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Zeitschrift f u r Chemie
COOR COOR
Jo + %N Ti! - 1 iNJ;J
30. Jahrgang September 1990 * Heft 9 . ISSN 0044-2402
01-1
- ,J$K;,Y
Herausgeber : Im Auftrag der Chemischen Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik Prof. Dr. Helga Dunken, Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Kolditz, Prof. Dr. Dr. h. c. Roland Mayer Unter Mitarbeit von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H.-H. Emons, Prof. Dr. R. Geyer, Prof. Dr. E. Hofmann, Prof. Dr. H.-A. Lehmann, Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. mult. S. Rapoport, Prof. Dr. Dr. h.c. H. Sackmann, Prof. Dr. W. Schroth, Prof. Dr. M. Schulz, Prof. Dr. K. Schwetlick und Prof. Dr. G. Werner
Synthese und Eigenschaften der s-Triazolo[l,5-a]pyrimidine
Gunther Fischer
Filmfabrik Wolfen AG, HA Grundlagenforschung
Summary s-Triazolo[l,5-alpyrimidines are important stabilizers f o r photo- graphic silver halide emulsions and are used for pharmaceutical and agrochemical purposes, too. In the report it is dealt with syntheses from s-triazoles and from pyrimidines, physical pro- perties, tautomerisnz, nuclear atkylution, electrophilic and nucleo- philic substitution, ring fission and other reactions, and applications.
Einfiihrung Im Jahre 1935 entdeckte Birr in Wolfen die stnbilisierende Wir- kung des 5-Methyl-7-hydroxy-s-triazolo[l,5-a]pyrimidins1) (I) auf photographische Emulsionen. Die Verbindungsklasse der s-Tri- azolo[l,5-a]pyrimidine2) (11) war seit der ersten MHT-Synthese von Bulow (1909) bekannt. I n einer Monographie von Mosby [I] iiber Stickstoff-Briickenkopf-Heterocyclen BUS dem Jahr 1961
I I! wird auch das Gebiet der T P behandelt, im wesentlichen bis 1957; Veroffentlichungen iiber die systematische Bearbeitung setzten erst danach ein. Die Ergebnisse erschienen u.a. in Mitteilungs- reihen der Arbeitskreise von Allen und Williams [10-20], Sira- kawa [21-291, Makisumi [30-451, Levin [46-55‘], Kreutzberger [53-621, Spickett [63-65] und ReimZinger [66-721. Hunderte von Derivaten wurden photographischen, pharmazeutischen und bio- logischen Priifungen unterzogen. Der vorliegende Uberblick baut - nach fruheren kurzen Zusam- menfassungen [S, 91 - nuf Mosbys Review auf und beriicksich- tigt Literatur bis 1989. Teilaspekte der Synthese und Reaktivitat wurden in Ubersichten von Babi6ev [a], IvaZenko [3], Maury [4] und Ti&r [5] mitbehandelt. s-Triazolo[l,5-a]pyrimidine werden vielfach auch a h s-Triazolo- [2,3-a]pyrimidine oder 1,3,4-Triazaindolizine (mit gleicher Be- zifferung wie in 11) oder 1,3,3n, 7-Tetrazaindene (mit gegen- laufiger Bezifferung) bezeichnet [l, 1121. Die Lage der Tauto- meriegleichgewichte bei OH- und SH-Derivaten ist in vielen Fallen unsicher ; diese Derivate werden deshalb mit aromatischem Ring- system wie in I formuliert 14, 11, 1051. Die isomeren s-Triazolo- [4,3-a]pyrimidine werden nur als Vorstufe oder potentielle Zwischenstufe der Synthese von T P erwahnt (vgl. Abschn. 1.2.). Patente miissen unberiicksichtigt bleiben.
im folgenden als MHT bezeichnet 2, im folgenden als T P bezeichnet
1. Syathese Der iiberwiegende Teil der TP-Synthesen geht entweder vom s-Triazol- oder vom Pyrimidinsystem aus, speziell von 5-Amino-s- triazolens) bzw. 2-Hydra~inopyrimidinen~).
Tabelle 1 funktionellen Verbindungen
Schema der Synthese von T P aus AT und 1,3-bi-
RZ
A, B R’, R2 ~~
-CHO H (analog Alkyl, Aryl) - CH( OR’), =CHOH =CHOR’ =CHSR =CHNH2 =CHCl -CH -COOR’ OH -CSSB’ S H =C(SR), SR’
-CN NH, =C(OR)NH, =C(SR)NH,
3, im folgenden als AT bezeichnet 4) im folgenden als H P bezeichnet 5 , R bedeutet in allen Fallen Ethyl. R’, R”, R1, R2 . . . haben allgemeinere Bedeutung. R(2) ist der Rest in 2-Stellung.
305
weise fuhrt Malondialdehyd zum TP-Grundkorper, Malonester zur Dihydroxyverbindung, Malonitril zum Diamin. Eine Carbo- nylgruppe im Synthon kann durch verschiedene Aquivalente vertreten sein. Mit unsymmetrischen C,-Bausteinen konnen zwei isomere TP entstehen. Die Richtung des Angriffs h k g t dabei von der Struktur der Partner und den Reaktionsbedingungen ab. Die bisher beschriebenen Synthesen werden in Tab. 2 zusammen- gefaot, geordnet nach dem bifunktionellen Synthon (Spalte 1) und den in 5- undloder 7-Stellung eintretenden Substituenten (Spalte 2 und 3, entsprechend R' und R2 in Tab. I). Der Substi- tuent R ist dabei Alkyl, z.T. auch AryI oder H. Die Reaktionen zum TP verlaufen in der Regel ohne Kondensit- tionsmittel, entweder in einem UberschuR der bifunktionellen
n ,l
Verbindung oder in Eisessig, Alkoholen, evtl. Nitrobenzen. In bestimmten Fallen ist Katalyse durch Natriumalkoholat erforder- lich, z. B. bei der Umsetzung von 3-Mercapto-AT mit Acetessig- ester [l(iO]. Bei der Synthese von (i-("-Hydroxyethyl)-TP (V) aus 2-Acctyl- butyrolactoncn und AT C1.181 kann unter Katalyse mit BY3 als Zwischrnstufe das Azomethin IV abgefangcn und alkalisch zu V cyclisiert werden [135]. Allen, u.a. [ll] schlugen fur die TP-Synthese eiiien zweistufigcn Mechanismus vor, bei dem zunachst die exocyclische Amino- gruppe, die man als das nucleophilste Zentrum des AT ansieht, mit drr Enolform des Ketoncarbonyls zu einer Zwischenstufe vom Typ I11 (5.0.) reagiert. Diese Vorstellung wird gestutzt
CH,OH 1 OH
Schema 1
Tabelle 2 Synthesen von TP aus AT und 1,3-bifunktionellen Verbindungen
Bifunktionelles System R(5) R(7) Literatur ~
1,3-Dialdehyd 1,3-Diacetal 3-Ketoacctal
3-Ketovinylalkohol
3-Krtovinylethei
3-Ketoenamin
3-Chlorvinylkcton
1,s-Diketon Oxalaceton
:bFormylester Propiolsaure Propiolester (bzw. Homologe) Acrtylendicarbonester 3-Ketoester
Oxalfettsauieester 3,3-Dialkoxyester 2,3-ungesattigte 3-Alkoxyester
Alkoxyal kylen-malonester
2,3-Dihalogencstcr Diketen Malonestel Asymmrtrischer Dithiooxalestcr 2-Acyl-ketenmercaptal 2-Carbalkoxy -ketenmcrcaptal 2-Cyan-kctenmcrcaptal Alkox ya lkylen ~ vy anessigester Alkoxymcthylen -malonitril
Alkylthioalkylen-miilonitril 2,3-ungesattigtes 3-Aminonitr il Cyanessigester 2,s-ungesattigter 3-Amino-3-alkoxy- carbonester 2,3-ungesattigter %Amino- 3-alkylthio-carbonester
H H H B' H R' H R' H R' H It' R' COOH
H OH OH COOK. tt' OH COOK OH OH R' OH R' OH R' OH OH S1t' SR' SR' H NH, H H R' OH
CH,
NHZ
YiH,
H H R H R' H R H K.' H 1%' H R" CH, COOR OH H
OH OH R OH It' It' OH H' OH It' OH OH HH R" OH
WR')
NH, NHZ
NHZ N", NHZ NH,
H
OH
OH
1132, 13.11
[Sll
1811 1811 113, 21, 911 [13, 1111 [81, 901 1811 [lo31 [lo31 116, 63-67, 59, 1261 [24] ["I
[G6] [MI 1681
"11 [I'?] [501
[13, 55, 1111
113, 81, 1711
[23 , 32, 471
111, 12, 25, 112, 1371
[17, 60, 1621 [ 17, 1331 [ l i , 19, 1721 L 17, 19, 26, 641 [W [ I 11 [33, 104 [sa] [l43] [I131 [143] [ 19, 261 [153, 1M] 126, 163, l M ] [143] 1481 133, 52, 1401
1981
[98, 1361
YO6
durch die Isolierung analog zu I11 aufgebauter Zwischenprodukte (3-Carbethoxyenamine) bei der Reaktion von AT mit Ethoxy- methylen-malonester [19], -nitroessigester [ 1331 oder -cyanessig- ester [%, 1631. Im zweiten Schritt sol1 dann die Cyclisierung durrh Angriff des lstandigen Kern-Stickstoffs des AT artf die Ester- gruppe erfolgen. Andererseits sind Reaktionen bekannt, bei denen - besonders mit 3-Ketovinylverbindungen - Gemische zweier isomerer T P ent - stehen [24, 81, 1031 oder, je nach den Bedingungen, das eine oder das andere der beiden Isomeren gebildet wird. Williams [17] untersuchte qualitativ die Ladungsverteilung im AT und postu- lierte, daR im Sauren das exocyclische N-Atom, im Basischen ein Kern-N-Atom das starker nucleophile Zentrum darstelle. Tat- sachlich erhielt er aus I-Ethoxyethylidenmalonester (VI) und AT im sauren (Eisessig) und im aikalischen (Na-Ethylat) Bereich ausschlieRlich die Produkte VII bzw. VIII:
Die 5-Hydroxyverbindung bildet sich auch bei der Reaktion von AT mit Cyanessigester in Gegenwart von Na-Ethylat oder in der Schmelze [33, &2, 1401; hier kann man ein Zwischenprodukt mit Amidstruktur (IX) isolieren und weiter zu X cyclisieren.
CN N tj2.
+ Hh--IU / f!-t$ COOR A,,, ' ---7 ' HO '\ . ,*h(,'
i-P
Das dem MHT isomere 5-Hydroxy-7-methyl-TP (XXI, 8.11.)
kann aus A4cetessigester-enolether [ 171 oder Tetrolester [50] und AT in Gegenwart von Na-Ethylat erhalten werden. Ersetzt man bei der TP-Synthese die 1, 3-Dicarbonylverbindung durch eine 2,S-ungesattigte 3-Arylcarbonylverbindung, so ent- stehen im Sechsring dihydrierte TP. Diese werden spontan [l67] oder rnit N-Bromsuccinimid [159] zu T P dehydriert.
1.2. 2-Hydrazinopyrimidin + GI- Baustein
Der zweite wichtige Weg zu TP geht wie eine AT-Synthese von Aminoguanidinderivaten aus, die hier Bestandteil eines H P sind, - und setzt rnit C,-Bausteinen um. Dabei entstehen zunachst s-
HCOOH
\
Triazolo[l,3-a]pyrimidine, die in vielen Fallen isoliert und fast immer durch eine Dimroth-Umlagerung in die stabileren T P ver- wandelt werden konnen. Als Beispiel wird die Reaktion von 4- Hydroxy-6-methyl-HP (XI) mit Ameisensiiure formuliert. Unter milden Bedingungen (50OC) entsteht iiber die meist nicht isolierte FormyIverbindung XI1 das [4,3-a]-Derivat (XIII)*), das beispielsweise mit Ameisensiiure bei 100 "C in MHT (I) umgelagert werden kann. Sind diese schiirferen Bedingungen von Anfang an gegeben, so laufen beide Reaktionen hintereinander ab. Uber Tab. 3 ist die TP-Synthese aus H P schematisch dargestellt. Der C,-Baustein A ist meist eine Carbonsiiure, ein Carbonskure- oder Kohlensiiurederivat. Duroh seine Wahl konnen wiederum bestimmte Funktionen R' vorgegeben werden. In der Tabelle wird bei den Literaturzitaten zusatzlich auf die Bildung von s-Triazolo- [4,3-a]- (a) bzw. -[1,5- alpyrimidinen (b) sowie auf die Beschreibung der Umlagerung (c) hingewiesen.
Tabelle 3 Synthesen von TP aus HP und C,-Bausteinen
C,-Synthon A R' Literatur
HCOOH
CH,COOH CH,COOC,H, CH,CSSR R'C(OR),
C,H,CHO/Oxid. C,H,C(OR),
C(OR'), CS, C,H,NCS ClCN BrCN R'C(OR)=NH * HCI
a+b: Gemisch a + b ; a/b: a oder b bei milderen bzw. schiirferen Bedingungen
6, I n der [4,3-a]-Reihe so11 hier ebenfalls die Bezifferung der [1,5-a]-Reihe gelten.
OH
307
Bei den aufgefuhrten Reaktionen sind Zwischenprodukte (noch nicht cyclisierte Hydrazinderivate wie XII) denkbar, mitunter auch isolierbar [G3, 66, 1781, die z.T. ihrerseits als bequemes Ausgangsprodukt der Cyclisierung dienen konnen [12,14, 21-24, 89, 105, 1451. Ein Eintopfverfahren fanden Kreutzberger u. a. [63-6"] : 1, %Diketone oder Acetessigester werden mit Hydrazin- N, N'-dicarbonsiure-diamidin (XV) bei 100 "C zu 2-Amino-TP (XVII) umgesetzt; in einigen Fallen [58, 621 ist unter milden Bedingungen die Zwischenstufe XVI isolierbar.
R' I
NH NH
'H,N i', NHNIi' '( NH, R'
- - xv
R'
Bei der TP-Synthese aus H P werden Leichtigkeit und Richtung der Cyclisierung von der Substitution des H P und der Natur des C,-Bausteins beeinfluBt 12, 681. Unter milden Bedingungen kann in vielen Fallen die [4,3-a]-Stufe isoliert werden, so grundsatzlich bci Einsatz aliphatischer Orthoester. Neben die Ringisomerie tritt bei Einsatz unsymmetrisch substi- tuierter H P in den resultierenden T P wiederum eine Stellungs- isomerie, da das Acyl des intermediaren Acyl-HP (Typ XII) grundsatzlich an beiden Kern-N-Atomen des Pyrimidins angreifen kann. Bei der Reaktion von 4-Hydroxy-HP rnit Carbonsauren er- folgt der Angriff vorzugsweise an "3) unter Bildung von 7- Hydroxy-triszolopyrimidinen (z. B. XI11 bzw. I). Umgekehrt er- halt man mit Orthoestern meist Gemische [ll, 12, 141, z.B. XI11 und XIV, und selten nur ein Produkt [26].
0 -i OH I
Die in der heterocyclischen Chemie weit verbreitete Dimroth- Umlagerung [147] lkuft bei s-Triazolo[4,3-a]pyrimidinen in der Regel recht leicht ab, so daB diese Verbindungen bei der Syn- these vielfach nicht oder nur bei vorsichtigem Arbeiten isolierbar sind. Die an sich reversible Reaktion verlauft hier praktisch immer in Richtung auf das thermodynamisch begunstigte [1,5-a]-Pro- dukt [5, 66, 1511. Man beobachtet die Umlagerung einerseits bei Einwirkung von wii13rigen Sauren und Basen, mitunter schon beim Kochen mit Wasser, andererseits beim Erhitzen auf uber 200 "C. Dement- sprechend werden zwei Mechanismen diskutiert [4,86, 1211: Im
Falle der katalysierten Reaktion ddrfte als Primirschritt einr kovalente Hydratisierung (vgl. Abschn. 3.5) unter Addition von OH- in 7-Stellung erwiesen sein; dann offnet sich der Sechsring zu einer Carbonylzwischenstufe (XVIII), deren CO-Gruppe nuu- mehr das nucleophilere N(2) des Triazolrings angreift unter Cycli- sierung zum umgelagerten T P [ l l , 63,661. Die thermische Um- lagerung sol1 hingegen iiber eine zwitterionische Zwischenstufc (XIX) ablaufen [21, 1111. WLhrend es fur den zuletzt genannten Mechanismus keine experi- mentellen Beweise gibt, existieren gute Argumente fur einen Primarangriff des OH- an C(7) [ 2 , 41: Wird dort die Elektronen- dichte verringert oder die Zwischenstufe XVIII stabilisiert, so wird die Umlagerung erleichtert, z.B. durch COOR an C(6) [63]; umgekehrt wird sie in 7-Stellung durch OH erschwert [6, 66, 861, durch COOCH, verhindert [66]. Alkylgruppen in 1-, 5, 6- und 7-Stellung konnen die Umlagerung verlangsamen oder verhin- dern [47, 65, 881. Eindrucksvolle Hinweise auf diesen Mechanismus erbrachten dir Arbeiten von Spickett und Wright [63] sowie Bee und Rose [ 8 0 ] : Bei der Cyclisierung von HP rnit Iminoethern [63] laBt sich die [4,3-a]-Verbindung uberhaupt nur bei R(7) = OH isolieren; an- dernfalls wird sie zu rasch umgelagert. Ferner spricht die Um- lagerung von 7-Methoxyderivaten in wa13rig-alkalischer Losung [86] fur den Weg uber XVIII: Da13 als Endprodukt 7-Hydroxy-TP isoliert wird, ist zwanglos so zu erklaren, daB durch Hydrati- sierung und Ringoffnung die Zwischenstufe XVIII mit der End- gruppe -COOCH, entsteht, wobei anschlieBend Methanol abge- spalten wird. Fur die Retro-Dimroth-Umlagerung eines T P gibt es anscheinend bisher nur ein Beispiel [163], nkmlich die Bildung von 5-Amino- s-triazolo[4,3-a]pyrimidin-6-carbonamid aus 6-Amino-6-cyano-TP unter dem EinfluR des ungewohnlichen Umlagerungsmittels kon- zentrierte Schwefelsaure. Vermutlich wird das Triazol in diesrm Medium mehrfach protoniert, und am nucleophilsten ist dann N(*).
1.3. Weitere Methoden zum Aufbau des Funfrings
Im Gegensatz zur Synthese aus H P ist bei einer Reihe anderer Methoden die fur das TP erforderliche 1,3-Anordnung der N- Atome im Funfring bereits vorgebildet, so in l,%Diamino-pyrimi- dinderivaten wie 2,3-Diamino-pyrimidin-4-onen [144, 1561, 2,3- Diamino-chinazolin-4-onen [87,108,110, 117, 120, 1581 und 2 , 3 - Diamino-pyrimidiniumsalzen [139]. Mit Cyclisierungsmitteln wie in Tab. 3 verlauft die Reaktion nach folgendem Schema :
Tabelle 4 Synthesen von T P nus Pyrimidin-2-yl-amidinen und -amidoximen
/"-N
\ N U R'
H H H
Substituent an C(*) des Pyrimidins
-NH-C( =NH)C,H, (5-0xo-1,2,4-oxa- diazolin-3-yl)-amino- Tetrazol-5-yl-amino- (-NH-CN + NH,OSO,H) -NH- CH=NOH -NH - C( = NOH)CH,
-NH-C( =NOH)NH,
Bedingungen R' Literatur
Oxid. (Pb(Oac),)
H,0/10 0 "C PPA
DMF/ t 55 "C PPA DMF-Acetal, PPA, POCI, oder Pyridin POCI,
[27]
~1461 [146]
[146] [130,151] [1:38]
308
I n anderen Fillen wird zunachst die N-C-N-Briicke des Tri- azolkerns als Substituent am Pyrimidin aufgebaut und im letzten Schritt cyclisiert,, so auf dem Wege iiber Amidin- und Amidoxim- Strukturen (Tab. 4). Aus Pyrimidin-2-yl-sulfimiden und Nitril- oxid erhalt man TP-1-oxide [loo].
1.4. Andere Synthesen
Das TP-System kann aus anderen Azolopyrimidinen durch Um- wandlung des Funfrings gebildet werden, so aus pyrimidin-kon- densierten 1,3,4-Oxadiazolen [80, 94, 99, 136) und 1,3,-I-Thia- diazolen [123]. AlsBeispiel dient die Aminolyse der Oxadiazole XX (R1 = Aryl, R2 = Alkyl oder Aryl).
0 0
R* xx
f r-J HO \ N ~ N
Die Cyclisierung zum Sechsring kann im Falle dcr Benzal-AT aucli mit DichloressigsLure erfolgen [154]. Andererseits ist sie nicht nur von AT-, sondern auch von anderen s-Triazolderivaten aus- gehend moglich [71, 1011. SchlieBlich lassen sich Funf- und Sechs- ring von TP im Eintopfverfahren gleichzeitig aufbauen [lo&, 116,
XXI
1501.
2. Physikalischc Eigenschaften 2.1. U 8-Spektren
Von Allen u.a. [lo] und von Muury [-I] wurden die UV-Spektren der TP im umfassenden Zusammenhang rnit anderen carbazikon- densierten Verbindungen (d.h. bicyclischen Heterocyclen mit einem Stickstoff-Briickenkopf) behandelt. Herangezogen wurden die UV-Spektren bei T P u.a. zur Aufklarung der Tautomerie- verhaltnisse (5. Abschn. 3.1.) und der Protonierung bzw. Disso- ziation (9. Abschn. 3.2.), besonders aber zur Unterscheidung ring- und stellungsisomerer Strukturen (dies besonders vor dem Sieges- zug der NMR-Spektroskopie). In einer neuen Arbeit kommen Rekter u.a. [162] zu dem SchluD, daB sich die vier wesentlichen Strukturtypen, wie sie in MHT und seinen drei Isomeren vorliegen, durch ihre deutlich unterschied- lichen UV-Spektren in neutraler Ldsung (Ethanol, Methanol) charakterisieren lassen :
TYP 1 Typ XXI Typ XI11 Typ XIV
Zur Bestatigung sollen die sehr typischen 13C-NA!!R-, nicht aber die TR- oder lH-NRfR-Spektren hernngezogen werden (vgl. Ab- schnitte 2.2. , 2.3.).
2 Banden (%30, 270 nm) 2 Banden (208, 290 nm) 3 Banden (230, 260, 310 nm) 1 Bande (230 nm)
2.2. I R-Spektren
Wie iiblich werden die IR-Spektren zur Aufklarung von Struktur und Tautomerie herangezogen, aber wiederum auch auf ihre Eig- nung zur Unterscheidung der Isomeren untersucht,. Bereits Allen u.a. [lo] konnten so 6- und 7-Hydroxyverbindungen identifizieren, da bei letzteren die Amid-CO-Bande bei hoheren Frequenzen erscheint [17, 20, 44, 6\61. Nach Reiter u.a. [152] sind auch T P und [1,3-a]-Verbindungeri im Falle der erwahnten vier Isomeren gut unterscheidbar (TP absorbieren urn 10 bis 20 em-l hoher); durch den EinfluD weiterer Substituent,en wird jedoch diese Dif- ferenz iiberdeckt, so daB die IR-Spektren nicht allgemein geeignet sind.
2.3. NMR-Spektren
Die NMR-Spektren der Azaindolizine dienen einerseits - sobald die Spektren der Grundkorper bekannt sind - zur Aufkliirung der Struktur, insbesondere bei Isomeren, andererseits zur Ab- schatzung von Aromatizitat und Elektronendichte [4]. Grundlage der Zuordnungen sind die 'H-NMR-Spektren des unsubstituierten T P bzw. s-Triazolo[4,3-a]pyrimidins [4, 46,88, 111, 1261 sowie ihrer Methylverbindungen [45, lbG]. Fur die Methin-H-Atome des TP liegen die chemischen Verschiebungen 6 (ppm) und die Kopp- lungskonstanten J (Hz) etwa wie folgt [$ 1261:
6 2 3 7 7,19 < 8,52 < 8,87 < 9,OO
Q s q q J,, = 4,4 J,, = 2 J,, = 6,s
Dic chcmischen Verschiebungen fiir die Methylprotonen steigen zwar in derselben Reihenfolge an, doch sind die Unterschiede gering [17, 451. Mukisumi ma. [-IS] folgern aus dem Methylsubstituenteneffekt iLuf die Ring-CH-Signale, daB die Aromatizitat des TP-Rings re - lativ gering ist. Aus den chemischen Verschiebungen wird auf eine Reihenfolge der Elektronendichten an den Ring-C-Atomen wie 7 < 5 < 2 < G geschlossen. Die so erhaltenen Ladungsdich- ten stimmen gut rnit den nach der HMO-Methode erhaltenen Da- ten iiberein. Kleinpeter u. a. [ 1961 fanden lineare Beziehungen - zwischen den nach HMO erhaltenen Elektronendichten an
Ring-C-Atomen verschiedener Azaindolizine und den chemi- schen Verschiebungen der betreffenden Protonen,
- zwischen den Substituentenabschirmungsparametern (fur Sub- stituenten in 2- und 5-Stellung der TP) und den Hummett- Konstanten, wobei diese die Elektronendichteiinderung an C(6) gut wiedergeben.
13C-NMR-Spektren von T P wurden erst seit 1974 in wenigen Fal- len mitgeteilt. Nach Reiter u.a. [162] lassen sich die mehrfach er- wahnten vier isomeren Strukturen 13C-NMR-spektroskopisch einwandfrei identifizieren und dadurch die aus den UV-Spektren gezogenen Schliisse bestatigen. I m Fdle 2-substituierter 6- bzw . 7-Amino-TP-G-carboneter konnten dieselben Autorcn [153] auch durch UV- und I3C-NMR-Spektren keine Unterscheidung treffen ; dies gelang erst nach Verseifung, Decarboxylierung und Desami- nierung an Hand der erhaltenen OH-Verbindungen.
2.4. Mussenspektren
Die Massenspektren werden seit etwa 1968 haufig zur Struktur- sicherung herangezogen. Zu den wichtigsten Substitutionstypen existieren systematische Untersuchungen der Zerfallswege. Der TP-Grundkorper und seine Methylderivate spalten nach Hel- ?nick [106; vgl. 4, 1391 primar entweder HCN (bzw. CH,CN) oder N, ab.
Antonowu u. a. [190] untersuchten den Zerfall zahlreicher 7 - Hydroxy-TP rnit unterschiedlicher Substitution in 2 - , 6- und 6- Stellung. Die Hauptfragmentierung besteht in einer Abspaltung von CO ; darauf folgt entweder eine zweimalige Eliminierung von HCN (bzw. erst von R(,)CN, dann von HCN) oder eine davor ge- schaltete Abspaltung von He. Nnch denselben Autoren [191] laBt sich die Fragmentierung des 5-Methyl-7-mercapto-TP, seiner Thio- ether und des Disulfids durch fiinf gemeinsame Zerfallswege be- schrciben. Schliel3lich berichten Wierer ma. [181] sowie Bornschein u.a. r200] iiber die Massenspektreu des 5-Methyl-7-amino-TP, seiner an der NH,-Gruppe substituierten Derivate und weiterer Sub- stanzen, vorwiegend Metaboliten der 7-Diethylaminoverbindung XXXIX (vgl. Abschn. 4).
2.5. Rontgenstrukturunalysen
Solche Analysen dienten der Unterscheidung eines TP-G-Carbon- esters vom [4,3-a]-Isomeren [lWJ und der Strukturaufklarung
[ 15G] bzw. Konformationsanalyse [177] von TP-Glycosiden. Darubcr hinaus wurden das Silbersalz "'16: Zit. 131 und verschie- dene IKetallkomplexe [z. B. 1741 aufgenommen.
2.6. Elektrochemische Untersuchungen
TP, vor allem MHT u i d seine Derivate, wurderi vielfach potentio- metrisch [.'116: Zit. 79 und 661 und polarographisch [215: Zit. 7 und 331 untersucht, vorwiegend in Zusammenhang rnit Arbeiten zum photographischen Wirkungsmechanismus, aber auch zur qumtitativen Bestimmuiig [194].
2.7. Chronutographie
Zur priparativen Reinigung und Trennung voii T P lLWt sich viel- fitch die Saulenchromi~togr~zpliie einsetzen. Hierbei ist auch die Trennung voii Stellungsisomereri [Sl, 149, 1641 und sogar zwischen T P und den [4,3-a]-Isomeren 1105, 11 11 moglich. Zur Charakteri- sicrung von MHT und seinen Derivaten sowie Isomeren benutzte man anfangs die Papier-, seit etwil 1966 naturgemal3 die Dunn- sc:hicht,chromiLtographie [G3-C;5, 109, 121, 1261. Pfeifer u.a. [180] sowie Bornschein und Tenor [170] behandeln den DC-Nachweis von 6-nlet,hyl-$-smino-TP und verwandten Derivilten sowie MHT.
3. CltcttiiseIies Verhnltcn 3.1. Tautomerae
T P sind zii ,,annular tautomerism" [6] befaliigt, wenti sic H-ncidc Substituenten, wie OH, SH, NH,, tragen. Fur MHT (1) sind drei weitere Strukturcn (la-c) mit Oxogruppen mciglich.
0 ' 0
Hydroxy-TP sind schwache SLuren [ d l l ; 216: Zit. 101. So besitzt MHT einen pK,-Wert von 6,4, steht also in der Aciditat zwischen Carbonsauren und Phenolen; die Isomeren sind etwas schwaaher sauer. MHT wird mit mesomerem Anion formuliert [92, 173). Es bildet Salze rnit primiren und sekundaren aliphatischen Ami- nen, wahrend seine etwas starker sauren Carbonester auch tertiiire Amine binden konnen [17, IS]. Als Salze erkannt wurden auch die ,,2 : 1-Verbindungen", die vielfach bei der Synthese aus 2 mol AT und 1 inol Acetessigester (bzw. analogen Ausgangsstoffen) ent- stehen [18, 22, 36, 46, IGO]. Es handelt sich dabei um Adduktc aus MHT und AT (bzw. ihren Derivaten). Wichtig fur die photographische Wirkung des MHT ist die PL- higkeit, relativ schwer losliche Silbersalze zu bilden [61, 211, 2161. Bekannt sind auch ein 3:2-Ag-MHT-Komplex [2l6: Zit. 141 sowie Salze oder Nomplexe zwischen TP und vielen anderen Schwermetallen [164, 174, 1761.
3.3. Kernalkylierunq
Untersuchungen zur N-Alkylierung bicten Modelle fur Protonie- rung, Tautomerie und Strukturaufklarung, z. B. VOII N-Glycosi- den [S%-84, 131, 149, 156, 1641. Wenn MHT mit Alkylhdogcnid (R'X) und h u g e alkyliert wird, so erhalt man nicht den Ether (XXlI), sondern ein Gemiseh aus "3)- (XXIlI) und N(4)-Alkyl- verbindung (XXIV).
__
0
- - - i b I c
l n den IR-Spektren der meistcn MHT-Derivate urid -1someren sind CO and NH nachweisbar, OH fehlt; im festen Zustand und in neutritler Losung sol1 deshalb eine Lactamstruktur vorliegen [lo, 39, 66, 1751. Ails der Analogie der UV-Spektren von MHT (bzw. seinen Isomeren) und den Alkylierungsprodukten [lo], speziell den 4-Alkylderivaten von gesicherter Struktur [162], wird auf die Lactamform I;L geschlossen. Analog liegt in dem gelben Schwefel- derivat des MHT eine 7-Thioxogruppe vor [lo]. Andererseits kann die ,,Lactim"-Form I fixiert werden, wenn Sub- stituenten in (i-Stellung zur Ausbildung von Wasserstoffbrucken befahigen. So fand man bei Substitut,ion durch C1, Br, Piperidino- methyl [162], Ctubethoxy [172] und p-Tolylazo [119] im IR- Spektrum OH-Banden. Der Versuch, die Tautomcriediskussion durch quaiitcnchemische Datcn zu unterstiitzen, fiihrte zu widerspruchlichen Ergebnissen. Glier u.a. [192, 1931 filnden mit dem PPP-Verfahren bei MHT, seincn Isomeren und den meisten der untersuckiten Derivate die beste Ubereinstimmung im Falle des Strukturtyps l a ; nur bei (i-Chlor- und (LBrom-MHT liegt walirscheinlich Lactim vor (vgl. obigc IR-Ergebnisse). Demgegeniiber meinen Ndray-Szabo und SurjQn [179] a u s Bercchnnngen nach verscliiedenen CNDO-Ver- faliren bei MHT eindeutig die Laotimform als stabilste zu crkcn- ricn.
3.3. ProtoiL ie rung und Ditwozia t ion
Als Ort der Protonierung bei T P wurde a m der NMR-spektro- skopischen Analogir zum Methoiodid (vgl. Abschn. 3.3.) das N- Atom (3) festgestellt [127].
- c xxv
Dasselhe Ergebnis liefert die Alkylierung des Silbersalzes [40, 921 oder die thermische Umlagerung des anders hergestellten Alkyl- ethers (XXII). MHT laBt sich in 3-Stellung auch quarternieren, z.B. mit Tosylaten zum Salz XXV, und dieses dann durch Lauge ebenfalls in das 3-Alkylderivat (XXIII) umwandeln. Die Alkylierung von Hydroxy-TP kann prinzipiell an N(3) [64, 1721 urid N(4) [152] angreifen; meist entstehen Gemische [lo, 14 , 29, 40, 42, 43, 921. Die Quarternierung von TP erfolgt immer ,In N(3) [lo, 92, 106, lGO]; dies wurde durch Abbsu bewiesen [I.'?]. Die ,,Alkylumlagerung" von Alkoxy-TP des Typs XXII vrrlauft nach einem intermolekularen Mechanismus [42] und liefcrt wieder- um Gemische 139, 44, 1491. Bei 7-Allyloxy-TP mit freier &Stel- lung (wie XXVI) tritt nach Makisumi [42] eine konkurriercnde
OCH, CH=CH,
150°C
0 1-1 0
310
Tabelle 5 Elektrophile Substitution an T P in G-Stcllung
R' Reagens Substituent strukturelle Literatur an (3517) Anforderungen
CI, Br CI,, Br,, NBS H, CH, nicht gleichzeitig [31, 1051
GI, Br CI,, Br,, PCI, 5- u./od. 7- [ll, 31, 36, 31, 181
I I,/Base 7-OH/NH2 [18, 1601 I NIS MHT [1%]
R1 = RZ = CH,
OH u./od. NH,
SCN SCN-/Br, MHT l-1601 CH,NRR' CH,O/HNR'R 7-OH [1GOI NO2 Nitriersaure 5/7-OH mindestens [3C, 931
R1 oder R2 = OH N=N-aryl a ryl-N,+ di-OH, R1 und RL 1371
NO HNO, 5-OH-7-NHz r 1401 5-OH-7-NHZ = OH/NH,
o-Claisen-Umlagerung zn XXVII als Hauptreaktion auf; sie verlauft intramolekular iiber einen sechsgliedrigen cyclischen Ubergangszustand. Unabhangig davon, bildet sich die in 3-Strl- lung allylierte Verbindung durch intermolekulare Alkylumlagr- rung. Bei besetzter G-Stellung (XXIX) ist das 5-(Buten-3-yl)-derivat (XXX) das Hauptprodukt. Zugrunde liegt die ,,out of ring"- Wanderung der Allylgruppe zu einer aktivierten Methylgruppie- rung, vermutlich iiber zwei aufeinander folgende Cyclen, jeweils unter Umkehrung der Allylgruppe [43].
OCH, CH-CH, OH
3.4. Elektrophile Substitution
Nach Aussage des 'H-NMR-Spektrums (vgl. Abschn. 2.3.) ist bei TP die hochste Elektronendichte am C-Atom (6) zu erwarten, und auch nur dort wurden elektrophile Substitutionen beobach- tet (Tab. 5). Die Substrate tragen fast immer in 5- und/oder 7- Stellung aktivierende Hydroxy- und/oder Aminogruppen.
3.5. Nucleophile Reaktion am Kern
Eine kovalente Hydratisierung (vgl. Abschn. 1.2.) glauben Dukes ma. [97] eindeutig nachgewiesen zu haben als Zwischen- stadium bei der Hydrolyse des TP-Derivats XXXI. Analoge Pro- dukte der Addition von Wasser, Ethanol oder Indol an 6-Nitro- T P (in 7-Stellung) konnten isoliert werden [134]. Bei der nucleophilen Addition metallorganischer Verbindungen kann anschliel3end der aromatische Zustand zuriickgebildet werden. Nach Einwirkung von Phenyl-Li auf unsubstituiertes T P und anschlieDender Luftoxidation werden 5- und 7-Phenyl-TP isoliert [l05, 1691 ; mit Methyl-Li entsteht 7-Methyl-TP [ 1051.
r 7
3.6. Nucleophile Substitution kernstandiger funktioneller Gruppen
Die Schlusselreaktion fiir die Einfuhrung von 0-, S- und N-Funk- tionen in 5- und besonders in 7-Stellung ist die Chlorierung der entsprechenden OH-Verbindungcn. Halogen in den verschiedenen Positionen der TP-Ringe weist gegeniibrr nucleophilen Partnern sehr unterschiedliche ReaktivitLt auf; im Sechsring nimmt diese in der Reihenfolge 7 > 5 > G ab. 7-Chlorderivate werden schon durch Luftfeuchtigkeit hydrolysiert. Bei Halogen in 6- und 6- Stellung fand bereits Makisumi Einschrankungen der Substituier- barkeit (Tab. C ) : I n 5-Stellung laDt es sich noch austauschen, wird aber auch Amino- und Hydroxygruppen an C(7) zunehmend desaktiviert [33, 1641. In 6-Stellung schliel3lich lLBt es sich selbst bei Aktivierung durch zwei benachbarte Gruppen nur mit wenigen Nucleophilen zur Reaktion bringen [35].
Tabelle G Reaktivitat der 5- und 6-Halogen-TP gegeniiber Nucleophilen
Strukturformel R1 Halogen ersetzbar durch
R' H NH, OH, NH, (1GO"C)
OH, NH, (120°C), SH, SR'
OH -
R'
OH Piperidino, -S-S- NH, Piperidino, -S-
Eine iihnliche Abstufung gibt es bei den Chloratomen des 5-Me- thyl-2,7-dichlor-TP (XXXII) [160]: Bei der Hydrolyse wird zu- erst das 2stLndige Chlor ausgetauscht untrr Bildung von XXXIII, dessen Struktur durch UV- und Massenspektrum sowie Umsetzung zur 7-Methylthioverbindung XXXIV (s. 6. 312) bewiesen wird.
- xxxi Schema 4
31 1
Tabelle 7 Nncleophile Substitution funktioneller Grnppen an TP
Funkt. Strl- Neucr Snb- Reagenzien Literat ur Gruppe lung stituent
CI '1 5
7
OH
OR'
SH
S R
S0,R'
SO,K
NR,'
6
7
5 7
7
5 7
2
r
7
NHR', NR,' OR' NH, NHR', NR,'
NHNH, N3 OH OR'
SH
S R SCN NH,
Amin NaOR' NH3 Amin
N2H4 NaN, H+, OH- NaOR'
Thioharnst .
R'SH/Base SCN -
(+OH-)
NH,
1861
[104,131] p o i , 131,
[67,104]
[I11 130,39,4 1, 61, 92,141,
[ l l , 30-32, 51, 122, 14t]
~411
1-11]
[N]
149, 2031
[ 14 11 [30, 2031 [26, 30-32, 491
NHR', NRL Amin (+NR,) [lb, 30, 3 2 , 49, 122,
NHS0,R NaNHS0,R' NHNH, N,H4
N3 NaN, Pyridininm Pyridin + CI- 1 H I
c1 POCI,, (COCI),
CI POCI,
SH P8, OR" NaOR" OH H+, OH- O R ' NaOR" NHR', NR,' Amin NHNH, N,H, NHR,NR,' Amin NHNH, N,H,
141-143]
[IG, 30, 61, 112, 122, 203j 1111
[511
~491
[32]
[33, 45, 52 , 67, 104, 1401 [ l l , 31, 33, G , 1121 11121
[41, 9'11 [411
WI ~ 4 1 1 [511
[1411 L112]
NHR', NR,' OH
NHR', NR,'
OH OR OH NHNH, NHR", NR,"
NH,
Amin H+ NH3 Amin
OH- NaOR Hf
R"NH,, R,"KH N2H4
- - X X X l I l X X X I V
3.7'. Einfiihrung und Umwandlung von Aminoyruppen am, Kern
Amino- (bzw. Acylamino-) TP konnen durch Hydrierung oder Reduktion von Nitroso- [140], Nitro- [Xi, 931, Arylazo- [37] oder Azidoderivaten [Ill erhalten werden. 6-Aminoverbindungen ver- halten sich wie aromatische Amine und lassen sich in der Regel diazotieren und kuppeln [XI, G-Amino-5,7-dihydroxy-TP aller-
dings nicht. ?-Aminoverbindungen sind ebenfhlls diazotierbnr, reagieren aber z.B. nicht rnit Nitrosovcrbindungen [53J Die 5- und 7-Aminod~rivate waren naeli bisli~riger Ansicht nicht z u dLt- zotieren [36, 461, doch beschreibrn jungst Reiter u . t ~ . [153] dtm Abbau der 7-Aminogruppe durch Diazotieren nnd Verkochcn mit verdiinnter Schwefelsaure zur Hydroxygrupp?. Uber 2- und 6-Diazoniumsalze und deren Reaktion rnit Halogen- wasserstoffslluren sind die cntspr. Chlor- und Rromverbindungen zugllnglich [86,124]. Bei 4-Amino-TP wird die Aminogruppe durcli Diazotieren eliminiert [SO, 1361.
3.8. Seitenkettenreaktionen
Methylgruppen an den C-Atomen des Sechsrings in Nachbarsc4iaft zu N reagieren rnit aromatischen Carbonylverbindungen zu Sty- rylfarbstoffen vom Typ XXXV und XXXVI (11, 41; vgl. [%]). Dabei ist Methyl in 5-Stellung aktiver nls in 7-Stellung; in '1- Stellung reagiert es nicht 1381.
__ x X X V l
Bei der Oxidation von Methylgruppen ist die Reaktivitat 5hnlich abgestuft; 5,7-Dimethyl-TP und die entsprechenden 2-Hydroxy- methylverbindung werden jeweils nur in 5-Stellung zum Formyl- derivat oxidiert [113, 1141. Die 2-Hydroxymethylgruppe lIRt sich mit Bleitetraacetat in die Formylgruppe iiberfuhren [I 151.
3.0. Ringspaltung
Die nucleophile Ringoffnung mit Hydrazin beginnt mit einer Spal- tung zwischen dem Briickenkopf-N und C(7) [4] und verlauft schon bei relativ milden Bedingungen (SO-l2O0C). Aus MHT und seinen Derivaten isoliert man 3-Methyl-pyrilzol-5-on (XXXVI I ) und ein AT-Derivat [85].
OH IiN-N
, L 7 H 0 H,N' A N J. I?'
X Y X V " -
COOH
CH,C,HS
XXXVlIl -__
Die zuniehst verneinte [Sj] Spaltung mit Alkalihydroxid ver- llluft zumindest bei 3- und 4-Alkylderivaten glatt nnd liefert ebenfalls AT [29, 97, 1271. Auch hier erfolgt der Angriff <tm C neben dem N-Bruckenkopf [A]; in Einklang damit konnte cine Zwischenstnfe XXXVIII abgefmgen werden [d9]. MHT nnd seine Derivate werden durch Mineralsauren je nnch Struktur und Bedingungen mehr oder weniger rasch zu AT ge- spalten [al, 2 2 , 38, 140, 160, 1801. In speziellen Fillen scharfer Rsaktionsbedingungen oder u.igewohnlicher Struktur werdcn statt dessen der Triazolring [96, 106, 107, 1311 oder beide Ringe [ 1 181 gespalten.
3.10. Sonstige Reaktionen
Der Hydrierung oder Reduktion unterliegt ausschlieBllch der Secbsring des TP. So werden OH-freie Vertreter rnit H,/Pd oder Natrium/Ethanol in die 4,5,6, 7-Tetrahydro-, rnit LiAIH, in die 4,7-Dihydrovcrbindung iiberfuhrt [105]. 5-Hydroxy-TP dagegen
If1 2
gibt mit H,/Pd die 6,7-Dihydroverbindung [69]. Bedeutung fur Strukturaufklarungen besitzen die katalytische Enthalogenierung (i.allg. mit H,/Pd) und Entschwefelung (mit Raney-Ni). Der H-D-Austausch a n einfachen TP stellt sich im sauren Me- dium als elektrophile Substitution durch D+ in 6-Stellung dar [4, 1281, und zwar an der freien Base, nicht an ihrer protonierten Form. Der basenka,talysierte Austausch verliiuft sehr rasch an C(7), langsamer an C(6), sehr langsam an C(,) und C(5). Das Metho- iodid tauscht an C(2) etwa tausendmal rascher aus als die freie Base [4,105, 1281. Die Befunde sprechen fur einen Ylid-Mecha- nismus.
4. Pharmazeutische und biologische Anwendung Viele der zitierten Arbeiten hatten die Herstellung pharmazeu- tisch und biologisch anwendbarer Substanzen zum Ziel; derartigo Wirkungen werden in einer groden Zahl von Patenten beansprucht. Es handelt sich [4, 1051 u.a. um antipyretische, antiphlogistische, analgetische, antiallergische, vaso- und bronchodilatorische, Anti- tumor- und Antimalariamittel sowie auf biologischem Gebiet um Pestizide, Herbizide, Wachstumsregulanzien usw. [z. B. 2031. Als Beispiele fur phafmazeutisch wichtige Vertreter seien die Vasodila- toren XXXIX (Trapymin, Rocornal) [141, 180, 200, 2021 und X L [135] sowie der Bronchodilator XXXI (ICI 63 197, vgl. Abschn. 3.5.) [201] hervorgehoben.
XL -
5. Photograyhische Anwondung Seit der Entdeckung seiner photographischen Wirkung im Jahre 1935 wurde MHT (I) zunachst bei der AGFA, ab 1945 weltweit von den Filmherstellern eingefuhrt; auch heute ist es als Emulsions- stabilisator in nahezu allen photographischen Materialien ent- halten [%lo-2121. MHT ist augenscheinlich von keinem der un- zahligen hergestellten und grodenteiIs patentierten Derivate uber- troffen worden. Die Ansichten uber den Mechanismus der photographischen Wir- kung des MHT haben sich seit Birr [210] gewandelt. Neben den sehon fruher vorliegenden Erkenntnissen iiber Silbersalzbildung und Adsorption bzw. Chemisorption wurden in neueren Arbeiten Vorstellungen uber Komplexbildungsmechanismen (Cash), uber die Wechselwirkung mit metallischem Silber (Evva), uber das Oxidationspotential (Tani) sowie uber eine gleichzeitige sensibi- lisierende Wirkung (Tani) veroffentlicht [213]. Eine einheitliche Theorie des Stabilisierungsmechanismus existiert jedoch bisher nicht.
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Zur Bestimmung kinetischer Parameter yon heterogenen elektrochemischen Reaktionen an Mikrozylinderelektroden mit Hilfe der cyclischen Voltammetrie
Andreas Neudeck, Jiirgen Dittrich*
Piidagogische Hochschnle Halle-Kothen, F<ichh?reich Chemie, Hdle (Saale), PSB 763, DDR-4002
Summary The use of microcylindrical electrodes for the determination of the rate constant of the charge transfer from the peak sepuration is possible i f the fuiiction between the p w k separation and the rate constant can be approximated as depending on the radius. This dependence is investigated for a reversible, guasireuersible and irreversible charge transfer in the present paper. A s a result a func- tion is developed which makes it possible to calculate the rate constant of the heterogeneous charge transfer if the dependence of the peak separation of the sweep rate and if (x is approximately 5.5. I t is shown that the last dependence of the peak separation has a minimum for microcylindrical electrodes with a radius of a few micrometer, if k < O.OFcm/s. This permits the determination of an optimal sweep rate for analytical problems.
* Korrespondenzautor
%. C/&cni . , 30. Js. (1UD0) l i c / t 0
Einleitung
I n der elektrochemischen Analytik hat die Anwendung von Mikro- elektroden einen festen Platz, da sich diese Elektroden durch ihre AusmaSe, die kleinen Stromstarken und ihre geringen Unter- suchungsvolumina hervorragend zu elektrochemischen Messun- gen in biologischen Materialien als elektrochemische Dedek- toren eignen. So wurden in den vergangenen Jahren fur die Chrono- potentiometrie [I], die Chronoamperometrie p2, 31, die differen- tielle Pulspolarographie [4], die Square-wave-Polarographie [5] und die cyclische Voltammetrie [GI an Mikroelektroden die theo- retischen Grundlagen abgeleitet und eine breite Anwendung vor allem von Pt-, Au-, Kohlenstoff- bzw. Glaskohlenstoffelektroden in der biologischen Analyse sowohl in vitro als auch in vivo durch- gesetzt. Durch Modifizierung der Elektrodenoberfliiche ist mit
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