42
- Alterssicherungskonferenz Vereinte Dienstleistungs- gewerkschaft Bereich Sozialpolitik/ Gesundheitspolitik Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik www.sopo.verdi.de 16. Juli 2007 in der ver.di-Bundesverwaltung der Bereiche Frauen- und Gleichstellungspolitik & Sozialpolitik/Gesundheitspolitik - Alterssicherungskonferenz TAGUNGSDOKUMENTATION sopodoku

TAGUNGSDOKUMENTATION - arbeitsmarkt-und …+file++... · Gestaltung: Hans-Joachim Kalla Fotos: Matthias Reichelt Hinweis: ... Dies gilt sowohl für heutige Rent-nerinnen, als auch

Embed Size (px)

Citation preview

1

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vereinte

Dienstleistungs-

gewerkschaft

Bereich Sozialpolitik/

Gesundheitspolitik

Bereich Frauen- und

Gleichstellungspolitik

www.sopo.verdi.de

16. Juli 2007 in der ver.di-Bundesverwaltung

der Bereiche Frauen- und Gleichstellungspolitik& Sozialpolitik/Gesundheitspolitik

- Alterssicherungskonferenz

T A G U N G S D O K U M E N T A T I O N

sop

od

oku

2

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Herausgeber:

ver.diVereinte DienstleistungsgewerkschaftBundesverwaltung

Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 BerlinPostanschrift: ver.di-Bundesverwaltung, 10112 Berlin

Christian ZahnMitglied des Bundesvorstandes

Verantwortlich:Judith KerschbaumerKontakt: [email protected]

unter Mitarbeit von:Redaktion: Josefine GeierGestaltung: Hans-Joachim KallaFotos: Matthias Reichelt

Hinweis:Wer regelmäßig über alle Veröffentlichungen ausdem Bereich Sozialpolitik/Gesundheitspolitik infor-miert und in den E-Mail- und/oder in den kostenlosenPost-Verteiler für die Sozialpolitischen Informationenaufgenommen werden möchte, schreibt an:[email protected]

Die Sozialpolitischen Informationen sind – wie immer– im Internet kapitelweise abrufbar.

Daneben laden wir ein, unsere Seiten im Netz unterwww.sopo.verdi.dezu besuchen, die weitere Informationen bereithalten.

Bestellhinweis für unsere ver.di-Broschüren: Ein Be-stellvordruck ist im Anhang dieser Broschüre abge-druckt. Er kann auch heruntergeladen werden unterwww.sopo.verdi.de / PUBLIKATIONEN / Bestellen

Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert – fürFehler oder Irrtümer kann keinerlei Gewähr übernom-men werden.

Stand: Juli 2007

ISBN 978-3-938865-26-2

3

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vorwort

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

die 3. Frauen-Alterssicherungskonferenz am 16.7.2007 hat sich mit spannenden

und aktuellen Themen befasst. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben in

einem ersten Teil engagiert darüber diskutiert, wie die Zukunft der Sozialen Siche-

rung für Frauen gestaltet werden muss und welche Kriterien wir künftig an eine

soziale Politik für Frauen anlegen werden. Unverzichtbares Ziel bleibt die Eigen-

ständigkeit für Frauen in der Existenz- und Alterssicherung und im Zugang zum

Arbeitsmarkt sowie individuelle Rechte in den Steuer- und Sozialgesetzen, die den

Rahmen der Erwerbstätigkeit bilden. Insbesondere der Austausch mit Elke Ferner

hat hier gezeigt, dass unsere Forderungen und Vorstellungen auch von Teilen der

Politik mitgetragen werden.

Die inhaltliche Auseinandersetzung um die rechtlichen und gesellschaftlichen

Rahmenbedingungen im zweiten Teil der Konferenz hat gezeigt, dass die Hinter-

bliebenenabsicherung ein für viele Frauen immer noch unverzichtbarer Bestand-teil ihrer Alterssicherung ist. Sie muss jedoch an sich wandelnde gesellschaftliche

Strukturen angepasst werden. Vor diesem Hintergrund hat ver.di bereits sehr früh

eine Position zur Hinterbliebenenabsicherung entwickelt, die nun für eine breite

Diskussion zur Verfügung steht.

Fazit der dritten Frauen-Alterssicherungskonferenz ist das Bestreben, bei allen

künftigen Reformen die Aus- und Wechselwirkungen von Maßnahmen auf Frauen

in den Fokus zu nehmen.

In diesem Sinne wünschen wir allen Teilnehmerinnen, Teilnehmern eine interes-

sante Lektüre.

Margret Mönig-Raane Christian Zahn

Stellvertretende ver.di-Vorsitzende Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes

Hannelore Buls Judith Kerschbaumer

Bereich Frauen- und Leiterin des Bereichs

Gleichstellungspolitik Sozialpolitik/Gesundheitspolitik

Berlin, im Juli 2007

4

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

5

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Inhalt

Begrüßung und Eröffnung

Christian Zahn, Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes 7

Zur Zukunft der sozialen Sicherung für Frauen

Margret Mönig-Raane, stellv. ver.di-Vorsitzende 9

Wie muss Sozialpolitik für Frauen gestaltet werden?

Judith Kerschbaumer, Leiterin ver.di-Bereich Sozialpolitik/Gesundheitspolitik 12

Soziale Politik für Frauen?

Elke Ferner, stellvertr. Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion 15

Hinterbliebenenabsicherung aus verfassungsrechtlicher Sicht

Susanne Hüttmann-Stoll, Richterin am Bundessozialgericht 20

Individualisierung der Alterssicherung der Frau in Deutschland?

Michaela Willert, Diplom-Soziologin, Freie Universität Berlin 26

ver.di-Position zur Hinterbliebenenabsicherung 33

Aus dem Tagungsgeschehen 39

Bestellschein 40

Beitrittserklärung 41

Liste der ver.di-Landesbezirke 42

6

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

7

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Begrüßung und Eröffnung

Christian Zahn

ver.di-Bundesvorstand,Leiter Ressort Sozial-politik

Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,

zu unserer Frauenalterssicherungskonferenz, die dieBereiche Sozialpolitik/Gesundheitspolitik und Frauen-und Gleichstellungspolitik bereits zum dritten Mal ge-meinsam veranstalten, heiße ich euch/Sie herzlichwillkommen.

Während bei der ersten Veranstaltung am 19.9.2003die Zukunftsperspektiven der Alterssicherung vonFrauen und im Besonderen das Thema Unisex-Tarife,die wir bei der Riester-Rente ja auch durchsetzenkonnten, im Vordergrund standen, haben wir uns beider zweiten Frauenalterssicherungskonferenz am1.12.2005 besonders mit der betrieblichen Altersver-sorgung und deren frauenspezifischen Aspekten be-fasst.

Bei der heutigen, dritten Veranstaltung stehen zweiAnliegen auf der Agenda:

Im ersten Teil wollen wir uns mit der Frage befassen,wie Sozialpolitik ausgerichtet sein muss, um ge-schlechtergerecht zu sein. Beispiele aus der jüngstenVergangenheit werden zeigen, dass hier eine gewisseSchieflage zu Lasten von Frauen eingetreten ist. DieseZusammenhänge aufzeigen, diskutieren und Lö-sungsmöglichkeiten andenken, ist der Schwerpunktdieses Vormittags.

Dazu freue ich mich, meine Kolleginnen MargretMönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende von ver.di,und Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozial-politik/Gesundheitspolitik, begrüßen zu können.

Aus Sicht der Politik wird uns Elke Ferner, stellvertre-tende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ant-

worten geben. Liebe Elke, wir freuen uns sehr, dassdu dir die Zeit genommen hast, mit uns zu diskutie-ren.

Der zweite Teil dieser Konferenz nach der Mittags-pause gehört einem für die Alterssicherung vonFrauen sehr wichtigen Thema: Die Hinterbliebenen-absicherung, technisch als „Renten wegen Todes“ be-zeichnet. Etwa 16 Prozent der gesamten Rentenaus-gaben, knapp 40 Milliarden Euro jährlich, werden fürdiese Renten aufgewandt. Darunter fallen Witwen-,Witwer- und Waisenrenten. Den größten Anteil stel-len die Witwenrenten dar, also eine Form der Alters-sicherung, die weit überwiegend Frauen zugutekommt. Und hier zeigt sich auch die Brisanz des The-mas. Die Hinterbliebenenabsicherung ist von Seitender BDA in einem nicht sehr bekannten Positionspa-pier als Einsparmöglichkeit ausgemacht worden. Davon der Hinterbliebenenabsicherung abergrößtenteils Frauen profitieren, werden Männer keinimmenses Interesse daran haben, diese Alterssiche-rung in der heutigen Form zu erhalten. Für sehr vieleFrauen machen Witwenrenten fast die Hälfte ihrer Al-terseinkünfte aus. Dies gilt sowohl für heutige Rent-nerinnen, als auch für die Rentnerinnen von Morgenoder Übermorgen.Leider erzielen Frauen mit ihrer eigenen Erwerbsarbeitimmer noch nur rund ¾ der Erwerbseinkommen derMänner; ein Fakt, der sich in der Rentenhöhe unmit-telbar niederschlägt. Und leider verzichten immernoch viele Frauen gerade in der Familienphase aufeine im Hinblick auf ihr Alter existenzsichernde Er-werbsarbeit. Zum Teil, weil es mit Familienarbeit kom-binierbare Teilzeitarbeitsplätze immer noch nicht inausreichender Anzahl gibt.Zum anderen Teil wählen Frauen vielfach unfreiwilligMinijobs, die so gut wie nichts für ihre Alterssiche-rung beisteuern. Um so wichtiger ist es, dieses Themaanzugehen und zu diskutieren. Die Kolleginnen ausdem Bereich Sozialpolitik und dem Bereich Frauen-und Gleichstellungspolitik haben bereits begonnen,in der Organisation eine Positionsfindung, die imSpannungsverhältnis zwischen dem Festhalten an ei-ner – wenn auch tradierten – Absicherungsform undder sehr berechtigten Forderung nach einer eigen-ständigen sozialen Absicherung von Frauen steht,einzuleiten. Die Ergebnisse der heutigen Konferenz

8

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

werden dabei in die Positionsfindung einfließen undsie abrunden.

Dazu freue ich mich besonders, dass wir zwei versier-te Expertinnen auf dem Gebiet gewinnen konnten, zuuns zu kommen.Sehr herzlich begrüßen möchte ich Frau SusanneHüttmann-Stoll, Richterin am Bundessozialgericht inKassel und langjährige Mitstreiterin der ehemaligenBundesverfassungsrichterin Dr. Renate Jäger.

Frau Hüttmann-Stoll, Sie werden uns Ihre Überlegun-gen zu den verfassungsrechtlichen Aspekten vortra-gen.

Weiterhin herzlich willkommen heißen möchte ichFrau Michaela Willert, Diplom-Soziologin an der Frei-en Universität Berlin, die die Frage der Hinterbliebe-nenabsicherung aus soziologischer Sicht beleuchtenwird.

Ich bin sicher, dass wir nach den beiden interessantenVorträgen viel Diskussionsstoff haben werden.

Gleich hier möchte ich euch/Ihnen zusagen, dass wir

diese Tagung noch vor der Sommerpause dokumen-tieren und jeder Teilnehmerin zusenden werden

In diesem Zusammenhang freue ich mich auch, euch/Ihnen die druckfrische 12. Ausgabe der Sozialpoliti-schen Informationen an die Hand geben zu können.Die Sozialpolitischen Informationen belegen seit Jah-ren beeindruckend das gute und konstruktive Zusam-menwirken mit den Frauen, den Seniorinnen und Se-nioren, und seit zwei Jahren auch mit dem Funktions-bereich Sozialpolitik der IG Metall.

Eine ganz persönliche Anmerkung möchte ich ab-schließend machen. Dies wird für mich die letzte sozi-alpolitische Veranstaltung als ver.di-Bundesvorstands-mitglied sein. Deshalb möchte ich mich mit dieserKonferenz von euch/Ihnen verabschieden. Ich meine,gerade mit dieser Konferenzreihe, die sicher fortge-setzt werden wird, zeigt sich der Geist von ver.di vonseiner besten Seite: Kräfte bündeln und gemeinsamAntworten auf drängende Fragen finden.

Ich wünsche der 3. Frauenalterssicherungskonferenzeinen guten und interessanten Verlauf. Vielen Dank.

Begrüßung und Eröffnung

9

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Margret Mönig-Raane

Zur Zukunft der sozialenSicherung für Frauen

Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Kolleginnen und Kollegen,

die meisten von uns denken mit Freude an die Zeitnach der Erwerbstätigkeit. Aber wirklich freuen kön-nen wir uns darauf nur, wenn diese Zeit durch ausrei-chende Renten auch existentiell abgesichert ist. Dieeigenständige Absicherung für das Alter ist allerdingsnoch nicht für alle Frauen erreicht und es ist unser er-klärtes Ziel, daran weiter zu arbeiten.

Mit der Tagung heute führen wir unsere sozialpoliti-sche und frauenpolitische Debatte über die Weiter-entwicklung der sozialen Sicherung für Frauen fort.Wir haben dazu mit der vor kurzem politisch begon-nenen Diskussion über die Zukunft der Hinterbliebe-nenabsicherung auch wieder einen aktuellen Anlass.

Wir müssen derzeit zur Kenntnis nehmen – auch inanderen sozialpolitischen Zusammenhängen – dassimmer dann, wenn die Finanzierung einer Sozialkassegefährdet erscheint, es Sparvorschläge gibt, die beiLeistungen für Frauen einsparen sollen. Deshalb wirdderzeit politisch auch die Hinterbliebenenabsicherungin der gesetzlichen Rente zur Disposition gestellt.

Frauenpolitisch ist ver.di da in einer Zwickmühle. Seitlangem sprechen wir uns für die Eigenständigkeit inder sozialen Sicherung aus. Dazu passt die Hinterblie-benenrente als eine aus der Ehe abgeleitete Absiche-rung überhaupt nicht. Wir wollen, dass Frauen eigen-ständig ihre Existenz sichern und so auch eine eigen-ständige Alterssicherung erreichen können.Auf den vorhergehenden Frauen-Alterssicherungs-

Margret Mönig-Raane

Stellv. ver.di-Vorsitzende

konferenzen haben wir aber bereits festgestellt, dassFrauen derzeit noch nicht auf die Hinterbliebenenab-sicherung verzichten können. Der Grund dafür wirdbereits in der Erwerbshase gelegt und das gilt auchheute noch, nicht nur für die jetzige Rentnerinnen-Generation.

In der aktuellen Erwerbsgeneration sieht das so aus1:Anders als bei den Männern, wo im Jahre 2003 nur2 % der 35- bis 45jährigen vom „Unterhalt durchAngehörige“ gelebt haben, sind es bei den Frauenimmer noch im Durchschnitt 26 %. Allerdings findenwir hier wieder den typischen Unterschied zwischenWest 31 % und Ost 4 %. In den neuen Bundeslän-dern kommt dann aber noch eine hohe Abhängigkeitvon Sozialleistungen hinzu, die bei Männern mit18 % und Frauen 19 % etwa gleich ist.

Das sind die Zahlen der heute Erwerbstätigen. Zu ver-muten ist, dass mindestens in dieser Höhe eine nichteigenständige Versorgungsnotwendigkeit im Alterauch in Zukunft entstehen wird. Noch nicht berück-sichtigt ist dabei, dass auch von den durchschnittlich63 % der Frauen, die von eigenem Einkommen leben,eine Vielzahl auf eine zusätzliche Absicherung ange-wiesen sein werden. Ihre Einkommen sind sehr oft zuniedrig, auch bei Vollzeit, um zur Existenzsicherungund Altersvorsorge ausreichend zu sein. Hinzukommt der hohe Teilzeitanteil bei der Frauenerwerbs-tätigkeit, was ebenfalls zu nicht ausreichender Alters-vorsorge führt.

Da wir uns heute mit der Zukunft der sozialen Siche-rung für Frauen befassen, werde ich auf die Zahlender heutigen Rentner/innen nicht weiter eingehen.Nur soviel: Etwa 17 % der aktuellen Rentenausgabenentstehen derzeit für die Hinterbliebenenabsicherung.Es ist also nicht wirklich verwunderlich, dass die Poli-tik bei Kostenüberlegungen zur gesetzlichen Rente andiesem Punkt ankommt und Arbeitgeber zur Sen-kung ihrer Sozialbeiträge ganz offen die Aufhebungder Hinterbliebenenabsicherung fordern.

Gleichzeitig macht diese Zahl (17 %) sehr deutlich,dass wir nicht von heute auf morgen auf diese Artder Alterssicherung verzichten können, gerade in An-betracht der vorher genannten Zahlen zu den heuteerwerbstätigen Frauen.

Auch schnell herbeizitierte Lösungsvorschläge, wiedie Idee von einer bedarfsgeprüften Grundsicherung

1 PD Dr. Sabine Berghahn und Petra Rostock, Vortrag 11. Sept. 2006,angegebene Quelle: Siebter Familienbericht.

10

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

für Frauen, die sonst Hinterbliebenenrente beziehenwürden, sind nicht akzeptabel.

Für Frauen- und Sozialpolitiker/innen stellt sich alsodie Frage, wie es für die Zukunft erreicht werdenkann, dass Frauen von der abgeleiteten Rente unab-hängig (oder zunächst einmal unabhängiger) wer-den. Wichtig scheinen schon einmal grundsätzlichlängere Übergangsfristen zu sein, wenn man sichdenn auf eine Änderung geeinigt haben sollte. Undum an solchen ungeklärten Stellen weiter zu kom-men, ist oft ein Blick in die Historie hilfreich.

Deutschland ist eines der wenigen Länder, das nochbis 1977 die Hausfrauenehe gesetzlich festgeschrie-ben hatte. Die staatlichen Konstruktionselemente imSozial-, Steuer- und Arbeitsrecht waren traditionellauf die Nichterwerbstätigkeit der Frauen ausgerichtet.Sie stützen auch heute noch das modernisierte Er-nährermodell (Mann Vollzeit/Frau Teilzeit) und dievon der Ehe und dem ehelichen Unterhalt abgeleiteteVersorgung von Frauen. Die Hinterbliebenenabsiche-rung ist eines der davon übrig gebliebenen Elemente.

Frauen wurden und werden durch diese Rechtskon-struktionen so behandelt, als seien sie tatsächlichdurch das Einkommen und die soziale Sicherung desMannes „versorgt“, was aber zunehmend nicht mehrstimmt. Und in der Realität haben diese Regelungenauch den „Erfolg“, dass Frauen (trotz formaler Ge-schlechtsneutralität der Gesetze) aus der Erwerbstä-tigkeit ferngehalten werden, indem sie in ihrer Er-werbstätigkeit und besonders in kritischen Lebens-phasen immer wieder auf die Alternativsicherungdurch die Ehe verwiesen werden.

Jüngstes Beispiel für diese Ausrichtung staatlicher So-zialpolitik ist die Hartz IV-Regelung, wo die Anrech-nung des Partnereinkommens dazu führt, dass Frau-en aus der aktiven Wiedereingliederung faktisch aus-geschlossen werden, weil sie als versorgt gelten. Dassdie staatliche Sozialpolitik sich in schwierigen Zeitenwieder verstärkt der Subsidiarität (d. h. dem Vorrangder Leistungen der Familie vor den Leistungen der so-zialen Sicherung) zuwendet, zeigt auch die kürzlicherfolgte Ausweitung der Unterhaltsverpflichtungenauf nicht verheiratete Bedarfsgemeinschaften.

Das deutsche System der Existenzsicherung baut alsonach wie vor auf einer starken Ehezentrierung auf,die auch zu Lasten von Unverheirateten angewandtwird.

Völlig unpassend ist an dieser Stelle deshalb eigent-

lich eine Debatte um die mögliche Abschaffung derHinterbliebenenrente – es sei denn, die Sozialpolitikverfolgte tatsächlich weiter eine Privatisierung von so-zialen Risiken, wie sie es auch in der Arbeitsmarktpo-litik getan hat. Dies scheint der Fall zu sein und dasist für uns völlig inakzeptabel!

Wir müssen daher eigene Alternativen denken undentwickeln, wie die soziale Sicherung der Frauen ge-währleistet werden kann, ohne wieder auf die vonder Ehe abgeleiteten Ansprüche zu verfallen.

Da viele der Möglichkeiten zur Verbesserung der Al-terssicherung von Frauen innerhalb der gesetzlichenRentenversicherung bereits genutzt bzw. teilweiseausgeschöpft sind, muss der Schlüssel also einerseitsin der Erwerbstätigkeit der Frauen liegen. Die Frauen-erwerbsquote muss weiter erhöht werden, besondersaber die existenzsichernde Erwerbstätigkeit in Vollzeitoder vollzeitnaher Teilzeit. Dazu gehören auch dieentsprechenden Rahmenbedingungen wie Elterngeldund Kinderbetreuung. Und die Verdienste von Frauenmüssen generell erhöht werden. Soweit die bereitsvielfach diskutierten Abhilfemöglichkeiten.

Ich möchte hier mit unseren Forderungen einenSchritt weiter gehen.

Da wir wissen, dass unser Steuer-, Sozial- und Ar-beitsrecht in seinen Grundzügen für die Nicht-Inte-gration von Frauen im Arbeitsmarkt mit verantwort-lich ist, müssen hier entscheidende Weichen neu ge-stellt werden. Die ver.di-Frauen haben diese Fragenbereits auf ihrer Bundesfrauenkonferenz2 in diesemJahr diskutiert und es sind wichtige Forderungenentwickelt worden:

Wir brauchen eine grundsätzliche Umsteuerungvon der ehezentrierten auf eine individuelle sozia-le Sicherung, auch und gerade weil davon vieleFrauen faktisch ausgeschlossen werden. Der Staatdarf mit seinen Regelungen nicht länger dasmännlich orientierte Ernährermodell stützen.

Dazu gehört grundsätzlich auch, dass nicht län-ger bestimmte Partnerschaftsmodelle geradezuzwanghaft unterstellt und entweder privilegiertwerden (wie die Ehe) oder mit Sanktionen belegtwerden (wie die eheähnliche Gemeinschaft). Waswir für die Zukunft brauchen, ist ein egalitärerAnsatz für Frauen und Männer als Zielvorstellungfür unsere Gesellschaft.

Vortrag Margret Mönig-Raane

2 Forum der ver.di-Bundesfrauenkonferenz 2007 „Die Frau lebt nicht vomMann allein“.

11

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

In der Zuspitzung der rechtlichen Situation in Be-zug auf Unterhaltspflichten zeigt sich außerdem,dass die propagierten Modelle nicht mehr wirk-lich tragfähig sind. Dennoch werden Frauen zu-nehmend wieder in deren Einstandspflichten ver-wiesen. Die unterstellte Versorgung in der Familiedarf deshalb nicht länger als Basis sozialer Siche-rung betrachtet werden und die Subsidiarität istdementsprechend aufzuheben.

Folgerichtig für die gesetzliche Rente ist dabei dieAbschaffung der Hinterbliebenenabsicherung,weil diese trotz hoher solidarischer Belastung fürviele Beitragszahlenden nur für die privilegierteEhe gilt, und zwar insbesondere bei der Haus-frauen- bzw. Einverdienst-Ehe Vorteile bringt,auch noch teilweise im modernisierten Ernährer-modell.

Allerdings müssen vorher andere Weichen gestelltwerden, damit eine Rücknahme der Hinterbliebe-nenabsicherung nicht einfach auf dem Rückender Frauen ausgetragen wird. Auch ein Ersatz derHinterbliebenenabsicherung durch die bedürftig-keitsgeprüfte Grundsicherung ist nicht akzepta-bel.

Dazu gehören alle gesetzlichen Änderungen undUmsetzungs-Maßnahmen, die die Erwerbstätig-keit, den Zugang zum Arbeitsmarkt und den Ver-dienst von Frauen verbessern.

Insbesondere erwarten wir einen wichtigen Im-puls von einer Reform der Ehegattenbesteuerung3

und einer verbesserten Kinderbetreuung – dennbeides ist mit hoher Anreizwirkung für die Er-werbstätigkeit und eigenständige Existenzsiche-rung für Frauen versehen.

Auch die angrenzenden sozialen Versicherungen,insbesondere die Arbeitsmarktpolitik, müssen ih-ren Subsidiaritätsansatz verlassen. Wenn schonGleichstellung der Geschlechter im Sozialgesetz-buch II ganz vorne angestellt wird, dann dürfenseine Regelungen nicht nur auf die Arbeitsver-pflichtung ausgerichtet sein. Sie müssen auchwirkliche Integrationschancen für Frauen beinhal-ten.

Solange die gleichgestellte Absicherung für dasAlter noch nicht verwirklicht ist, muss in der ge-setzlichen Rente die Anrechnung der Kindererzie-

hung einen Vorrang gegenüber den Absiche-rungselementen erhalten, die ausschließlich ausder Ehe abgeleitet werden. Und sie muss gegenü-ber heute noch verbessert werden4.

Und zur betrieblichen und privaten Altersvorsor-ge, die Frauen bisher nur höchst unzureichendzugänglich ist, ist es absolut notwendig, dassFrauen entsprechend ihrer guten Ausbildungenauch beruflich eingesetzt und diskriminierungsfreibezahlt werden.

Bleibt noch ein Wort zu sagen zur Aufgabe der Ge-werkschaften. Wir müssen in unserer Tarif- und vorallem in der Betriebsarbeit dazu beitragen, dass Frau-en diese Chancen auch umsetzen können. Wir müs-sen junge Frauen ermutigen, erwerbstätig zu bleiben,auch wenn sie Kinder haben. Wir wollen mit dafürsorgen, dass der zunehmende Pflegebedarf in den Fa-milien nicht dazu umgemünzt wird, dass wieder dieFrauen dies allein zu leisten haben. Einen aktuellenAnsatz, wie der Verbleib im Arbeitsmarkt hier gesi-chert werden kann, ist derzeit beispielsweise das inder Planung befindliche Pflegezeitgesetz, das auchauf Initiative der Gewerkschaftsfrauen entsteht. Undwir müssen Männer motivieren, sich an Hausarbeitund Kindererziehung gleichberechtigt zu beteiligen.Hier erwarten wir einen wichtigen Beitrag von unse-rer Genderpolitik.

Und ganz wichtig ist, dass Frauen selber selbstbe-wusster und selbstbestimmter ihr Leben gestalten –gemeinsam und solidarisch mit Gleichgesinnten –dann können Politik und öffentliche Meinung garnicht anders, als diesen Willen, die Projekte umzuset-zen. Danke für eure Aufmerksamkeit.

Vortrag Margret Mönig-Raane

4 Siehe dazu Beitrag von Frau Diplom-Soziologin Michaela Willert.

3 Ersatz des Ehegattensplitting z. B. durch das ver.di-attac-Modell (neueSteuersätze und variable Freibeträge).

12

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Vortrag Judith Kerschbaumer

Judith Kerschbaumer

Leiterin ver.di-BereichSozialpolitik/Gesundheitspolitik

Wie muss Sozialpolitik für Frauengestaltet werden?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,

wie muss Sozialpolitik für Frauen gestaltet wer-den? Viele Kolleginnen und Kollegen werden sichfragen, warum wir dieses Thema in diese Konferenzeingebracht haben. Brauchen wir eine Sozialpolitikspeziell für Frauen? Reicht es nicht aus, dass Sozial-politik sozial und solidarisch gestaltet ist? Nein!

Meine Kollegin Margret Mönig-Raane hat die Forde-rungen von ver.di nach einer Umsteuerung von einerehezentrierten zu einer individuellen und eigenstän-digen sozialen Sicherung sowie die notwendigen Ver-besserungen der Zugangsmöglichkeiten der Frauenzu allen Ebenen des Arbeitsmarkt begründet.

Dies möchte ich mit meinem Beitrag um weitere As-pekte ergänzen und fortführen.

In den letzten Reformen hat sich eine Politik zuguns-ten von langjährigen, durchgängigen, nicht vonArbeitslosigkeit bedrohten und damit meistmännlichen Erwerbsbiographien eingeschlichen.Zugespitzt könnte man dies als „Alte-Herrn-Politik“bezeichnen. Die Gewinner, wenn man solche bei denletzten Reformen überhaupt ausmachen kann, sindErwerbsbiographien, die unserem bekannten Muster-Standardrentner entsprechen. Diese Biographien stel-len in unserer Gesellschaft aber nicht mehr dieMehrheit dar, sondern zwischenzeitlich und in Zu-kunft noch viel mehr, die Minderheit. Verlierer sind

damit zumeist Frauen, Teilzeitbeschäftigte, Mini-jobber/innen, Erwerbsgeminderte, unterbroche-ne Erwerbsbiographien und Arbeitslose, zusam-men die neue Mehrheit in unserer Gesellschaft –zumeist Frauen, aber auch und immer mehr Männer.

Zur Verdeutlichung möchte ich vier sehr aktuelle Be-spiele aus den jüngsten Reformen ansprechen unddamit meine These, dass sich Sozialpolitik derzeit zueiner Alte-Herrn-Politik entwickelt, untermauern. ImAnschluss daran möchte ich versuchen, die künftigenMesslatten und Kriterien zu beschreiben, die wir aussozialpolitischer Sicht anlegen müssen.

1. Die Altersrente für besonders langjährigVersicherte

Diese neue Rentenart wurde durch das „RV-Alters-grenzenanpassungsgesetz, kurz auch als „Rente mit67“ bezeichnet, das der Bundesrat am 30.3.07 verab-schiedet hatte, eingeführt. Anlass für die Einführungwar die sehr begründete Sorge, dass viele Menschendie Rente mit 65 und schon gar nicht mit 67 errei-chen („Dachdecker-Diskussion“).

Diejenigen Versicherten können diese neue Rentenartin Anspruch nehmen, die eine Wartezeit von 45 Jah-ren erfüllen. Zu dieser Wartezeit zählen zwar Zeitender Kindererziehung und Kinderberücksichtigung biszum 10. Lj. eines Kindes; Beitragszeiten aus demAlg I- und Alg II-Bezug nicht. Ebenso nicht zählendie Zeiten aus einem Versorgungsausgleich. Nunstellt sich die Frage, wer diese Rentenart überhaupt inAnspruch nehmen kann. Beim Rentenzugang 2004hätten über 90 Prozent der Frauen und rund 70 Pro-zent der Männer diese Regelung nicht in Anspruchnehmen können. Hinzu kommt, dass diejenigen, dielange Erwerbszeiten haben, auch zumeist überdurch-schnittlich hohe Renten erzielen (Männer rd. 57 EP,Frauen rd. 42 EP). „Diese neue Rentenart soll rund2 Mrd. # jährlich kosten – 2 Mrd. #, die überwiegendMännern zugute kommen, aber alle finanzieren müs-sen. Mit diesem Geld hätten in etwa z. B. die Ab-schläge bei den Erwerbsminderungsrenten, die vordem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden,abgeschafft werden können. Davon hätten alle dieje-nigen etwas gehabt, die dem physischen und psychi-schen Druck ihrer Tätigkeit nicht mehr gewachsen

13

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Judith Kerschbaumer

sind – unabhängig vom Geschlecht. Deshalb ist dieseRentenart, die vorwiegend Männern zugute kommt,aus sozialpolitischer Sicht zugunsten einer Verbesse-rung bei den EM-Renten zurückzunehmen.

2. Minijobber/innen und der Verzicht auf dieRentenversicherungsfreiheit

Bevor ich einige Worte zu diesem Dauerproblemsage, möchte ich betonen, dass sich ver.di aus sozial-politischer Sicht für die Abschaffung dieser Beschäfti-gungsformen einsetzt, da sie weder zu einer finanzi-ellen Existenzsicherung führen, und schon gar nichtdie soziale Absicherung im Bereich der Gesundheit,Pflege und Alterssicherung bewirken.

Aus Alterssicherungssicht liegt neben der Existenzdieser Beschäftigungsformen eines der größten Pro-bleme im sog. Verzicht auf die Rentenversiche-rungsfreiheit. Zum einen versteht kaum jemand die-se Rechtsfigur, denn wer verzichtet schon gerne aufeine gewährte Freiheit? Zum anderen wird kaumdafür geworben, durch den Verzicht auf die Renten-versicherungsfreiheit die für Frauen so wichtigenPflichtbeitragszeiten zu erreichen. Dabei liegen dieVorteile auf der Hand:

die Vorversicherungszeiten für die EM-Rente wer-den erfüllt,

Frauen haben die Möglichkeit, aus eigenem Rechtzu riestern,

diese Zeiten zählen zur Wartezeit von 45 Jahrenbei der Altersrente für besonders langjährig Versi-cherte.

Und das alles für die Differenz von 15 % Beitragssatzzu 19,9 %, also 19,60 # monatlich.

Hier wäre es erforderlich, dass die Politik, die sich hiervornehm zurückhält, aktiv wird. Und wenn schoneine wirkliche Bagatellgrenze derzeit nicht durchsetz-bar ist, dann sollte zumindest in der gRV vom Ar-beitgeber der aktuelle Beitragssatz zu entrich-ten sein, damit diese Beiträge Pflichtbeitragsqualitäterhalten und zur besseren Alterssicherung von Frauenbeitragen.

3. SozialversicherungsfreieEntgeltumwandlung

Wie schnell politische Kompromisse vergessen sind,zeigt das jüngste Paradestück der Politik, die sozial-versicherungsfreie Entgeltumwandlung. Die Sozialver-sicherungsfreiheit der Entgeltumwandlung wurde alsbefristete „Anschubfinanzierung“ 2002 eingeführtund sollte Ende 2008 entfallen. ver.di hat in diesemBereich zahlreiche sehr gute Tarifverträge abgeschlos-sen, bei denen die Arbeitgeber ihre Sozialversiche-rungsersparnis (rund 20 # bei 100 # umgewandel-tem Entgelt der Arbeitnehmer/innen) ganz oderteilweise an ihre Beschäftigten weitergeben. Die Ar-beitgeber hatten damals immer wieder beteuert, dasssie an der zusätzlichen Altersvorsorge ihrer Beschäf-tigten nicht verdienen wollen. Viele profitieren aberdavon.

Auch sollte die Entgeltumwandlung nicht ersetzende,sondern ergänzende Vorsorge sein. ver.di hat deshalbin seinem aktuellen Beschluss des Bundesvorstandeszwei Modelle vorgestellt, die sowohl die gesetzlichenRentenanwartschaften nicht schmälern als auch dieArbeitgeber nicht aus der Verantwortung entlässt.

Denn bei genauerem Betrachten fällt Folgendes auf:

Die sozialversicherungsfreie Entgeltumwandlung nut-zen diejenigen, die es sich leisten können. Dies sindin der Mehrzahl Männer. Frauen mit geringeren Ver-diensten und Teilzeitbeschäftigte können selten dieerforderliche Entgeltumwandlung betreiben. Die ausder geringeren Verbeitragung resultierende Niveauab-senkung haben aber alle, Frauen, Männer undinsbesondere die Rentnerinnen und Rentner zu tra-gen. Das ist Politik nach dem Motto: Wer hat, demwird gegeben! Da haben Frauen immer das Nachse-hen.

Neben einer betrieblichen Altersversorgungs-Politikdie nicht zulasten der gesetzlichen Rentenversiche-rung geht und die die Arbeitgeber nicht aus der Ver-antwortung entlässt, muss gerade in der betriebli-chen Altersversorgung dafür gesorgt werden, dassdas Risiko der Erwerbsminderung obligatorischabgesichert wird und endlich Unisex-Tarife auchbei Betriebsrenten eingeführt werden.

14

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

4. Rentenrechtliche Absicherung für Pflege

Regelrecht im Regen stehen gelassen werden Frauen,die privat Pflegeleistungen für Angehörige erbringendurch den Beschluss des Koalitionsausschusses vom19.6.07 zur „nachhaltigen Weiterentwicklung derPflegeversicherung“. Heute erwerben in den altenBundesländern privat Pflegende, zumeist Frauen, für1 Jahr privater Pflege in der Pflegestufe 1 (14 Std./wöchentlich) einen monatlichen Rentenanspruch vonrund 7 #, in den neuen Bundesländern noch weniger.ver.di fordert hier seit langem neben der Gleichbe-handlung von Pflegeleistungen in Ost und Westeine wesentlich bessere rentenrechtliche Absi-cherung, die sich direkt auf die Rentenbiographienvon Frauen auswirkt. Nach zahlreichen Gesprächenwurde dieses Problem eingesehen und Verbesserun-gen zugesagt. Im Beschluss vom 19.6.07 findet sichnun: „Die notwendige soziale Absicherung in derRentenversicherung ist nach geltendem Recht ge-währleistet“. Ein schlechter Witz zulasten von vielenFrauen!

Diese Beispiele nur des letzten halben Jahres zeigen,dass die Ausrichtung von sozialpolitischen Reformeneiner dringenden Änderung bedürfen. Die erforderli-chen Maßnahmen fasse ich in 4 Thesen zusammen:

These 1: Sozialpolitische Reformen müssengeschlechterneutral, generationen-und verteilungsgerecht sein.

Dies gilt sowohl hinsichtlich des Erhalts der paritäti-schen Finanzierung als auch hinsichtlich der Finanzie-rung im Umlageverfahren.

These 2: Geschlechterspezifische Aus- undVerteilungswirkungen müssen beijeder Reformmaßnahme beleuchtetwerden.

Deshalb muss jede Reformmaßnahme daraufhinüberprüft werden, welche Auswirkungen sieinsbesondere auf Frauen, aber auch auf Arbeitslose,Erwerbsgeminderte und Menschen mit unterbroche-nen Erwerbsbiographien haben.

These 3: Alterssicherungspolitik muss dieLebenswirklichkeit von Frauen abbil-den und muss die Umgestaltung hinzu einer eigenständigen Alterssiche-rung von Frauen unterstützen, ohnedadurch Leistungen abzubauen.

Deshalb muss die rentenrechtliche Absicherung inzumeist von Frauen dominierten Beschäftigungsfel-dern wie z. B. in Minijobs und bei der Pflege von An-gehörigen thematisiert und wesentlich verbessertwerden. Darüber hinaus muss – solange nötig – dieHinterbliebenenabsicherung erhalten bleiben.

These 4: Informationen sind für Versichertewichtiger denn je!

Auch wenn wir einzelne Maßnahmen weiterhin be-kämpfen und bessere Lösungen anstreben, ist sach-kompetente Aufklärung um die rechtlichen und poli-tischen Zusammenhänge das A und O.

Vortrag Judith Kerschbaumer

15

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Elke Ferner

Elke Ferner

Stellvertr. Vorsitzendeder SPD-Bundestags-fraktion

Soziale Politik für Frauen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,

in ihrem Beitrag hat Judith Kerschbaumer die sozial-politische Diskussion der letzten Monate – und hierinsbesondere im Bereich der Alterssicherung – Revuepassieren lassen.

Ihre Kernaussage war dabei, dass die deutsche Sozial-politik hauptsächlich die älteren Männer als Zielgrup-pe im Visier hat. Da ich nicht nur stellvertretende Vor-sitzende der SPD und der SPD-Bundestagsfraktion,sondern auch Vorsitzende der ASF bin, wird es euchnicht verwundern, dass ich Judiths Auffassung teile.

In den letzten Jahren wird insbesondere im Zusam-menhang mit der Finanzierung der sozialen Siche-rungssysteme ein Umdenken in Bezug auf die Gene-rationengerechtigkeit gefordert, die Geschlechterge-rechtigkeit, die für meine Begriffe einen höheren Stel-lenwert hat, wird allerdings viel zu wenig themati-siert.

Meine These ist hier:

Solange Erwerbsarbeit und das deutsche Einkom-menssteuerrecht sich auch im 21. Jahrhundert ammännlichen Ernährermodell orientiert, bleibt dieGeschlechtergerechtigkeit auf der Strecke.

Frau kann sicher nicht unterstellen, dass die Ausge-staltung der sozialen Sicherungssysteme bewusst ge-schlechterdiskriminierend erfolgt.

Allerdings

haben Frauen trotz bester schulischer Ausbildungdie geschlechtsspezifische Berufs- und Studien-fachwahl nicht überwunden,

sind diese Berufe in der Regel schlechter bezahltund bieten, wenn überhaupt, schlechtere Karrie-rechancen,

besteht bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeiteine Lohndifferenz zu Lasten der Frauen,

stoßen Frauen beim beruflichen Aufstieg immernoch an eine gläserne Decke,

ist die Frauenerwerbsquote und das von Frauengeleistete Arbeitszeitvolumen immer noch niedri-ger als das der Männer,

tragen Frauen die Last der Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf fast immer noch alleine.

Meine 2. These ist nun:

Um Regelungen zu verhindern, die eine mittelbareDiskriminierung beinhalten könnten, ist es notwen-dig, auch vermeintlich neutrale Maßnahmen aufgeschlechtsspezifische Wirkungen zu überprüfen unddie Lebenswirklichkeit mit zu berücksichtigen.

Beispiele hierfür sind in der Tat

die 45-Jahre-Regelung bei der Anhebung desRenteneintrittsalters, da auf eine Frau vier Männerkommen, die die Anspruchsvoraussetzung für ei-nen Rentenzugang mit 65 Jahren ohne Abschlä-ge erfüllen werden und

auch die Fortführung der Entgeltumwandlung,da hier die Arbeitnehmer/innen in den oberenEinkommensgruppen den größten Vorteil darausziehen – und da sind Frauen nun einmal unterre-präsentiert und

auch die populäre Forderung, wer länger in dieArbeitslosenversicherung einbezahlt hat soll einelängere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld II er-halten, gehört dazu.

Genau diese Berücksichtigung geschlechtsspezifischerAuswirkungen ist mit dem Begriff des „Gender Main-streaming“ gemeint.

16

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Gender Mainstreaming verlangt Nachhaltigkeit. Diesist keine leichte Aufgabe, aber es bedeutet nicht nurfür die Verwaltung, sondern für alle Organisationenim gesellschaftlichen Bereich, wie z. B. in der Politikoder bei den Tarifpartnern eine faszinierende Heraus-forderung.

Gender Mainstreaming kann allerdings die bisherigeFrauenförderung zum Abbau bestehender Nachteilenicht ersetzen sondern nur ergänzen.

Insofern komme ich zu meiner 3. und letztenThese:

Gleichstellungspolitik braucht auch im 21. Jahrhun-dert eine starke Lobby – nur wenn die Frauen aus denverschiedensten gesellschaftlichen Bereichen bei denzentralen Themen zusammen arbeiten, werden wirdie Gleichstellung der Geschlechter in allen gesell-schaftlichen Bereichen voranbringen.

Dies klingt eigentlich nach einer Binsen-Weisheit: Na-türlich muss Politik organisiert werden und natürlichist es zur Durchsetzung von Interessen notwendig,dass man Konflikte eingeht. Ich denke aber, dass wirselbstkritisch feststellen müssen, dass es in den letz-ten Jahren zunehmend schwieriger geworden ist,Frauen für Fragen der Gleichstellungspolitik zu be-geistern.

Ich habe diese drei Thesen erst einmal etwas abstraktformuliert. Die drei Aspekte lassen sich aberwunderbar illustrieren anhand der Diskussionum die Reform der Hinterbliebenenrente seitdem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes imJahr 1975:

Karlsruhe hat damals dem Parlament aufgetragen,zukünftig auch hinterbliebenen Männern einen An-spruch auf eine Witwerrente zu gewähren. Bis dahinhatten Männer nur dann einen Anspruch auf eineHinterbliebenversorgung, wenn die Frau ganz über-wiegend für den Lebensunterhalt aufgekommen ist.

Ausgangspunkt war also eine zu erreichende Verbes-serung für hinterbliebene Männer. Gleichwohl wurdedie Diskussion in den folgenden Jahren in erster Linieunter frauenpolitischen Gesichtspunkten geführt,denn, die rechtlichen Bestimmungen hin oder her,faktisch waren es in erster Linie Frauen, die auf die

Hinterbliebenensicherung aufgrund fehlender eigenerAnwartschaften angewiesen waren (und immer nochsind).

Durch alle Parteien und nahezu alle gesellschaftlichenGruppen war es unumstritten, dass eine grundlegen-de Modernisierung des Hinterbliebenenrechts (undeigentlich des gesamten Sozialrechts) notwendigwäre.

Die Vorstellung, dass Männer und Frauen durchge-hend verheiratet sind, und dabei der Mann erwerbs-tätig und für den gemeinsam Unterhalt zuständig sei,während die Frau sich um die Reproduktionsarbeitkümmert, stieß zu offensichtlich an die Grenzen dergesellschaftlichen Wirklichkeit. Auf dieser Vorstellungbasiert aber die abgeleitete Hinterbliebenenversor-gung.

Die von der eingesetzten Expertenkommission vorge-schlagene Lösung eines „Teilhabemodells“, bei der imHinterbliebenenfall der hinterbliebene Partner einenAnteil an allen in der Ehe erworbenen Anwartschaf-ten erhält, war damals noch die konservativste Lö-sung: Andere Vorschläge beinhalteten ein laufendesSplitting der Anwartschaften (also einen Abgleichz. B. am Jahresende) oder eine Pflichtversicherung fürden nicht-erwerbstätigen Partner, um so Sicherungs-lücken zu verhindern.

Bevor es zu einer Umsetzung kommen konnte (derGesetzgebungsprozess lief damals offensichtlichlangsamer als heute), kam es 1982 zum Regierungs-wechsel.

Schwarz-Gelb war damals nicht einfach „nur“ ein Re-gierungswechsel, sondern vor dem Hintergrund desÜberschreitens der 2-Millionen-Marke bei den Ar-beitslosenzahlen veränderte sich der sozialpolitischeDiskurs grundlegend: Einsparungen und Leistungs-kürzungen bestimmten fortan die Diskussion.

Diese Verschiebung in der Diskussion hatte auch Kon-sequenzen für die Reform des Hinterbliebenrechts:Das BMAS unter Norbert Blüm entwickelte dann das„Anrechnungsmodell“, wonach der hinterbliebenePartner – unabhängig vom Geschlecht – 60 % derAnwartschaften des Partners als Hinterbliebenenrenteerhält, allerdings eine eigene Rente angerechnet wird,wenn sie eine bestimmte Einkommensgrenze über-steigt.

Vortrag Elke Ferner

17

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Begründet wurde dies mit dem Ziel der „Kostenneu-tralität“, da insbesondere für die Zukunft steigendeAusgaben aufgrund der erhöhten Frauenerwerbstä-tigkeit im Teilhabemodell erfolgt wären. Wenn aber„Kostenneutralität“ gewünscht ist, kann eigentlichper Definition das Ziel der Verbesserung der sozialenSituation von Frauen nicht erreicht werden. Aufgrundder öffentlichen Proteste, die insbesondere aus derFrauenbewegung erfolgten, sah sich das BMAS dahergezwungen, das neue Recht der Hinterbliebenenrentezu flankieren durch eine sozialpolitische Leistungsaus-weitung, die bereits 1972 geplant war, aber damalsam Widerstand der CDU/CSU scheiterte: Nämlichdurch die Einführung von „Kindererziehungszeiten“in der Rentenversicherung, durch die insbesonderenicht erwerbstätige Frauen besser gestellt werden.Damit war dann zwar die vermeintlich leitende Ideeder „Kostenneutralität“ nicht mehr verwirklicht, aberdie Reform ließ sich mit konservativen Vorstellungenvon Frauenpolitik besser vereinbaren. Erst unter Rot-Grün kamen die Kindererziehungszeiten auch er-werbstätigen Müttern zu Gute und die Aufstockungder RV-Beiträge bei Teilzeitarbeit bis zum 10. Lebens-jahr des Kindes wurden eingeführt – und durch dieEinführung der Ökosteuer wurden die sog. versiche-rungsfremden Leistungen über Steuern und nichtmehr über Beiträge finanziert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

an dieser Stelle möchte ich den historischen Rückblickbeenden, denn ich denke, dass die Widersprüche undZufälligkeiten, auf die ich hinweisen wollte, deutlichgeworden sind.

Ich habe bislang sehr grundsätzlich auf die gesell-schaftlichen Kräfteverhältnisse, unter denen Politikgemacht wird, abgestellt. Zum Schluss möchte ichaber auch noch die Inhalte einer emanzipatorischenSozialpolitik benennen.

Emanzipation war immer Ziel sozialdemokrati-scher Politik.

Es ging uns immer darum, nicht karitativ imNachhinein Missstände zu beheben, sondern durchgestaltende Sozialpolitik vorzubeugen. So hat bereitsHerbert Wehner in einer Rede von 1978 gesagt, „dassdie präventive Funktion der Sozialpolitik ausgebautwerden muss.“ Der Sozialstaat solle nicht bloß als

„Sanitätskolonne“ „mit dem Pflasterkasten der Ent-wicklung hinterherlaufen“.

Im Berliner Programm haben wir diesen Anspruchebenfalls erhoben. Und somit ist es konsequent, dasswir am Anfang des 21. Jh., wo wir eine scharfe ge-sellschaftliche Auseinandersetzung mit den Konserva-tiven und Neoliberalen haben, wie viel Sozialstaat wiruns angeblich noch leisten können, diesen unserenAnspruch im Konzept eines vorsorgenden Sozialstaatsverdichten und pointiert zum Ausdruck bringen.

Selbst die öffentliche Frage ist falsch: Es geht nichtdarum, wie viel Sozialstaat wir uns leisten können,sondern es geht darum, ob wir uns überhaupt nochweniger leisten dürfen.

Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt,die eigenständige materielle Absicherung für Männerund für Frauen über eine Existenz sichernde Erwerbs-arbeit. Dazu gehören Mindestlöhne genauso wie einEnde der Lohndiskriminierung, der gleiche Zugang zuAus- und Weiterbildung genauso wie gleiche Chan-cen beim beruflichen Aufstieg. Letzteres ist mit frei-willigen Vereinbarungen nicht zu bewerkstelligensondern geht nur mit verbindlichen Zielvorgaben, da-mit die gläserne Decke durchbrochen werden kannund Frauen ihre Qualifikationen und Talente auch ein-bringen können. Das ist nicht nur eine Frage der Ge-rechtigkeit sondern auch eine Überlebensfrage fürunsere Volkswirtschaft. Dazu gehören aber auch bes-sere Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf, wie z. B. das von uns durchgesetzteElterngeld oder der Rechtsanspruch auf Kinderbetreu-ung ebenso wie Arbeitszeiten, die sich an den Le-bensphasen orientieren und die eine gleichberechtig-te und partnerschaftliche Teilung der Erwerbsarbeitund der familiären Verpflichtungen ermöglichen.

Eine weitere Voraussetzung für eine eigenständigeAbsicherung des Lebensunterhaltes ist aber auch eineEntrümpelung unseres Steuerrechtes, das durch dasEhegattensplitting und die Steuerklasse V insbeson-dere für verheiratete Frauen nicht nur eine große Bar-riere bei der Aufnahme einer regulären sozialversiche-rungspflichtigen Beschäftigung darstellt sondernauch im Fall des Bezuges von Transferleistungen wieKrankengeld, Arbeitslosengeld I oder Elterngeld einematerielle Schlechterstellung der Frauen darstellt.

Vortrag Elke Ferner

18

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Auch die Ausgestaltung der sog. Mini-Jobs mussnach meiner Auffassung auf den Prüfstand. Die ASFist genau so wie ihr der Meinung, dass alle Beschäfti-gungsverhältnisse sozialversicherungspflichtig seinsollten. Wenn wir aber ehrlich mit uns selbst sind, einGewinnerthema ist das nicht. Weder für die Politiknoch für die Gewerkschaften. Deshalb sollte nachAuffassung der ASF wenigstens die alte Begrenzungder Wochenarbeitszeit von maximal 15 Stundenwieder eingeführt werden, damit wenigstens Lohn-dumping verhindert wird.

Handlungsbedarf besteht auch bei Teilzeitarbeit. Esmüssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, diesicherstellen, dass eine vorübergehende Teilzeitbe-schäftigung keine Nachteile beim beruflichen Auf-stieg oder der betrieblichen Weiterqualifizierung nachsich zieht. Auch bei Führungspositionen muss Teilzeit-arbeit prinzipiell möglich sein.

Wir brauchen auch für diejenigen, die aus welchenGründen auch immer schlechte Chancen auf dem ers-ten Arbeitsmarkt haben, reguläre sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Stich-wort hierzu ist soziale Arbeit. Also Arbeit statt Ar-beitslosigkeit finanzieren.

Ein anderer Punkt ist die Finanzierung der sozialen Si-cherungssysteme.

Hier besteht ohne Zweifel Handlungsbedarf, derallerdings in der jetzigen Regierungskonstellationnicht angegangen werden kann. Die Konzepte derParteien sind höchst unterschiedlich.

Während die Liberalen auf eine völlige Individualisie-rung und damit Privatisierung der sozialen Sicherungsetzen, setzt die Union mit ihrem Kopfprämienmodellbei Gesundheit und Pflege auf eine Entsolidarisierungbei der Finanzierung. Im Programmentwurf der CDUfindet sich dieses Konzept wieder.

Die SPD hat sich in ihrem Bremer Entwurf für einneues Grundsatzprogramm klar dafür ausgespro-chen, die solidarische Finanzierung der sozialen Si-cherungssysteme zu verbreitern, sowohl was den Ver-sichertenkreis aber auch was die Beitragsbasis anbe-langt. Ergänzt werden soll die Beitragsfinanzierungdurch Steuern.

Das sichert die Finanzierung der sozialen Sicherungs-

Vortrag Elke Ferner

systeme auch in der Zukunft und es ist auch ge-schlechtergerechter.

Wir wollen in Zukunft am Bürgerstatus statt am Be-schäftigungsstatus ansetzen.

1. Die Bürgerversicherung für Gesundheit undPflege brauche ich nicht weiter zu erläutern.

2. Die Beschäftigungsversicherung: Mit der Be-schäftigungsversicherung wollen wir die Arbeits-losenversicherung so umbauen, dass die Aktivitätmit Qualifizierungsmaßnahmen und ähnlichemschon einsetzt, bevor Arbeitslosigkeit einsetzt –heute greifen alle Maßnahmen erst, wenn die Ar-beitslosigkeit bereits eingetreten ist – oft aucherst nach dem Übergang ins SGB II. Wir wolleneine neue Kultur der Weiterbildung etablieren,die gerade Schwächeren am Arbeitsmarkt neueChancen eröffnet – und dies sind eben leider oftFrauen.

3. Erwerbstätigenversicherung: Wir wollen allein die gesetzliche Rentenversicherung einbezie-hen, um insgesamt das Prinzip der Solidarität zustärken. Dies geht nur langfristig, weil gerade inder Alterssicherung Vertrauensschutz wichtig ist.

Alle Jahre wieder wird die Forderung gestellt, die Hin-terbliebenenversorgung zu kürzen. In einer Gesell-schaft ohne Einkommensschere zwischen Männernund Frauen und mit wirklich gleichen Chancen aufdem Arbeitsmarkt könnte man sicher darüber disku-tieren. Allerdings müsste auch dann die Lebenswirk-lichkeit derer berücksichtigt werden, die diese Mög-lichkeiten nicht gehabt haben.

Wichtiger ist, eine möglichst durchgängige Erwerbs-biographie, eine entsprechende rentenrechtliche Be-wertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten undein Rentensplitting für die während einer Partner-schaft gemeinsam erworbenen Rentenanwartschaf-ten.

Sicher kann man auch über die Höhe der Transferleis-tungen diskutieren. Das was allerdings in FDP, Unionund der sog. Linkspartei unter dem Stichwort Bürger-geld oder bedingungsloses Grundeinkommen disku-tiert wird, halte ich für zynisch.

Männer und Frauen wollen nicht in erster Linie Trans-ferleistungen sondern ihren Lebensunterhalt aus eige-

19

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Elke Ferner

ner Kraft bestreiten. Deshalb müssen wir uns auf dieSchaffung und den Erhalt von Existenz sichernden Ar-beitsplätzen konzentrieren und nicht auf die Erhö-hung der Transferleistungen, die – wenn sie so wie siein den genannten Parteien ausgestaltet werden – eineZweiklassengesellschaft zementieren. 1.600 Euronetto für zwei Erwachsene wirken eher als Still-legungsprämie als dass sie eine gleichberechtigte Teil-habe an Erwerbsarbeit ermöglichen. InsbesondereFrauen würden aus dem Erwerbsleben heraus ge-drängt.

Deswegen tun Sozialdemokratinnen und Sozialdemo-kraten gut daran, all diesen Versuchen zu widerste-hen und die soziale Struktur unseres Landes, die imKern auf Arbeit als Grundlage sozialer Sicherheit be-ruht, beizubehalten. Das war links, das ist links, dasbleibt links, weil es Emanzipation und Teilhabe zu-sätzlich zu Sicherheit gewährleistet. Nur dadurch unddurch eine stärker vorsorgende Sozialpolitik werdenwir Gleichstellung und damit letztlich auch eine ge-rechte Alterssicherung für Frauen erreichen.

20

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

SusanneHüttmann-Stoll

Richterin amBundessozialgericht

Hinterbliebenenabsicherung ausverfassungsrechtlicher Sicht

Hinterbliebenenabsicherung war und ist noch immerwesentlicher Bestandteil der finanziellen Absicherungder Frauen insbesondere im Alter. Deshalb ist zuRecht Gegenstand einer Frauen-Alterssicherungskon-ferenz die Frage, wie entsprechende Ansprüche undAnwartschaften verfassungsrechtlich zu bewertensind. Hinterbliebenenversorgung erhalten Waisen undWitwen bzw. Witwer aus berufsständischen Versor-gungswerken, als Betriebsrenten, in der Beamtenver-sorgung, in den Systemen des sozialen Entschädi-gungsrechts, in der Unfallversicherung und in der ge-setzlichen Rentenversicherung. Im Folgenden werdendie Ausführungen im Wesentlichen die Hinterbliebe-nenversorgung in der gesetzlichen Rentenversiche-rung, und zwar die Witwen- bzw. Witwerrente be-treffen.

Grundzüge der Hinterbliebenenabsicherung inder gesetzlichen Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung knüpfte mitder Einführung der Hinterbliebenenversorgung einAnspruch auf eine Witwenrente zunächst an die Un-terhaltsgewährung durch den Versicherten an. Ab1957 wurde hierauf verzichtet und typisierend davonausgegangen, dass der Versicherte der Ehefrau – ent-sprechend dem Leitbild der Hausfrauenehe – Unter-halt gewährte. Der Witwe wurde daher eine Hinter-bliebenenrente unabhängig von einem ihr zustehen-den Unterhaltsanspruch gewährt, Witwer erhielten

dagegen eine Hinterbliebenenrente nur, wenn dieEhefrau überwiegend den Unterhalt der Familie be-stritten hatte.

Mit dem Hinterbliebenen- und Erziehungszeitenge-setz vom 11. Juli 1985 wurden gleiche Ansprüche aufeine Hinterbliebenenrente für Männer und Frauen ge-schaffen. Auf einen während der Ehe bestehendenUnterhaltsanspruch oder den Umfang des Unterhalts-beitrags kommt es seit dem 1. Januar 1986 nichtmehr an. Witwer und Witwen erhalten nun eine Hin-terbliebenenrente, auf die jedoch eigenes Einkommenin einem bestimmten Umfang angerechnet wird. Dieskann dazu führen, dass die Witwen- bzw. Witwerren-ten nicht gezahlt wird. Der Charakter als abgeleiteteVersorgung ist damit unberührt geblieben, durch dieAnrechnung eigenen Einkommens wird das Bedürfnisfür eine Hinterbliebenenversorgung berücksichtigt.Sie wird jetzt auch überlebenden Lebenspartnern ge-währt.

In der gesetzlichen Rentenversicherung umfasst dieHinterbliebenenversorgung u. a. die kleine Witwen-oder Witwerrente, die große Witwen- oder Witwer-rente, die Erziehungsrente und die Waisenrente (§ 33Abs. 4 Nr. 1 bis 4 SGB VI).

Die kleine Witwenrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) wird fürlängstens 2 Jahre nach dem Tod des Versicherten ge-währt an hinterbliebene Ehe- bzw. Lebenspartner,

die nicht wieder verheiratet sind bzw. nichtwieder in eine neuer neuen Partnerschaft leben,

grundsätzlich nach einer Ehezeit oder Lebenspart-nerschaft von einem Jahr,

bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vongrundsätzlich 5 Jahren Vorversicherungszeit (§ 50Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) durch den Verstorbe-nen,

wenn keine Entscheidung über ein Rentensplit-ting ergangen ist.

Die große Witwen- oder Witwerrente (§ 46 Abs. 2SGB VI) setzt voraus,

dass keine erneute wirksame Heirat bzw. Lebens-partnerschaft des Witwers oder der Witwe erfolg-te,

dass die Ehe oder Lebenspartnerschaft in der Re-gel mindestens ein Jahr bestand,

21

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

dass der verstorbene Versicherte die allgemeineWartezeit von grundsätzlich 5 Jahren Vorversiche-rungszeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) erfüllthat,

dass keine Entscheidung des Rentenversiche-rungsträgers über ein Rentensplitting vorliegt,

und als zusätzliche Voraussetzung,

dass ein Kind im Regelfall unter 18. Jahren erzo-gen wird

oder das 45. Lebensjahr vollendet wurde oderErwerbsminderung besteht.

Die Erziehungsrente (§ 47 SGB VI) aus der eigenenVersicherung wird gezahlt

bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres,

nach Scheidung nach dem 30. Juni 1977 bzw.Aufhebung der Lebenspartnerschaft,

bei Tod des geschiedenen Ehe- oder früheren Le-benspartners,

bei Erziehung eines Kindes im Regelfall unter18 Jahren,

bei Erfüllung der Wartezeit von 5 Jahren bis zumTod des geschiedenen Partners,

nicht bei Wiederheirat oder neuer Lebenspartner-schaft.

Waisenrente (§ 48 SGB VI) erhalten Kinder nach demTod eines versicherten Elternteils nach

Vollendung der Wartezeit von 5 Jahren durch denverstorbenen Versicherten,

bis zum Alter von 18 bzw. 27 Jahren.

Die Höhe der Erziehungsrente, die aus der eigenenVersicherung gewährt wird, orientiert sich im We-sentlichen an einer entsprechenden Altersrente. Diesgilt auch für die kleine und große Witwenrente imersten Vierteljahr nach dem Tod des Versicherten.Nach Ablauf dieses Sterbevierteljahres beträgt diekleine Witwenrente nur noch 25 %, die große Wit-wenrente nunmehr nur noch 55 %, die Halbwaisen-rente 10 % und die Vollwaisenrente 20 % dieses Be-trages (§§ 67, 77 SGB VI). Zuschläge für die Waisen-rente richten sich nach § 78 SGB VI, für die Witwen-bzw. Witwerrente tragen Zuschläge der Kindererzie-hung und ihrer Dauer Rechnung (§ 78a SGB VI).

Auf die Erziehungs-, Waisen-, Witwen- und Witwer-renten wird 40 % des eigenen Einkommens ange-rechnet, soweit bestimmte Grenzbeträge überschrit-ten sind, die sich auch nach der Kinderanzahl richten.Bei den Witwen- und Witwerrenten erfolgt die Ein-kommensanrechnung allerdings erst nach dem Ab-lauf des Sterbevierteljahres (§ 97 SGBV).

Bedeutung der Witwen- und Witwerrenten

Die finanzielle Bedeutung der Witwen- und Witwer-renten ist u. a. den Statistiken der Deutschen Renten-versicherung Bund zu entnehmen.

Am 31. Dezember 2006 erhielten von insgesamt24.603.634 Rentenbeziehern 17.117.097 Versicher-te, nämlich 7.514.866 Männer und 9.602.231 Frau-en, eine Altersrente. Diese betrug durchschnittlich beiden Männern 969 # (West) bzw. 1.050 # (Ost) undbei den Frauen durchschnittlich 465 # (West) bzw.666 # (Ost).

Eine Witwen- bzw Witwerrente erhielten insgesamt5.478.559 Rentenbezieher, davon 486.801 Männerund 4.991.758 Frauen. Der Rentenzahlbetrag beliefsich bei den Männern auf durchschnittlich 220 #(West) bzw 260 # (Ost) und bei den Frauen aufdurchschnittlich 547 # (West) bzw. 564 # (Ost).

Diese Zahlen zeigen, dass die Witwenrente sowohl imHinblick auf die Anzahl der Leistungsempfängerinnenals auch die Höhe der Rente eine wesentliche Rollefür die Altersversorgung der Frauen spielt. Eine damitvergleichbare Bedeutung kommt den den Männerngewährten Witwerrenten nicht zu.

Reformüberlegungen

Diverse Reformüberlegungen befassen sich mit derUmgestaltung der Hinterbliebenenversorgung in dergesetzlichen Rentenversicherung. Hierzu gehören dieVorschläge, eine eigenständige rentenrechtliche Absi-cherung insbesondere der Frauen auszubauen. Diesekönnte das Bedürfnis für die jetzige von einem Versi-cherten abgeleitete Witwen- bzw. Witwerversorgungentfallen lassen. So wurde z. B. ein rentenrechtlicherBeitragsausgleich während der Ehezeit vorgeschla-gen, der die Witwen- und Witwerrenten ersetzenkönnte. Innerhalb einer bestehenden Ehe werden dieEinkommen den Beitragskonten beider Ehepartner

22

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

jeweils getrennt in Höhe der Hälfte des Gesamtein-kommens zugeschrieben. Der Versorgungsausgleichim Falle der Scheidung entfällt. Der rentenrechtlicheBeitragsausgleich findet nur innerhalb einer beste-henden Ehe statt. Sofern ein Ehegatte vor dem Errei-chen des Rentenalters stirbt, wird die dadurch entste-hende Sicherungslücke durch Rentenzahlungen wiebei der Erziehungsrente für einen begrenzten Zeit-raum geschlossen (vgl. Stellungnahme des DeutschenJuristinnenbundes – djb – vom 24.09.2000 für einegeschlechtergerechte Rentenreform). Bis dahin wirdallerdings die Witwenrente weiter als unverzichtbarangesehen; nur eine strukturelle Veränderung desRentensystems könnte deren Wegfall kompensieren(vgl. djb-Pressemitteilung vom 02.02.2006).

Die Finanzierung der Leistungen der Rentenversiche-rung im Umlageverfahren führt bei einer sinkendenZahl der Beitragszahler aufgrund des Geburtenrück-ganges und der Abnahme der abhängig Beschäftig-ten bei gleich bleibenden Rentenleistungen zu Bei-tragssatzerhöhungen. Hinzu treten höhere Ausgabendurch längere Rentenlaufzeiten aufgrund der gestie-genen Lebenserwartung. In diesem Zusammenhangwerden zur Stabilisierung oder Senkung des Beitrags-satzes auch Kürzungen der Ausgaben gefordert. Die-se Forderungen betreffen auch die Leistungen derHinterbliebenenversorgung. Vorgeschlagen werdendie verstärkte Einkommensanrechnung über einenFreibetrag von 690 # (West) bzw. 606 # (Ost) hinauszu 50 % statt bisher 40 %, die Anhebung der Alters-grenze für die große Witwenrente von 45 Jahren auf52 Jahre, die Berücksichtigung der Kindererziehungals Voraussetzung dieser Rente nur bis zum 12. Le-bensjahr, die Berücksichtigung einer nur teilweisen Er-werbsminderung bei der Höhe der großen Witwen-rente, die Verminderung der bisherigen Höhe derWitwen- und Witwerrenten während des Sterbevier-teljahres und die vollständige Streichung der kleinenWitwen- und Witwerrente (vgl. Positionspapier derBundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-bände zur Reform der gesetzlichen Rentenversiche-rung vom 4. Juli 2005). Eine solche Verringerung derWitwen- und Witwerrenten würde sich in weit stärke-rem Maße auf die finanzielle Situation von Frauen alsauf die von Männern auswirken.

Bei allen Reformüberlegungen stellt sich nicht nur dieFrage, wie eine eigenständige Absicherung insbeson-

dere der Frauen im Rentenrecht ausgestaltet werdensoll und ob auf die Witwen- und Witwerrenten tat-sächlich in diesem Umfang verzichtet werden kann.Auch ist die Frage zu beantworten, ob und inwieweitVerfassungsrecht einem Umbau oder Abbau der Hin-terbliebenenversorgung, hier der Witwen- und Wit-werrente, entgegensteht.

Verfassungsrechtliche Bedingungen eines Um-baus der Witwen- und Witwerrente

Schutz durch die Eigentumsgarantie des Art. 14Grundgesetz

Welche Eingriffe in die jetzigen Rentenansprüche undRentenanwartschaften unter welchen Bedingungenverfassungsrechtlich zulässig sind, beantwortet sichdanach, welchen Schutz Renten und Rentenanwart-schaften genießen. Das Bundesverfassungsgerichthatte in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1980(BVerfGE 53, 257 ff. ) erstmals ausdrücklich Rentenund Rentenanwartschaften der gesetzlichen Renten-versicherung in den Schutzbereich des Eigentums-grundrechtes des Art. 14 Grundgesetz (GG) einbezo-gen.

Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversi-cherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögens-werte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließ-lichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zu-geordnet ist. Weiter muss diese Rechtsposition auf ei-ner nicht unerheblichen Eigenleistung des Versicher-ten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenzdient (BVerfGE 53, 257, 290f).

Allerdings gestattet auch der Eigentumsschutz desArt. 14 GG Eingriffe in das Rentenrecht oder die Ren-tenanwartschaft. Der eigentumsrechtliche Schutz ren-tenrechtlicher Ansprüche verhindert damit nicht in je-dem Fall Rentenkürzungen. Rentenkürzungen sindkeine entschädigungspflichtigen Enteignungen. Sol-che die Rentenleistung kürzenden Gesetze bestim-men vielmehr Inhalt und Schranken des Eigentums imSinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Deshalb könnenauch beitragsfinanzierte Leistungen eingeschränktwerden und unter Umständen ganz entfallen. Hierbeihat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum.Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verleiht die Befugnis, Ren-tenansprüche und -anwartschaften zu beschränken,

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

23

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient unddem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht(BVerfGE 53, 257, 293; 100, 1, 37 f.).

Ansprüche und Anwartschaften auf Hinterbliebenen-renten der gesetzlichen Rentenversicherung fallenallerdings nach dem Beschluss des Bundesverfas-sungsgerichts vom 18. Februar 1998 (BVerfGE 97,271 ff.) eindeutig nicht unter den Schutz des Art. 14GG. Nach dieser Entscheidung werden sie deshalbnicht vom Eigentumsschutz umfasst, weil sie nichtdem Versicherten als privatnützig zugeordnet sind.Mit Ablauf der Wartezeit und Eintritt des Versiche-rungsfalls des Todes des Versicherten würden sienicht automatisch zum Vollrecht erstarken. Sie stän-den nämlich unter der weiteren Voraussetzung, dassder Versicherte zu diesem Zeitpunkt in einer gültigenEhe – oder jetzt Partnerschaft – lebt. Es bleibe dahereine bloße Aussicht auf eine Leistung, die bei Auf-lösung der Ehe oder Vorversterben des Partnerswieder entfällt. Als weitere Begründung wird daraufhingewiesen, dass die Hinterbliebenenrente nicht aufeiner dem einzelnen Versicherten zurechenbaren Ei-genleistung beruhe. Es fehle der hinreichende perso-nale Bezug zwischen der Beitragsleistung und derausgezahlten Rente. Jeder Versicherte trägt über sei-nen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hin-terbliebenen bei, ohne dass der verheiratete Versi-cherte trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dassseine Hinterbliebenen eine Rente erhalten, einen be-sonderen an diesem Risiko ausgerichteten Beitragzahlt. Die Finanzierung durch die Beiträge andererVersicherter oder Sozialleistungsträger oder durchSteuerzuschüsse reiche für die Annahme eines Eigen-tumsschutzes nicht aus. Damit sei die Hinterbliebe-nenrente eine vorwiegend fürsorgerisch motivierteLeistung, weil sie ohne eigene Beitragszahlung desRentenempfängers und ohne erhöhte Beitragszah-lung des Versicherten gewährt werde. Der Begriff derstaatlichen Fürsorge bedeutet nämlich nicht, dasseine Leistung aus Steuermitteln gezahlt werden müs-se. Es seien von ihm auch die solidarische Umvertei-lung unter den Versicherten selbst erfasst.

Dieser Ausschluss der Witwen- und Witwerrentenvom Eigentumsschutz des Art. 14 GG ist in derRechtswissenschaft auf Kritik gestoßen. Bisher ist dasBundesverfassungsgericht von seiner Auffassung je-doch nicht abgerückt. Hierfür sind zur Zeit auch keine

Anhaltspunkte ersichtlich. Zum einen bedeutet diesjedoch nicht, dass jede Änderung des Hinterbliebe-nenrentenrechts verfassungsrechtlich zulässig ist.Zum anderen würde der über Art. 14 GG zu erzielen-de Schutz auch einschneidende Veränderungen nichtverhindern, soweit das erforderliche Übergangsrechtgeschaffen und Härtefälle vermieden werden, wie dierentenrechtlichen Eingriffe in der Vergangenheit –wie z. B. bei den Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsren-ten – zeigen. Der gewählte Grundrechtsansatz ist da-mit im Ergebnis weniger relevant als die Auslegungder verfassungsrechtlichen Grundsätze von Verhält-nismäßigkeit, Vertrauensschutz und Gleichheit, diesowohl bei Art. 14 GG als auch Art. 2 GG zu prüfensind. Dies gilt auch für die Witwen- und Witwerren-ten.

Schutz durch die allgemeine Handlungsfreiheitdes Art. 2 Abs. 1 GG

Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten und deren An-wartschaften werden durch die Gewährleistung derallgemeinen Handlungsfreiheit in Art. 2 Abs. 1 GGgeschützt. Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG istnämlich dann berührt, wenn der Gesetzgebereinerseits durch die Anordnung von Zwangsmitglied-schaft und Beitragspflicht in einem öffentlich-rechtli-chen Verband der Sozialversicherung, hier der Ren-tenversicherung, die allgemeine Betätigungsfreiheitdes Einzelnen nicht unerheblich einengt undandererseits dem Versicherten gesetzlich zugesagteund beitragsfinanzierte Leistungen wesentlich min-dert oder entzieht (vgl. BVerfGE 97, 271, 285ff). Da-mit greift eine Kürzung der Witwen- und Witwerren-ten in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2Abs. 1 ein.

Ein solcher Eingriff muss verhältnismäßig sein. Dasbedeutet, dass die Maßnahme einen legitimen Zweckverfolgen muss und zu dessen Erreichung geeignetund erforderlich ist. Sie muss darüber hinaus demEinzelnen zumutbar sein, das heißt, sie darf ihn nichtübermäßig belasten.

Nicht nur ein Gemeinwohlbelang, der einen Eingriffin das Eigentumsrecht rechtfertigen kann, sondernauch legitimer Zweck einer gesetzlichen Regelung istdie Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeitder gesetzlichen Rentenversicherung. Hierzu dürfte

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

24

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

auch das Ziel zählen, die Lohnnebenkosten zu stabili-sieren oder zu senken und dadurch die Arbeitslosig-keit zu verringern. Dies wird auch für das Bestreben,die abgeleitete Versorgung der Hinterbliebenenrentenzugunsten eigenständiger Rentenanwartschaften um-zugestalten, gelten. Eine Kürzung der Witwen- undWitwerrenten könnte damit einem legitimen Zweckdienen. Sie wäre auch zur Erreichung dieser Ziele ge-eignet. Erforderlich wäre sie, wenn ein gleich wirksa-mes, weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfü-gung stände. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungist der Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum desGesetzgebers zu beachten. So ist der Verweis auf dieZahlung eines Zuschusses aus Steuermitteln oder dieLeistungskürzung in anderen Bereichen als gleich ge-eignete Maßnahme nicht zulässig. Die Erforderlich-keit dürfte daher bei den in Betracht kommendenKürzungen bejaht werden können.

Ob eine Einschränkung des Anspruchs bzw. der An-wartschaft auf eine Witwen- bzw Witwerrente ange-messen und damit im engeren Sinne verhältnismäßigist, hängt davon ab, ob bei einer Gesamtabwägungzwischen der Schwere des Eingriffs für die jetzigenbzw zukünftigen Rentner und Rentnerinnen und demGewicht der diesen Eingriff rechtfertigenden Gründedie Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Zumutbardürfte es sein, bisher bestehende ungerechtfertigteVergünstigungen abzubauen, soweit solche im Rah-men der Hinterbliebenenrenten vorliegen. Im übrigenist es schwierig, die Grenze der Unzumutbarkeit beinur in Zukunft erfolgenden, den Vertrauensschutznicht berührenden Einschränkungen festzulegen. In-dividuelle Belange von Leistungsbeziehern mussten inder Vergangenheit in den meisten Fällen hinter denfiskalischen Gemeinwohlerwägungen zurückstehen.

Für Frauen dürfte die Verminderung oder der Wegfallder Witwenrente erhebliche finanzielle Auswirkungenhaben. Bei einem Ausgleich durch eine andere ren-tenrechtliche Absicherung könnten diese allerdingszumutbar sein. In diesem Zusammenhang kann auchzu berücksichtigen sein, inwieweit die Witwen- undWitwerrente weiterhin Unterhaltsersatzfunktion hatund welches die Gründe für die konkrete Abhängig-keit von Unterhaltsleistungen sind.

Für die Prüfung der Zumutbarkeit spielt es keine Rol-le, dass die Witwenrenten nicht dem Eigentums-

schutz des Art. 14 GG unterfallen. Ihre vom Bundes-verfassungsgericht genannte Fürsorgefunktion machtsie nicht zu sog. versicherungsfremden Leistungen,wobei dahingestellt bleibt, ob überhaupt der Begriffder versicherungsfremden Leistungen eine sinnvolleKategorie ist. Jedenfalls gehört die Hinterbliebenen-versorgung seit jeher zur gesetzlichen Rentenversiche-rung. Für diese ist im Unterschied zu einer privatenVersicherung die Fürsorge- und Umverteilungsfunkti-onen ihrer Leistungen konstitutiv und damit versiche-rungsimmanent.

Vertrauensschutz

Art. 2 Abs1 GG i.V.m. dem aus dem Rechtsstaatsprin-zip abzuleitenden allgemeinen Vertrauensschutzprin-zip kann Rentenkürzungen entgegenstehen (vgl.BVerfGE 97, 271 ff). Danach ist eine echte Rückwir-kung gesetzlicher Regelungen grundsätzlich unzuläs-sig. Eine solche echte Rückwirkung liegt vor, wenn inabgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbe-stände eingegriffen wird. Ausnahmsweise zulässig isteine echte Rückwirkung, wenn Gründe des Allge-meinwohls hierzu zwingen, u. a. auch bei nicht mehrvorhandenem schutzwürdigen Vertrauen. Dagegensind unechte Rückwirkungen grundsätzlich zulässig.Bei einer unechten Rückwirkung wirkt das Gesetz nurauf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sach-verhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein.

Im Rentenrecht liegt lediglich eine unechte Rückwir-kung vor, wenn vor oder nach Eintritt des Leistungs-falls bei bestehender Rentenanwartschaft Leistungendurch gesetzliche Regelungen gekürzt werden oderentfallen. Eine unechte Rückwirkung liegt auch dannvor, wenn damit in der Vergangenheit zu treffende,nunmehr erforderlich gewordene Dispositionen, z. B.zu einer ergänzenden Altersvorsorge, nicht mehrnachgeholt werden können. Auch bei Renten ist eineunechte Rückwirkung von Gesetzen grundsätzlich zu-lässig. Andernfalls könnten Änderungen im Renten-recht nur mit jahrzehntelanger Verzögerung wirksamwerden.

Die verfassungsrechtliche Prüfung wägt das Interessedes Einzelnen auf den Fortbestand einer rechtlichenRegelung mit der Bedeutung des zu einer unechtenRückwirkung führenden gesetzgeberischen Anliegensfür das Allgemeinwohl ab. Der Gestaltungsfreiheitdes Gesetzgebers aus Gründen des Gemeinwohls

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

25

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

kommt oft der Vorrang zu. Derjenige, der als Pflicht-versicherter der gesetzlichen Rentenversicherung bei-tritt, kann von vorneherein nicht erwarten, dass diegesetzlichen Vorschriften über die Leistungen aufDauer unverändert fortbestehen und dass er bei not-wendigen Änderungen besser gestellt wird als anderePflichtversicherte. Er trägt neben den Chancen, diedie gesetzliche Rentenversicherung bietet, auch derenRisiken (vgl. BVerfGE 69, 272, 314). Trotz Medienver-öffentlichungen zu finanziellen Schwierigkeiten derRentenversicherung dürfte das Vertrauen darauf ge-schützt sein, dass der Staat weiterhin die grundlegen-de Verantwortung für die Alterssicherung übernimmtund eine Hinterbliebenenversorgung in der gesetzli-chen Rentenversicherung fortbesteht, solange einesolche Versorgung erforderlich und eine anderweitigeAbsicherung nicht besteht. Auch dürfte es Altersgren-zen geben, ab denen einschneidende Veränderungennicht mehr zugemutet werden können, weil Versi-cherte ihre Versicherungsbiographie nicht mehr be-einflussen können.

Dies gilt auch für Änderungen des Rechts der Wit-wen- und Witwerrenten. Dabei kann und ggf. mussbei nachteiligen Änderungen dem Vertrauensschutzdurch Übergangsregelungen Rechnung getragenwerden, wie sie auch in der Vergangenheit bei derÄnderung des Hinterbliebenenrechts geschaffen wur-den. Die Wirkungen des neuen Rechts kann auf jün-gere bzw. neu geschlossene Ehen und Partnerschaf-ten beschränkt werden. Den länger Verheiratetenbzw. Älteren kann ein Wahlrecht zwischen dem altenund neuen Recht eingeräumt werden. Allerdingsdürfte auch zu prüfen sein, ob die Auswirkungen dererforderlichen Änderungen in der gesetzlichen Ren-tenversicherung auf Jüngere und Ältere sowie Män-ner und Frauen gleichmäßig verteilt werden können,damit eine – auch durch Vertrauen schützende Stich-tagsregelungen und sonstiges Übergangsrecht erfol-gende – nicht gerechtfertigte einseitige Belastungoder Entlastung einer Gruppe durch Beitrags- undLeistungskürzungen bzw -erhöhungen vermiedenwird.

Allgemeiner Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3Abs. 1 GG ergeben sich je nach Regelungsgegen-stand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche

Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Will-kürverbot bis zur strengen Bindung an die Verhältnis-mäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 97,271 ff.). Eine Gleichbehandlung unterschiedlicherSachverhalte oder unterschiedlicher Personengruppenbedarf einer Rechtfertigung. Bei Änderungen des Hin-terbliebenenrechts ist deshalb insbesondere zu be-rücksichtigen, inwieweit differenzierende Regelungenerforderlich sind, um nicht zu rechtfertigenden un-gleiche Belastungen, insbesondere auch von Frauen,auszuschließen.

Sozialstaatsprinzip

Aus dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes kön-nen sich allenfalls bestimmte Mindeststandards fürdie gesetzliche Rentenversicherung ergeben (vgl.BVerfGE 40, 121, 133). Weitergehende verfassungs-rechtliche Schranken für Änderungen in der Hinter-bliebenenversorgung, insbesondere der Witwen- undWitwerrenten, sind aus ihm nicht ableitbar.

Resümee

Der Umgestaltung der Hinterbliebenenabsicherungstehen damit verfassungsrechtliche Prinzipien nur ein-geschränkt entgegen. Wichtig ist es, bei den jeweili-gen Reformvorschlägen genau zu prüfen, zu wessenGunsten Änderungen erfolgen und wer deren Lastenträgt.

Der Gesetzgeber wird bei Änderungen der Hinterblie-benenrenten nämlich weniger durch das Grundgesetzals durch die gesellschaftlichen Kräfte eingeschränkt.

Vortrag Susanne Hüttmann-Stoll

26

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Vortrag Michaela Willert

Michaela Willert

Diplom-Soziologin,Freie Universität Berlin

Individualisierung der Alterssicherung der Frauin Deutschland?

1. Ausgangsbasis…

… für die Diskussion der Individualisierung der Altersicherung von Frauen in Deutschlandist ein Rentensystem, das die Sicherung der Frau als abgeleitete Sicherung konzipiert hat.Nach dem 2. Weltkrieg setzte sich dieses Konzept auch in der Realität durch. Es wurdepolitisch als Abgrenzung vom sozialistischen Gesellschaftsmodell gefördert. In der aktuel-len Versorgungssituation der Rentnerinnen spiegelt sich dies eindrücklich wider. Die Frageder Individualisierung der Alterssicherung bezieht sich jedoch in erster Linie auf jüngereGeburtsjahrgänge.

2. Trends in der Absicherung Jüngerer

Junge Männer (40-45) haben niedrigere projizierte Alterseinkünfte und sind weniger Jah-re sozialversicherungspflichtig (SV) beschäftigt als ältere Kohorten (vgl. Abb. 1 und 2)1.Umgekehrt haben junge Frauen im Vergleich zu älteren höhere Rentenanwartschaftenund längere Phasen SV-pflichtiger Beschäftigung im Lebensverlauf. Die Zeiten, in denensie nicht SV-pflichtig sind, verringern sich.

1 Die Daten sind der Studie „Altersvorsorge in Deutschland 1996“ entnommen und auf heutige Werte aktualisiert. AktuellereAngaben über Erwerbsverläufe und Rentenanwartschaften stehen ab Herbst 2007 in der Studie „Altersvorsorge in Deutsch-land 2005“ zur Verfügung. Erste Veröffentlichungen der Ergebnisse bestätigen die zentralen hier präsentierten Trends.

27

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Michaela Willert

Abb. 1: Projizierte Entwicklung der Zahl derSV-pflichtigen und -freien Jahre vom14.–65. Lebensjahr– Alte Bundesländer –

Quelle: AVID 1996

Abb. 2: Projizierte eigene Anwartschaftenin der gRV(Betrag in #/Monat)

Quelle: Eigene Berechnungen nach AVID 1996

28

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

3. Rechtliche Maßnahmen zum Aufbau individueller Alterssicherung

a) In der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV):

– 1976: Einführung des Versorgungsausgleiches bei Ehescheidungen

– Erst ab 1986 Berücksichtigung von Kindererziehung und Pflege als eigenständigerentenrechtliche Leistung

– im RRG 1992: Ausdehnung der Anerkennung von Kindererziehung (KEZ) auf3 Jahre, Einführung von Kinderberücksichtigungszeiten zur Schließung renten-rechtlicher Lücken

– 1995: Mit Einführung der Pflegeversicherung Rentenbeiträge für Pflegepersonen

– 1999: Gleichstellung von erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Müttern beirentenrechtlicher Bewertung der Kindererziehung (additive Anrechnung der KEZ);Erhöhung der Bewertung der KEZ auf 1 Entgeltpunkt pro Jahr

– Mit Rentenreform 2001 Reform der Kinderberücksichtigungszeiten: Bei 25 Versi-cherungsjahren werden eigene Einkommen um 50 % angehoben, maximal um

In den alten Bundesländern sind die Unterschiede in den Rentenanwartschaften zwischenFrauen und Männern weitaus stärker als im Osten Deutschlands ausgeprägt. Dort sind dieRenten der Frauen höher, die der Männer hingegen weitaus geringer als im Westen. DieFrage der abgeleiteten Sicherung ist also in erster Linie ein Westproblem.

Deutliche Unterschiede in den Rentenanwartschaften gibt es zwischen verheirateten undgeschiedenen bzw. ledigen Frauen. Die Anwartschaften verheirateter Frauen sind weitausniedriger. Bei verheirateten Frauen ist auch der Abstand zu den Alterseinkünften der Män-ner am größten (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Projizierte eigene Anwartschaftender 40- bis 44-Jährigen in der gRVnach Familienstand– Alte Bundesländer (Betrag in #/Monat) –

Quelle: Eigene Berechnungen nach AVID 1996

Vortrag Michaela Willert

29

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Vortrag Michaela Willert

0,33 Entgeltpunkte im Jahr; bei 2 Kindern Begründung eines Rentenanspruchesohne SV-pflichtige Erwerbstätigkeit

– Mit Rentenreform 2001: Einführung der Möglichkeit des Rentensplittings unterEhepartnern

b) In der ergänzenden Altersvorsorge:

– Betriebliche Vorsorge: Verkürzung der Unverfallbarkeitsfristen von 10 auf 5 Jahre,Senkung des Mindestalters von 35 auf 30 Jahre.

– Private Vorsorge:

Hohe Kinderzuschläge bei der Zulagenförderung, die automatisch Frauenzugute kommen (2006/2007: 138 #, ab 2008: 185 #)

Möglichkeit der „abgeleiteten Zulagenförderung“, wenn nur der Ehepartnerförderberechtigt ist, Voraussetzung ist individueller Riester-Vertrag –> Erwerbeigenständiger Renten-Ansprüche allein mit staatlichen Zuschüssen

Privilegierung der Vererbung von „Riester-Kapital“ an Ehepartner: bei Über-schreibung des Vorsorgevermögens auf einen förderfähigen Vertrag des Ehe-partners müssen Zulagen und Steuervorteile nicht zurückgezahlt werden (kei-ne „förderschädliche Verwendung“)

Seit 2005: Unisex-Tarife in der Riesterrente

c) Maßnahmen zum Abbau der abgeleiteten Sicherung:

– 1986: Ausdehnung der Hinterbliebenenversorgung auf Männer, jedoch auch Ein-führung einer Einkommensanrechnung bei Witwenrenten (Fürsorgeelement stattVersicherungsleistung)

– Mit Rentenreform 2001: Absenkung der Witwenrente, gleichzeitig Einführung ei-nes Kinderzuschlages; Einführung der kleinen Witwenrente

3.1 Auswirkungen der Reformen auf die Alterseinkommen von Frauen

Im Folgenden wird anhand von drei Frauenbiographien dargestellt, welche Auswirkungendie derzeit gültigen Regelungen haben, die einen Ausbau der eigenständigen Sicherungfördern sollen2. Die vorgestellten Biographien haben im Jahr 2003 ihr Erwerbsleben be-gonnen. Ihre Alterseinkünfte wurden für das Jahr 2050 berechnet.

Alle Frauen haben zwei Kinder und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit eine zeitlang fürdie Kindererziehung (vgl. Tabelle 1).

2 Die Berechnungen sind im Projekt „Private Pensions and Social Inclusion in Europe“ unter Leitung von Prof. Dr. Barbara Ried-müller durchgeführt worden. Das Projekt wurde durch die EU gefördert.

30

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Von besonderer Bedeutung für die Höhe der Alterseinkommen ist die Ausgestaltung derbetrieblichen Altersvorsorge (bAV). Die Abbildung belegt, dass die Unterschiede zwischenden Branchen enorm sind. Die im Einzelhandel erwerbstätige Frauenbiographie kann nureinen sehr kleinen Anteil ihrer Alterseinkünfte mit Hilfe der Betriebsrente aufbauen, vielwichtiger sind für diese beiden Beispielbiographien die Einkünfte aus einer Riester-Rente.Dabei wurde angenommen, dass jährlich 2 % vom Einkommen angespart wurden, stattder geforderten 4 %. Im öffentlichen Dienst sind die Rentenanwartschaften aus einer Be-triebsrente wesentlich höher.

Wie Abbildung 4 zeigt, machen die Leistungen, die sich aus den Zeiten der Kinderbetreu-ung ergeben, einen beträchtlichen Anteil der Alterseinkommen aller drei Frauen aus: Siebetragen in allen drei Fällen fast ein Viertel der gesetzlichen Rente.

Abb. 4: Simulierte Brutto-Alterseinkommen,Armutsgrenze und Höhe desSozialgeldes 2050(Betrag in #/Monat)

Quelle: Projekt Private Pensions und Social Inclusion in Europe.

Annahmen: Reales Lohnwachstum von 2,0 % p.a., Realverzinsung von Anlagen in der privaten Alterssicherung, so keine ande-ren Regeln existieren 4,0 % p.a., Inflation 1,9 % p.a.

Vortrag Michaela Willert

31

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

3 Diese beträgt 60 % des Median-Nettoeinkommens.

Insgesamt wird deutlich, dass die Frauen mit ihren Alterseinkünften weit über der Sozial-hilfe-Grenze liegen. Betrachtet man allerdings die Armutsgrenze3, so liegen die Einkom-men einer Frau darunter, die von den anderen beiden Frauen knapp darüber. Da es sichum Brutto-Einkommen handelt, liegen die Einkommen nach Abzug von Steuern und So-zialbeiträgen wahrscheinlich knapp unter der Armutsgrenze. Von einer armutsfesten ei-genständigen Absicherung kann momentan also noch nicht gesprochen werden.

4. Schlussfolgerungen für die Alterssicherung von Frauen

A) Als Folge veränderter Erwerbs- und Einkommensverläufe werden Männer künftigweitaus weniger in der Lage sein, Ehefrauen angemessen abzusichern.–> Das Modell der abgeleiteten Sicherung wird ausgehöhlt.

B) Die Maßnahmen in der gRV können einen beträchtlichen Beitrag zur individuellen Al-terssicherung von Frauen leisten. Dieser Beitrag wird durch zwei Tendenzen geschmä-lert:

1. Die Privatisierung der Altersvorsorge führt dazu, dass die gRV im Gesamtsystemder Alterssicherung eine geringere Rolle spielt. In den ergänzenden Systemen istauch die Frage der Hinterbliebenenabsicherung privatisiert: Wird zum Beispieleine Direktversicherung mit Hinterbliebenenschutz abgeschlossen oder nicht?In der betrieblichen und individuellen Zusatzversorgung, vor allem bei beitragsde-finierten Systemen, wirken sich Benachteiligungen von Frauen auf dem Arbeits-markt mangels solidarischer Umverteilung weitaus negativer aus als in der gRV.Bei der Riester-Rente hat der Gesetzgeber versucht, Nachteile aufgrund von Kin-dererziehung durch Kinderzulagen auszugleichen (die Kinderzulage von 185 #entspricht dem Eigenanteil zur Riester-Rente, den man bei einem monatlichenEinkommen von ca. 400 # zahlen müsste). In der betrieblichen Altersvorsorgesind die Gewerkschaften in der Pflicht, Frauen strukturell den Zugang zu aus-kömmlichen Betriebsrenten zu erleichtern sowie Betriebsrentensysteme inhaltlichso zu gestalten, dass Erwerbsunterbrechungen zur Kinderbetreuung beim Aufbauvon Anwartschaften berücksichtigt werden (vgl. als positives Beispiel TV Altersvor-sorge im öffentlichen Dienst).

2. Trotz der zahlreichen Gesetzesmaßnahmen, die die individuelle Alterssicherungvon Frauen fördern sollen, ist das Leitbild der gRV nicht eindeutig an einer indivi-dualisierten Absicherung von Frauen orientiert. Die Gesetzesreformen der vergan-genen Jahre bezogen sich deutlich auf die abgeleitete Sicherung von Frauen. Diefeste Verankerung dieses Modells in der Bundesrepublik wird durch die Anerken-nung der Lebenspartnerschaft in der Hinterbliebenenversorgung belegt, die einekonsequente Übertragung eines abgeleiteten Rentenanspruchs ist, in dem nichtdie Kindererziehung, sondern das Institut der Ehe Pate steht. Am deutlichsten istdie Orientierung jedoch im weiteren Bestehen der Witwenrente, deren Leistungenim Vergleich zur eigenständigen Absicherung wesentlich höher sind(beispielsweise betragen die abgeleiteten Rentenansprüche aus den projiziertengRV-Renten der 40-45-jährigen verheirateten Männer in der Studie AVID 1996

Vortrag Michaela Willert

32

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

gut 615 # (mit dem derzeitig gültigen Rentenwert), während es für die Erziehungvon 2 Kindern heute ca. 210 # Rente geben würde). Dies, gemeinsam mit denweiteren das männliche Ernährermodell fördernden institutionellen Rahmen-bedingungen, hat offenbar für Ehepaare eine starke Orientierungsfunktion, diesich im Erwerbsverhalten von Ehefrauen widerspiegelt (Zuverdienerin). Nicht ver-heiratete Mütter sind, selbst wenn sie einen Partner haben, deutlich häufiger er-werbstätig und dies auch mit höheren Vollzeitanteilen als verheiratete Mütter.Zudem haben ledige und geschiedene Frauen wesentlich höhere eigene Renten-anwartschaften aufgebaut.

Fazit:

Individualisierung der Alterssicherung ist erforderlich, weil es künftig immer wenigerMänner gibt, die die Ernährerfunktion erfüllen können.

Individualisierung der Alterssicherung für Frauen heißt nicht, dass dies auch individu-ell erfolgen muss: Gewerkschaften als kollektive Akteure spielen eine sehr wichtigeRolle.

Individualisierung der Alterssicherung geht nicht ohne die Individualisierung deraktiven Lebensphase.

Vortrag Michaela Willert

33

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

ver.di-Position

ver.di-Position zurHinterbliebenenabsicherung

A. Einführung

Die Absicherung von Hinterbliebenen (Witwen, Wit-wer, Waisen) ist eines der drei in der gesetzlichenRentenversicherung versicherten biometrischen Risi-ken. Die gesetzliche Hinterbliebenenabsicherung(„Renten wegen Todes“) ist damit ein originärer Be-standteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Rentenwegen Todes sind insbesondere für Frauen von ent-scheidender Bedeutung zur Sicherung ihrer Altersein-kommen.

Noch zu Jahresbeginn 2006 war sich die große Koali-tion einig, keine Veränderungen an der Hinterbliebe-nenversorgung vornehmen zu wollen. Doch bereitsim Spätsommer 2006 zog die Debatte über die „Wit-wenrente“ weite Kreise. Die meisten Parteien, ebensowie die BDA sehen bei der Hinterbliebenenabsiche-rung ein großes Reformerfordernis. Die Vorschlägevariieren, aber die Forderung nach Kürzungen ist beiallen gleich. Grund dafür sind die Aufwendungen fürdie Hinterbliebenabsicherung, die rund 16,5 Prozent(ca. 38 Mrd. Euro) der jährlichen Rentenausgabenausmachen.1

ver.di will diese Diskussion nicht den Parteien überlas-sen und stellt aus diesem Grund einen eigenen Vor-schlag für die Reform der Hinterbliebenenabsiche-rung vor. Denn die reine Kürzung der Hinterbliebe-nenrenten lehnt ver.di entschieden ab. Kürzungen inder Hinterbliebenabsicherung gehen fast ausschließ-lich zu Lasten der Frauen: Von den rund 6 MillionenRenten wegen Todes entfallen ca. fünf Millionen inForm von Witwenrenten auf Frauen. Für knapp einDrittel der Frauen stellt dies die einzige bzw. für einengroßen Teil eine wichtige Einkommensquelle im Alterdar.2 Im Jahr 2005 erhielten 11,7 Millionen Frauen inDeutschland mindestens eine Rente (9,2 Mio. alteBundesländer, 2,5 Mio. neue Bundesländer). Über30 % der Rentnerinnen der gesetzlichen Rentenversi-

cherung beziehen mehr als eine Rente. Dieser Anteilist mit gut 29 % in den alten Bundesländern auf-grund der geringeren Erwerbsbeteiligung der Frauenunter dem Wert der neuen Bundesländer (rd. 34 %).Von den 11,7 Millionen Rentnerinnen waren 8,14Millionen Einzelrentnerinnen und 3,5 Millionen Frau-en Mehrfachrentnerinnen. Der durchschnittliche Ge-samtzahlbetrag betrug 2005 insgesamt 689 #, beiden Einzelrentnerinnen waren es 534 Euro gegen-über 1.046 Euro der Mehrfachrentnerinnen (s. Tabel-le)3.

Verteilung der Renten nach Geschlecht(Deutschland)

Anzahl Anzahl DurchschnittlicherFrauen Männer monatlicher Gesamt-

rentenzahlbetrag

Frauen Männer

Einzel-rentner/innen 8,1 Mio. 8,0 Mio. 534 # 963 #

Mehrfach-rentner/innen 3,5 Mio. 0,3 Mio. 1046 # 1182 #

Rentner/innengesamt 11,6 Mio. 8,3 Mio. 689 # 973 #

Verteilung der Renten nach Geschlecht(alte Bundesländer)

Anzahl Anzahl DurchschnittlicherFrauen Männer monatlicher Gesamt-

rentenzahlbetrag

Frauen Männer

Einzel-rentner/innen 6,5 Mio. 6,45 Mio. 502 # 957 #

Mehrfach-rentner/innen 2,7 Mio. 0,25 Mio. 1002 # 1141 #

Rentner/innengesamt 9,2 Mio. 6,7 Mio. 649 # 963 #

1 Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP vom24.04.2006: BT-Drucks. 16/1274

2 Zahlen aus Alterssicherungsbericht 2005, BT-Drucksache 16/906, Renten-versicherung in Zeitreihen, Oktober 2005

1 Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP vom24.04.2006: BT-Drucks. 16/1274

2 Zahlen aus Alterssicherungsbericht 2005, BT-Drucksache 16/906, Renten-versicherung in Zeitreihen, Oktober 2005 3 Die Daten sind entnommen aus dem Rentenversicherungsbericht 2006

34

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Verteilung der Renten nach Geschlecht(neue Bundesländer)

Anzahl Anzahl DurchschnittlicherFrauen Männer monatlicher Gesamt-

rentenzahlbetrag

Frauen Männer

Einzel-rentner/innen 1,7 Mio. 1,5 Mio. 665 # 992 #

Mehrfach-rentner/innen 0,8 Mio. 1,25 Mio. 1189 # 1261 #

Rentner/innengesamt 2,5 Mio. 1,65 Mio. 841 # 1012 #

ver.di-Position

Ein langfristiges Ziel einer modernen Alterssicherungbaut auf Eigenständigkeit auf und beruht auf eigenersozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit. Dieoben beschriebenen Lebensrealitäten können dabeinicht unberücksichtigt bleiben. Denn obwohl sich dienormativen Vorstellungen verändert haben, ist die Re-alität (noch) eine andere. Noch sind die notwendigengesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Vor-aussetzungen für eine Chancengleichheit von Frauenund Männern auf dem Arbeitsmarkt nicht gegeben.

Für viele Frauen ist heute eine eigenständige existenz-sichernde Alterssicherung kaum möglich.

In Deutschland herrschen im Vergleich zu andereneuropäischen Ländern relativ ungünstige Bedingun-gen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. El-tern mit kleinen Kindern leben mehrheitlich im „Er-nährermodell“ mit männlichem Alleinverdiener oderim „modernisierten Ernährermodell“ mit zusätzlichteilzeitarbeitender Ehefrau. Allerdings resultiert dasgewählte Familienmodell meist aus einem grundsätz-lich und tageszeitlich unzureichenden Angebot anKinderbetreuungsplätzen, wodurch sogar Teilzeitbe-schäftigung für die Mutter teilweise unzugänglichwird.

Auch die Pflege von Angehörigen ist mit Erwerbsar-beit schwer vereinbar. Pflegende waren 2004 zu73 Prozent Frauen, die, wenn sie noch im erwerbsfä-higen Alter sind, oft die Erwerbstätigkeit ganz aufge-ben oder einschränken mussten.

Eine weitere Hürde für die gleichberechtigte Teilhabevon Männern und Frauen am Erwerbsleben ist das

Ehegattensplitting. Hier werden gezielt finanzielleAnreize für die Hausfrauenehe gesetzt. Von der steu-erlichen Privilegierung der Einverdienstehe gehen fal-sche Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen aus.Auch die Steuerklassen III/V (d. h. hoher steuerlicherAbzug für das niedrige Einkommen, Steuervorteile fürden hohen Verdienst), abnehmende Vorteile aus derSplittingwirkung, wenn die Ehefrau erwerbstätigwird, und ein Mehraufwand für die Kinderbetreuungführen oft dazu, dass der Verdienst der Mütter sichvermeintlich „nicht lohnt“. Den geringer oder garnicht verdienenden Ehefrauen fehlen jedoch langfris-tig betrachtet entscheidende Einkommensbestandtei-le, was sich in ihrer sozialen Sicherung später erheb-lich zu ihren Ungunsten auswirkt.

Würde unter diesen Bedingungen die Hinterbliebe-nenabsicherung gekürzt, ohne dass Frauen die ihnentraditionell zugewiesene Rolle verlassen können, wür-de dies nur die Individualisierung eines sozial abzusi-chernden Risikos bedeuten. Letzteres lehnt ver.di ab.

Eine politische Debatte über individualisierte Ansprü-che an die sozialen Sicherung wäre hingegen äußerstsinnvoll und ist mehr als überfällig.

B. Die Hinterbliebenenabsicherung heute

Mit rund 38 Mrd. Euro macht die Hinterbliebenenab-sicherung heute knapp ein Fünftel der Rentenausga-ben aus. Die Hinterbliebenenrenten werden aus denBeiträgen der Versicherten und Arbeitgeber/innen so-wie aus dem Bundeszuschuss finanziert. Etwa 20 %der Rentenbeiträge entfallen auf die Absicherung derErwerbsminderungs- und Todesfallrisikos der Versi-cherten während der Erwerbsphase. Das entsprichtbei einem Beitragssatz von 19,9 Prozent ca. 4,5 Bei-tragssatzpunkten. Die durchschnittliche Bezugsdauereiner Hinterbliebenenrente beträgt fünf Jahre.

Zum 31. Dez. 2006 wurden insgesamt 5.478.559Witwen- und Witwer-Renten gezahlt. Der Hauptteilmit 4.991.758 dieser Renten sind Witwenrenten und486.801 sind Witwerrente. Von den Bezieherrinneneiner Witwenrente haben ca. 30 Prozent danebenkeine eigenen Rentenansprüche. Der durchschnittli-che Rentenzahlbetrag lag Ende 2006 bei den Witwenbei 547 Euro West und 564 Euro Ost. Bei den Wit-werrenten lag der Durchschnitt bei 220 Euro Westund 260 Euro Ost. Am 31. Dezember 2005 bezogen

35

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

nach Auskunft der Rentenversicherer rund 115.000Hinterbliebene eine große Witwen- oder Witwerrentein der Altersgruppe von 45–50 Jahren.4

Die derzeitige Ausgestaltung der Hinterbliebenenver-sorgung sieht folgende Leistungen vor:

eine große und eine kleine Witwenrente, die beiTod des Ehegatten einspringt. Nach einer 3-mo-natigen Übergangszeit, in der 100 % der Anwart-schaften des Ehepartners an die/den Hinterbliebe-ne/n ausbezahlt werden, folgt eine Abstufung:

Frauen bzw. Männer, die über 45 Jahre (künftig47 Jahre) alt, schwerbehindert sind oder ein Kindunter 18 Jahren im eigenen Haushalt erziehen, er-halten die große Witwen- bzw. Witwerrente, die55 % (nach altem Recht 60 %) der Anwartschaf-ten der Frau/des Mannes beträgt.

Erfüllt die Frau/der Mann diese Anforderungennicht, wird davon ausgegangen, dass sie/er selbstfür ihren/seinen Unterhalt aufkommen kann undsie/er erhält nur eine kleine Witwen-/Witwerrentevon 20 % der Anwartschaften der Frau/des Man-nes.

Alle Erwerbs- und Renteneinkommen, die über ei-nem Freibetrag5 von ca. 700 Euro liegen, werdenzu 40 % angerechnet. D.h.: Die Witwen- bzw.Witwerrente wird entsprechend gekürzt.

Die Rente wird nicht gewährt, wenn die/der über-lebende Ehefrau/Ehegatte mehr als 15 Jahre jün-ger ist als die/der Verstorbene.

Einer gesonderten Betrachtung bedarf das „Renten-splitting unter Ehegatten“. Dies Modell eröffnet Ehe-paaren eine Wahlmöglichkeit bei der Absicherung imHinterbliebenenfall. Ehegatten können bestimmen,dass die von ihnen in der Ehe erworbenen Ansprü-chen aufgeteilt werden. Dabei behält jeder Ehegattedie vor der Ehe erworbenen Anwartschaften. Bei denin der Ehe erworbenen Anwartschaften wird die Dif-ferenz zwischen beiden Anwartschaften ermittelt undaufgeteilt. Die Differenz wird dergestalt zu gleichenTeilen ausgeglichen.

Das Modell des Rentensplittings wurde zunächst alsRegelmodell in das Gesetzgegungsverfahren einge-bracht. Sehr schnell hatten jedoch Männer die Nach-teile für ihre eigenen Anwartschaften erkannt. Nacheiner verfassungsrechtlich ausgerichteten Diskussionhat das Rentensplitting unter Ehegatten als Wahlmo-dell das Gesetzgebungsverfahren verlassen6 und wur-de geltendes Recht, das leider nur in seltenen Fällenangewandt wird.

C. Reformbedarf insgesamt

Der Reformbedarf der Hinterbliebenabsicherung er-gibt sich insbesondere daraus, dass sie mit ihren Kon-struktionsmerkmalen einer normativen Vorstellungfolgt, die in der Realität immer weniger erfüllt wird.Es ist das Frauenbild in der Hausfrauenehe mit demzum Unterhalt verpflichteten Ehemann, das historischhinter der Witwenrente steht. Das Modell des männli-chen Alleinernährers bzw. in seiner abgewandeltenForm mit dazuverdienender Ehefrau begründetandererseits aber noch die heutige Zuschreibung vonHausarbeit, Kindererziehung, Pflege von Angehörigenund ehrenamtlicher Arbeit an Frauen. Das war bis1977 noch gesetzlich so festgelegt, daher mit hohemGrad an Nachwirkung: Ehemann und Ehefrau verbin-det immer noch der Grundsatz der gegenseitigen Ein-stands- und Unterhaltspflichten. Mit dem damit ver-knüpften Ansatz der Subsidiarität (Leistung der Fami-lie hat Vorrang gegenüber Sozialleistungen) konntesich der Sozialstaat bisher von wesentlichen Aufga-ben der Daseinsvorsorge befreien. Dafür hat die So-

Vereinfachtes Beispiel: Ehefrau und Ehemann ha-ben vor der Ehe je 10 Entgeltpunkte erworben.Während der Ehe hat die Ehefrau weitere 10 Ent-geltpunkte, der Ehemann 30 Entgeltpunkte erwor-ben. Die Differenz beträgt 20 Entgeltpunkte, vondenen der Ehemann an seine Frau 10 Entgeltpunk-te abgibt. Beide haben auf diese Weise 30 Entgelt-punkte als eigene, eigentumsrechtlich geschützteAnwartschaften erworben. Ein Rentensplittingkann auch unter eingetragenen Lebenspartner/innen vereinbart werden.

4 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP vom24.04.2006: BT-Drucks. 16/1274

5 das 26,4fache des jeweils aktuellen Rentenwertes (Werte: 1.7.2007 bis30.6.2008: 26,27 Euro West; 23,09 Euro Ost) 6 durch Gesetz vom 15.12.2004, BGBl I S 3396

ver.di-Position

36

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

lidargemeinschaft der Versicherten jedoch die Kostender sozialen Sicherung für die Ehefrauen übernehmenmüssen.

Hier muss grundsätzlich umgesteuert werden in Rich-tung auf mehr eigenständige und individuelle Absi-cherung von Frauen – vorrangig durch Erwerbsarbeitund Anpassung der Rahmenbedingungen dafür. Dasheißt, für eine gelungene Reform der Rentenversiche-rung und zur gleichberechtigten Integration vonFrauen müssen entsprechende Reformen nicht nur in-nerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung anset-zen:

Die Realität des segregierten Arbeitsmarktes unddie bisher auf die Subsidiärität der Familie/Be-darfsgemeinschaft ausgerichtete soziale Siche-rung wirken zusammen. Wenn das Ziel, mit derIndividualisierung von Steuern, Beiträgen, An-wartschaften und Leistungen mehr Anreize fürFrauenerwerbstätigkeit zu leisten, klar ist, müssenÄnderungen sich vordringlich auf diese Rahmen-bedingungen der Frauenerwerbstätigkeit richten.

Die Pflege ist derzeit ein typisches Beispiel dafür,dass wichtige soziale Leistungen in Deutschlandvorrangig der Subsidiarität der Familie politischzugeordnet wurden. Hier muss umgesteuert wer-den. Wir brauchen mehr öffentliche Daseinsvor-sorge (z. B. Kinderbetreuung, ambulante Pflege-dienste), so dass Frauen von und bei der Erfül-lung gesellschaftlich notwendiger Arbeit entlastetwerden. Gleichzeitig könnte so sozialversicherteArbeit für Frauen geschaffen werden.

Eine geschlechtergerechte Alterssicherung zu schaf-fen heißt, Geleistetes zu honorieren, die bestehendegeschlechtspezifische Arbeitsteilung aber nicht zu ze-mentieren.

Reformoptionen innerhalb der Rentenversicherungsehen wir daher vor allem in einer Umschichtung imSystem, die eine stärkere rentenrechtliche Anerken-nung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, alsovon Erziehungs- und Pflegeleistungen – unabhängigvom Bestehen einer Ehe – ermöglicht.

Problematisch ist außerdem die Bevorzugung der Ver-heirateten. Mit der Bindung der Hinterbliebenenver-sorgung nur an eine Ehe (nicht etwa an die Erbrin-gung gesellschaftlich notwendiger Leistungen wie

Kindererziehung, Pflege etc.) wird den Realitäten undLebensentwicklungen, aber auch dem Selbstverständ-nis von Frauen nicht mehr entsprochen. Diese Ände-rung der gesellschaftlichen Vorstellung von Familiemuss sich, unter Beachtung der verfassungsrechtli-chen Vorgaben des Art. 6 GG, auch im Rentenrechtniederschlagen.

Ein weiterer, finanzieller Reformbedarf ergibt sich ausveränderten Erwerbsbiographien. Erwerbs- und Le-bensläufe befinden sich in einem rasanten Wandel.Biographien werden brüchiger. Die sozialversiche-rungspflichtige Beschäftigung wird künftig für allenur noch Teil der Erwerbsbiographie sein. Sie wirdunterbrochen durch Phasen der Selbständigkeit, ge-ringfügiger Beschäftigung, Familienpausen oder auchArbeitslosigkeit.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind al-lein in den letzten drei Jahren 1,5 Millionen sozialver-sicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verlo-ren gegangen. Nur noch rund 26 Millionen sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigte tragen die Lasten derumlagefinanzierten Sozialversicherung. Nach Be-rechnungen des IAB gehörten bereits im Jahr2001 fast 4 Millionen Vollzeitbeschäftigte im Jahr2001 zu den Geringverdienern.7

Dieser Wandel gilt auch für die bisher typische Män-nerarbeit, so dass auch von daher das Ernährermodelleinschließlich der Hinterbliebenenabsicherung nichtlänger zufriedenstellend erfüllbar ist und die eigen-ständige Absicherung für Frauen um so notwendigerwird.

Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen(z. B. in der bezahlten Kindererziehung und Pflege)würden nicht nur die Frauen von der Hinterbliebe-nenabsicherung unabhängiger. Zusätzliche sozialver-sicherte Arbeit würde einen Refinanzierungseffekt indie soziale Sicherung einbringen und auch von daherdie Demografieproblematik der Rentenversicherungin gewissem Maße abschwächen.

7 Verdienstgrenze: 1.630 Euro brutto

ver.di-Position

37

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

D. Reformoptionen in der gRV

ver.di fordert: Die Hinterbliebenenabsicherung mussdas biometrische Risiko „Todesfall“ weiterhin absi-chern. Notwendig ist aber eine Umsteuerung: Hin zueiner Stärkung der eigenen Absicherung und wegvon einer „Überversorgung“.

Wesentlich für eine gerechte Reform der Hinterbliebe-nenabsicherung ist aber die Wahrung des Vertrauens-schutzes. Bestehende Renten oder die der rentenna-hen Jahrgänge dürfen nicht angetastet werden. Dielangfristige Überleitung der Hinterbliebenenversiche-rung in ein Rentensplitting wurde bereits vom DGBBundeskongress beschlossen.

Als kurz- und mittelfristige Reformoptionen tritt ver.diein für8:

1. Anreize zu eigener Erwerbstätigkeit bei Inan-spruchnahme der Witwenrente verstärken:Mit der Anhebung der Höhe des Freibetrages aufdie heutige Pfändungsfreigrenze von 985 Euro9

und bei verstärkter Anrechnung der darüber hin-aus gehenden eigenen Einkünfte sollen Anreizezu verstärkter eigener Erwerbstätigkeit geschaffenwerden. Grundsätzlich werden seit der Renten-reform 2002 neben den Erwerbseinkommen auchalle anderen Einkünfte angerechnet. Im Sinne ver-besserter Anreize zu eigener Erwerbstätigkeitkönnte die verstärkte Anrechnung auf die ande-ren Einkünfte (z. B. Mieteinnahmen, Kapitalein-künfte) beschränkt werden.

2. Beibehaltung des Sterbevierteljahres, um denHinterbliebenen Zeit für die Umorientierung angeänderte Lebensverhältnisse zu geben.

3. Die Leistungen der Hinterbliebenenversicherungkönnten stärker als bisher an das Vorhandenseinvon Kindern und das Erbringen gesamtgesell-schaftlicher Leistungen gekoppelt werden, z. B.Pflege von Angehörigen10.

Mit den so frei werdenden Mitteln besteht die Mög-lichkeit, einen verbesserten „Nachteilsausgleich“ in

8 Diese Positionen wurden im Rahmen der dritten Frauenalterssicherungs-konferenz im März 2007 diskutiert.

9 von heute ca. 700 Euro (s. Fußnote 5)10 vgl. SoPo-aktuell Nr. 57: ver.di-Positionen zur Reform der Pflegeversiche-

rung

der Hinterbliebenenabsicherung zu schaffen. Mög-lichkeiten für eine Verbesserung der eigenständigenAbsicherung von Frauen im Alter bestehen insbeson-dere in einer besseren und gerechteren Bewertungvon Kindererziehungs- und Pflegezeiten.

Insbesondere die Pflege wird angesichts der demo-graphischen Entwicklung eine größere Bedeutung fürdie individuelle Erwerbsbiographie erhalten. Aucheine Verbesserung der rentenrechtlichen Bewertungschafft (neben den notwendigen Leistungen der Da-seinsvorsorge) die Voraussetzungen für das Verblei-benkönnen von Pflegebedürftigen in der Familie undder häuslichen Umgebung. Frauen, die diese gesell-schaftlich notwendige Arbeit (selbst) übernehmen(müssen), dürfen dadurch nicht auch noch Nachteilein ihrer Alterssicherung erfahren.

Des weiteren ist die Sozialversicherungsfreiheit auf ei-nen Bagatellebetrag zu senken, damit auch bei gerin-ger Teilzeit ein ununterbrochener Versicherungsver-lauf erhalten und die Anreizwirkung für immer kleine-re Teilzeitarbeitsverhältnisse abgebaut wird.

Als mittel- bis langfristige Alternative setzt ver.di sichdafür ein, dass ein Umbau der Hinterbliebenenabsi-cherung unter Berücksichtigung der gesellschaftli-chen und finanziellen Gegebenheiten erfolgt, so auchunter Einbeziehung der Praxis der familiären Ver-pflichtungen von Frauen und ihrer Möglichkeiten,sich über die eigene Beteiligung am Arbeitsmarkt ei-gene Anwartschaften in nicht benachteiligendemAusmaß zu erwerben.

Ein Umbau muss über Reformoptionen nur für diegesetzliche Rentenversicherung hinaus gehen und in-terdisziplinär erfolgen, so dass Frauen individuelleRechte und Pflichten auch wahrnehmen und erfüllenkönnen. So muss auch daran gearbeitet werden, wel-ches die Gründe für die konkrete Abhängigkeit derFrauen von Unterhaltsleistungen sind, z. B. Rahmen-bedingungen der Erwerbstätigkeit wie Ehegattenbe-steuerung, nicht ausreichende Kinderbetreuung,Lohn- und Einkommensungleichheit.

Die Hinterbliebenabsicherung ist seit jeher Bestandteilder gesetzlichen Rentenversicherung. Und im Unter-schied zur privaten Versicherung hat die gesetzlicheRente immer auch Fürsorge- und Umverteilungsfunk-tionen erfüllt; diese sind daher versicherungsimma-

ver.di-Position

38

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

nent11. Ein Umbau bzw. eine Senkung der Hinterblie-benenrente erfordert daher dringend einen Ausgleichdurch eine andere Art der rentenrechtlichen Absiche-rung. Darüber hinaus ist zu prüfen, wie die Unter-haltsfunktion der Hinterbliebenenabsicherung sinn-voll ersetzt werden kann. Die allgemeine bedürftigt-keitsabhängige Grundsicherung jedenfalls ist hier kei-ne hinreichende Alternative.

Der Umgestaltung der Hinterbliebenabsicherung ste-hen verfassungsrechtliche Prinzipien nur einge-schränkt entgegen. Wichtig ist es, bei den jeweiligenReformvorschlägen genau zu prüfen, zu wessenGunsten Änderungen erfolgen und wer die Lastenträgt. Der Gesetzgeber wird bei Änderungen der Hin-terbliebenenrenten nämlich weniger durch dasGrundgesetz als vielmehr durch die gesellschaftlichenKräfte eingeschränkt. Hier gilt es, deutlich im Sinnevon Frauen und der Verbesserung ihrer Existenz- undAlterssicherung zu entscheiden.

11 vgl. Susanne Hüttmann-Stoll, Richterin am Bundessozialgericht: Hinter-bliebenenabsicherung aus verfassungsrechtlicher Sicht; Vortrag zur3. ver.di-Frauen-Alterssicherungskonferenz, Berlin, 16. Juli 2007

ver.di-Position

39

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

Aus dem Tagungsgeschehen

40

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

41

www.sopo.verdi.de

- Alterssicherungskonferenz

42

Tagungsdokumentation vom 16. Juli 2007 in der Bundesverwaltung ver.di

Anschrift Telefon Telefax E-Mail-Adresse

Baden-Württemberg 70173 StuttgartKönigstr. 10a 0711 88 7 88-7 0711 88 7 88-8 [email protected]

Bayern 80336 MünchenSchwanthalerstraße 64 089 59977-0 089 59977-2222 [email protected]

Berlin/Brandenburg 10179 BerlinKöpenicker Str. 30 030 8866-6 030 8866-4999 [email protected]

Hamburg 20097 HamburgBesenbinderhof 60 040 2858-100 040 2858-7000 [email protected]

Hessen 60329 Frankfurt/MainWilhelm-Leuschner-Str. 69–77 069 2569-0 069 2569-1199 [email protected]

Niedersachsen/ 30159 HannoverBremen Goseriede 10 0511 12400-0 0511 12400-150 [email protected]

Nord 23558 LübeckHansestraße 14 0451 8100-6 0451 8100-777 [email protected]

Nordrhein-Westfalen 40210 DüsseldorfKarlstr. 123-127 0211 61824-0 0211 61824-466 [email protected]

Rheinland-Pfalz 55116 MainzMünsterplatz 2–6 06131 9726-0 06131 9726-288 [email protected]

Saar 66111 SaarbrückenSt. Johanner Strasse 49 0681 9 88 49-0 0681 9 88 49-499 [email protected]

Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen 04317 Leipzig(Mitteldeutschland) Täubchenweg 8 0341 68100-0 0341 68100-52 [email protected]

Stand: Juni 2007

Liste der ver.di-Landesbezirke