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10.07.2017 1
Teambildungsprozesse in kleinen Unternehmen Zwischen Theorie und Praxis
Dr. Nida ul Habib Bajwa
Vertretungsprofessor für
Gründungs- und Innovationspsychologie 26.04.2017
Psychologische Gründungsforschung
• Psychologische Gründungsforschung befasst sich mit psychologischen Faktoren und Mechanismen, die für eine unternehmerische Berufswahl/Erfolg relevant sind, z.B.
– Warum zeigen manche Individuen mehr Unternehmergeist als andere?
• Wie kommt es dazu, dass eine Person ein Unternehmen gründet?
• Wie „ticken“ Unternehmer?
• Warum gründen Frauen seltener?
• Wie geht ein Gründer damit um, wenn es Probleme gibt?
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Die Big Five
• Offenheit für Erfahrungen – Hohe Wertschätzung für neue Erfahrungen und Abwechslung,
Wissbegierde, Kreativität, vielfältige kulturelle Interessen
• Gewissenhaftigkeit – Ordnungsliebe, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Disziplin, Ehrgeiz.
• Verträglichkeit – Altruismus, Mitgefühl, Wohlwollen, Vertrauen, Kooperativität,
Nachgiebigkeit, Harmoniebedürfnis.
• Extraversion – Geselligkeit, Aktivität, Gesprächigkeit, Herzlichkeit, Optimismus,
Heiterkeit
• Neurotizismus – Nervosität, Ängstlichkeit, Traurigkeit, Unsicherheit, geringe
Bedürfniskontrolle, unangemessene Reaktionen auf Streß.
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Gibt es Unternehmer-Persönlichkeiten?
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Gründungslandkarte?
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Agenda
• Young Men and Fire: Ein Team, das scheitert
• Das Zeitalter der Start Ups
• Der Unternehmer
• Das Gründerteam
• Phasen der Gruppenentwicklung
• Goldene Regeln
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Young Men and Fire
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The Age of the Start Up
Die kambrische Explosion
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Gründen war noch nie so einfach…The Age of the Start Up
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Scheitern war noch nie so einfach…
• KfW Gründungsmonitor 2012
–32% der Start Ups überleben die ersten drei Jahre nicht
–40% der Firmen, die Insolvenz anmelden, sind jünger als
vier Jahre
The Age of the Start Up
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Risiken und Nebenwirkungen?
• Entrepreneur = Jemand, der Risiken (er)trägt (R. Cantillon im 18. Jahrhundert)
• Die Funktion eines Unternehmers ist die Spezialisierung auf Risiken (F. Knight, 1921)
• ABER:
• Unternehmer sind im Allgemeinen nicht risikobereiter als andere Personen
Der Unternehmer
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Selbstvertrauen
• Übermäßiges Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, negative Ergebnisse abwenden zu können (Busenitz & Barney, 1997) – 33% der Gründer glauben, dass ihr Unternehmen nicht
scheitern kann
– 80% glauben, dass es eine Erfolgschance von mindestens 70% hat
• Unternehmer sind überzeugt, dass sie länger leben (Puri & Robinson, 2004)
„Unheilbarer Optimismus“
Der Unternehmer
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Ein Haufen unheilbarer Optimisten
• Die Unternehmensgründung ist eine Team-Aufgabe– Eine Person alleine kann kaum alle relevanten Aspekte einer
Unternehmensgründung abdecken
• Die Zusammenarbeit im Team ist eine unterschätzte Herausforderung im Gründungsprozess:
„70 Prozent aller Start-ups, die scheitern, scheitern an einem Problem mit dem Team.“ (Christoph Räthke, Leiter der Berlin Start-up Academy)
• Funktionierende Zusammenarbeit ist kein Automatismus, sie muss erarbeitet werden. Dafür brauchen wir Teamentwicklung.
Das Gründerteam
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Teambuilding-MaßnahmenDas Gründerteam
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Teamentwicklung
• Der Nutzen beinahe aller sogenannter Teambuilding-Maßnahmen ist extrem fragwürdig (Woodman & Sherwood, 1980)
• Der Nutzen eintägiger „Erlebnis-Übungen“ darf stark bezweifelt werden (Cantzler & Leijon)
• Es liegen fast keine wissenschaftlichen Studien vor, die einen Zusammenhang zwischen klassischen Teambuilding-Maßnahmen und Leistung belegen können (Salas, Rozell, Mullen & Driskell, 2006)
Das Gründerteam
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Wie entstehen Teams?
• Die Phasen der Gruppenentwicklung (Tuckman, 1965; Tuckman & Jensen, 1977)
– Klassiker der Gruppen- und Teamforschung
– Deskriptives Modell der Gruppenentwicklung
• Haupterkenntnis: Sowohl die Sozial- als auch die Aufgabenstruktur einer Gruppe muss passen
– Jede Phase der Entwicklung mit eigenen Herausforderungen verbunden
Das Gründerteam
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Phase I: Forming
• Phase der Orientierung
• Leitfragen:
– Wie verhalten wir uns untereinander?
– Was ist eigentlich unsere Aufgabe?
– Wie können wir mit der Aufgabe umgehen?
Phasen der Gruppenentwicklung
Norming
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Was gibt Orientierung?
• Gewohnheiten
– Interdisziplinäre Teams haben mehr als eine Vorstellung von Normalität
– „Das habe ich immer schon so gemacht, das wird also hier auch nicht so falsch sein.“
• Zusammenarbeit ist immer dann schwierig, wenn wir nicht mit Kopien unserer selbst konfrontiert sind.
Phasen der Gruppenentwicklung
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Phase II: Storming
• Phase des Konflikts
• Leitfragen:
– Warum sollte ich tun, was andere von mir wollen?
– Wieso soll ich mich mit einer Aufgabe beschäftigen, die mir keinen Spaß macht?
Phasen der Gruppenentwicklung
Forming Storming
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Die Rolle von Konflikten
• Die Vermeidung von Konflikten kann negative Konsequenzen haben:
Phasen der Gruppenentwicklung
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Die Rolle von Konflikten
• Konflikte gehören zur Teamarbeit dazu
• Wichtig ist ein konstruktiver Umgang mit Konflikten:– Hinterfragen der Konfliktursache
– Offenes Ansprechen unterschiedlicher Auffassungen
• Teams mit konstruktiven Normen für den Umgang mit Konflikten sind effektiver (Uitdewilligen, Waller & Zijlstra, 2010)
Phasen der Gruppenentwicklung
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Phase III: Norming
• Phase des Kompromisses
• Leitfragen:
– Wie können wir Zusammenarbeit gestalten?
– Wie können wir unsere Aufgabe erfolgreich bewältigen?
Phasen der Gruppenentwicklung
Forming Storming Norming
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• Wie gelangen Gruppen zu einem gemeinsamen Verständnis von Plänen, Zielen und Prozessen?
• Gruppenmitglieder entwickeln mentale Modelle über die Gruppe und ihre Aufgabe
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1
• Eine hohe Ähnlichkeit der Modelle erleichtert die Koordination innerhalb eines Teams
Gemeinsame VorstellungenPhasen der Gruppenentwicklung
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Teamwork-Track
Mitglieder-Modell
Aufgaben-Modell
Interaktions-Modell
Equipment-Modell
• Kompetenzen der Teammitglieder
• Eigenschaften der Teammitglieder
• Kommunikationsmuster• Rollen• Wissen über Effektivität
von Prozessen
• Verständnis der Teamaufgabe
• Verständnis des Ziels
• Ressourcen zur Erfüllung der Aufgabe
In Anlehnung an Cannon-Bowers et al., 1993
Taskwork-Track
Gemeinsame VorstellungenPhasen der Gruppenentwicklung
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Phase IV: Performing
• Phase der Aufgabenbewältigung
• Leitfragen:
– Wie kann ich die anderen unterstützen?
– Funktioniert unser Lösungsansatz?
Phasen der Gruppenentwicklung
Forming Storming Norming Performing
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High Performing Teams
• Heedful Interaction (Weick & Roberts, 1993)
– Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse anderer Teammitglieder
– Überbelastung anderer erkennen und ggf. unterstützend eingreifen
Phasen der Gruppenentwicklung
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High Performing Teams
• Adaptive Rollenstruktur (Stachowski, Kaplan & Waller, 2009)
– „blindes Verständnis“ und die Fähigkeit kurzzeitig auch die Rolle anderer Teammitglieder zu übernehmen
– Sehr flexible Kommunikationsmuster
Phasen der Gruppenentwicklung
E
F
G
H
A B
C
D
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Zusammenfassung
• Sozial- und Aufgabenstruktur sind wichtig
• Der Prozess verläuft linear aber nicht zwangsläufig bis zur letzten Phase
• Form und Dauer der Phasen sind kontextabhängig
Phasen der Gruppenentwicklung
Forming Storming Norming Performing
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Grenzen des Modells
• Aus der Gruppe wird über die Zeit ein funktionierendes Team, die Aufgabe bleibt
• Unternehmensgründungen sind dynamisch und zyklisch
– Verschiedene Aufgaben verlangen unterschiedliche Strukturen, Aufgaben beeinflussen sich wechselseitig
– Bezogen auf einzelne Aufgaben finden parallele Teamentwicklungs-Prozesse statt
Phasen der Gruppenentwicklung
Produktentwicklung
Marketing
Vertrieb35
Goldene Regeln
• Den Teambuilding-Masterplan gibt es nicht• Einzelmaßnahmen können nett sein, sind aber nicht
nachhaltig• Die Basis der erfolgreichen Teamarbeit in kleinen Teams
ist Kommunikation– Jeder muss mit jedem reden– Neben klassischen Besprechungen auch Möglichkeiten des
informellen Austauschs fördern („Watercooler talk“)– Gründerteams müssen auch sozial miteinander auskommen –
man kann sich nicht aus dem Weg gehen
• Verändert sich das Unternehmen, verändern sich auch die Normen nach denen Zusammenarbeit funktioniert
Kontinuierliches Teambuilding!(Garavan and O’Cinneide 1994)
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Fragen?Anmerkungen?
Meinungen?
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