsbesonderederBun-desregierungdenlehlermachen,dass sie nicht die Systemkrise im Blick haben. Radikalisiertundpolitischgewendet Wann,wennnichtjetzt,solltennicht diePiraten,sonderndieLinkenenorm anpolitischemTerraingewinnen`Das istdochderMuuerboden,aufdemdie antikapitalistischenoderdiesystemkri-tischenBewegungengedeihensollten. Aber genau das ist nicht der lall. Damit wren wir dann bei einem neuen Tema angelangt. [.]TeII2dIeeSIreIIgepruchercheInIzeII-gIeIch nII dIeer Auguhe uuJ den BIog de SozIoIogIenuguzIn unIer:hnp://+++.ozIoIogIenuguzIn.de/hIog Vom Verbrechen der Armut

LOC WACQUANTBestrafen der ArmenZur neoliberalen Regierung der sozialenUnsicherheitAus dem Franzsischen von Hella Beister2009. 368 S. Kt. 29,90 ISBN 978-3-86649-188-5 ... atemberaubend spannend und in derDiagnostik faszinierend ... Prof. Dr. Hans Peter Henecka Ver|ag arbara udr|ch arbara udr|ch Pub||shers Stauffenbergstr. 7. D-51379 Leverkusen Opladen Tel +49 (0)2171.344.594 Fax +49 (0)2171.344.693 [email protected] www.budr|ch-ver|ag.de Ausgabe 2 | 2012 | Seite 19Zu den Interviewten:Christoph Deutschmann, geb. 194, ist emeritierter Professor fr Soziologie am lnstitut fr Soziologie derUniversittTbingenundVorstandsmitglied deslorschungsinstitutsfrArbeit,Technikund Kultur(lATK)inTbingen.Seinelorschungs-schwerpunkteliegenindenBereichenderAr-beits- und Wirtschafssoziologie.Zugrin auf das lnstitutsprohl unterhttp://www.soziologie.uni-tuebingen.de/institut/personal-nach-funktionen/prof-dr-christoph-deut-schmann.htmlJohnP.Neelsen,geb.1943,istauerplanmiger ProfessoramlnstitutfrSoziologiederUniver-sitt Tbingen, darber hinaus Mitglied des wis-senschaflichenBeiratsvonATTACundseiner-zeitGrndungsmitglieddeslorschungsinstituts fr Arbeit, Technik und Kultur (lATK) in Tbin-gen.lrforschtunteranderemindenBereichen derPolitischenOkonomie,Weltsystemanalyse, derSoziologiederlntwicklungslnderundder Globalisierung.Zugrin auf das lnstitutsprohl unterhttp://www.soziologie.uni-tuebingen.de/institut/personal-nach-funktionen/prof-dr-john-neelsen.htmlZu den Interviewern:Konstantin Decker, 28, Magister Artium, studier-teSoziologieundlthnologieanderUniversitt Tbingen.Seinewissenschaflichenlnteressen-schwerpunkteliegeninderSoziologieindustri-eller Beziehungen, in der Wissenssoziologie und Staatstheorie.MaikKrger,31,MagisterArtium,studierteSo-ziologie,PolitikwissenschafenundPsychologie andenUniversittenRostockundTbingen. Seinewissenschaflichenlnteressengebietelie-gen vor allem in derGeschlechter- und Wissen-schafssoziologie. Zur Zeit ist er als Studienbera-teramlnstitutfrSoziologieinTbingenttig; darberhinausisterRedaktionsmitglieddes Soziologiemagazins sowie Vorstandsmitglied des soziologiemagazin e.V.Was bewegt uns?Die internationalen Finanzmrkte sind zu einem einzigartigen Treibmittel des gesellschaftlichen Wandels geworden und sind selbst schwer berechenbar. Sie haben Wachstum beschleunigt und Wohlstand begnstigt, und dann Wirtschaft und Gesellschaft in die Krise gestrzt. Um ihre januskpfige Gestalt zu verste-hen, mssen aber nicht nur konomische, sondern auch soziale, institutionelle und kulturelle Faktoren einbezogen werden. Im Zentrum des Bandes steht daher dieFrage, welchen originren Beitrag die Sozio-logie zur Analyse moderner Finanzmrkte, ihrer Dynamik und Krisen leisten kann.Ob Proteste gegen die Notstandsgesetze, Gewerkschaften, Antiatomkraft- oder Frauenbewegung: Deutsche Geschichte ist auch eine Geschichte sozialer Bewe-gungen und lsst sich nur in Auseinander-setzung mit ihnen erfassen und verstehen. Dieses Handbuch bietet einen umfassen-den berblick ber die sozialen Bewegungenin der Bundesrepublik und der DDR. Wer zuverlssige, kompakte und verstnd-liche Informationen ber Formen, Ziele und Bedeutung sozialer Bewegungen sucht, sollte zu diesem Standardwerk greifen. Sddeutsche Zeitung2012. 405 Seiten. 8 Abb. 29,90 ISBN 978-3-593-39719-12008. 770 Seiten. Geb. 98 Abb. 19,90 ISBN 978-3-593-38372-9campus.deJETZTNUR 19,90 STATT49, 90Ausgabe 2 | 2012 | Seite 21Subversion der GegenwartSubjektivitt und Politik im Anschluss an Adorno, Hardt und Negrivon Janosik Herder matchka/pixelio.deAusgabe 2 | 2012 | Seite 22DudIeVorIeIIungeInerIcheIhIhe-+uIenArheIIerkIueInderModerneun-nogIIchge+ordenII,IIvIeIIeIchIeIneder zenIruIenEInIchIenderSchrIJen Theodor V.Adorno.MIIdIeerEInIchIch+In-deIzugIeIchduuhverIvePoIenzIuI, duzurgrunduIzIIchenVerunderungder geeIIchuJIIchenVerhuIInIenoI+endIg II. Doch heII du, du e heuIe keIne uh-verIveSuh]ekIIvIIuInehrgIhI?LIeeIch dIeerNIedergungderArheIIerkIuenIchI zugIeIchuIAuJIIegeIneneuenuhverI-venSuh]ekIverIehen,duAnIonIoNegrI undMIchueIHurdIuIMuIIIIudehezeIch-nen?Und +eIcheRoIIepIeIIIndIeerHIn-IchI dIe 1dee von PoIIIIk? 1n dIeen AuJuIz oIIendIeeheIdenIheoreIIchenPerpekII-venzurKIurungeInezenIruIenPurudore derGegen+urIgenuIzI+erden:AIIeurheI-Ien,uhernIenund+IIIArheIIerIneIn.Der Grund Jr dIee Purudor, o der SchIu, II In der ArheII eIhI hegrndeI.1. Einfhrung und berblickDer Begrin der Klasse im Sinne der ko-nomisch-politischenPhilosophieKarl Marx` ist an Relevanz fr die politische undsoziologischeTeoriekaumzu berschtzen,vereinterdochdieArti-kulationeinerpolitischenSubjektivitt mit der lnfragestellung der bestehenden gesellschaflichenVerhltnisseselbst. UnterVerwendungdesKlassenbegrins stelltsichdielragenachdemSeinin der Gesellschaf zusammen mit der lra-ge nach der lrkenntnis der gesellschaf-lichen Bedingungen und Mglichkeiten diesesSeins.Unddochscheintdieser kritische Begrin der Klasse im Zuge der gesellschaflichenlntwicklungnicht nurseinepolitischeundsozialwissen-schaflicheAuraktivitt,sondernzu-gleich seine Angemessenheit bei der Be-schreibung der Wirklichkeit verloren zu haben. Damit stellen sich zumindest drei lragen Wie lsst sich, erstens, erklren, dassderBegrinderKlasse,dereinmal so viel geschichtliche Sprengkraf besa, imZugederModerneseineRelevanz eingebthat`Undistes,zweitens, berhauptdenkbar,dasseinhnlicher BegrinfrdievernderteGegenwart Geltung beanspruchen kann` Wie stellt sich schlielich, driuens, in dieser Hin-sichtundvordemHintergrunddieser Subjektivitt heute die lrage der Politik`Adorno hat den von Marx vor allem im kommunistischenManifest,aberauch inspterenSchrifenwiederKritik desGothaerProgrammsdargebotenen Optimismusangesichtseinerbaldigen UberwindungderkapitalistischenGe-sellschafganzzweifellosnichtmehr geteilt.ZugleichaberbehltfrAdor-no die kapitalistische Gesellschaf ihren vonMarxidentihzierten,objektiv-ko-nomischenKlassencharakterDieAr-beiterklasseexistiertzwarweiter,eine Klassefrsichistsieabernichtge-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 23worden.lmGegenteil;esistihrinder Moderneunmglichgeworden,sich ihrerselbstbewusstzuwerden.Ganz anders als Adorno scheint Antonio Ne-gridenMarx`schenBegrinderKlasse alssolchenreformulierenzuwollen, undpostuliertstauderUnmglichkeit derBewusstwerdungdiebeginnende lormierungeinesgesellschaflichen SubjektsnamensMultitude.Wasfr AdornonochAusdruckderlrrationali-tt der bestehenden Gesellschaf war, ist frNegriundHardtblodieRekonh-gurationderMacht-undProduktions-verhltnisse,denendastheoretische lnstrumentarium,welchesMarxinsei-nerKritikderpolitischenOkonomie entwickelt hat, im strengen Sinne nicht (mehr)entspricht.DieVerbindungder komplementrenPerspektivenAdor-nosundNegrislssthiereinedoppel-teBehandlungdesKlassenbegrinszu ZunchstlsstsichamBeispielAdor-nosaufzeigen,welcheProblemeder Marx`scheKlassenbegrininderMo-derneerleidet.Anschlieendlsstsich dielragestellen,obundmitwelchen Miueln ein hnlicher Begrin fr die Ge-genwartGeltungbeanspruchenkann. Zuletztlassensichanhanddeshier vollzogenenUbergangsvonAdornozu HardtundNegrieinigeKritikpunkte neu bewerten, die gegen die Vorstellung der Multitude geuert wurden.ZwarmisstdiezeitgenssischeSozial-wissenschafderMarx`schen,Klassen-theorie fr die lrklrung und Deutung gesellschaflicherPhnomenewieder grereBedeutungzu(vgl.z.B.Drre 2010;lllmers2009).lmAnschlussan diehiergefhrteDiskussionsollindes deutlichwerden,dassessichbeimBe-grinderKlassealssubversiverSubjek-tivittwenigerumeinenalleintheore-tischen,alsvielmehrumeinenimmer schon politischen Begrin handelt. ls ist einealteWeisheitallersichaufMarx berufendenAutorinnen,dassdieTeo-rieimmerschoneinepolitischePraxis ist. Aber gerade deshalb bedarf es heute vielleicht der Artikulation einer Subjek-tivitt,diedieMarx`scheTerminologie reformuliert,umwiederpraktischzu sein. Anders gesagt Mchte man heute einenBegrinvonKlassebenutzen,der einehnlichepolitischeBrisanzund Aktualitt besitzt, wie der von Marx um 180entwickelte,dannmussmanden Wortlaut der Marx`schen ,Klassentheo-rie vielleicht verraten, um ihm auf eine tiefere Weise treu zu bleiben (vgl. Zizek 200a 2). 2. Proletarier aller LnderDerMarx`scheKlassenbegringrndet sichinderKritikderpolitischenOko-nomie.lrbesagt,dassdiekapitalisti-scheProduktionsweisedietendenzielle HerausbildungzweierKlassenbedingt, Ausgabe 2 | 2012 | Seite 24derenAntagonismusmitderlntwick-lungderkapitalistischenProduktion zunimmt und zu geeigneter Zeit in eine tief greifende Umwlzung mndet (vgl. Marx 1990 9). Aristokraten, Leibeigene usw., also Klassen, die anderen Produk-tionsweisenkorrespondieren,verlieren damitzunehmendihreBedeutung.ls kommtzurberhmtenVereinfachung derKlassenverhltnisseaufnunmehr zwei Klassen Arbeiter und Kapitalisten zu denen wahlweise noch die Grund-besitzerzhlen(vgl.Marx/lngels192 43). ArbeiterinundKapitalistinstehensich als konomisch notwendige Kategorien oderCharaktermaskenschlielichin einemonensichtlichantagonistischen Verhltnisgegenber.DerKapitalist schpfReichtumaufderstrukturellen BasisderAusbeutungderArbeitskrafdesArbeiters.Derscheinbarquiva-lente Tausch, den der Arbeiter auf dem freienMarktttigt,odervielmehrtti-genmussseineArbeitskrafgegen denfairenGegenwert,denArbeitslohn wirddurchdieMehrweruheorieder Marx`schen Kritik widerlegt Der Mehr-wertentspringtinderkapitalistischen Produktiongeradeausdemungleichen Tausch, aus der unbezahlten Mehrarbeit der Arbeiterin, die ber die gesellschaf-lich notwendige Arbeitszeit hinaus ihre ArbeitskraffrdenKapitalistenauf-wendenmuss,ohnedenquivalenten Gegenwert zu erhalten (vgl. Marx 193a 22 n.). MarxhatfrseineZeitdarausden Schlussgezogen,dassmitderlnt-wicklungderkapitalistischenProduk-tionsweisedieArbeiterdieimfreien Spiel des Marktes zunehmend verarmen sichdieserAusbeutungtendenziell gewahrwerdenmssenundeinKlas-senbewusstseinentwickeln.Ausden bewusstlosen Arbeitern, die vorher nur ObjektedesKapitalssind,wirddurch diesenProzesseinesichbewusste,in ihrer Unterdrckung unter dem Kapital vereinteArbeiterklasse.Daderkono-mischeBegrinderAkkumulationdes ReichtumsderKapitalistinnenmitder AkkumulationderArmutderArbeiter einhergeht, bestimmt sich die Arbeiter-klassevornehmlichnegativberihre gemeinsameUnterdrckungundAus-beutung, die sie schlielich dazu drngt, ,derProduktiondenkapitalistischen Charakterabzustreifen(.),dendie Bourgeoisie zu verewigen sucht (Marx 193b 23).3. Von der Unmglichkeit des ProletariatsDassdiemodernekapitalistischeGe-sellschafihremWesennachnochim-mereineKlassengesellschafist,die sichmitdenBegrinenderMarx`schen Kritiktrenendbeschreibenlsst,istfr AdornoeineTatsache.Soschreibter Ausgabe 2 | 2012 | Seite 25imJahr19,Brchteauchetwaeine Befragungdiestatistischberwltigen-delvidenzdafr,dadieArbeitersich selbst nicht mehr fr Arbeiter halten (.) so wre der Beweis fr die Nichtexistenz desProletariatsnichtgefhrt(Adorno 1980a213).Mitdiesemlesthaltenan den Marx`schen Begrinen geht aber die lorderungeinher,dieKlassentheorie weiterzutreiben,weilauchihrGegen-stand und dessen linbeuung keinesfalls statischsind(vgl.Adorno1980b381). DasAusbleibendervonMarxmehrer-homenalsangenommenenBewusst-werdungderArbeiterklasselsstsich nichtausdentheoretischenBegrinen deduzieren, sondern ergibt sich vielmehr ausdemRckbezugaufdieBedingun-gen, in denen sie Geltung beanspruchen. lr Adorno ist die kapitalistische Gesell-schaf ihrem Wesen nach also weiterhin dieantagonistischeKlassengesellschaf, diesieschonfrMarxwar.DieBedin-gungen der modernen Gesellschaf selbst aberverhindernihrindenMarx`schen BegrinenangelegtesonenesHervortre-ten(vgl.Adorno/Horkheimer19249). lmGegenteilDielntwicklungderGe-sellschaf ist geradezu verknpf mit der zunehmendenVerschleierungderKlas-senverhltnisse.AndersalsMarxprog-nostizierte,drngtdielntwicklungder kapitalistischenGesellschafnichtzur notwendigenVereinigungderArbeiter-klasse, sie macht diese vielmehr objektiv unmglich (vgl. Adorno 1980c 38). Zur lrklrungdiesesUmstandshndensich bei Adorno gleich mehrere Antworten.Die von Marx entwickelte ldee von Klas-segrndetinderKritikderpolitischen Okonomie.lshandeltsichdamitum Kategorien,diesichaufderGrundlage der ldeen entfalten, die die brgerlichen Okonomenvonderkapitalistischen Marktwirtschafentwickelthaben.Die VorstellungderbrgerlichenOkono-men von der Okonomie, gegen die Marx sichwendet,bersiehtdieinihrexis-tierendenKlassenverhltnisse,weilsie vonfreienlndividuenundfreiwilligen Vertrgen zwischen Arbeitern und Kapi-talisten ausgeht. Die Arbeiterals Klas-sesind, so haue Marx kritisiert, frei in doppelterHinsichtlreiindemSinne, dasssienichtLeibeigeneoderSklaven sind,dochauchfreivonebendenPro-duktionsmiueln,dieesihnenerlauben wrden,selbsutigzuproduzieren(vgl. Marx193a42).Diebrgerlicheldee vonlreiheit,dieimVertragihrenAus-druck hndet, grndet auf der Herrschaf einerKlasse,diedurchdieseldeeihre Herrschaf nicht nur verfestigt, sondern zugleichverschleiert.AufderGrundla-gederKritikderpolitischenOkonomie undingleichzeitigerAbkehrvondem emphatischen Begrin der lreiheit entwi-ckeltMarxseinelinsichtindiekapita-listische Gesellschaf. ln dieser Hinsicht ist die Rede vom ,falschen Bewusstsein Wirtschafts- und SozialwissenschaftenU1Soziologische RevueBesprechungen neuer LiteraturHerausgegeben von Uwe Schimank, Matthias Grundmann, Ludger Pries und Anja WeiViermal im Jahr: print und online die neuesten Themen, die wichtigsten Schwerpunkte der Soziologie.Jetzt kostenloses Probeabo bestellen und Sehschrfe erhhen! www.soziologische-revue.de2012 35. Jahrgang 4 Ausgaben im Jahr Print und online ISSN 0343-4109gratisProbeabobestellenAusgabe 2 | 2012 | Seite 27nebenderVerdinglichungdesselben eben genau das lehlen eines Bewusst-seins von den konstitutiven Klassenver-hltnissen. lrst die Kritik an den Verhlt-nissenderkapitalistischenGesellschafmacht deren zugrunde liegende Klassen-struktur sichtbar. Diese bestehen nun in derkapitalistischenGesellschafauch inderlortentwicklungobjektivweiter, wieAdornoimAnschlussanMarxan-nimmt.DielrfahrungalsKlasseaber, dielntwicklungdesKlassenbewusst-seinsselbst,hngtnotwendigvoment-fesselten Spiel der konomischen Krfe ab. Wird die Okonomie unter die Politik subsumiert,werdenalsodiekonomi-schenKrfeselbstvonderpolitischen Herrschafusurpiert,dannblockieren siezugleichdielntwicklungdesKlas-senbewusstseins,lnderMarktwirt-schaf war die Unwahrheit am Klassen-begrin latent Unterm Monopol ist sie so sichtbargewordenwieseineWahrheit, dasUberlebenderKlasseunsichtbar (Adorno1980b39).lndermodernen Gesellschaf erscheint der Klassenbegrin den Arbeitern selbst deshalb als unwahr, weil die in der Klasse angelegte Unwahr-heiteineKlassebestehtjaausvielen linzelnenunvermiuelt in den Vorder-grundtriu. Damitverdecktsieaberzu-gleich das lortbestehen der Klassen. DasArgumentisthiereindoppeltes. Zum einen berdeckt die Herrschaf der Politik, die ,konomische und politische BefehlsgewaltderGroen(ebd.380), dieeigentlicheHerrschafinderkapi-talistischen Gesellschaf ,Die Allgewalt derRepressionundihreUnsichtbar-keit ist dasselbe. (.) Der unermessliche DruckderHerrschafhatdieMassen sodissoziiert,danochdienegative linheitdesUnterdrcktseinszerrissen wird (ebd. 3). ls wird angesichts der ,MonopolmachtdesStaatesunmg-lich,sichselbstalsArbeiterzuverste-hen,unabhngigdavon,obmanesim BezugaufdaskonomischeWesender Gesellschaf weiterhin ist. Zum anderen bewirktdiepolitischeVereinnahmung derOkonomiedasAbfedernoderdie Aumebungdertendenziellenlntwick-lungderkapitalistischenProduktion. DasbedeutetnachAdorno,dassdie vonMarxvorhergesagtetendenzielle VerelendungderArbeiterklassegerade deshalbnichteingetretenist,weildie Politik ihre Herrschaf ber die Okono-miebehauptethat.Adornosprichtda-her von einer ,extra-konomischen Bes-serungdesLebensstandard[s],die,als solche nicht von der [Marx`schen] Te-orievorausgesagtworden[ist](ebd. 388). Die mgliche lrfahrung als Klasse ist in der modernen kapitalistischen Ge-sellschaf objektiv blockiert, weil, so zu-mindest Adornos lazit, an die Stelle der blindenkonomischenMacht,diezu-gleichdieWanenihreseigenenUnter-gangs schmiedet, wie Marx schrieb (vgl. Ausgabe 2 | 2012 | Seite 28Marx/lngels19248),die,sehende Diktatur (Adorno 1980b 391) triu. Die-se,PseudomorphosederKlassengesell-schaf in die klassenlose ist so gelungen, da zwar die Unterdrckten aufgesaugt sind,alleUnterdrckungabermanifest berfssig geworden ist (ebd.).line zweite Antwort auf die lrage nach denlaktorenderobjektivenVerun-mglichung der Bildung des Klassenbe-wusstseinsgibtAdornoinseinenUn-tersuchungenberdieKulturindustrie. Diese hat die Tendenz, ,das Bewutsein desPublikumsvonallenSeitenzuum-stellen und einzufangen (Adorno 1998a 0).DieKulturindustriefrAdorno charakteristischerweisebestehendaus ,Kino, Radio, Jazz und Magazin (Ador-no/Horkheimer 1988 140) und, wie man hinzufgenmuss,lernsehenprodu-ziert Kultur im linklang mit der kapita-listischen Produktionsweise als Massen-produkte.lhreLeistungbestehtdarin, dass sie dem Subjekt bestimmte Deutun-gen der Welt vermiuelt oder, wie Ador-noetwasdrastischsagt,Siebetreibt denSchematismus[Kant]alsersten DienstamKunden(ebd.132).lndie-sem Sinne befrdert die Kulturindustrie eine Standardisierung der linzelnen, die das jeweils Besondere mit Rekurs auf die Allgemeinheitnegiert,DerZuschauer sollkeinereigenenGedankenbedr-fen das Produkt zeichnet jede Reaktion vornichtdurchseinensachlichenZu-sammenhang, (.) sondern durch Signa-le(ebd.14).Anschaulichundetwas verkrztheitesschonzuBeginnder Dialektik der Aunlrung ,Die llut pr-ziserlnformationenundgestriegelten Amusements witzigt und verdummt die Menschen zugleich (ebd. ).AuchwennhierderBezugweniger deutlichistalsbeidererstenAntwort, sozeigtsichauchimlallederKultu-rindustrie,dassdieBildungeinesKlas-senbewusstseinsblockiertwird.Die strukturellelin-undAusrichtungder KulturproduktionverhindertdasKei-meneinesanderenBewusstseins.Staudas Besondere und Andere befeuert die Kulturindustrie das Allgemeine und Ge-gebene,DieOrdnungsbegrine,diesie einhmmert, sind allemal solche des Sta-tus quo (Adorno 1998b 343). Die lxis-tenzundlunktionderKulturindustrie spiegelt deshalb die zentralisierte Macht derMonopole.Beidebedingen,,daes mglichwurde,vonwenigenPunkten ausdasBewutseinUngezhlterallein schon durch Auswahl und Prsentation vonNachrichtundKommentargleich-zuschalten(Adorno1980c3).Das Wirken der Kulturindustrie und die po-litischeHerrschaf,diedenKlassenan-tagonismusscheinbartranszendieren, bedingendievlligelntegrationder Menschen, der Arbeiter, in das Gesamt-system. Die lrage nach der Aktualitt der Kultu-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 29rindustriethese stellt sich an dieser Stel-le fast notwendig. linerseits scheint es, dass vieles von dem, was Adorno kriti-siert, erst heute tatschlich verwirklicht ist;andererseitsistdieVehemenzder Kritik Adornos fr den sich mndig fh-lendenMenschenunverstndlich;die ldeevomMassenbetrugdurchdieKul-turindustriewirktantiquiert(vgl.Beh-rens 2004 f.). ln gewisser Hinsicht sind beide Aussagen richtig. Adornos Vorse-hungenwurdenzwartrenendbesttigt dasWirkenHollywoodsknnteder dargelegtenCharakterisierungkaum besserentsprechen,dochscheintmit der Vielfalt der zur Wahl stehenden Kul-turgter,dieheuteauchausNischen- undGegenkulturbestehen,soetwas wiedieVorstellungeinesmndigen Konsums der Kulturgter mglich. Man knnte im Anschluss an Adorno von ei-nemmndigenSelbstbetrugsprechen. Dasklingtdrastisch,dochbezeichnet derBegrinlediglichdieTatsache,dass derBetrugderKulturindustrienichtin derMassentauglichkeitihrerProdukte, sonderninderWarenformundihrer BeziehungzumgesellschaflichenGan-zen steht. Zwar mag der lnhalt der kon-sumiertenKulturgterstarkvariieren, inbestimmtenlllengarunverhohlen kritischsein,dochberhrtdasnicht zwangsluhgdenKern,denAdorno mit der Kulturindustriethese ausdrckt. Denn die Kritik zielt weniger auf den ln-halt der ,Ware Kultur`, als vielmehr auf ihre lorm selbst. Deshalb, liee sich sa-gen ,bleibt die Kulturindustriethese ak-tuell,solangediekritischeTeorieder Gesellschaf aktuell bleibt (ebd. 9). 4. Subjektivitt und MehrwerttheorieDie der Moderne eigene lorm der poli-tischen Herrschaf und die gesellschaf-licheundtechnischelntwicklungder KulturzurindustriellenMassenkultur verhinderndielntwicklungeinessub-versivenKlassenbewusstseins.Diese zweiAntwortenAdornoswerfenviel Lichtaufdielrage,welchelntwick-lungen der kapitalistischen Gesellschaf diegrundstzlicheVernderungder gesellschaflichenVerhltnisseselbst blockieren.Wielassensichaberdiese lntwicklungenaufbegrimicherlbene verstehen`Vernderndielntwicklun-genauchdenBegrinderKlasse,oder sorgensienurdafr,dasserdemBe-wusstseinderer,denenerdocheigent-lichzumfrsichwerdensollte,inim-mergreremMaeunkenntlichwird undihnenzuletztalsUnwahrheiter-scheint` Anders gefragt Kann man an-erkennen, dass vielleicht der Begrin der Klasseaufetwasverweist,dassonicht mehr bezeichnet werden kann`lmvorangegangenAbschniuhatsich gezeigt,dassAdornoandervonMarx entwickeltenldeederKlassengesell-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 30schafnichtnurfesthlt,sondernge-willt ist, sie weiterzuentwickelnsie zu aktualisieren.lshndensichzweiplau-sibleAntwortenaufdielrage,warum dielntwicklungderkapitalistischen GesellschafdieBildungeinesKlas-senbewusstseinsnichtzunehmendbe-gnstigt, sondern durchweg behinderte. Welche Auswirkungen aber hat das auf die Begrine, die wir von den Gegenstn-denhaben`DieGesellschafistihrem Wesen nach bei Adorno weiter Tausch- undKlassengesellschaf,auchwennsie zunehmendnichtalssolcheerscheint. Und je weniger sie als solche erscheint, destomehristsieihremWesennach ebendieseGesellschaf.Objektivlsst sichdielxistenzvonKlassenanhand desBegrinsderProduktionsmiuelund der Stellung zu diesen leicht bestimmen Der Kapitalist ist im Besitz der Produkti-onsmiuel; die Arbeiterin ist gezwungen, frdenKapitalistenzuarbeiten,ohne dabeidenvollenWertihrerArbeits-krafzuerhalten.Dieantagonistische BestimmungdesKlassenverhltnisses aber leitet sich auch von der Mehrwert-theorieab,nichtnurvondenProduk-tionsverhltnissen.Zwargehtmitder lxistenzdesPrivateigentumsimmer dieMglichkeitdesKlassenantagonis-mus einher; dieser lsst sich aber fr die kapitalistischeGesellschafnurimMo-mentderMehrweruheorietatschlich begrnden.Dennnurdannistderden KapitalismusbegrndendeAntagonis-mus im Kapitalverhltnis existent, wenn derMehrwertderkapitalistischenPro-duktion aus der Ausbeutung der Arbei-terentspringt.NunkonstatiertAdorno fr seine Gegenwart aber einen ,Mangel an einer objektiven Weruheorie (Ador-no1980c39);einenMangelaneiner Teorie also, die eine objektive Bestim-mungdesantagonistischenCharakters derKlassenverhltnissezuliee.Diese AnnahmedeutetfrAdornohierauf die Schwierigkeit hin, angesichts der be-stehendenGesellschafberhaupteine kohrente Mehrweruheorie darzulegen ,Dielrrationalittdergegenwrtigen Gesellschafsstruktur verhindert ihre ra-tionale lntfaltung in der Teorie (ebd.).VomLeugnendesantagonistischen Klassencharaktersderkapitalistischen TauschgesellschafistAdornoaberso weitentferntwienurirgendwer,wie sich bislang gezeigt hat. Der vermeint-licheWiderspruchzwischenderUn-mglichkeitderBewusstwerdungund der gleichzeitigen lortexistenz der Ver-hltnissewirdzumeistalsAporieder kritischenTeorieAdornosgesehen. Aber sie deutet noch vielmehr auf eine DimensionderAdorno`schenAnaly-sehin,inder,dieOkonomiealsMo-menteinerMetakonomieerscheint; eine Metakonomie, ,die Herrschaf ist und sich zuzeiten in lorm des Kapital-verhltnissesdurchsetzt(Braunstein Ausgabe 2 | 2012 | Seite 312011182).BindenwirdasArgument derMetakonomiederHerrschafan dieUsurpationderOkonomiedurch diePolitikzurck,dannergibtsich bereitseinersterMomentdieseraus-geweiteten Analyse Adornos, die nicht bloeAktualisierungderMarx`schen Terminologie wre, sondern Kritik der modernenlormderHerrschaf,die auch,abernichtnur,konomischist. lndieserPerspektiveverliertdielra-genachderArbeiterklasseallerdings ihrestrengeBestimmung.Dennwenn Herrschaf nicht allein aus der Okono-mie und den konomischen Kategorien rhrtmanmaghierandiebereits ausgefhrteVorherrschafderPolitik denken,dannscheintauchderWi-derstandaufdemkonomischenTab-leau wenig zwingend. ls bedarf darauf aumauendvielmehreinerPerspektive, diedieobjektiveBestimmungeiner KlassenichtnuraufgrundihrerAus-beutungimProduktionsprozess,son-dernvoralleminihremWiderstand gegendieHerrschafalssolcherzu-liee.DievorliegendeArgumentation schlgt deshalb einen anderen Weg vor, alsdenzuletztunterdemSchlagwort ,NeueMarx-Lektrezusammenge-fassten Stau die angedeutete Perspek-tive einer kritischen Herrschafsdimen-sion wieder an die Begrimichkeiten der politischen Okonomie zurckzubinden (vgl.Reichelt200822-40),solldiese PerspektivevielmehralsSchauplatz der Subjektivierung in den Miuelpunkt derAnalysercken.DiesesHinausge-henberAdornoistkeinesfallszwin-gend, wie das Beharren seinerseits auf demPrimatderOkonomiebeweisen mag,dochwrdeAdornodiesesHin-ausgehen vielleicht entschuldigen, weil esdenMarx`schenWortlautfreine tiefere lntention opfert.5. Vom Arbeiter zur MultitudeDie ligur des Lohnarbeiters, der in der kapitalistischen Produktion die unmit-telbarproduktiveArbeitverrichtet, basiertaufdermodernenVorstellung vonArbeit.DiesemoderneArbeitist industriell,gekoppeltandenRaum derlabriksowieandieUnterordnung unter das hxe Kapital. Aus diesem Ar-beitsbegrin, ebenso wie aus der Mehr-weruheorie,speistsichdieldeeder Arbeiterklasse und des Klassenantago-nismusschlechthin.Nehmenwiraber an,dassderCharakterderArbeitsich ndert,weilArbeitselbstnichtmehr dasindustrielleProduziereninnerhalb der labrik, sondern das produktive ge-sellschaflicheLebenselbstist,dann istauchdieligurdesLohnarbeiters ,im globalen Mastab nicht lnger he-gemonial,wennauchdieZahlderin derProduktionArbeitendenweltweit nichtzurckging(Hardt/Negri2004 Ausgabe 2 | 2012 | Seite 3211).WennArbeitselbstihrenCharak-ter verndert, wenn das Kommando in-nerhalb der labriken seinen Schrecken verliert und das gesamte gesellschafli-che Leben unmiuelbar produktiv wird, dann kann der Gegenpol zur Macht des KapitalsnichtmehrdieOrganisation der labrik- und Lohnarbeiter sein,AsitisdescribedbyMarx,capitalist productionrepresentsthesynthesisof the living creativity of laborandof theexploitivestructuresorganizedby hxedcapitalanditstemporallawsof productivity.lntheeraofpost-lor-dism, on the contrary, temporality is no longernortotallyenclosedwithin thestructuresofconstantcapitalas wehaveseen,intellectual,immaterial, andanectiveproduction(.)revealsa surplus. An abstract temporalitythat istosay,thetemporalmeasureofla-boris incapable of understanding the creativeenergyoflaboritself.(Negri 2008 20)DerAntagonismuszwischenArbeit und Kapital lst sich in dieser Hinsicht tendenziell auf, weil das variable Kapi-tal das lixe gewissermaen verkrpert (vgl. Negri/Scelsi 2009 11). Zwar bleibt dasHerrschafsverhltnisdesKapitals aufvernderteWeiseexistent.Ander Produktion des gesellschaflichen Wer-tes ist es aber immer weniger beteiligt, gerade weil die Subjekte und ihre kre-ative lnergie selbst zu den wichtigsten Produktionsmiuelnwerden.DasKapi-tal verliert seine klassische Organisati-onsfunktion Der gesellschaflichge-meinsamproduzierte Mehrwert wird vom Kapital nurmehr abgeschpf (vgl. Hardt/Negri200913n.).Mitdieser lntwicklungeinhergehtdieHeraus-bildungeinesSubjekts,dasnichtdem der Arbeiterklasse entspricht ,Aus so-zio-konomischer Sicht ist die Multitu-dedasallgemeineSubjektderArbeit, also das wahre lleisch der postmoder-nenProduktion(Hardt/Negri2004 119).DieserderverndertenArbeit entsprechendeBegrinmachtdieldee derArbeiterklassegeradezuunmg-lich.DieunmiuelbareProduktivitt des gesellschaflichen Lebens, eine Pro-duktivitt, die nicht mehr vom Kapital organisiert werden muss, widerspricht der Vorstellung einer bestimmten Klas-se, die allein produktive Arbeit verrich-tenwrde.AndieStellederArbeiter, die aufgerufen sind, ihre Kpfe zusam-menzustecken,triudieMultitude,die aufgerufenist,dasberkommeneka-pitalistische Kommando und die globa-lenMachtverhltnissemitdemBegrin ihrer biopolitischen Gegenwart zu kon-frontieren, und damit selbst die Grund-lageihresgemeinsamenReichtumszu entdecken. lm Zentrum dieser Ausein-andersetzungenstehtdasgemeinsame Ausgabe 2 | 2012 | Seite 33Leben,nichtvonseinerbiologischen Seite betrachtet, sondern das Leben als bios (vgl. Negri 2008), als gemeinsames, gesellschaflichesLeben.DieBildung eines Klassenbewusstseins in Begrinen undKategorienderMarx`schenTe-oriewird,wieAdornozweifellosvor-gezeichnethat,indieserPerspektive unmglich. Man mag hier an loucaults Anmerkung denken, dass jedes Macht-verhltnisseinenjeeigenenWider-standbedingt(vgl.loucault19839). Das bedeutet nicht weniger, als dass die SubversionderGegenwartnichtder Arbeiterklasse,sondernderMultitude obliegt.HabenHardtundNegrirecht, ist Arbeit heute der ganzen Gesellschaf immanent;dasgesellschaflicheLeben ist Produktion und Reproduktion ohne Unterlass.lngewisserWeiseverallge-meinertdieseldeedieArbeiterklasse, indem sie sie aumebt.6. Subjektivitt und PolitikNach den vorangegangenen Ausfhrun-gen,dieeinenUbergangvonAdornos Diagnose der Unmglichkeit einer sub-versiven Arbeiterklasse zu den lmpfeh-lungenHardtsundNegrismarkieren, sollzumSchlussanhandeinespromi-nentenlinwandsdasVerhltnisdes postuliertensubversivenSubjektsder Multitude zur Politik bestimmt und neu bewertet werden.ln einer frhen Kritik hat lrnesto Laclau Hardts und Negris lmpire vorgeworfen, esseieinantipolitischesBuchindem Sinne,dassPolitikmitdemimBuch dargelegtentheoretischenRahmenun-denkbar werde (vgl. Laclau 2001 3). Die von Hardt und Negri vertretene ldee ei-ner Multitude, die aufgrund ihrer imma-nentenlxistenzinnerhalbbestimmter Machtverhltnisse schon immer ein po-litisches,subversivesPotenzialbesitzt, steht fr Laclau im Gegensatz zu einem wirklichpolitischenSubjekt.Dieses msseimGegensatzzurMultitude,die ja scheinbar vor den tatschlichen Aus-einandersetzungeninderGesellschafbereitsgesetztist,immererstgebildet werdenundseinichtuniversell,son-dern immer von partikularen Subjekten ausgedacht.DieseVerschiedenheitzu-spitzend stellt er fest,Herewehndtherealtheoreticalwa-tershedincontemporarydiscussions either we assert the possibility of a uni-versalitywhichisnotpoliticallyconst-ructedandmediated,orweassertthat alluniversalityisprecariousandde-pends on a historical construction out of heterogeneous elements. (lbd. )AndieserStellelieesichdievon Laclau berzeichnete Uneinigkeit noch weiterschematisierenlrHardtund Negri existiert ein Subjekt namens Mul-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 34titudeaufgrunddergesellschaflichen Bedingungenbereits,dassichseiner selbstdannnurnochbewusstwerden mussdie Multitude gleicht zumindest in dieser Hinsicht der Marx`schen Vor-stellungvomProletariat(vgl.Tampio 2009). Demgegenber gibt es fr Laclau keineuniversellenBedingungen,denn jede Auseinandersetzung ,is the strug-gleofconcretesocialactorsforpar-ticularobjectives,andnothinggua-ranteesthattheseobjectiveswillnot clash with each other (Laclau 2001 8). Politik ist dann genau der Prozess, der deneinzelnenAkteurinnenmitihren je einzelnen Zielen zur politischen Ar-tikulationverhilfundzwischenihren partikularenlnteressenvermiuelt.Die Sorge, die Autoren wie Laclau umtreibt und hier ihren Ausdruck hndet, besteht scheinbar darin, dass die Annahme ei-nes politischen Subjekts wie der Multi-tude gerade das Ausbleiben von Politik bedingt (vgl. auch Moune 200 140n.). Wenn es diese subversive Subjektivitt immerschongbeunddieeinzelnen Akteureeigentlichbereitseingemein-sames lnteresse huen, dann wre Po-litikimSinneLaclaustatschlichun-ntig, oder, wie ebenfalls argumentiert wurde,liefediesergarzuwider(vgl. Cremin/Roberts2011).Wielieesich alsoPolitikvordemHintergrundder VorstellungderMultitudeverstehen, und auf welche tiefer liegende Vorstel-lung von Gesellschafstheorie verweist dieses Verstndnis`LaclauspitztseinelragenachderPo-litikaufdieWichtigkeitderAbfolge zu.lrschreibt,entwederseidieUni-versalitt bereits vor den Auseinander-setzungengegebenunddieAuseinan-dersetzungenwreneinerzugrunde liegendenUniversalittnachgelagert, oder aber, die Universalitt sei das pre-krelrgebnisebendieserAuseinan-dersetzungen(vgl.Laclau2001).lm ersten lall bentigten wir keine Politik mehr, im zweiten lalle wre sie absolut notwendig.lchhaltedieseTrennung beigenauerBetrachtungundange-sichtsderfrherenArgumentation imAnschlussanAdornojedochfr knstlich.Dielinsichten,dieAdorno indiegesellschaflichenVerhltnisse gewinnt,legenjageradenahe,dasses keine notwendigen teleologischen lnt-wicklungengibt.Jenelntwicklungen sindimGegenteilgeradetrotzder postuliertenUniversalittdesSubjekts ausgeblieben.WieauchfrHardt undNegribeschreibtdieVorstellung einesuniversellengesellschaflichen SubjektsnureineMglichkeit,keine Notwendigkeit.DieUniversalittder Multitude ist selbst historisch und par-tikular.SieistandievonHardtund NegripostulierteGenesedeslmpires gebunden(vgl.Hardt/Negri200313). Damit ist die Universalitt der Multitu-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 35de fr die Autoren lediglich eine Mg-lichkeitderSubversiondeslnsembles von Machtverhltnissen, die der Begrin ,lmpirebezeichnet.DasProletariat oderdieMultitudesindsouniversell wiediegesellschaflichenBedingun-gen, die ihr Aufauchen ermglichen.7. Universalitt der SubversionMsstemannichtdenvonLaclaube-reits zitierten Scheideweg, an dem sich seiner Ansicht nach in der zeitgenssi-schenDiskussiondieSpreuvomWei-zentrennt,wiederzusammenfhren` Ohnedielinsichtindiegesellschaf-lichenBedingungendervonLaclau frvorrangigerklrten,partikularen Auseinandersetzungen,scheintdie ArbeitaneinerpolitischenArtikulati-on vergebene Mhe, wie auch die blo-eDarlegungderBedingungenohne denAnspruch,damiteinepolitische Artikulationzuermglichen,relativ substanzlos daherkommt. lrst die ana-lytische linsicht ermglicht es, das ge-sellschaflichePlateauzuvermessen, aufdemdiepolitischenAuseinander-setzungensichanschlieendverteilen. WennLaclaununargumentiert,dass jede Auseinandersetzung eine partiku-lareAuseinandersetzungistunddiese einzelnenAuseinandersetzungennur imGlcksfallzueinanderhnden,dann istdasdurchausnichtunvereinbar mitHardtsundNegrisAnalysenur, dassdiesesZueinanderhndenfrdie AutorenselbstaufderGrundlagebe-stimmterkontingenterBedingungen undnichtvordemHintergrundblo partikularerAgonismenstauhndet. DiepartikularenAuseinandersetzun-genentzndensichentlangbestimm-terkontingenterLinienundBrche imstrengenSinnedesWortes;sie ereignensichinnerhalbeinesHori-zonts,derdiemglichenHandlungen einrahmt(vgl.Makropoulos19982). Die Analyse und Darlegung dieses Pla-teaus, auf dem die Auseinandersetzun-genstauhnden,istdurchauspolitisch, wennsieauchbeileibenochnichtdie Uberwindungderselbenbedeutet. WennsichimZuccouiParkoderauf demRothschildBoulevardeinepoli-tischeSubjektivittausdrckt,dann aufgrundhistorisch-gesellschaflicher Bedingungen,dieimdargelegtenSin-nedurchausuniversellsind.lntschei-dendisthierallerdingseinUmstand, dersichimUbergangvonAdornozu Hardt und Negri ganz deutlich gezeigt hat Die gegenwrtige Vorstellung von subversiverSubjektivittkopiertnicht lediglich die Marx`sche Vorstellung des Proletariats,wienebenLaclauauch Slavoj Zizek (200b) kritisiert hat. Viel-mehr ist der entscheidende Schriu, mit dem die Autoren ber Marx hinaus ge-hen,diegrundlegendePerspektiveder Ausgabe 2 | 2012 | Seite 36lmmanenz (vgl. Hardt/Negri 2003 84f.), die, wie Lemke (2011 121) zurecht ein-gewandthat,vondenbeidenAutoren selbstnichtimmerkonsequentdurch-gehaltenwird.DochderVerweisauf dieDimensiondergesamten,nicht nurkonomischenMachtverhltnisse einerseitssowiederVerweisaufdie Produktivittdesgesellschaflichen Lebensselbstandererseits(vgl.dazu auchGraefe2011),scheinenmehrals diebloeReanimationoderReformu-lierung des Proletariats.lrLaclaugibtesbeiderBetrachtung derGesellschafkeineUniversalien, nichts lssenzielles, das bei der Betrach-tung derselben helfen knnte, auer der Gewissheit,dassdieseAuseinanderset-zungen existieren und die selbst irredu-zible Grundlage der menschlichen lxis-tenz darstellen. Universalien sind prekr, sieknnensichinbestimmtenAusein-andersetzungen konstituieren, aber jede darber hinausgehende Vorstellung von derBeilegungdieserAuseinanderset-zungengrenztandieSuspendierung von Politik als solcher (vgl. Laclau 2001, Zizek 200b). lst aber diese Annahme ei-nergrundstzlichagonistischenStruk-turderGesellschafnichtselbstschon wieder eine Universalie` 8. SchlusslneinemvielzitiertenGesprchber dielrziehungnachAuschwitzbe-merkteAdornoeinmal,lchmchte abernachdrcklichbetonen,dadie WiederkehroderNichtwiederkehrdes laschismusimlntscheidendenkeine psychologische,sonderneinegesell-schafliche lrage ist (Adorno 191 92). Derlaschismus,derselbstAusdruck ,einer beraus mchtigen gesellschaf-lichenTendenz(ebd.89)ist,grndet sich in der Gesellschaf, er hndet seine Begrndungnichtinpsychologischen PathologiendesMenschenoderder vermeintlichagonistischenmenschli-chenNatur.WenndieMglichkeiten, diewirheutezumHandelnhaben, nichtaufdiegesellschaflichenBe-dingungenrekurrieren,indiewiruns eingebundenhnden,dannprojizieren wirdieUnzulnglichkeitennichtnur aufdieSubjektezurck,sondernver-fehlenzuletztausgerechnetdieMg-lichkeiten,dieunsaufderGrundlage der vorherrschenden gesellschaflichen Bedingungen onen stehen. Nur auf der imstrengenSinnekontingentenund historischen,dabeidurchausprekren Universalitt der gesellschaflichen Be-dingungenlsstsichdiePartikularitt der Politik im Sinne Laclaus berhaupt denken. Die linsicht in die gesellschaf-lichenBedingungenundMglichkei-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 37ten, denen sich so etwas wie emanzipa-torischePolitikgegenbersieht,istdie notwendige Voraussetzung fr eine sol-che Politik und nicht deren Suspension. DieseVorstellung,wieAdornozeigt, reduziertdenlaschismus gerade nicht aufeinigewenigeUrsprnge,sondern siedeltihnindemgesellschaflichen Gefge an, aus dem er hervorgegangen ist. Auch wenn Adorno prominent und zuRechtdieAnsichtvertriu,dassdie gesellschafliche Tendenz von der ko-nomischenlntwicklungbestimmtist, verstellt sich fr ihn zugleich der Aus-weg aus diesem vorgefundenen gesell-schaflichenDurcheinander,denMarx ausgehendvonseinerhistorischenSi-tuationbezeichnethaue.lrAdorno verschlietsichdieMglichkeitdes lntkommens aus dieser lmmanenz zu-sehends.ln dieser Hinsicht ist Adorno aus voll-kommenanderenlntentionentatsch-lichganznahandenUberlegungen Hardts und Negris. Aus dem beschwo-renenGefangenseinindergesell-schaflichenlmmanenz,dieAdornos Schrifenvielleichtihrenwenigopti-mistischenundzugleichsoradikalen Charakterverleiht,machenHardtund NegrinuneinfachdieVoraussetzung fr die Subversion der Gegenwart. Ne-gri veranschaulicht diese ldee sehr tref-fend,wennersagt,amBeispielAdor-noshabeerverstanden,dasssichdas Problem, das sich Adorno im Anschluss anMarxstellt,mitderArtseinerlra-gestellung heute nicht lsen lasse (vgl. Casarino/Negri20081).Wasaber, wenn unsere spezihsche historisch-ge-sellschaflicheSituationdiesubversive Subjektivittnichtunmglichmacht, sondernimmerschonbedingt;eine Subjektivitt,dieaufgrunddervern-dertenBedingungenheutenichtdie-selbeseinkann,wieinderZeitder Marx`schen Gesellschafsanalyse`DannlieensichvondenBedingun-gen, denen unser gesellschafliches Le-ben heute unterliegt, zugleich die Mg-lichkeitenfrihrengrundstzlichen Wandelableiten.WennPolitikimmer schondielinheitausderAnalyseder Bedingungen und dem Handeln in der Gesellschafist,dannistdieldeeder Multitudenichtantipolitisch.lmGe-genteillsisteindurchauspolitisches Angebot an die Subversion der Gegen-wart,eineMglichkeit,einWerden, einevielleichtnochleereSubjektposi-tion auf dem gesellschaflichen Plateau, deren Schicksal von ebenso vielen lnt-wicklungen abhngen mag, wie das der Arbeiterklasse.Ausgabe 2 | 2012 | Seite 38LiteraturverzeichnisAdorno, Teodor W. 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Seine lnteressengebiete liegen in den Bereichen derPolitischenundSozialtheorie,derPhiloso-phie sowie der poststrukturalistischen Teorie.Ausgabe 2 | 2012 | Seite 40Wissenschafts- und TechnikforschungDas oene Gesprch und seine GrenzenStrukturprobleme von Verfahren partizi-pativer Technikbewertung am Beispiel der Verbraucherkonferenz NanotechnologieVon Dr. Alexander Grsdorf20!2, Band 8,3!4 S., brosch., 44, ISBN 978-3-8329-7!48-9www.nomos-shop.de/!4298Soziologie und Epistemologie des Peer ReviewVon Dr. Martin Reinhart20!2, Band !0, 22 S., brosch., 34, ISBN 978-3-8329-7332-2www.nomos-shop.de/!452!Der Band zeigt bislang unterbelichtete Prob-leme deliberativer Beteiligungsverfahren auf und liefert darber hinaus Grundlagen fr ihre Weiterentwicklung: Fr solche Verfahren ist es essentiell, inhaltliche Oenheit und Authentizitt zu gewhrleisten, gerade dies kann jedoch ihr Ziel gefhrden, mit Argumen-ten Politik zu machen.Hchst umstritten, doch oenbar unverzicht-bar Peer Review trit als zentraler Mecha-nismus der Selbststeuerung in der Wissen-schaft Entscheidungen ber Publikationen, Finanzierungen und Karrieren. Seine Konstanz und Funktion verlangt nach soziologischen und philosophischen Erklrungen.NomosSoziologie und Epistemologie des Peer ReviewDas oene Gesprch und seine GrenzenAusgabe 2 | 2012 | Seite 41Wissenschafts- und TechnikforschungDas oene Gesprch und seine GrenzenStrukturprobleme von Verfahren partizi-pativer Technikbewertung am Beispiel der Verbraucherkonferenz NanotechnologieVon Dr. Alexander Grsdorf20!2, Band 8,3!4 S., brosch., 44, ISBN 978-3-8329-7!48-9www.nomos-shop.de/!4298Soziologie und Epistemologie des Peer ReviewVon Dr. Martin Reinhart20!2, Band !0, 22 S., brosch., 34, ISBN 978-3-8329-7332-2www.nomos-shop.de/!452!Der Band zeigt bislang unterbelichtete Prob-leme deliberativer Beteiligungsverfahren auf und liefert darber hinaus Grundlagen fr ihre Weiterentwicklung: Fr solche Verfahren ist es essentiell, inhaltliche Oenheit und Authentizitt zu gewhrleisten, gerade dies kann jedoch ihr Ziel gefhrden, mit Argumen-ten Politik zu machen.Hchst umstritten, doch oenbar unverzicht-bar Peer Review trit als zentraler Mecha-nismus der Selbststeuerung in der Wissen-schaft Entscheidungen ber Publikationen, Finanzierungen und Karrieren. Seine Konstanz und Funktion verlangt nach soziologischen und philosophischen Erklrungen.NomosSoziologie und Epistemologie des Peer ReviewDas oene Gesprch und seine GrenzenArbeitskraftunternehmer wo bist du?von Sebastian Barteczko CrossDuck/flickr.deAusgabe 2 | 2012 | Seite 42DIekonIroverdIkuIIerIeArheIIkruJun-IernehnerIheehechuJIgIdIeSozIuI+I-enchuJeneIInehruIeInen JuhrzehnI. AuJgrund heIrIehIIcher ReorgunIuIIonpro-zeekonnenIchBechuJIgIenIchInehr uuJ du SIcherheIIverprechen der BechuJ-IIger/InnenverIuen.AuJdIeeSIIuuIIon derUnIcherheIIreugIerendIeAkIeur/In-nen nII eInen SIruIegIe+echeI. DuheI +Ird dIeBeIrIehorIenIIerungzugunIeneIner ArheIInurkIorIenIIerunguuJgegehen.1n-JoIgedeennendIeBechuJIgIenIru-IegIchugIerenundIhreFuhIgkeIIenukIIv uuJdenherheIrIehIIchenArheIInurkI unhIeIen und vernurkIen. Kurz, Ie +erden zu,ArheIIkruJunIernehner/Innen'.Doch Iuen Ich oIche VernurkIIIchungIenden-zen uuch IuIuchIIch enpIrIch heohuchIen? DIeerFruge+IrdunhundvonEInzeIJuI-IunuIen In nuchJoIgenden ArIIkeI nuchge-gungen. DuheI +Ird uuJgezeIgI, du Ich dIe BechuJIgIen In kIuIcher VeIe un Ihren BeIrIehenorIenIIerenundeInukIIveAn-gehoIverhuIIenuuJdenerIernenArheII-nurkIerhehIIchvonIIuuIIvenFukIoren, +Ie den HuuhuIIurrungenenI, den AIIer oder der heIrIehIIchen SIIuuIIon uhhungI. DIe ErgehnIe de BeIIrug gehen HIn+eIe dur-uuJ, du dIe poIuIIerIen VernurkIIIchung-IendenzenheIdenBechuJIgIenenpIrIch nIchI Iurk uugeprugI Ind.1.Orientierungswechselbeiden BeschRigten'Einfhrunginden ForschungsstandDiebetrieblicheArbeitsorganisation behndetsichimWandel.lnfolgeneu-erAnforderungen,welchederglobal agierende Kapitalismus an die Betriebe stellt,kommteszumassivenReorga-nisationsprozessen.VerschrfeWeu-bewerbsbedingungenveranlassendas Unternehmensmanagement zur lrwei-terung betrieblicher Reaktionsmglich-keiten (Stichwort llexibilisierung) und zumKostenabbau(vgl.Pongratz2002 9).OutsourcingunddieAndrohung vonStandortverlagerungenbilden hierbei nur die Spitze des lisberges. Mit linfhrungderneuenArbeitsformen derergebnisorientiertenSteuerung vonArbeitsprozessenberZielverein-barungenwerdendierigidentayloris-tischenArbeitsformenabgelst.Sie propagierenligenverantwortungund neueAutonomiespielrume,whrend gleichzeitigverschrfeLeistungsan-forderungenundArbeitsbedingungen aufdieBeschfigtenwarten(vgl.Ur-ban2001104).DieRelativierungvon ArbeitsplatzsicherheitdurchdieBe-schfiger/innenunddieRckbindung dieseranindividuelleLeistungenund MarkterfolgefhrenzueinerVerunsi-cherunginnerhalbderBeschfigten-gruppen. Ausgabe 2 | 2012 | Seite 43Aufdie,WiederkehrdersozialenUnsi-cherheit` (vgl. Castel 2009) bis tief hinein indiegesellschaflicheMiuereagieren die Beschfigten mit einer Neuorientie-rungundeinemStrategiewechsel.,Re-kommodihzierungsprozesse`(vgl.Breen 199)fhrensowohlaufseitenderBe-schfiger/innenalsauchaufseitender BeschfigtenzurAufsungdes,alten` psychologischen bzw. impliziten Arbeits-vertrags,derlangfristigeArbeitsplatz-sicherheitgegenLoyalittversprochen haue. An dessen Stelle triu ein auf kur-zelristangelegterundaufeinemrein konomischenAustauschverhltnisba-sierender,transaktionalerKontrakt, dessenneuesMouolautet,Wirbleiben nursolangezusammen,wieesfruns beidevonVorteilist.`DerVerlustdes Sicherheitsversprechensdurchden/die Beschfiger/in verndert die innere Hal-tung der Beschfigten, welche sich nicht mehr an ihren Betrieben orientieren, son-dern am berbetrieblichen Arbeitsmarkt (vgl. Bernhardt et al. 2008 28f.).lolgt man der Tese von G. Gnter Vo und Hans J. Pongratz, so fhren die ,neu-en Strategien der betrieblichen Nutzung von Arbeitsfhigkeiten zu einem grund-legendenWandeldergesellschaflichen VerfassungvonArbeitskraf(Vo/Pongratz1998132).Der/diepassivund risikoavershandelnde,verberufichte Arbeitnehmer/in`derfordistischenAra wird zunehmend durch den neuen Leit-typusdes,Arbeitskrafunternehmers`/der,Arbeitskrafunternehmerin`ersetzt (vgl.ebd.;zurKritikvgl.Deutschmann 2001; laust 2002; Matuschek et al. 2004). lmSinneMaxWebershandeltessich hierbeiumeinenldealtypus.lneinem solchenidealenanalytisch-pointierten Modellwerdenallecharakteristischen llementeeinesPhnomensgebndelt. ,linderartigesKonstruktistnichtzur BeschreibungderWirklichkeitgedacht, sondernalsanalytischeMesslaue,der sichempirischeBefundemitmehroder wenigergroenAbweichungenzuord-nenlassen(vgl.Pongratz/Vo2004b 211).Zugespitztformuliert,handeltessich beim/beiderArbeitskrafunternehmer/inumeine/nstrategischhandelnde/n Akteur/in,welche/rkeineintrinsische Betriebsbindungmehraufweist,zuneh-mend auf den externen oder berbetrieb-lichen Arbeitsmarkt hxiert ist und seine/ihre lhigkeiten ,hochgradig gezielt und kontinuierlichaufeinepotenziellewirt-schafliche Nutzung hin entwickeln und aktivverwerten[muss,S.B.](aufdem Arbeitsmarkt wie innerhalb von Beschf-tigungsverhltnissen)(Pongratz/Vo 2004a 12f.; vgl. Bernhardt et al. 200; laust 2002). Um den neuen inner- wie berbe-trieblichenAnforderungengerechtzu werden,mssensichdieBeschfigten, so die Tese, ,selbst-konomisieren`; also einerseitsihreLeistungenzweck-und Ausgabe 2 | 2012 | Seite 44kostenbewusstimBetriebeinsetzen,ihr Qalihkationsprohlpermanentansich vernderndeAnforderungenanpassen und andererseits aktiv sicherstellen, dass ihrelhigkeitengebrauchtundgekauf werden.lnfolgedessenverfgtder/die Arbeitskrafunternehmer/innichtmehr bereinenstandardisierten,sondern ber einen individuellen Beruf (vgl. Vo/Pongratz1998144f.).BeruficheStan-dards bilden zwar immer noch die Basis-qualihkationderBeschfigten,werden jedochsukzessivedurchformelleund informelleWeiterbildungenersetzt.ls stellt sich jedoch die lrage, ob die diskur-sivenAnrufungenandie,Unternehmer ihrerSelbst(vgl.Brckling200)auch inderbetrieblichenPraxisjenseitsder hierfrprdestiniertenBerufsgruppen (Unternehmensberater/innen,knstleri-sche, journalistische oder Medienberufe) angekommensind.lhrendieseneuen Rahmenbedingungen dazu, dass wir alle Arbeitskrafunternehmer/innen werden`Diebisherigenlorschungsergebnisse scheinen eher gegen die Prognose dieses neuen Leitbildes zu sprechen. So verwei-senVoundPongratzinihrerStudie zulrwerbsorientierungenvonBeschf-tigteninpartiellentgrenztenArbeits-formen(Gruppen-undProjektarbeit) selbstaufdasbreiteundambivalente SpektrumsubjektiverReaktionenauf diegewandeltengesellschaflichenAr-beitsanforderungen(vgl.Pongratz/Vo 2003).DieempirischePrfungderOko-nomisierungstheseergab,dassesmar-kanteDiskrepanzenimVerhltnisvon NutzungundVermarktungdereigenen ArbeitskrafauchbeiqualihziertenBe-schfigten gibt (vgl. Pongratz 2012 218). Beispielhaf zeigt sich dies am Typus der Leistungsoptimierer/innen. Sie haben ein verstrktes lnteresse daran, sich und ihre lhigkeitenweiterzuentwickelnundzu optimieren. Leistungsverdichtungen wer-den subjektiv nicht als Belastungen emp-funden, sondern als neue Gelegenheiten, beidenensieihreProblemlsungskom-petenz unter Beweis stellen knnen. N-hert sich dieses Verhalten dem ldeal der Arbeitskrafunternehmer/innenbereits an,sokanndennochgleichzeitigeine demtheoretischenModellgegenluh-ge,Absicherungsmentalitt`konstatiert werden,nmlichimSinneeinerOrien-tierung an betrieblichen und berufichen Sicherheitsvorstellungen(vgl.Pongratz/Vo 2004b 220f.). Das gemeinsame Auf-tretenvonAbsicherungs-undArbeits-krafunternehmer/innenlogikstelltje-dochdieidealtypischeKonstruktionder Arbeitskrafunternehmer/inneninfrage. WhrendVoundPongratzversuchen, diesesSpannungsverhltnisdurchdie nochvorherrschende,Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen` zu erklren und da-von ausgehen, dass sich, hnlich wie bei denLeistungsoptimierer/innen,arbeits-krafunternehmerischeVerhaltenswei-Ausgabe 2 | 2012 | Seite 45sen weiter ausbreiten werden, bleiben die DeutungenundPrferenzenderBefrag-tenhierzuebensounbercksichtigtwie die Voraussetzungen fr ein arbeitskraf-unternehmerischesHandeln(vgl.laust 2002 0f.; Pongratz/Vo 2004b 223; Klee-mann/Vo 2010 434).AndieserStellesolldernachfolgen-deBeitragansetzenundsichausder BeschfigtenperspektivemitderVer-marktlichungs-undArbeitsmarktorien-tierungsthesedesArbeitskrafunterneh-mer/innentheoremsauseinandersetzen. Hierbeigehtesumdielrage,wieund unter welchen Umstnden abhngig Be-schfigteein,aktivesAngebotsverhal-ten`imSinneeinerverstrktenArbeits-marktorientierungund,Vermarktung` der eigenen lhigkeiten auf dem berbe-trieblichen Arbeitsmarkt aufweisen. lng damitverbundenistdielrage,obeszu einergrundlegendenVernderungder Prferenzen der Akteur/innen kommt.Basisderhiervorgestelltenempirischen lrgebnissesinddreilinzelfallanalysen, welcheimRahmenderLehrforschung ,lrwerbsverlufe zwischen Arbeitsmarkt und Betrieb` in den Jahren 2010 und 2011 an der lriedrich-Schiller-Universitt Jena durchgefhrt worden sind (vgl. Bartecz-koetal.2012).MitBezugaufdielor-schungsbefunde der Lehrforschung wird die Tese vertreten, dass die Beschfig-tensichinklassischerWeiseanihren BetriebenorientierenundihreAktivit-ten auf diese ausrichten. Betriebswechsel und,aktivesAngebotsverhalten`hnden erststau,wennsichdiebetrieblichen Rahmenbedingungenverndernund somit zu einer Neubewertung der Hand-lungsalternativen fhren.lmlolgendenwirdzunchstdasempi-rischeDesignderLehrforschungvor-gestellt,umdarananschlieenddie zentralen lrgebnisse zu prsentieren. Ab-schlieend soll danach gefragt werden, ob sichbeidenBeschfigtenarbeitskraf-unternehmerischeVerhaltensweisenim Sinne einer verstrkten Arbeitsmarktori-entierung entwickelt haben. 2.Dasempiris