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Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

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Page 1: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

(Aus dem Zoologischen Institut der Universit~t Mtinster i. W.)

S T U D I E N AM N E T Z D E R K R E U Z S P I N N E ( A R A N E A D I A D E M A . )

1. DIE ORUNDSTt~UKTUR DES NETZES UND BEZIEHUNGEN ZUM BAUPLAN DES SPINNENKORPERS

Y o n

HANS PETERS.

Mit 16 Textabbildungen (17 Einzelbildern).

(Eingegangen am 5. November 1936.)

Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 Material und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 :Die Form der Netzfl/~che . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Die Lage der Nabe innerhalb der Netzfi~tche . . . . . . . . . . . . . . 621 Die Warte und die freie Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 :Die Anordnung der Radialf~den . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626 Der Bauplan des KSrpers und der Bauplan des Netzes . . . . . . . . . 633 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649

Einleitung. Es g ib t Lebenserscheinungen, in denen mehrere grol~e Prob leme

gleichsam in e inem P u n k t zusammenged r£ng t sind. So sehen wir im Spinnennetz und insbesondere in seiner h6chs ten twicke l ten F o r m - - dem R a d n e t z - - ein Gebilde, das uns u n m i t t e l b a r an verschiedene F r a g e n der a l lgemeinen Biologie heranff ihr t .

Wie is t es m6glich, dab die junge Spinne ihr Netz gleich das e r s temal in seiner ganzen kompl iz ie r ten S t r u k t u r aufff ihr t ? W i t wissen keine andere Antwor t , als dab wir das U n b e k a n n t e , , I n s t i n k t " nennen. W i r bewundern die Harmonie , die wir in der Gl iederung der Netzfli~che zu erkennen glauben. Aber wir k6nnen n ich t angeben, welche Besonder- hei ten der Gl iederung es denn sind, die wir , ,Ha rmon ie" nennen. U n d H a r m o n i e is t eigentl ich noch so wenig ein im s t rengen Sinn na turwissen- schaf t l icher Begriff wie In s t i nk t .

Fe rne r : Denken wir an die geringe En twick lung des Gesichtssinns bei den Radne t z sp innen und da ran , dab die meis ten yon ihnen fiber- h a u p t nur nachts bauen, so e rkennen wir im N e t z b a u eine Le is tung des Tasts inns, dieses noch so wenig erforschten Sinnes. D a es sich often- ba r um ri~umliche W a h r n e h m u n g e n des Getas tes hande l t , k6nn ten Beobach tungen a m Spinnennetz viel le icht auch Beitri~ge zu den in der Psychologie des Menschen schon 6fter bea rbe i t e t en P rob l emen der :Be- ziehungen zwischen Sehraum und T a s t r a u m liefern.

Z. f. Morphol . u. 0 k o l . d. Tiere . B d . 32. 41

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614 Hans Peters:

A n Prob lemen ist kein Mangel. Die Sehwier igkei t l iegt dar in , sie for den na turwissensehaf t l iehen Zugriff i i be rhaup t e inmal ers t faBbar zu machen. W e n n ich da r in die Aufgabe meiner Un te r suchungen sehe, so weig ieh wohl, daIt wenig Aussieht besteht , so schwer zu er re ichenden Zielen, .wirkl ieh n£her zu kommen. Aber aueh Ziele, die zun/iehst in uner re iehbare r Fe rne ]iegen, k6nnen doch die R ich tung der Forschungs- a rbe i t be s t immen

B e w u g t habe ieh den Ti te l , ,S tud ien" gew/~hlt. Denn ieh k a n n es mir n ieh t zur Aufgabe setzen, die Un te r suchung s te ts soweit zu t re iben, wie es viel le icht als m6glich erseheinen sollte. Es k o m m t mi r v ie lmehr zun/~chst da rau f an, das Gebie t naeh den verschiedenen R ich tungen abzu tas ten .

I n dieser e rs ten Arbe i t beginne ich dami t , das Netz hinsicht l ich seiner S t r u k t u r e inmal genauer zu untersuchen. Denn wirkl ich gri indl iche und exak te Messungen s ind bisher noch n ich t anges te l l t worden. Zwar h a t WIEHLE in seinen bekann ten Un te r suchungen schon viel Vora rbe i t geleistet . E r is t auch meines Wissens der einzige Autor , der eingehende Spez ia lun te rsuchungen yon einem h6heren, wicht igen Ges ich t spunk t an- ges te l l t hat , n~mlich dem phylogenet i schen. Abe r es k a m ihm dem- gem~l~ wohl n ich t so sehr da rauf an, die S t r u k t u r des Netzes im ein- zelnen Fa l l bis in al le Fe inhe i t en zu verfolgen. E r h a t v ie lmehr durch Beschre ibung einer groften Anzah l verschiedens ter N e t z t y p e n ein reiches Mate r i a l fiir vergle ichende Un te r suchungen gesammel t . Auf diese Ar- bei ten, wie auch auf die sonst schon vor l iegenden zahlre ichen Unte r - suchungen soll sp~ter von Fa l l zu Fal l , wie es die Behand lung der ver- schiedenen F r a g e n erforder t , e ingegangen werden.

Material und Teehnik. Als Untersuchungsobjekt dient in allererster Linie die Kreuzspinne Aranea

diadema. Sie ist reiehlich zu beschaffen und leieht zu halten. Auch bleibe ich bei diesen neuen Arbeiten gem bei dem Objekt, mit dem ieh schon frfiher sinnes- physielogisch experimentiert habe, damit nach und nach ein abgerundetes Bfld yore Sinnesleben dieses Tieres entsteht. Zum Yergleich sollen aber yon :Fall zu Fall auch andere Radnetzspinnen herangezogen werden. In dieser ersten Studie sind das Aranea undata, Argiope br~nnichii, Zilla litterata und Meta reticulata. Argiope bri~nniehii verdankte ich der Freundliehkeit yon Ilerrn Dr. Wi~m~, der mir eine Anzahl Tiere aus dem Tessin schickte. Die anderen Arten sind bekanntlich leieht zu besehaffen; Fundortangaben finder man z.B. bei W]~HLV.1. In der Nomenklatur Iolge ich diesem Autor.

Die Spinnen wurden ffei im Zimmer gehalten. Sie liel~en im allgemeinen nieht lange mit dem Netzbau auf sich warren. Eine Ausnahme macM Meta reticulata; man h~lt sie besser im Garten. Einzelne Tiere konnten lange Zeit im Laboratorium beobachtet werden, manche bis zu vielen Monaten. Kleine Spinnen wurden mit Drosophila geftittert, gr6l]ere in Ermangelung anderer Nahrung mit Mehlwfirmern. Wiehtig ist, den Tieren yon Zeit zu Zeit mit der Pipette etwas Wasser zu geben.

1 WI~LE : Tierwelt Deutschlands, 1931.

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Zur exakten Untersuchung mancher Fragen hat sich das photographische Yerfahren als unerl/~glich erwiesen. Zur Aufnahme und auch zn anderen Zwecken warden die Netze nach der in meiner Arbeit yon 1932 (S. 241) geschilderten Methode in rechteckige oder quadratisehe Itolzrahmen eingespannt. Denn die 8pinnen bauen kaum je ein Netz in einen l~ahmen, den man ihnen zur Verftigung stellt. Eine Ausnahme machen allerdings junge his etwa halbwiichsige Exemplare yon Aranea diadema und ebenso alle Stadien yon Zilla litterata.

Wenn man Netze junger Kreuzspinnen in einen Rahmen spannt, benutzt ihn das Tier fast stets am n/~chsten Tage ffir das neue Netz, und so bleibt es oft 1/~ngere Zeit. Zilla litterata tibertr/~gt man zweckm~gig vorsichtig mit ihrem Sehlupfwinkel, etwa einem ver- sponnenen Blatt, and befestigt ihn in einer Ecke des Rahmens. /f Kiinftig baut das Tier dann seine Netze yon jenem Schlupfwinket aus in den Rahmen ein.

Zur photographischen Auf- nahme wurde das Netz vor /e einen groften, innen geschw~rzten ](asten (0,75 X 0,75 x 0,75 m) ge- stellt, wie ihn/~hnlich schon Cox- /f STOCK gebraucht hat. Derselbe war auch auf der Vorderseite bis

Abb. 1. Abb. 2,

Abb. 1. =~nordnung' zu r pho tog raph i sehen A u f n a h m e des SI)innennetzes. Ans ieh t yon obem Schema. D Dunke lkas t en , N Netz , in R a h m e n e ingespann t , Le L e i c a - I ( a m e r a a m S t a t i v St

a n d m i t Einstel lger/~t Beooy B, L a L a m p e n . Abb. 2. I n s t r u m e n t z m n Messen des Neignngswinkels der Netzebene . E r k l a r u n g i m Text .

auf eine quadratische 0ffnung (0,48 m) gesehlossen, so daft yon den beiden seitlich aufgestellten 500 W-Lamloen kaum Licht einfallen konnte. Abb. 1 zeigt die ganze Anordnung in der Ansicht yon oben.

Als I(_amera wurde die ,,Leica" mit dem 0bjekt iv , ,Elmar" benutzt, in Ver- bindung mit den Vorsatzlinsen Nr. 2 and 3 und dem Einstellger/% ,,Beooy". ]:)as Einstellger/it ,,Belun" erm6glicht die Aufnahme der Spinnen in natfirlieher GrS/]e. Die Vorsatzlinse l~r. 2 reicht gerade zur Aufnahme des Netzes einer adulten Iireuz- spinne. Eine besondere Prfifung ergab, dab die sph/~rischen Abweichungen bei allen Linsenkombinationen so gering sind, daft sic vernachl/~ssigt und die Positive ohne weiteres zum Ausmessen der Netze benutzt werden kSnnen. Als Negativ- material diente der ,,Fliegerfilm '° yon Perutz, ein sehr feinkSrniger Film, der

41"

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kontrastreieh arbeitet. Die Negative wurden auf das Format 9 × 12 und 13 × 18 cm vergrSl~ert. Zur Reproduktion wurden die Linien wo nOtig nachgezogen.

Da es im Luufe der Untersuchung nStig wurde, die Neigungswinkel der Netz- ebene gegen die Yertikale zu messen, habe ich ein Instrument konstruiert, mit dem man derartige Messungen bequem und genau ausfiihren kann (s. Abb. 2). Auf einem Messingblock B ist eine Platte P angesetzt, die die Libelle Li und das Messing- stiick Me I tr~gt. Da der t~lock ein Kugelgelenk enth~lt, mit dem federnden Wider- lager bei F, kann die Platte durch Drehen der Stellschrauben S 1 und S 2 in voll- kommen horizontale L~ge gebraeht werden. In das Messingstiick Ms 1 paint genau ein zweites, l~ngeres M%, das mit der Sehraube S 3 festgestellt wird. An ihm ist die Kreisseheibe Seh 1 befestigt, die an ihrem Rande in Grade eingeteilt ist (Teilung nicht eingezeichnet). Eine kleinere Seheibe Seh 2 ist gegen die erste drehbar. Sie tr~gt eine 40 cm lange Eisenleiste Le und einen Zeiger Ze, der ihre Neigung gegen die Yertikale bei horizontaler Einstellung der Grundplatte genau anzeigt. Mittels der Schraube S 4 l~Bt sieh der drebbare Teil feststellen. Dreht man die Schraube ganz heraus, so kann man die Leiste Le abnehmen, denn sie ist nur lose in die Zapfen Za 1 und Z% eingelassen. Diese MOglichkeit ist ffir einen bequemen Transport wichtig. An der Leiste Le befinden sich zwei Sti~be St, die mittels der Klemmen K befestigt und versehoben werden kOnnen. Sie tragen je eine Hiilse H, dis sieh an ihnen verschieben und mittels Markierungen Ma, yon denen eine zu sehen ist, auf gleiche Distanzen einstellen lassen. Zum Gebrauch wird das Ger~t auf ein Photostativ gesehraubt. Die St~be bringt man in eine der GrSl~e des Netzes ent- sprechende Entfernung voneinander. Dureh Yerschieben des Stativs, Drehen der Leiste und ¥erschieben der ttiilse wird das Instrument so eingestellt, dal3 die Enden der Hiilsen die ~Ietzebene beriihren. Bei horizontaler Anordnung der Grundplatte gibt der Zeiger den Neigungswinkel auf sehatzungsweise ~ 1 ° genau an. - - Zur ErhShung der Handlichkeit des Oeriits wfirde es sieh vielleicht empfehlen, das Messingstfick Me 1 als Sehlitten einzuriehten, derart, dal~ es sich in der Riehtung der Pfeile versehieben l~l~t.

Die Form der Netzflitche. Die Netzfl~tche gliedert sich in die Warte , die ,,freie Zone" und den

Fangbereich (Abb. 3). Der auBerha]b des Fangsbereiehs ]iegende Teil wird hier n icht berticksichtigt; wenn yon der Netzfl£ehe die Rede ist, ist stets nu r der vom ~ul3ersten Umgang der Spirale des Klebfadens umgrenzte Bereich gemeint. Erw~Lhnt sei noeh, dal3 die Bezeichnung freie Zone andeute t , dab hier nu r radia]e, aber keine konzentr ischen F~den verlaufen.

Naeh WIE~ILE ha t die Fl~Lehe des Kreuzspinnennetzes ,,kreisfOrmigen Gesamtcharakter" . Die genaue Unte r suchung zahlreicher Netze lehrt jedoeh, dab sie keineswegs eine Kreisfl~ehe darstellt , sondern in der Ver t ikal r ichtung zur Gestal t einer Ellipse ausgezogen ist.

Dividieren wir die groBe Aehse dieser Ellipse du tch ihre kleine Aehse, so erhal ten wir einen Quotienten, der t i n Malt fiir die Abweiehung yon der Kreisgestal t bietet. Ich nenne ihn den Achsenquot ienten . Ich babe ihn an insgesamt 74 Netzen der etwa halbwfiehsigen Spinne Nr. 204 und der Spinne Nr. 203 in versehiedenen aufeinanderfolgenden H~u- tungss tad ien berechnet. E r betr~gt im Mittel 1,24, sehwankt aber nach den einzelnen Netzen recht betr~chtlich.

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Gemessen wurde also die Ausdehnung der Netzfl/iche l~ings der Sehnittlinie der Netzebene mi~ jener vertikalen Ebene, die man sich durch die Nabe gelegt denken kann; das ist die groBe Achse. Als kleine Achse wurde die Schnittlinie mit der durch die Nabe gehenden horizontalen Ebene genommen. Beziiglich der Messung der Spinnengr6ge sei auf S. 626 verwiesen.

Die Messungen sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Dort findet man aueh die minimalen und m~ximalen Werte der Quotienten der Netze einer jeden Gruppe. Die Gruppen umfassen die Netze ein und desselben Gr6- l]enstadiums der Spinnen.

Es fragt sieh, worauf die Schwankungen der Ach- senquotienten beruhen. Zum Teil i s t die Netzform ohne Zweifel yon den Raumver- h/~itnissen abh/~ngig, denen sich die Spinne beim Netz- bau anpassen mul3. So hatte

das Ne tz von Spinne l ~ r . Abb. 3. Ne tz einer fas t adu l t en Kreuzspinne. Photo . 204 mit dem Achsenquo- w War t e , F r Freie Zone, F Fangbereieh. Die eingc-

ze iehneten Linien z u s a m m e n bezeichnen d~e grol~e tienten ll ,1 naeh unten Aehse der Netzflhehe. nicht gen[igend Ausdeh- nungsm6glichkeit, und entsprechend l~iBt sich an vielen anderen Netzen eine starke Abweichung yore Mit~elwert ohne weiteres erkl~iren.

In vereinzeltenF/~llen legt die Spinne den Fangbereich gr6Ber an, als es derGr613e des Rahmens entspricht, so dag Nr.

der Netze entstehen, wie Abb. 4 spinne eins zeigt. Die Achsenquo- tienten die sich dann natiir- 204 lieh nieht mehr auf eine regel- 203

203 m~l~ige Ellipse beziehen, ~n- 203 dern sich selbstverst~ndlich 203 in solchen F~llen.

Tabetle 1. Aehsenquotienten einer Anzahl Kreuzspinnennetze.

L~tnge tier

Spinne in nlnl

11,7 14,9 i9,3 23,1 31,7

Mini- t a m e r

Achsen- quo t ien t

1,11 1,16 0,95 1,09 1,08

Mitt- M~xi- lerer mMer

Achsen- Achsen- quo t i en t quo t ien t

1,29 1,53 1,21 1,23 1,21 1,38 1,23 ],31 1,24 1,39

Anzahl der

Netze

7 5

25 20 17

DaB aber auch bei vollkommen konstant bleibenden Raumverh/ilt- nissen die Achsenquotienten variieren, zeigen Beobachtungen an Spinnen,

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618 Hans Peters :

die in ein and demselben Holzrahmen mehrere Netze bauten. Die Netze, die Spinne Nr. 203 (ira GrSl~enstadium 14,9 mm) vom 16.1. bis 21 .1 .36 in einen Rahmen von 423 × 473 ram Innenweite gebaut hat, bat ten

Abb. 4. Ne tz e iner halbwiichsigen Kre uz s p inne (Nr. 203). Der F~ngbere ich is t gr51~er an- ge legt als es der GrSl]e des R a h m e n s en t sp r i ch t , so d ~ der regelm~t~ige Umri/3 des Fang-

bereichs an der l inken Seite ges tSr t ist . Photo .

zwar einen ziemlich konstanten Achsenquotienten, namlich 1,22, 1,16, 1,21, 1,23 und 1,23. Aber die beiden im iibrigen sehr rege]m~Bigen 5~etze yon Spinne Nr. 204 (GrSl~enstadium 11,7 ram) am 2.3. und 4.3. im gleichen Rahmen 180 × 320 mm zeigten die Quotienten 1,36 und 1,53. Ferner hat ten die Netze v0n Spinne Nr. 203 in einem Rahmen

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470 × 420 m m die Quot ien ten 1,19, 1,28 und 1,22 (Gr6Benstadium

19,3 ram) und in einem R a h m e n 480 × 480 m m die Quot ien ten 1,31,

1,19, 1,36, 1,28 und 1,29 (Gr6Benstadium 23,1).

Die Abh~ingigkeit der Netz/orm yon der Neigung der Netzebene.

Ich habe schon in meiner Arbei t yon 1933 darauf hingewiesen, dal~ die Ebene des Kreuzspinnen-Netzes gegen die Ver t ika le geneig~ ist.

Genaue Messungen konnte ich jedoch noch nieht mit tei len. Inzwischen

habe ich die Neigungswinkel yon 25 Netzen der Spinne Nr. 203 ge- messen 1.

Tabelle 2. Ne igung der N e t z e b e n e und F o r m der Ne tz f l~che .

2~

~z

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18

425.475 mm derselbe

255.255 mm frei

255. 253 mm derselbe

375.425 mm derselbe

425. 475 mm derselbe

31.7. 4.8.

14. 8. 15. 8. 3.8. 4.8. 5.8. 8.8.

10. 8. 11.8. 13.8. 14. 8.

l~S. 13. 8. 14. 8. 15. 8. 16.8.

Ausdehnung des Fangbcreichs

116 100 216 85 82 167 143 126 269 95 ]05 200 104 104 208 96 97 193 109 97 206 82 81 163 113 118 231 74 81 155 97 104 201 74 76 150 85 76 161 71 76 147 67 90 157 80 85 165 88 121 209 73 85 158 72 69 141 59 69 128

124 155 279 114 119 233 128 146 274 100 115 215 193 152 345 127 134 261 177 169 346 138 135 273 185 160 345 135 ]34 269 155 149 304 136 130 266 178 162 340 144 136 280 138 128 266 111 109 220

~ . ~

1,29 3 1,34 2 1,08 ~ 26 1,26 5 1,49" 2 1,34 1 1,10 23 0,954 24 1,32" 1 1,12 26 1,20 9 1,27 ( 24 1,32 13 1,27 17 1,28 16 1,14 20 1,22 21 1,21 29

1 Wenn die Netzfliiche einmal nicht ganz eben war, wurde ihre mittlere Neigung abgeschatzt.

Es ist nicht sieher, dab die Spinne der Netze Nr. 3 und 4 mit derjenigen identiseh ist, die die Netze Nr. 1 und 2 gebaut hat.

3 Dutch die Anordnung der Rahmenf~den war die Ausdehnung des Fang- bereiehs nach den Seiten behindert. Sonst wohl ein etw~s niedrigerer Quotient (vgl. Abb. 4 und Erliiuterung!).

4 Ausdehnung des Fangbereichs nach oben durch einen horizontalen Rahmen- laden behindert. Bei normalem Fadenverlauf Ausdehnung naeh oben sehittzungs- weise 82 ram; Quotient dann 1,04.

5 Verlauf der Klebf~den dureh die Anordnung des Rahmens rechts und links gest6rt. Bei st6rungsfreiem Verlauf sch~tzungsweise start 85 mm 90 mm nnd start 73 mm 81 ram, so dab Quotient 1,22.

6 Ausdehnung des Fangbereichs naeh reehts gest6rt dureh die Lage des Rahmen- fadens. Bei normalem Verlauf rechts sch~tznngsweise 125 mm, so dab Quotient 1,14.

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620 ttans Peters :

Es handelte sich dabei durchweg um Netze, bei denen die Raum- verhgltnisse der Spinne offensichtlich die Befestigung in beliebiger Neigung gestatteten. Der Neigungswinkel 8chwankte zwischen 0 ° und 190 und betrug im Mittel 8,6 °. (Die GrSl]enstadien der Spinne waren 23,1 und 31,7 ram.)

Zwischen den Achsenquotienten und den Neigungswinkeln des Netzes stellt sich eine interessante Beziehung heraus. Mit steigendem Neigungs- winkel werden die Achsenquotienten ~leiner. 24 Netze yon Spinne Nr. 203 (GrS•enstadien 19,3--31,7 ram), mit einem Neigungswinkel yon 0 ° bis 10 ° (im Mittel 3,9 °) hatten einen mittleren Achsenquotienten 1,27; 20 Netze derselben Spinne mit einem Neigungswinkel 11--200 (ira Mittel 12,9 °) dagegen hatten einen Achsenquotienten 1,21. Die Achsen- quotienten der ersten Gruppe schwankten zwisehen 1,39 und 1,13, die der zweiten Gruppe zwischen 1,30 und 1,08. Die grol~en Neigungs- winkel der Netze dieser Gruppe waren zum Tell die Folge einer ent- sprechenden Aufstellung des Holzrahmens.

Eine Anzahl Experimente mit kfinstlicher ErhShung des Neigungs- winkels , zu denen andere Tiere benutzt wurden, sind in Tabelle 2 zu- sammengestellt. Mit Ausnabme der Netze Nr. 4 und 5 wurden sie von den Spinnen in Holzrahmen eingebaut. Die Innenmal~e sind in der Tabelle angegeben; die erste Zahl bedeutet die L~nge der horizontalen Leisten. Durch Schr~gstellen der t~ahmen wurden die Spinnen ver- anlal~t, ihre Netze beim Erneuern in dem betreffenden Neigungswinkel anzulegen. Aus der Tabelle liiflt sich wieder mit Deutlichlceit entnehmen, daft den gr6[3ten Neigungswinkeln die lde~nsten Achsenquotienten zu- geordnet sind.

Zur Technik dieser Yersuche ist noch zu bemerken, dal~ die Rahmen an frei- stehenden hohen Stativen befestigtwurden, so dab die Spinnen in der Nahe keine Gelegenheit zur Verankerung ihrer F~den finden konnten. Namentlich bei stark geneigtem l~ahmen befestigt die Spinne namlich sonst regelm~l]ig ihr Netz an Punkten der Umgebung so, dab die Ebene die gewShnliche geringe ~qeigung erh~lt (vgl. Yerf. 1933, S. 451). Aber auch unter den geschilderten Umst~nden scheint ein ~eigungswinkel yon etwa 30 o der maximale zu sein, der sich fiberhaupt erreichen l~l]t. Ist er grSl~erer, dann wird der l~ahmen verlassen, wozu auch sonst, wie gesagt, eine starke Tendenz besteht, ganz besonders bei ~lteren Tieren.

Vergleichendes. ?Jber die Anordnung der Netzebene im Raum gibt es nur wenige,

mehr gelegentliche und ungef~hre Angaben in der Literatur. So sehreibt BERLAND (1932, S. 217/218): <<La toile est en gSn@ral dans un plan ver- tical (Argiope, Cyclosa, Nemosculus, diverses Aranea). Toutefois chez les Tetragnatha, les Aranea du groupe cornuta, et en g~n@ral ehez les Araign@es fr@quentant les cours d'eau, elle est dans un plan oblique, et parfois re@me presque horizontal. Les toiles d'Uloborus sont aussi le plus souvent sur un plan horizontab>. Genauere ~¢[essungen hat meines

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Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 621

Wissens bisher nurWIEHLE (1931 a, S. 361) angestellt, und zwar an adulten Nephila madagascariensis, die Gelegenheit batten, unter stets gleichen ri~umlichen Bedingungen zu bauen. Er land, dal3 die Neigungswinkel recht konstant sind. ~be r Zusammenh~nge zwischen der Lage der Netzebene im Raum und der Form des Netzes ist jedoch noah nichts bekannt. Ich habe daher zur Erg~nzung der Untersuchungen an der Kreuzspinne noch einige Beobachtungen an adulten oder fast adulten :~eta reticulata gesammelt. Vom Netz dieser Spinne schreibt W I ~ L ~ (1927, S. 512/513, 1931, Tierwelt, S. 121), da6 die Ebene zwischen der waagerechten und der mehr oder weniger vertikalen Lage schwanke, und dab eine schrage Stellung bevorzugt werde. Diese Beobachtung kann ich best/itigen. An 35 Netzen fand ich als Maximum einen Nei- gungswinkel yon 87 °, als Minimum 7 °. Im Mittel betrug der Neigungs- winkel 39,3 °. Von 11 yon diesen Netzen - - es waren solche mit zen- trischer Anordnung der Nabe 1 - - wurden die Achsenquotienten be- rechnet. Wie die Zusammenstellung zeigt, sind sie entsprechend den gr61~eren Neigungswinkeln der Netze bedeutend kleiner als bei der Kreuzspinne.

Neigung der Ebene 7 o 280 30 o 300 340 350 390 400 400 470 570 35,20 Achsenquotienten 1,12 1,07 1,15 0,87 1,16 1,14 1,08 1,36 1,09 1,22 1,02 1,11

Sie betrugen im Mittel 1,11, 80 daft man den Umri./3 des zentrischen Metanetzes als angenfihert kreis/6rmig bezeichnen kann, ganz ¢ihnlich wie den]enigen des Kreuzspinnennetzes bei gro/3em Neigungswinlcel.

Die Lage der Nabe innerhalb der Netzfl/iche. Wenn auch die Nabe des Netzes in der Regel mit dem geometrischen

Mittelpunkt der Netzfliiche zusammenzufallen scheint, beobachtet man doch oft genug eine mehr oder weniger starke Verlagerung derselben nach oben, unten oder seitlich. Messungen an 75 Netzen der Spinne Nr. 204 und 203, welch letztere in 4 aufeinanderfolgenden Hi~utungs- stadien beobachtet wurde, sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Ge- messen wurde die Ausdehnung des Fangbereichs yore Mittelpunkt der Nabe nach oben, nach unten (in der Richtung der Hauptachse), sowie horizontal nach rechts und links. , ,Rechts" und ,,links" bezieht sich auf die in der Warte in Lauerstellung befindliche Spinne. Da die Netz- ebene etwas geneigt ist und die Spinne sieh an der Unterseite des Netzes aufhSJt, hat es einen eindeutigen Sinn, eine auf die Spinne bezogene rechte und linke Netzh£1fte zu unterscheiden. Die gemessenen gleich- sinnigen Strecken wurden addiert und die Summen durch die Anzahl der Netze jeder Gruppe dividiert. Die so erhaltenen Mittelwerte findet man in der Tabelle. Wie man sieht, zeigen die Mittelwerte der obere~

1 Wie sp~ter gezeigt werden soll, baut Meta unter Umst~nden auch exzen~rische ~Netze mit abweichender [Form des Gesamtumrisses.

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622 Hans Peters:

und unteren Strecken der Netzfldiche einerseits und die der linken und rechten andererseits eine gute (]bereinstimmung. Das bedeutet, daft die Abweichungen yon der zentrischen Anordnung zu]~illig sin&

Eine bemerkenswer te Ausnahme maehen nur die Netze yon Spinne Nr. 203 des Gr613enstadiums 31,7 m m mi t den Mi t te lwer ten 147 (oben) a n d 166 (unten) einerseits und 119 (rechts) a n d 129 (links) anderersei ts . Doeh b a t t e n 12 yon diesen Netzen, die an aufe inanderfo lgenden Tagen an ein und derselben Ste]le gebau t wurden, naeh oben n ich t genug Aus- dehnungsmSgliehkei t , und auch die Ausdehnung des Fangbere ichs naeh der reeh ten Seite war behinder t . Offenbar war das die Ursache fiir die exzentr isehe Lage der Nabe in diesen Netzen. Diese A u s n a h m e n s t6ren daher n ieh t das Ergebnis , dab die Nabe des Kreuzsp innennetzes i m IdeMfM1 m i t dem geometr ischen Mi t t e lpunk t des Fangbere iehs zu- sammenf/£llt.

der Spinne

204

203

Tabelle 3. Die Lage der N a b e i n n e r h a l b de r Ne tz f l~ehe .

Ab- L~-~rge Mage der Netze weichungen l"¢Iaximale Minimale Anzahl

~.e I in mm yore Spmne Abweichnng Abwoiehung der (Mittelwerte) in % m mm I / Mittehvert in % in % Netze

11,7 .

14,9 '

19,3

23,1

31,7 II

oben 94 I unten 93 rechts 73 } links 74 oben 150 unten 161 rcchts 129 links 127 oben 126 unten 125 rech+~s 104 links I03 oben 145 unten 145 rechts 118,5 links 117 oben 147 unten 166 rechts 119 links 129

6,7

7,4

6,6

3,0

8,0

6,7

7,85

7,2

i1

9,3

@II --13

@12 --14

+14

+ 2 - - 6

+28 --16

@16 --17

@18 --26

+II --34

+28 - - 5

+20 --21

+1 --11

+ 2

+2 - - 2

÷ 1 - - 1

÷ 2 - - 2

+1 - - 4

+1 - - 1

÷ 4 - - 1

+3 - - 5

25

20

18 (bzw. 17)

I n der Tabel le f inden sieh wei te rh in Angaben fiber den Grad der Exzen t r i z i t~ t Mler vermessenen Netze. Es wurde festgestel l t , wie groB die Differenz zwisehen der oberen und un te ren bzw. der reehten und I inken Ausdehnung des Fangbere iehs ist, ausgedr t iekt in P rozen ten der un te ren bzw. l inken Ers t r eekung . W a r die Er s t r eekung naeh un ten gr61?er a ls naeh oben, so wurde jene Prozen tzah l m i t ~- bezeiehnet, sonst mi t - - , und ebenso gel ten + a n d - - ffir die posi t ive bzw. negat ive Abweiehung der Ausdehnung naeh l inks yon der naeh reehts . Die

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Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 623

Tabelle zeigt als maxinmle Exzentrizitgt eines Netzes naeh unten q- 28 % und als maximMe Abweiehung naeh oben - - 2 6 % , der minimale Weft ist 0%. Die entspreehenden Zahlen fiir die Abweiehung in der Hori- zontalriehtung sind if-20% und - - 3 4 % ftir die Maxima und fiir die Minima @ 1% n n d - - l % .

Addieren wir die Abweiehungen der Netze einer Gruppe unabh~tngig yore Vorzeiehen und dividieren wir die Summe dureh die Anzahl der vermessenen Netze, so erhalten wit die mittleren Abweiehungen. Sie sehwanken fiir die Horizontalriehtung um 6,7% und fiir die Vertikal- riehtung um 8%.

Dic Wartc und die freie Zone.

Die Warte.

Der zentrale Tei[ des Kreuzspinnennetzes (Abb. 5a) gliedert sieh in die unregelm~Bige Masehung der Nabe und in die regelm/£gigen Spiral- windungen der Befestigungszone. Beide sind nieht immer seharf von- einander zu trennen. Nabe und Befestigungszone zusammen bilden die Warte. Sie ist der gewShnliehe Sitzplatz der Spinne und besteht dem- gem~tg und im Gegensatz zum Fangbereieh aus trockenen Fgden.

Die Warte stellt ann/£hernd eine KreisflS~ehe oder eine Ellipse dar, deren Hauptaehsen mit den Hauptaehsen des Fangbereichs zusammen- fallen.

Mit dem Wachstum der Spinne nimmt die GrSfie der Warte relativ zur GrSfle der Spinne stetig ab. Beziiglich der GrSBenmessung der Spinne sei wieder uuf S. 626 verwiesen. Tabelle 4, in der die ~us zahlreiehen Messungen ~n Netzen verschieden grol3er Spinnen bereehneten Mittel- werte der grol~en und der kleinen Achse angegeben sind, gibt die ge- n~uen D~ten. Wir sehen, daft die grofle Achse der Warte in den Netzen einer 8,5 mm langen Spinne im Mittel das 2,3/ache dieser Liinge betriigt, wi~:hrend sie mit dem Wachstum der Tiere bis ~2 mm Liinge au/ das 1,5/ache abnimmt.

207 205 206 203 203 203

Tabelle 4. Messungen an der Warte.

8,5 [ 2.3 I 19,3 18,0 (],97)2,0 35,5 20,7 I (1,96) 2,0 ] 40,6 23,11 1,7 139,1 31,71 1,6 IZO,9 42,21 162,6

;i ~ M a g e d c r ¢~ "~ ~ V a r t c

18,5 32,2 33,4 35.1 4314 47,6

1,04 1,10 1,22 1,11 1,17 1,32

N ~

22 42 46 45 61 71

292 16,21 1 2o0 - - 35 284 370 16,0[ 29 272 356 11,2{ 36 214 362 8,6 ] 52 325

o) SQ

21,9 6 11,1 9 13,7 7 11,8 13 6,8 17 7,7 10

Page 12: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

624 Hans Peters:

Dividieren wir die mittlere grol3e Achse dureh die kleine Aehse, so erkennen wir an der Zunahme des Quotientenwertes yon 1,04 auf 1,32, daft sich die Warte mit dem Wachstum der Spinne immer mehr yon der Kreisgestalt ent/ernt und zu einer Ellipse wird, die sich in der Vertilcal- richtung immer mehr streclct 1.

Die Tabelle enth/ilt auch die jeweils grSl3ten und kleinsten Werte, die an den groBen Achsen der Warren einer Gruppe gemessen werden konnten. Neben den Maxima und Minima dieser Aehsen sind die L£ngen der groBen Achsen der zugeh6rigen Netzflaehen mitgeteilt. Wie man sieht, sind den Maxima der Achsen der Warten stets bedeutend grSl3ere Werte der Achsen der Fangbereiehe zugeordnet als den Minima. Dies bedeutet, da6 die Gr@e der Warte mit der Grb/3e des Netzes zunimmt, eine Regel, die sieh immer wieder best/~tigt, auch auf Grund yon Mes- sungen, die hier nieht wiedergegeben sind.

Die /reie Zone.

Die Warte des Radnetzes ist in der Regel yon einer Zone umgeben, die man als ,,freie Zone" bezeichnet. Der Name deutet an, dab in diesem Bereich des Netzes nur Radialf/iden, aber keine der konzentrischen Kleb- f/~den verlaufen.

I m Netz yon Aranea diadema soll die freie Zone nach WIE~LE (1927, S. 492) ,,kaum in Erscheinung treten", denn die Umg/~nge der Befestigungszone sollen hier ,,bis dicht an dig Fangf~den heran" gehen. Ich kann das jedoch nur ffir die Netze adulter Tiere best£tigen, denn in den Netzen jiingerer und jtingster Spinnen beobachtet man regel- m/iBig eine deutlich ausgebildete freie Zone. Abb. 5 a zeigt den zentralen Teil des Netzes eines adulten diadema-Weibchens, w/~hrend Abb. 5b einen Ausschnitt aus dem Netz eines halbwiichsigen Tieres darstellt. Man erkennt deutlich den Unterschied in der relativen Gr613e der freien Zone. Die Untersuchung zahlreieher Netze lehrt nun, daft die Ausdehnung der /reien Zone yon einer sehr ein/achen Proportion abhiingt, niimlich yon dem Verhiiltnis der Abstiinde der Kleb/iiden im zentralen ~Vetzteil von- einander zu den Abstiinden der Umgiinge der Be/estigungszone von- einander.

Sind diese Abst£nde ann~hernd gleich, so ist die freie Zone schwach (Abb. 5a) oder gar nicht ausgebildet. Je kleiner aber die Abst~inde der Be/estigungsumgiinge im VerMiltnis zu den Abstiinden der Kleb/iiden werden (Abb. 5b), um so grSl3er die freie Zone. Da nun die Befestigungs- umgi~nge in den Netzen junger Spinnen relativ sehr viel geringere Ab- st/~nde haben, als diejenigen in Netzen ~lterer Tiere, versteht es sich, dab in ihnen auch die freie Zone viel deutlicher ausgepr/~gt ist.

x Der ungew6hnlich groBe Quotientenwert 1,22 bei Spinne Nr. 206 diirfte wohl eine zuf/~llige Abweichung sein.

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Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 625

Die Unterschiede in den Abst/inden der Befestigungszone mSehten sich wohl auf die Unterschiede in der Anzahl der Radialf/*den zuriiek-

4 ~

z~

A

A

z~

.~~

Itihren lassen. Geringe AbstSmde der l~adialf/tden - - feine Masehung der Warte; groBe Abst~nde der I~adialf~den - - grobe Masehung der Warte. Doeh sollen diese Zusammenh/~nge erst an sp~terer Stelle ge- nauer untersueht werden. Die aufgedeekte Gesetzm~gigkeit bezieht

Page 14: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

626 Hans Peters :

sieh nicht nur auf die Verh£1tnisse der Kreuzspinnennetze, sondern seheint alle Radnetze zu umfassen. Sie macht z. B. das Fehlen einer freien Zone im Netz yon Nephila madagascariensis, die geringe Aus- bildung derselben im Netz yon Zilla litterata und ihre grofte Ausdehnung in den Netzen yon Meta reticulata, Meta merianae, Aranea undata, Aranea sturmi verst£ndlich 1.

Die Anordnung der Radial~iden. Beziehungen zwischen NetzgrSfle und Anzahl der Radial/iiden.

Die Anzahl der Radialf~den im Radnetz ist bei den versehiedenen Arten verschieden. Sie soll aber nach dem ]etzten Beobachter, WIEnLE (1927, S. 487), bei den Individuen ein und derselben Art innerhalb enger Grenzen konstant sein. Ahnlich Sul3ern sich FABLE (1905, S. 86) und McCook (1889, S. 77). Demgegeniiber hatten, wie WIEtILE mitteilt 2, einige friihere Autoren behauptet, daft die Zahl mit der GrSge des Netzes schwanke. WIEHLE teilt einige Beobachtungen mit, die das zu be- st/~tigen seheinen, obwoh| er selbst eine derartige Folgerung nicht zieht. So sehreibt er (1927, S. 526) yon Uloborus geniculatus und Uloborus walckenaerius, dab diese Spinnen in engen GefS~ften speichen/~rmere Netze bauen als sonst, ,,die man aber als Krfippelnetze ansprechen muft". Oder yon Cyclosa conica schreibt er, daft das Netz etwa 40 Radial- f/tden habe. Aber ,,bei in Gefangenschaft in engeren Glask/~sten ge- pflegten Tieren erzielt man stets nur Speichenzahlcn yon etwa 30" (1927, S. 506).

I m Netz der Kreuzspinne finder WIEgLE eine t~adialfadenzahl yon etwa 30, doch sei sie bei jiingeren Tieren betr~tchtlich gr6fter.

Ich habe die Frage an einem grSBeren Material eingehend gepriift. Eine sachgem~ge Untersuchung verlangt allerdings, daft man die

GrSl~e der Netze auf die K6rpergrSfte der Spinne bezieht. I)azu wurde an Tieren, die sich in der Warte in Lauerstellung befanden, mit dem Zirkel der Abstand der Spitzen des 1. Beinpaares yon denen des 4. Bein- paares gemessen, und zwar in der VerlSmgerung der KSrperl~ngsachse. Abb. 7 mag das erl/iutern (S. 635). Es wurden stets mehrere Stellungen ein und desselben Individuums gemessen und die Mittelwerte aus den nur wenig differierenden Zahlen errechnet. Den Mittelwert bezeichne ich kurz als die ,,L/~nge" der Spinne.

Die in einer Serie yon Messungen an einer Spinne erhaltenen Zahlen waren beispielsweise

22,5 23 23,5 23 24 23 23 mm (Nr. 203, L~nge 23,1). Vor jeder einzelnen Messung wurde das Tier aus der Warte heraus- gelockt und dann wurde abgewartet, bis es zuriickgekehrt war und wieder die Lauerstellung eingenommen hatte.

1 Nach den Photographien bei WI~HLE 1927 und 1931a. 2 Ich selbst habe die betreffenden Literaturstellen nicht gefunden.

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Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 627

Dividiert man die groge Aehse des Netzes durch die Lgnge der Spinne, so erh/~It man einen Quotienten, der ein MaR far die relative Gr6ge des Netzes abgibt 1. Ieh nenne ihn den ,,GrSgenquotienten".

Im ganzen wurden 152 Netze vermessen. Davon kommen 142 auf 8 versehiedene Tiere, unter denen sieh ein bald adultes M~tnnchen befand. Von einer yon diesen Spinnen wurden 5 aufeinanderfolgende H/tu- tungsstadien beobaehtet. Auger im L/~ngenstadium 14,9 mm, in dem nut die letzten 5 Netze vor der tt/~utung beobachtet wurden, im Stadium 31,7 mm, in dem eine Anzahl Netze vor der neuen tI/*utung ausgelassen wurden und im Stadium 42,2 ram, in dem nut die ersten 11 Netze unter- sueht wurden, wurden ann~thernd alle Netze vermessen, die das Tier in der fragliehen Zeit gebaut hat.

Die Lgngen der Tiere betrugen 7,4 mm bis 42,2 ram. ])iese letztere ftir eine Kreuzspinne extreme Lgnge hatte Spinne Nr. 203 naeh Er- reiehen der Gesehleehtsreife.

Die Messungen sind in Tabelle 5 zusammengestellt. Die Netze sind dort in 13 versehiedene Gr6genklassen eingeteilt, je naeh demWert des GrSgenquotienten yon 6,0--8,0 aufwgrts bis 34,1--38,0. Von s/tmt- lichen Netzen einer Gr6genklasse und eines Individuums wurde der Mittelwert der Speiehenzahl und dutch Division yon 360 dureh diese Zahl der Mittelwert der Sektorenwinkel erreehnet. Die maximalen und die minimalen Speiehenzahlen sind ebenfalls in der Tabelle zu finden, und aueh die Anzahl der Netze in den versehiedenen Klassen ist angegeben.

Die Netze wei,sen regelmii[3ig um so mehr Radial/iiden au/, ]e grdfier sie im Verhiiltnis zur Liinge der Spinne sin&

Ein charakteristisches Beispiel dafiir ist Nr. 203, 31,7 ram. Die mittlere Speichenzahl betrug hier in den ersten drei Klassen 27, 29 und 31,1. Wenn aueh eine solehe stetige Zunahme der mittleren Speiehenzahl mit der Zunahme der Klassengr61~e nur noeh bei Nr. 203 14,9 ram, Nr. 204 11,7 mm und Nr. 207 8,5 mm beobaehtet wurde, sind die Unstetig- keiten der anderen Serien so gering, dab sie nieht ins Gewieht fallen. Beispielsweise:

2¢ 24,5 31,4 34 ,7 4 2 , 5 35,7 42 40 (Nr. 200 8,8) oder 23 27 2 9 , 5 32 ,5 3 5 , 3 34,.~ (Nr. 203 19,3) oder 33 35 35 37 (Nr. 202 14,8).

Die Befunde ~ndern noch ihr Ansehen, wenn wir die Speiehenzahlen dureh die Winkelgr6gen der Sektoren ausdrtieken. ])as ist eigentlieh aueh die einzig saehgem£ge Art der Darstellung, denn die Sektorfl/tehen

1 Der :Fangbereich des Netzes ftihrt in der t~egel an vielen Stellen bis dicht an den Rahmen des Netzes heran (vgl. Abb. 3 und 4). Der GrSl3enquotient gibt also, wenn er sieh im strengen Sinn auch nur auf den Fangbereieh bezieht, ein ziemlieh genaues Mal3 aueh fiir die Gr6Be der vom Rahmen umsehlossenen Gesamt- fl~che.

Page 16: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

628 Hans Peters :

T~belle 5. N e t z g r 6 B e u n d S

5ii, nge der Spinne

G r 6 B e n k l a s s e der Netze

6 ,0 - - 8 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1--18 18,1--20 2 0 , 1 - 2 2 2 2 , 1 - 2 4 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

Nr. 208 I

11,25

8,8

8,0 9,0

~ e i c h e n z a h l .

7 ,4 m i l l

m

Nr. 207

31

43 42,7 5O

11,6

8,4 8,4 7,2

:~ ~ ~ o

36 47

8 , 5 i n i n

6

1

T~belle 5 (~ortsetzung).

,~nge der Spinne

G r 6 B e n k l ~ s s e der Netze

6 ,0 - - 8 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1--18 18,1--20 20,1--22 22,1--24 2 4 , 1 - 2 6 26,1--28 28,1--34 34,1--38

1'¢r. 200

22 29 31 41 34 42 38

24 27 24,5 33 31,4 39 34,7 44 42,5 38 35,7 42 42,0 42 40,0

8 , 8 I11I-/1

m ~

!

Nr. 20~ 11,7 mm

29 34

34 35

32,5

34,5

39 41

l l , : 4

10,~ 2

9,~ 1 8; 1

8

Page 17: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea di~dema).

Tabelle 5 (Fortsetzung).

629

5~inge der Spinne

der Netze ~.~

8,1--10 10,1--12 33 12,1--14 34 14,1--16 16,1_--18 18,1---20 20,1--22 22,1--24 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

Nr. 202

33 33,0 36 35,0

35 37

Tabelle 5 (Fortsetzung).

L~nge de r S p i n n e

Gr61~enklasse der N e t z e

6,0-- 8 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1~18 18,1--20 ~ 20,1--22 22,1--24 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

i Gr6Benquolbient dieses l~etzes.

z. £. ~¢Iorphol. u. Okol. d. Tiere. Bd. 32.

18,0 mm

9,5

8,6 8,9 9,2 8,0

Nr . 203

I 29,5 I 32,5 [ 35,3 134,5

19,3 mm

'~'~ i '~'~ . ~ I : ~

26 31 25 36 30 37 33 38 34 35

15,7 13,3 12,2 ll,1 10,2 10,4

~z

1

3 4 8 7 2

25

42

Page 18: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Gr6Benklassc der 1Xetze

tt~ns Peters:

Tabelle 5 (Fortsetzung).

5~nge der Spinne

630

6,0-- 8 . . 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1--18 18,1--20 20,1--22 22,1--24 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

203

~

30 34 37

26 29,1 31,8 35,0 35

23,1 m m

13,8 12,0 11,3 10,3 10,3

1 10 4 3 1

19

Tabelle 5 (Fortsetzung).

Lhnge der Spinne Nr. 203 31,7 m m 10 Tierc 26--35 m m

GrS~enklasse der Netze

6,0-- 8 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1--18 18,1--20 20,1--22 22,1--24 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

2O 25 3O

) ) [

• Z~ ~® ~ ~.~ . . . .

4 5 22 9

" ~ 21

18 20,0 25,2 14,3 31 11,6 27,5 13,1 32 11,3

34 10,6

1 4 1 2 1

1

i0

Page 19: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 631

sind j~ offenbar das der Spinne ph/inomenal Ge- gebene und nicht irgend- welehe Zahlen.

Reehnen wir also j ene Speiehenzahlen yon Nr. 203 31,7 mm in Winkel um, so erkennen wir in der I~eihe 13,3 °, 12,4 °, 11,6 °, wie gering die Untersehiede sind,diehierinErseheinung treten. DieGrSgender Sek- torenwinkel dieser Reihe sehwankten zwisehen 18,0 bis 13,3 °, 14,4--11,20 und 12,0--10,9 °. Betr/~ehtliehe S ehwankungen in denSpei- ehenzahlen bedeuten ffir die Spinne also nur sehr geringe Differenzerl in den Sektorenwinkeln.

Tabelle 5 (Fortsetzung).

Lhnge der Spinnc Nr. 203 42,2 mm

G r 6 B e n k l a s s c d e r N e t z c

6,0-- 8 8,1--10

10,1--12 12,1--14 14,1--16 16,1--18 18,1--20 20,1--22 22,1--24 24,1--26 26,1--28 28,1--34 34,1--38

21 23

31 23,7 26 2¢,8

15,2 7 14,5 4

11

Es ist verstgndlich, dab die Sicherheit der Unterscheidungen mit der Abnahme der WinkelgrS~e geringer wird. So lehrt denn auch die Tabelle, dab die Unstetigkeiten, yon denen eben die Rede war, yon einem mittleren Sektorenwinkel yon etwa 10 ° an abw/irts auftreten. Und es ist bezeichnend, dab sie im Bereich grSBerer Winkel iiberhaupt nicht festgestellt wurden, wenn wir yon der geringffigigen Ausnahme in der zweitletzten Rubrik der Tabelle absehen.

Wie sehon die frfiheren Messungen - - fiber die Form der Netzfli~che, die Abh~ngigkeit der Netzform yon der Neigung der Netzebene, die Lage der Nabe, die Warte und die freie Zone - - , so weisen auch diese neuen Untersuchungen auf augerordentlich feine Unterscheidungen der Spinne im Gebiet des Taktilen, den Begriff im weitesten Sinn gefaBt. Doch sollen diese Dinge hier zuni~chst nicht weiter verfolgt werden und einer sp~teren Studie vorbehMten bleiben.

Kehren wir noch einmM zum Studium der Tabelle zurfick! Sie zeigt Ms eine neue ReBel, daB die Spinnen um so kleinere Netze bauen, ]e gr6/3er sie selbst sin& So etwa hatten 13 der 25 Netze der kleinen Spinne Nr. 200 (Stadium 8,8 mm) einen GrSBenquotienten 16--20, wi~hrend 15 der 24 Netze der grSBeren Spinne Nr. 203 (Stadium 12--16) einen Quo- tienten yon nur 12--16 aufwiesen. Dieselbe Spinne baute, nachdem sie die L/~ngen 23,1 mm, 31,7 mm und 42,2 mm erreicht hatte, relativ noch kleinere Netze, so dab die letzten 11 vermessenen Netze dieser Spinne den Klassen 6--10 zugeh6rten.

42*

Page 20: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

632 Hans Peters :

Die aufgedeckten Beziehungen werfen Licht auf die bekannte, yon WIEI~LE mit vielen Beispielen belegte Tatsache, daft die Netze juve- niler l~adnetzspinnen wohl allgemein mehr Radialf~den aufweisen als die adulter Tiere der gleiehen Art. WIEI~LE gibt das z. B. ffir Nephila madagascariensis und Aranea cucurbitina an. In Anlehnung an die Befunde bei der Kreuzspinne darf man wohl aueh in diesen F~tllen an- nehmen, daft der Radienreichtum der Netze juveniler Tiere zum Tail auf der relativ grSl~eren Ausdehnung ihrer Netze beruht.

Ich saga: zum Toil. Denn wenn wir die Beziehungen genauer prfifen, dann fgllt uns auf, daft die Speichenzahl mit dem Waehstum der Spinnen nicht so stark abnimmt, wie es der relativen Verkleinerung der Netze ent- sprechen wi~rde. Ein 2qetz der 8,8 mm langen Spinne Nr. 200 der Klassen 16--20 hat z. B. annahernd 33 Radialf/~den. Die gleiche Zahl findet sich aber in den relativ vim kleineren Netzen der Klassen 12--16 der 19,3 mm langen Spinne lqr. 203.

Die Gr613e der Warte und die GrS]3e des Netzes. In der Tabelle 4 waren auch die GrSftenquotienten derjenigen Netze

einer l~eihe eingetragen, in denen die gr5I~ten und die kleinsten Werte f fir die Hauptachsen der Warte gefunden wurden. Es zeig~ sich wieder, daft die NetzgrSi3e mit dem Wachstum der Spinne abnimmt. An frfiherer Ste]le war aueh schon darauf hingewiesen worden, dab die GrSl~e der Warte im Verh~ltnis zur L~Lnge der Spinne ebenfalls abnimmt. Es bleibt nun noch fibrig, darauf aufmerksam zu machen, da6 dagegen die GrSfle der Warte im Verhiiltnis zur Gr6[3e der Netz/liiehe mit dem Wachs- turn des Tieres bedeutend zunimmt. Die gr5I~te in einem Netz der Spinne Nr. 207 (Stadium 8,5 ram) fiberhaupt gefundene Hauptachse der Warte betrug mit 22 mm dan 11,5. Tell der 255 mm langen Hauptachse des Netzes; die kleinste betrug den 12,4. Tail der groI~en Achse ihres Netzes. Dagegen betrug die grSi3te in einem Netz yon Spinne 203 (Stadium 42,2 ram) gemessene Warte-Hauptachse blol~ den 5,1. Tell und die kleinste den 6,3. Toil der jeweiligen Netz-Hauptachse.

Die Verteilung der Radial/iiden in der Netz]liiche. Geben die vorhergehenden Untersuchungen AufschluI~ fiber die Be-

ziehungen zwischen NetzgrSBe und Speichenzahl, so wollen wir uns nunmehr mit der Anordnung der Radialf£den innerhalb der Netzfl~che besch~ftigen. Darfiber liegen in der Literatur noch keine n~heren An- gaben vor. Auf diese und jene Bemerkung werde ich sp~tter noch zu sprechen kommen.

Zun~chst interessiert es, dab die l~adialf~den im unteren Teil des diadema-Netzes bedeutend dichter stehen a]s im oberen (vgl. Abb. 3). Als Grenzlinie zwischen oberem und unterem Netzteil gilt die Schnitt- linie der Netzebene mit der horizontalen Ebene, die man sich durch

Page 21: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am :Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 633

die N a b e des Netzes gelegt denken kann. Es erg ib t sich die l~egel, dab die Selctorenwinlcel von oben nach unten lcleiner werden. Tabel le 6 g ib t die Verh~ltnisse yon 12 bel iebigen Ne tzen dreier Tiere wieder.

Tabelle 6. A b n a h m e der GrSBe der S e k t o r e n w i n k e l in de r N e t z e b e n e yon oben nach un t en .

1 2

14,4 14.3 12,3 15,8 12,3 13,0 9,8 9,7 9,8 9.8 9,4 8,7 8,7

diad. Nr. 203

3

11,0 11,1 9,5

10,3 6,9 6,4 6,5

diad. Nr. 201

4

12,8 l l ,4 10,5 8,1 8,4

5

14,7 12,5 10,9 9,3 7,6 7,0

6

12,5 13,1 15,3 11,4 8,8

7

17,4 15,2 13,5 10,1

I 8 9 [ 10

13,1 11,6 21,6 10,4 11,0 16,0 11,5 14,5 11,4 9,7 813 !0,3 7,3 8,6 8,7 7,6

diad. Nr. 200

11

18,6 19,7 16,3 13,3

12

13,5 10,1 10,0 9,7

10,1

An Photographien dieser ~Netze wurde zun~chst der gememsame Winkel der drei obersten Sektoren gemessen und durch Division mit 3 ihr mittlerer Sektoren- winkel berechnet. Dann wurden die drei rechts (oder links) anschlieBenden Sektoren gemessen und wiederum der mittlere Sektorenwinkel festgestellt und so fort, bis die unterste Sektorengruppe des ganzen Netzes erreieht war 1. In der Tabelle finden sich die Sektorenwinkel. Wie man sieht, nehmen sie yon oben naeh unten stetig ~b. t t in und wieder linden sich Unstetigkeiten, z.B. Netz 9:11,0 °, 14,5 °, 8,3 °. Ferner f~llt auf, dab die Winkel bisweilen fiber groBe Flgchen annghernd konstant bleiben, z. B. Netz :Nr. 1 : 9,8 °, 9,8 °, 9,4 °.

Oer Bauplan des Kiirpers und der Bauplan des Netzes.

Be t r ach t en wir die Kreuzsp inne in der W a r t e ihres Netzes in Lauer- stellung, so fal len uns gewisse Ubere ins t immungen in der Ges ta l t des Tieres und in der Ges ta l t des )~etzes auf (Abb. 6).

Denken wir uns die Spi tzen der Beine durch eine K u r v e verbunden , so e rha l ten wir eine Ell ipse, deren groBe Achse mi t der groBen Achse des Netzes zusammenf£11t. Der M i t t e l p u n k t der L~ngsachse des KSr- pets , gemessen yore Vorde r rand des P rosoma bis zum H i n t e r r a n d des Opis thosoma, seheint angen~her t m i t dem geometr ischen Mi t t e lpunk t jener El l ipse zusammenzufal len . Die zent ra le Lage des KSrpermi t t e l - punk tes und die Anordnung der Tarsensp i tzen auf einer El l ipse s ind Eigent i iml ichkei ten , die an die zent ra le Lage der W a r t e und den Ell ipsen- umriB des Fangbere iches er innern. W a s die Anordnung der Beine an- geht , so s tehen sie nach un ten h in bedeu tend d ich te r als nach oben hin, d. h. der Winkel , den das 1. und das 2. Bein jedersei ts einschlieBen, is t bedeu tend kleiner als der zwischen dem 3. und 4. Bein. Das en t sp r ich t wiederum der Anordnung der l~adialf~den, die nach un ten hin bedeu tend d ichter s tehen als nach oben, und zwar - - wenn der Augenschein n ich t t r i ig t - - in e inem dem Verh~l tnis der Beinwinkel gleichen Verh~tltnis.

1 Es wurden also die Winkel nur einer Netzhi~lfte gemessen.

Page 22: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

634 Hans Peters :

Zentrizitiit und Exzentrizitiit .

Aranea diadema.

W e n n es sich bei den gen~nnten Entsprechungen nicht um Zuf£11ig- kei ten h~ndelt , so kSnnte m~n eine genaue z~hlenna~tftige ~bere in -

s t immung zwischen den Propor- t ionen des Netzes und denen des K6rpers erw~rten.

Da es nieht mSglich ist, die frag- lichen Mal~e yon lebendenTieren exakt abzunehmen, wurde eine Anzahl Spin- nen in Lauerstellung in der Warte ihres Netzes photographiert (mit der ,,Leica" unter Benutzung des l : l - Ger~tes). Sie wurden in natiirlieher GrSBe yon der Dorsal- oder Ventral- seite aufgenommen, und zwar unter paralleler Anordnung yon Netzfl£che und Filmebene. Von ein und dem- selben Tier wurde eine Anzahl ver- schiedener Aufnahmen gemacht. Vor einer jeden neuen Aufnahme wurde das Tier mit einer schwingenden Pin- zette (s.¥erf. 1931 ~, S. 720) aus der Warte herausgelockt, und dann wurde gewartet, bis es wiederum in L~uer- stellung zuriiekgekehrt war. Die Ne- gative wurden stark vergrSBert, meist 8f~eh, und konnten dann zu sehr genauen Messungen benutzt werden. Zur Messung der Gage des K6rper-

Abb. 6. K r c u z s p i n n e , a d u l t e s Weibehen , in do t zentrums wurden die oberen und Warto seines Netzes in L~nerstellung. Photo. unteren Sehnittpunkte der verl£nger-

ten K6rperl~ngsachse mit den Yerbin- dungslinien der Spitzen der 4. bzw. 1. Beine aufgesucht (s. Abb. 7). :Die Ent- fernung des Mittelpunktes der K6rperachse veto unteren Sehnittpunkt wurde dureh die Entfernung des Mittelpunktes vom oberen Schnittpunkt dividiert. Auf diese Weise erh~lt m~n ein M~B ftir die L~ge des K6rpermittelpunktes innerhMb des ganzen Systems.

Tabelle 7. Die L~ge d e s : M i t t e t p u n k t e s der KSrpe r lgngsachse .

Wenige Millimeter lang . . . . . . :4. diadema ha lbwiichsig . . . . . . Adulte oder bald adulte Weibchen.

o ~ j

0,99 1,21 1,27

0,98 1,04 ],14

1,00 1,44 1,42

1 oder 2 4 3

2 45

7

1 Z. vergl. Physiol. 15.

Page 23: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 635

Die Lage des Mittelpunktes der KSrperl/ingsachse wurde aus 54 photo- graphierten Lauerstellungen yon 8 (oder 9 ?) verschiedenen Spinnen errechnet. Die Messungen sind in Tabelle 7 zusammengestellt. Sie zeigt, dab die meisten Messungen an halbwtichsigen Tieren ausgeffihrt wurden. Es ergibt sich ein mittlerer Quotient yon ann~hernd 1,2. Die maximalen und minimalen Werte sind aus der Tabelle zu ent- nehmen.

Die Messungen besagen also, dab die Entfernung des Mittelpunktes der KSr- perlangsachse yon den Spitzen des 1. Beinpaares sich zur Entfernung yon den Spitzen des 4. Bein- paares verh~t]t wie 120 : 100. Anders ausgedrfickt: der Kb'rpermittelpunkt ]~llt nicht genau mit dem geo- metrischen Mittelpunkt der yon den Tarsenspitzen be- schriebenen Ellipse zu- sammen, sondern ist gegen denselben etwas nach dem Hinterende des K6rpers verschoben. Unsere auf das bloBe Absch/~tzen gegrfin- dete Annahme, der KSr- permittelpunkt liege zen- trisch in der yon den

T a r s e n s p i t z e n u m g r e n z t e n A b b . 7. K r e u z s p i l m e (Nr. 203), i n de r W a r t e ihres Figur - - s o wie die Nabe Netzes in L a u e r s t e l l u n g . Die g e s t r i c h e l t e Linie be- im Mittelpunkt der Netz- ze ichne t d e n A b s t a n d de r Sp i t zen des e r s t en Bein-

p a a r e s y o n denen des v i e r t en . ~1I ~ I i t t e l p u n k t der fl~che liegt - - trifft also K6rpcrl~ngsachse.WeitcreErklSrungenimText.Photo.

nur ungef/~hr zu. Das Ergebnis soll dutch Messungen an anderen Spinnen mit anderen

Proportionen erg/~nzt werden. Dehnen wir unsere Untersuchungen auf Netze mit stark exzentrischer Nabe aus, so werden wir zu prfifen haben, ob sich solehe Netze bei Spinnen linden, deren K6rpermittelpunkt eben- falls stark exzentrisch innerhalb der yon den Beinspitzen bezeichneten Figur liegt. Und dann fragt es sich, ob bier quantitative Uberein- stimmungen nachweisbar sind.

Aranea undata. Bleiben wir zungehst in der Gattung Aranea, so baut Aranea undata ein Netz, dessen Nabe stark nach oben verschoben

Page 24: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

636 Hans Peters:

ist. Das widerspricht der Angabe yon WIEHL~ (1927), der es als kon- zentrisch bezeichnet, aber keine Messungen mitteilt. Nach Messungen an 15 Netzen mit nur wenig gegen die Vertikale geneigter Ebene adulter oder bald adulter Tiere verhalten sich die Entfernung der Nabe yore unteren Rand des Fangbereiehs - - in der Vertikallinie gemessen - - yon der Entfernung vom oberen Rand im Mittel wie 1,48. Die einzelnen Quotienten sind diese

0,97 1,00 1,19 1,35 1,44 1,50 1,50 1,60 1,62 1,66 1,75 1,80 1,84 1,92 2,25.

An 9 Tieren dieser Netze wurde aueh die Entfernung des Mittel- punktes der K6rperlgngsachse yon den Spitzen des 1. Beinpaares und denen des 4. Beinpaares gemessen, ganz entspreehend den Messungen an der Kreuzspinne, jedoeh nieht an Photographien, sondern aus freier Hand an Tieren, die naehts in der Warte in Lauerstellung waren 1. Die gefundenen Quotienten waren

1,31 1 , 5 0 1 , 5 0 1 , 5 0 1 ,60 1 ,62 1 ,65 1 ,70 1,71.

Der Mittelwert 1,56 kommt sehr nahe an den mittleren Quotienten des Netzes 1,48 heran.

Ira Gegensatz zu iilteren Tieren zeigen sehr lunge Entwicklungsstadien mit einer Kdrperldnge (Prosoma @ Opisthosoma) yon etwa 1,5 mm zen- trische Anordnung des K6rpermittelpunktes. Ich setze dabei voraus, dab die ?¢Iessungen mit dem Zirkel am lebenden Tier in diesen geringen Dimensionen zuverl/issig genug sind (vgl. daher aueh S. 638). Dem entspricht wieder die zentrische Anordnung der Nabe in Netzen solcher ]ungen Tiere. Der aus Messungen an 12 Netzen yon 12 versehiedenen Spinnen errechnete mittlere Quotient ist mit 0,99 angen£hert = 1. Die Netzquotienten waren

0,77 0,80 0,89 0,97 1,00 1,02 1,05 1,06 1,07 1,10 1,14 1,23.

Zilla litterata.

Ist das Zahlenmaterial bei Aranea undata leider noch sehr gering und zum Tell aueh auf wenig exakte Art gewonnen, so sind die Messungen an Zilla litterata wieder zahlreicher und exakter. Das Zilla-Netz ist in diesem Zusammenhang deshalb besonders interessant, weil es noeh mehr exzentriseh ist als das Netz yon Aranea undata.

Messungen an 25 Netzen zahlreicher adulter oder bald adulter Tiere ergaben folgende Quotienten:

1,33 1,48 1,50 1,62 1,64 1,66 1,71 1,76 1,82 1,90 1,91 1,94 1,95 2,00 2,05 2,09 2,21 2,22 2,24 2,24 2,46 2,65 2,70 2,77 3,00.

Der mittlere Quotient ist 2,08. 5 adulte oder bald adulte Spinnen dieser Netze wurden in 9 Lauer-

stellungen an Hand yon Photographien vermessen. Der Quotient betrug

1 Denn tagstiber halten sich die Spinnen in ihrem Schlupfwinkel auf.

Page 25: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 637

im Mi t t e l 1,95, stimmt also wiederum angengihert mit dem Quotienten des =Vetzes 2,08 i~berein (vgl. Abb . 12 !). Die v e r s c h i e d e n e n Q u o t i e n t e n w a r e n

1,69 1,81 1,89 1,91 1,95 1,97 1,98 2,03 2,24 Zur Ausffihrung dieser ~[essungen folgendes: Die Exzentrizit~tt der Nabe wurde

an ~etzen gemessen, deren Schlupfwinkel in der Netzebene lag, und deren Ebene

Abb. 8. Zilla l~tterata, Netz. Rechts oben tier SchlupfwinkeL ~I Mittelpunkt der Symmetrie- linie. Vertikal auf der Symmetrielinie ist die Linie der gr52ten Breite eingezeichnet.

ann~hernd vertikal stand (Abb. 8). Solche Netze zeigen einen freien Sektor, durch den der sog. Signalfaden yore Schlupfwinkel zur Warte l~uft. Denken wir uns den Signalfaden fiber den ganzen Fangbereich verl~ngert, so teilt er ihn in zwei spiegel- bildlich ann~hernd gleiche Hi~lften. Meist jedoch ist die Symmetrielinie etwas gegen die Richtung des Signalfadens nach der Richtung der Schwerkraf~ bin ver- schoben. Solche Netze machen den Eindruck eines Kompromisses zwischen der Tendenz zu der zum Signalfaden symmetrischen Anordnung und einer Tendenz zu der zur Richtung der Schwerkraft symmetrischen Ausges~altung. Zum Ver- messen wurden ausschliel31ich Photographien verwendet. :Die Symmetrie]inie (besser gesagt: die Linie der bestm6glichen Symmetrie) wurde eingezeichnet, und

Page 26: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

638 Hans Peters:

im freien Sektor wurde der Umril3 des Fangbereiches durch eine Xurve erg/~nzt, wie das die nebenstehende Abb. 8 zeigt. Die Entfernung des Sehnittpunktes der Symmetrielinie mit dieser Xurve yon der Nabe galt als Ausdehnung des ~ang- bereichs nach oben. Die Entfernung des Schnittpunktes der Symmetrielinie mit dem untersten Xlebfaden yon der Nabe wurde als Ausdehnung des Fangbereichs nach unten genommen.

Was die photographische Aufnahme der Spinne selbst angeht, so wurde der Apparat bereits tagsiiber auf die Warte des Netzes eingestellt und die Spinne dann nachts in Lauerstellung photographiert. Am Tag h/ilt sieh n/~mlieh auch Zilla im Schlupfwinkel auf.

Es ist wohl kein Zufal], dal3 in der Teilung des Spinnennetzes und auch i~l der KSrpergestalt die einfachen Verhgltnisse

l : l 3 : 2 2 : 1 auftreten. Es widerstrebt aber, an diesen interessanten Befund weitere Gedanken anzuknfipfen, bevor er nicht dureh vermehrte Messungen, auch an anderen Arten, pr/~zisiert ist. Es ist auch nStig, zu unter- suchen, worauf die vielfach nicht unbetri~chtliehen Abweichungen der Proportionen yon den Mittelwerten beruhen.

Morphologische Gritndlage.

Zentrische oder exzentrische Lage des Mittelpunktes der KSrper- l~ngsachse im System des Ganzen besagt zunachst noch nichts Sicheres .fiber Verschiedenheiten im KSrperbau als Ursache. Bei sonst gleiehen Bedingungen kSnnte die exzentrische Lage des KSrpermittelpunktes z. B. auf einer starkeren Streckung der Vorderbeine beruhen. Tatsachlich spielt derartiges auch wohl eine gewisse Rolle, denn die jfingsten Stadien yon Aranea undata erreichen, wie sehon eine flfichtige Beobachtung zeigt, die zentrisehe Lage des KSrpermittelpunktes zum Teil durch eine bedeutend starkere Beugufig der ersten und zweiten Femora gegen die in leiehten Bogen verlaufenden Tibien, Metatarsen und Tarsen, als man es bei £lteren Tieren beobachten kann. Die Li~nge der Beine selbst ist in diesen Fi~llen proportional gleieh. Tabelle 8 gibt genauere Daten. Gemessen wurde die Gesamtl~nge der gerade ausgestreckten Beine, yon dem inneren Rande der Coxen bis zu den Spitzen der Tarsen, jedoch unter Ausschlul3 der Klauen. Es zeigt sich, dal3 die Spinne mit der

Tabelle 8. K6rperpropor t ionen

Alle Angaben in Mil l imeter

A. diadema (Nr. 203), halbwiichsig A. undata, sehr klein . . . . . . A. undata, adultes Weibchen . . . Zilla litterata, adultes Weibchen

~ . ~

2,8 0,80 5,0 3,1

verschiedener Spinnen.

~ .~

3,7 0,74 9,0 6,0

10,5 2,11

22,7 13,5

9,8 1,96

21,1 9,9

6,3 1,08

13,0 6,5

9,0 1,72

18,0 8,0

Page 27: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 639

st£rksten Exzentrizit/it des K6rpermit telpunktes - - Zilla litterata - - aueh die gr6gte Differenz in der L~nge der I. Beine und der L/tnge der 4. Beine hat. Bei Aranea diadema, mit mehr zentrischer Lage des K6rpermittel- punktes, sind jene Beine fast gleieh lang, wghrend Aranea undata zwisehen Zilla und der Kreuzspinne steht. Auger den Beinl/~ngen ist aber noch das Verh~ltnis der L&nge des Prosoma zur L~tnge des Opisthosoma yon Bedeutung, denn der K6rpermit te lpunkt liegt ja - - bei sonst gleichen Bedingungen - - um so mehr exzentrisch, je mehr das Opisthosoma das Prosoma an L&nge iibertrifft. So finder sich denn auch bei den Formen mit exzentrischen Netzen ein gegenfiber dem Prosoma ann~hernd dolopelt so langes Opisthosoma (Zilla litterata und Aranea undata, adult), wS~hrend bei den anderen Prosoma und Opisthosoma ann/~hernd gleieh lang sind (Aranea undata, juvenil), oder ihre L~ngen bei weitem nicht so stark differieren (Aranea diadema, halbwfichsig). Gemessen wurde hier auf der ventralen Seite vom Vorderrand der Cheliceren bis zum Hinterrand des Prosoma und yon dort bis zum Hinterrand des Opisthosoma. Die Tiere waren in normalem Ern/thrungszustand (das Opisthosoma sehrumpft bekanntlieh bei Hunger).

Wit kommen damit zu dem Ergebnis, daft die relative Lage des K6r~er- mittelpunlctes innerhalb der yon den Beinspitzen umgrenzten Figur in gewissen Eigentiimlichkeiten des Kd'rperbaues vorgebildet ist.

Die Verteilung der Radialfiiden und die Anordnung der Beine.

Die gleiehen Photographien, die zur Messung der Lage des Mittel- punktes des Kreuzspinnenk6rpers benutzt wurden, wurden aueh zur Messung der Anordnung der Beine herangezogen. Wie Abb. 7 zeigt, wurde als gemeinsamer Scheitelpunkt der Winkel zwischen den Beinen der Mittelpunkt des Sternum genommen bzw. - - bei Photographien v o n d e r Dorsalseite - - der diesem auf der :Dorsalseite des Prosoma entspreehende Punkt. Zur Erleiehterung der Nessungen wurden die betreffenden Linien auf dem Positiv mit weiger Tusche nachgezogen. Die Winkel zwisehen dem 3. und 4. Bein jeder Seite wurden addiert und die Summe dutch die Summe der beiden Winkel zwischen den 1. und 2. Beinen dividiert. Auf diese Weise wurden die ,, Quotienten der Beinwinkel" erhalten.

Die Messungen sind in Tabelle 9 zusammen- gestellt. 24 Messungen an drei versehiedenen halbwiichsigen Spinnen ergaben einen mittleren Quotienten yon ange- n&hert 1,7, d .h . also: die Winkel zwisehen 3.

Tabelle 9. Beinwinkel und Sektorenwinkel .

203 201 200

1,77 1,76 1,65

1 i 1,29 I2,13 16 1,63 1,89 3 1,58 1,73 5

1,65 1,70 1,725

1,41 1,82 1,60 1,79 1,41 2,19

Page 28: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

640 Hans Peters :

und 4. Bein nnd zwischen 1. und 2. Bein verhalten sich im Mittel an- gen~thert wie 170:100.

An 16 Netzen derselben Tiere wurde auch das VerMltnis der oberen zu den unteren Sektorenwinkeln berechnet, und zwar wurden an Photo- graphien die Winkel gemessen, die die obersten und untersten 6 Sektoren insgesamt bildeten. Als Scheitelpunkte wurden die Mittelpunkte der Nabe angenommen. Wie die Tabelle im einzelnen genau anzeigt, ver- halten sich auch die obersten zu den untersten Sektorenwinkeln im Mittel angen~thert wie 170:100, so dab sich eine auffallende (dberein- st immung zwischen den Proportionen der Beinwinkel und denen der Sektorenwinkel ergibt.

E xperimente.

Unsere bisherigen Untersuchungen legen uns eine Frage nahe, die fiir das Verstgndnis des Netzbaues yon groBer Bedeutung ist. Es ist das Problem, warum die Spinne ihr Netz gerade nach dem eigentiirn- lichen Bauplan herstellt, wie wir ihn bei den verschiedenen Arten beobachten. Auf Grund der geschilderten Messungen kSnnen wir die Hypothese aufstellen, dab die Spinne den Plan ihres RTetzes nach den Proportionen ihres K6rpers einrichtet. Der Bauplan des ~etzes wgre nach dieser Hypothese gleichsam eine Projektion des K6rperbauplans nach auBen.

Trifft diese Hypothese zu, dann kTnnte sich eine sinngemgBe Anderung in der Verteilung der Radialfgden einstellen, wenn man die Winkel zwischen den Beinen durch Amputat ion einiger yon diesen vergndert.

Wenn man adulten oder bald adulten Tieren ein Bein mit der Pinzette festhglt, so wird es an der Coxa abgeworfen. Die Spinne iibersteht den Eingriff ausgezeichnet und baut weiterhin, abgesehen yon der noch zu bespreehenden ~nderung, normale Netze (vgl. Abb. 9).

Die Versuche sind in Tabelle 10 zusammengestellt. Dort finden sieh auch Angaben dariiber, welche der Beine amputier t wurden; es war stets jederseits ein Vorderbein. Die Winkel zwischen dem stehen- gebliebenen Vorderbein und dem 3. Bein waren grTBer als die zwischen dem 3. und 4. Bein. Alle 5 Versuchstiere waren adulteWeibchen. Die Unter- suchung ihrer 22 Netze ergab eine mittlere Zahl der Radialfgden yon 26,9. Diese liegt mit 0,7 nur wenig unter der mittleren Speichenzahl 27,6 yon 34 anderen Netzen gewThnlieher adulter Tiere. FaBt man jedoch die Verteilung der Radialfgden auf den oberen und unteren Netzteil ins Auge, so wird der Unterschied der Netze der 6beinigen und der normalen Tiere sehr deutlich. Wurden in den Netzen der ersteren oben 11,2 Radial- laden im Mittel gezghlt und unten 15,6, so sind die entsprechenden Zahlen der anderen Netze 10,7 und 17,2, in Prozenten ausgedrfickt: 40,2% gegeniiber 61,6% Radialf~tden im unteren Netzteil mehr als im oberen.

Page 29: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadetm~). 641

Besonders iiberzeugend wirken die Beobaehtungen ~m Spinnen, yon denen sehon vor der Amputation oder naeh Amputation nut eines Beines Netze untersueht werden konnten. Diese Netze sind in der

Abb. 9. Kreuzsp imm, oodultes Weibchen, zwci tcs Bcinl)aar ~mlimticrt , m i t Netz. Photo .

Tabelle umrahmt. Man sieht, da[3 naeh der Amputation die Anzahl der iZadialfgden im unteren Netzteil pl6tzlieh stark abfgllt. Beispiels- ureise baute Spinne Nr. 3 vor der vollstgndigen Amputation ein Netz mit 10 II.adialfgden oben und 18 unten, naeh der Amputation ein

Page 30: Studien am netz der kreuzspinne (Aranea Diadema.)

642 Hans Peters:

Tabelle 10. A m p u t a t i o n s v e r s u e h e .

2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16

i

17 18 19

2O

1 21 22

/

21. 9. 21. 9. 22. 9. 22. 9. 24. 9. 24. 9. 29. 9. 29. 9. 30. 9.

5.10. 30. 9. 2.10. 3.10. 4. 10. 5. t0.

6. 10. oder 8. 10.

9.10. 11.10. 13.10.

5.10. 6.10. 7.10.

8.10.

7.10.

10.10. 12. 10.

Entfernte Beine

.od. 1. od. 2. 2. 1. 2. 1. 2. 1. 2. 1. 2. 1. 1. 1. 2. 1. 1. 2. 2.

1. 1. 1. 1.

2.

2* 2.

intakt

2, 2.

2.

2. 2.

Anzahl tier P~dialf~iden

nnten oben

10

7 6 6 6 7 7 6 5

12 12

5 4 7 7 6 7 5 ~ 6 6 7 6 8 6 6 6 5

9

11 10 1

10 9

IO

]0 1.2

9

I 11 oder 12

9 10

Durchschnittswerte ] 11,2

15

8 7 9 8 8 9 9 7

17 18

7 7 10 8 8 10 7 7 8 9 9 9 8 9 8 7

17

17 18

14 i3 13

17 18 16

12

20

14 14

15,6

25

28 29 31 27 29 30 23 32 31 26 30 32 29 26 26

28 28

24 22 23

27 30 25

21

32

23 24

50,0

15,4 41,7 21,4 45,5 41,7 50,0 55,5 28,6 38,5 27,3 30,8 28,6 41,7 36,4 88,8

54,5 80,0

40,0 44,4 30,0

70,0 50,0 77,7

I 33,3

66,6

55,5 40,0

26,9 I 40,2

Netz mi t 10 Radia l fgden oben und nur 14 unten. Oder Spinne Nr. 4

vor der A m p u t a t i o n 9 q- 16, naeh der A m p u t a t i o n 9 q- 12 Radialfgden. Auger diesen Expe r imen ten mi t adu l ten Tieren wurde aueh eine

Versuehsreihe mi t der halbwfiehsigen Spinne Nr. 200 durehgeffihrt . Kurze Zeit vor der A m p u t a t i o n des 2. Beinpaares baute dieses Tier 6 Netze, deren 6 oberste Sektorenwinkel zu den 6 unters ten sieh im Mittel ver- hiel ten wie 172,5 : 100. Dagegen war dieses Verhgl tnis naeh dem Ein-

gri l l 156:100 , das Mit tel aus lX Netzen. An dieser Spinne wurden aueh an Photograph ien yon 3 Lauer-

s tel lungen die Winkel gemessen, die die Beine naeh der A m pu ta t i on

1 Gin Faden horizontal, nicht mitgez~hlt.

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Studien am Netz der Kreuzsloinne (Aranea diadema). 643

miteinander bildeten. Ihre Gr613e variierte nur unbetrgehtlich und betrug zwischen dem 1. und 3. Bein im Nittel 81 o und zwischen 3. und 4. Bein im Mitte] 530 (letzterer stirnmt ann/~hernd mit dem Winkel zwischen diesen Beinen iiberein, der such sonst beobaehget wird).

Die Experimente zeigen zwar eine deutliche kausale Beziehung zwisehen der Ano~nung der Beine und der Verteilung der Radialfiiden im Sinne der au/gestellten Hylgothese. Da aber eine quantitative L%ereinstimmung in dem Verhiiltnis der Beinwinlcel und dem der Sektorenwin~el nieht erzielt wurde, miissen noch andere Einfliisse als die au/qedeckten wirlcsam sein. Es w/ire denkbar, dag die Tendenz zur BeibehMtung des Verteilungsmodus der Radialf/iden die Folge einer im Laufe des individuellen Lebens eingepr£gten Gewohnheit der Versuchstiere ist.

Vergleichendes.

Die Anordnung der Beine naeh dem Typus der Kreuzspinne seheint bei den Radnetzspinnen allgemein verbreitet zu sein, und so finder man denn aueh - - wie ich mieh an einer Anzahl yon Photo- graphien in der Literatur und dureh ge-

Abb. 10. At(lisps briinnichii, hl te res legentliehe Beobaehtungen tiberzeugen Tier in Lauers te l lunw. Die Aufnah-

konnte - - Mlgemein im unteren Teil des me wurde mirfemldlieherweisevon H e r r n l)r. F. (JOETIIE fiberlassen.

Radnetzes bedeutend kleinere Sektoren- winkel als im oberen. Leider konnte ieh jedoch noch keine genauen Untersuchungen hiertiber anstellen.

Eine Ausnahme yon der Regel maeht aber Argiope briinnichii. I m Netz dieser Spinne (untersucht wurden adulte Weibehen) stehen die Radial- f/iden im unteren Teil nur wenig diehter Ms im oberen. So z/ihlte ieh bei- spielsweise 10/12, 10/12, 16/18 und 16/20 RadiMf/iden. Dem entsprieht eine von den iibrigenRadnetzspinnen stark abweiehendeBeinstellung (s.Abb. 10). Die 3. Beine werden n/imlieh nieht ann/ihernd horizontal, sondern steil aufw/irts gehMten, so daf3 sie mit den 4. Beinen einen Winkel bilden, der nieht viel grSl3er is~ als der Winkel zwisehen den 1. und 2. Beinen. Leider war es mir noch nieht mSglieh, genauere Messungen anzustellen.

Bei Argiope lobata seheinen nach den beiden Photographien bei WIEHLE (1928) /ihnliehe Verh/~ltnisse wie bei Argiope briinnichii vorzu- liegen. Argiope bietet uns also eine weitere Statze f/Jr die oben auf- gestellte Hypothese.

Die Form des Fangbereichs und die Anordnung der Beinspitzen. Unsere Untersuchungen ersch6pfen noeh nieht die Zusammenhgnge

zwischen K6rpergestMt und Netzstruktur. Es fehlen noch Beobachtungen

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644 Hans Peters:

l i t terata. I n eine F i g u r ~ \ a u s WIF~HLE 1931b de r Umri~ des F.angbereiches

e ingeze i chne t , k

Abb. 12. Z i l l a l i t terata, a d u ] t c s W c i b c h c n in L a u e r s t e l l u n g . P h o t o .

fiber dieBeziehungen zwisehen der von den Beinspitzen be- schriebenen geometrischen Figur und der Form der Netz- fl~che. Bei dbr Kreuzspinne sind die Tarsen auf einer El- lipse angeordnet, dem ent- spricht die Ellipse des Fang- bereichs. Ahnlich ist es bei Aranea undata, Argiolge briin- nichii und wohl den meisten Radnetzspinnen. Vergleichen wir damit aber das Netz yon Zilla litterata, so finden wir nicht selten eine stark ab- weichende Form der Iqetz- fl~che. W~hrend die Netze mit elliptischem Umril~ ihre gr58te Breite in der H5he der Nabe und damit in der HShe des Mittelpunktes der grol~en Achse haben, liegt im Zil la- Netz vielfaeh die grSBte Breite bedeutend tiefer (Abb. 11). Es hat einen ovalen Umril~. Dem entspricht es nun wieder, da~ das 2. Beinpaar in Lauer- stellung eine bedeutend wei- tere Spanne hat als das 3. Beinpaar (Abb. 12). Die Beinspitzen beschreiben auf diese Weise wiederum eine der Form der Netzebene £hnliche Figur 1.

Was die Kreuzspinne an- geht, so l ~ t sich deutlieh ver- folgen, wie sich die Ellipse derNetzfl/~ehe mit demWachs- tum des Tieres immer mehr in die L~nge streekt. Jfingste Spinnen scheinen ein an-

1 Diese eharakteristisehe Form geht allerdings oft verloren, offenbar infolge besonderer Raumverhaltnisse an der Baustelle (vgl. Yerf. 1933, Abb. 7; vgl. auch Abb. 8 dieser Arbeit).

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Studien ~m Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 645

n/~hernd kreisfSrmiges Netz zu bauen (Abb. 13), dessen Ebene jedoeh gleichwohl einen ganz geringen Neigungswinkel hat (vgl. n~tmlieh Meta reticulata S. 621 !). Der Entwieklung der Netzform p~rallel l~uft die Entwicklung jener yon den Tarsenspitzen bezeichneten Figur, wie ein

Abb. 13. Nc tz einer wenige Mi l l imeter langen Kreuzspim~e. Photo.

Vergleich der Abb. 14 mit den Abb. 6 oder 7 lehrt; diese Ellipse streckt sich ebenfalls mit dem Waehstum der Spinne.

Bei diesen Zus~mmenh/~ngen fr~gt es sich, was Ursache und was Wirkung ist. Es ist nieht erwiesen, dab die eigentiimliche Anordnung der Tarsenspitzen irgendwie im K6rperbau vorgebildet ist. Es w~re denkbar, dab die Spinne die Stellung der Beine der jeweiligen Form des Netzes anpaBt. Hier kSnnten Versuehe weiterhelfen, in denen dig Spinnen in Netze von versehiedener Form fibertragen wtirden. - - Wenn

Z. f. Morphol. u. C)kol. d. Tiere. Bd. 32. 43

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646 Hans Peters :

uns die Untersuehungen fiber die zentrische Anordnung des K6rper- mittelpunktes gezeigt batten, dab die Lage desselben im ganzen System gewisse Eigentiimliehkeiten des KSrperbaues zugrunde liegen, so ware also doch noch die Frage zu prfifen, ob und inwieweit nicht auch hier noch augerdem aktive Anpassung der Gliederste]lung an die Verh~ltnisse des Netzes eine Ro!le spielt. Und entsprechendes gilt aueh ffir die Beziehungen zwisehen den Beinwinkeln und den Sektorenwinkeln.

Neue Fragen. Als Aufgabe ffir kiinftige Arbeiten ergibt sieh aus den Untersuehungen

auger dem weiteren Verfolg der aufgedeckten Zusammenh/~nge vor allem

,~. ~o

Abb. 15. Gasteracantha spcc. (Airs McCooK 1889.)

Abb. 14. W e n i g e Mi l l ime te r l ange I~reuz- spinne, in 4er W a r t e ihres N e t z e s

in L a n e r s t e l h m g . Pho to .

J

Abb. 16. Ac"rosoma spi~nea. (Aus h{cCooK 1889.)

die Prfifung zweier spezieller Fragen, zun/~ehst: Ist es mSglieh, die bei den Radnetzspinnen nieht seltene Aufl6sung der Peripherie des Opistho- soma in strahlig auslaufende Fortsgtze als eine Einordnung in die strahlige Struktur des Netzes zu deuten ? Abb. 15 und 16 liefern ffir derartige Spinnenformen Beispiele. Ferner: Bestehen gesetzm/~Bige Zusammen- h/~nge zwisehen der Bevorzugung entsprechender r/£umlieher Dimensionen im K6rperbau und im Netz ? Anseheinend t r i t t bei den l~adnetzspinnen mit zweidimensionMem Netz aueh in der ganzen KSrpergestMt (l~ichtung der DorsoventrMaehse) die 3. Dimension zurfiek, w£hrend bei den Theridiiden Mle drei Dimensionen sowohl in ihrem ,,Kugelnetz" wie in

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Studien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadcma). 647

ihrem KSrperbau anscheinend recht gleichmgf3ig beriicksiehtigt sind. Interessant sind aueh diejenigen Arten, deren Opisthosoma mehr oder weniger regelmgl~ige stereometrische Gebilde darstellt, wie z. B. eine Pyramide. Eine hfibsehe Zusammensteltung soleher interessanter Formen finder sich bei B~LASD (1932).

Das Zeichnungsmuster der Kreuzspinne.

Zum SchluB in diesem Zusammenhang noeh eine Beobachtung fiber das Zeichnungsmuster der Kreuzspinne. Die so auff~llige Kreuzzeichnung besteht bekanntlich aus einem weil~en Fleck, yon dem aus die vier weiBen Balken des Kreuzes ihren Ursprung nehmen (vgl. Abb. 6). Dieser Fleck ist gegenfiber dem geometrischen Mittelpunkt der K6rperl£ngsachse ein wenig nach vorn versehoben. Messen wir an Photographien, ganz wie es yore KSrpermit te lpunkt besehrieben wurde, die Lage jenes Fleckes innerhalb der yon den Tarsenspitzen bezeiehneten Ellipse, so linden wir, daI] er sehr genau mit dem geometrisehen Mittelpunkt derselben zu- sammenfiillt. Tabelle 11 zeigt das ge- nauer. Aus 27 F[essungen an 7 ver- schiedenen halbwfichsigen (Bezeich- hung Nr. 200, 201,203 I. 36, 205) bis adulten (Bezeiehnung 203 VII . 36, ad. ~ und bald ad. c~) Tieren ergibt sich ein mittlerer Quotient yon 1,066. Der weiBe Fleck also, und nicht eigentlieh der Mittelpunkt der KSrper- achse bezeichnet den geometrischen Mittelpunkt der ganzen Gestalt. Und wenn wir oben eine geringe Diffe- renz zwischen der geometrischen Lage der Nabe im Fangbereich des Netzes einerseits und dem Mittelpunkt des K6rpers in der yon den Beinen be-

Tabelle 12. Die Lage des Mit te l- flecks der Kreuzzeichnung.

i:ii i:ii 203. VII. 36 0,93 4 205 1,12 9

adultes ~ 1,06 2 bald adult, c~ 0,94 1

201 1,13 1~5 1~1 3 200 1,20 1,09 2,31 4

Gesamtzahl der Messungen . . 27 Gesamtmittelwert . . . . . 1,066

schriebenen Ellipse andererseits gefunden hatten, so ergibt sich aus den neuen Messungen, dab der weil~e Mittelfleck der Kreuzzeichnung denjenigen Punkt bezeichnet, der sich in die yon den Tarsenspitzen beschriebene Ellipse und damit auch in die Ellipse des Fangbereiches harmonisch einfiigt.

Wenn ieh weiter gehe und auf die Einordnung des Kreuzbalken- musters in die Struktur des Radnetzes hinweise, so ist das freilich eine billige Feststellung. Aber vielleicht k6nnten eingehende Unter- suchungen doeh gewisse gesetzm/igige Beziehungen zwischen der Or- namentik des Spinnenk6rpers und der Struktur des Netzes ans Lieht bringen.

43*

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648 Hans Peters :

Zusammenfassung und Ausbliek.

Die Fl~che des Kreuzspinnennetzes ist in der Vertikalrichtung zur Gestalt einer mehr oder weniger regelmi~iligen Ellipse ausgezogen. Ihre groBe Achse verh~lt sich zur kleinen Achse im Mittel ann/~hernd wie 1,24, wenn man ~ltere Tiere berficksichtigt. Die Ebenen yon 25 solchen Netzen waren 0--19 o gegen die Vertikale geneigt. Es ergibt sich ein mittlerer Neigungswinkel yon 8,6 °. Mit zunehmendem Neigungswinkel hi, bert sich die Fliiche des Fangbereichs der Kreisgestalt. Es ist daher verst~nd- lich, dag fiir Meta reticulata, eine Radnetzspinne, ffir deren Netz eine mittlere Neigung yon 35,2 o gefunden wurde (35 Netze), sich ein mittlerer Quotient der Ellipsenachsen yon 1,11 ergab.

Die Lage der Nabe des untersuchten Kreuzspinnennetzes schwankte um den geometrischen Mittelpunkt der Fangil~che und Iiel im Ideal- fall - - wie im Mittel aus einer gr61~eren Anzahl yon Netzen - - mit dem- selben zusammen, Bezfiglich der Gr6ge und der Gestalt der Warte ist festzuhalten, dail die Warte mit dem Wachstum der Spinne relativ zur K6rpergr6ile der Spinne kleiner wird und sich dabei immer mehr yon der Kreisgestalt entfernt und zu einer immer mehr gestreckten Ellipse wird. Die Ausdehnung der freien Zone um die Warte ist um so gr6iler, je gr6iler die Differenz zwischen den Abst~nden der Umg~nge der Befestigungsspirale voneinander und den Absti~nden der innersten Fang- f~den voneinander ist.

Nimmt man das Verh~ltnis der t tauptachse der Netzfl~iche zur Li~nge der Spinne ( = Spanne zwischen erstem und letztem Beinpaar), so erh/ilt man ein Mail fiir die relative Gr6Be des Netzes. Es ergibt sich die gegel, dag die Winkel zwischen den gadialfi~den mit zunehmender relativer Gr6ge des Netzes kleiner werden, wenn man die Netze ein und desselben H~iutungsstadiums einer Spinne miteinander vergleicht. Ferner zeigen diese Messungen, dag die relative Netzgr6ile mit dem Wachstum der Spinne bedeutend abnimmt. Die genauen Zahlenwerte hierzu linden sich in Tabelle 5. Die Verteilung der gadialfi~den folgt der gegel, dag die Sektorenwinkel innerha]b der Netzebene yon oben naeh unten abnehmen, derart, dail sich bei etwa ha]bwiichsigen Tieren die 6 obersten zu den 6 untersten ungef~thr wie 17 :10 verhalten.

Betraehten wir die Kreuzspinne, ferner Aranea undata und Zilla litterata in der Warte ihrer Netze in Lauerstellung, so erkennen wir, dab sich gewisse VerhNtnisse des K6rperbaues und der Anordnung der Beine im Bauplan des Netzes widerspiegeln. Tells exakte Messungen, tells bloBes Absch~tzen lehren uns n~mlieh folgendes: Denken wir uns die Tarsenspitzen in der Netzebene durch eine gesehlossene Kurve verbunden, so erhalten wir ithnliehe Figuren wie sie der Fang- bereich des Netzes darstellt, bei der Kreuzspinne eine Ellipse, bei Zilla ein Oval. Die Lage der K6rpermit telpunkte innerhalb der bezeichneten Yiguren entspricht jeweils der Lage de~ Nabe innerhalb der Netzfl~ehe.

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Smdien am Netz der Kreuzspinne (Aranea diadema). 649

Bei der Kreuzspinne liegen beide Punkte ann~thernd zentrisch, bei Aranea undata sind sie naeh oben versehoben, so dag sich ein Verhgltnis des unteren zum oberen Absehnitt yon angeni~hert 1 ,5:1 im Mitt.el ergibt. Bei Zilla betriigt das entspreehende Verh~Lltnis fiir K6rper und Netz angeng~hert 2 : 1 im Mittel. Die Beine der Kreuzspinne sind so angeordnet, dag das 3. und 4. Beinpaar einerseits und das 1. und 2. Bein- paar andererseits Winkel einsehlieBen, die sieh sehr angen/~herC wie die obersten zu den untersten Sektorenwinkeln verhalten, n/imlieh aueh ungefghr wie 17 : 10.

Hier setzt das Experiment ein: Dutch beiderseitige Amputation eines Vorderbeines werden 6beinige Spinnen hergestellt. Dieselben bauen Netze, in denen die Anordnung der Radialf/tden im Sinne der kfinst- lichen ~nderung der Winkel zwisehen den Beinen yon der Norm abweieht. Eine quantitative lJbereinstimmung mit den neuen Verh/~ltnissen wurde allerdings nieht beobaehtet.

Wir n/~hern uns mit diesem Experiment der Frage, aus welchen Quellen der Instinkt der Spinne seh6pft. Der positive Ausfall des Amputations- versuehes und die bezeiehnete (~Tbereinstimmung in den Strukturver- h/tltnissen legen uns die Hypothese nahe, der Bauplan des Netzes sei gleiehsam eine Projektion des K6rperbauplanes. Es wird meine Aufgabe sein, diese Hypothese weiter zu prfifen. Sie gibt durehaus nieht die einzige M6gliehkeit ftir die Erkl/trung der aufgedeekten Entspreehungen, Denn dieselben k6nnten aueh darin begriindet liegen, dab der Aus- gestaltung des SpinnenkSrpers die gleiehen Gesetzm/~Bigkeiten zugrunde tiegen, denen das Tier aueh bei seiner instinktiven Ti~tigkeit folgt. Damit beriihren wir die alte Auffassung einer wesenhaften Verwandtsehaft oder Identit~Lt yon Vorg~ngen der organisehen Formbildung und Instinkt- abl~Lufen 1. Vielleicht, dab die Spinne ein gfinstiges Objekt ist, diesen Ideen in naturwissensehaftlieher Weise ngher zu kommen.

Literaturverzeichnis. Berland, L.: Les Arachnides. Paris 1932. - - Fabre, J.H.: Souvenirs entomo-

logiques, 9. s6r. P~ris 1905. - - )leCook, H. C.: American Spiders and theft" Spinning- Work, 1. Philadelphia 1889. - - Peters, H.: Experimente fiber die Orientierung der Kreuzspirme Epeira diademata C1. im Netz. Zool. Jb., Zool. u. Physiol. 51 (1932). Kleine Beitr/ige zur Biologie der Kreuzspinne Epeira diademata C1. Z. Morph. u. 0kol. Tiere 26 (1933). - - Wiehle, H.: Beitr/~ge zur Kenntnis des Radnetzbaus der Epeiriden, Tetragnathiden und Uloboriden. Z. Morph. u. 0kol. Tiere 8 (1927). Beitr/~ge zur Biologie der Araneen, insbesondere des Radnetzbaues. Z. Morph. u. 0kol. Tiere 11 (1928). - - Neue Beitr/~ge zur Kenntnis des Fanggewebes der Spinnen aus den Familien Argiopidae, Uloboridae unct Theridiidae. Z. Morph. u. 0kol. Tiere 22 (1931a).- Araneidae. In: Die Tierwel~ Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile. Begrfindet yon Fr. DaM, weitergefiihrt yon M. Dahl und H. Bischoff. Jena 1931 b.

1 Vgl. Scnol~AuE~: :Die ~Telt als Wille und ¥or~tellung oder DI~x~scH: Philosophie des Organischen.