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Stressbewältigung
Carl-Walter KohlmannPädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Beitrag an der Universität Ulm, 21.11.2006
(ausgewählte Folien zur Vorlesung)
Überblick
Stresskonzeptionen
Stressbewältigung• Lazarus-Theorie• Persönlichkeitsmerkmale
Diagnostik undausgewählte Befunde
Prävention
Stresskonzeptionen
In umfassenden Definitionen wird Stress als ein Muster spezifischer und unspezifischer psychischer und körperlicher Reaktionen eines Individuums auf interne oder externe Reize angesehen, die das Gleichgewicht stören, die Fähigkeiten zur Bewältigung beanspruchen oder überschreiten und Anpassungsleistungen verlangen (vgl. Zimbardo & Gerrig, 2004, S. 562).
Stresskonzeptionen
1. Reaktionsbezogene Konzeptionen konzentrieren sich primär auf die Analyse stressbezogener Verhaltensweisen und Reaktionen.
2. Situationsbezogene Konzeptionen analysieren in erster Linie die Rolle von Umweltbedingungen als Stressoren.
3. Relationale Konzeptionen thematisieren die Person-Umwelt-Beziehung in belastenden Auseinandersetzungen.
1. Reaktionsbezogene Konzeptionen
„akute Unzufriedenheit“ „Ausbrennen“ (Burn-out)*
1. Erste Anzeichen einer Erschöpfung: Körperliche Symptome wie Rücken- und Magenschmerzen, Muskelverspannungen, Tinnitus, erhöhte Anfälligkeit für Infekte
2. Schlafstörungen, Konzentrationsmangel, permanente Müdigkeit und Gereiztheit
3. Depression
____
*begünstigt durch Perfektionismus, hohe Leistungsansprüche undausgeprägtes Verantwortungsgefühl
2. Situationsbezogene Konzeptionen
„Studentische Stress-Skala“: LCUs (Life Change-Units)
100 Tod eines Familienmitglieds 73 Tod eines engen Freundes 65 Scheidung der Eltern 63 Gefängnisaufenthalt 63 Größere eigene Verletzung oder Erkrankung 58 Heirat 50 Entlassung 47 Nichterreichen eines wichtigen Scheins 45 Gesundheitliche Veränderungen von Familienmitgliedern 45 Schwangerschaft 44 Probleme beim Sex 40 Tiefgreifende Auseinandersetzung mit einem engen Freund 39 Veränderung im finanziellen Status 39 Wechsel des Vorgesetzten 39 Ärger mit den Eltern 38 Neuer Partner, neue Partnerin
37 Gestiegenes Arbeitspensum im Studium 36 Herausragende persönliche Leistung 35 Erstes Semester an der Universität 31 Veränderungen der Lebens-
bedingungen 30 Heftiger Streit mit Lehrpersonal 29 Schlechtere Noten als erwartet 29 Veränderungen der Schlaf-
gewohnheiten 29 Veränderungen der sozialen
Gewohnheiten 28 Veränderungen der Essgewohnheiten 26 Dauernder Ärger mit dem Auto 26 Veränderung der Häufigkeit von
Familientreffen 25 Zu viele verpasste Seminare 24 Wechsel der Universität 23 Zu hohe Fehlzeiten bei Seminaren 20 Kleinere Verkehrsverstöße
2. Situationsbezogene Konzeptionen
Berufliche Gratifikationskrise und Gesundheit
hohe Verausgabung niedrige Belohnung
extrinsisch:AnforderungenVerpflichtungen
intrinsisch:beruflicheKontroll-bestrebungen
EinkommenAnerkennungUnterstützungStatus
Siegrist, J. (1996). Soziale Krisen und Gesundheit. Göttingen: Hogrefe.
3. Relationale Konzeptionen
Psychologischer Stress bezeichnet eine Beziehung mit der Umwelt, die vom Individuum im Hinblick auf seinWohlergehen als bedeutsam bewertet wird, aber zugleich Anforderungen an das Individuum stellt, die dessen Bewältigungsmöglichkeiten beanspruchen oder überfordern.
(nach Lazarus & Folkman, 1984)
Stressbewältigung
Stressbewältigung (Definition)
„Stressbewältigung umfasst kognitive und verhaltensbezogene Anstrengungen zur Handhabung externer und interner Anforderungen, die von der Person als die eigenen Ressourcen beanspruchend oder überfordernd angesehen werden.“
(Lazarus & Folkman, 1984, S. 141)
Primäre Bewertung„Worin liegt das Problem?“
irrelevant, günstigoder stressbezogen Herausforderung Bedrohung Schaden/Verlust
Personmerkmale
Situations-merkmale
Sekundäre Bewertung „Was kann ich dagegen tun?“
NeubewertungStress-bewältigungproblemorientiert emotionsorientiert
Stressbewältigungsprozess nach Lazarus
Darstellung modifiziert nach Lazarus & Folkman (1984) und Krohne (1996).
Primäre Bewertung„Worin liegt das Problem?“
irrelevant, günstigoder stressbezogen Herausforderung Bedrohung Schaden/Verlust
Personmerkmale
Situations-merkmale
Sekundäre Bewertung „Was kann ich dagegen tun?“
NeubewertungStress-bewältigungproblemorientiert emotionsorientiert
Problemzentrierte Strategien setzen an den auslösenden situativen Bedingungen an. Das Individuum bemüht sich, auf diese Bedingungen so einzuwirken, dass die Belastung ausgeschaltet oder doch reduziert wird, z.B. durch planvolles Eingreifen in die Situation.
Emotionszentrierte Strategien zielen dagegen auf die Veränderung stressbezogener Emotionen und deren Manifestation im Verhalten. Die Person versucht hier, die subjektiven und somatischen Komponenten der Stressreaktion zu regulieren, z.B. durch Entspannung.
Stressbewältigungsprozess nach Lazarus
“Imagine that you suddenly feel a pounding in your chest while you are resting.”
1. I tell myself: "Nothing terrible Kognitive Vermeidungis going to happen."
2. I try to gather any possible information Vigilanzrelated to the pounding in my chest.
3. I tell myself: "Other people have the same sensations. It is something normal."
4. I carefully attend to the sensations in my chest.
5. I think that this won't be something serious.
6. I think I should go and see a doctor. 7. I think about cardiovascular illnesses that
these sensations might imply. 8. I tell myself: "I am of good health, why
should anything be wrong." 9. I think about what I can do when the
pounding gets stronger.
Cardiac Coping Inventory (CCI)
.96
.98
.92
.18
.29
-.22 Delay in seekingmedical help
Importance ofchest pain
Cardiacvigilance
DiagnosisIntensity ofchest pain
.31
The path coefficients and the residual shares of the dependent variables are noted. Diagnosis (myocardial infarction = 3, other cardiac chest pain = 2, non-cardiac chest pain = 1) indexes objective severity. 2 (8, N=89) = 9.85, p = .276; GFI = .959; AGFI = .922; RSMR = .089.
Kohlmann, C.-W., Ring, C., Carroll, D., Mohiyeddini, C., & Bennett, P. (2001). Cardiac coping style, heartbeat detection, and the interpretation of cardiac events. British Journal of Health Psychology, 6, 285-301.
Path model for predicting delay in seeking medical help
Lohaus, A., Eschenbeck, H., Kohlmann, C.-W. & Klein-Heßling, J. (2006). Fragebogen zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes- und Jugendalter (SSKJ 3-8). Göttingen: Hogrefe.
Streit mit Freund/Freundin
„Du hast dich mit einem guten Freund oder einer guten Freundin total gestritten.“ Hausaufgaben
„Du hast sehr viele Hausaufgaben auf und kommst damit nicht zurecht.“
SOZ Suche nach sozialer Unterstützung
... dann erzähle ich jemandem, wie ich mich dabei gefühlt habe ... dann bitte ich jemandem, mir bei dem Problem zu helfen
PRO Problemorientierte Bewältigung
... dann entscheide ich mich für einen Weg, das Problem zu lösen ... dann denke ich darüber nach, wie ich das Problem lösen kann
VER Vermeidende Bewältigung
... dann sage ich mir, dass sich das von allein regelt
... dann tue ich so, als ob mich das nichts angeht KON Konstruktiv-palliative Emotionsregulation
... dann mache ich es mir erst mal richtig bequem
... dann versuche ich, etwas zur Entspannung zu tun
DES Destruktiv-ärgerbezogene Emotionsregulation
... dann werde ich wütend und mache etwas kaputt
... dann rege ich mich total auf
Situationen Bewältigungsstrategien
Stressbewältigung: Diagnostik
Ernährung Stress
Bewegung Bewegung fördert Stressabbau, reduziert Stressanfälligkeit und fördert Stresstoleranz
Stress führt zu Erschöpfung, Passivität und Inaktivität
Arbeitsmodell der BZgA zur Darstellung der Wechselwirkungen zwischen Ernährung, Bewegung und Stress. Mann-Luoma et al. (2002). Bundesgesundheitsblatt: Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 45, 952-959.
Ernährung regelt Leistungsbereitschaft, liefert Nährstoffe für Alltag und Freizeit
Bewegung verbraucht Energie, erhöht Grundumsatz, beeinflusst Hunger und Sättigung
Schlechte Ernährung begünstigt Stressanfälligkeit (Diäten erzeugen Stress)
Stress wird durch Essen zu bewältigen versucht („Stressesser“)
„Kinder und Jugendliche haben nie isolierte Probleme mit der Ernährung, dem Stress oder ihrem Bewegungsverhalten.“
Einführende LiteraturKohlmann, C.-W. (2002). Stress- und Copingtheorien. In R. Schwarzer, M. Jerusalem & H. Weber (Hrsg.), Gesundheitspsychologie von A bis Z (S. 558-560). Göttingen: Hogrefe.
Kohlmann, C.-W. & Hock, M. (2005). Stressbewältigung. In H. Weber & T. Rammsayer (Hrsg.), Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie (S. 374-382). Göttingen: Hogrefe.
Zimbardo, P. G. & Gerrig, R. J. (2004). Psychologie (16. Aufl.). München: Pearson.
Prof. Dr. Carl-Walter Kohlmann
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Institut für Humanwissenschaften – Psychologie