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Technische Universität Berlin Institut für Psychologie und Arbeitswissenschaft der Fakultät V für Verkehrs- und Maschinensysteme Fachbereich Kognitions- und Neuropsychologie Diplomstudiengang Psychologie Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Psychologen (Dipl.-Psych.) Unterschiede in der Emotionsverarbeitung bei Achtsamkeitsmeditierenden und Nichtmeditierenden – eine Startle-Studie Willi Zeidler Erstgutachter: Prof. Dr. Manfred Thüring (Technische Universität Berlin) Zweitgutachter: Dr. Ulrich Ott (Bender Institute of Neuroimaging, Universität Gießen) Berlin, den 02. Januar 2007

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Technische Universität Berlin

Institut für Psychologie und Arbeitswissenschaft

der Fakultät V für Verkehrs- und Maschinensysteme

Fachbereich Kognitions- und Neuropsychologie

Diplomstudiengang Psychologie

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Psychologen (Dipl.-Psych.)

Unterschiede in der Emotionsverarbeitung bei

Achtsamkeitsmeditierenden und

Nichtmeditierenden – eine Startle-Studie

Willi Zeidler

Erstgutachter: Prof. Dr. Manfred Thüring (Technische Universität Berlin)

Zweitgutachter: Dr. Ulrich Ott (Bender Institute of Neuroimaging, Universität

Gießen)

Berlin, den 02. Januar 2007

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II

Erklärung

Ich erkläre an Eides Statt, dass ich diese Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde

Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den

benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich

gemacht habe. Mir ist bekannt: Bei der Verwendung von Inhalten aus dem Internet

habe ich diese zu kennzeichnen und mit Datum sowie der Internet-Adresse (URL) ins

Literaturverzeichnis aufzunehmen.

Diese Arbeit hat keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.

Ich bin mit der Einsichtnahme in der Bibliothek und auszugsweiser Kopie

einverstanden. Alle übrigen Rechte behalte ich mir vor. Zitate sind nur mit vollständigen

bibliographischen Angaben und dem Vermerk „unveröffentlichtes Manuskript einer

Diplomarbeit“ zulässig.

Berlin, den 02. Januar 2007

......................................................

Willi Zeidler

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III

1

„Ich schließe meine Augen,

um zu sehen.“

Paul Gauguin

2

1 Das achtspeichige Rad der buddhistischen Lehre: die Nabe des Rades steht für die ethische Disziplin, durch die der Geist gestützt und gefestigt wird. Die acht Speichen stehen für den achtfachen Pfad und die Weisheit, mit der die Unwissenheit überwunden wird. Die Felge versinnbildlicht die Konzentration, durch deren Kultivierung die Ausübung der Lehre gefördert wird. 2 Lächelnder Buddha im Tempel Bayon in Angkor Wat, Kambodscha.

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Widmung und Danksagung

I

Widmung Diese Arbeit ist meiner Mutter und meinem Vater gewidmet, die mir die unschätzbar wertvolle

Zeit meines Studiums ermöglichten.

Danksagung

„Jeder Weg ist nur ein Weg, alle führen nirgendwohin. Es ist kein Verstoß

gegen sich selbst oder andere, ihn aufzugeben, wenn dein Herz es dir

befiehlt. Sieh dir jeden Weg scharf und genau an. Versuche ihn so oft wie

nötig. Dann frage dich, und nur dich allein: Ist es ein Weg mit Herz? Wenn

ja, dann ist es ein guter Weg, wenn nicht, ist er nutzlos.“

Carlos Castaneda: „Die Lehren des Don Juan“

Zutiefst dankbar bin ich an erster Stelle Herrn Dr. Ulrich Ott vom „Bender Institute of Neuroimaging“

(BION) der Universität Gießen, der diese Arbeit in einer herzlichen, inspirierenden, und fundierten

und umfassenden Weise betreut und begleitet hat, wie man es sich als Student nicht anders

wünschen könnte – er hat nicht nur präzise und strukturierte fachlich und wissenschaftlich wichtige

Samen in mich gelegt, sondern auch auf einer menschlichen Ebene. Ich danke ihm für alle Zeit,

Energie und Unterstützung, die er für mich aufgebracht hat, sowie für seine nicht abreißende

Motivierung und seinen Zuspruch. Die Chance, ein für mich intellektuell und menschlich derart

bereicherndes Thema bearbeiten zu dürfen, gewährte mir glücklicherweise Herr Prof. Manfred

Thüring, ohne dessen umfangreiche, freundliche Unterstützung im logistischen Bereich die Arbeit

nicht hätte umgesetzt werden können. Ich bedanke mich vielmals für die Möglichkeit, Ressourcen

wie das Varioport und die Versuchsräume des Zentrum-Mensch-Maschine-Systeme (ZMMS) nutzen

zu dürfen. Ohne das Wohlwollen von Herrn Prof. Thüring wäre das Projekt bereits im Keim erstickt

worden. Die „Society for Meditation and Meditation Research“ (SMMR) gewährte großzügig die für

die Durchführung der Studie notwendige finanzielle Unterstützung für die Entlohnung der

Kontrollprobanden – hierfür bin ich Frau Anke Beumann und Herrn Dr. Harald Piron sehr zu Dank

verpflichtet. Die Idee zu dieser Diplomarbeit hatte ihren Ursprung in einem Forschungsaufenthalt an

der University of Arizona, USA. Dort durfte ich unter der Leitung von Willoughby Britton einen

Einblick in die wissenschaftliche Achtsamkeitsforschung nehmen, wofür ich ihr vielmals danke, wie

auch für alle Anregungen und Hinweise zu dieser Arbeit, mit denen sie mich nach meiner dortigen

Zeit unterstützte. In Arizona begann ich gedanklich damit, Fragestellungen, die ich früher an den

Buddhismus gerichtet hatte, im Kontext eines wissenschaftlichen Experiments auszuformulieren.

Hier war das Zusammentreffen mit Herrn Prof. Al Kaszniak, der sich intensiv mit Meditation, Emotion

und Bewusstsein auseinandergesetzt hatte, von großem Wert. Er führte mich in seiner umsichtigen

und geduldigen Art aus einigen theoretischen Verwirrungen, den Buddhismus betreffend, wofür ich

ihm sehr dankbar bin. Ihm verdanke ich auch den Hinweis auf „The Feeling Buddha“ von David

Brazier, ein Buch, das diese Arbeit sehr befruchtet hat. Dass ich diesen Aufenthalt, währenddessen

ich auch die atemberaubende Natur des Südwestens der USA erleben durfte, durchführen konnte,

verdanke ich der Förderung der TU-Berlin, der Fulbright-Organisation und letztlich Herrn Prof.

Thüring, der mich dafür empfahl. Ihnen allen sei dafür herzlichst gedankt. Die Gewinnung von

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Danksagung

II

meditationserfahrenen Versuchsteilnehmern wäre ohne die überwältigend freundliche Hilfe der

Deutschen Buddhistischen Union (DBU), der Buddhistischen Akademie Berlin, des Theravada-

netzwerks, des buddhistischen Haus in Berlin Frohnau und aller anderen buddhistischen Zentren, die

mich zu Besuchen einluden und mir Aushänge erlaubten, unmöglich gewesen. Besonders danke ich

Frau Renate Seifarth, die mich als erfahrene Vipassana-Lehrerin an relevante Kreise empfahl, in

theoretischen Fragen beriet, und praktisch unterwies. Ebenso empfinde ich tiefe Dankbarkeit dafür,

den in Berlin lebenden österreichischen Theravâda-Mönch Bhikkhu Paññasâra kennen gelernt zu

haben, der mich immer wieder unermüdlich und herzlich in die Tiefen des buddhistischen Dharma

einführte. Im Vorfeld der Untersuchung erhielt ich von Herrn Prof. Wilfried Belschner und Herrn Prof.

Harald Walach wertvolle Hinweise zur Gestaltung der Arbeit, für die ich Ihnen sehr danken möchte.

Während der Versuchsdurchführung standen mir Herr Nikolaus Rötting, Systemadministrator des

ZMMS, und Herr Becker von Becker-Meditec, Hersteller des Varioport-Messaufnehmers, freundlich

und hilfsbereit zur Seite – ein großes Dankeschön für diese Unterstützung. Auch Alex Chirkoch, dem

SPSS-Tutor, der mich auch noch „in letzter Sekunde“ freundlich unterstützte, gilt mein Dank. Herrn

Albert Widman danke ich vielmals für die Energie, die er mir in den letzten kritischen Wochen

vermittelt hat. Auch danke ich Herrn Steve Ayan von Gehirn & Geist �. Meinen Freunden Alex

Mißelbeck, Andreas Schulz (für die gemeinsame Zeit im ZMMS und technische Unterstützung),

Bastian Zimmermann (für stetige Sopranos Versorgung), Claudius Römhild, Dr. Holger Kunz (für

hilfreiche Word-Geheimnisse und fürs Korrekturlesen), Kinga Kujat, Kristof Beghin, Martin Tischler

(für wertvolle methodische Sprünge, auf die er mir geholfen hat, und fürs Korrekturlesen), Susanne

Emmer und Philipp Rothkopf (für sein Wissen über Zen und für seinen Mut, sich dem Leben in seiner

Gänze hinzugeben) danke ich für Ihre Freundschaft, die ich über alles schätze, dafür dass sie mich

während diverser Durststrecken damit am Leben und bei Verstand erhalten haben (und dass sie

einem während der Erstellung dieser Diplomarbeit über weite Strecken autistischen Freund dafür

Nachsicht gewährten – wofür ich ebenso meinen Mitbewohnern Alisa Feist und Christian Griebenow

danke). Bei der Wiegmann-Klinik für Psychosomatische Medizin, meinem Brötchengeber, will ich

mich bedanken für ruhige Nachtschichten, in denen ein Großteil dieser Arbeit entstanden ist �. Ich

möchte mich außerdem bedanken bei der Gesellschaft, die mir noch gestattete, kostenlos zu

studieren, mit der Möglichkeit und Zeit, über den Tellerrand zu blicken (Philosophie-Kurse), oder

längere Zeit in Asien zu reisen (Vipassana-Retreats), und meinen Horizont zu erweitern. In dieser

Zeit hatte ich die (von mir als solche empfundene) Gnade, vier der gewaltigsten Wege, das

Universum und den Menschen zu verstehen, kennen zu lernen: die Philosophie, die Wissenschaft,

die Tiefenpsychologie und den Buddhismus. Ich danke schließlich meinen Eltern, die an mich

geglaubt haben, die unendlich viel für mich getan haben, und durch die und mit denen ich sehr viel

gelernt habe. Und am meisten danke ich meiner geliebten Freundin Sabrina Trapp, mit der

zusammen ich den Weg durch die Psychologie, das Menschsein und zu ihr und mir gefunden habe.

Danke, noch nie hat mich soviel mit einem Menschen verbunden.

Ein besonderer Dank geht an die Versuchsteilnehmer, ohne die die Studie nie

hätte existieren können: ich durfte in vielen Gesprächen Bewegendes und Bereicherndes von

den Teilnehmern lernen, wodurch sich mein Verständnis der Achtsamkeitsmeditation und des

Buddhismus enorm vergrößert hat – auch bin ich dankbar für die vielen freundlichen,

menschlichen Begegnungen, die mir durch diesen Versuch geschenkt wurden.

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Inhaltsverzeichnis

III

Inhaltsverzeichnis

Danksagung....................................................................................................... I

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................... III

Abbildungsverzeichnis ...................................................................................VI

Tabellenverzeichnis ........................................................................................ IX

Zusammenfassung.........................................................................................XII

1. Einleitung................................................................................................ 14

1.1 Ausgangslage und Zielsetzung................................................... 14

1.2 Aufbau der Arbeit ........................................................................ 16

2. Theoretische Grundlagen...................................................................... 18

2.1 Achtsamkeit – Hintergrund und Herkunft .................................... 18

2.1.1 Buddhismus.......................................................................................... 19

2.1.2 Leben und Lehre des historischen Buddha........................................... 23

2.2 Achtsamkeit im universitären und klinischen Kontext ................. 31

2.2.1 Östliche Weisheitslehren und westliche Wissenschaft ......................... 32

2.2.2 Kritische Überlegungen zur Meditationspraxis ..................................... 36

2.2.3 Wissenschaftliche Meditationsforschung ............................................. 38

2.2.4 Das MBSR-Programm von John Kabat-Zinn........................................ 42

2.2.5 Weiterentwicklungen, Anwendungsbereiche und Ergebnisse klinischer Studien ................................................................................................ 48

2.2.6 Konstruktdefinition und Forschung zu den vermuteten Wirkmechanismen ............................................................................... 50

2.2.7 Einordnung dieser Arbeit in aktuelle Forschungsperspektiven und -befunde .............................................................................................. 62

2.3 Überblick über die Emotionsforschung ....................................... 68

2.3.1 Buddhistische Sicht der Emotionen...................................................... 74

2.3.2 Philosophische Emotionstheorien ........................................................ 75

2.3.3 Psychologische Emotionstheorien ....................................................... 80

2.3.4 Neurowissenschaftliche Emotionstheorien........................................... 86

2.4 Theorien und Befunde zur Emotionsregulierung....................... 100

2.4.1 Achtsamkeit und Emotionsregulierung............................................... 113

2.5 Eingesetzte Emotionsmaße ...................................................... 117

2.5.1 Startle-Reflex..................................................................................... 122

2.5.2 Elektrodermale Aktivität ..................................................................... 130

2.6 Fragestellungen und Hypothesen ............................................. 132

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Inhaltsverzeichnis

IV

3. Methodisches Vorgehen...................................................................... 135

3.1 Versuchsplan und unabhängige Variable (UV) ......................... 135

3.2. Stimulus Materialien und experimentelles Design..................... 136

3.2.1 Visuelles Stimulusmaterial ................................................................. 136

3.2.2 Akustischer Schreckreiz..................................................................... 140

3.2.3 Experimentelles Design ..................................................................... 140

3.3. Messinstrumente und abhängige Variablen (AV)...................... 143

3.3.1 AV „subjektives Gefühlserleben“........................................................ 143

3.3.2 AV „Affekttoleranz“............................................................................. 144

3.3.3 AV „Intensität & Verlauf der emotionalen Reaktionen“ ....................... 144

3.3.4 Explorativ erhobene Daten ................................................................ 144

3.4 Untersuchungsablauf ................................................................ 145

3.4.1 Gewinnung geeigneter Probanden .................................................... 145

3.4.2 Versuchsdurchführung....................................................................... 146

3.5 Datenaufbereitung und Auswertung.......................................... 151

3.5.1 Aufbereitung der physiologische Daten.............................................. 151

3.5.2 Auswertung........................................................................................ 153

3.6 Stichprobenbeschreibung ......................................................... 156

4. Ergebnisse............................................................................................ 170

4.1 Subjektives Gefühlserleben ...................................................... 170

4.1.1 SAM-Ratings ..................................................................................... 170

4.1.2 Nachinterview .................................................................................... 175

4.2 Zeitverlauf der emotionalen Reaktion ....................................... 176

4.2.1 EDA-Zeitverläufe ............................................................................... 176

4.2.2 Zeitverlauf der Startle-Response ....................................................... 180

4.3 Reaktionsintensität.................................................................... 186

4.3.1 Reaktionsintensität der neurophysiologischen Komponente .............. 186

4.3.2 Reaktionsintensität der motivationalen Komponente.......................... 189

4.4 Affekttoleranz............................................................................ 196

4.4.1 Verwendung von Vermeidungsstrategien .......................................... 196

4.4.2 Wohlbefinden vor und nach dem Versuch.......................................... 197

4.5 Fragebögen............................................................................... 199

5. Diskussion und Ausblick..................................................................... 200

5.1 Gefühlskomponente.................................................................. 200

5.2 Zeitverlauf der emotionalen Reaktion ....................................... 205

5.3 Reaktionsintensität.................................................................... 210

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Inhaltsverzeichnis

V

5.4 Affekttoleranz............................................................................ 213

5.5 Fragebögen............................................................................... 214

5.6 Zusammenfassung und Ausblick .............................................. 214

Literaturverzeichnis ..................................................................................... 217

Anhang .......................................................................................................... 246

Anhang A: Fragebögen und sonstige Unterlagen...................................... 246

A1.1: Flyer zur Probandenrekrutierung......................................................... 246

A1.2: Fragebogen zur Meditationserfahrung................................................. 247

A1.3: Fragebogen „Angaben zur Person“ ..................................................... 249

A1.4: Termin- und Einladungsschreiben....................................................... 252

A1.5: Einverständniserklärung...................................................................... 253

A1.6: SAM-Einführung.................................................................................. 254

A1.7: Fragebogen zur Ausgangslage ........................................................... 256

A1.8: Nachbefragung ................................................................................... 258

Anhang B: Stimulus Material ..................................................................... 260

B1.1: IAPS-Bilder bei den Frauen................................................................. 260

B1.2: IAPS-Bilder bei den Männern.............................................................. 260

B1.3: Miniaturansicht aller verwendeten Bilder ............................................. 261

B2.1: Baseline Instruktion............................................................................. 264

B2.2: Versuchsinstruktion............................................................................. 264

B2.3: SAM-Ratingskala für die Intensität des Gefühls .................................. 265

B2.4: SAM-Ratingskala für die Valenz des Gefühl........................................ 265

Anhang C: SPSS-Tabellen ........................................................................ 266

C1.1: SAM-Intensitätsratings........................................................................ 267

C1.2: SAM-Valenzratings ............................................................................. 268

C1.3: Nachinterview ..................................................................................... 270

C2.1: EDA-Zeitverlauf .................................................................................. 271

C2.2: Startle-Zeitverlauf ............................................................................... 274

C3.1: Intensität der neurophysiologische Komponente................................. 277

C3.2: Intensität der motivationalen Komponente .......................................... 281

C4.1: Affekttoleranz: Vermeidungsstrategien................................................ 287

C4.2: Affekttoleranz: Wohlbefinden .............................................................. 287

C5.1: Fragebögen ........................................................................................ 288

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Abbildungsverzeichnis

VI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zunahme des Körpergewahrseins (schraffierte Bereiche) während eines MBCT-

Kurses [Abb. aus Cayoun, 2005]. ...................................................................... 46

Abbildung 2: Funktionale Komponenten des „Co-Emergence Model of Reinforcement“ von

Cayoun [Abb. aus Cayoun, 2005]...................................................................... 59

Abbildung 3: Ungleichgewicht innerhalb des informationsverabeitenden Systems in Cayoun´s

„Co-Emergence Model of Reinforcement“ [Abb. aus Cayoun, 2005]. ............... 59

Abbildung 4: Darstellung des Circumplex-Modells mit den Dimensionen Erregung und Valenz

[Abb. nach Russel & Pratt, 1980]. ..................................................................... 81

Abbildung 5: Anatomische Verortung der Amygdala und des Hippocampus [Abb. von

http://www.humanillnesses.com]. ...................................................................... 89

Abbildung 6: Lage und Bestandteile der Basalganglien [Abb. von http://www.cjd-

goettingen.de/bilder/basal]. ............................................................................... 90

Abbildung 7: Ausdehnung des lateralen präfrontalen Kortex (blau) [Abb. aus Davidson, Putnam

& Larson, 2000]. ................................................................................................ 91

Abbildung 8: Lage des anterioren cingulären Kortex (gelb) [Abb. aus Davidson, Putnam &

Larson, 2000]. .................................................................................................... 92

Abbildung 9: Der orbitale und ventromediale Frontalkortex [Abb. aus Davidson & Irwin, 1999].93

Abbildung 10: Projektionen des mesolimbischen Dopaminsystems [Abb. von

http://pubs.niaaa.nih.gov]................................................................................... 95

Abbildung 11: Lage des insulären Kortex in einem Transversalschnitt des Gehirns [Abb. von

http://www.sinnesphysiologie.de]. ..................................................................... 96

Abbildung 12: Verschränkung emotionaler und interozeptiver Prozesse [Abb. aus Bechara &

Naqvi, 2004]....................................................................................................... 97

Abbildung 13: Lage des somatosensorischen Kortex und der „Homunculus“ [Abb. aus

Schandry, 2006]................................................................................................. 98

Abbildung 14: Hierarchisches Modell der Affektregulierung [Abb. nach Gross, 1998a]. .......... 100

Abbildung 15: Modell der freudschen Strukturtheorie der Psyche [Abb. aus Freud, 2000]. ..... 101

Abbildung 16: Differenzierung möglicher Emotionsregulierungs-Strategien [Abb. aus Gross,

2002]. ............................................................................................................... 106

Abbildung 17: Das emotionale „Defense”-Motivationssystem [Abb, aus Lang, Bradley &

Cuthbert, 1998]. ............................................................................................... 119

Abbildung 18: Zeitlicher Verlauf einzelner Komponenten während der „Defensiv -Kaskade“

[Abb. aus Bradley & Lang, 2001]. .................................................................... 120

Abbildung 19: Normaler Modulationsverlauf des Lidschlagreflexes [Abb. aus Lang, Bradley &

Cuthbert, 1998]. ............................................................................................... 127

Abbildung 20: Feinere Auflösung der Prepulse-Inhibition des Startle-Reflexes [Abb. aus

Bradley, Codispoti & Lang, 2006]. ................................................................... 127

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Abbildungsverzeichnis

VII

Abbildung 21: Startle Modulation vor, während und nach der Bilddarbietung [Abb. aus Dichter,

Tomarken & Baucom, 2002)............................................................................ 130

Abbildung 22: Mittlere Valenz- und Erregungswerte der IAPS-Bilder [Abb. aus Bradley & Lang,

2000]. ............................................................................................................... 138

Abbildung 23: Ablauf der Präsentation bis zum Versuchsbeginn ............................................. 141

Abbildung 24: Ablauf der Präsentation ab Versuchsbeginn...................................................... 141

Abbildung 25: Teile der verwendeten SAM-Version (links Valenz, rechts Intensität) ............... 143

Abbildung 26: Biosignal Recorder „Varioport-B“ ....................................................................... 147

Abbildung 27: Ableitungsort des Lidschlag-Reflexes [Abb. nach Blumenthal et al., 2005]. ..... 148

Abbildung 28: Schallschutzkammer, in der der Versuch stattfand............................................ 149

Abbildung 29: Audio- und Videoüberwachung der Versuchspersonen .................................... 150

Abbildung 30: Versuchsrechner ................................................................................................ 150

Abbildung 31: Boxplots für Praxisdauer in Jahren und Stunden je Gruppe.............................. 158

Abbildung 32: Boxplots für Prozentrang Achtsamkeitspraxis und FFA-Score je Gruppe ......... 160

Abbildung 33: Dauer einer Sitzung bei Kurz- und Langzeitmeditierenden ............................... 161

Abbildung 34: Frequenz der Sitzungen bei Kurz- und Langzeitmeditierenden......................... 162

Abbildung 35: Anzahl der Retreats bei Kurz- und Langzeitmeditierenden ............................... 162

Abbildung 36: Meditationsobjekt bei Kurz- und Langzeitmeditierenden ................................... 163

Abbildung 37: Bedeutung buddhistischer Philosophie bei Kurz- und Langzeit-meditierenden 163

Abbildung 38: Körperliche Gesundheit als Motiv für die Praxis ................................................ 164

Abbildung 39: Stressbewältigung und Erholung als Motiv für die Praxis .................................. 164

Abbildung 40: Innere Ruhe und Gelassenheit als Motiv für die Praxis ..................................... 165

Abbildung 41: Zusammensein mit Gleichgesinnten als Motiv für die Praxis ............................ 165

Abbildung 42: Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung als Motiv für die Praxis ......... 166

Abbildung 43: Religiöse oder spirituelle Motive für die Praxis .................................................. 166

Abbildung 44: Therapeutische Motive für die Praxis................................................................. 167

Abbildung 45: SAM-Intensitätsratings nach Gruppen und Bildvalenzen................................... 170

Abbildung 46: Boxplots für SAM-Intensitätsratings nach Gruppen und Bildvalenzen .............. 172

Abbildung 47: SAM-Valenzratings nach Gruppen und Bildvalenzen........................................ 173

Abbildung 48: Boxplots für SAM-Valenzratings nach Gruppen und Bildvalenzen.................... 174

Abbildung 49: Wandel der erlebten Gefühlsintensität durch die Meditationspraxis.................. 175

Abbildung 50: Latenz der initialen EDRs nach Bildbeginn je Bildvalenz und Gruppe .............. 179

Abbildung 51: Anstiegszeit der initialen EDRs bis zum Maximum je Bildvalenz und Gruppe .. 179

Abbildung 52: Halbwertszeit der initialen EDRs je Bildvalenz und Gruppe .............................. 180

Abbildung 53: Zeitverlauf der Startle-Response je Valenz und Gruppe ................................... 181

Abbildung 54: Differenz Startle-Response während - nach Bilddarbietung bei negativen und

positiven Bildern je Gruppe ............................................................................. 182

Abbildung 55: Potenzierung zu einzelnen Zeitpunkten und Differenz während - nach

Bilddarbietung je Gruppe................................................................................. 183

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Abbildungsverzeichnis

VIII

Abbildung 56: Inhibierung zu einzelnen Zeitpunkten und Differenz während - nach

Bilddarbietung je Gruppe................................................................................. 184

Abbildung 57: Summe der EDRs je Bildvalenz und Gruppe..................................................... 188

Abbildung 58: Maximum der EDRs je Bildvalenz und Gruppe.................................................. 188

Abbildung 59: Startle-Response je Gruppe und Bildvalenz über alle Zeitpunkte ..................... 190

Abbildung 60: Startle-Response zu Zeitpunkten, die Inhibition vermitteln................................ 191

Abbildung 61: Startle-Inhibition nach Gruppen ......................................................................... 192

Abbildung 62: Startle-Modulation je Gruppe und Bildvalenz..................................................... 193

Abbildung 63: Startle-Response zu Zeitpunkten, die Potenzierung vermitteln......................... 194

Abbildung 64: Startle-Potenzierung nach Gruppen................................................................... 195

Abbildung 65: Einsatz von Vermeidungsstrategien................................................................... 196

Abbildung 66: Art der Vermeidungsstrategien (Mehrfachnennung möglich) ............................ 197

Abbildung 67: Differenz Wohlbefinden nachher – vorher ........................................................ 198

Abbildung 68: Gruppenunterschiede der Startle-Response nach Alter .................................... 212

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Tabellenverzeichnis

IX

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Abgrenzung verschiedener affektiver Zustände [nach Scherer, 2000]. ..................... 73

Tabelle 2: Wichtige neuronale Strukturen der Emotionsverarbeitung [nach Ochsner & Feldman-

Barrett, 2001]. .................................................................................................... 88

Tabelle 3: Kennzeichen der eingesetzten IAPS-Bilder ............................................................. 139

Tabelle 4: Häufigkeiten für Versuchsteilnehmer pro Gruppe .................................................... 157

Tabelle 5: Häufigkeiten für Geschlecht über alle Gruppen ....................................................... 157

Tabelle 6: Häufigkeiten für Geschlecht pro Gruppe.................................................................. 157

Tabelle 7: Deskriptive Statistik für Alter .................................................................................... 158

Tabelle 8: ANOVA für Alter ....................................................................................................... 158

Tabelle 9: Häufigkeiten für Praxisdauer in Jahren .................................................................... 159

Tabelle 10: Deskriptive Statistik für Indices der Achtsamkeitspraxis ........................................ 159

Tabelle 11: Korrelationen für Indices der Achtsamkeitspraxis .................................................. 160

Tabelle 12: Deskriptive Statistik für Dauer einer Sitzung.......................................................... 161

Tabelle 13: Häufigkeiten für Berufsausbildung ......................................................................... 167

Tabelle 14: Häufigkeiten für Schulabschluss ............................................................................ 168

Tabelle 15: Häufigkeiten für Familienstand............................................................................... 168

Tabelle 16: Häufigkeiten für Konfession ................................................................................... 169

Tabelle 17: Deskriptive Statistiken für SAM-Intensitätsratings ................................................. 171

Tabelle 18: Deskriptive Statistiken für SAM-Valenzratings....................................................... 173

Tabelle 19: Durch die Meditationspraxis bedingter Wandel der Gefühlsintensität ................... 176

Tabelle 20: Deskriptive Statistiken für EDA-Zeitverlauf ............................................................ 178

Tabelle 21: Deskriptive Statistiken für Differenz der Startle-Response während - nach

Bilddarbietung.................................................................................................. 182

Tabelle 22: Deskriptive Statistiken für Differenz während - nach Bilddarbietung bei der Startle-

Potenzierung und -Inhibition je Gruppe ........................................................... 183

Tabelle 23: Deskriptive Statistiken für Startle-Response über alle Zeitpunkte je Valenz und

Gruppe............................................................................................................. 184

Tabelle 24: Deskriptive Statistiken für EDA-Intensität............................................................... 187

Tabelle 25: Statistiken für Startle-Response je Gruppe über alle Valenzen und Zeitpunkte.... 191

Tabelle 26: Deskriptive Statistiken für Startle-Inhibition............................................................ 192

Tabelle 27: Deskriptive Statistiken für Startle-Potenzierung..................................................... 194

Tabelle 28: Deskriptive Statistiken für Wohlbefinden................................................................ 198

Tabelle 29: Kolmogorov-Smirnov-Tests für alle SAM-Ratings.................................................. 266

Tabelle 30: Levene-Test zur Varianzhomogenität für alle SAM-Ratings .................................. 266

Tabelle 31: Kolmogorov-Smirnov-Tests für Achtsamkeitsindices............................................. 266

Tabelle 32: Multivariate Tests für SAM-Intensitätsratings......................................................... 267

Tabelle 33: Tests der Zwischensubjekteffekte für SAM-Intensitätsratings ............................... 267

Tabelle 34: Korrelationen für SAM-Intensitätsratings ............................................................... 268

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Tabellenverzeichnis

X

Tabelle 35: Multivariate Tests für SAM-Valenzratings .............................................................. 268

Tabelle 36: Tests der Zwischensubjekteffekte für SAM-Valenzratings..................................... 269

Tabelle 37: Post-Hoc-Tests für SAM-Valenzratings.................................................................. 269

Tabelle 38: Korrelationen für SAM-Valenzratings ..................................................................... 270

Tabelle 39: Mann-Whitney-Test für Wandel der Gefühlsintensität ........................................... 270

Tabelle 40: Chi-Quadrat-Test für Wandel der Gefühlsintensität ............................................... 270

Tabelle 41: Kolmogorov-Smirnov-Tests für EDA-Zeitverlauf .................................................... 271

Tabelle 42: Levene-Test zur Varianzhomogenität für EDA-Zeitverlauf..................................... 271

Tabelle 43: Multivariate Tests für EDA-Zeitverlauf.................................................................... 272

Tabelle 44: Tests der Zwischensubjekteffekte für EDA-Zeitverlauf .......................................... 272

Tabelle 45: Post-Hoc-Tests für EDA-Zeitverlauf ....................................................................... 273

Tabelle 46: Korrelationen für EDA-Zeitverlauf .......................................................................... 273

Tabelle 47: Regressionsrechnung für EDA-Latenz................................................................... 274

Tabelle 48: Regressionsrechnung für EDA-Anstiegszeit .......................................................... 274

Tabelle 49: Regressionsrechnung für EDA-Halbwertszeit ........................................................ 274

Tabelle 50: Levene und Kolmogorov-Smirnov-Tests für Differenz während - nachher bei Startle-

Potenzierung und -Inhibition............................................................................ 274

Tabelle 51: Multivariate Tests für Differenz der Startle-Response während - nach Bilddarbietung

......................................................................................................................... 275

Tabelle 52: Tests der Zwischensubjekteffekte für Differenz der Startle-Response während -

nach Bilddarbietung ......................................................................................... 275

Tabelle 53: Levene und Kolmogorov-Smirnov-Tests für Differenz während - nachher bei Startle-

Potenzierung und -Inhibition............................................................................ 275

Tabelle 54: Deskriptive Statistiken für Potenzierungs und Inhibitions-Zeitverlauf .................... 276

Tabelle 55: Multivariate Tests für Differenz während - nachher bei Startle-Potenzierung und -

Inhibition .......................................................................................................... 276

Tabelle 56: Tests der Zwischensubjekteffekte für Differenz während - nachher bei Startle -

Potenzierung und -Inhibition............................................................................ 277

Tabelle 57: Kolmogorov-Smirnov-Tests für EDA-Intensität ...................................................... 277

Tabelle 58: Levene-Test zur Varianzhomogenität für EDA-Intensität....................................... 278

Tabelle 59: Tests der Zwischensubjekteffekte für EDA-Intensität ............................................ 278

Tabelle 60: Multivariate Tests für für EDA-Intensität................................................................. 279

Tabelle 61: Post-Hoc-Tests für EDA-Intensität ......................................................................... 279

Tabelle 62: Korrelationen für EDA-Intensität............................................................................. 280

Tabelle 63: Regressionsrechnung für EDA-Summe ................................................................. 280

Tabelle 64: Regressionsrechnung für EDA-Maximum.............................................................. 280

Tabelle 65: Kolmogorov-Smirnov-Tests für Startle-Response.................................................. 281

Tabelle 66: ANOVA für overall Startle-Response ..................................................................... 281

Tabelle 67: Kruskal-Wallis-Test für overall Startle-Response................................................... 281

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Tabellenverzeichnis

XI

Tabelle 68: Levene-Test zur Varianzhomogenität für Startle-Response, Inhibition und

Potenzierung.................................................................................................... 282

Tabelle 69: Post-Hoc-Tests für overall Startle-Response......................................................... 282

Tabelle 70: Korrelationen für overall Startle-Response ............................................................ 283

Tabelle 71: Alterskorrelationen für overall Startle-Response bei Nichtmeditierenden und

Meditierenden .................................................................................................. 283

Tabelle 72: Regressionsrechnung für overall Startle-Response............................................... 283

Tabelle 73: Tests der Zwischensubjekteffekte für Startle-Inhibition.......................................... 284

Tabelle 74: Post-Hoc-Tests für Startle-Inhibition ...................................................................... 284

Tabelle 75: Alterskorrelationen für Startle-Inhibition bei Nichtmeditierenden und Meditierenden

......................................................................................................................... 284

Tabelle 76: Kruskal-Wallis-Test für Startle-Inhibition ................................................................ 284

Tabelle 77: Korrelationen für Startle-Inhibition.......................................................................... 285

Tabelle 78: Korrelationen für Alter und Achtsamkeitspraxis ..................................................... 285

Tabelle 79: Regressionsrechnung für Startle-Inhibition ............................................................ 285

Tabelle 80: Kruskal-Wallis-Test für Startle-Potenzierung ......................................................... 285

Tabelle 81: Tests der Zwischensubjekteffekte für Startle-Potenzierung................................... 286

Tabelle 82: Post-Hoc-Tests für Startle-Potenzierung................................................................ 286

Tabelle 83: Regressionsrechnung für Startle-Potenzierung ..................................................... 286

Tabelle 84: Alterskorrelationen für Startle-Potenzierung bei Nichtmeditierenden und

Meditierenden .................................................................................................. 286

Tabelle 85: Korrelationen für Startle-Potenzierung................................................................... 287

Tabelle 86: Chi-Quadrat-Test für Vermeidungsstrategien ........................................................ 287

Tabelle 87: ANOVA für Wohlbefinden....................................................................................... 287

Tabelle 88: t-Test für Wohlbefinden bei Nicht- vs. bei Kurzzeitmeditierenden ......................... 288

Tabelle 89: Spearman-Roh für „Abnahme Wohlbefinden – Achtsamkeitspraxis“..................... 288

Tabelle 90: Levene-Tests für Fragebögen ................................................................................ 288

Tabelle 91: Multivariate Tests für Fragebögen.......................................................................... 289

Tabelle 92: Tests der Zwischensubjekteffekte für Fragebögen (aus Platzgründen nur die

Ergebnisse für „Gruppe“) ................................................................................. 289

Tabelle 93: Deskriptive Statistiken für Fragebögen .................................................................. 290

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Zusammenfassung

XII

Zusammenfassung

Die Achtsamkeitsmeditation ist eine aus der buddhistischen Lehre stammende Tech-

nik, die durch eine bewusste, genaue und nichtwertende Beobachtung der subjektiven

mentalen und emotionalen Vorgänge zu Einsicht in die Zusammenhänge der Entsteh-

ung von leidvollen Reaktionsweisen und zu deren Aufhebung führen soll. Diese Tech-

nik erlangte in den letzten Jahren zunehmend Beachtung durch wissenschaftliche und

klinische Forscher aus den westlichen akademischen Kreisen und fand Eingang in die

Therapie zahlreicher psychischer und somatischer Störungen (Kabat-Zinn, 2003).

Achtsamkeitsbasierte Therapieverfahren spielen in neuerer Zeit auch in Deutschland

eine immer größer werdende Rolle (Heidenreich & Michalak, 2006). Ein zentraler

Angriffspunkt solcher Interventionen ist ein veränderter Umgang mit emotional heraus-

fordernden Erfahrungen – die genauen Wirkmechanismen dieses Aspekts der Acht-

samkeitsmeditation wurden bisher jedoch noch wenig erforscht.

Die vorliegende Studie untersuchte mit einem quasi-experimentellen Design

und zusätzlicher korrelativ-regressionsanalytischer Auswertung die Unterschiede in der

Emotionsverarbeitung bei insgesamt 43 Probanden, 30 davon mit abgestufter Acht-

samkeitspraxis und 13 ohne Meditationserfahrung. Zur Emotionsinduktion kamen

Bilder aus dem IAPS („international affective picture system“) zum Einsatz, gemessen

wurde das Gefühlserleben der Probanden mittels der SAM („self assessment manikin“)

Selbsteinschätzungsskala, die neurophysiologische Komponente der Emotionsreaktion

mittels EDA („elektrodermale Aktivität“) sowie die motivationale Komponente über das

so genannte Schreckreflex-Paradigma („Startle-Paradigma“). Das Startle-Paradigma

ermöglicht es, zu erfassen, mit wie viel Defensiv-Motivation der Proband auf durch

aversive Stimuli ausgelöste Emotionen antwortet, bzw. mit wie viel appetitiver Motiva-

tion auf durch positive Stimuli ausgelöste Emotionen. Des Weiteren wurden behavio-

rale Maße der Affekttoleranz erhoben.

Die Ergebnisse zeigten einen mit zunehmender Achtsamkeitspraxis hypothe-

senkonformen Abfall der Intensität der neurophysiologischen Komponente sowie deren

beschleunigten Zeitverlauf; je länger die Probanden meditierten, desto rascher klang

ihre Reaktion ab. Auf Seiten der Startle-Response zeigte sich der vermutete Abfall der

Motivationssystemaktivierung, ersichtlich an einer mit zunehmender Meditationspraxis

abfallenden Intensität der Startle-Modulation. Die meditierenden Probanden reagierten

also mit zunehmend geringerer Aversion bzw. Anhaftung auf ihre emotionalen

Reaktionen. Beim Zeitverlauf der Startle-Reaktion boten die Ergebnisse keinen An-

haltspunkt für einen den Hypothesen entsprechenden, durch Achtsamkeitspraxis ver-

mittelten, schnelleren Abfall der Reaktion. Auch die erwartete Zunahme der Gefühls-

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Zusammenfassung

XIII

intensität ließ sich nicht belegen: die abgegebenen Ratings bei emotionalen Stimuli

zeigten keinen signifikant positiven Zusammenhang mit der Achtsamkeitspraxis. In den

durchgeführten Nachinterviews gaben die Probanden jedoch an, mit zunehmender

Praxis hätte sich die Intensität der Gefühlswahrnehmung und der Gefühlsklarheit

erhöht. Bestätigt werden konnte auch die vermutete Zunahme der Affekttoleranz im

Verlauf der Achtsamkeitspraxis: Je länger die Probanden meditierten, desto weniger

Vermeidungsstrategien wendeten sie an, und desto weniger erschöpfte sie, eigenen

Angaben zufolge, das emotional herausfordernde Experiment.

Zusammenfassend ließen sich vielfältige Einflüsse von andauernder Achtsam-

keitspraxis auf die Emotionsverarbeitung zeigen, die darauf hindeuten, dass die

Technik ein hilfreiches Mittel zur Emotionsregulation darstellt.

Schlagworte: Emotion, Affekt, Emotionsregulation, Meditation, Achtsamkeit,

Interozeption, Schreckreflex, EDA, Gefühl, Intensität, Erregung.

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Theoretische Grundlagen

14

1. Einleitung

1.1 Ausgangslage und Zielsetzung

„How should we manage our emotions? Should we attend to them

or disregard them? Esteem them or revile them? Encourage them

or suppress them?”

James J. Gross

Emotionen sind für uns Menschen ein essentielles und zentrales Phänomen (Bennett-

Goleman, 2004; Damasio, 2000, 2001; Darwin, 1890; Goleman, 1997a; LeDoux, 1996;

Solomon, 1993). Die Frage, wie wir mit unseren Emotionen und Leidenschaften am

besten umgehen, beschäftigte schon die Denker im Hellenismus (Hirschberger, 1991;

Störig, 1999). Vom exzessiven Ausleben (Hedonismus) bis zur völligen Gleichgültigkeit

der Welt gegenüber (Stoa) wurden verschiedene Strategien propagiert. Der römische

Kaiser Marc Aurel z.B. plädierte für eine Befreiung von den Leidenschaften und ihre

Kontrolle bzw. Beschneidung. Darin sah er die Stärke des Menschen (Marc Aurel,

1857). Sigmund Freud (2000) wiederum wies auf die Gefahr der vom „Lustprinzip“

getragenen „Verdrängung“ aversiver Impulse, Gedanken und Emotionen hin (Freud,

1992, 1994). Diese würden zwar angstgeleitet aus dem Bewusstsein verbannt,

behielten jedoch ihre Energie und machten sich in Form von körperlichen und

neurotischen Symptomen wieder bemerkbar. Nach Freud (2000) ist die Unfähigkeit

bzw. der Unwille, unangenehme Gefühle3 zu erleben bzw. zu ertragen, eine der

Hauptursachen für das Entstehen von Neurosen und psychischem Leid (siehe auch

Epstein, 1996; Mentzos, 2000; Michal, 2006; und Riemann, 1975). Dies wurde in

neuerer Zeit von kognitiv-behavioralen Theoretikern bestätigt: „(…) most forms of

psychopathology involve, in some way or another, the intolerance of aspects of private

experience, as well as patterns of experiential avoidance in an attempt to escape

private experience” (Bishop, Lau, Shapiro et al., 2004, S. 237; für empirische Belege

siehe Hayes et al., 1996).

Im Bereich der (Verhaltens-) Medizin, der Psychiatrie und Psychotherapie ist

das Thema der Emotionsregulation, also die Frage, wie am besten mit intensiv aver-

siven oder auch dysfunktionalen Emotionen umgegangen wird, ein immer bedeutsamer

werdender Gegenstand (Lazarus, 1991). Daniel Goleman hat 1995 mit seinem Best-

seller „Emotionale Intelligenz“ das Thema in den Fokus des wissenschaftlichen und

3 Gefühl und Empfindung werden hier synonym verwendet für die subjektive, phänomenale Erlebensqualität der Emotionen (die daneben auch noch aus anderen Komponenten bestehen, siehe 2.3)

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Theoretische Grundlagen

15

öffentlichen Interesses rücken können. In neuerer Zeit zeichnet sich die Entwicklung

eines neuen Zweiges von kognitiven Verhaltenstherapien ab, die sich speziell in dieser

Frage profilieren (Hayes, Masuda, Bissett, Luoma & Guerrero, 2004; Hayes, Follette &

Linehan, 2004; Heidenreich & Michalak, 2006; Kabat-Zinn, 2003; Krasner, 2004;

Santorelli, 1999).

Auch eine Ausgabe der populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Gehirn und

Geist“ widmet ihren Titel der Frage „Gefühle im Griff?“, was die Aktualität dieses

Themenkomplexes unterstreicht. In einem Artikel geht dort Mauss (2005) auf

Ergebnisse der modernen Psychologie und Hirnforschung ein: Studien zeigen, dass

bloßes Unterdrücken der bereits erlebten Emotion in Ausdruck und Verhalten

tendenziell krank macht, während ein „Reappraisal“ (kognitives Neubewerten) der

emotionalen Reize auch das Gefühlserleben und die physiologischen Reaktionen

positiv zu regulieren vermag. Damit scheint sich ein Ausweg aus dem scheinbaren

Widerstreit zwischen Verdrängen bzw. Unterdrücken und dem Ausagieren bzw. über-

flutet werden bereits anzubahnen (Gross, 2006).

In östlichen Kulturen wird seit mehreren Jahrtausenden ein heilsamer Umgang

mit Emotionen gesucht und praktiziert (Goleman, 1997b). Somit ist eine Untersuchung

dieser traditionsreichen Methoden von besonderem Interesse (Barinaga, 2003; Hayes

& Feldman, 2004; Newberg & Iversen, 2003; Roemer & Orsillo, 2003; Sternberg,

2000). Die Lehren des Buddhismus könnten hier Wertvolles beitragen und werden

zunehmend von Wissenschaftlern ernst genommen (Davidson & Harrington, 2002;

Ekman, Davidson, Ricard & Wallace, 2005; Flanagan, 2006; Goleman, 1998, 2005;

Harrington & Zajonc, 2006; Wallace, 2003; Wallace & Shapiro, 2006; Walsh & Shapiro,

2006).

Der Buddhismus, der heute im Westen immer mehr als eine Psychologie und

eine „Kunst des Lebens“ (Hart, 1996) denn als Religion aufgefasst wird (Gruber, 1999),

geht auf den historischen Gautama Buddha zurück, der in Indien vor mehr als 2500

Jahren lebte und lehrte. Ursprung und Ziel seiner Lehren sind das Bedürfnis, einen

sinnvollen Umgang mit der Unsicherheit und Vergänglichkeit der menschlichen

Existenz und dem mannigfaltigen Leiden im menschlichen Leben zu finden. Buddha

lehrte eine auf seiner Selbsterfahrung basierende Weisheit, die zu Glück und Befreiung

innerhalb dieser unsicheren und sich wandelnden Welt führen soll (Schumann, 1976;

Uhlig, 2005).

Eine grundlegende Technik der buddhistischen Lehre ist die sogenannte

Achtsamkeitsmeditation. Sie wurde auch als „Herz der buddhistischen Meditation“

(Nyanaponika, 1973; Wallace, Bays, Kabat-Zinn & Goldstein, 2006) bezeichnet. Diese

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Theoretische Grundlagen

16

Meditationspraktik hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr die Aufmerksamkeit und

Beachtung westlicher Wissenschaftler auf sich gezogen (Borkovec, 2002; Shapiro &

Schwartz, 2000; Shapiro, Carlson, Astin & Freedman, 2006; Sternberg, 2000). Ihrem

Selbstverständnis nach ist sie ein expliziter Weg, heilsam mit aversiven Gedanken und

Gefühlen umzugehen, um letztendlich dadurch im Kontext der buddhistischen Lehre in

die Befreiung und Erleuchtung, d.h. Einsicht in die Natur der Dinge und deren

Akzeptanz zu führen (Goldstein & Kornfield, 1991; Gunaratana, 1993).

Die Erforschung und die klinische bzw. praktische Anwendung der

Achtsamkeitsmeditation bei ansonsten schlecht therapierbaren psychischen und

körperlichen Erkrankungen hat, vor allem aus den USA kommend, weltweit immer

mehr Eingang in die wissenschaftlichen Institutionen gefunden (Lau & McMain, 2005).

Auch in Deutschland steigt mittlerweile das Interesse an diesen neuartigen

Interventionsmethoden rasant an (z.B. Broda, Fliegel, Schauenburg, Schweitzer, Senf

& Wittmund, 2006; Heidenreich & Michalak, 2006) – die neue Ausgabe der Zeitschrift

„Gehirn und Geist“ vom 21.11.2006 wählt „Achtsamkeit“ als Titelthema, um diesem

Potential Rechnung zu tragen.

Trotz einer Vielzahl von Arbeiten zu dieser Thematik in den letzten Jahren steht

die Untersuchung der Mechanismen der Achtsamkeitspraxis noch immer an Ihren

Anfängen und bietet damit ein spannendes Gebiet, auf dem noch viel zu entdecken ist.

Einige Übersichtsartikel und theoretische Arbeiten (Baer, 2003; Bishop, 2002; Bishop

et al., 2004; Brown & Ryan, 2003; Grossman, Niemann, Schmidt & Walach, 2004)

haben in den letzten zwei bis vier Jahren nun den Boden für einen Konsens im Hinblick

auf Konstruktdefinition und mögliche Wirkfaktoren bereitet. Das ermöglichte es dieser

Arbeit, darauf basierende, konkrete Fragestellungen und Hypothesen zu entwickeln

und empirisch die Bedeutung der buddhistischen Achtsamkeitsmeditation für die

Emotionsverarbeitung und Emotionsregulation zu untersuchen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Der im Anschluss folgende Theorieteil enthält zwei Hauptabschnitte, die jeweils die

relevanten Hintergründe der Achtsamkeits- und der Emotionsforschung vorstellen.

Im ersten Teil führt er zunächst in das Konstrukt „Achtsamkeit“ aus Sicht der

buddhistischen Lehre ein, der es entstammt. Zur Orientierung werden dabei Hinter-

gründe gestreift, die sowohl das Leben des historischen Buddha als auch seine Lehre

betreffen. Mit einem kurzen Überblick über die Rezeption östlicher Lehren im

westlichen akademischen Rahmen sowie einigen kritischen Überlegungen zur

Meditationspraxis, wird danach der Bogen gespannt zur genauen Betrachtung der

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Theoretische Grundlagen

17

Achtsamkeit aus wissenschaftlicher Perspektive. Dabei wird ausführlich auf das in

diesem Zusammenhang zentrale Programm der „Stressbewältigung durch Achtsam-

keit“ (MBSR = „Mindfulness Based Stress Reduction“) von Prof. John Kabat-Zinn von

der University of Massachusetts Medical School eingegangen. Kabat-Zinn war

derjenige, der die nun florierende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema in

den 80er Jahren angestoßen hatte. Es werden dazu die Ergebnisse der verfügbaren

klinischen Studien diskutiert, die das Programm in verschiedenen Kontexten evaluiert

haben, und anschließend mögliche Wirkmechanismen achtsamkeitsbasierter Verfah-

ren erörtert, wobei die vorliegende Diplomarbeit in den Kontext der aktuellen

Forschungsfragen eingeordnet wird.

Der zweite Teil, der sich der Emotionsforschung widmet, arbeitet über eine

Diskussion buddhistischer, philosophischer, psychologischer und neurowissenschaft-

licher Betrachtungsweisen zu dem Thema heraus, welchen Beitrag eine Betrachtung

der Achtsamkeitspraxis zu zentralen, dort aufgeworfenen Fragen leisten kann. Mithilfe

der gesammelten Befunde und Theorien wird versucht, Wirkprinzipien und Effekte der

Achtsamkeitspraxis auf die Emotionsverarbeitung und die Emotionsregulation zu

kondensieren bzw. abzuleiten.

Die im Experiment zur Anwendung gekommenen peripher-physiologischen

Emotionsmaße EDA und das Startle-Paradigma werden eingeführt, und zum Ab-

schluss des Theorieteils die aus den Überlegungen abgeleiteten Hypothesen

formuliert.

Im Methodenteil werden sodann der Versuchsplan und das experimentelle

Design geschildert, die Messinstrumente und der Untersuchungsablauf referiert, sowie

das Vorgehen bei Datenaufbereitung und -auswertung aufgeführt. Eine Beschreibung

der untersuchten Stichprobe schließt diesen Teil der Arbeit ab.

Der darauf folgende Ergebnisteil entspricht in seiner Abfolge den Hypothesen

und stellt der Reihe nach die Resultate für „subjektives Gefühlserleben“, „Zeitverlauf

der emotionalen Reaktion“, „Reaktionsintensität“ und „Affekttoleranz“ dar. Explorativ

erhobene Fragebogendaten werden hier ebenfalls besprochen.

Wie sich die gefundenen Ergebnisse zu den Hypothesen und der aktuellen

Literatur in Bezug setzen lassen, wird im letzten Abschnitt der Arbeit beschrieben, der

eine Diskussion und Integration der Befunde, sowie einen Ausblick auf mögliche

zukünftige Forschung zu diesem Thema unternimmt.

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Theoretische Grundlagen

18

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Achtsamkeit – Hintergrund und Herkunft

„Hass mit uns herumzutragen ist wie das Greifen nach einem

glühenden Stück Kohle in der Absicht, es nach jemandem zu

werfen. Ob man ihn trifft, ist ungewiss. Mit Sicherheit verbrennt

man sich jedoch dabei selbst.“

Buddha

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die wohl geläufigste Konnotation von Achtsamkeit

die der Sorgfalt, der Vorsicht oder Wachsamkeit (Duden, 1999). Achtsamkeit (engl.

„mindfulness“) im hier untersuchten Sinn hat eine darüber hinaus weisende Bedeutung,

die in ihrer Verwurzelung in der buddhistischen Psychologie begründet ist (Goldstein,

2003; Levine, 1994). Obgleich sich grundlegende Elemente einer Achtsamkeitspraxis

in den mystischen und kontemplativen Traditionen aller Weltreligionen finden lassen

(z.B. Meister Eckehart, 1955; siehe dazu auch: Tolle, 1999), hat doch der Buddhismus

das Konzept am frühesten betont und am detailliertesten ausgearbeitet (Buchheld &

Walach, 2004). Der Buddhismus meint mit Achtsamkeit eine spezielle, genau

begründete, hergeleitete und definierte Art, die Aufmerksamkeit auf die gegenwärtigen

Erfahrungen und Erlebnisse des Bewusstseins zu richten, ohne sie zu bewerten und

ohne sich mit ihnen zu identifizieren (Gunaratana, 1993; Young, 1994). Achtsamkeit

bedeutet also Aufmerksamkeitslenkung und Erfassung alles dem Bewusstsein im

Moment phänomenologisch Zugänglichen, geprägt von einer Haltung der Akzeptanz

und der Bereitschaft, es so zuzulassen, zu sehen und wahrzunehmen, wie es wirklich

entsteht, ist, und vergeht (Allmen, 1990; Gruber, 1999). Ein weiteres Reagieren auf die

Erfahrung, wie es im gewöhnlichen Alltagsbewusstsein permanent in Urteilen,

Bewertungen, Interpretationen, Auswahl oder Vermeidung bzw. Zensur erfolgt, soll

durch bloßes Wahrnehmen und Annehmen abgebaut werden (Goldstein, 2003;

Kornfield & Breiter, 1985; Salzberg, 2002).

Da die Achtsamkeitsmeditation, also das formale Üben dieser Haltung

zunehmend aus ihrem ursprünglichen Kontext extrahiert und in den Dienst klinischer

und therapeutischer Ziele gestellt wird – Dimidjian und Linehan (2003) machen sich

Gedanken zu möglichen Konsequenzen dieses Vorgehens – ist es von Bedeutung, ein

Wissen um ihren eigentlichen Bezugsrahmen zu bewahren (Kabat-Zinn, 1982, 1996,

2003). Von Buddha wurde sie letztendlich zur Entwicklung von Einsicht in die Natur der

Dinge, von Weisheit und von Mitgefühl gelehrt. Am Ende seiner Praxis, und der Praxis

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Theoretische Grundlagen

19

aller, die sich im spirituellen bzw. buddhistischen Sinne auf den Weg der

Achtsamkeitsübung begeben, steht die Erleuchtung (Buddha = „der Erleuchtete“): Das

Leben in einem vergänglichen Universum mit all seinen Aspekten, all seinen Gesetzen,

seinen Zyklen und Inhalten nicht mehr verzweifelt bekämpfen, vermeiden, verleugnen

und missverstehen zu müssen, sondern in der Erfahrung seiner wahren Natur im

Einverständnis mit Allem einen tiefen Frieden, eine tiefe Befreiung zu erfahren. Alle

Schmerzen, alle Freude, alle Begegnungen, alle Verluste, alle Vorgänge des Lebens

zu akzeptieren, willkommen zu heißen, und innerhalb der dergestalt gearteten Welt

Glück zu erfahren (Brazier, 1997).

Im Folgenden soll ein Überblick über den Buddhismus sowie über Leben und

Lehre Buddhas dieses Wissen um die ursprünglichen Wurzeln im Kontext dieser

empirischen Forschungsarbeit ermöglichen. Da die Praxis der teilnehmenden Proban-

den in dieser Tradition steht, sie also aktiv in buddhistischen Vipassana-Zentren

meditieren, ist der Einblick in die buddhistischen Hintergründe wichtig, um die unter-

suchte Meditationsmethode und deren Ziele zu kennen. Zwei Probanden übten das

von Kabat-Zinn entwickelte MBSR-Programm aus (siehe 2.2.4), dessen Basis

ebenfalls die Vipassana-Meditation darstellt.

2.1.1 Buddhismus

„(…) und der Sinn rechter Meditation ist es keineswegs, zeitweilige Schlupflöcher der

Weltvergessenheit zu bieten. Realistische Meditation hat vielmehr die Aufgabe,

innerhalb dieser gegebenen Welt den Geist des Menschen zu festigen, zu läutern und

in seinen Möglichkeiten zu entfalten, damit er fähig werde, mit eben dieser Welt

konfrontiert zu werden, sie zu verstehen, sie innerlich zu meistern und sie schließlich

zu transzendieren“ (Nyanaponika, 1969, S. 124).

Diese Worte stammen vom deutschen Mönch Nyanaponika, einem der ersten

westlichen Menschen, der als Mönch in der Theravada-Tradition in Sri Lanka ordiniert

wurde. Er ist der Autor des bedeutenden und klassischen Werkes „Geistestraining

durch Achtsamkeit“, dessen Veröffentlichung die Achtsamkeitsmeditation im Westen

überhaupt erst zugänglich und bekannt machte. In seinem Geiste wird der Buddhismus

auch in dieser Arbeit betrachtet und interpretiert.

Der heutige Buddhismus ist eine heterogene Lehre, die sich in verschiedenen

Regionen Asiens in unterschiedliche Strömungen und Schulen entwickelt hat, seit nach

dem Tod Buddhas das von der Urgemeinde einberufene, zweite „buddhistische Konzil“

383 v. Chr. in Vesali in Indien (Gruber, 1999) das Vorgehen bei der Weitergabe seiner

Lehre beriet, und sich aufgrund von Meinungsverschiedenheiten in zwei Schulen

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Theoretische Grundlagen

20

(„Theravada“ und „Mahasanghika“) teilte. Die ursprüngliche Tradition, die nahtlos auf

die Lehren des historischen Buddha zurückgeht, wird „Theravada“ (Pali für „Lehre der

Ältesten“) genannt, und hat sich in Südostasien und Sri Lanka ausgebreitet (Bechert &

Gombrich, 1989). Hier hat auch die explizite Praxis der Achtsamkeitsmeditation das

stärkste Gewicht. Diese ursprünglichen Lehren werden „Abidhamma“ genannt (Bhikkhu

Bodhi, 2000) und wurden im 5. Jahrhundert im Werk „Visuddhimagga“ („der Weg zur

Reinheit“) zusammengefasst (Nyanatiloka, 1952).

Daneben entwickelte sich der „Zen“ (japanisch) od. auch „Chan“ (chinesisch)

Buddhismus in Japan und China (Herrigel, 1951; Kapleau, 1987; Suzuki, S., 1975;

Suzuki, D.T., 1976). Zen bzw. Chan sind Übersetzungen des indischen Sanskrit-

Begriffes „Dhyana“, der eine allumfassende Geisteshaltung beschreibt, die durch die

Eigenschaften Achtsamkeit, Klarheit, Gegenwärtigkeit und Wachheit gekennzeichnet

ist. Auch in diesen Schulen ist also das reine Gewahrsein, das Entwickeln von

Achtsamkeit in Verbindung mit „Zazen“ der streng formalisierten Sitzmeditation neben

der Verwendung von sogenannte „Koans“, paradoxen Rätseln, die den logischen

Verstand außer Kraft setzen sollen, um die spontane Erleuchtung zu erzielen, ein

wichtiger Pfeiler des Erleuchtungsweges.

Die letzte große Strömung bildet der Mahayana Buddhismus. Die

„Mahasanghika“ (Sanskrit für „große Gemeinde“) entschied sich nach dem Konzil zu

einigen Modifikationen, wie die Auflockerung der Ordensregeln, die stärkere Betonung

der meditativ gewonnen Weisheit gegenüber dem erlernten Wissen, die Entwicklung

des „Bodhisattwa-Ideals“, das die Aufschiebung der eigenen Erlösung zugunsten der

Hilfe und Sorge um das Heil der Mitmenschen beinhaltet, sowie eine Öffnung und

Verbreitung der Lehre für die Laien-Bevölkerung, da sie vorher aufgrund ihrer

intellektuellen Komplexität und strengen Riten eher ordinierten Mönchen zugänglich

war. Hieraus ging der so genannte „Mahayana“ (Sanskrit für „das große Fahrzeug“)

Buddhismus hervor, der heute vor allem in China, Tibet, Nepal, Bhutan, Korea, Japan

und Vietnam verbreitet ist (Rinpoche, 1993). Hier entstanden aufgrund regionaler

Einflüsse über die Zeit hinweg weitere Unterformen, wie z.B. das tibetische

„Vayrayana“ (Sanskrit für „Diamantfahrzeug“). Ausführlicheres zu Geschichte und

Systemen des Buddhismus findet sich z.B. in Bechert und Gombrich (1989) oder

Schumann (1976). Im Mahayana hat die systematische Achtsamkeitsmeditation je

nach Unter-Schule nicht ganz so viel Gewicht wie im Theravada (Schumann, 1976). Im

Mahayana wird eine Vielzahl unterschiedlicher Meditationstechniken angewandt,

bedeutend sind hier auch imaginative Meditationen und Versenkungspraktiken.

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Mittlerweile hat sich auch eine eigene Form eines „westlichen Buddhismus“

herauszubilden begonnen. Der globale Zugriff auf Informationen, die Möglichkeit der

Menschen aus der westlichen Welt, Reisen zu unternehmen, und die Emigration

bedeutender buddhistischer Lehrer in den Westen hat zur Rezeption einer Vielzahl

buddhistischer Konzepte geführt, deren Integration sich immer deutlicher als spezifisch

westlicher Buddhismus präsentiert (Batchelor, 1994, 1998; Baumann, 1995; Brazier,

1997, 2001; Fields, 1992; Fronsdal & Van House, 2002; Goldstein, 2002; Kornfield,

2004; Messing, 1997), der die Essenz der buddhistischen Lehre an die

Lebensumstände der westlichen Welt angepasst hat. Goldstein (2002, S. 27)

charakterisiert diese neue Form des Buddhismus durch „Achtsamkeit als seine

Methode, Mitgefühl als seinen Ausdruck und Weisheit als seine Essenz“. Einige

westliche Lehrer (siehe dazu vor allem Brazier, 1997) legen die buddhistischen

Urtexte, beginnend mit den „Vier Edlen Wahrheiten“ immer mehr in einem modernen

Sinn aus, der durch überarbeitete Neuübersetzungen und Re-Interpretation der

Quellen gespeist wird. Zwei sehr bedeutende buddhistische Lehrer der

Achtsamkeitspraxis, Ajahn Buddhadasa und Ajahn Chah (siehe Gruber, 1999 und

Kornfield & Breiter, 1985) waren mit ihren Modernisierungsbestrebungen und

Neuauslegungen des Kanons dafür wegweisend. Auf zentrale Punkte der Lehre, die

auf den westlichen Menschen befremdlich wirken mögen, wird so ein neues Licht

geworfen: Der zu Buddhas Zeiten als unumstößlich angesehene Glaube an

Reinkarnation und an das sogenannte Karma, das über eine Vielzahl von Leben

hinweg das Dasein der Wesen beeinflussen soll, wird in diesen Neuauslegungen

(Brazier, 1997, 2001) mehr als Symbol betrachtet, das auch auf die Mechanismen und

Gesetze des aktuellen Lebens übertragen werden kann und sollte. David Brazier, ein

Zen-Praktizierender und Psychotherapeut argumentiert leidenschaftlich für eine

Korrektur alter Übersetzungsfehler und kulturgeschichtlich bedingt verzerrter

Auslegungen von Zusammenhängen, die zu einer „orthodoxen“ Interpretation von

Buddhas Lehren geführt hätten (Brazier, 1997), die es neu zu betrachten gelte („The

new Buddhism“, Brazier, 2001). Auch die von einigen buddhistischen Lehrern und

Autoren vertretene Interpretation der Lehren, es gelte, sich durch Nirwana, also

„Erlöschen“ den Leidenschaften und Gefühlsreaktionen, letztlich der menschlichen

Existenz bzw. dem Dasein überhaupt zu entziehen, da es an sich leidhaft und elend

sei, wird scharf als Missverständnis zurückgewiesen (Brazier, 1997). Es gibt durchaus

orthodoxe Auslegungen, z.B. das „Visuddhi-Magga“, (siehe Nyanatiloka, 1952) und

einige buddhistische Autoren (beschrieben z.B. in Goleman, 1997b, S. 50-70), die

Vipassana als ein Auslöschen der Empfindungen und der Ansprechbarkeit auf

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weltliche Vorgänge verstehen. Auch in dem für diese Arbeit sehr fruchtbaren Werk von

Daniel Goleman „Dialog mit dem Dalai Lama – Wie wir destruktive Emotionen

überwinden können“ (Goleman, 2005) zeigt sich in den Dialogen zwischen tibetischen

Gelehrten und den teilnehmenden westlichen Wissenschaftlern, dass innerhalb des

Buddhismus keine Einigkeit bezüglich einer Einschätzung der Emotionen besteht.

Manche Schulen sehen jede Regung, die unseren Geist in Bewegung oder Unruhe

versetzt, auch z.B. Liebe oder Trauer um den Tod eines Verstorbenen als destruktiv

an, und streben daher nach seiner Beseitigung (Goleman, 2005, S. 246 u. 383; siehe

auch Flanagan, 2000). Diese Sicht steht in scharfem Kontrast zu der hier vertretenen

Sicht auf die Achtsamkeitsmeditation, auf deren Ziel und auf die Interpretation der

Lehren Buddhas. Sie wird auch von den meisten westlichen buddhistischen Lehrern

zurückgewiesen, ebenso von John Kabat-Zinn und seinem MBSR-Programm (Brazier,

1997; Kabat-Zinn, 1994; Kornfield, 1993). Dem modernen Verständnis der Achtsamkeit

und des Buddhismus zufolge ist nicht die komplette Realität, die Welt an sich inhärent

zurückzuweisen, oder schnellstmöglich zu überwinden. Ganz im Gegenteil sei es ein

großes Geschenk zu leben – nur eine gewisse Art der Beziehung zur Existenz mit all

ihren vielfältigen Aspekten fügt der unweigerlichen und notwendigen Komposition des

Lebens unnützes und tieferes Leid hinzu (Brazier, 1997; Hart, 1996; Kabat-Zinn, 1994,

1996). Buddha versuchte zu Beginn seiner Suche, dem Problem sowohl mittels der

damals von den hinduistischen Yogis praktizierten Weltflucht zu begegnen, als auch

durch Stimulierung seiner Sinne mit allen möglichen materiellen Reizen. Das Zentrale

seiner Botschaft ist, dass keiner dieser Wege, dem Leid zu entfliehen, funktionieren

kann. Nach David Brazier´s Ansicht lehrte Buddha daher, dass Ereignisse, die

Schmerz und Leid mit sich brächten, untrennbar zum Existieren eines jeden Wesens

gehörten, dass eine edle Haltung der Akzeptanz, welche die „Wurzelgifte“

(Unwissenheit um die Natur der Dinge und des Geistes, Gier als Reaktion auf Gefühle,

Aversion als Reaktion auf Gefühle) überwunden hat, jedoch ein sinnerfülltes,

erleuchtetes, glückliches und menschlichenwürdiges Leben ermöglichen würde, trotz

Schmerz, Krankheit, Tod und Vergänglichkeit.

Die nachfolgenden inhaltlichen Ausführungen über den Buddhismus und die

Achtsamkeit folgen diesem modernen Verständnis der buddhistischen Lehren.

Gegebenenfalls werden mit Brazier (1997) Entwicklungslinien vom „orthodoxen“

Verständnis der Lehren zu diesen modernen Auslegungen hin aufgezeigt.

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2.1.2 Leben und Lehre des historischen Buddha

Vor allem Hermann Hesse hat einer breiteren Öffentlichkeit in der westlichen Welt mit

seinen Romanen „Siddhartha“ (2002) und „Morgenlandfahrt“ (2001) die Lebens-

geschichte und Lehre des Buddha nahe gebracht. Die folgende kurze Zusammen-

fassung orientiert sich an Schumann (1976) und Bechert und Gombrich (1989):

Vor ca. 2500 Jahren wurde Siddharta Gautama in der Nähe der heutigen

Grenze zwischen Indien und Nepal als Sohn eines mächtigen und wohlhabenden

Fürsten geboren, seine Mutter starb kurz danach. Da von religiösen Oberhäuptern zu

seiner Geburt prophezeit wurde, aus ihm werde entweder ein mächtiger Herrscher

oder ein spiritueller Führer, sorgte sein Vater dafür, dass es ihm an nichts mangelte.

Sein Anliegen war, einen starken Herrscher als seinen Nachfolger aufzuziehen. Er

nahm an, dass der Schutz vor jeglicher Begegnung und Berührung mit den

unangenehmen Seiten des Lebens seinen Sohn davon abhalten würde, sich für

spirituelle Dinge zu interessieren. So wuchs Siddharta Gautama bis in seine späte

Jugend hinein in der geschützten, prächtigen Scheinwelt des Palastumfeldes auf,

wurde früh mit einer schönen Frau verheiratet, bekam einen Sohn und lebte im Genuss

aller Freuden des Lebens. Die Geschichte von den vier Ausfahrten beschreibt, wie er

beim Verlassen des Palastes auf einer Sänfte zum ersten Mal in Kontakt mit dem

menschlichen Leiden kommt. Ein alter Mann am Stock, ein schwer kranker Mann, und

der Anblick einer Leiche können von den Palastbediensteten nicht schnell genug aus

Siddhartas Gesichtsfeld entfernt werden, so dass er erkennt, dass Alter, Krankheit und

Tod Bestandteil jedes menschlichen Lebens sind. Diese Erfahrung bringt tiefes

Mitgefühl in sein Leben, und er beginnt, über das Leiden, seinen Sinn, seine Ursachen

und einen heilsamen Umgang damit nachzusinnen. Bei der vierten Ausfahrt trifft er auf

einen Mönch und beschließt, dessen Weg zu beschreiten. Mit 29 Jahren verließ er also

trotz starken Widerstands und tiefer Trauer seiner Familie den Palast und schloss sich

einer Gruppe von Mönchen an, um nach Antworten auf seine brennenden Fragen zu

suchen. Er unterzog sich der Legende nach sechs Jahre den strengsten asketischen

Riten, den härtesten konzentrativen Techniken, den extremsten bis dahin bekannten

hinduistischen yogischen Praktiken, um dem Leid zu entfliehen, bis er nahezu

körperlich verendete. Als dies alles keine Antworten auf seine drängenden Fragen

nach Sinn und Natur des Daseins und des Leidens erbrachte und er kurz vor dem Tod

stand, begab er sich auf den anderen Pfad, den Pfad der Ausschweifungen, der

Exzesse, der wahllosen Sinnesfreuden. Auch hier fand er nach anfänglichen

Hoffnungen keine letztendliche Erfüllung, keine Leidbeseitigung und kein Glück. Dies

führte ihn zur Beschreitung des „mittleren Weges“ zwischen diesen beiden Extremen.

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Er beschloss, beide Extreme zu meiden, sein Ziel nicht aufzugeben und in meditativer

Betrachtung seines Geistes die Einsicht aus sich selbst heraus zu realisieren. Der

Legende nach geschah dies, als er unter dem nach diesem Ereignis benannten

Bodhibaum im Lotus-Sitz saß und meditierte. Während der langen Zeit, die er

regungslos in Betrachtung seines Geistes und allen Inhalten verweilte, attackierten ihn

der Legende nach alle denkbaren bösen Geister, Dämonen, Götter und versprachen

ihm alles erdenklich Schöne oder bedrohten ihn mit allen erdenklichen, schrecklichen

Visionen, um ihn herauszufordern. Er verharrte jedoch trotz allen Schreckens und

erlangte in der Überwindung dieser Hindernisse die Erleuchtung (Pali „Nibbana“ od.

Sanskrit „Nirwana“), die vollkommene Einsicht in das Wesen der Dinge und des

Geistes. Er erkannte, dass alle Erscheinungen, also auch der menschliche Geist, den

Bedingungen des Wandels, der Veränderung und der Vergänglichkeit unterworfen sind

und dass es daher kein isoliertes, substanzhaftes „Selbst“ oder eine unveränderliche

„Seele“ gibt. Das Unwissen dieser Tatsachen, erkannte er, erzeugt in der Reaktion auf

die Realität gewaltiges Leid, denn „die Menschen klammern sich mit ganzer Kraft an

ihre Identität – ihr geistiges und körperliches Sein – während es doch tatsächlich nur

sich entwickelnde Prozesse gibt. Dieses Anhaften an eine nichtreale Vorstellung, die

man von sich selbst hat, an etwas, das sich in Wirklichkeit fortwährend verändert, ist

Leiden.“ (Hart, 1996, S. 59).

Im Anschluss machte er sich auf, die erfahrene Weisheit zu lehren. Mit seiner

ersten Lehrrede von den „Vier Edlen Wahrheiten“ setzte er das Rad des „Dharma“

(„der buddhistischen Lehre“) in Gang. Die „Vier Edlen Wahrheiten“ sind zentral für die

buddhistische Lehre, und sollen daher hier angeführt werden (Brazier, 1997; Kornfield,

1993; Panikkar, 1989):

Die „Erste Edle Wahrheit” ist die Wahrheit vom Leiden oder der unbe-

friedigenden Natur der Welt („dukkha“), also die Erkenntnis, dass jede sich wandelnde

Existenz untrennbar mit unangenehmen Erlebnissen und Widrigkeiten einhergeht und

in diesem Sinne imperfekt ist (siehe dazu auch Eliade, 1986). Da Existenz nur

aufgrund von Wandel, Veränderung, Vergänglichkeit möglich ist, stellt Leiden einen

inhärenten Bestandteil des Lebens dar. Darin eingeschlossen sind existentielle Dinge

wie Geburt, Alter, Krankheit, Tod, Schmerz, aber auch die Trennung von Ange-

nehmem, das In-Kontakt-Kommen mit Unangenehmem – also der Verlust geliebter

Zustände, Objekte, oder Wesen, bzw. die Begegnung mit verhassten Zuständen,

Objekten, oder Wesen. Niemand kann diesen Vorgängen entfliehen. All diese

Vorgänge sind „wahr“, also real und unvermeidlich. Vermeidung, Flucht, Leugnung, als

auch Wut und Scham darüber, führen unweigerlich zu einem zusätzlichen, immens

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vergrößerten Ausmaß an Schmerz und Demütigung, das jenes durch die

ursprünglichen Unwägbarkeiten bedingte Leid bei weitem übersteigt (Brazier, 1997).

Die „Zweite Edle Wahrheit” ergründet unseren Umgang mit „dukkha“. Auf

unsere Begegnungen mit „dukkha“ hin entstehen immer Gefühle. Nach Brazier (1997)

lehrte Buddha, es sei völlig menschlich und in Ordnung, auch unvermeidlich, und

außerhalb unserer Kontrolle, auf „dukkha“ hin mit Gefühlen zu antworten. Probleme

entstehen aufgrund einer bestimmten Art des Umgangs mit ihnen, oder wenn wir sie

vermeiden wollen. Wenn wir „dukkha“ erfahren, wollen wir, dass die Welt, die Realität

eine andere sei, die sie jedoch nicht ist. Dieses Bestreben, unser vermeintliches

„Selbst“ vor „dukkha“ zu schützen, oder „dukkha“ auszurotten, und die daraus

entstehende Handlungen und Reaktionen laden jedoch ein Ausmaß an Angst, Leiden

und Schmerzen auf uns, das noch weitaus größer ist, als das, dem wir zu entfliehen

wünschen, da wir unbewusst wissen und spüren, dass „dukkha“ unausweichlich ist

(Hart, 1996). Die drei sogenannten „Wurzelgifte“ Gier (Anhaftung), Hass (Aversion) und

Verblendung (Unwissenheit) werden als Kern und Grund aller Probleme betrachtet

(Hanh, 2002), wenn sie als Antwort auf die Gefühle entstehen. Die Gier zu haben (das,

was angenehm ist), die Gier nicht zu haben (das, was unangenehm ist) und die Illusion

über oder die Weigerung zur Einsicht in die Natur des Geistes („Nicht-Selbstheit“) und

der Dinge (Wandel, Vergänglichkeit) und deren Nicht-Akzeptanz bzw. das Nicht-

Wissen liegen allen Problemen zugrunde. An dieser Stelle wird auf die ebenfalls

grundlegende „Zwölfgliedrige Kette des Bedingten Entstehens“ (Schumann, 1976)

rekurriert: „Unwissenheit, Gestaltungskräfte, Wahrnehmung, Körper-Geist, Sechs

Sinne, Sinneskontakt, Gefühl, Durst, Ergreifen, Werden, Wiedergeburt, Alter und Tod“

führen in der orthodoxen Auslegung zu immer neuen Wiedergeburten – viele heutige

buddhistische Lehrer interpretieren die Kette jedoch psychologisch als Bedingungen

der Leidaufrechterhaltung oder -intensivierung und Entstehung von (Todes-) Angst im

aktuellen Leben. Der Ansatzpunkt, an dem Achtsamkeit diese Kette, die das bedingte

Entstehen des Leidens quasi automatisch perpetuiert (für Details und Bedeutung der

einzelnen Phasen siehe Schumann, 1976) durchbrechen kann, ist der Erstkontakt der

sechs Sinne mit ihren jeweiligen Objekten (auch der Geist wird hier als Sinn betrachtet,

daher sechs). Von hier an entwickelt sich bei Anwesenheit der „Wurzelgifte“ die Kette

des bedingten Entstehens des Leidens. Besonders relevant sind also hier die

verbleibenden Glieder: „Gefühl, Durst, Ergreifen, Werden“ (Gruber, 1999). Wenn es

aufgrund der Einsicht in die Illusion eines getrennten Selbst nichts als den achtsam

erfassten Sinneskontakt und die darauf einsetzenden Empfindungen gibt, endet dort

bereits die Entstehung von Bedingungen, die Leid aufrechterhalten bzw. vergrößern.

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Mit Achtsamkeitspraxis ist es möglich, das sich entwickelnde Gefühl (die

Valenzbewertung) als Gefühl zu erkennen, und es einfach kommen und gehen zu

lassen, so „dass Gefühle einfach kommen und gehen, ohne dass sie noch mit

irgendeiner Form von Durst ‚eingekleidet’ werden, auch nicht mit dem Durst oder dem

Verlangen, die Gefühle mögen aufhören“ (Gruber, 1999, S. 100). An dieser Stelle ist

somit durch Achtsamkeit die Möglichkeit gegeben, in dem Moment, in dem sich

gewöhnlich aus den Gefühlen automatisch der Durst, die Gier, oder die Aversion

„zusammenbraut“, die Kette durch Nicht-Reagieren, durch bloßes, nicht-bewertendes

achtsames Wahrnehmen zu unterbrechen. Indem man die „Drei Wurzelgifte“ als

Reaktion auf die Empfindungen ausschaltet, werden wohlgemerkt nicht die

Empfindungen selbst ausgeschaltet oder den Erfahrungen keine Bedeutung mehr

beigemessen (Brazier, 1997), wie ein teilweise anzutreffendes Missverständnis über

den Buddhismus suggeriert. Dies wäre fatal und töricht, da es für das Bestehen der

menschlichen Spezies unbedingt notwendig ist, durch Gefühle über einzuleitende

Reaktionen, die dem Überleben dienlich sind, informiert zu sein (Goleman, 1998). Eine

voll-funktionierende, psychisch gesunde Person erlebt das gesamte Spektrum an

Gefühlen (Roger, 1973). Es ist nach Brazier (1997) und Kornfield (1993) ein häufiges,

aber schweres Missverständnis, dass Erleuchtung bedeute, keine oder nurmehr

positive Gefühle zu erleben, oder keine Probleme mehr zu haben. Auch Mitleid,

Mitgefühl, Lebendigkeit und Empfindsamkeit, also Eigenschaften (Gefühle), die man an

großen spirituellen Führern (z.B. Dalai Lama) beobachten kann, wären dadurch

unmöglich. Mit steigender Einsicht und Verwirklichung sieht man, beiden Autoren

zufolge, die dunklen Seiten des Lebens und des eigenen Geistes eher noch deutlicher.

Man lebt nicht plötzlich ohne sie, sondern besser als früher mit ihnen. Dieser

grundlegende Ansatzpunkt in der Vipassana-Praxis ist fundamental für die Entwicklung

der Hypothesen dieser Arbeit (siehe Abschnitt 2.6, Hypothese 1 und 4): Zum einen

steigert Achtsamkeitspraxis die Bewusstheit, Klarheit, die Lebendigkeit, den Facetten-

reichtum und die Intensität der vom Bewusstsein erfassten Phänomene (Meibert,

Michalak & Heidenreich, 2006). „Um es nochmals kurz zusammenzufassen, können

wir sagen, dass das beobachtende Innehalten die Qualität des menschlichen

Bewusstseins in vierfacher Weise beeinflussen und erhöhen kann: 1. seine Intensität,

2. seine Klarheit, 3. seinen Beziehungsreichtum, 4. seine Wahlfreiheit.“ (Nyanaponika,

1969, S. 141). Zum anderen (siehe Hypothese 3.2) ergibt sich aus den buddhistischen

Schriften klar die Folgerung, dass mit steigender Achtsamkeitspraxis das automatische

Reagieren mit den „Drei Wurzelgiften“ (Unwissenheit, Gier, Aversion) auf

Empfindungen hin abnimmt, auf Gefühle dementsprechend immer weniger mit

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Vermeidung oder Anhaftung geantwortet wird (Goenka, 2005; Hart, 1996). Dies

wiederum führt aus der Sicht buddhistischer Texte dazu, dass die Reaktion auf

stresshafte emotionale Reize zunehmend schneller wieder abfällt (siehe Hypothese 2),

da auf die Empfindung nicht zusätzlich mit Aversion oder Anhaftung reagiert wird:

„Nach und nach werden die Momente des Beobachtens häufiger, und die des

Reagierens seltener. Und selbst wenn wir negativ reagieren, so wird doch die Dauer

und die Intensität der Reaktion abnehmen.“ (Hart, 1996, S. 166).

Die „Dritte Edle Wahrheit” legt dar, dass es einen Weg zur Beendigung des

Kampfes gegen das Leben, und dem aus dieser Abwehr resultierenden Leiden gibt,

dass ein Loslassen und Überwinden der „Drei Wurzelgifte“ möglich ist.

Die „Vierte Edle Wahrheit” expliziert den Weg, auf dem diese Befreiung zu

erlangen ist, und weist auf den sogenannten „Edlen Achtfachen Pfad“ (Allmen, 1997):

Dieser besteht aus drei Bereichen und acht Gliedern:

I.) Weisheit („panna“): rechte Einsicht, rechte Entschlossenheit.

II.) Ethische Integrität („sila“): rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt.

III.) Meditation („samadhi“): rechtes Bemühen, rechte Achtsamkeit, rechte Versenkung.

Die Anweisung, auf welche Weise genau Achtsamkeit zu üben sei, wurde in

einer zentralen Lehrrede Buddhas, dem sogenannten „Satipatthana Sutta“ aufge-

zeichnet. Buddha selbst legte nichts schriftlich nieder. Seine Anhänger verfassten

lange nach seinem Tod, als eine mündliche Überlieferung nicht mehr auszureichen

schien, die ersten schriftlichen Sammlungen seiner Lehren. Buddhas Lehrreden

wurden in „Drei Körben“ („Tipitaka“) geordnet: „Korb der Ordensdisziplin“ („Vinaya

Pitaka“), „Korb der Lehrreden“ („Sutta Pitaka“), „Korb der höheren Lehre“ („Abidhamma

Pitaka“). Der Korb der Lehrreden wiederum ist in mehrere Sammlungen („Nikaya“)

unterteilt, wobei sich die „Rede von den Grundlagen der Achtsamkeit“ („Satipatthana

Sutta“) in der „Mittleren Sammlung“ („Majjhima Nikaya“) befindet. Diese Rede wird von

vielen buddhistischen Schulen als besonders heilig und grundlegend verehrt, auch weil

Buddha ihn als (einzigen) Pfad bezeichnet haben soll, der „ausschließlich“ zur

Läuterung führt (Gruber, 1999).

Die „Satipatthana Sutta“ lehrt vier Bereiche, die zum Training der Achtsamkeit

herangezogen werden sollen (Nyanaponika, 1969; Sayadaw, 1990), und auf die als

„Meditationsobjekt“ immer wieder zurückzukehren ist, sobald bemerkt wird, dass die

Aufmerksamkeit abgeschweift ist: den Körper („kaya“), die Empfindungen („vedana“),

den Geist („citta“) und Geistesobjekte („dhamma“). Die Grundlage zur Entfaltung der

Praxis bildet hierbei der Körper („kaya“). Das Gewahrsein der Körperhaltung, der

Körperfunktionen und -bewegungen sowie die Atemachtsamkeit („anapanna sati“, das

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bewusste Wahrnehmen der Empfindungen beim Aus- und Einatmen), die auch diesem

Bereich zugeordnet wird, bilden die Basis und den Ausgangspunkt der Weiter-

entwicklung der Achtsamkeit auf die übrigen Bereiche. Sie dienen zudem als

Möglichkeit, das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit immer wieder im Hier und Jetzt

zu verankern. „Anapanna sati“ wird als besonders wichtig angesehen. Die Bewusst-

werdung des Atems, der vom Moment der Geburt bis zum Tod ohne Unterbrechung

kommt und geht, wird als ausnehmend nützliches Meditationsobjekt betrachtet, auch in

späteren Phasen der Praxis. Die Reihenfolge der Objekte der Achtsamkeitsschulung

legt auch einen ansteigenden Schwierigkeitsgrad nahe (Goldstein, 2003). Es wird für

Anfänger zunehmend schwieriger, bei der reinen Betrachtung der Empfindungen, des

Geistes und der Geistesobjekte zu verweilen, ohne sich in ihnen zu verlieren oder sich

mit ihnen zu identifizieren.

Die Empfindungen („vedana“), besser als subjektive Gefühlsvalenz (angenehm,

unangenehm, neutral) oder -qualität übersetzt (Buchheld & Walach, 2004), stellen die

zweite Grundlage der Achtsamkeit dar, und sind für diese Arbeit von besonderem

Interesse. Im buddhistischen Verständnis folgt auf jede gefühlsmäßige Valenz-

bewertung der Wahrnehmungsinhalte gewöhnlich eine konditionierte, automatisch

ablaufende Kette von leidvollen Reaktionen, gezeichnet von Aversion gegenüber den

unangenehmem Empfindungen, Gier nach und Anhaftung an die angenehmen

Empfindungen, sowie Gleichgültigkeit bei Neutralem (Goenka, 2005; Hart, 1996;

Nyanaponika, 1969; Thera, 1972). „Und was verursacht diese Reaktionen? Seine

Beobachtungen auf der tiefsten Ebene der Realität ließen den Siddhattha Gotama

erkennen, dass Reaktionen aufgrund von Unwissenheit erfolgen. Wir sind uns der

Tatsache nicht bewusst, dass wir reagieren, und ebenso wenig sind wir uns der

wirklichen Natur dessen bewusst, worauf wir reagieren. Wir wissen nichts von der

unbeständigen, unpersönlichen Natur unserer Existenz und wissen ebenso wenig,

dass das Hängen an ihr nur Leiden bringt. Da wir unsere wirkliche Natur nicht kennen,

reagieren wir wie mit Blindheit geschlagen, (…) und lassen es dadurch zu, dass sich

die Reaktionen intensivieren.“ (Hart, 1996, S. 63). Nicht-urteilendes, achtsames

Wahrnehmen dieser Vorgänge ermöglicht es, durch einfaches Nicht-Reagieren diese

konditionierten Abläufe abzubauen, sich nicht mit den Empfindungen zu identifizieren,

und ihre eigentliche Natur als vorübergehende Erscheinungen zu erkennen (Goldstein,

2003; Hanh, 1976). „Dies ist die Aufgabe von Meditierenden: Sie müssen ihre eigene

vergängliche Natur verstehen, und zwar durch die Beobachtung der sich ewig

wandelnden Empfindungen in ihrem Innern. Wann immer eine Empfindung auftaucht,

reagieren sie nicht, sondern erlauben ihr, zu entstehen und zu vergehen. So werden

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die alten Konditionierungen des Geistes an die Oberfläche kommen und sich auflösen.“

(Hart, 1996, S. 145).

Die dritte Grundlage der Achtsamkeit arbeitet mit dem Geist selbst („citta“).

Achtsam sollen alle Geisteszustände, Gedanken etc. wahrgenommen und als solche

erkannt werden.

Die vierte Grundlage der Achtsamkeit bezieht sich auf die sogenannten

Geistesobjekte („dhamma“), also die Wahrnehmungsinhalte des Geistes, die Formen,

die in ihm Auftauchen. Auch hier soll durch absichtsloses, achtsames Schauen deren

wahre Natur erfasst werden. Genauere Details und Einzelheiten stellen Gruber (1999)

und Nyanaponika (1969) dar.

Ziel dieser sukzessiven Beschäftigung mit den vier Grundlagen der Achtsamkeit

ist Einsicht („Vipassana“) in die Natur aller Daseinserscheinungen und des Geistes, die

Achtsamkeitsmeditation wird daher auch als „Vipassana-Meditation“ bezeichnet. Auch

innerhalb der Theravada-Tradition gibt es eine Vielzahl von Schulen, ebenso etliche

Vipassana-Strömungen. Deren Differenzierung nimmt Hans Gruber auf eine äußerst

exakte und umfassende Weise vor, daher wird an dieser Stelle aus Platzgründen auf

sein Überblickswerk „Kursbuch Vipassana“ (1999) verwiesen.

Die buddhistische Psychologie bezeichnet dieses letztendliche Ziel als die

befreiende Erkenntnis, besser Erfahrung der „Drei Daseinsmerkmale“ (Gunaratana,

1993): Vergänglichkeit („annica“), nicht-hinreichende Natur für dauerhafte Befriedigung

oder Leidhaftigkeit („dukkha“) und Nicht-Selbstheit, also Substanzlosigkeit aller

Erscheinungen („anatta“). Vor allem dieses Konzept, das die Abwesenheit eines

konstanten Selbst beinhaltet, ist für westliche Menschen zu Beginn oft mit Schrecken

und Verwirrung verbunden, und führt häufig zu Vermeidungsverhalten im Verlauf der

Meditationspraxis (Kornfield, 1993; Nyanaponika, 1969). Diese drei Qualitäten, die

nach Buddha alle Erscheinungen auszeichnen, werden von uns Menschen im

Alltagsbewusstsein gerne verdrängt, was zum Entstehen der „Wurzelgifte“ Anhaften,

Gier, Aversion führt, und dadurch letztendlich zum Kampf gegen das Leben. Daher soll

durch kontinuierliche Praxis die Natur der Erscheinungen immer umfassender

persönlich erfahren werden, so dass das Leben in Annerkennung dieser Tatsachen

und im Einklang mit ihnen stattfindet. Daraus resultierend erfährt der Praktizierende die

höchste Befreiung und unbedingte Freiheit, die Erleuchtung im Leben (Brazier, 1997).

Diese Methode wird prinzipiell in allen Strömungen des Buddhismus gelehrt (Gruber,

1999), besonderes Gewicht hat ihre umfassende Einübung wie erwähnt in den

Theravada-Schulen, im Zen Buddhismus und in der tibetischen „Shambhala“ Tradition

(Trungpa, 1984, 1987).

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Diese Lehren stellen sich somit weder als metaphysisch noch als spekulativ

dar, sondern sind eine konkrete Aufforderung zur eigenen, persönlichen Überprüfung

von Überprüfbarem in der eigenen Erfahrung, da rein begriffliches Untersuchen oder

Nachvollziehen dieser Einsichten ungenügend wäre (Allmen, 1997). „Sie offenbaren

sich in dem Maße, wie man sich auf sie ‚einlässt’, indem man sie immer wieder

kontemplativ-meditativ ‚wägt’ und praktisch umsetzt.“ (Gruber, 1999, S. 187).

Zusätzliches Leiden entsteht in dieser Sicht also durch eine Haltung, die im

Gegensatz zur Wirklichkeit steht (Goldstein & Kornfield, 1991). Laut Buddha ist im

gesamten menschlichen Dasein nichts substanziell Konstantes oder Wesenshaftes zu

finden, auch der Geist / das Selbst / die Persönlichkeit / die Seele ist ständig in

Wandlung begriffen, was in den modernen Neuro- und Kognitionswissenschaften

zunehmend bestätigt wird (z.B. Beckermann, 2000; Chalmers, 1996; Hofstadter &

Dennett, 1986; Kaszniak, 1998; Metzinger, 1995, 2003; Roth, 2000). Hier ist jedoch

wichtig, zu sehen, dass Buddha sich stets spekulativen Aussagen oder Diskussionen

verwehrte, die eine endgültige, metaphysische Feststellung zur Seele oder zum Selbst

machen: Seine Aussage von „anatta“ (Nicht-Selbst) bedeutet keine Leugnung der

subjektiven Erfahrung eines Selbst, noch bedeutet es, dass es absolut kein Selbst gibt.

Er wies beide Sichtweisen, nämlich die nihilistische („das Selbst existiert nicht“) als

auch die positivistische („das Selbst existiert“) zurück, und verwies auf die

erfahrungsmäßige Tatsache des konstanten Wandels und der Bedingtheit aller

Phänomene (Gruber, 1999). Laut buddhistischer Lehre (Nyanaponika, 1969) umfassen

folgende sogenannten „Fünf Daseinsgruppen“ („khanda“) unsere gesamte Existenz:

Form; angenehme, unangenehme, neutrale Gefühlsqualitäten oder -valenzen;

Wahrnehmung; mentale und emotionale Aktivitäten; Bewusstsein. All diese Daseins-

gruppen sind immerwährendem Wandel, Veränderung und Vergänglichkeit unter-

worfen und bedingen sich gegenseitig („Was entstanden ist, muss vergehen.“ Buddha

zitiert nach Gruber, 1999, S. 197). Nun ist einem Detail Beachtung zu schenken:

Buddha selbst hat nie gelehrt, dass diese „Fünf Daseinsgruppen“ an sich leidvoll oder

identifiziert mit Leiden sind, sondern dass „in dem Maße, wie sich Durst und Ergreifen

auf die ‚Fünf Aggregate’ (Daseinsgruppen, Anm. d. Verfassers) richten (im unwissen-

den Wahr-Nehmen derselben als das ‚Ich’, das ‚Mein’ oder ein getrenntes ‚Selbst’),

werden sie zur Quelle all unserer Leiden. So ist auch bloß ein Schluss möglich: Das

Ergreifen des Lebens ist Leiden, nicht das Leben“ (Gruber, 1999, S. 192). Ab-

schließend soll ein längerer Absatz aus dem Buch „Achtsamkeit und Akzeptanz in der

Psychotherapie“ zitiert werden, da er nach Meinung des Verfassers treffend den Kern

der Aussagen integriert: „Die Wurzelursachen des Leidens werden auch als die Drei

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Inneren Zwänge (kleshas) bezeichnet: die Ignoranz, d.h. die unbewusste oder

bewusste Leugnung der Drei Daseinsmerkmale, das daraus entstehende Anhaften an

Vergänglichem und die Aversion gegen Dinge, die außerhalb unserer direkten

Kontrolle liegen (Allmen, 1997). Unser einziges wahres Leiden besteht demnach in

dem Widerspruch zwischen der Vorstellung eines ‚getrennten, verlässlich-konstanten,

konkret-stabilen und dinghaften Selbst’ (Gruber, 1999, S. 21) und dem ‚Dasein, das auf

allen sechs Sinnesebenen (von Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Herz/Geist) aus

ständig vergehenden, von Moment zu Moment sich wandelnden oder substanzlosen

Eindrücken besteht.’ (ebd.)“ (Buchheld & Walach, 2004, S. 35). Ergriffen durch diese

Einsicht und Befreiung, und der Erfahrung, dass alle fühlenden Wesen danach streben,

Schmerz zu vermindern und Glück zu erlangen, entwickelt man Buddhas Lehre zufolge

unweigerlich bedingungsloses Mitgefühl mit sich selbst und allen anderen fühlenden

Wesen (Kornfield, 1993), was unethisches Verhalten in der Folge zunehmend

unwahrscheinlich macht (Hanh, 2002).

Die Lehre des Buddha ist somit eine überprüfbare, selbst erlebbare Einsicht in

die Existenz, und ein Weg, ihre Bedingungen und Gesetze zu erkennen, zu

akzeptieren, und dadurch (scheinbar) paradoxerweise tiefes Glück, Freude und

Befreiung zu erlangen. Die zu Beginn der Praxis von westlichen Menschen gewöhnlich

noch vehement verteidigte Vorstellung eines festen und abgetrennten Selbst, die im

Abendland eine besonders starke Ausprägung bekommen hat, wird mit zunehmender

Bewusstheit und Einsicht als Illusion und Grund aller Angst erkannt, und mündet

schließlich in die Zerstörung der Einbildung eines dualistischen Getrenntseins vom

Rest des Universums (Gruber, 1999). Das, wovor man die größte Angst hatte, wird in

der Folge zum Grund für das Aufgeben aller Angst. Das Werkzeug auf diesem Weg ist

kultivierte Achtsamkeit.

2.2 Achtsamkeit im universitären und klinischen Kontext

Um das aktuelle Interesse an Achtsamkeit im wissenschaftlichen und angewandten

Kontext zu beleuchten, soll zunächst auf die Rezeptionsgeschichte östlicher

Weisheitslehren und Praktiken im Westen und speziell in der universitären Wissen-

schaft und im klinischen Bereich eingegangen werden. Ein Überblick über die empi-

rische Meditationsforschung leitet dann hin zu dem zentralen Konzept, das alle

weiteren Entwicklungen und die Achtsamkeitsforschung inspiriert hat: John Kabat-

Zinn´s MBSR-Programm (Kabat-Zinn, 1982). Im Anschluss werden die Weiterentwick-

lungen und Anwendungsbereiche aufgeführt sowie Ergebnisse klinischer Studien

berichtet. Die für diese Arbeit besonders interessante bisherige Erforschung der

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angenommenen Mechanismen von Achtsamkeit wird dargestellt, und im Zuge dessen

wird ein Ansatz, das Konstrukt Achtsamkeit im wissenschaftlichen Kontext zu

definieren, eingeführt. Diese Hinführung ermöglicht die Einordnung dieser Arbeit in

aktuelle Forschungsperspektiven.

2.2.1 Östliche Weisheitslehren und westliche Wissenschaft

Bereits lange vor der jüngsten Welle des Interesses für östliches Gedankengut war das

westliche Abendland in Kontakt mit östlichen Philosophien gekommen. Durch

Alexander den Großen (365 – 323 v. Chr.), der sein Reich bis nach Nordindien

vergrößert hatte, gelangten über die Seidenstraßen, mit denen Europa mit Indien und

China verbunden wurde, östliche Lehren nach Europa. Plotin (205 – 270 n. Chr.) war

wohl der erste europäische Philosoph, der nach Indien reiste, um die Lehren dort zu

studieren. Seine dadurch stimulierten Überlegungen, die sehr vom hinduistischen Yoga

Sutra beeinflusst wurden, und sich mit Extase, Versenkung und der Erfahrung der

Realität hinter unserem Alltagsbewusstsein beschäftigte, regten später die christlichen

Mystiker wie Johannes vom Kreuz (1995) oder Meister Eckehart (1955) an (Goleman,

1997b; Jäger, 2000; James, 1997).

In der weiteren Philosophiegeschichte wurde buddhistisches Gedankengut von

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) formuliert (Schopenhauer, 1998). Nach seinen

eigenen Aussagen waren ihm die Parallelen seines Werkes „Die Welt als Wille und

Vorstellung“ und der Lehre Buddhas nicht bewusst, als er es verfasste. Die

frappierenden Ähnlichkeiten führten jedoch ihn und viele Intellektuelle zu der Zeit

erstmalig an den Buddhismus heran, so auch Friedrich Nietzsche (1844 – 1890), der

durch Schopenhauers Lektüre seine Begeisterung für den Buddhismus entdeckte

(Nietzsche, 1980).

Auch der berühmteste amerikanische Psychologe William James (1842 – 1910)

forschte mit großem Interesse über östliche Religionen. Sein Werk „Die Vielfalt

religiöser Erfahrung“ (1997) ist ein Klassiker der Religionspsychologie. Als dann im 20.

Jahrhundert mit dem Aufkommen der positivistischen Naturwissenschaft auch die

Philosophie und vor allem die Psychologie unter deren Einfluss geriet, wurden

Gegenstände wie religiöse Erfahrungen oder Bewusstsein gänzlich von der

Forschungsagenda gestrichen (Feyerabend, 1976; 1980; Kuhn, 1973; Newberg et al.,

2004; Pietschmann, 2005). Das östliche Denken übte in dieser Zeit eher auf Dichter

seine Anziehungskraft aus (Emerson, 2003; Hesse, 2001, 2002; Kerouac, 1971; Pirsig,

1999; Thoreau, 2004; Whitman, 1985). Hermann Hesse löste mit seinen beiden

Büchern in den Sechzigern und Siebzigern einen regelrechten Buddhismus-Boom in

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den USA und Europa aus. Alan Watts, selbst kein Psychologe sondern ehemals

christlicher Pfarrer aus England, war für eine große Zahl von westlichen interessierten

Psychologen das Sprachrohr des Buddhismus im Westen zu der Zeit. Er emigrierte in

die USA und schrieb dort eine Vielzahl Bücher über die Integration westlicher und

östlicher Weisheit und hielt zahlreiche Vorträge (z.B. Watts, 1963). Ein weiterer

prominenter Vermittler östlicher Inhalte im Westen ist Dr. Richard Alpert, ehemals

Psychologie Professor in Harvard. Er war mit Dr. Timothy Leary befreundet und

erforschte mit ihm die Effekte von LSD. Der nach längeren Aufenthalten in Indien als

„Baba Ram Dass“ („Diener Gottes“) zum Hinduismus Konvertierte publizierte das in

den USA bekannte Werk „Be Here Now, Remember“ (Dass, 1971), in dem er von

seinen spirituellen Praktiken und Erfahrungen berichtet, und wieso er deswegen seine

Universitätskarriere aufgab.

Im Gegensatz zum versiegenden Interesse der Wissenschaft nahm die

Beachtung von östlichen Weisheiten durch klinisch und therapeutisch tätige

Psychologen zu. Allen voran C.G. Jung war exzellent mit dem Bereich der östlichen

Psychologie vertraut (Jung, 1947). Er studierte intensiv sämtliche östlichen Ansätze

und setzte sie stets zur Situation des westlichen Menschen in Beziehung. Von ihm

stammen Vorworte und Kommentare zu wichtigen Übersetzungen von Werken des

Ostens, so z.B. dem chinesischen „I Ging“ („das Buch der Wandlungen“, Wilhelm,

1923) und zum „Tibetanischen Totenbuch“ (Evans-Wentz, 2003), sowie zu Werken von

D. T. Suzuki. Er ist mit seinen Schriften sicher einer der wichtigsten Mittler zwischen

westlicher und östlicher Psychologie. Dabei blieb es nicht aus, dass er bei aller

Faszination und allem Lob der tiefen Weisheit des Ostens den westlichen Suchenden

vor allzu viel Euphorie warnte. Seiner Ansicht nach ist das Denken und die

kulturgeschichtliche Einbettung vieler östlicher Theorien und Praktiken für den hastigen

westlichen Menschen fast unmöglich zu erschließen und richtig nachzuvollziehen. „Ich

sage, wem ich kann: ‚Studieren Sie den Yoga. Sie werden unendlich viel daraus

lernen, aber wenden Sie ihn nicht an, denn wir Europäer sind nicht so beschaffen, dass

wir diese Methoden ohne weiteres richtig anwenden könnten’“ (Jung, 1963, S. 576).

Den Grund dafür sah er in einer höheren Entwicklungsstufe und Reife der uralten

Kulturen und Glaubenssysteme Asiens. Europa war im Vergleich jünger, und weniger

differenziert. Auch gab er zu bedenken, dass die Beschäftigung damit zu einer Flucht

werden könne: „Ihm schien es allzu einfach, in einer Faszination für die exotischen

Formen des Ostens den eigenen Problemen zu entfliehen“ (Goleman, 1997b). Auch

Medard Boss, ein einflussreicher Existentialist und Psychoanalytiker war von der

Geisteswelt Asiens angetan (Boss, 1987). Seine Erfahrungen in Indien lehrten ihn zum

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einen großen Respekt vor den indischen Weisen, deren Eindruck auf ihn so stark war,

dass er angesichts ihrer Verwirklichung und Erkenntnis die westliche Psychotherapie

und Psychoanalyse als unterlegen betrachtete. Andererseits beeindruckten ihn

Europäer, die sich dort zur Meditation als Nonne oder Mönch ordinieren ließen, wenig.

Er attestierte ihnen eine mit asiatischen Weisheitsformeln aufgeblähte „Ichhaftigkeit“,

sowie dass sie ausnahmslos vor der weiteren Beschäftigung mit Verwirklichungslehren

von einer Psychoanalyse profitieren würden (Boss, 1987).

Die im Westen sich weiter ausdifferenzierenden Psychotherapien nahmen im

Verlauf dieser ersten Begegnungen immer öfter Anleihen aus dem asiatischen

Gedankengut. Vor allem die neben dem Behaviorismus und der Psychoanalyse

entstehende „dritte Kraft“ der ganzheitlichen und humanistischen Psychotherapien fand

im Osten Inspiration für ein neues Welt- und Menschenbild (Kriz, 2001). Allen voran

Erich Fromm (Fromm, 1976; Fromm, Suzuki & de Martino, 1974), Abraham Maslow

(1969, 1985) und Carl Rogers (1973) räumten spirituellen Erfahrungen, von ihnen

„Gipfel-, Grenz- oder Plateauerfahrungen“ genannt, einen wichtigen Raum in ihren

Persönlichkeitstheorien und Therapiesystemen ein. In der in den USA sich ausbreiten-

den Gestalttherapie von Fritz Perls finden sich Anleihen aus den asiatischen Lehren,

es wird sehr viel Wert auf das Hier und Jetzt gelegt, dazu kommen auch meditative

Techniken zum Einsatz (Perls, 1973). Dasselbe gilt für die Entwicklungen von Victor

Frankl, der in seiner Logotherapie die Notwendigkeit eines spirituellen Sinns betont

(Frankl, 1987), sowie für Irvin D. Yalom, der in seinem Klassiker „Existentielle

Psychotherapie“ (1989) beschreibt, dass auch dort östliche Lehren aufgegriffen

werden. Ebenfalls die in Italien entstehende Psychosynthese nach Roberto Assagioli

(1993) weist spirituellen Erlebnissen und Praktiken im Verlauf der Heilung psycho-

somatischer Erkrankungen einen festen Platz zu. Stanislav Grof, der die Verwendung

von LSD in der Psychotherapie in den USA eingeführt hatte, bespricht in seiner

sogenannten „Holotropen Therapie“ die Relevanz von östlichen Bewusstseins-

techniken für die persönliche Entwicklung (Grof, 2004). In Deutschland wurde in dieser

Hinsicht vor allem die so genannte „Initiatische Therapie“ nach Karlfried Graf von

Dürckheim bekannt (Dürckheim, 1973). Auch Hugo M. Enomiya-Lasalle, ein Jesuit und

Zen-Lehrer, machte sich in Deutschland um den Buddhismus verdient durch seine

Verbindung von Zen und Christentum, die viele Menschen anspricht (Baatz, 2004).

Die in den sechziger Jahren in der akademischen Psychologie stattfindende

„Kognitive Wende“ (siehe dazu Gardner, 1992, 1999a, 1999b), die das Dogma des

Behaviorismus brach, führte zu einer ersten vorsichtigen Öffnung gegenüber Themen

wie Gefühle, Gedanken, subjektive Erfahrung, die zuvor nicht als Gegenstand der

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Psychologie erachtet wurden. Diese zunehmende Hinwendung zur subjektiven

Erfahrung (Hayward, 1990; Varela, Thompson, & Rosch, 1991), als auch das immer

größer werdende Interesse an östlichem Gedankengut in den Psychotherapien,

bewirkte im weiteren Verlauf einen Umschwung der Haltung auch im wissen-

schaftlichen und universitären Bereich. Das Interesse an Meditation, an Spirituellem

und Religiösem, an veränderten Bewusstseinszuständen und mystischen Erfahrungen

sollte nunmehr wieder offiziell zum Gegenstandsbereich der wissenschaftlichen

Psychologie gehören, da diese Phänomene zu allen Zeiten und in allen Kulturen einen

zentralen Platz eingenommen hatten (Huxley, 1987). So forderten immer mehr

Wissenschaftler, die selbst in dem Bereich Erfahrung hatten (Capra, 1975, 1988;

Welwood, 2000), einen Paradigmenwechsel heraus, der schließlich in der Begründung

der „Transpersonalen Psychologie“ als „vierter Kraft“ neben Behaviorismus, Psycho-

analyse und Humanistischer Psychologie gipfelte (Murphy, 1994; Quekelberghe, 2005;

Walsh & Vaughan, 1985; Wilber, 2000; Wilber, Engler & Brown, 1988). Charles T. Tart

hat diese Entwicklung maßgeblich mit seinen Werken forciert und angeführt (z.B. Tart,

1972, 1975, 1988). Daneben ist auch der bekannte Amerikaner Ken Wilber zu nennen,

der mit vielen wegweisenden Publikationen für die Integration aller Ebenen und

Strömungen der Psychologie eintritt (Wilber, 1991, 1995, 2000a, 2000b). Auch in

Deutschland hat die transpersonale Psychologie fußgefasst, und konkrete Forschung

angeregt (z.B. Belschner, 2000; Buchheld, 2000; Heidenreich, Ströhle & Michalak,

2006; Majumdar, 2000; Piron, 2003; Vaitl, Birbaumer, Gruzelier et al., 2005; Walach,

Buchheld, Buttenmüller, Kleinknecht & Schmidt, 2003).

Ebenfalls aus den USA kommend, hat sich eine weitere Strömung innerhalb der

akademischen Psychologie gebildet, „Positive Psychologie“ genannt (Kahneman,

Diener & Schwarz, 1999; Seligman & Csikszentmihalyi, 2000). Deren Hauptaugenmerk

liegt auf der Erforschung von positiven Gefühlszuständen wie Glück, Zufriedenheit,

Erfüllung sowie deren Entstehung, Mechanismen und aufrechterhaltende Beding-

ungen. Es war damit ein Programm gestartet, das den Ausgleich schaffen sollte zu den

bis dahin eher auf die dysfunktionalen, neurotischen oder pathologischen Aspekte der

menschlichen Psyche fixierten Schulen innerhalb der Psychologie. Diese Öffnung des

„offiziell erlaubten“ Interesses in der akademischen Psychologie hin zu Forschungs-

gegenständen wie Extase, Glück, innerem Frieden, Mitgefühl kam auch der Medita-

tionsforschung zugute, die zuletzt durch die Renaissance der Achtsamkeitsmeditation

und daraus entwickelter westlicher Therapieprogramme einen starken Zuwachs an

Aktivität und Publikationen verbucht (Hamilton, Kitzman, & Guyotte, 2006).

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2.2.2 Kritische Überlegungen zur Meditationspraxis

„The way through the world is more difficult to find than the way beyond it.“

Wallace Stevens

„Much of what is called ‚meditation’ is actually an unconscious removal from the

complexity and messiness of life. The way medtiation is usually practiced anesthetizes

our pain. But when meditation removes us from the actuality of our experience (…)

then it is a sedative, not a midwife to our transformation. (…) The hidden agenda of

getting rid of what one experiences undermines the attempt to examine whatever one

experiences with nonjudgemental awareness. (…) Detaching from experience also

results renouncing vital aspets of ourselves such as passion and intense emotions

which is devitalizing and self-impoverishing. A ‘good’ meditation is not when the mind is

devoid of thoughts and serene, but when one is attentative to whatever thoughts (or

feelings or fantasies) one is experiencing, whether they lead to suffering or serenity”

(Rubin, 2001, S. 122-127).

Die weite Verbreitung und Anwendung der Meditation im Westen sowie das

steigende Interesse an östlichen Weisheitslehren bewirkten neben den oben (2.2.1)

geschilderten ersten mahnenden Stimmen von C.G. Jung und Medard Boss auch das

Einsetzen einer kritisch-sachlichen Reflektion, einerseits der forschenden Wissen-

schaftler selbst (Scharfetter, 1997; Rubin, 2001; Walach, 2000; Wilber, Ecker &

Anthony, 1995), als auch öffentlicher Kreise (Niebel & Hanewinkel, 1997; Schraut,

2002). Es wurde zunehmend thematisiert, dass die Hinwendung zu transpersonalen

Thematiken als auch die Praxis meditativer Techniken durchaus auch missbräuch-

lichen Charakter annehmen kann, je nach zugrunde liegender Motivation.

Ein herausgearbeiteter Schwerpunkt ist der missbräuchliche Einsatz von

Meditation zur Abstumpfung der Empfindungen und Erzeugung einer gleichsam

weltentrückten Immunität und Gleichgültigkeit unter dem Etikett des Nicht-Anhaftens

(Rubin, 2001). Ein falsch verstandenes Bild von Meditation als dazu dienlich, mag vor

allem auf Menschen mit emotionalen Problemen und Vermeidungsverhalten anziehend

wirken, die mit Nicht-Anhaften betiteln, was man eigentlich als psychodynamische

Abwehrmechanismen (Dissoziation oder Repression, Mentzos, 2000) gegen un-

liebsame Anteile der eigenen Person bzw. unerträgliche Gedanken oder Erfahrungen

bezeichnen muss (sehr gut dargestellt in Wilber, Ecker und Anthony, 1995, S. 217). Da

Meditation technisch gesehen durchaus in der Lage ist, dazu umgeformt und

angewendet zu werden (Rubin, 2001; Scharfetter, 1997), ist es von großer Relevanz,

auf die Gefahren, die aus einem derartigen Missbrauch resultieren, hinzuweisen

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(Epstein, 1990, Fiedler, 2001; Riemann, 1975). Ein bewusstes Abstumpfen der

emotionalen Empfindsamkeit, um leidfrei zu leben, führt langfristig zu allen möglichen

psychopathologischen Entwicklungen (Rubin, 2001), wie an den psychodiagnostischen

Kriterien nachzuvollziehen ist (z.B. die „Alexithymie“; siehe Dilling, Mombour, &

Schmidt, 2004; Saß et al., 2003).

Ein weiteres Thema ist das Problem der Autoritätsgläubigkeit und Abhängigkeit,

sowie infolgedessen der Aufgabe der eigenen kritischen Verstandestätigkeit, die sich in

vielen dokumentierten Fällen in Guru-Schüler Verhältnissen abspielte. Das fundierte

Werk „Meister, Gurus, Menschenfänger. Über die Integrität spiritueller Wege.“ setzt

sich erstmalig, vom wissenschaftlichen Standpunkt kommend, ausführlich damit

auseinander (Wilber, Ecker & Anthony, 1995).

Ähnlich der erwähnten Kritik von Medard Boss (2.1.1) stellt sich bei westlichen

Menschen, die sich euphorisch östlichen Praktiken und Ideen hingeben, das große

Problem eines pathologischen Narzissmus (Röhr, 2005) als möglicher dahinter

liegender Triebkraft (Wilber, Ecker & Anthony, 1995). Harald Walach hat sich dieser

unangenehmen, lange tabuisierten Thematik in einem Artikel angenommen, in dem er

den Narzissmus auch als „Schatten der Transpersonalen Psychologie“ bezeichnet

(Walach, 2000). Pathologischer Narzissmus, also die übermäßige Erhöhung des

eigenen Selbst, die Betonung der eigenen Besonderheit sowie die Abwertung der

Anderen, lässt sich, als Kompensationsmechanismus verstanden, beobachten bei

Menschen mit stark schwankendem und geringem Selbstwertgefühl (Lowen, 1984).

Die beiden herausragenden Kliniker und Theoretiker auf diesem Gebiet, die

Psychoanalytiker Kernberg und Kohut beschreiben dieses in den westlichen Industrie-

nationen immer stärker verbreitete Persönlichkeitsmuster, das auch zum klinisch

relevanten Bild einer Persönlichkeitsstörung werden kann, ausführlich in ihren Werken

(Kernberg, 1996; Kohut, 1981, 2000; siehe dazu auch aus buddhistischer Sicht

Falkenström, 2003). Zugrunde liegend ist die Annahme eines fragmentierten, also

schwachen und verletzlichen Selbst, das aufgrund entwicklungsbedingter Versagungen

in der Kindheit bestimmte Arten der Zuwendung (Bewunderung, Lob, Empathie, Liebe,

aber auch Kritik, Grenzen und Realitätsbezug) entbehren musste, und so die

Ausreifung zu einem stabilen und sicheren Selbst nicht abschließen konnte (siehe

auch Fonagy, Gergely, Jurist & Target, 2004; Fonagy & Target, 2006). Menschen mit

derartigen intrapsychischen Strukturen könnten sich verstärkt von östlichen Lehren und

Praktiken angezogen fühlen, um damit ihren Selbstwert zu erhöhen und sich von

anderen, „Normalen“, abzugrenzen (Walach, 2000). Da diese Motivation jeglichen

östlichen Weisheitslehren jedoch gänzlich zuwider läuft, deren Intention in einer

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Auflösung der Selbstillusion und des Egoismus gipfelt, besteht hier eine starke,

sozusagen unsichtbare Kluft zwischen der Intention der Schüler und der Intention der

Lehre (die sich dem Bewusstsein der so Praktizierenden durchaus entziehen kann).

Nach Walach (2000) und Wilber, Ecker und Anthony (1995) ist die nunmehr

allgemein vertretene Ansicht im Bereich der Transpersonalen Psychologie und

Therapie, dass nur der Mensch sich der Aufgabe der Transzendierung des Selbst

widmen sollte, der bereits ein festes und starkes Selbst entwickelt hat. Diese auf den

ersten Blick paradoxe Aussage beinhaltet jedoch die Sorge um das Wohl derjenigen

Praktizierenden, deren Selbst den in der Meditation erlebten Erfahrungen überhaupt

nicht gewachsen wäre (Epstein, 1990), bzw. deren Praxis sich aus irriger Motivation

und falschem Verständnis heraus auf Jahre in eine unheilsame Richtung entwickeln

würde. Zur vertiefenden Lektüre wird auf Wilber, Ecker und Anthony (1995) verwiesen,

die alle oben umrissenen Aspekte umfassend behandeln. Die „Melbourne Academic

Mindfulness Interest Group“ (2006) und Hayes und Feldmann (2004) verweisen in

ihren Artikel ausführlich auf mögliche aversive Konsequenzen von fortschreitender

Achtsamkeitsmeditationspraxis und auf möglicherweise auftauchende unangenehme

Erfahrungen, auf die es als Lehrer kompetent und psychologisch geschult zu reagieren

gilt. Diese möglichen Erlebnisse gründen nach Ansicht der Autoren, und der von ihnen

gesichteten buddhistischen Literatur zur Achtsamkeit, größtenteils in der notwendigen

Bewusstwerdung tiefsitzender verdrängter Gefühle, deren Konfrontation äußerst

schmerzhaft sein kann. Diese bekannte Phase der Meditationspraxis, in der

buddhistischen Literatur als „heightened neurosis“ bezeichnet (Hayes & Feldman

(2004), ist jedoch als notwendiger Übergang in einen neuen Zustand der höheren

Ordnung und Stabilität anzusehen, auf den jedoch mit Umsicht und Kompetenz zu

reagieren ist, und der nur entsprechend stabilen Praktizierenden zugemutet werden

sollte (Hayes & Feldman, 2004).

2.2.3 Wissenschaftliche Meditationsforschung

Die empirische Erforschung der Meditation (in ihren vielfältigen Formen, siehe

Carrington, 1998; Engel, 1999; Fontana, 1994) ist auf dem Hintergrund der berichteten

Entwicklung der akademischen Atmosphäre zu betrachten. Trotz dieser vielen

Hindernisse weisen umfassende internationale Bibliographien, deren bekannteste wohl

von Murphy und Donovan (1997) erstellt wurde, mittlerweile über tausend

wissenschaftliche Veröffentlichungen auf. Die beiden Autoren zeichnen präzise die

Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung der psychologischen und physio-

logischen Auswirkungen und Prozesse der Meditation nach, daher wird für eine

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detaillierte Schilderung auf deren Arbeit verwiesen. Da hier vor allem die Untersuchung

der Achtsamkeitspraktiken von Relevanz ist, wird auf die übrigen Inhalte nur kurz

eingegangen.

Wie man an der großen Zahl der Untersuchungen sieht, hat mangelnde

Beachtung oder Anerkennung im akademischen Rahmen die Interessierten nicht daran

gehindert, ausgiebig zu forschen. Nach Murphy und Donovan (1997) führte jedoch die

fehlende Reflektion der Ergebnisse in einer breiteren akademischen Öffentlichkeit zu

einer Vielzahl von methodisch unzureichenden Studien und Einzelfalluntersuchungen,

die eher explorativen Charakter aufweisen. Die Meditationsforschung lässt sich mit Ott

(2000) und Murphy und Donovan (1997) zeitlich betrachtet in mehrere Phasen

gliedern:

Die Frühphase (30er Jahre bis in die 60er Jahre): Begeisterte Forscher suchen

vor allem vor Ort in Indien erfahrene Gurus und Yogis, deren Praktiken im Hinduismus

wurzeln, sowie Zen-Mönche in Japan auf, und fertigen über deren Fähigkeiten

Einzelstudien sowie erste physiologische Untersuchungen an. Hier werden teils

sagenhafte Fähigkeiten an den Praktizierenden beschrieben, die Studien sind jedoch

oftmals methodisch kritisierbar und die Ergebnisse widersprüchlich.

Die zweite Phase oder Blütezeit der Meditationsforschung (70er Jahre): Im

Gefolge der Anhängerschaft der Beatles wird eine für den Westen aufbereitete Form

der Mantra-Meditation, die in der hinduistischen Yoga-Tradition wurzelt, die

„Transzendentale Meditation™“ (TM™) unter den Jugendlichen und Studenten in den

USA populär. Vom Inder Maharishi Mahesh Yogi speziell auf den Westen

zugeschnitten, wird diese Form der Meditation, bei der man ein Mantra, also eine Silbe

fortlaufend im Geiste wiederholt, richtiggehend über eine Organisation vermarktet, mit

speziellen Kursen, Einführungsritualen und zertifizierten Einweisern. Die starke

Verbreitung, auch „TM-Welle“, und die dadurch in großer Anzahl zur Verfügung

stehenden Praktizierenden begünstigten die rege Forschungsaktivität.

Die Konsolidierungsphase (80er Jahre): Aufgrund der kritisierten methodischen

Mängel (für Details siehe Ott, 2000) wurden neuere Studien mit verbesserten Designs

durchgeführt, es setzte eine Sichtung der bisherigen Ergebnisse in Sammelbänden ein

(z.B. Carrington, 1998; Naranjo & Ornstein, 1976; West, 1987) sowie eine kritische

Reflektion der Befunde, die jedoch trotz allem beachtlich sind: In nahezu allen

psychologischen und physiologischen Domänen finden sich Unterschiede,

Verbesserungen oder ungewöhnliche Effekte, deren Auflistung zu lange wäre: Murphy

und Donovan (1997) stellen die unüberschaubaren Forschungsergebnisse in einen

übersichtlichen systematischen Zusammenhang. Von den 80er Jahren an bis heute

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beginnt auch eine Verlagerung des Interesses von der TM hin zu buddhistischen

Meditationstechniken: Die TM-Organisation gerät teilweise gesellschaftlich unter Druck,

da ihre Verbreitungsmethoden manchen fragwürdig erscheinen. Insgesamt hinterlässt

die TM-Forschung einen eher gemischten Eindruck in der Forschungsgemeinschaft

und Öffentlichkeit. Viele TM-Studien wurden nach und nach auch von der von

Maharishi gegründeten „Universität“, genannt „Maharishi International School of

Management“, finanziert (Murphy und Donovan, 1997), und können demgemäß wohl

eine Kritik ihres Vorgehens als interessengeleitet nicht gänzlich widerlegen.

Die von vielen westlichen Schülern (Gruber, 1999) in Südostasien studierte und

in die USA gebrachte Achtsamkeitsmeditation rückt in einer letzten Welle seit den

1980er Jahren zunehmend ins Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Wieder war

das Interesse der Psychotherapie zu Beginn Schrittmacher der Forschung. Es wurde

zunächst die erstaunliche Ähnlichkeit des Achtsamkeitskonzeptes mit den

Ausführungen Sigmund Freud´s zur idealen Haltung des Therapeuten und der

gewünschten Aufmerksamkeitslenkung des Patienten herausgestellt (siehe Brown und

Ryan, 2004), einige der ersten wissenschaftlichen Arbeiten hatten somit einen

psychoanalytischen Hintergrund (Carrington & Ephron, 1975; Emavardhana & Tori,

1997; Fromm, Suzuki & Martino, 1974; Kahn, 1985; Kutz, Borysenko & Benson, 1985;

Kutz et al., 1985; siehe auch Epstein, 1990, 1996; Michal, 2006; Molino, 1999). Michael

S. Christopher (2003) wiederum betont in seinem Artikel „Albert Ellis and the Buddha:

Rational Soul Mates? (…)“ die Parallelen der Rational-Emotiven Therapie nach Albert

Ellis und der Achtsamkeitstradition des Zen-Buddhismus. Martin (1997) plädierte sogar

für eine Sicht auf Achtsamkeit als das verbindende Konzept aller psychothera-

peutischen Richtungen.

Da die westlichen Schüler, die in Asien Einweisungen in die buddhistische

Achtsamkeitsmeditation bekamen, teilweise bereits etablierte Wissenschaftler oder

Therapeuten waren, nahm die Achtsamkeit sozusagen eine Abkürzung in die

wissenschaftliche Welt (beispielsweise Austin, 2001, 2006; Ekman et al., 2005;

Davidson, 2002; Goleman, 1997b; Kornfield, 1993; Varela, 1998; Wallace, 1999, 2003;

Wallace & Hode, 2007). Methode und Ziel der Achtsamkeit scheinen einer Adaption in

ein westliches Umfeld, evtl. sogar ohne Rückgriff auf spirituelle Konzepte, eher gemäß

(Hayes, 2002). Die Pionierarbeit von John Kabat-Zinn vom Medical Center der

Universität von Massachusetts ist hierfür ohne Bespiel (Kabat-Zinn, 1982, 1998, 2003).

Er verbrachte selbst längere Zeit in Asien, um Vipassana, Zen und Hatha-Yoga zu

studieren, und entwickelte auf der Basis seiner eigenen Erfahrungen das „Mindfulness-

Based-Stress-Reduction“ Programm („MBSR“), das im Zentrum des Booms bei der

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Erforschung der Achtsamkeitsmeditation steht (Heidenreich & Michalak, 2003). Das

Programm selbst, sowie Forschungsergebnisse dazu, bzw. zu seinen Weiterentwick-

lungen, werden im Folgenden unter 2.2.4 und 2.2.5 genauer besprochen.

Gleichzeitig entsteht seit den 1980er Jahren ein beispielloses Projekt, das eine

Ära des Austausches und der Zusammenarbeit, der Ideenfindung, der gegenseitigen

Befruchtung und konkreten Forschungspraxis zwischen Buddhismus und westlicher

Philosophie, Psychologie und den Neurowissenschaften einläutet. Das „Mind-And-Life“

Institut (www.mindandlife.org) organisiert regelmäßige Zusammenkünfte des Dalai

Lama und ausgewählter buddhistischer Gelehrter mit den Koryphäen der internatio-

nalen Neuro-, Kognitions- und Emotionsforschung in Indien und den USA. Daniel

Goleman, der das Projekt von Anfang an begleitet, hat die Geschichte der Treffen in

dem Werk „Dialog mit dem Dalai Lama – Wie wir destruktive Emotionen überwinden

können“ (2005) skizziert. Zu jedem der Treffen ist ein Buch erschienen, das die

Diskussionen und Ergebnisse zusammenfasst, bzw. die Gespräche protokolliert

(Goleman, 2005). Auch von Seiten der buddhistischen Gesprächspartner gibt es dazu

Veröffentlichungen (z.B. Dalai Lama XIV., 2005; Revel, & Ricard, 2000). Daniel

Goleman und Richard Davidson (siehe Davidson, 2004), beide Experten auf dem

Gebiet der Emotionsforschung und international renommierte Wissenschaftler, haben,

teilweise gemeinsam mit John Kabat-Zinn, aus der Zusammenarbeit Forschungs-

projekte entwickelt, welche die Achtsamkeitsmeditation in einem neurowissenschaft-

lichen Sinn als kognitives und emotionales Training verstehen, und in diesem Rahmen

mit den neuesten wissenschaftlichen Instrumenten und auf höchstem methodischen

Niveau erforschen (z.B. das Projekt „Cultivating Emotional Balance“ an der University

of San Francisco, siehe www.mindandlife.org, oder Davidson, Kabat-Zinn, Schumacher

et al., 2003; Lutz, Greischar, Rawlings, Ricard & Davidson, 2004). Vor allem die Frage

nach dem Umgang mit destruktiven Emotionen und der Entwicklung von Mitgefühl,

Themen, derer sich die buddhistische Lehre und die Achtsamkeitsmeditation ganz

besonders angenommen haben, wird als viel versprechendes und relevantes

Forschungsfeld der Zukunft begriffen (Goleman, 2005). Eine kürzlich erschienene

Arbeit fasst die bisherigen Ergebnisse der neueren (und methodisch hochwertigen)

Meditationsforschung zusammen: „Meditation states and traits: EEG, ERP, and

neuroimaging studies“ (Cahn & Polich, 2006; siehe auch Baerentsen, Hartvig,

StokildeJorgensen & Mammen, 2001). Zusammen mit den Überlegungen und

Befunden von Newberg und Iversen (2003) zu den Vorgängen im Bereich der

Neurotransmitter und der Neurochemie liegt damit ein ausdifferenziertes Bild der

empirischen Ergebnisse der neueren Meditationsforschung vor.

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2.2.4 Das MBSR-Programm von John Kabat-Zinn

Der wichtigste stimulierende Einfluss auf die wissenschaftliche Untersuchung der

Achtsamkeitsmeditation ging von John Kabat-Zinn´s MBSR-Programm aus. Kabat-

Zinn, Professor am Medical Center der Universität von Massachusetts, war in Gesprä-

chen mit Kollegen immer wieder mit der Sorge um chronische und untherapierbare

Krankheitsverläufe bei Schmerzpatienten konfrontiert. Da er aufgrund seiner Asien-

Erfahrung hier einen möglichen Angriffspunkt der Achtsamkeit vermutete, initiierte er

ein Programm, das Achtsamkeitspraktiken und auf Hatha-Yoga beruhende

Körperübungen beinhaltete, und als Zusatz zur üblichen medizinischen Behandlung

gedacht war (Kabat-Zinn, 1982). Achtsamkeitspraxis im Rahmen von MBSR wird

(ähnlich wie in 2.1.1 und 2.1.2 über Vipassana ausgeführt) ausdrücklich nicht

verstanden als Entspannungsverfahren (siehe dazu Vaitl & Petermann, 2004), oder

Verfahren um Stress zu vermeiden, was auch durch EEG-Studien, die unterschiedliche

Aktivierungsmuster bei Entspannung, Konzentration und Achtsamkeit zeigen, gestützt

wird (Dunn, Hartigan & Mikulas, 1999). Wie oben für die buddhistische Vipassana-

Meditation ausgeführt (2.1.1), ist auch MBSR keine „(…) Technik, die man anwendet,

um damit etwas Unangenehmes zu vermeiden oder nicht gewollte Zustände, Gefühle

oder Schmerzen zu reduzieren oder gar ganz auszuschalten, sondern ein Lebensstil,

bei dem es darum geht, den gegenwärtigen Augenblick mit all seinen Facetten,

unangenehmen sowie angenehmen, so zu erleben, wie er gerade ist. Paradoxerweise

reduzieren sich durch das nicht wertende Wahrnehmen dessen, was im Moment

geschieht und erlebt wird häufig Schmerzen, schwierige Gefühle oder andere

Probleme“ (Meibert, Michalak & Heidenreich, 2006, S. 178). Dies führt auch hin zum

bedeutendsten Unterschied zwischen achtsamkeitsbasierten Interventionen und

herkömmlichen Psychotherapien, vor allem kognitiven Verhaltenstherapien: Achtsam-

keit zielt darauf ab, kognitive Prozesse an sich zu ändern, so z.B. die Haltung und den

Umgang mit dem Inhalt der subjektiven Erfahrung. Psychotherapie hingegen versucht

meist, dysfunktionale Inhalte zu ändern (Roemer & Orsillo, 2003). Die Integration

dieser beiden Ansätze ist nach Baer (2003), Hayes, Follette & Linehan (2004) sowie

Lau und McMain (2005) einer der Brennpunkte in den momentanen Diskussionen über

Psychotherapie.

Der Kurs erstreckt sich über 8 Wochen, jede Woche trifft sich die MBSR-

Gruppe einmal für 2½ h, am Ende des Kurses wird zur Vertiefung der Praxis einmal

ganztägig in Stille meditiert. Zentrale Elemente im MBSR-Programm sind achtsame

Körperwahrnehmung („Body-Scan“), ein Element, das Kabat-Zinn direkt aus der

Vipassana-Schule nach S.N. Goenka (Hart, 1996) entliehen hat und die klassische

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Sitzmeditation (siehe Nyanaponika, 1969). Immer wieder wird betont, wie wichtig es ist,

diese formellen Methoden und die daraus erlernte Achtsamkeit im Alltag zu

praktizieren und so viele Routinehandlungen wie möglich in dieser Haltung durch-

zuführen. Es werden dementsprechend vielfältige Hausaufgaben aufgegeben, die Teil-

nehmer sind zudem angehalten, jeden Tag selbstständig bis zu eine Stunde lang zu

meditieren. Im gesamten Kurs wird nicht explizit auf religiöse Inhalte eingegangen,

wenngleich der buddhistische Hintergrund zu Beginn des Kurses durchaus betont wird

(Kabat-Zinn, 2003). Den Teilnehmern wird nahe gelegt, die erlernte Achtsamkeit in

ihren gesamten Lebensstil einfließen zu lassen.

In den USA und Europa wird MBSR an mehr als 240 Kliniken angeboten

(Bishop, 2002). 64 Studien wurden zur Untersuchung der erzielten klinischen

Verbesserungen durch die MBSR-Intervention bereits in den USA durchgeführt (Stand

2003, siehe Grossmann et al., 2003). Die erwähnten Übersichtsartikel (Baer, 2003;

Bishop, 2002; Grossmann et al., 2003) ziehen davon die 20 methodisch besten zur

Analyse der Effekte heran und kommen zu optimistischen Bewertungen der

Forschungsergebnisse (siehe 2.2.5). In Deutschland dauert dieser Prozess noch an –

nach einem ersten theoretischen Überblicksartikel (Heidenreich & Michalak, 2003) und

einer ersten Evaluation von MBSR bei deutschen Patienten (Majumdar, Grossman,

Dietz-Waschkowski, Kersig & Walach, 2002) in Freiburg, konnte sich bisher nur das

Klinikum Essen-Mitte dazu entscheiden, MBSR in die teilstationäre Behandlung zu

integrieren. Seit 2002 wird in Deutschland auch eine von Kabat-Zinn autorisierte

Ausbildung zum MBSR-Trainer angeboten. Es ist nach Kabat-Zinn´s Ansicht von

entscheidender Bedeutung, dass der Kursleiter selbst über mehrjährige Meditations-

und Achtsamkeitspraxis verfügt, um das Konzept richtig vermitteln zu können.

Das Lehren wie auch das Lernen der Achtsamkeitsmeditation erfordert also

einiges an Bemühen und Ausdauer. Er warten Hindernisse, die den Praktizierenden,

der sie nicht reflektiert, leicht und hartnäckig von der Praxis abbringen können

(Meibert, Michalak & Heidenreich, 2006). Die innere Haltung des Meditierenden im

MBSR-Programm ist daher nach Meibert, Michalak und Heidenreich (2006) von

entscheidender Bedeutung. Folgende Eigenschaften sollen im Laufe des Kurses

während der Übungen entwickelt werden: Nicht-Beurteilung, Geduld, „den Geist des

Anfängers bewahren“, Vertrauen, Nicht-Greifen, Akzeptanz, Loslassen.

Nicht-Beurteilung: Das automatische, reflexhafte klassifizieren von Erlebnissen,

auf das wir dann dementsprechend reagieren, soll bewusst gemacht werden. Zunächst

ist das Beurteilen ein normaler Prozess, der jedoch, läuft er unablässig und unbewusst

ab, zu Problemen und Leid führen kann (Shapiro & Schwartz, 1999). Ziel ist also

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zunächst die Bewusstwerdung der unablässig stattfindenden Be- und Verurteilungen

im Geist. Im weiteren Verlauf wird versucht, die Erlebnisse nicht wertend

wahrzunehmen, um ein weiteres Reagieren zu vermindern.

Geduld: Vor allem bei der Meditation ist diese nach Kabat-Zinn (1996) sehr

hilfreich. Anfängliche Schwierigkeiten können nur überwunden werden, wenn dem

Praktizierenden klar wird, dass alles seinen eigenen Rhythmus besitzt und seine

eigene Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Vor allem in der Meditation kann nichts

erzwungen werden.

„Den Geist des Anfängers bewahren“: Mit dem Buch „Zen Geist – Anfänger

Geist“ von Suzuki (1975) meint „Anfänger Geist“ die Fähigkeit, eine offene geistige

Einstellung beizubehalten. Die Menschen und Ereignisse um sich herum nicht durch

Klischees und vorgefertigte Meinungen hindurch wahrzunehmen. „Anfänger Geist“

bedeutet letztendlich den Versuch, alles um sich herum so zu sehen, als wäre es das

erste Mal. Dies gelingt durch die Schulung der Achtsamkeit, in der man erkennt, dass

es tatsächlich kein zweites Mal gibt, in dem man dasselbe Ding oder denselben

Menschen erblickt, da sich alles kontinuierlich wandelt.

Vertrauen: In Momenten, die sicher auf jeden Praktizierenden zukommen, in

denen es kein Vorankommen zu geben scheint, ist es nach Kabat-Zinn (1996) wichtig,

durchzuhalten und Vertrauen in die Praxis zu haben. Auch wenn der Erfolg scheinbar

ausbleibt, oder jede Anstrengung plötzlich sinnlos scheint, gilt es durch vorher bewusst

gesammeltes Vertrauen, dabei zu bleiben, evtl. über solche Gedanken zu meditieren

und sie als notwendige Phase zu akzeptieren.

Nicht-Greifen: Jeder, der mit der Meditation beginnt, hat seine eigenen Ziele

und Motive, bestimmte Erwartungen und Bestrebungen. Nun ist dies zwar verständlich,

da MBSR gerade ja zur Unterstützung von chronischen und schweren Krankheiten

angeboten wurde, dennoch ist es wichtig zu dieser Jagd nach einem bestimmten Ziel

eine gänzlich andere Haltung einzuüben. Paradoxerweise bewirkt Meditation nur dann

etwas, wenn man es schafft, sie absichtslos auszuüben (Kabat-Zinn, 2003). Diese

Tendenz, die sich im Alltag immer wieder manifestiert, nach Dingen oder Erfahrungen

zu greifen, sie an sich binden zu wollen, zu kontrollieren, ist für die Meditation äußerst

hinderlich. Um eine Haltung des Nicht-Greifens zu entwickeln, auch im Hinblick auf ein

angestrebtes Meditationsergebnis, gilt es in der Meditation solche Regungen einfach

zu erkennen und vorüberziehen zu lassen. Es gilt, die Erfahrungen so zu sehen, wie

sie wirklich sind, nicht wie man sie sich vorstellt.

Akzeptanz: Akzeptanz bedeutet, alle Aspekte seiner Selbst und des Erlebens

zunächst anzunehmen, wie sie sind. Gewöhnlich ist es für Menschen schwer, gewisse

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Seiten an der Welt und an sich selbst anzunehmen, insbesondere die unangenehmen

an der Welt, bzw. die schwachen an sich selbst. Erst wenn die Welt anders und

perfekter ist, erst wenn man selbst gewisse Eigenschaften abgelegt hat, dann kann

man sich akzeptieren, so die gängige Herangehensweise (Kabat-Zinn, 1996). Dabei

liegt nach Kabat-Zinn eine Bedingung für Veränderung in der vorherigen Akzeptanz

des betreffenden Zustandes. Verstanden wird Akzeptanz also als Annehmen dessen,

was ohnehin bereits Realität ist, um es ganz und vollkommen wahrzunehmen und

daraus die richtige und hilfreiche Entscheidung oder Reaktion abzuleiten. Akzeptanz

bedeutet also keinesfalls Resignation, sondern ist die notwendige Ausgangsbasis für

fruchtbaren Wandel. So geübt im fortwährenden Betrachten der Geisteszustände

während der Meditation, hilft sie uns auch, mit Umständen umgehen zu können, die

sich nicht ändern lassen (Kabat-Zinn, 1998).

Loslassen: Im Alltag passiert es oft (auch unbemerkt), dass man Erlebnisse,

noch lange nachdem sie vergangen sind, mit sich herumträgt, über sie nachgrübelt, sie

fest hält, obwohl man sie nicht mehr ändern oder zurückholen kann. Diese Beziehung

zu Vergangenem wird Anhaften genannt, und es ist in der Achtsamkeitsmeditation

eines der wichtigsten Ziele, sich dieser automatischen Haltung bewusst zu werden und

sie loszulassen (Kabat-Zinn, 1996). Mit diesen inneren Einstellungen zu den

Erlebnissen werden im Kurs folgende Praktiken und Techniken gelehrt:

„Body-Scan“: Die Teilnehmer legen sich auf eine Matte, der „Body-Scan“ dauert

gewöhnlich 45 Minuten. Das von S.N. Goenka entwickelte „Body-Sweeping“ („Körper-

durchkehren“, siehe Hart, 1996) war hier das Vorbild. Die von Band oder vom MBSR-

Kursleiter gesprochenen Instruktionen führen die Teilnehmer bei den Zehen

beginnend, systematisch durch den gesamten Körper. Die Anweisung besteht darin,

bewusst und gezielt in jeden Abschnitt des Köpers zu hineinzuspüren. Es geht also

nicht darum, an die Körperteile zu denken, sondern die dort entstehenden

Empfindungen zu erfühlen. Kann man keine lokalisieren, so gilt es dieses Nicht-Spüren

wahrzunehmen. Wie oben ausgeführt (2.1.2) ist nach Buddha die Körperbetrachtung

eine der Grundlagen der Achtsamkeit. Für die Kursteilnehmer ist die hier erworbene

Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu lenken, grundlegend für die später gelehrte

Sitzmeditation. Im Body-Scan wird mit fortschreitender Übung ein immer kompletteres

und intensiveres Gewahrsein des eigenen Körpers und seiner mannigfachen

Empfindungen erreicht. Viele Teilnehmer erleben auf diese Weise nebenbei eine

Befreiung von ihrer völligen Entfremdung dem eigenen Körper gegenüber bzw. weiter

Teile von ihm (Hart, 1996; Kabat-Zinn, 1996). Abbildung 1 zeigt die beeindruckende

Steigerung der Selbsteinschätzung des Körpergewahrseins einer Teilnehmerin im

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Zuge eines „Mindfulness-Based-Cognitive-Therapy“-Kurses (MBCT, siehe auch 2.2.5)

über die ersten vier Wochen hinweg.

Abbildung 1: Zunahme des Körpergewahrseins (schraffierte Bereiche) während eines MBCT-Kurses [Abb. aus Cayoun, 2005].

Hatha-Yoga Übungen: Basierend auf dem erlangten Körperbewusstsein werden

vom Kursleiter Köperübungen aus dem Hatha-Yoga eingeführt. In den Bewegungen ist

das Ziel, bewusst die eigenen Grenzen zu spüren, und genau auf die Reaktionen

darauf zu achten („das schaffe ich nie“, „die anderen sind besser“ etc.). Die

Weiterführung des Köpergewahrseins in die Bewegung und die Achtsamkeit auf die

gedanklichen Bewertungsprozesse bilden also den nächsten Schritt.

Sitzmeditation: Die wohl dem westlichen Menschen unvertrauteste Beschäfti-

gung, nämlich die des Nur-Sitzens und Nichts-Erreichen-Wollens macht auch den

Kursteilnehmern zu Beginn die meisten Schwierigkeiten (Meibert, Michalak &

Heidenreich, 2006), ist jedoch Kern der Achtsamkeitsschulung. Die Sitzmeditation wird

daher in ihrer Dauer von 10 Minuten zu Beginn bis auf 40-60 Minuten ausgedehnt. Ziel

ist, die vorher gewählte und festgesetzte Zeitspanne durchzuhalten, egal welche

Gedanken oder Gefühle entstehen und vermeintlich zum Abbruch der Meditation

zwingen. Sie kann entweder auf einem Stuhl oder am Boden auf einem

Meditationskissen erfolgen. Die Körperhaltung ist aufrecht, Kopf, Nacken, Rücken

gerade, die Beine überkreuz (halber oder ganzer sogenannter „Lotussitz“). Dann

beginnt man, sich auf den Atem zu konzentrieren, entweder auf die Bewegungen im

Bauchbereich, die der Atem erzeugt, oder auf die Empfindungen an der Nasenspitze.

Zu Beginn ist es womöglich hilfreich, die Atemzüge zu zählen, um nicht zu schnell

abzudriften. Beim Einatmen „eins“, beim Ausatmen „zwei“. Ist man bei zehn angelangt,

kehrt man zu eins zurück. Früher oder später wird man feststellen, dass der Geist

abschweift, entweder indem man feststellt, dass man über zehn hinausgezählt hat,

oder indem man bei einem Gedanken, Bild, Gefühl, Tagtraum „aufwacht“, d.h. ihn

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bewusst wahrnimmt. Dies ist nun wieder ein Moment der Achtsamkeit, in dem man

bewusst wahrgenommen hat, eben dass man abgedriftet ist, und wo der Geist war. In

diesem Moment beschreibt man kurz den Inhalt des Geistes („Planen“) und kehrt zur

Atembetrachtung zurück. Dies alles soll in der Haltung der Akzeptanz, Geduld und

Nicht-Bewertung der Inhalte geschehen. Ist man nach einiger Zeit geübter, so wird die

Ausdehnung der Aufmerksamkeit von den Atemempfindungen zu den Gefühlen, den

Geräuschen, den Körperempfindungen, zum Kommen und Gehen der Gedanken und

den Gedankeninhalten ausgedehnt. Jeder dieser Schritte ist verbunden mit steigender

Schwierigkeit, sich nicht von den beobachteten Geistesinhalten davontragen zu lassen

und sich nicht mit ihnen zu identifizieren (Kabat-Zinn, 1996). Die Auswirkungen wurden

unter 2.1.2 ausführlich besprochen, und treffen auch hier zu: Je regelmäßiger und

länger praktiziert wird, desto tiefer wird die Auswirkung der Sitzmeditation sein. Nach

Meibert, Michalak und Heidenreich (2006, S. 174) erkennt der „(…) Übende, dass alle

Empfindungen, Gedanken, Gefühle oder inneren Bilder, ebenso wie äußere Objekte

wie z.B. Geräusche oder Gerüche dem gleichen Prozess der Vergänglichkeit unter-

liegen. Auch erkennt man, dass dieser Wandlungsprozess sowohl bei angenehmen als

auch bei unangenehmen Erfahrungen stattfindet, also dass sich z.B. auch Schmerzen,

unangenehme Gefühle wie Wut oder Trauer oder negative Gedanken verändern und

dass nichts so bleibt, wie es ist. Durch die Haltung des Nicht-Greifens können wir mit

der Zeit neue Sichtweisen über unsere automatisch ablaufenden Reaktionen und

Verhaltensmuster entwickeln und erkennen, dass sowohl angenehme als auch

unangenehme Erfahrungen gleichbedeutend sind und zum Leben gehören. Diese

Erkenntnis, in der Tiefe erfasst, kann uns zu mehr Gleichmut, Klarheit und kreativen

Handlungsmöglichkeiten führen.“

Gehmeditation: Die hier erworbene Fähigkeit, bei den Bewegungen unseres

Körpers mit Achtsamkeit anwesend zu sein, lässt sich gut in den Alltag integrieren. Da

der Körper immer da ist, ist er ein gutes Vehikel, um sich durch seine Betrachtung im

Hier und Jetzt zu verankern. Bei der Gehmeditation werden die Muskelbewegungen

sehr langsam und bewusst ausgeführt, und achtsam auf den Wandel der Körper-

empfindungen in den Füßen und Beinen geachtet. Das Gehen wird ohne Ziel

ausgeführt, lediglich der gegenwärtige Moment wird wahrgenommen.

Informelle Übungen: Damit der Transfer in den Alltag gelingt, werden

Anleitungen gegeben, wie bei den verschiedensten kleinen Alltagshandlungen Acht-

samkeit praktiziert werden kann: Beim Warten an der roten Ampel, beim Abwaschen,

beim Zähneputzen, beim Kochen und beim Essen. So wird die Achtsamkeit immer

mehr Haltung und Unterstützung im Leben und hilft, die schönen Dinge klarer

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wahrzunehmen und sie mehr genießen zu können, und mit den unangenehmen

Dingen weniger kämpfen zu müssen (Kabat-Zinn, 1994).

Alle gelehrten Techniken sind Bestandteil buddhistischer Achtsamkeitspraxis

(Hanh, 1976), bzw. von ihr entlehnt (mit Ausnahme der Yoga-Körperübungen). Die

Probanden dieser Studie haben also mit allen Praktiken Erfahrungen gemacht.

2.2.5 Weiterentwicklungen, Anwendungsbereiche und Ergebnisse

klinischer Studien

Das oben vorgestellte MBSR-Programm, dessen Erfolge bei Patienten mit chronischen

Schmerzen, Stress, und unheilbaren Krankheiten (z.B. Krebs), und erste empirische

Wirkungsnachweise (Kabat-Zinn, 1982; siehe auch weiter unten) führten im weiteren

Verlauf in den USA zu einem anschwellenden Interesse vor allem der kognitiv-

behavioral orientierten Verhaltensmedizin und Psychotherapie (Baer & Krietemeyer,

2006; Campos, 2002; Hayes, Follette & Linehan, 2004; Hayes et al., 2004; Lau &

McMain, 2005). Aus dem Gerüst des MBSR-Programms wurde eine Intervention zur

Behandlung von klinischen Depressionen (die oben erwähnte MBCT) und zur

Rückfallprophylaxe entwickelt (Ma & Teasdale, 2004; Ramel, Goldin, Carmona &

McQuaid, 2004; Teasdale, 1999). Auch in der so genannten DBT („Dialektisch-

Behaviorale-Therapie“) zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist

Achtsamkeit als tragendes Konzept mit eingegangen (Koerner & Linehan, 2000;

Linehan, 1993, 1994; Robins, 2002). Die ACT („Acceptance and Commitment

Therapy“), die zur Anwendung kommt bei einer breiten Palette von psychopatho-

logischen Störungsbildern bis hin zu verringerter Lebenslust, hat Achtsamkeit als

Behandlungskomponente ebenso integriert (Hayes, Luoma, Bond, Masuda & Lillis,

2006). Auch in der Behandlung der generalisierten Angststörung („GAD“) werden neue

Programme entwickelt, die Achtsamkeit unterstützend einsetzen (Roemer & Orsillo,

2002; Wells, 2002). Schwartz, Gulliford, Stier & Thienemann (in press) beschreiben in

einem Beitrag im „Psychospiritual Clinician´s Handbook“ die Möglichkeiten,

Achtsamkeit bei Zwangsstörungen erfolgreich einzusetzen. Des Weiteren werden

Einsatzmöglichkeiten von Achtsamkeit im Rahmen der rational-emotiven Behandlung

(Christopher, 2003) von posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen

Traumatisierungen diskutiert (Follette, Palm & Pearson, 2006). Luise Reddemann, eine

Psychoanalytikerin, wendet Achtsamkeitstechniken bereits in der von ihr begründeten

„Psychodynamisch Imaginativen Trauma Therapie“ an (Reddemann, 2006; Redde-

mann, Engl & Lücke, 2006).

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In den erwähnten drei Überblicksartikeln zur Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter

Interventionen (Baer, 2003; Bishop, 2002; Grossman et al., 2004) sind die Ergebnisse

aller bis dahin publizierten und methodisch verwertbaren Studien zusammengefasst

und analysiert. Für eine ausführliche Diskussion der nachfolgend berichteten Resultate

wird auf diese Meta-Analysen verwiesen. Dort werden trotz methodenkritischer

Anmerkungen zu einigen Studien (z.B. fehlende Kontrollgruppen) insgesamt viel

versprechende Befunde referiert, welche die Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter

Ansätze hinsichtlich der Reduktion physiologischer und psychologischer Symptome bei

allen untersuchten Störungsbildern stützen (siehe auch Germer, Siegel & Fulton, 2005;

Lazar, 2005):

Einer der ersten Bereiche, in dem MBSR eingesetzt wurde, war die Behandlung

von chronischen Schmerzen. Die erzielten Verbesserungen in der Schmerzreduktion

und im psychischen Wohlbefinden konnten auch noch in Follow-Up Untersuchungen

nachgewiesen werden. Eingesetzt und evaluiert wurde MBSR auch zur Behandlung

der psychischen Belastungen bei medizinischen Erkrankungen wie z.B. Diabetes,

Krebs, Multiple Sklerose, Schuppenflechte, Erkrankung der Herzkranzgefäße,

Prostatakrebs, Fibromyalgie (chronische Erkrankung, geht einher mit u.a. Schmerzen

des Bewegungsapparates). Hier konnten der erlebte Stress und die mit der Krankheit

einhergehenden Stimmungseinbußen signifikant reduziert werden bzw. der Umgang

mit der Erkrankung verbessert werden. Im Bereich der psychischen Störungen wurden

signifikante Erfolge berichtet beim Einsatz von MBSR bei Angststörungen, Panik, bei

Zwängen und auch Persönlichkeitsstörungen. Die erzielten Verbesserungen konnten in

3-Monats- bzw. 3-Jahres-Follow-Up Untersuchungen bestätigt werden. Bei Ess-

störungen wurde durch den Einsatz des MBSR-Programms die Frequenz der

Essattacken reduziert, auch Körperschema-Störungen sind Ziel achtsamkeitsbasierter

Verfahren (Stewart, 2004). Die Untersuchungen der MBCT ergaben, dass die

Wahrscheinlichkeit, innerhalb von einem Jahr nach Abklingen der Depression einen

Rückfall zu erleiden (also eine erneute Episode einer Major Depression), im Vergleich

zur gewöhnlichen Behandlung um mehr als die Hälfte sank. Auch in einer Reihe von

Studien mit nicht erkrankten Probanden zeigte sich eine signifikante Verbesserung des

Wohlbefindens, des Stressniveaus und der Lebensqualität (z.B. Oman, Shapiro,

Thoresen, Plante & Flinder, 2006). Bei vielen Studien wurde bei Nachbefragungen

gefunden, dass die Probanden aus eigenem Antrieb noch lange nach der Intervention

weiter praktizierten. Bei der Entwöhnung von Substanz-, Alkohol- oder Nikotinab-

hängigkeit werden mittlerweile auch Ansätze zur Integration von Achtsamkeit vorgelegt

(Breslin, Zack & McMain, 2002; Leigh, Bowen & Marlatt, 2005). Ein kommendes

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Einsatzgebiet von MBSR-Interventionen scheint das Stressmanagement von Klinik-

und Pflegepersonal sowie der Therapeuten selbst zu sein. Hier finden sich einige erste

Studien, die Verbesserungen des Umgangs mit durch die Arbeit erzeugten Belastun-

gen belegen (z.B. Epstein-Lubow, Miller & McBee, 2006). Der Einsatz achtsamkeits-

basierter Interventionen bei Psychosen scheint bisher eher kontraindiziert (siehe dazu

Chadwick, 2005; „Melbourne Academic Mindfulness Interest Group“, 2006).

2.2.6 Konstruktdefinition und Forschung zu den vermuteten

Wirkmechanismen

Dem oben (2.2.5) skizzierten Bereich der Achtsamkeitsforschung, der

Therapieevaluation, ist die überwiegende Mehrzahl aller publizierten Arbeiten

zuzuordnen. Die Analyse und Erforschung der Wirkmechanismen hat im Vergleich

dazu bislang wesentlich weniger Ergebnisse produziert (Shapiro et al., 2006), da sie

nach Meinung der „Melbourne Academic Mindfulness Interest Group“ (2006) vor

größeren konzeptionellen Herausforderungen steht. Explizite kognitionspsychologische

oder neurowissenschaftliche Prozessmodelle wurden bisher noch nicht formuliert. Auf

der Konstruktdefinition fußend, die von einer Gruppe von Achtsamkeitsforschern

proklamiert wurde, sollen einige theoretische Ansätze zu möglichen Wirkmechanismen

vorgestellt werden, aus denen sich die in dieser Arbeit formulierten Hypothesen

ableiten lassen. Sodann werden erste Forschungsergebnisse in diesem Bereich

diskutiert.

John Kabat-Zinn prägte die oft zitierte Beschreibung von Achtsamkeit als

„paying attention in a particular way: on purpose, in the present moment, and

nonjudgementally“ (Kabat-Zinn, 1994, S. 4). Da dieses Zitat alleine lange die Basis für

die Diskussion über das Konstrukt Achtsamkeit war, machte sich im Jahr 2004 eine

Gruppe Achtsamkeitsforscher in dem Artikel „Mindfulness: A Proposed Operational

Definition“ daran, das Konstrukt operational zu definieren, um der sich entwickelnden,

vielfältigen Forschungstätigkeit einen wissenschaftlicheren Rahmen zu geben (Bishop

et al., 2004). Dieser erste Definitionsversuch schlägt ein Zwei-Komponenten-Modell

der Achtsamkeit vor, die explizit als mentales Training und nicht als Entspannungs-

verfahren oder Technik zur Stimmungsmanipulation verstanden wird (Bishop et al.,

2004, S. 231). Die Autoren stufen Achtsamkeit als psychologischen Prozess, nämlich

als „metakognitive Fähigkeit“ ein: Als Kognition über die eigenen Kognitionen (siehe

auch Sugiura, 2004). Bestandteile von Metakognition sind laut Bishop et al. (2004)

sowohl Überwachung als auch gegebenenfalls Kontrolle von Vorgängen. Diese Sicht

der Autorengruppe auf Achtsamkeit als metakognitive Fähigkeit wird von den Autoren

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Brown und Ryan (2004) nicht geteilt. Deren Gegenargument lautet: Achtsamkeit, als

Eigenschaft bewussten Erlebens, kann nicht auf Inhalte des Bewusstseins (wie

Kognitionen, Emotionen, Sinneswahrnehmungen, als auch Metakognitionen, die

letztlich ebenfalls Kognitionen sind) reduziert werden, da sie all diese Vorgänge

erfassen und darauf angewendet werden kann, und daher nicht mit ihnen gleichsetzbar

sein kann. Brown und Ryan, (2004, S. 243) dazu: „Simply put, if mindfulness involves

observing thought, including thoughts about thoughts, it cannot be thought.” Diese

Unstimmigkeit mag sich evtl. durch die uneindeutige Begriffsverwendung beider

Autorengruppen erklären: Die von Bishop et al. (2004) intendierte Sicht auf Achtsam-

keit als metakognitive Fähigkeit des Bewusstseins wird in dem Begriff Meta-Kognition

nicht adäquat erfasst, da eine Kognition distinkt ist von einer Fähigkeit, Bewusst-

seinsinhalte wie z.B. Gedanken zu erfassen und wahrzunehmen.

Die Komponenten der Definition von Bishop et al. (2004) lauten nun:

(1.) Aufrechterhaltung, bewusste Lenkung bzw. Regulierung von Aufmerksamkeit, so

dass das gegenwärtige Erleben in deren Fokus bleibt bzw. wieder gelangt, nachdem

ein Abdriften bemerkt worden ist. (2.) Eine auf das Erleben gerichtete Haltung, die

gekennzeichnet ist durch Akzeptanz, Neugier, Offenheit und Nicht-Bewertung. Diese

beiden Komponenten sollen, Bishop et al. (2004) folgend, genauer beleuchtet und

deren Effekte, auch im Hinblick auf die in dieser Arbeit aufgestellten Hypothesen,

herausgestellt werden:

Zu (1.) Aufmerksamkeit: Die bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf das

gegenwärtige Erleben, meist mithilfe der Verankerung am Atem, erfordert alsdann die

Entwicklung der Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit auf diesem Fokus

über einen längeren Zeitraum („sustained attention“, Bishop et al., 2004, S. 232).

Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit meint die Fähigkeit, über einen längeren

Zeitraum bewusst, wach und aufnahmebereit zu bleiben, und nicht unwillentlich auf

andere Objekte (auch mentale) hin abgelenkt zu werden (Bishop et al., 2004; Posner,

1980). Wird dieses Abdriften der Aufmerksamkeit bemerkt (dies wäre dann wiederum

ein Moment der Achtsamkeit, siehe Kabat-Zinn, 1994), so erfordert dies die erneute

Aufmerksamkeitsregulierung oder -lenkung zurück auf die Gegenwart, meist verankert

in der Beobachtung der Empfindungen beim Atmen. Wenn die Praxiserfahrung

fortgeschrittener ist, wird nach bemerktem Abdriften die Aufmerksamkeit wieder

zurückgelenkt auf die bloße Wahrnehmung aller Inhalte des Bewusstseinsstroms,

insofern die Fähigkeit erworben wurde, sich (die Aufmerksamkeit) nicht mehr von

diesen Inhalten mitreißen oder davontragen zulassen (siehe zur Diskussion dieser

beiden Stufen der Achtsamkeitsmeditation Brown und Ryan, 2004). Diese Aufmerk-

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samkeitslenkung („attention switching“, Bishop et al., 2004, S. 232) ist eine Fähigkeit,

die der Anstrengung und Übung bedarf (Posner, 1980; Posner & Rothbart, 1992).

Folglich sollte sich Achtsamkeitspraxis in wachsender Fähigkeit zur Aufmerksamkeit-

saufrechterhaltung und -lenkung niederschlagen (Bishop et al., 2004). Die erwarteten

Effekte dieser Praxis werden beschrieben als „(…) a feeling of being very alert to what

is occurring in the here-and-now. (…), a feeling of being fully present and alive in the

moment” (Bishop et al., 2004, S. 232; siehe dazu auch die Ergebnisse von Brown,

Forte und Dysart, 1984a, 1994b; sowie von Easterlin und Cardena, 1999; und Forte,

Brown und Dysart, 1987). Diese steigende Wirksamkeit der Aufmerksamkeitsregulation

fördert nach Bishop et al. (2004) die Fähigkeit zur Hemmung oder besser Unterlassung

von nachfolgenden, elaborierenden kognitiven Prozessen über die vorher erfassten

Bewusstseinsinhalte („inhibition of elaborative processing“; Bishop et al., 2004, S. 233).

Die bloße, direkte und achtsame Wahrnehmung der sich wandelnden Bewusstseins-

inhalte ermöglicht es also, sich immer seltener unmerklich in grübelnde, verwickelte,

weiterführende Assoziationen über Herkunft, Grund, Implikationen oder Inhalt der

Erfahrungen zu verstricken: „Note that mindfulness is not a practice in thought

suppression; all thoughts or events are considered an object of observation, not a

distraction. However, once acknowledged, attention is directed back to the breath,

thereby preventing further elaboration. This is thought to inhibit secondary elaborative

processing of the thoughts, feelings, and sensations that arise in the stream of

consciousness. Thus, mindfulness practices are though to be associated with

improvements in cognitive inhibition, particularly at the level of stimulus selection”

(Bishop et al., 2004, S. 233). Die Autoren argumentieren nun, dass die durch diese

Hemmung freiwerdende Aufmerksamkeit (deren insgesamte Größe begrenzt ist)

wiederum zur Verfügung steht, um in die Wahrnehmung des gegenwärtigen Erlebens

miteinzufließen und so etwaige ansonsten nicht bewusst verarbeitete Aspekte davon

zu erfassen. Achtsamkeitspraxis sollte also in einer größeren kognitiven Verarbeitungs-

tiefe und -breite resultieren, subjektiv in einer weiteren, umfassenderen Perspektive auf

das gegenwärtige bewusste Erleben (Bishop et al., 2004). Eine weitere wichtige

Schlussfolgerung betrifft die Realitätsbezogenheit, also die Wirklichkeitsnähe der

Wahrnehmung, die nach Bishop et al. (2004) mit steigender Achtsamkeitspraxis zu-

nehmen sollte, da immer weniger Vorannahmen, Erwartungen und Bewertungen die

gegenwärtige Wahrnehmung gleichsam „filtern“ würden (Bishop et al., 2004; S. 233).

Dies ist vor allem im Hinblick auf eine Forschungstradition interessant, die sich mit dem

Einfluss der Informationsverarbeitung und Wahrnehmung, bzw. deren Verzerrungen,

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auf die individuellen und gesellschaftlichen Konstruktionen von Wirklichkeit befasst

(z.B. Berger & Luckmann, 1970; Watzlawick, 1996).

Zu (2.) Haltung dem Erleben gegenüber: Als zweite Komponente des

Konstruktes Achtsamkeit definieren Bishop et al. (2004) eine bestimmte Haltung und

Einstellung gegenüber den im Bewusstsein auftauchenden und erfassten Erfahrungen.

Auch hier sprechen die Autoren von aktiven und bewussten Willensentscheidungen

(Bishop et al., 2004; S. 233), diese Haltung einzunehmen und vor allem während der

formellen Meditationspraxis, aber auch während des Alltags aufrechtzuerhalten und

immer wieder herzustellen. Diese Haltung ist gekennzeichnet durch Offenheit,

Neugierde und Akzeptanz. „Acceptance is defined as being experientially open to the

reality of the present moment. (…) it involves a conscious decision to abandon one’s

agenda to have a different experience and an active process of ‘allowing’ current

thoughts, feelings and sensations. (…) thus mindfulness can be conceptualized as a

process of relating openly with experience” (Bishop et al., 2004, S. 233). Brown und

Ryan (2004) weisen diese zweite Komponente zurück, da es ihrer Auffassung nach

unmöglich ist, Erlebnissen die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden (die erste

Komponente, die sie gelten lassen), die man nicht akzeptiert, da man in solch einem

Fall, immer und automatisch die Aufmerksamkeit ablenken würde: Sie zitieren Tolle

(1999, S. 56) mit „In giving fullest attention to whatever the present moment presents

(…), implies that you also completely accept what is, because you cannot give your full

attention to something, and at the same time resist it“. Sie verstehen die Zweite somit

als genuinen Bestandteil der ersten Komponente. Bishop et al. (2004) leiten einige

wichtige Vorhersagen aus dieser zweiten Komponente ab, die zur Fundierung der in

dieser Arbeit aufgestellten Hypothesen angeführt werden: Aufgrund der Akzeptanz und

Offenheit gegenüber Erfahrungen prognostizieren die Autoren mit zunehmender Praxis

eine Reduktion in kognitiven und behavioralen Strategien, die dazu dienen, gewisse

Aspekte der erlebten Erfahrungen zu vermeiden oder zu verdrängen. „First, adopting a

stance of curiosity and acceptance should lead to reductions in the use of cognitive and

behavioral strategies to avoid aspects of experience.” (Bishop et al., 2004, S. 233).

Diese Vorhersage stützt direkt die unter Gliederungspunkt 2.6 formulierte Hypothese

4a der Reduktion von Vermeidungsverhalten während des Experimentes. Der zweite

Teil der Hypothese, der eine mit der Praxis steigende Affekttoleranz vermutet (4b), wird

von Bishop und Kollegen einige Zeilen darunter wörtlich untermauert: „In essence,

emotional distress would be experienced as less unpleasent and threatening, since the

context of acceptance changes their subjective meaning. This would likely lead to

improved affect tolerance, which can be measured (…) (Bishop et al., 2004, S. 234).

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Affekttoleranz ist nach Bonanno (2001) ein wichtiger Faktor mentaler Gesundheit, denn

„the shift of awareness away from distressing emotion has traditionally been viewed as

a form of maladaptive denial“ (S. 263). Die in der Achtsamkeitsmeditation angestrebte

Einsicht in die Natur der geistigen und emotionalen Vorgänge führt Bishop et al. (2004)

folgend im Verlaufe der Praxis zu einer steigenden kognitiven und emotionalen

Komplexität, d.h. auch Unterscheidungsfähigkeit zwischen den einzelnen mentalen

Vorgängen (Kognitionen, Körperwahrnehmungen, Gefühle), deren Bedeutung, wie sie

einander und unser Verhalten bedingen, und miteinander verknüpft sind. Ein weiteres

Ergebnis ist eine feiner auflösende Wahrnehmung sowie höheres emotionales

Gewahrsein. „Thus mindfulness would be correlated positively with measures of

emotional awareness (…)” (Bishop et al., 2004, S. 234). Brown und Ryan (2003, S.

823) formulieren: „Further, by adding clarity and vividness to experience, mindfulness

may also contribute to well-being and happiness in a direct way“. Nielsen und Kaszniak

(2006) schreiben dazu: „(…) years of training attention on the physiological and

affective properties of emotional consciousness during meditation may result in

heightened discrimination of emotional phenomenology in everyday life. Indeed, long-

term Buddhist meditators have been described as possessing enhanced emotional

awareness and improved emotional regulatory abilities“ (S. 393). Dies wird als

Ausgangspunkt für die unter 2.6 aufgestellte Hypothesen 1a und 1b gesehen, in der

vermutet wird, dass mit zunehmender Achtsamkeitspraxis die Intensität der subjektiv

erlebten Emotionen steigt und diese zunehmend deutlicher erlebt werden: „(…)

emotions are encountered in all of their force (…)“ (Hayes & Feldman, 2004, S. 258).

Nielsen und Kaszniak (2006) formulieren dies ebenfalls in ihrer Arbeit: „We

hypothesized that meditation may influence self-reported emotional awareness“ (S.

393). Ihre Ergebnisse stützen dies: „Meditators rated themselves higher than controls

in emotional clarity – the ability to accurately discriminate among and label one’s

feeling states – and length of meditation practice was positively correlated with clarity

score” (S. 402). Achtsamkeit lehrt den Übenden, sich seiner Gefühle (auch der

unangenehmen) bewusster zu werden, sie intensiver wahrzunehmen, und sich ihnen

zu öffnen, anstatt sie zu vermeiden. Dies gelinge durch die Erfahrung derselben als

vorübergehend, sich wandelnd und vergänglich, wodurch die Unangenehmen nicht

mehr angsteinflößend sein müssten und die Positiven mehr genossen würden (Bishop

et al., 2004; Kabat-Zinn, 2005). Erste empirische Ergebnisse von Hayes und Feldman

(2004) unter Einsatz von Fragebögen bestätigten diese Vermutung: Das Ausmaß an

Achtsamkeit war korreliert mit einem klareren Erleben von Gefühlen. Bishop et al.

(2004) nehmen des Weiteren an, dass mit zunehmender Praxis die Wahrnehmung und

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Beschreibung von Gedanken und Gefühlen eher als fließende und vorübergehende

Erscheinungen, denn als einem Selbst innewohnende Aspekte oder valide

Widerspiegelungen der Realität zunimmt. „Mindfulness would likely be associated with

more complex descriptions of one’s thoughts as contextual, relativistic, transient, and

subjective” (Bishop et al., 2004, S. 234). Die Autoren fassen zusammen, dass

Achtsamkeit darauf abzielt, mit den subjektiven Erfahrungen in Kontakt zu kommen, so

dass man damit effektiver umgehen und psychopathologie-fördernde Vermeidungs-

strategien fallen lassen kann (siehe dazu auch Eifert und Heffner, 2003; Hayes &

Shenk, 2004; Hayes & Wilson, 2003). „The approach thus focuses on altering the

impact of, and the response to, thoughts, feelings, and sensations” (Bishop et al., 2004,

S. 237, Hervorhebungen im Original). „This would be expected to improve affect

tolerance and decreased reactivity in the presence of emotional states“ (Bishop, 2002,

S. 75). Dazu Baer (2003, S. 129): „This experience eventually leads to the extinction of

fear responses and avoidance behaviors previously elicited by these stimuli“. Und

weiter: „Thus the experience of mindfulness could lead to experience of pain

sensations without excessive reactivity“ (Baer, 2003, S. 128). Dies wiederum ist ein

zentraler Punkt für die in 2.6 aufgestellt Hypothese 3.2, in welcher eine Abnahme von

motivationaler Reaktivität (Aversion oder Gier) auf das Erleben von Gefühlen hin

postuliert wird. Entscheidend ist, dass mit steigender Praxis die Gefühle bewusster

erlebt werden, die Reaktivität darauf hin aber abnehmen sollte: „With repeated

practice, mindfulness allows the participant to develop the ability to calmly step back

from thoughts and feelings during stressful situations, rather than engaging in anxious

worry or other negative-thinking patterns that might otherwise escalate a cycle of stress

reactivity and contribute to heightened distress” (Bishop, 2002, S. 72). Diese

Verhinderung einer auf negative Gefühle hin eskalierenden Stress-Reaktivität sollte

den in 2.6 aufgestellten Hypothesen 2 und 4b entsprechende empirische Ergebnisse

zeitigen. Dort wird ein schnellerer Abfall der emotionalen Reaktionen postuliert, sowie

eine geringere Erschöpfung nach der Teilnahme an dem im Rahmen dieser Arbeit

durchgeführten, stress-induzierenden Experiment, das eine Vielzahl emotional negativ

valenter Stimuli darbietet. Hayes und Feldman (2004, S. 256) legen diese Hypothesen

explizit nahe, indem sie vermuten: „(mindfulness, Anm. d. Verfassers) decreases

emotional reactivity and facilitates a return to baseline after reactivity“.

Von anderen Autoren wurden weitere Wirkmechanismen und Effekte in

Betracht gezogen: U.a. Baer (2003), Hayes und Feldman (2004), Roemer und Orsillo

(2003) sowie auch Shapiro et al. (2006) vermuten in den beiden Komponenten der

Definition das Wirkprinzip von Expositionstherapien (siehe Reinecker, 1999) quasi

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miteingebaut. Indem man sich dem aversiven Erleben stellt und keine Vermeidungs-

strategien anwendet, werden im Laufe der Zeit aufgrund von Desensibilisierung die

Stressreaktionen auf das Erleben hin abnehmen. Shapiro et al. (2006) legen ein Modell

vor, dass auf den beschriebenen Komponenten aufbauend einen Meta-Mechanismus,

genannt „Reperceiving“ postuliert, der vier Mechanismen umfasst: Selbst-Regulation,

Werte-Kongruenz, kognitive, emotionale und Verhaltens-Flexibiliät, und die eben

angesprochene Exposition. Die Autoren betonen als zentralen Mechanismus das

reperceiving, das sie als fundamentalen Perspektivwechsel und Desidentifiktation des

Wahrnehmungsvorgangs von seinen Inhalten beschreiben. Die Natur des Perspektiv-

wechsels beschreiben sie als: „(…) a rotation in consciousness in which what was

previously „subject“ becomes „object“” (Shapiro et al., 2006, S. 378). Mit der wissen-

schaftlichen Entwicklungspsychologie (Kegan, 1986) argumentieren sie, dass dies ein

Prozess sei, der sich von der Geburt des Säuglings an durch verschiedene Stadien

ziehe und in der Achtsamkeit seine logische Weiterführung finde. Eine ähnliche Sicht

wird übrigens von der Arbeitsgruppe um Peter Fonagy und Mary Target vertreten

(Fonagy & Target, 2006; Fonagy et al., 2004): In deren neuestem Buch, das in einer

einzigartigen Weise interdisziplinäre Befunde aus Neurowissenschaften,

Kognitionspsychologie, Entwicklungspsycholgie, Bindungsforschung, Säuglings-

forschung und Psychoanalyse integriert, bezeichnen sie diesen Vorgang als

„Mentalisierung“. Aufgrund der Komplexität und Fülle ihrer Theorie wird dazu auf das

Buch „Psychoanalyse und die Psychopathologie der Entwicklung“ verwiesen. Dieses

Objektivieren von Bewusstseinsinhalten ermöglicht die Desidentifikation von ihnen, die

zu einer abnehmenden Determiniertheit von diesen Inhalten führt. „We also begin to

stand back from (witness) our “story” about who and what we ultimately are. Through

this change in perspective, identity begins to shift from the contents of awareness to

awareness itself“ (Shapiro et al., 2006, S. 379). „Reperceiving” wird von den Autoren

streng von einem falschen Verständnis von Distanziertheit oder Gleichgültigkeit

differenziert: „Through this process we are actually able to connect more intimately with

our moment-to-moment experience, allowing it to rise and fall naturally with a sense of

non-attachment. We experience what is instead of a commentary or story about what

is. Therefore, reperceiving, in this hypothesized model, does not create apathy or

indifference, but instead allows one to experience greater richness, texture, and depth

(…)” (Shapiro et al., 2006, S. 379). Auch hier findet sich also Unterstützung für die in

dieser Arbeit aufgestellte Hypothese der steigenden Intensität subjektiver Gefühls-

wahrnehmung (siehe 2.6, Hypothesen 1a und 1b). Achtsamkeitspraxis lässt sich damit

von psychologischen Konstrukten wie „experiential avoidance“ (Sloan, 2003) und

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„emotional avoidance“ (Feldner, Zvolensky, Eifert & Spira, 2002) abgrenzen, welche

ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf das Erleben von vor allem aversiven

Emotionen charakterisiert: „This construct has been operationalized as an indiviual´s

unwillingness to experience feelings, physiologial sensations, and thoughts, especially

those that are negatively evaluated (e.g. fear), as well as attempts to alter the form or

frequency of these events and the contexts that occasion them“ (Sloan, 2003, S. 1257).

„Experiential avoidance“ wird von Hayes et al. (2006) und Sloan (2003) als ein

entscheidendes Kriterium bei der Entstehung und Aufrechterhaltung psychopatholo-

gischer Erkrankungen eingestuft. Eine zentrale Erfahrung ist hierbei: „(…) psycho-

logical problems are not the results of the thoughts or feelings themselves, but rather

these problems are the results of the attempts to suppress, and control such unwanted

private events (Sloan, 2003, S. 1258). Abermals schließt sich an dieser Stelle der Kreis

zur psychodynamischen Erklärung neurotischer Störungen (Mentzos, 2000).

Interessant sind die Befunde von Feldner et al. (2002), die experimentell herausstellen

konnten, dass Personen, welche hoch auf dem Konstrukt „experiental avoidance“

laden, mehr selbstberichteten negativen Affekt auf aversive Stimuli präsentieren, wobei

sich deren psychophysiologische Emotions-korrelate jedoch nicht von den Kontroll-

Probanden unterscheiden. Die „high-experiential-avoiders“ scheinen also mehr Angst

vor der selben physiologischen Erregung zu entwickeln, sie als stresshafter und

weniger bewältigbar zu erleben, was eine mögliche Erklärungen für die Entstehung von

Panik- und Angststörungen darstellen könnte (Feldner et al., 2002; Hayes, Wilson,

Gifford, Follette & Strosahl, 1996). Feldner et al. (2002) grenzen Achtsamkeit davon

ab, indem sie bei Achtsamkeit aufgrund der gesunkenen Angst und Reaktivität sowie

der gesteigerten Selbstwirksamkeitserfahrung geringere physiologische Reaktivität bei

mindestens gleichstarken Gefühlen erwarten. Eine weitere wichtige Abgrenzung des

Konstruktes Achtsamkeit wird in Kapitel 2.4 vorgenommen; dort wird herausgestellt,

dass ebenfalls der viel diskutierte Emotionsregulationsmechanismus der „Neu-

bewertung“ (engl. „reappraisal“) nicht mit der Achtsamkeitspraxis gleichzusetzen ist: Er

beeinhaltet eine Uminterpretation von emotionalen Stimuli, mit dem Ziel, sie auf die

Neubewertung hin nicht mehr als aversiv zu erleben (Kalisch et al., 2005). Im Prinzip

also eine Form der Beseitigung des negativen Affektes (auch „detachment“,

„disengagement“, „dissociation“ oder „isolation“ genannt, siehe Kalisch et al., 2005).

Nach Shapiro et al. (2006) beinhalten die vier von „Reperceiving“ umfassten

Mechanismen: a) Exposition, b) Werte-Kongruenz, c) kognitive, emotionale und

Verhaltens-Flexibilität, d) besseres Selbstmanagement und effizientere Selbst-

Regulation, womit eine steigende Fähigkeit zur Anpassung und Funktionsstabilität

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gemeint ist. Dies wird laut Shapiro et al. (2006) erreicht durch einen besseren Zugang

zu den funktionalen Aspekten und Informationen der erfassten Emotionen, da aufgrund

der Affekttoleranz weniger vermieden und irgnoriert wird. Die funktionalen Aspekte

werden von Bradley und Lang (2000) als die in den emotionalen Zuständen trans-

portierten Informationen bezeichnet, die für eine adaptive Anpassung des Organismus

an die sich wechselnde Umgebung hilfreich und notwendig sind. Werte-Kongruenz

meint, dass durch das steigende Gewahrsein immer leichter die eigentlichen

persönlichen Werte in die Handlungen einfließen können, da immer seltener auto-

matisch, reflexhaft, und dadurch evtl. nicht hilfreich oder wertekongruent reagiert wird

(Shapiro et al., 2006). Kognitive, emotionale und Verhaltens-Flexibilität bezieht sich auf

den eben erwähnten Abbau reflexhafter, konditionierter Reaktionen auf inneres

Erleben. Durch diesen Zuwachs an Freiheitsgraden ist es immer mehr möglich,

bewusst und flexibel zu handeln. Exposition, der letzte der vier Mechanismen wurde

bereits weiter oben besprochen. Dieser Zuwachs an Freiheit führt laut Shapiro et al.

(2006) zu dem Phänomen, dass selbst sehr starke Gefühle ohne übermäßige

Reaktivität daraufhin erlebt werden können: „(Mindfulness, Anm. des Verfassers) (…)

enables a person to experience even very strong emotions with greater objectivity and

less reactivity“ (Shapiro et al., 2006, S. 381). Daraus lässt sich eine Dissoziation der

Komponenten der emotionalen Reaktion ableiten: Auf ein starkes Gefühl wird aufgrund

der sicheren Verwurzelung in der Achtsamkeit immer weniger mit ausgedehnter

emotionaler (physiologischer / motivationaler) Reaktivität geantwortet. Genau dies wird

in den in dieser Arbeit aufgestellten Hypothesen 3.1 und 3.2 postuliert (siehe Abschnitt

2.6). Diese fortschreitende Entwicklung durch die Achtsamkeitspraxis lässt sich in

Verbindung setzen mit dem psychosomatischen Konzept der „Desomatisierung“ von M.

Schur (in Hoffmann & Hochapfel, 2004): Er vertritt in seinem psychoanalytisch

orientierten Modell der Entstehung psychosomatischer Erkrankungen die Ansicht, dass

es der fortlaufende Reifungsprozess der ausdifferenzierenden Ich-Entwicklung von

Geburt an immer mehr ermöglicht, dass Emotionen zunehmend psychisch reprä-

sentiert werden und immer weniger unkoordiniert, unbewusst und somatisch (siehe

dazu auch Holodynski & Friedlmeier, 2005).

Von Cayoun (2005) wurde ein Modell vorgestellt, das die Veränderungen nach

Achtsamkeitsinterventionen mithilfe der Begriffe „embodied cognition“ und „co-

emergence model of reinforcement“ beschreibt. „Embodied cognition“ ist eine

Sichtweise auf die Bedeutung der Interaktion von Gedanken und Körperempfindungen

für die emotionale Reaktivität: „(…) whereby the continuous interaction of thoughts and

body sensations play a central role in emotional reactivity and the reinforcement of

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psychopathology“ (Cayoun, 2005, S. 1). Diese Rolle wird im „co-emergence model of

reinforcement“ veranschaulicht (Abbildung 2):

Abbildung 2: Funktionale Komponenten des „Co-Emergence Model of Reinforcement“ von Cayoun [Abb. aus Cayoun, 2005].

Cayoun beschreibt das Modell folgendermaßen: „Within a few hundred milliseconds,

the stimulus is perceived, evaluated according to past experiences, needs, personality,

expectation, values, etc, leading to the manifestation of body sensations to which one

may react with a learned response when these reach a sufficient level of intensity.

Reactions tend to occur even though body sensations may remain below awareness

level, i.e., in absence of arousal” (Cayoun, 2005, S. 2). Dies stellt die normale

Funktionsweise des gesunden Organismus dar. Die Aufrechterhaltung von psycho-

pathologischen Funktionsweisen und das Aufschaukeln der emotionalen Reaktivität

erklärt Cayoun innerhalb seines Modells mit einer Überbetonung der beiden Kompo-

nenten „Evaluation“ und „Reaction“ zu Lasten der Komponenten „Sensory Perception“

und „Interoception“ (Abbildung 3):

Abbildung 3: Ungleichgewicht innerhalb des informationsverabeitenden Systems in Cayoun´s „Co-Emergence Model of Reinforcement“ [Abb. aus Cayoun, 2005].

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Nach Cayoun (2005) führt emotionaler Stress bei den meisten Menschen, und umso

ausgeprägter bei Patienten mit psychischen Störungen, zu einer wesentlich stärkeren

Gewichtung der subjektiven Evaluationskomponente, und darauf folgender, konditio-

nierter Reaktivität, zu Ungunsten der (mehr realistischen) perzeptuellen Informationen

und der Körperempfindungen. Dies ist das Muster, welches die meisten Meditierenden

zu Beginn ihrer Achtsamkeitspraxis erleben: Unangenehmes Material taucht im

Bewusstsein auf, dessen mentale Evaluation verursacht starken psychischen Stress,

worauf automatisch mit gelernten Verhaltensmustern reagiert wird. Die weitere

Emotions- und Informationsverarbeitung der Person wird im Sinne eines dysfunktio-

nalen Kreislaufes immer mehr die Komponenten „Evaluation“ und daraufhin die

„Reaction“ verstärken. Cayoun (2005) erklärt diese Gewichtungsveränderung mit

Verschiebung von Aufmerksamkeit. Evolutionspsychologisch betrachtet, konnte es

seiner Ansicht nach in früheren Zeiten über Leben und Tod entscheiden, schnelle

Evaluationen (automatische Schemaaktivierung) und Reaktionen (schnelle reflexhafte

Konditionierungen) auf Ereignisse hin durchzuführen. Die tiefere Verarbeitung von

perzeptuellen Aspekten sowie den ausgelösten Körperempfindungen hingegen würde

in solch einem Fall zu viel Zeit kosten, und sei daher für das Überleben nicht notwendig

gewesen. In extremen Fällen geht in diesem Modell der Kreislauf unter Moderation des

sympathischen Nervensystems über in die aus der biologischen Psychologie bekannte

Kampf- oder Flucht-Reaktion (Cayoun, 2005). Um hier wieder ein größeres Gleich-

gewicht herzustellen, ist es, und dies ist der für diese Arbeit relevante Punkt, mittels

Achtsamkeit möglich, bewusst diejenigen Komponenten des Modells in den Fokus der

Aufmerksamkeit zu bringen, die abnehmende Beachtung fanden. Achtsames Gewahr-

sein der Sinnesempfindungen, Körperempfindungen und aller entstehenden Gedanken

und Gefühle, ohne sie weiter zu evaluieren und ohne auf sie zu reagieren, stellt in

diesem Modell also die Balance wieder her. Dies führt zu verringerter emotionaler

Reaktivität auf die Gedanken und Gefühle. Cayoun (2005) sieht daher in seinem

Modell ein Argument für den Einsatz von Achtsamkeit bei einer breiten Palette von

Psychopathologien. Er argumentiert nun mit einem in Zusammenhang mit Achtsamkeit

immer öfter fallendem Schlagwort: Neuroplastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, bis

hinunter auf die neuronale Ebene, sich an wandelnde Umgebungsbedingungen

anzupassen, sich neu anzuordnen und zu verknüpfen (Cooper, Intrator, Blais &

Shouval, 2004). Die Gehirnregionen, welche für die Achtsamkeitspraxis besonders

relevant sind, beinhalten präfrontale Teile des Frontallappens für die Aufmerksam-

keitssteuerung sowie die Überwachung und Steuerung exekutiver Funktionen, ein-

schließlich der Hemmung von reaktivem Verhalten bzw. nachgeschalteter, sekundärer

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Theoretische Grundlagen

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Evaluation von Stimuli. Ebenso die Parietallappen und die Insula für die Fähigkeit,

Körperempfindungen wahrzunehmen und zu überwachen („Interozeption“), speziell der

gut untersuchte somatosensorische Kortex, der die Körperteile repräsentiert

(„Homunculus“). Neuere Forschung konnte nun zeigen, dass anhaltende Achtsamkeits-

praxis auf eben diese Areale einen neuroplastischen Einfluss auszuüben vermag

(Cayoun, 2005; Davidson, 2004a; Davidson, Jackson & Kalin, 2000; Lazar, Kerr,

Wasserman et al., 2005; auf die einzelnen Studien wird in 2.2.7 eingegangen), sodass

deren Funktionalität und Effizienz im Laufe der Praxis zunimmt: „The maintenance of

this change highlights the role of mindfulness training in inducing neuroplasticity in

pathways necessary for the self-regulation of emotions” (Cayoun, 2005, S. 4). Diese

verbesserte Fähigkeit zur Interozeption betrifft Empfindungen, die vormals unterhalb

der Wahrnehmungsschwelle verblieben und nun erfasst werden können, sowie

außerdem ein generell gestiegenes Körperempfinden, dass sich von Mund, Händen,

Füßen auf den gesamten Körper ausdehnt (Cayoun, 2005; siehe auch Abbildung 1).

Der Effekt dieser erworbenen Fähigkeiten liegt in einer schnelleren und klareren

Erfassung von subtilen Körperempfindungen, die im Sinne von Cayoun mit den

Gedanken und Gefühlen „co-ermergieren“ und gleichsam frühe Hinweise auf den

Zustand und die mentalen Prozesse des Organismus darstellen. Dadurch wiederum ist

es eher im Zeitverlauf möglich, negative Evaluationen zu relativieren und sich mehr

Zeit und Wahlmöglichkeit für eine bewusste Reaktion zu gewähren (Cayoun, 2005).

Diese Argumentation bildet die Grundlage der in dieser Arbeit im Absatz 2.6

formulierten Hypothese 2a, die ein mit zunehmender Achtsamkeitspraxis schnelleres

Einsetzen der emotionalen Reaktion sowie ein schnelleres Erreichen des Reaktions-

maximums vermutet.

Die Erforschung der Neuroplastizität scheint sich als ein stimulierendes Gebiet

für die Achtsamkeitsforschung zu erweisen: Unter Einsatz von Achtsamkeit und mit

bewusster, willentlicher Aufmerksamkeitslenkung erzielte neuronale Strukturverände-

rungen werden von vielen Autoren als faszinierendes Gebiet betrachtet, in dem es

möglich ist, den quasi subjektiv-willentlichen Eingriff des bewussten Gehirns in seine

eigene biologische Struktur zu beobachten (siehe Cayoun, 2005; Schwartz, 1999;

Schwartz, Gulliford, Stier & Thienemann, in press; Schwartz, & Begley, 2002;

Schwartz, Stapp & Beauregard, 2004). „(…) we may uncover an opportunity to gain

fresh insights into what promises to be one of the major new fields of investigation in

the coming century – the role of volition in brain function” (Schwartz, 1999, S. 121).

Schwartz fasst den kausalen Einfluss der Achtsamkeitspraxis auf die Emotions- und

Informationsverarbeitung des Praktizierenden so zusammen: „In the early stages of

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treatment he basically feels the same – but he has begun to change in a critical way

how he understands those feelings. With that change he has set the stage for making

different choices about how to act on those feelings and sensations – choices, which

(…) actually change the nature of the physics of the brain” (Schwartz, 1999, S. 127).

Ein letzter zu erwähnender Mechanismus wird von einigen Autoren (siehe Cahn

& Polich, 2006; Lazar, Bush, Gollub, Fricchione, Khalsa & Benson, 2000; Newberg &

Iversen, 2003; Takahashi, Murata, Hamada et al., 2005) in der erwiesenermaßen durch

formelle Sitzmeditation induzierten Erhöhung der parasympathischen Aktivität des

peripheren Nervensystems zu Lasten sympathischer Aktiviertheit gesehen. Wie oben

berichtet, ist ein Ansteigen sympathischer Erregung auf die Auslösung von Kampf-

oder Fluchtreaktionen hin ausgerichtet, um den Organismus vor Bedrohungen zu

schützen. Sympathische Innervation bedeutet also eine Steigerung von Erregung

(schnellerer Herzschlag, flachere Atmung), Anspannung (höhere Muskelspannung),

Aktiviertheit (stärkeres Schwitzen) und schnellauslösbarer Reaktivität (Reflexe). Eine

Zunahme der parasympathischen Aktivität, die meist im Sinne eines Antagonismus zur

sympathischen gesehen wird, vermag somit diese für die Informations- und Emotions-

verarbeitung wenig hilfreichen Einflüsse zu drosseln: „For instance, deep breathing

may increase parasympathetic activity and vagal tone, thus facilitating attention and

affect regulation” (Roemer & Orsillo, 2003, S. 174). (Hierzu ist anzumerken, dass es in

der Achtsamkeitsmeditation keine Aufgabe ist, den Atem bewusst zu steuern oder zu

vertiefen – dass diese Vertiefung, im Gegensatz zur meist flachen und hektischen

Atmung im Alltag, jedoch im Verlauf des Sitzens von alleine auftritt, bedingt durch die

Ruhe und das Innehalten).

2.2.7 Einordnung dieser Arbeit in aktuelle Forschungsperspektiven und

-befunde

„In terms of establishing an understanding of mindfulness, it is important to see if

psychological changes also correlate with physiological and biochemical ones.”

(„Melbourne Academic Mindfulness Interest Group“, 2006, S. 289). Auch Brown und

Ryan (2004) erhoffen sich zukünftig mehr Forschung, die konkret auf die proklamierten

Mechanismen von Achtsamkeit abzielt. Diesem Geist folgend, ist in den letzten Jahren

eine kleine Anzahl empirischer Artikel erschienen, welche die oben postulierten

Mechanismen und deren Auswirkungen untersucht haben. Diese Ergebnisse werden

kurz vorgestellt, um dann auf die Fragestellung dieser Diplomarbeit hinzulenken und

deren Einordnung in die momentane Forschungstätigkeit im Bereich Achtsamkeit vor-

zunehmen.

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Theoretische Grundlagen

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Ein gutes Raster, um die Befunde zu den Wirkmechanismen der Achtsamkeit

einzuordnen, ist die Klassifikation von Davidson (2004c), in der er drei mögliche

Untersuchungsansätze benennt: 1. „Meditation-state-effects“, 2. „State-after-effects“,

und schließlich 3. „Changes in baseline over time“. (1.) Betrachtet die psychischen und

physiologischen Veränderungen während der Praxis. (2.) Untersucht ein mögliches

Anhalten dieser Veränderungen unmittelbar nach der formellen Übung. (3.) Befasst

sich mit den nach Davidson (2004c) relevantesten Effekten der Praxis: Die

Veränderung des Baseline-Wertes der untersuchten Variablen. Untersucht wird also

der Meditierende in seinem Normalzustand im Alltag, um überdauernde Einflüsse der

Praxis auf psychologische und physiologische Domänen erfassen zu können.

Davidson et al. (2003) weisen auf den Grund für das von ihnen betonte Gewicht dieser

Forschungsrichtung hin: „Moreover, virtually all forms of meditation profess to alter

everyday behavior, effects that are by definition not restricted to the times during which

formal meditation itself is practised“ (Davidson et al., 2003, S. 564).

Eine spektakuläre Untersuchung zu den Effekten erster, zweiter und auch

dritter Ordnung wurde vor kurzem von Lutz et al. (2004) veröffentlicht. Gemessen

wurde die EEG-Aktivität von erfahrenen Langzeitmeditierenden der tibetisch-

buddhistischen Tradition im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, ein Design wie es auch

in dem hier zu berichtenden Experiment verwendet wurde. Lutz und Kollegen konnten

zeigen, dass die Praktizierenden in der Lage waren, während formeller Sitzmeditation

(Effekt der 1. Art) die höchste jemals an (gesunden) Menschen gemessene hoch-

amplitudige Synchronizität im Gammaband des EEG hervorzurufen, ein Indiz für eine

höchst präzise zeitliche Synchronisation in der Feuerrate weit verzweigter neuronaler

Netzwerke und damit ein Korrelat von hoher, fokussierter Aufmerksamkeit (für Details

zu weiteren funktionellen Bedeutungen der Gamma-Band Aktivität siehe Ott, 2000):

„The endogenous gamma-band synchrony found here could reflect a change in the

quality of moment-to-moment awareness, as claimed by the Buddhist practitioners and

as postulated by many models of consciousness“ (Lutz et al., 2004, S. 16373). Dieser

Anstieg blieb in der Baseline-Messung nach der Meditationsperiode im Vergleich zur

Baseline vor der Meditation sichtbar erhalten (Effekt der 2. Art). Darüber hinaus fand

sich in der Baseline-Messung vor der Meditation (Effekt der 3. Art) eine signifikante

Erhöhung dieses EEG-Profils im Vergleich mit der Kontrollgruppe, welche keine der bei

den Meditierenden erfassten Effekte aufwies: „The differences in baseline activity

reported here suggest that the resting state of the brain may be altered by long-term

meditative practice and imply that such alterations may affect task-related changes”

(Lutz et al., 2004, S. 16373). „These data suggest that mental training involves

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Theoretische Grundlagen

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temporal integrative mechanisms and may induce shortterm and long-term neural

changes” (Lutz et al., 2004, S. 16369). Diese Befunde stützen die Überlegungen dieser

Arbeit zu den neuroplastischen Einflüssen der Achtsamkeitspraxis auf die neuronalen

Schaltkreise die für die motivationale Reaktivität auf emotionale Stimuli verantwortlich

sind (Hypothesen 3.1 und 3.2, siehe Abschnitt 2.6).

Lazar et al. (2005) publizierten ebenfalls bahnbrechende Befunde zu Effekten

der 3. Art: Ergänzend zu den oben erwähnten Belegen für eine andauernde

Wandelung der EEG-Aktivität konnten die Autoren zeigen, dass extensive Achtsam-

keitsmeditation die physische Struktur des Gehirns dergestalt verändert, dass die mit

Aufmerksamkeit, Interozeption und sensorischer Verarbeitung assoziierten Regionen

deutlich stärker ausgeprägt waren als bei den Kontroll-Probanden. Auch ließ sich

errechnen, dass der altersbedingte, normale Abbau der kortikalen Substanz durch die

Praxis verlangsamt wird. „This data provide the first structural evidence for experience-

dependent cortical plasticity associated with meditation practice“ (Lazar et al., 2005, S.

1893). Wiederum stärkt auch diese Studie die Hypothesen 3.1 und 3.2 dieser Arbeit:

„Our findings suggest that cortical plasticity can occur, in adults, in areas important for

cognitive and emotional processing” (Lazar et al., 2005, S. 1896).

Die wohl einschlägigste Veröffentlichung über Effekte (der 3. Art) und

Mechanismen der Achtsamkeitspraxis wurde 2003 von Richard Davidson und Kollegen

publiziert: “Alterations in Brain und Immune Function Produced by Mindfulness

Meditation”. In der Studie wurde der Einfluss eines 8-wöchigen MBSR-Kurses auf

Asymmetriemaße der EEG-Aktivität und auf die Effizienz einer Grippe-Immunreaktion

erfasst. Die EEG-Asymmetrie im Ruhezustand ist ein mittlerweile gut erforschter

Indikator für dispositionale Affekte, ermöglicht also Vorhersagen, ob der Proband im

Alltag eher mit negativen oder positiven Emotionen auf die Herausforderungen des

Lebens reagiert (Davidson, 2004a, 2004b). Menschen mit stärkerer linksseitiger

Aktivierung im EEG-Spektrum zeigen dispositional eher positive Emotionen, erholen

sich schneller von stresshaften Ereignissen (Davidson, 2002; Davidson & Harrington,

2002) und zeigen verbesserte Funktionalität des Immunsystems (Davidson, 2004b;

Davidson et al., 2003). Davidson und Kollegen konnten zeigen, dass nach der MBSR-

Intervention bei gesunden Normalprobanden eine Verschiebung der Aktivierungsmaße

von rechts- zu linksseitiger Aktiviertheit stattfand, sowie eine größere Antikörper-

produktion auf die Grippe-Immunisierung hin erfolgte. Diese beeindruckenden

Ergebnisse untermauern die in dieser Arbeit (Absatz 2.6) aufgestellte These 2a/b des

mit Achtsamkeitspraxis zunehmend schnelleren Abfalls der emotionalen Reaktion auf

negative Stimuli hin, für die Daniel Goleman bereits 1976 (Goleman & Schwartz, 1976)

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Belege sammeln konnte: „Schnellerer Stressabbau ist eine typische Eigenschaft von

Meditierenden“ (Goleman, 1997b, S. 222). Mit den Worten von Davidson und Kollegen

lässt sich das Gewicht von deren Ergebnissen für die hier vorzustellende Unter-

suchung zusammenfassen: „We have suggested on the basis of a growing literature on

the neural bases of emotion regulation that left-sided anterior activation is associated

with more adaptive responding to negative and/or stressful events. Specifically,

individuals with greater left-sided anterior activation have been found to show faster

recovery after a negative provocation” (Davidson et al., 2003, S. 569). Damit wird der

Achtsamkeitspraxis, die bereits nach 8 Wochen in der Lage ist, die frontale EEG-

Asymmetrie im Ruhezustand in Richtung linksseitiger Aktiviertheit zu verändern, eine

kausale Rolle (Davidson & Harrington, 2002) für eine adaptivere Emotionsregulation,

speziell eine schnellere Erholung von stresshaften Reizen zugeschrieben. Diese

Befunde konnten vor kurzem durch eine Studie (Effekte der 3. Art) von Aftanas und

Golosheykin (2005) gestützt werden, wenngleich diese eine andere Meditationstechnik

untersuchten, hier die Sahaya Yoga Tradition. Ebenfalls mit EEG-Methodik

überwachten sie die Reaktionen von Meditierenden und Nichtmeditierenden auf

aversive Filmclips und kamen zu dem Ergebnis: „Experienced meditators manifest

EEG signs of overall lower tonic arousal and greater proneness to sustain internal

focus of attention. The EEG power findings are the first EEG-correlate of the theoretical

assumption that meditators have better capabilities to moderate their intensity of

emotional arousal” (Aftanas & Golosheykin, 2005, S. 906).

Die erste Studie, die gezielt den Einfluss von Achtsamkeit (Effekte der 2. Art)

auf die Emotionsverarbeitung operationalisiert, ist im Dezember 2006 erschienen:

„Mechanisms of Mindfulness: Emotion regulation following a focused breathing

induction“ (Arch & Craske, 2006). Die Autorinnen operationalisieren den Einfluss von

Achtsamkeit über die Durchführung einer 15-minütigen, geleiteten Atemachtsamkeit

aus Kabat-Zinn´s MBSR-Programm, bevor den Probanden emotional erregende und

negativ-valente Bilder aus dem „International-Affective-Picture-System“ („IAPS“)

gezeigt werden. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen zeigen die Probanden in der

Atemachtsamkeitsgruppe weniger selbstberichteten negativen Affekt, größere affektive

Stabilität, und eine größere Bereitschaft, weitere negative Bilder zu betrachten. Diese,

zwar lediglich auf Selbsteinschätzung beruhenden Ergebnisse sind nach Wissen des

Verfassers die ersten, die einen systematischen Einfluss von experimentell manipu-

lierter Achtsamkeit auf die Emotionsverarbeitung zeigen. Keiner der Probanden, auch

nicht diejenigen in der Achtsamkeitsbedingung, hatte vorher Erfahrungen mit irgend-

einer Meditationstechnik gemacht. Dass eine derart kurze Intervention bereits mess-

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bare Ergebnisse zeitigt, ist unter diesen Umständen durchaus als beeindruckend zu

bezeichnen. Arch und Craske resümieren, die gefundenen Ergebnisse „may be viewed

as a more adaptive responding to negative stimuli (by the focused breathing group,

Anm. des Verfassers). The results are discussed as being consistent with emotional

regulatory properties of mindfulness” (Arch & Craske, 2006, S. 1849). In einer

unveröffentlichten Studie von Erisman, Salters-Pedneault und Roemer (2005) wird der

Zusammenhang von zunehmender Achtsamkeit im Alltag und steigender

Emotionsregulationsfähigkeiten (beides über Fragebögen erhoben) korrelativ bestätigt.

Diese ersten, ermutigenden, wenn auch zahlenmäßig geringen Befunde stützen

die Stoßrichtung der tragenden Fragestellung dieser Arbeit, die sich direkt in die

neuesten Entwicklungen und Forderungen der Achtsamkeitsforschung einreiht, wie

folgende Zitate zeigen mögen:

„In addition, it will be important to determine whether mindfulness training alters

one’s relationship to one’s thoughts, feelings and symptoms, the stated target of this

intervention. This is a challenging dependent measure to operationalize“ (Roemer &

Orsillo, 2003, S. 174).

„Linehan (1994) suggests that mindfulness improves distress tolerance, and

Kabat-Zinn (1990) suggests that a mindful response is distinct from a stress reaction in

that an individual may experience arousal but he or she is aware of the full context and

therefore is able to return to a state of equilibrium more rapidly. Thus, researchers

suggest that one outcome of mindfulness is improved emotion regulation” (Roemer &

Orsillo, 2003, S. 175).

„However, nonjudgemental acceptance and decentering are expected to help

one respond to the emotional content of a given context and recover from that

response more quickly than an individual who is unable to see the larger context. Thus,

studies that specifically explore the impact of mindfulness on emotional flexibility (i.e.,

experiencing emotions and recovering from those emotional responses) may be

beneficial” (Roemer & Orsillo, 2003, S. 175).

„Another outcome that may be particularly useful to explore is emotion

regulation or emotional flexibility“ (Roemer & Orsillo, 2003, S. 175).

Die oben (2.2.6) vorgestellte Definition und die beschriebenen Wirkmecha-

nismen führen nach Hayes und Feldman (2004) und Berking und Znoj (2006) den Blick

der Forschung also auf ein Gebiet, das ebenso wie Achtsamkeit den Umgang mit

Emotionen thematisiert: Die wissenschaftlichen Theorien und Befunde zur

Emotionsverarbeitung (Arnold, 1960; Demos, 1995; Ekman & Davidson, 1994; Frijda,

1986; Izard, 1977; Lane & Nadel, 1999; Lewis & Haviland-Jones, 2000; Mayne &

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Bonanno, 2001; Panksepp, 1998; Scherer, 2000; Tomkins, 1984) und vor allem zur

Emotionsregulation (Gross, 2006). Nach Hayes und Feldman (2004), die in ihrem

Artikel „Claryfying the Construct of Mindfulness in the Context of Emotion Regulation

and the Process of Change in Therapy” diese Thematik erstmalig ausführlich thema-

tisieren, stellt Achtsamkeit gleichsam den „missing link“ zwischen Vermeidung und

Anhaftung (Sucht, Gier, Überwältigtwerden, den Emotionen erliegen, sie sofort

ausleben) dar. Beide Wege, mit Emotionen umzugehen, wurden mittlerweile, auch

empirisch bestätigt, als destruktiv für die psychische Gesundheit eingestuft (Hayes &

Feldman, 2004). Was jedoch der ideale, ausbalancierte und gesunde Umgang mit

Emotionen genau sein könnte, und wie dieser erreichbar wird, ist den beiden Autoren

folgend weniger klar. Nach allen bisherigen Ausführungen leiten sich hier jedoch klare

Vorhersagen aus der Achtsamkeitspraxis ab, die einen heilsamen und sinnvollen

Umgang mit Emotionen und mentalen Vorgängen darzustellen scheint. Diese

Vorhersagen will die hier berichtete Studie untersuchen.

Die hier zugrunde liegende Fragestellung bezieht sich also auf Effekte der 3. Art

und sieht sich in der Gefolgschaft der Entwicklung der Forschungsperspektiven hin zur

Untersuchung der durch Achtsamkeit bewirkten Veränderungen der Emotions-

verarbeitung: Welche Auswirkungen hat regelmäßige Achtsamkeitspraxis auf die

Emotionsverarbeitung in der normalen Alltagsverfassung? Führt Achtsamkeits-

meditation zu einer allmählichen Transformation der emotionalen Reaktionen und des

Gefühlserlebens der Praktizierenden? Eine neue Studie von Nielsen und Kaszniak

(2006), in der bei den Achtsamkeitsmeditierenden eine gegenüber der Kontrollgruppe

erhöhte selbstberichtete Klarheit der Gefühlswahrnehmung festgestellt wurde,

resümiert: „In summary, long-term meditation practice may entrain automatic emotional

regulatory mechanisms, fundamentally changing the way in which practitioners

respond to ambiguous emotional events and altering the quality of experiences through

changes in motivation and attention“ (S. 403).

Nach diesen Argumentationen für die in dieser Arbeit aufgestellten Hypothesen

aus Sicht der Meditationsforschung sollen nun im Anschluss die Emotionstheorie und

-forschung zu Wort kommen und aus deren Perspektive die durch die Achtsamkeits-

praxis zu erwartenden Veränderungen beleuchtet werden.

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2.3 Überblick über die Emotionsforschung

„Emotion is to be used and to help one grow: spiritually,

intellectually, in every way!”

Magda B. Arnold

Das Wort „Emotion“ stammt aus dem Lateinischen: „emotio“ = heftige Bewegung,

„emovere“ = herausbewegen, erschüttern. „Affekt“: Dieser Begriff ist aus dem griechi-

schen Páthos (Leidenschaft) entstanden, aus welchem bei der Verbreitung ins Latei-

nische „afficere“ (einwirken, behandeln) und schließlich „affectus“ (Zustand, vor allem:

Leidenschaft, Begierde) wurde (Störig, 1999).

Wie in der Einleitung bereits angedeutet, ist das Verhältnis des Menschen zu

seinen Emotionen durchaus seit langem Gegenstand von Theorien der Philosophie

und Psychologie. In der Alltagssprache werden verwandte Begriffe wie Stimmung,

Gefühl, Affekt häufig synonym verwendet und sollen daher an dieser Stelle aus

wissenschaftlicher Sicht differenziert werden. Klaus Scherer, ein bedeutender Emo-

tionsforscher, hat hierzu einen Überblicksartikel veröffentlicht (Scherer, 2000), der

versucht, durch akkurate Unterscheidung der verschiedenen affektiven Untersuchungs-

gegenstände einige der gängigsten Uneinigkeiten und Streitpunkte unter den For-

schern einer Auflösung entgegen zu führen:

Das moderne Verständnis der wissenschaftlichen Psychologie und der Neuro-

wissenschaften verwendet „Affekt“ als Oberbegriff für „Emotionen“ und „Stimmungen“,

also für Phänomene, die mit einem veränderten subjektiven Befinden einhergehen

(Meyer, Schützwohl & Reisenzein, 2003). Das Verständnis der Emotionen ist, wie viele

andere Gegenstände in der psychologischen Forschung auch, kein von allen Schulen

und Forschern geteilter Konsens. Die verschiedenen Blickwinkel werden weiter unten

erörtert (2.3.3); hier soll zu Definitionszwecken die nunmehr auf breite Zustimmung

stoßende Sicht auf Emotionen als synchronisierte, vorübergehende Prozesse, die aus

mehreren Komponenten bestehen (Scherer, 2000, 1984), eingeführt werden:

„Emotions are episodes of coordinated changes in several components (including at

least neurophysiological activation, motor expression and subjective feeling, but

possibly also action tendencies and cognitive processes) in response to external or

internal events of major significance to the organism“ (Scherer, 2000). Ausgehend von

der klassischen Dreikomponenten-Theorie von Izard (1977), die eine Emotions-„Trias“,

bestehend aus neurophysiologischer Komponente, motorisch-expressiven Verände-

rungen und subjektivem Erleben, postulierte, haben im Laufe der Zeit die beiden zu-

sätzlichen Komponenten Kognitionen und motivationale Prozesse bzw. Handlungs-

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tendenzen das Bild der emotionalen Vorgänge komplettiert (Scherer, 2000). Emotionen

sind also teils intensive Reaktionen von eher kürzerer Dauer, die sich auszeichnen

durch eindeutigen Objektbezug (z.B. wütend auf die rote Ampel), kognitive

Komponenten (Evaluationen von Situationen, z.B. „Gas geben oder bremsen?“),

phänomenologisch erlebte Gefühlskomponenten (Gefühl von Wut), spezifische

motivationale Verhaltenstendenzen oder bereits konkrete Verhaltensweisen (bei Wut:

z.B. hohe Aktiviertheit, bzw. tatsächliches Fluchen, Schlagen etc.; bei Freude: Lachen

etc.), sowie schnellen, kurzfristigen physiologischen (z.B. Erhöhung von Puls, Atmung,

Schweißdrüsenaktivität) und Ausdrucksveränderungen (Mimik, Gestik, z.B. Grimmasse

bei Wut) (Scherer, 2000). Wie bereits erwähnt, wird mit „Gefühl“ die subjektiv und

bewusst erlebte Komponente dieser Reaktionskaskade bezeichnet (Scherer, 2000).

Grundsätzlich wird von nahezu allen Autoren das Prinzip der „response system

- coherence“ mitgetragen, also die Annahme, dass aufgrund von Wechselwirkungen

die Synchronisation der einzelnen Komponenten mit zunehmender Emotionsintensität

immer mehr ansteigt – eine steigende Aktivität in einer der Komponenten würde

demzufolge mit ebenso höheren Werten in den übrigen Komponenten einhergehen,

wobei diese Assoziation mit steigender Emotionsintensität immer besser wird (Mauss

et al., 2005). Dieses Prinzip macht man sich vor allem bei der Emotionsmessung zu

Nutze (Bradley & Lang, 2000), wo vermittelt durch die Erfassung einer Komponente

(z.B. der physiologischen) auf die Intensität einer anderen (z.B. das subjektive Gefühl)

geschlossen wird. Schon Izard (1977) warnte jedoch davor, eine einzige Komponente

als einen vollständigen Hinweis für die Darstellung der anderen Komponenten oder der

Emotion als ganzes anzusehen. Nach Izard (1977) besitzt durchaus jede einzelne

Komponente ausreichende Autonomie, um von den übrigen gleichsam dissoziiert sein

zu können. Vor allem die Beziehung Gefühl – Physiologie wurde nach Mauss,

Levenson, McCarter, Wilhelm und Gross (2005) von einigen Autoren in vergangenen

Untersuchungen als teils schwach bezeichnet. Einige Experimente förderten gar keine

oder sogar eine negative Assoziation zwischen den einzelnen Komponenten zutage

(siehe Bonanno, 2001; Mauss et al., 2005). Vor allem individuellen Unterschieden in

der physiologischen Reaktivität, der Emotionsregulation und dem Gewahrsein der

emotionalen Reaktionen sind nach Mauss et al. (2005) diese Phänomene geschuldet:

„Likewise, there might be individual differences in physiological reactivity or awareness

of emotional responding, leading to varying degrees of experience – physiology or

experience – behavior association” (Mauss et al., 2005, S. 186). Auch Anders, Lotze,

Erb, Grodd und Birbaumer (2004) fanden in einer fMRI-Studie, dass die verbalen

Gefühlsberichte der Probanden und die Intensität der EDA- und Startle-Reaktionen

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unterschiedlich stark korrelieren können: „(…) presumably depending on changing

levels of attention and cognitive processing during stimulus perception, the degree to

which periphal physiologic responses and verbal reports of valance and arousal are

correlated varies“ (Anders et al., 2004, S. 207). Bradley, Codispoti, Cuthbert und Lang

(2001) berichten von einer Untersuchung, die für gleichgeschlechtliche Erotika eine

Dissoziation von Startle-Reflex, EDA und Gefühl belegte: „In any event, these data

define same-sex erotic pictures as a dramatic instance of response system

discordance” (S. 295). Anders el al. (2004) zeigen, dass den verschiedenen Kompo-

nenten unterschiedliche Gehirnregionen zugrundegelegt sind (siehe dazu 2.3.4),

wodurch eine isolierte Modulation erklärbar wird: „The (…) important finding of this

study is the functional segregation of brain structures underlying periphal physiologic

responses and verbal reports. Startle reflex augmentation was associated with

amygdalar activity and SCRs with frontomedial activity, whereas verbal reports of

valence and arousal were associated with insular and thalamic activity, respectively”

(Anders et al., 2004, S. 205). Lang, Bradley und Cuthbert (1998b) folgern: „Relation-

ships between specific measures can vary widely for individuals and to some extent

between particular groups” (S. 393). Diese Erkenntnisse sind von entscheidender

Relevanz für die Hypothesen 1a / 1b und 3.1 / 3.2 in Abschnitt 2.6, die eine durch

Achtsamkeitspraxis vermittelte Dissoziation der Gefühlskomponente und der

motivationalen / peripherphysiologischen Komponente prognostizieren.

Im Zuge der Funktionsbestimmung werden die Komponenten von Scherer

(1984, 2000) fünf unterschiedlichen Emotionssystemen bzw. -funktionen zugeordnet:

• Das Informationsverarbeitungssystem (kognitive oder Appraisal-Komponente)

• Das Versorgungssystem (neuro- und peripherphysiologische Komponente)

• Das Steuerungssystem (motivationale Komponente)

• Das Aktionssystem (Ausdruckskomponente)

• Das Monitorsystem (Gefühlskomponente)

Das Informationssystem dient der Bewertung der Relevanz interner und

externer Reize. Die kognitive oder auch Appraisal (Bewertung) -Komponente der

emotionalen Reaktion wird ausführlich unter 2.3.3 auseinandergesetzt, da sie die

wichtigste Komponente eines Zweiges von psychologischen Emotionstheorien

darstellt.

Das Versorgungssystem umfasst einerseits die zentralnervösen Vorgänge im

Gehirn, welche bei den neurowissenschaftlichen Emotionstheorien unter Abschnitt

2.3.4 behandelt werden, wie auch peripherphysiologische Reaktionen. Diese dienen

der Aufrechterhaltung und Regulierung lebenserhaltender Funktionen und der

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Theoretische Grundlagen

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schnellen Energieversorgung und Anpassung des Organismus an signifikante

Situationen, die u.U. Kampf- oder Fluchtreaktionen nahe legen. Sie werden überwacht

und initiiert vom vegetativen Nervensystem (VNS, siehe auch Schandry, 1998, 2006),

welches die autonomen Körperfunktionen kontrolliert. Es ist in zwei Subsysteme

unterteilt, den sympathischen und den parasympathischen Anteil, wobei beide in

funktioneller Hinsicht Antagonisten darstellen: In der Regel wirkt der Sympathikus eher

auf erhöhte momentane Leistungsfähigkeit des Organismus, der Parasympathikus

dagegen dämpft das Erregungs- und Aktivitätsniveau des Organismus. Das VNS

innerviert neben den inneren Organen („glatte Muskulatur“) die Drüsen, die Blutgefäße

und die Haut. Damit vermag es die Steuerung von kardiovaskulärer Aktivität,

elektrodermaler Aktivität, Pupillenweite, Temperatur, Atmung, Schweißdrüsen zu

übernehmen und reguliert diese Parameter in Zeiten hoher Energieanforderung, so

genannter ergotroper Reaktionslagen (z.B. bei einer emotionalen Episode), nach oben

(Schandry, 1998). Das Versorgungssystem leistet also die schnelle und unwillkürliche

Auslösung physiologischer Prozesse, die zur Bereitstellung von Energie und Aktiviert-

heit führen. Es sollte in diesem Sinne im Zuge einer emotionalen Reaktion umso

stärker aktiviert werden, je bedrohlicher bzw. handlungsfordernder eine interne oder

externe Situation erscheint (Bradley & Lang, 2000; Bradley et al., 2001; Schandry,

2006). Zur Erfassung von Unterschieden in der Reaktivität des Versorgungssystems

wurde in der hier vorzustellenden Studie die elektrodermale Aktivität (EDA) erhoben

(siehe dazu auch Abschnitt 2.5.2). Da durch Achtsamkeitspraxis die Kampf- / Flucht-

Reaktivität abgebaut werden soll (siehe 2.2.6), wird in Hypothese 3.1 in Abschnitt 2.6

eine analoge Absenkung der neurophysiologischen Reaktivität, operationalisiert über

die EDA, postuliert.

Das Steuerungssystem umfasst die für diese Arbeit zentralen emotionalen

Motivationsschaltkreise „approach“ (Annäherung) und „avoidance“ (Vermeidung), die

von den meisten Emotionswissenschaftlern in der einen oder anderen Form als

grundlegend für die gesamte Organisation tierischer und menschlicher Emotions-

verarbeitung verstanden werden, da sie ein Produkt der evolutionären Sicherung des

Überlebens darstellen (Bradley & Lang, 2000; Davidson, 2003; Lang, 1995). Im Falle

möglicher Bedrohung des Organismus durch aversive Reize wird unmittelbar das

defensive „avoidance“ Motivationssystem aktiviert, ein neuronaler Schaltkreis, der

vermittelt durch somatische und autonome Bereitstellungsprozesse, Flucht, Rückzug,

Vermeidung oder Angriff vorbereitet. Entsprechend tritt nach Bradley et al. (2001) unter

positiv valenten Stimulusbedingungen, die Überleben, Versorgung und Wachstum des

Organismus dienlich sind, das appettitive „approach“ Motivationssystem in Kraft.

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Theoretische Grundlagen

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Hierbei wird der Organismus durch sinngemäße physiologische Veränderungen zur

lustvollen bzw. positiv valenten Reizquelle hingeführt, wobei der neuronale Schaltkreis

den Organismus grundlegend auf Nahrungsaufnahme, Hinwendung, Ergreifen,

Einverleiben und Kopulation vorbereitet (Bradley et al., 2001). Anthony, (1985), Davis

(1997), Lang (1995), Vrana, Spence und Lang (1988) haben zur Erfassung der Stärke

dieser emotionalen Motivationskomponente die Verwendung des so genannten

„Startle“ (Schreckreflex) -Paradigmas eingeführt, welches unter 2.5.1 ausführlicher

skizziert wird, da es in dem hier vorzustellenden Experiment zur Erfassung der

motivationalen Reaktivitätsunterschiede eingesetzt wurde.

Das Aktionssystem, dessen Funktion eher die Bezeichnung „Ausdrucks-

komponente“ gerecht wird, ist für die hier durchgeführte Studie nicht weiter relevant

und wird daher nur kurz gestreift. Diese Emotionskomponente beschreibt die

motorisch-expressiven Korrelate von emotionalen Episoden, also Mimik, Gestik,

Stimme und Körperhaltung. Ekman (1991), der in diesem Bereich maßgebende

Forscher, argumentiert für evolutionär angelegte, kulturübergreifende genetisch ver-

mittlelte, neuronale Schaltkreise, die den emotionalen Ausdruck zu kommunikativen

Zwecken bahnen. Im Zuge der so genannten kategorialen Emotionstheorien wird dies

unter 2.3.3 noch einmal aufgegriffen.

Dem Monitorsystem, wie die Gefühlskomponente von Scherer (1984) genannt

wird, kommt die Funktion zu, alle anderen Vorgänge quasi zu integrieren und zu einer

Gesamtschau zusammen zu führen. Das subjektive Gewahrsein, von den Philosophen

„Qualia“ genannt (Beckermann, 2000), dient des Weiteren zur Reflektion der gegen-

wärtigen Zustände und, wie weiter unten (2.3.4) bei den neurowissenschaftlichen

Emotionstheorien zu sehen sein wird, über bestimmte Gehirnregionen, die bewusster

Kontrolle unterliegen, auch der Analyse und Steuerung von Regulationsstrategien.

Bradley und Lang (2000) weisen auf den funktionalen und informellen Gehalt der

Emotionen hin, zu denen nur ein bewusster Zugang möglich ist. Nach Shapiro et al.

(2006) wird diese Fähigkeit der Gefühlskomponente durch Achtsamkeitspraxis

verbessert, da im Laufe der Praxis bewusster Zugang zu zunehmend mehr Informa-

tionen ermöglicht wird, die vormals unterhalb der Wahrnehmungsschwelle verblieben

(siehe 2.2.6).

Zur Abgrenzung der Emotionen geht Scherer (2000) zusätzlich kurz auf die

Stimmungen ein, die sich von Emotionen durch geringere Intensität und längere

Zeitdauer unterscheiden. Auch müssen deren auslösende Faktoren nicht immer

bewusst werden. Stimmungen lösen gewöhnlich kein objektgerichtetes, spezifisches

Verhalten aus, und werden als eher diffus erlebt. Sie gehen meist mit nur wenigen oder

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Theoretische Grundlagen

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gar keinen kognitiven Inhalten einher (Larsen, 2000; Morris & Reilly, 1987). Scherer

(2000) fügt diesen beiden affektiven Zuständen zur besseren Differenzierung noch die

Haltung oder Tönung in zwischenmenschlichen Interaktionen / Beziehungen

(distanziert, warm, herzlich, unterstützend, misstrauisch) die Einstellungen (relativ

andauernde, affektiv getönte Haltung einer Person oder einer Sache gegenüber, z.B.

mögen, lieben, hassen, wertschätzen, ersehnen etc.) sowie die Persönlichkeits-

eigenschaften (affektiv getönte, stabile Persönlichkeitsdispositionen und Verhaltens-

tendenzen, die für eine Person typisch sind, z.B. nervös, ängstlich, eifersüchtig,

waghalsig, feindselig etc.) hinzu. In Tabelle 1 sind die Eigenschaften dieser affektiven

Zustände zusammengefasst, um deren Unterscheidung zu erleichtern:

Tabelle 1: Abgrenzung verschiedener affektiver Zustände [nach Scherer, 2000].

Affektiver Zustand Intensität Dauer

Synchroni-sation aller

reagierenden Subsysteme

Objekt-bezug

Auslösung von

kognitiven Bewertungs-prozessen

Verände-rungs-

geschwin-digkeit

Auswirkung auf

Verhalten

Emotion ++ �

+++ + +++ +++ +++ +++ +++

Stimmung + �

++ ++ + + + ++ +

Haltung in zwischen-menschlichen Interaktionen

+ �

++

+ �

++ + ++ + +++ ++

Einstellungen 0 �

++

++ �

+++ 0 0 + 0 � + +

Persönlichkeits-eigenschaften

0 � + +++ 0 0 0 0 +

Mit dieser Arbeitsdefinition von „Emotion“ und der Differenzierung gegenüber

anderen affektiven Prozessen und Zuständen soll der Gegenstand nun unter verschie-

denen Perspektiven beleuchtet werden. Um zu einem breiten Verständnis der in

diesem Experiment eingesetzten Methodik der Emotionsmessung zu gelangen und die

Anknüpfung an die Achtsamkeitsforschung zu leisten, wird zunächst einleitend ein

kurzer Überblick über die generelle buddhistische Sichtweise auf Emotionen gegeben.

Dann wird auf die relevanten philosophischen Vorüberlegungen und deren Geschichte

eingegangen, um sodann auf wesentliche aktuelle psychologische und neurowissen-

schaftliche Emotionstheorien überzuleiten. Es folgt eine Analyse der Befunde der

Emotionsregulationsforschung sowie der erwarteten Effekte von Achtsamkeit auf diese

Prozesse. Zum Abschluss werden die eingesetzten Emotionsmaße vorgestellt.

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Theoretische Grundlagen

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2.3.1 Buddhistische Sicht der Emotionen

„Zuneigung oder Abneigung sind an sich keine geistigen

Hemmnisse. Wenn man Rosenkohl nicht mag, ist das so lange kein

geistiges Hemmnis, wie es nicht mit Aversion oder Anhaften

verbunden ist. Die bloße Tatsache, dass ein heftiges Gefühl

entsteht, ein kraftvoller Geisteszustand oder eine kraftvolle

Emotion, bedeutet nicht zwangsläufig, dass daraus ein geistiges

Hemmnis entsteht.”

Dalai Lama XIV in Goleman (2005, S. 494)

Vieles zu diesem Themenkomplex ist bereits in Kapitel 2.1 zur Sprache gekommen.

Zur Abgrenzung von den abendländischen Perspektiven wird daher hier lediglich eine

kurze Zusammenfassung und Verdichtung geleistet.

Im Buddhismus wird auf eine gänzlich andere Art zwischen Geisteszuständen

differenziert, als dies bei uns in der westlichen Welt der Fall ist (Goleman, 2005). Die

traditionellen Sprachen Pali, Sanskrit oder Tibetisch haben kein eigenes Wort für

„Emotion“ (siehe Ekman, Davidson, Ricard & Wallace, 2005). Hier wird Fühlen und

Denken als integrale Einheit aufgefasst (Goleman, 2005) und generell von „geistigen

Zuständen“ gesprochen. „Die Buddhisten unterscheiden zwischen heilsamen und un-

heilsamen Bewusstseinszuständen insofern, als heilsame Zustände uns der spirituellen

Erweckung näher bringen, während unheilsame diese Erweckung behindern. Der

Westen unterscheidet dagegen zwischen angenehmen – positiven – und unange-

nehmen – negativen – Emotionen. Im Westen geht es letztlich darum, ob eine Emotion

als angenehm empfunden wird, während Buddhisten eine Emotion (…) danach beur-

teilen, ob sie den spirituellen Fortschritt fördert oder behindert“ (Goleman, 2005, S.

177). Dieser Fortschritt wird daran gemessen, inwieweit man in der Lage ist, die wahre

Natur der Realität zu erkennen, und im Einklang mit ihr zu Einsicht und Illusionsfreiheit

gelangt (siehe Kapitel 2.1).

Die heilsamen („wholesome“) Geisteszustände Gelassenheit, Mitgefühl,

Freude, liebende Güte (welche Buddhisten als die natürlichen Zustände unseres

Geistes betrachten) führen zu „Sukha“, (etwa „Glück”, „Erfüllung”) „a state of flourishing

that arises from mental balance and insight into the nature of reality. Rather than a

fleeting emotion or mood aroused by sensory and conceptual stimuli, sukha is an

enduring trait that arises from a mind in a state of equilibrium and entails a conceptually

unstructured and unfiltered awareness of the true nature of reality” (Ekman, Davidson,

Ricard & Wallace, 2005, S. 60, Hervorhebung im Original). Hier ist festzuhalten, dass

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es dabei keine Rolle spielt, welche kurzfristigen Emotionen oder Empfindungen erlebt

werden (diese können durchaus „negativ“ sein), solange sie auf den Boden einer

heilsamen Geisteshaltung fallen, wo sie keine weiteren (unheilsamen) Effekte zeitigen.

Dementsprechend führen die destruktiven, betrübenden („afflictive“) Geisteszu-

stände Gier (Anhaftung), Aversion und Unwissenheit bei Kontakt mit kurzfristigen

emotionalen Empfindungen zu „Duhka“ (Kapitel 2.1). „(…) often translated as ‚suffering’

is not simply an unpleasant feeling. Rather, it refers most deeply to a basic vulnerability

to suffering and pain due to misapprehending the nature of reality” (Ekman, Davidson,

Ricard & Wallace, 2005, S. 60). Das Ziel der buddhistischen Praxis ist nicht, die kurz-

fristigen affektiven Zustände zu manipulieren, sondern die grundlegende heilsame

Haltung des Sukha zu erlangen, „(…) which arises from the attentional, emotional and

cognitive balance of the mind” (Ekman, Davidson, Ricard & Wallace, 2005, S. 60), um

die Wirklichkeit zu sehen, wie sie ist, „so that one can learn to distinguish between the

way things are as they appear to the senses and the conceptual superimpositions one

projects upon them“ (ebd.). Für den Buddhisten ist somit vor allem bedeutsam, zu

verstehen, welche Art von Geisteszuständen auf lange Sicht förderlich für das

Wohlergehen sind – für das eigene als auch für das aller anderen (siehe dazu auch

Leifer, 1999). Zum buddhistischen Verständnis der Emotionen ist besonders zu

empfehlen „Dialog mit dem Dalai Lama – wie wir destruktive Emotionen überwinden

können“ von Daniel Goleman (2005).

2.3.2 Philosophische Emotionstheorien

„Wisdom is the harmony of reason and passion”

Robert C. Solomon

Die wissenschaftliche Emotionsforschung steht in einer langen Tradition philosophi-

scher Erklärungssysteme, die zur besseren Einbettung der danach vorgestellten

psychologischen und neurowissenschaftlichen Emotionstheorien in Anlehnung an

Solomon (1993) kurz skizziert werden. Solomon betont in seinem Artikel „The

Philosophy of Emotions“ ausdrücklich den Wert der Kenntnis von philosophiegeschicht-

lichen Hintergründen für die aktuelle Emotionsforschung (Solomon, 1993, S. 4).

Da die Philosophie sich im Verlauf ihrer Geschichte meist als Entwicklung

immer tieferer, vernunft-vermittelter Einsicht verstand (z.B. nach G.W.F. Hegel, siehe

dazu Störig, 1999) führten die Affekte seit jeher eher ein Schattendasein (Solomon,

1993). Nach Fonagy et al. (2004) und Nussbaum (1994) bestimmten im Denken des

Menschen über Affekte von Anfang an zwei Positionen die Theoriebildung: a) Affekte

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sind im Idealfall mit der Vernunft, der Kognition integrierbar und integriert, sie haben

ihren Nutzen, ihren Wert. b) Affekte sind unabhängig vom rationalen Denken, ent-

ziehen sich seinem Einfluss und laufen ihm zuwider; sie müssen daher möglichst auf

irgendeine Weise dominiert oder ausgeschaltet werden. Diese beiden Perspektiven

werden bis in die heutige Zeit von vielen Theoretikern als unvereinbar betrachtet und

führten unter der Bezeichnung „Kognition - Emotion Debatte“, die vor allem zwischen

Zajonc und Lazarus ausgetragen wurde (Lazarus, 1999; Zajonc, 2000), zu einer regel-

rechten Lagerbildung (Fonagy et al., 2004). Grundlegend hierfür war Platon´s (427 –

347 v. Chr.) Vorschlag, die menschliche Seele als dreigeteilt zu verstehen: Er

postulierte getrennte Bereiche für Kognition, Emotion und Motivation (Hirschberger,

1991; Störig, 1999). Dennoch gab es in der Philosophiegeschichte immer wieder auch

Versuche, sich aus der Umklammerung von einer der Positionen a) oder b) zu lösen

und eine Integration zu wagen.

Mit Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) lässt sich nach Hirschberger (1991) der erste

Vertreter der Position a) benennen. Er vertrat eine ausgewogene Haltung den Affekten

gegenüber und wies Platon´s Idee der getrennten Systeme zurück. Affekte haben

seiner Ansicht nach ihren Wert als Urteile über die Welt, die sowohl berechtigt als auch

unberechtigt sein können. Damit sind sie nicht ihrer Natur nach dem rationalen Denken

gegenübergestellt, sondern nur in dem Maße, wie der Mensch aufgrund von Charakter-

schwäche nicht genügend in der Lage ist, sie adäquat zu modulieren und auszu-

drücken. Für ihn haben Affekte einen grundsätzlichen Wert für ein glückliches Leben,

er vermutet ausdrücklich, dass es möglich ist, den Umgang mit ihnen zu erlernen und

zu beeinflussen. Aristoteles erkennt jedoch durchaus an, dass Affekte aus dem Ruder

laufen können, dass sie in ihren Extremformen schwierig zu handhaben sind, sieht sich

aber dennoch auf eine Vereinigung von Vernunft und Gefühl verpflichtet, und weist so

als erster den Weg zu einer möglichen Theorie der Affektregulierung (Fonagy et al.,

2004). Sein Vorschlag dazu war, den Umgang mit ihnen als einen Mittelweg zwischen

den Extremen des Bekämpfens und des übermäßigen Auslebens zu gestalten.

Als Gegenposition zum aristotelischen Affektverständnis und Vertreter der

Position b) ist die Ansicht der Stoa zu verstehen (Störig, 1999). Zenon von Kition (ca.

333 – 264 v. Chr.) war der Begründer dieser wirkmächtigen philosophischen Tradition

abendländischer Philosophie, die der Theorie, man könne Affekte integrieren oder

regulieren widersprach. Affekte seien autonome Erscheinungen, stünden meist mit den

rationalen Werten im Konflikt, und entzögen sich der Einflussnahme des Menschen.

Die Stoiker verstanden Affekte als im Grunde falsche Urteile über die Welt, die den

Menschen lediglich vom richtigen Weg abbrächten, und daher nicht mit einem

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glücklichen und vernunftgemäßen Leben in Einklang zu bringen seien. Ihre Folgerung

daraus schlug sich nieder in dem Term „Apatheia“ (Apathie): Angeraten wurde, eine

Haltung der psychischen Apathie und Indifferenz einzunehmen und so die Affekte zu

versklaven und zu kontrollieren (Solomon, 1993). Diese Einstellung ist im Laufe der

Zeit in nicht zu unterschätzendem Maße in der westlichen Welt in das kulturelle

Selbstverständnis eingegangen (Fonagy et al., 2004). Die römische Kirche, die das

Welt- und Menschenbild des westlichen Abendlandes entscheidend geprägt hat, stand

den Affekten und dem Körper feindlich gegenüber (de Sousa, 1991), die sie

größtenteils als unethisch, selbstsüchtig, dämonisch und sündhaft kategorisierte. Die

höchsten Tugenden, wie Liebe, Hoffnung, Glaube wurden im Zuge dessen gar nicht als

Affekte verstanden sondern als Teil des Verstandes eingeordnet (Solomon, 1993).

Im weiteren Zeitverlauf nach dem Mittelalter erwies sich René Descartes (1596

– 1650) mit seinem Werk „Die Leidenschaften der Seele“ (1984), der auch als „Vater“

der modernen Philosophie angesehen wird (Störig, 1999), als maßgeblicher Theo-

retiker auch für das Affektverständnis und einer Vermittlung beider Positionen a) und

b). Mit seinen Ausführungen begann aus heutiger Sicht die „Körper – Geist Debatte“,

die weiterhin in der Philosophie und den Neurowissenschaften für kontroverse

Diskussionen sorgt, da das Verhältnis oder die Natur beider Begriffe sich bis heute

einer Durchdringung entzogen hat, wobei eine Vielzahl von Theorien dazu

generiert wurde (Metzinger, 1995). Descartes´ bekannter Ausspruch „cogito, ergo sum“

(ich denke, also bin ich) legt seine Position nahe: Als begeisterter Mathematiker war er

„vom klaren Licht der Vernunft“ angetan, und installierte die strikte Trennung von

Körper (das tierische) und Geist (das dem Menschen besondere), die er als zwei

fundamental verschiedene Entitäten ansah (und seiner Meinung zufolge Tiere somit

keinen Geist haben konnten). Diese Position ist noch heute als cartesianischer

Dualismus bekannt. (Z.B. mathematische) Gedanken sah er als klar dem Geist

zugehörig, Magenkontraktionen z.B. als klar dem Körper. Bei der Definition der Affekte

tat er sich nun aber besonders schwer, da sie unleugbar eine Interaktion beider

Substanzen erfordern (Solomon, 1993). Er versuchte eine Lösung, indem er annahm,

Affekte seien Wahrnehmungen von im Köper lokalisierter Empfindungen als auch

Wahrnehmungen von Regungen der Seele, wobei er die Interaktion beider Substanzen

in der Zirbeldrüse im Gehirn vermutete (Störig, 1999). Die Regungen im Körper würden

durch eine im Blut und durch die Zirbeldrüse fließende Substanz („esprits animaux")

durch die Seele verursacht. Diese versuchte Integration von körperlichen und

seelischen Einflüssen bei der Affektentstehung ist nach Fonagy et al. (2004) dabei

durchaus als wichtiger Beitrag für die sich später entwickelnde moderne Psychologie

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zu sehen, vor allem für die Theorien zur Interaktion von kognitiven und körperlichen

Ereignissen, wie z.B. das „Facial-Feedback“ (die willentliche Evozierung eines lachen-

den Gesichtsausdrucks beeinflusst demnach die Stimmung, siehe Scherer, 2000).

Descartes führte damit einerseits über Aristoteles Bild von den Affekten als

„Überzeugungen“ hinaus. Des Weiteren wies er den von ihm benannten „sechs

primitiven Leidenschaften“ – Staunen, Liebe, Hass, Verlangen, Lust, Trauer – einen

Stellenwert im sinnvollen menschlichen Leben zu (Solomon, 1993).

Baruch von Spinoza´s (1632 – 1677) Auffassungen zu den Affekten vereinen

ebenfalls Überlegungen aus den Positionen a) und b), wie Fonagy et al. (2004)

ausführen. Zum einen empfahl er, den Emotionen nicht einfach nachzugeben, da sie

durchaus „falsche Urteile“ darstellen können, andererseits legte er nahe, dass ein

Ablehnen der Affekte auch keine Lösung sei. Er sympathisierte damit, auf die Affekte

mit der Vernunft einzuwirken und so zu einer harmonischen Verbindung zu gelangen.

David Hume (1711 – 1776) ist ebenfall zu erwähnen, da er Solomon (1993)

zufolge als Erster die Affekte in den Vordergrund der philosophischen Diskussion zu

rücken versuchte. Seiner Ansicht nach verdienen Affekte höchsten Respekt, da sie und

nicht der kalte, bloße Verstand es sind, die uns motivieren, richtiges von falschem Ver-

halten zu unterscheiden und zu wählen. Er wies mit Nachdruck auf die kognitive Kom-

ponente in Emotionen hin, die er als Ideen bezeichnete, und durch welche seines Er-

achtens die Emotionen einen wichtigen Bestandteil von ethischer Motivation darstellen.

Immanuel Kant (1724 - 1804), obwohl er als strikter Verfechter der Vernunft

bezeichnet werden darf, hat sich dennoch auch anerkennend den Emotionen

gegenüber geäußert. Solomon (1993) weist ihm den Ausspruch zu „Nichts Großes in

der Welt ist ohne Leidenschaft vollbracht worden“, den er ¼ Jahrhundert verwendet

haben soll, bevor er Hegel zugeschrieben wurde.

Durch Nietzsche (1844 – 1900) und Sigmund Freud (1856 – 1939) wurde die

Aufmerksamkeit der Denker erneut ein Stück weiter auf die emotionalen, (von beiden

auch als dunkel und instinkthaft bezeichneten) Motive des Menschen gelenkt und ihr

Gewicht anerkannt (Solomon, 1993).

Nach Scherer (2000) war der Einfluss von Charles Darwin´s Werk „The

Expression of Emotion in Man and the Animals“ (Darwin, 1890) einer der stärksten, der

bis zum heutigen Tag auf die modernen Emotionswissenschaften einwirkt. Mit seinem

Namen schwingt eine weitere Debatte in der Emotionsforschung mit, die sogenannte

„Biologie – Kultur Debatte“. Darwin leistete bahnbrechende Arbeit im Bereich des

Ausdrucks von Emotionen in Mimik, Gestik und Stimme. Seine Befunde überprüfte er

durch Feldforschung in verschiedenen Kulturen und folgerte aus seinen Ergebnissen

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eine interkulturelle Universalität bei vielen affektiven Phänomenen (Davidson, 2003b).

Diese Theoriebildung war für moderne Wissenschaftler wie z.B. Paul Ekman grund-

legend, und hat dessen bekannte empirische Forschung zur Gesichterwahrnehmung

und zum emotionalen Ausdruck inspiriert (Ekman, 1973; Ekman, Davidson & Friesen,

1990). Die Diskussion, ob Emotionen aufgrund von biologischen Anlagen in den

verschiedenen Kulturen auf gleiche Weise ausgedrückt, verstanden und erlebt werden,

oder ob die Prägung durch kulturelle und soziale Umwelt maßgebend sei, scheint sich

in Richtung eines Mittelweges aus beiden Einflussfaktoren zu bewegen (siehe dazu

Frijda, 1986)

Mit den revolutionären Theorien und Überlegungen des „Vaters“ der US-

amerikanischen Psychologie, William James (1842 – 1910) zur Natur der Emotion, die

er als Wahrnehmung körperlicher Veränderungen verstand (James, 1894, 1890),

wurde der Diskurs über Affekte anschließend in das Reich der damals auch von der

Philosophie abgetrennten Psychologie überwiesen (Solomon, 1993). James´ Theorie

wird heute missverständliche Begriffverwendung unterstellt (Scherer, 2000). Seine

Behauptung, Emotionen seien nichts als das Erleben physiologischer Veränderungen,

wurde interpretiert als: die Gefühlskomponente der Emotionen sei nichts weiter als das,

womit sich einige Forscher nach Meinung Scherer´s (2000) durchaus eher anfreunden

könnten. Später sah James diesen Mangel selbst ein, und fügte hinzu, dass ebenfalls

eine Idee von der Bedeutung der Situation für das Individuum Anteil an der Emotion

hätte (Scherer, 2000).

Auf diesen Überlegungen fußten dann die Argumente von Schachter und

Singer (1962), deren Befunde über 30 Jahre die Lehrbuchmeinung zur Emotions-

theorie darstellte. Ein genereller Anstieg von Erregung bewirkt nach deren Ansicht das

Erleben einer Emotion, was sodann zum Anspringen kognitiver Interpretationsversuche

führt, um die Umstände zu verstehen, die dazu geführt haben, und der Emotion eine

Namen zu geben (Scherer, 2000). Dieses Verständnis ist mittlerweile als unzureichend

zurückgewiesen, obgleich es nach Scherer (2000) lange Zeit sehr populär und weit

verbreitet unter den Emotionsforschern war.

Die auf diese Größen der Ideengebung folgende moderne Emotionspsychologie

erlebt nun nach der oben (2.2.1) beschriebenen „kognitiven Wende“ einen neuen Auf-

schwung an Forschungstätigkeit, der eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle und

Sichtweisen auf die menschliche und tierische Emotionsverarbeitung mit sich brachte.

Es entwickelte sich zusammen mit den Nachbardisziplinen die sogenannte „affektive

Neurowissenschaft“ (Davidson, 2003a), die im Zuge des Aufkommens von modernen

Methoden der Bildgebung (MEG, EEG, fMRT, siehe Phan, Wager, Taylor & Liberzon,

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2002, 2004) die psychologischen und neurowissenschaftlichen Forschungsbemühun-

gen zu vereinen trachtet.

Die ehemalige Kluft zwischen den oben benannten Positionen a) und b) scheint

sich nun im Lichte der wissenschaftlichen, vor allem neurowissenschaftlichen Modelle

der Emotionsverarbeitung und Emotionsregulation immer mehr zu schließen (Ochsner

& Gross, 2004), wie sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit (2.3.4 und 2.4) zeigen wird.

2.3.3 Psychologische Emotionstheorien

Nach Scherer (2000) bietet es sich an, die aktuelle Vielfalt an Emotionstheorien und

Modellen in vier Kategorien einzuteilen: dimensionale, kategoriale, bedeutungs-

orientierte und Komponenten-Modelle. Hier werden jeweils nur die prominentesten

bzw. für diese Untersuchung relevantesten Vertreter aufgeführt. Für Details und

Orginalliteratur wird auf Scherer (2000) verwiesen, der die Modelle ausführlich

diskutiert. Generell lässt sich vorweg festhalten, dass Emotionen in den wissen-

schaftlichen Modellen als evolutionär entwickelte Anpassungsleistungen zu sehen sind,

denen ein Wert für das Überleben des Organismus eingeräumt wird – sie also in

dieser Hinsicht zu begrüßen sind: „In order to survive, an organism cannot simply

understand the situation; it has to be motivated to do something about it“ (Ellsworth &

Scherer, 2003, S. 572). Diese Wertschätzung aller Emotionsdimensionen ist, wie oben

(2.3.2) ausgeführt wurde, in diesem Sinne von früheren Emotionstheoretikern und

Philosophen eher selten geteilt worden.

Dimensionale Modelle: Hier finden sich Unidimensionale Modelle und

Multidimensionale Modelle. Die Unidimensionalen Modelle unterscheiden die

emotionalen Zustände schlicht auf einer Dimension, welche entweder Aktiviertheit /

Erregung oder Valenz (angenehm / unangenehm) sein kann. Frühe Modelle sahen die

Aktiviertheitsdimension als ausreichend für die Emotionsdifferenzierung an, haben aber

an Einfluss verloren. Unidimensionale Modelle, welche die Valenzdimension als

Kriterium verwenden, argumentieren mit der Relevanz dieser Dimension sowohl für die

Beurteilung subjektiver Gefühle, als auch als Abbild der beiden fundamentalen

Verhaltenstendenzen Annäherung und Vermeidung. Diese Konzeptualisierung von

Emotionen mit zwei voneinander unabhängigen Valenzdimensionen positiv – negativ

ist mit dem sogenannten „PANAS“ Fragebogen (PANAS = positive and negative affect

scale) von Watson et al. (1988) immer populärer und akzeptierter geworden (Scherer,

2000). Dieser Fragbogen wurde auch bei der hier zu besprechenden Untersuchung

eingesetzt. Die Multidimensionalen Modelle haben in der Emotionspsychologie eine

lange Tradition. Wilhelm Wundt (1874), der berühmte deutsche Psychologe, führte ein

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Modell mit drei unabhängigen Dimensionen (Valenz, Aktiviertheit, Aufmerksamkeit),

dass nach Scherer (2000) starken Einfluss auf die frühe Emotionsforschung hatte.

Russel und Pratt (1980) arbeiteten in den USA ein daran angelehntes Multidimensio-

nales Emotionsmodell aus, das einen zweidimensionalen Raum, ähnlich einem

Koordinatensystems (von ihnen „Circumplex-Modell genannt) eröffnet, in dem auf

beiden Dimensionen ein Kontinuum zum Abtragen aller Emotionen verfügbar ist.

Abbildung 4: Darstellung des Circumplex-Modells mit den Dimensionen Erregung und Valenz [Abb. nach Russel & Pratt, 1980].

Diese gebräuchliche Variante eines mehrdimensionalen Modells ist eine der

Grundlagen des experimentellen Designs der hier zu besprechenden Studie, und

wurde über die Operationalisierung mittels einer Selbsteinschätzungsskala, genannt

„SAM“-Skala (SAM = Self Assessment Manikin) daneben in sehr vielen experimen-

tellen Untersuchungen der letzten Jahre zur Erhebung der subjektiven Emotionskom-

ponente verwendet (Bradley & Lang, 1994). Nach Scherer (2000) sind die dimen-

sionalen Modelle außerdem überaus bedeutsam im Bereich der neuro-

wissenschaftlichen Erforschung der Emotionsverarbeitung. Davidson (2003), Lang

(1995) und Bradley et al. (2001) sind Beispiele für Forscher auf diesem Gebiet (das

unter 2.3.4 und 2.4 vorgestellt wird), welche die Valenz-Dimension (angenehm /

unangenehm) mit einem phylogenetisch verstandenen „approach – avoidance“

Mechanismus in Zusammenhang bringen, wobei sie für diese Motivationen spezifische

Gehirnareale bzw. Schaltkreise postulieren. Auf deren Modelle baut die in dieser

Studie durchgeführte Emotionsmessung zur Erfassung der durch Achtsamkeitspraxis

vermuteten Veränderungen auf. Die subjektive Valenz wird über das unter 3.3.1

vorgestellte SAM-Rating erfasst, die motivationalen Mechanismen über den Einsatz

des „Startle-Paradigmas“, eines peripher-physiologischen Emotionsindikators, der

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unter 2.5.1 vorgestellt wird. Hierin liegt der Anknüpfungspunkt an die Achtsamkeits-

forschung, die eine explizite Wirkung der Achtsamkeitspraxis auf eine Verringerung

von Gier- und Aversionsreaktionen auf die subjektive Erfahrung hin vorhersagt (siehe

2.2.6 und 2.4.1).

Kategoriale Modelle: In dieser Kategorie von Emotionstheorien unterscheidet

Scherer (2000) weiterhin „Schaltkreismodelle“ und „Basis-Emotionen-Modelle“. Die

Schaltkreismodelle, Panksepp (1998) ist hier einer der prominentesten Vertreter,

nehmen an, dass die Anzahl fundamental unterschiedlicher und unterscheidbarer

Emotionen von umschriebenen, evolutionär entstandenen neuronalen Schaltkreisen

determiniert wird. Panksepp benennt vier grundlegende Schaltkreise oder auch

„emotive command systems“: Wut, Angst, Erwartung, Panik. Dabei ist seine Hypothese

zentral, dass jedes dieser vier neuronaler Systeme ein distinktes und eindeutiges

Muster an reaktivem Verhalten produziert, das für den Organismus unter den

entsprechenden auslösenden Umständen für das Überleben von entscheidender

Bedeutung ist. Als Erklärung für die weitaus höhere Anzahl subjektiv unterscheidbarer

Emotionen führt Panksepp eine Interaktion dieser Emotionsschaltkreise an, die ein

„Überblenden“ der vier Systeme hin zu „second order emotive states“ zur Folge hat.

Bei den Basis-Emotionen-Modellen sind ebenfalls evolutionäre Überlegungen theorie-

leitend. Es wird angenommen, dass sich im Laufe der tierischen und menschlichen

Evolution einige fundamentale Emotionsmechanismen, die sogenannten Basis-

Emotionen herausgebildet haben, da diese die jeweils optimalsten adaptiven

Überlebensstrategien darstellten. Es werden, je nach Theorie, zwischen 7 und 14

solcher Basis-Emotionen postuliert, denen eigene Auslösebedingungen, spezielle

physiologische, expressive, und Verhaltens-Reaktionsmuster zugeordnet werden

(Scherer, 2000). Dieses auf Darwin´s Arbeiten (1890) zurückgehende Emotionsmodell

wird in neuerer Zeit durch die bekannten Forschungsarbeiten von Paul Ekman (1992)

vertreten, der vielfältige Arbeiten zu den spezifischen Gesichtsausdrücken bei jeder der

unterschiedlichen Basis-Emotionen angestoßen hat. Da diese diskreten Basis-

Emotionen als in unterschiedlichen vererbten neuronalen Programmen realisiert

verstanden werden, wurden viele Argumente und Studien zur Universalität dieser

Basis-Emotionen über alle Kulturen und Ethnien hinweg vorgebracht (Ekman, 1973,

1990). Da nach Scherer (2000) die Nachkriegspsychologie aufgrund dieser

Forschungstradition ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Thema Emotionen lenkte,

sind deren Einflüsse auf viele zeitgenössische Arbeiten erkennbar.

Bedeutungsorientierte Modelle: Auf diese Modelle soll hier nur flüchtig einge-

gangen werden, da sie für die hier zu besprechende Studie nicht von Relevanz sind

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Theoretische Grundlagen

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und auch insgesamt in der Emotionsforschung eine Nischenstellung einnehmen

(Scherer, 2000). Es werden unterschieden Lexikalische Modelle und Sozial-Konstrukti-

vistische Modelle. Erstere lenken das Augenmerk auf die in der Alltagssprache

verwendeten emotionalen Begrifflichkeiten, und vermuten, dass eine Analyse der

zugrunde liegenden linguistischen Strukturen Aufschluss über die Natur der affektiven

Phänomene gewährt. Sozial-Konstruktivistische Modelle interessieren sich ebenfalls

für den emotionalen Wortschatz einer Gesellschaft, da ihres Erachtens die in einer

Sprache zur Verfügung stehenden emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten (= Wort-

schatz) die emotionalen Bedeutungsstrukturen dieser Kultur widerspiegelt.

Komponenten-Modelle: „The general rule suggested by appraisal theorists is

that emotions consist of patterns of perception, or rather interpretation, and their

correlates in the central and peripheral nervous systems (Ellsworth & Scherer, 2003, S.

572). Auf diese Modelle soll schwerpunktmäßig eingegangen werden, da sie einen

Anknüpfungspunkt für die Wirkmechanismen der Achtsamkeitspraxis bieten. Bei

Betrachtung der zentralen Definition der Komponenten-Modelle von Frijda (1986, S.

193) „emotional experience (…) is experience of the situation as interpreted by the

organism“ werden leicht die Parallelen dieser Sicht auf Emotionen zu der buddhis-

tischen Betrachtung (2.1) deutlich. Die Kernannahme dieser Art von Emotionsmodellen

ist, dass Emotionen durch die kognitive (nicht notwendigerweise bewusste oder

kontrollierte) Bewertung („appraisal“) der vorausgehenden Situationen oder Ereignisse

(intern oder extern) ausgelöst werden. Die auf das Ergebnis dieser Evaluation

folgenden, synchronisierten Reaktionsmuster in den verschiedenen Komponenten

(Physiologie, Gefühl, Ausdruck, Verhaltenstendenzen / Motivationen) sind bedingt

durch die Bedeutung der Situation für den Organismus (Ellsworth & Scherer, 2003;

Scherer, 2000): „(…) many psychologists have proposed appraisal models of emotion,

postulating that organisms evaluate events and situations in a number of given

dimensions with the result of the appraisal process determining the nature of the

ensuing emotion“ (Scherer, 2000, S.153). Unterschieden werden dabei bewusste

(kontrollierte) und unbewusste (automatische) Appraisal-Prozesse. Die Vorstellung,

dass die Evaluationsprozesse auf verschiedenen Ebenen der Informationsverarbeitung

und damit des Nervensystems ablaufen können (z.B. sensomotorisch, schematisch,

konzeptuell), schafft eine starke Verbindung zwischen den Komponenten-Modelle und

den weiter unten (2.3.4) besprochenen neurowissenschaftlichen Theorien. Dort hat vor

allen anderen LeDoux´s „dual path model of emotion elicitation“ (1996) große

Bedeutung und Rezeption gefunden, in dem er zwei unterschiedliche neuronale

Bahnen der Emotionsverarbeitung proklamiert: eine automatische Bahn („quick and

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dirty“) via Amygdala, die von einigen Autoren im Hinblick auf unbewusste emotionale

Prozesse diskutiert wird (Öhman, Flykt & Ludqvist, 2000; Winkielman & Berridge,

2004). Des Weiteren eine Bahn, die den präfrontalen Kortex miteinbezieht, und deren

Einfluss eine (bewusste) Modulation der Amygdalaaktivierung erlaubt. Innerhalb der

Komponenten-Modelle findet sich ein Kontinuum in Bezug auf die angenommene

Feinkörnigkeit der kognitiven Evaluationsprozesse. Lazarus (1991) repräsentiert hier

das restriktive Ende. Seine grundlegende Theorie zu den subjektiven Appraisal-

Prozessen, die einerseits die Signifikanz oder Bedeutung, andererseits die Fähigkeit

der Person, mit dem Ereignis erfolgreich umgehen zu können umfasst, entwirft die

Appraisal-Prozesse als themen-zentriert. Damit wird eine begrenzte und umschriebene

Anzahl zentraler und fundamentaler Bewertungsdimensionen in den appraisals

mitgedacht, die dadurch die Basis- oder Haupt-Emotionen generieren. So findet seine

Theorie Anknüpfungen an die Kategorialen Modelle, wobei er jedoch den

Auslöseprozess detaillierter herzuleiten vermag. Klaus Scherer legt mit seinem

Komponenten-Modell (Ellsworth & Scherer, 2003; Scherer, Schorr & Johnstone, 2001;

Scherer, 1984, 2003) eine Theorie vor, die am entgegengesetzten Ende der Skala

angesiedelt ist: Er argumentiert, dass es so viele Emotionen wie Appraisal-Prozesse

geben kann, deren Anzahl und Unterschiede nicht auf distinkte Themen beschränkt

seien. Gleichwohl vermutet er, um den Anschluss an die Kategorialen Theorien zu

gewährleisten, sogenannte „modale appraisals“, die durch häufiges und universelles

Vorkommen emotionale Prozesse anstoßen, die den Basis-Emotionen entsprechen.

Nach Scherer (2000) ist ein Vorzug der Komponenten-Modelle, dass sie sich darum

bemühen, die Verbindung zwischen den Auslösebedingungen und den Reaktions-

mustern genauer zu beleuchten: „Theorists in the componential model category have

started to work out detailed predictions of specific physiological, expressive, and

motivational changes of specific appraisal results (Scherer, 2000, S. 150). Entschei-

dend für die Untersuchung dieses Zusammenhangs ist nach Scherer (2000) die

Analyse der Appraisal-Prozesse: Nach Ellsworth und Scherer (2003) finden Appraisal-

Prozesse auf sechs verschiedenen Dimensionen statt, über die bei den meisten

Appraisal-Theoretikern Konsens herrscht: Neuheit, Valenz, Bedeutung für die eigenen

Ziele, Verursacher und dessen Motive, gefühlte Bewältigungsfähigkeit, Norm-

kompatibilität. Wie die unter 2.1 referierte Kette des bedingten Entstehens rekonstruiert

auch die Appraisal-Theorie das Entstehen der Emotion, die Verwandtschaft der beiden

Ansätze ist offensichtlich: „An orienting response may occur, and (...) very often the

next step is a sense of intrinsic pleasantness or unpleasantness (Zajonc, 1980), often

occurring so quickly that it is subjectively indistinguishable from the experience of

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attention. Especially when the valence is negative, further appraisals ensue, and the

emotional experience changes from ‘feeling good’ or ‘feeling bad’ to some

differentiated state” (Ellsworth & Scherer, 2003, S. 574). Genau hier lässt sich der

Einfluss der Achtsamkeitspraxis theoretisch verankern. Da in diesen modernen

Emotionstheorien dem Ergebnis des Appraisal-Prozesses ein grundlegender Stellen-

wert für die Art und Intensität der daraufhin ausgelösten Prozesse in den restlichen

Emotions-Komponenten zugebilligt wird, lässt sich leicht argumentieren, dass sich

diese Prozesse durch das Eingreifen der Achtsamkeit verändern müssten, da eine

achtsame Haltung zu anderen appraisals führen sollte, als die gewöhnliche,

„untrainierte“ Haltung. Scherer (2000, S. 152) formuliert die Basis für diese Annahme,

indem er schreibt: „(…) component theorists share the (…) insistence on the powerful

role of sociocultural determinants of emotional experience by assuming, for example,

that cultural values can strongly affect appraisal, that the regulation of the emotion

depends on norms and social context (...).” Der kulturelle Kontext vermag also die

Haltung den Ereignissen gegenüber zu verändern, ebenso wie es die Praxis der

Achtsamkeit vermag. Durch die erörterte Desidentifikation, die Gewissheit des

Wandels sowie durch die Akzeptanz sollten also die (automatisch) ablaufenden

Appraisal-Prozesse im Laufe der Praxis immer mehr moduliert und modifiziert werden,

so dass gemäß Scherer´s Modell auch zunehmend andere Reaktionsmuster auf die

auslösende Situation hin entstehen sollten. Der Einfluss der durch Achtsamkeit

bewirkten neuroplastischen Veränderungen (siehe 2.2.6) auf die Appraisal-Prozesse

wird von Scherer (2000, S. 154) als interessantes Gebiet impliziert, wenn er schreibt:

„Another factor of interest, largely unexplored (…) concernes the mediating effects of

individual differences. For example, it is probable that the specific features of an

individual´s central nervous system (…) can affect the cognitve evaluation of situations

or events.” Nun lässt sich mit den Ausführungen über die Achtsamkeitspraxis

argumentieren, dass vor allem auf drei der Appraisal-Dimensionen Einfluss durch die

Praxis genommen wird: Auf die Valenz-Appraisals, auf appraisals über die Bedeutung

für die eigenen Ziele, sowie die appraisals zur gefühlten Bewältigungsfähigkeit. Nach

Ellsworth und Scherer (2003) sind die Mechanismen, die sowohl in Tieren als auch

Menschen die generelle Valenz-Evaluation generieren dem Gehirn mittels neuronaler

Schaltkreise fest eingearbeitet, da sie das Überleben der Art sichern. Die initiale

Valenz-Evaluation sollte also auf einem sensumotorischen, automatischen und nicht

kontrollierbaren Level ablaufen, was sich mit der buddhistischen Sicht deckt, die ein

Entstehen von Valenzurteilen als ebenso unvermeidlich betrachtet (2.1.1 und 2.1.2).

Wie mit der unweigerlichen Valenzbewertung weiter verfahren wird, ist jedoch

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beeinflussbar: Wie in einem obigen Zitat von Scherer beschrieben, folgen (vor allem

bei negativer Valenz) daraufhin gewöhnlich zusätzliche appraisals, welche die Emotion

weiter beeinflussen (oft eskalierend). Die Appraisal-Dimension „Valenz“ sollte daher

von Achtsamkeitspraxis dahingehend moduliert werden, dass durch die Akzeptanz und

Beobachterhaltung negative Valenz zu weniger weiteren (negativen) appraisals führt,

da sie nicht als bedrohlich erlebt wird. Die Appraisal-Dimension „Bedeutung für die

eigenen Ziele“ sollte ebenfalls aufgrund des erlernten Abbaus von Gier und Aversion

auf die Ereignisse zu weniger weiterführenden, eskalierenden appraisals führen. Die

Appraisal-Dimension „gefühlte Bewältigungsfähigkeit“ schließlich wird durch die erlebte

Selbstregulationsfähigkeit (2.2.6) ebenfalls zu immer weniger bedrohlichen appraisals

führen. Achtsamkeitspraxis führt also in der Perspektive der Appraisal-Theorien

aufgrund von weniger, aber adaptiveren Appraisal-Prozessen zu anderen Reaktions-

mustern in den emotionalen Komponenten, u.a. zu dem in den Hypothesen 2a / 2b

postulierten schnelleren Abfall der emotionalen Reaktion.

Da die bisherige Emotionsforschung nach Scherer (2000) vor allem deswegen

unterschiedliche Modelle und Theorien generierte, weil sie jeweils eine andere

Komponente der emotionalen Reaktion im Visier hatte, wäre ein großer Vorzug der

Komponenten-Modelle eine mögliche Integration vieler bisher scheinbar wider-

sprüchlicher Befunde aus den einzelnen Modellen: Dimensionale Modelle haben sich

fast exklusiv mit der Gefühlskomponente befasst, Kategoriale Modelle fast aus-

schließlich mit den Handlungs-, Motivations- oder Ausdruckskomponenten. Da somit

im Grunde kein Modell eine Theorie über die Emotion als ganzes, sondern eher eine

Subtheorie einzelner Komponenten liefert, ist es durchaus denkbar, vieles aus ihnen

unter dem Mantel der Komponenten-Modelle zu integrieren.

2.3.4 Neurowissenschaftliche Emotionstheorien

Die folgende Übersicht über die neurowissenschaftlichen Theorien zur Emotions-

verarbeitung will einerseits der angedeuteten Dominanz dimensionaler und kategorialer

Ansätze in diesem Bereich Rechnung tragen, andererseits auch die von Scherer

(2000) skizzierte Bedeutung für die Komponenten-Modelle und für eine mögliche

Integration der Forschungsansätze bestätigen. Ochsner und Feldman-Barrett (2001)

haben hierzu eine vorrausschauende Überblicksarbeit vorgelegt, in der sie sich ebenso

wie Scherer (2000) einer integrativen Sichtweise verschreiben. Jene Arbeit wird

hauptsächlich für die Darstellungen dieses Kapitels herangezogen. Ochsner und

Feldman-Barrett stellen die kognitiven Appraisal-Theorien der Psychologen (in der

Tradition von Aristoteles) den Herangehensweisen der Neurowissenschaftler

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gegenüber, die Emotionen als Ausdruck ins Gehirn gebannter, evolutionär bedingter

Handlungs- und Motivationsschaltkreise für spezielle Situationen sehen, welche dem

Überleben dienen (eher in der Tradition der Stoa). „Which view is correct? Are

emotions the product of complex cognitive appraisal, or are they embedded in our

genes and brains? (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S.39). Die oben erwähnten

Ergebnisse von LeDoux´s Forschungsarbeit (1996) weisen bereits auf eine duale

Verarbeitungweise affektiver Prozesse im Gehirn hin. Ochsner und Feldman-Barrett

(2001) bieten darauf aufbauend eine Unterteilung der Emotionsverarbeitung in auto-

matische und kontrollierte Prozesse an und argumentieren: „In this theory, emotion is

the product of an interaction between simple, nonconscious, automatic processes and

deliberative, conscious, and controlled processes“ (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001,

S.39). Diese Prozessebenen sind aus neurowissenschaftlicher Sicht auch in unter-

schiedlichen Gehirnstrukturen realisiert (siehe weiter unten), und eine umfassende

Betrachtung und Annerkennung beider Bestandteile der Emotionsverarbeitung vermag

nun endlich den aristotelischen (Emotionen können kultiviert werden) und den

stoischen Blick (Emotionen widerfahren einem) zu versöhnen (Meyer, Schützwohl &

Reisenzein, 2003).

Als automatische Prozesse verstehen sie die rapide, unbewusste und

automatische Klassifizierung von Stimuli als positiv oder negativ, also die sofort

einsetzende Valenzbewertung. Durch die Brille der Appraisal-Theorien betrachtet, sind

diese Prozesse gleichzusetzen mit den sensumotorischen bzw. schematischen

appraisals (oder „primäre“ appraisals nach Lazarus, 1991), die unbewusst ablaufen

(Ochsner & Feldman-Barrett, 2001; Scherer, 2000). Dieser Bereich der Emotions-

verarbeitung ist nach Ochsner und Feldman-Barrett (2001) nun auch der von den

dimensionalen und kategorialen Emotionsforschern untersuchte, so z.B. LeDoux´s

„quick and dirty“ pathway. Wichtigster Zweck dieser Prozesse ist die unmittelbare

Entdeckung von potenziellen Gefahren und möglichen Belohnungen, sowie der Zugriff

auf Informationen, welche Verhaltensprogramme daraufhin angemessen sind (meist

Kampf / Flucht bei Gefahr, bzw. Annäherung bei z.B. einem Sexualpartner).

Die kontrollierten Prozesse rücken Ochsner und Feldman-Barrett (2001) in die

Nähe der bewussten, kognitiven Vorgänge, die oben unter den Appraisal-Theorien

beschrieben wurden: „But emotions are only partly the result of processes that interpret

the significance of events in an automatic, or bottom up, fashion. We also consciously

direct attention to internal sensations and thoughts or external people and objects,

search for and retrieve information from memory, conctruct representations of our

experience, and select or inhibit our actions” (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S.

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40). Somit lassen sich die kontrollierten Prozesse charakterisieren als „directed, effort-

demanding processes in the generation and regulation of emotion“ (Ochsner &

Feldman-Barrett, 2001, S. 40). Diese Prozesse sind, wie bei den Appraisal-Theorien

herausgearbeitet wurde, Ziel der Achtsamkeitspraxis. Die aktive und bewusste

Gestaltung dieser Verarbeitungsebene hat nach Ochsner und Feldman-Barrett (2001)

einen profunden Einfluss auf den Gesamtverlauf der emotionalen Episode: „Studies of

pain perception demonstrated, that deliberately attending to and describing painful

physical sensations can lessen the psychological experience of them as painful (Cioffi,

1993)“ (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 40). Hier lassen sich leicht Analogien zur

Praxis der Achtsamkeit herauslesen, die genau auf diese Weise (attending and

labeling) arbeitet (siehe 2.1.2 und 2.1.6). Die beiden Autoren resümieren: „By

deliberately monitoring, activating, and processing emotions, one may consciously

reconstrue the meaning of an experience and respond differently“ (Ochsner &

Feldman-Barrett, 2001, S. 41).

Die neurowissenschaftliche Forschung hat nun einiges an Belegen

zusammengetragen, die die Vermutung stützen, dass vor allem fünf distinkte neuronale

Systeme an den verschiedenen Abschnitten und Ebenen der Emotionsverarbeitung

beteiligt sind. Tabelle 2 gibt hierzu eine erste Orientierung:

Tabelle 2: Wichtige neuronale Strukturen der Emotionsverarbeitung [nach Ochsner & Feldman-Barrett, 2001].

Gehirn-

struktur (1)

Amygdala (2)

Basalganglien

(3) Lateraler

präfrontaler Kortex

(4) Anteriorer cingulärer

Kortex (ACC)

(5) Orbitaler &

ventromedialer Frontalkortex

Funktion: Detektion und Erlernen von potentiellen Gefahren

Registrierung von Belohnung

& Erwerb von

Gewohnheiten

Abruf und Speicherung

von semantischem

Emotionswissen

Konflikt-Überwachung

Kontext-abhängige Handlungs-

planung

Anwendung:

Erkennt erregende, potentiell

bedrohliche Stimuli &

assoziiert sie mit entsprechenden physiologischen- und Handlungs-

reaktionen

Automatische Sequenz von Handlungen /

Gedanken, die sich als

konsistent verstärkend

erwiesen haben

Identifizierung und

Differenzierung von Stimuli und

Gefühlen; Attribuierung emotionaler

Qualitäten auf Stimuli;

Anwendung von Regulations-

strategien und Emotionswissen

Überwachung des ablaufenden Verhaltens und

Entscheidung, ob Veränderung

nötig ist

Kontextabhängige Regulierung & Inhibierung von

Emotions-reaktionen

basierend auf Bedeutungs-

analysen

Abruf kann automatisch

Konflikt-detektion

automatisch, Prozesstyp: automatisch

automatisch, benötigt aber Aufmerksam-

keit oder kontrolliert erfolgen

Veränderungs-initiierung kontrolliert

Kontrolliert

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Die fünf Gehirnstrukturen werden mit fünf essentiellen Funktionen in Verbindung

gebracht, die in der Emotionsverarbeitung erfüllt werden müssen, wobei die ersten drei

unbewusst und automatisch arbeiten können (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001

folgend): (1) Detektion von Gefahr und Belohnung (2) und die Auslösung der dazu

gehörenden Handlungsweisen. (3) Abruf von semantischem Emotionswissen, um den

Stimulus genauer zu evaluieren und ihm eine differenzierte emotionale Qualität zu

verleihen. Dies kann auch bewusst geschehen, indem man kontrolliert Wissen über die

Natur und die Regulationsmöglichkeiten der jeweiligen Emotion im semantischen

Gedächtnis abruft. Wie nun mit dieser initialen Reaktion weiter verfahren wird, liegt in

der Hand der (4.) und (5.) Hirnstruktur und deren Funktionen, auf die ein bewusster,

kontrollierter Zugriff möglich ist: (4) evaluiert und determiniert, inwiefern der Emotions-

prozess tiefer verstanden oder besser kontrolliert werden muss, im Falle eines

detektierten Werte- oder Zielkonflikts, oder bei Diskrepanzen zwischen bewussten

Plänen und gebahnten Verhaltenstendenzen. (5) schließlich analysiert die Bedeutung

eines Stimulus, des Verhaltens und des Kontextes, um daraus die Entscheidung für

eine Handlungsplanung oder Verhaltensauswahl zu treffen, die wiederum auf (3) bis

(5) zurückwirkt.

Abbildung 5: Anatomische Verortung der Amygdala und des Hippocampus [Abb. von http://www.humanillnesses.com].

Zu (1) Amygdala (Abbildung 5): Erfassung, Verarbeitung und Reaktionsplanung

bei potentiell bedrohlichen Reizen. Die Amygdala ist die Gehirnstruktur, deren

Bedeutung für die Emotionsverarbeitung bisher am detailliertesten erforscht ist (Lane &

Nadel, 1999). Ihre Aufgabe ist vor allem die Enkodierung von Stimulus – Affekt

Assoziationen, vor allem für Stimuli, die eine potentielle Gefahr darstellen. Nach

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LeDoux (1996) kann die Information über die Identität des Stimulus über zwei

verschiedene Leitungsbahnen gelangen: Zum einen über die kortex-basierte Verbin-

dung, die in der Lage ist, in komplexen Analysen perzeptuelle Eigenschaften des

Stimulus aufzulösen und ihn zu erkennen. Der zweite Weg führt direkt von den

sensorischen Organen über den Thalamus in die Amygdala und reicht aus für ein

grobes aber schnelles („quick and dirty“) Bestimmen der affektiven Signifikanz, für das

Lernen von Stimulus – Response Konditionierungen und für die dementsprechenden

Reaktionen bei bedrohlichen Reizen. Experimente unter zu Hilfenahme des „backward-

masking" Paradigmas konnte Amygdala Aktivität messen, ohne dass die (unterhalb der

Reizschwelle) gezeigten negativen Bilder bewusst erfasst wurden (siehe dazu Öhman,

Flykt & Ludqvist, 2000). Eine weitere Funktion ist nach Davidson und Irwin (1999) der

Einfluss auf die Konsolidierung von episodischen Erinnerungen an emotionale

Ereignisse, wobei die Amygdala für den Erinnerungsvorteil von negativen vor positiven

Ereignissen verantwortlich ist (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001). Einige Experimente

erwecken den Anschein, als spiele die Amygdala ebenfalls beim Kontakt mit

unbekannten, neutralen Stimuli eine Rolle, indem sie feuert, bis sichergestellt ist, dass

die ambivalenten (da unbekannten) Reize keine Gefahr darstellen. Insgesamt scheint

die Aktivität in dem Maße nachzulassen, wie sie die Umgebung als sicher und

unbedrohlich einstuft (Whalen, 1998). In dem Zusammenhang verwundern auch die

von Anders et al. (2004) errechneten Korrelationen von Amygdalaaktivität und Höhe

der Schreckreaktion (Startle, siehe 2.5.1) auf einen akustischen Schreckreiz nicht.

Abbildung 6: Lage und Bestandteile der Basalganglien [Abb. von http://www.cjd-goettingen.de/bilder/basal].

Zu (2) Basalganglien (Abbildung 6): Das effiziente Erlangen von Belohnungen.

Die Basalganglien bestehen aus zwei Hauptabschnitten, dem Putamen und dem

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Nucleus Caudatus. Sie sind dafür zuständig, Verhalten oder Gedanken, die sich als

zuverlässig zur Erreichung von Belohnungen, zur Erlangung eines erwünschten

Ergebnisses, erwiesen haben, zu enkodieren, zu konditionieren und auszulösen, wenn

es ertragreich erscheint (Berridge, 2003; Panksepp, 1998). Sie erhalten Input von den

parietalen und temporalen Kortices und schicken ihre Befehle an diverse motorische

Zentren. Nach Davidson (2003) und Berridge (2003) sind die Basalganglien vor allem

für das mit positiven Emotionen assoziierte Annäherungsverhalten wichtig. „This

implicit skills are essential because they allow us to make automatic the sequences of

thought and action that lead to attainment of goals and receipt of rewards of various

kinds“ (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 50).

Abbildung 7: Ausdehnung des lateralen präfrontalen Kortex (blau) [Abb. aus Davidson, Putnam & Larson, 2000].

Zu (3) lateraler präfrontaler Kortex (Abbildung 7): Verarbeitung und Nutzung

komplexen emotionalen Wissens. Komplexere emotionale Informationen, die in Form

von organisierten Strukturen bezüglich bedeutsamer Beziehungen zwischen Reizen

angeordnet sind, werden „emotionale Konzepte“ oder „Schemata“ genannt (Ochsner &

Feldman-Barrett, 2001). Dieses semantische Wissen kann folgende Bereiche

umfassen:

• Abstraktes Wissen über die Verursachung einer Erfahrung

• Die individuelle Bedeutung einer Situation, auch im Hinblick auf Ziele und Werte

• Körperwahrnehmungen

• Regeln für die Expression der Emotionen

• Interpersonellen Funktionen und Auswirkungen von Emotionen

• Wissen über die Regulation, also die Intensivierung oder Abschwächung

emotionaler Reaktionen

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Der laterale präfrontale Kortex (PFC) hat die Fähigkeit, dieses durch Erfahrung

erworbene, im semantischen Gedächtnis abgelegte Wissen abzufragen (Davidson,

2004a). Wird dieses semantische Wissen nach einer initialen Amygdala- oder

Basalganglienerregung automatisch oder kontrolliert aktiviert, so wird es Teil der

emotionalen Reaktion: „That is, a discrete emotional episode can emerge in the context

of complex emotional knowledge that allows us to differentiate, label, and even draw

inferences about our emotional states“ (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 51).

Diese Art der Evaluation emotionaler Stimuli durch Zugriff auf komplexere semantische

Wissensstrukturen funktioniert somit unabhängig von den schnellen, automatischen

und einfachen Assoziationen und Bewertungen der Amygdala bezüglich potentieller

Bedrohung (Davidson, 2004a). Obwohl beide Arten von Emotionswissen unter-

schiedlich organisiert und abgefragt werden, interagieren die Systeme jedoch mit-

einander, wie das Kapitel zur Emotionsregulation (2.4) genauer herausstellen wird.

Abbildung 8: Lage des anterioren cingulären Kortex (gelb) [Abb. aus Davidson, Putnam & Larson, 2000].

Zu (4) anteriorer cingulärer Kortex (Abbildung 8): Prüfung der Notwendigkeit

von kontrollierter Verarbeitung. „Evaluating the need for regulation is the function of the

anterior cingulate cortex (ACC), and this evaluative function is an essential part of

many types of controlled processes. At a broad level, the ACC can be seen as part of

an executive system used to regulate behavior in many domains. (…) Studies have

implicated the ACC in various kinds of behavior that involve monitoring and evaluating

of one’s behavioral performance, one’s internal state, or the presence of external

rewards" (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 54). Der ACC ist letztlich also eine Art

Überwachungssystem, welches meldet, sobald sich der aktuelle Zustand des

Organismus (oder der Umwelt) zu weit von erwünschten Zielen und Bedürfnissen

entfernt hat. Diese Funktion scheint der ACC mit wachsender Größe besser

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auszuführen (Bush, Luu & Posner, 2000). Die in Abschnitt 2.2.5 und 2.2.6 berichteten

neuroplastischen Effekte der Achtsamkeitspraxis mögen somit die bei Meditierenden

beobachtbaren Fähigkeiten der Emotionsregulation (Erisman, Salters-Pedneault &

Roemer, 2005) auch über eine verbesserte Funktion und Vergrößerung des ACC

erklären. Die Signale des ACC sind in diesem Sinne das erste Glied in der Kette einer

Kaskade weiterer evtl. einzuleitender Prozesse der Emotionsregulation, um das

Verhalten und Erleben wieder mit den Erwartungen in Einklang zu bringen (Davidson &

Irwin, 1999). Hinweise, auf die der ACC dementsprechend reagiert beinhalten:

Unsicherheit, Konflikte, Schmerz, Verletzung von Erwartungen. Der ACC bewertet

ebenfalls kontinuierlich die zukünftig von einem Stimulus zu erwartenden

Auswirkungen (Bestrafung / Belohnung). Nach Ochsner und Feldman-Barrett (2001)

repräsentiert der ACC damit „the conscious correlate of pain, uncertainty, conflict,

emotional experience, and expectancy violation, signaling that behavioral change and

reorientation of attention may be necessary” (S. 56). Auch in der Emotionstheorie von

Damasio (2000) wird der ACC als bedeutsam für das bewusste Emotionserleben

herausgestellt, des Weiteren fanden Beauregard et al. (2001) und Lane et al. (1998) in

fMRI-Studien Belege für die Rolle des ACC als Schnittstelle zur bewussten

Wahrnehmung und Regulation von Emotionen (siehe auch Barrett, Mesquita, Ochsner

& Gross, 2007; Lane, 2000). Corrigan (2004) diskutiert aktuelle fMRI-Befunde, und

unterstreicht mit ihnen die Rolle des ACC bei psychotherapeutischen Veränderungs-

prozessen.

Abbildung 9: Der orbitale und ventromediale Frontalkortex [Abb. aus Davidson & Irwin, 1999].

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Zu (5) orbitaler (OFC) und ventromedialer (VMFC) Frontalkortex (Abbildung 9):

Auswahl und Implementierung von Regulationsstrategien. Unsere bottom-up

gesteuerten emotionalen Reaktionen sind nicht in jeder Situation angemessen oder

folgerichtig (Thayer & Lane, 2000). Die effektive und genaue Analyse der Relevanz

und affektiven Bedeutung eines gegebenen emotionalen Kontextes und die

Implementierung der daraufhin ausgewählten Regulationsmechanismen ist Aufgabe

und Fähigkeit des OFC und VMFC (Davidson & Irwin, 1999; Phan et al., 2002). Dabei

erlaubt es die Verarbeitung der beiden Strukturen, eine fortwährend aktualisierte

Einschätzung der affektiven Qualität zu repräsentieren: „(…) whereas subcortical areas

continue to represent information about the past reinforcement properties of a stimulus,

the OFC / VMFC tracks the current affective value of the stimuli. And when necessary,

the OFC / VMFC changes their value when a stimulus – reward pairing changes“

(Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 58). Eine weitere wichtige Stufe in diesem

Prozess ist den beiden Autoren zufolge die Feststellung der motivationalen Relevanz

eines Objektes. Nachdem diese beiden Aspekte festgelegt wurden, richten die OFC

und VMFC sowohl Handlungstendenzen als auch nachfolgende kognitive Prozesse

danach aus. Damit ermöglichen es uns diese neuronalen Strukturen, basierend auf

ihren Analysen, sowohl bereits in Gang gesetzte emotionale Reaktionen top-down zu

modulieren, als auch neue emotionale Prozesse anzustoßen. „These two functions

form the foundation for the active regulation of emotion and emotion-guided behavior“

(Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 60). Critchley, Elliott, Mathias & Dolan (2000)

berichten demgemäß von einer Modulierung von EDA-Aktivität durch frontale

Kortexbereiche, vor allem durch den OFC.

Neben dem von Ochsner und Feldman-Barrett aufgegriffenen Gehirnregionen

spielen noch weitere Areale in der Emotionsverarbeitung eine Rolle: Der Hippocampus

für kontextbezogene emotionale Gedächtnisinhalte (Davidson, 2004a; Davidson,

Jackson & Kalin, 2000; Phelps, 2004), der Nucleus Accumbens und das

mesolimbische Belohnungssystem für die die Verarbeitung von Lust und positiven

Emotionen (Berridge, 2003; Davidson & Irwin, 1999), die Insula und der

somatosensorische Kortex, mittelbar über interozeptive Prozesse, für die Intensität der

subjektiven Gefühlswahrnehmung (siehe Phan et al., 2002, 2004; Pollatos, Kirsch &

Schandry, 2005; Vaitl, 1996) und die Regulation autonomer emotionaler Reaktionen

(Davidson & Irwin, 1999). Für die Diskussion der Bedeutung des Hirnstamms wird auf

Damasio (2000) und Berridge (2003) verwiesen.

Hippocampus (Abbildung 5): Davidson, Jackson und Kalin (2000) demon-

strieren in ihrem Artikel ausführlich den Einfluss des Hippocampus, der seit langem mit

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Gedächtnisleistungen in Verbindung gebracht wurde (Schandry, 2006), auf das

Erlernen und Anwenden von kontextbezogenem Emotionswissen. Dabei vermuten Sie,

dass der Hippocampus vor allem bei der Bereitstellung von Wissen über kontext-

angemessenen emotionalen Ausdruck und die Auswahl entsprechenden emotionalen

Verhaltens eine Schlüsselrolle zukommt. Sie referieren Befunde über Hippocampus-

Dysfunktionen bzw. -läsionen, die in der Folge zu emotionalem Verhalten führten, das

zwar durchaus normal, jedoch der jeweiligen Situation absolut unangemessen war

(Davidson, 2004a). Der Hippocampus steht somit in seiner Funktion den Strukturen (5)

(OFC und VMFC) der Tabelle 2 nahe, die ebenfalls für die kontextbezogene Analyse

zuständig sind. Phelps (2004) fügt diesen Befunden Erkenntnisse über bidirektionale

Beeinflussung von Hippocampus und Amygdala beim Lernen emotionaler Gedächtnis-

inhalte hinzu.

Abbildung 10: Projektionen des mesolimbischen Dopaminsystems [Abb. von http://pubs.niaaa.nih.gov].

Nucleus Accumbens und mesolimbisches Dopaminsystem (Abbildung 10): Das

mesolimbische Belohnungssystem ist seit langem an Tieren (Davidson & Irwin, 1999)

erforscht. Auch beim Menschen zeigen einige neuere Bildgebungsstudien (Berridge,

2003) die Bedeutsamkeit für positive Affekte, Lust, aber auch Substanzabhängigkeit.

Es ist im Wesentlichen ein dopaminerges System, das seinen Ausgang im Mittelhirn im

ventralen Tegmentum nimmt, und sich zum Nucleus Accumbens erstreckt. So wie die

Amygdala den Angelpunkt der Verarbeitung von negativen Emotionen darstellt, lässt

sich das mesolimbische Dopaminsystem durchaus als Lustzentrum bezeichnen

(Berridge, 2003). So berichtet Berridge (2003) von erhöhter Aktivität der dopaminergen

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Neurone bei zahlreichen als positiv erlebten Tätigkeiten und Stimulationen (Sex,

Drogen, genussvolle Mahlzeiten etc.)

Abbildung 11: Lage des insulären Kortex in einem Transversalschnitt des Gehirns [Abb. von http://www.sinnesphysiologie.de].

Insulärer und somatosensorischer Kortex (Abbildung 11 und Abbildung 13): Die

Insula und der somatosensorische Kortex spielen bei der emotionalen Verarbeitung

ebenfalls eine Rolle, speziell bei der Wahrnehmung von Körperempfindungen und

Signalen des inneren Milieus, der so genannten Interozeption (Berntson, Sarter &

Cacioppo, 2003; Cameron, 2001, 2002; Craig, 2002, 2003; Critchley, 2005; Critchley,

Wiens, Rotshtien, Ohman & Dolan, 2004; Herbert, 2005; Pollatos, Kirsch & Schandry,

2005; siehe auch Abbildung 12). Vor allem der bekannte Neurologe Antonio Damasio

hat sich mit seiner umfassenden Theorie der „somatischen Marker“ (siehe Damasio,

2000, 2001; Damasio, A.R., Tranel & Damasio, H., 1991) und deren Bedeutung für

Gefühle, Bewusstsein und Entscheidungsprozesse auf diesem Gebiet einen Namen

gemacht. Besonders bemerkenswert scheint seine These, die somatischen Marker

trägen zu rationalen Entscheidungen in komplexen Situationen bei, die affektiven

Prozesse seien folglich für die rationalen kognitiven Vorgänge von eminenter

Wichtigkeit. Diese Theorie wäre damit der deutlichste Versuch einer Integration der in

2.3.2 beschriebenen gespaltenen Sichtweisen über das Verhältnis von Emotion und

Rationalität. Für eine ausführliche Darstellung der Theorie wird aufgrund ihrer

Komplexität auf Damasio (2000) sowie auf Dunn, Dalgleish und Lawrence (2006)

verwiesen. Die für die Interozeption verantwortlichen Areale Insula und sensomoto-

rischer Kortex sind, wie in Abschnitt 2.2.5 und 2.2.6 herausgestellt wurde, neuronale

Areale, die mit zunehmender Achtsamkeitspraxis (explizites Training des Gewahrseins

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von kognitiven und körperlichen Prozessen) unter den Einfluss neuroplastischer

Prozesse geraten, und durch Ausdifferenzierung und Vergrößerung einen Funktions-

zuwachs erlangen (Lazar et al., 2005). Nun zeigen neuere experimentelle Unter-

suchungen, dass zunehmendes interozeptives Gewahrsein (gemessen über die

Fähigkeit, den eigenen Herzschlag wahrzunehmen, siehe Knapp-Kline & Kline, 2005)

positiv korreliert mit der erlebten Gefühlsintensität (u.a. Barrett, Quigley, Bliss-Moreau

& Aronson, 2004; Bechara & Naqvi, 2004; Craig, 2004; Pollatos, Kirsch & Schandry,

2005; Wiens, 2005). „Some evidence exists for the right insula to play an important role

in connecting emotional experience with interoceptive awareness. (…) Following this

assumption, one may conclude that the extent of a person’s sensitivity to bodily signals

(‘interoceptive awareness’, ‘visceral perception’) should be related to the experienced

intensity of emotions” (Pollatos, Kirsch & Schandry, 2005, S. 949). Damit sind die

Hypothesen 1a / 1b (siehe 2.6) auch von emotionswissenschaftlicher Seite gestützt.

Abbildung 12: Verschränkung emotionaler und interozeptiver Prozesse [Abb. aus Bechara & Naqvi, 2004].

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Diese Verschränkung von Interozeptionsfähigkeit und intensiverer Gefühls-

wahrnehmung korreliert wiederum mit dem Konstrukt der “Emotionalen Intelligenz“

(Goleman, 1997a), wie es von Schneider, Lyons und Williams (2005) über

Fragebogenmaße erfasst wurde (siehe dazu auch Mayne, 2001). Im nächsten Schritt

lässt sich dieser Zusammenhang also auch auf einen parallelen Anstieg von

Achtsamkeit und emotionaler Intelligenz ausdehnen. Der insuläre Kortex ist weiterhin

von Bedeutung für die Regulation der autonomen emotionalen Reaktionen wie z.B. die

peripherphysiologische elektrodermale Aktivität: „The insular cortex receives afferents

from several major autonomic regions and sends efferents to a number of brain regions

that play a critical role in regulating autonomic responses that accompany emotion

including the central nucleus of the amygdala and the lateral hypothalamus” (Davidson

& Irwin, 1999, S. 19). Hier liegt also auch eine Möglichkeit der Modulation der

elektrodermalen Aktivität, die in der hier vorzustellenden Studie als Indikator für die

physiologische Komponente der emotionalen Reaktion eingesetzt wurde (siehe dazu

auch Critchley et al., 2000). Interessanterweise berichten Wiens, Mezzacappa und

Katkin (2000), dass bei Probanden mit im Vergleich erhöhtem interozeptiven

Gewahrsein und intensiver erlebten Emotionen die peripherphysiologischen Reaktio-

nen wie EDA und Herzrate nicht signifikant von der Kontrollgruppe abwichen. Damit

wird die durch die Hypothesen 1 und 3 im Anschnitt 2.6 angenommene, mit fortschrei-

tender Achtsamkeitspraxis einsetzende Dissoziation der Emotionskomponenten Gefühl

� und physiologische Komponenten � gestützt. Für die Hypothesen bedeutet dies die

zugrunde liegende Annahme, dass die mit fortschreitender Achtsamkeitspraxis erlebte

intensivere Gefühlswahrnehmung vermittelt wird durch sensitivere Interozeptions-

prozesse, und nicht durch einen Anstieg der physiologischen Erregung.

Abbildung 13: Lage des somatosensorischen Kortex und der „Homunculus“ [Abb. aus Schandry, 2006].

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Zusammenfassend lässt sich der Ablauf emotionaler Episoden aus Sicht der

Neurowissenschaften also wie folgt skizzieren: Gewöhnlich springen die automatischen

Prozesse auf emotional relevante Stimuli hin unbewusst an, Amygdala und Basal-

ganglien evaluieren externalen und internalen Input auf zu erwartende Bedrohung oder

Belohnung. Wird Gefährdung detektiert, assoziiert die Amygdala unmittelbar den Reiz

mit einer einzuleitenden Reaktion (Vermeidung, Flucht), sie stellt also den Kern des

von Bradley et al. (2001) so bezeichneten emotionalen „Withdrawal“- oder „Avoidance“-

Motivationssystem dar. Falls der Stimulus jedoch eine Belohnung verspricht,

generieren die Basalganglien die Sequenz aus Gedanken und Handlungen, die in der

Vergangenheit erfolgreich zur Erlangung der durch das mesolimbische Dopamin-

system vermittelten Belohnung oder Verstärkung geführt haben, und stellen mit diesem

somit die Basis des von Bradley et al. (2001) postulierten emotionalen „Approach“-

Motivationssystem dar. Mithilfe des präfrontalen Kortex wird nun weiter automatisch

semantisches Wissen über das identifizierte Objekt, auf das die Emotion nun gerichtet

wird, abgerufen. Meldet der ACC im weiteren Verlauf sodann die Notwendigkeit,

einzugreifen, beginnen die kontrollierten oder bewussten emotionalen Verarbeitungs-

prozesse, für deren erlebte Intensität und Bewusstheit das ACC und die Insula von

Bedeutung sind. Diese kontrollierten Prozesse verwenden die von OFC und VMFC

durchgeführten Bewertungen und Analysen, um zusammen mit dem emotionalen

Wissen des präfrontalen Kortex die automatisch in Gang gesetzten emotionalen

Reaktionen zu modulieren, neu zu bewerten und zu regulieren: „The effortful

application of emotion knowledge may thus serve a regulatory function because the

way in which we interpret and draw inference about the meaning of our current

affective responses may change them“ (Ochsner & Feldman-Barrett, 2001, S. 62).

Dieses Zitat der beiden Autoren bietet abschließend einen guten Anknüpfungspunkt

über die Appraisal-Theorien zur Achtsamkeitspraxis, deren Ziel es ist, die Inferenzen,

Bedeutung und Interpretation unserer emotionalen Reaktionen zu transformieren

(Davidson, Jackson & Kalin, 2000; Goleman, 1998). Erinnert sei auch an die weiter

oben (2.2.6 und 2.2.7) berichteten Befunde des kausalen Einflusses von

Achtsamkeitspraxis auf neuroplastische Veränderungen in den eben dargestellten

Arealen der kontrollierten Emotionsverarbeitung, wie PFC, ACC, OFC, VMFC, Insula

und somatosensorischem Kortex.

Damit sind auf neurowissenschaftlicher Ebene die unterschiedlichen Perspek-

tiven der Emotionsforschung letztlich zu vereinen. Der Einfluss der Achtsamkeitspraxis

auf die kontrollierten Prozesse der Emotionsverarbeitung, z.B. während der formellen

Meditationspraxis, ist aus den bisherigen Ausführungen ersichtlich. Darüber hinaus

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stellt sich nun die grundsätzliche Frage, inwiefern (z.B. durch kontinuierliches Üben

bzw. Anwenden) diese kontrollierten Prozesse daneben auch transformierende

Einflüsse auf automatische Vorgänge haben könnten. Dies soll im folgenden Kapitel

über Emotionsregulation weiter untersucht werden.

2.4 Theorien und Befunde zur Emotionsregulierung

„Wir streben mehr danach, Schmerz zu vermeiden als Freude zu

gewinnen.“

Sigmund Freud

Die relativ neue Forschungsrichtung zur Emotionsregulierung (ER), die sich über die

letzten 20 Jahre entwickelte (Gross, 1999), hatte vor allem die psychoanalytische

Tradition (Abwehrmechanismen) und die Coping- (Bewältigungs-) Literatur als

Vorläufer, und kann des Weiteren abgegrenzt werden von der Stimmungsregulierung

(Gross, 1999, siehe Abbildung 14).

Abbildung 14: Hierarchisches Modell der Affektregulierung [Abb. nach Gross, 1998a].

Die Psychoanalyse hatte sich nach Gross (1999) als erstes Theoriegebäude mit

der Regulation von Emotionen befasst, und dabei vor allem die Ängste ins Blickfeld

gerückt. Die potentielle Konflikthaftigkeit der Diskrepanz zwischen biologisch

vermittelten Wünschen, Impulsen und Trieben einerseits, und den internen und

externen Sanktionen solcher Wunscherfüllungen andererseits standen dabei im Fokus

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der Aufmerksamkeit (Fenichel, 2005; Freud, 1992, 2000). Dabei war Freud´s hypo-

thetisches Strukturmodell der menschlichen Psyche der entscheidende Referenzpunkt

(siehe Abbildung 15):

Abbildung 15: Modell der freudschen Strukturtheorie der Psyche [Abb. aus Freud, 2000].

Freud (2000) unterschied das Ich, mit dem sich der bewusste Mensch gewöhnlich

identisch erlebt, das Überich als Sitz der moralischen und Wertvorstellungen und der

(teils von den Eltern übernommenen) internalisierten Ge- und Verbote, sowie das Es,

als Sitz der Triebe, Wünsche, Bedürfnisse und (sexueller) Fantasien. Wie Abb. 15

zeigt, ist das Es immer unbewusst, und sowohl Teile des Ich als auch des Überich

können ebenfalls unbewusst sein. Angst kann in diesem Modell nur vom Ich generiert

werden. Freud unterschied nun realistische Angst, die durch eine Konfrontation des Ich

mit der Realität entsteht, wobei sich das Ich den Anforderungen nicht gewachsen sieht

und überwältigt zu werden droht. Diese Form der Angst wird innerhalb des Modells

gewöhnlich mit Vermeidungsverhalten reguliert, d.h. die angsteinflößende Situation

wird einfach nicht mehr aufgesucht. Es und Überich basierte Angst hingegen, die

potentiell neurotisch werden kann (siehe weiter unten), unterschied er von der

realistischen Angst: Aufsteigende Handlungsimpulse, Wünsche oder Fantasien (aus

dem Es kommend, dem Sitz der Triebe) können je nach individueller Konstitution und

Zusammensetzung des Überich in mehr oder weniger starken Konflikt mit den im

Überich repräsentierten Moralvorstellungen geraten (was nicht bewusst werden muss).

Die antizipierte reelle externe oder interne moralische Bestrafung eines Auslebens von

Impulsen führt nun dazu, dass diejenigen, deren vorgestellte Bestrafung zu viel

moralische Angst oder Unlust einflößen, vom Ich verdrängt und damit ins Unbewusste

abgeschoben werden (kann ebenfalls alles unbewusst geschehen). Dabei werden eine

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Vielzahl von so genannten „Abwehrmechanismen“ (siehe Freud, A., 1936) angewandt.

Sind nun die dergestalt ablaufenden und miteinander ringenden Konfliktkräfte zu stark,

um vom Ich erfolgreich (also unbemerkt) abgewehrt zu werden, präsentiert das

psychische System als Ausweg ein neurotisches Symptom in psychischer oder

somatisierter Form (Hoffmann & Hochapfel, 2004). Damit beschäftigte sich die

psychoanalytische Theorie Gross (1999) zufolge hauptsächlich mit der Angstregulation

unter Zuhilfenahme unbewusster Abwehrmechanismen. Dabei führt oben skizzierter

Bewältigungsmechanismus, der auch mehr oder weniger stark bei jedem gesunden

Menschen abläuft, zu unterschiedlich starken Realitätsverzerrungen, Energieverlust

(da die Abwehr psychische Energie kostet), Verhaltenseinschränkungen und teils

unnötigen Abwertungen von psychischen Bedürfnissen (Fenichel, 2005). Neurotische

Abwehrformen assoziieren in diesem Sinne also Situationen oder Impulse mit

unangemessenen Angstaffekten und können im Zuge deren Abwehr einen lebens-

langen maladaptiven Einfluss auf die emotionale Entwicklung der Person und deren

emotionaler Offenheit und Erlebensfähigkeit bedingen (Fonagy & Target, 2006). In der

analytischen Therapie wird dies durch ein Aufdecken der unbewussten Konflikte und

Strukturstörungen (Fiedler, 2001) und die Vermittlung „korrigierender emotionaler

Erfahrungen“ versucht zu behandeln, um die Person grundlegend umzustrukturieren

und ihr neue Einsichten und gesunde Bewältigungsmechanismen zu ermöglichen

(Hoffmann & Hochapfel, 2004). In der Tradition der Psychoanalyse befasst sich die

ER-Theorie ebenfalls größtenteils mit der Regulation aversiver, destruktiver Emo-

tionen, wobei nun eher der Fokus auf die bewussten ER-Prozesse gelegt wird.

Wenngleich die ER weiterhin als wichtiger Einfluss-Faktor für psychopathologische

Phänomene verstanden wird, befasst man sich heute eher mit den normalen ER-

Vorgängen bei gesunden Personen (Gross, 1999).

Die Coping-Tradition wird hier nur kurz erwähnt, da die ER-Forschung zu

großen Teilen Anleihen aus dieser Richtung genommen hat, und daher viele

Gemeinsamkeiten bestehen (Gross, 1998a, 1999). Coping-Forschung untersucht den

Einfluss von möglichen kognitiven und verhaltensbasierten Bewältigungsmechanismen

in Stress-Situationen, die der Betroffene als seine Ressourcen übersteigend erlebt

(Gross, 1999). Damit bezieht sich die Coping-Forschung im Vergleich zur ER eher auf

situationale Problemlösungsmöglichkeiten, während ER sich in einer feiner

differenzierten Weise mit emotionalen Prozessen befasst. Für Details zur Coping-

Forschung wird auf Gross (1999) verwiesen.

Stimmungsregulierung (Morris & Reilly, 1987; Larson, 2000) befasst sich mit

den eher diffusen, weniger intensiven und länger bestehenden Stimmungen, wobei

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deren Regulation vor allem auf das Erleben abgezielt, nicht wie bei der ER auch auf

die anderen Komponenten der affektiven Reaktionen (Ausdruck, Physiologie etc.).

Die Emotionsregulierung: Die Gründe, Emotionen zu regulieren, liegen neben

der vom Lustprinzip (Freud, 2000) abgeleiteten menschlichen Tendenz, destruktive,

aversive und ängstigende Affekte herunterregulieren zu wollen (siehe auch Gross,

1998a), wohl größtenteils in deren oft mangelnden Akkuratheit bzw. Angemessenheit

an die Situationen des heutigen, modernen Lebens: „An evolutionary perspective holds

that emotions encode situation-response dependencies that have proven valuable over

the sweep of millennia (…). This in no way implies, however, that emotion response

tendencies are always or even usually appropriate to the situations we now face.

Physical and social environments have changed out of all recognition from those that

shaped our emotions” (Gross, 1999, S. 558). Somit werden die in Abschnitt 2.3.4

beschriebenen kontrollierten Emotionsverarbeitungsprozesse zum Ziel der Anpassung

der emotionalen Reaktionen: „Emotion regulation involves the initiation of new or the

alteration of ongoing emotional responses through the action of regulatory processes”

(Ochsner & Gross, 2005, S. 242). ER wird von James Gross, neben Kevin Ochsner

(Ochsner & Gross, 2004) einem der führenden Forscher auf diesem Gebiet, weiterhin

definiert als die Prozesse, durch die wir darauf Einfluss nehmen, welche Emotionen wir

haben, wann wir sie haben, und wie wir sie erleben und ausdrücken (Gross, 1998a,

2006; zur Definition siehe auch Goldsmith & Davidson, 2004; Thompson, 1994). In der

ER-Forschung wird dabei nur die Regulation von eigenen Emotionen untersucht, nicht

die der Interaktionspartner (Gross, 1999). Bonanno (2001) zeigt die Grundlagen auf,

auf denen individuelle Regulationsstrategien beruhen mögen: abstrakte Werte oder

Prinzipien (Ehrlichkeit, Integrität, usw.), interne Strukturen wie Ideale über das

emotionale Selbstbild (ruhig, sanft, expressiv, usw.), internalisierte Schemata, wie in

interpersonellen Situationen emotional zu agieren ist, kulturelle Normen des

Ausdrucks, Art der Kultur (individualistisch, kollektivistisch). Ziel der ER kann sowohl

ein Hoch- als auch Herunterregulieren von positiv- als auch negativ-valenten

Emotionen sein. Gross (1999) nennt dafür einige mögliche Beweggründe:

Herunterregulierung: a) die sich anbahnende emotionale Reaktion ist nicht länger

nützlich, wie z.B. körperliches Angreifen; b) die entstehende Emotion resultiert aus

einem unzutreffenden Beurteilungsmuster, z.B. wenn ein Stock für eine Schlange

gehalten wurde; c) die emotionale Reaktion widerspricht anderen, der Person

wichtigeren Werten oder Zielen, wie z.B. Wut im Falle eines Partnerschaftskonfliktes,

mit dem Wunsch nach Harmonie und Liebe. Initiierung von Emotionen /

Hochregulierung: a) z.B. wenn emotionale Reaktionen fehlen, da man im Geiste

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abwesend war, den Interaktionspartner aber nicht vor den Kopf stoßen will, also im

Sinne der Bedienung sozialer Normen; b) eine unerwünschte aversive Emotion oder

Stimmung soll durch eine Positive ersetzt werden. All diese Ziele und Bedingungen

sind gewöhnlich unbewusster Natur und in hohem Maße kontextabhängig (Gross,

1999). Gross (1998a) nimmt dabei an, dass die in diesen individuellen Bedingungen

gründenden Regulationsvorgänge sowohl automatisch (unbewusst) als auch

kontrolliert (bewusst) erfolgen kann: „I prefer to think of a continuum from conscious,

effortful and controlled regulation to unconscious, effortless and automatic regulation

(Gross, 1998a, S. 275). Die Effekte von ER können ihm zufolge an einem singulären,

oder an mehreren Zeitpunkten der emotionalen Episode zum Tragen kommen. Gross

(1998a) folgert daraus Einflussmöglichkeiten von ER auf die zeitlichen Aspekte der

Emotionsverarbeitung, von Thompson (1994) auch „emotion dynamics“ genannt. Diese

Aspekte wurden von Davidson (z.B. 2000) mit der mittlerweile gebräuchlichen

Bezeichnung „affective chronometry“ (auch „time course of affective responding“)

versehen. Richard Davidson interessierte sich dabei vor allem für die existierenden

individuellen Unterschiede in der Art der emotionalen Reaktivität auf aversive Reize

(Davidson, 2004). Experimentelle Beobachtungen sowie die Alltagserfahrung legen

nahe, dass die emotionale Antwort auf ein und dasselbe Geschehen bei verschiedenen

Menschen teils enorm unterschiedlich ausfallen kann (Davidson, 2004). Er prägte dafür

den Ausdruck „affective style“, der breit rezipiert wurde, und den er so definiert:

„Affective style refers to consistent individual differences in emotional reactivity and

regulation (…). It is a phrase that is meant to capture a broad array of processes that,

either singly or in combination, modulate an individual’s response to emotional

challenges, dispositional mood and affect-relevant cognitive processes. Affective style

can refer to valence-specific features of emotional reactivity or mood, or it can refer to

discrete emotion-specific features” (Davidson, 2004, S. 1395). Das Augenmerk wird

dabei insbesondere gerichtet auf a) „the tonic level”, b) „the threshold to respond”, c)

„the magnitude of the response”, d) „the rise time to the peak of the response”, e) „the

recovery function“, f) „the duration of the response” (Davidson, 2000, 2003). Die letzten

drei Facetten sind dabei die Kriterien der „affective chronometry”, die nach Davidson

(2003) von spezieller Bedeutung für das Wohlbefinden und die Widerstandsfähigkeit

gegen Psychopathologien sind. Viele psychische Krankheiten werden begleitet von der

Unfähigkeit, emotionale Verläufe zu regulieren (siehe Dilling, Mombour & Schmidt,

2004; Gross, 1998a, 1999). Gross (1998a) und John und Gross (2004) führen dazu

eine Vielzahl von Pathologien an, die durch dysfunktionales Emotionsmanagement

bzw. falsche ER ausgelöst werden können: z.B. kann die chronische Unterdrückung

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von Feindseligkeit und Wut zu kardiovaskulären Erkrankungen oder auch zu einem

rapideren Verlauf von Krebserkrankungen führen; Gross (1998a) führt die destruktiven

Effekte der Unterdrückung gemeinsam auf die durch sie ausgelösten höheren Level

tonischer sympathischer Aktivation zurück, die aufgrund der fehlenden metabolischen

Nutzung dann einen pathologischen Effekt zeitigen. Auch die Immunfunktion lässt

unter der chronischen Sympathikus-Aktivierung nach (Gross, 1999). Ebenso kann auch

eine übermäßig lange aufrechterhaltene aversive emotionale Reaktion wie z.B. Ärger,

Wut, Angst psychopathologische Konsequenzen haben (Davidson, 2000; Goleman,

2005), wie sich z.B. bei der Depression (Ma & Teasdale, 2004) und bei der Borderline-

Persönlichkeitsstörung zeigt. Hier erleben die Patienten Emotionen einer Intensität, der

sie gewöhnlich ausgeliefert sind, und die sie körperlich und psychisch überwältigt

(Fiedler, 2001; Jennings, 2003; Linehan, 1993). Davidson (2000) sieht daher in der

Fähigkeit einer schnellen Erholung von aversiven emotionalen Reaktionen einen

Garant für eine gute Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der betreffenden Person: „It is not

that resilient individuals never experience negative affect, but rather that the negative

affect does not persist. Such individuals are able to profit from the information provided

by the negative affect, and their capacity for meaning making in response to such

events may be part and parcel of their ability to show rapid decrements in various

biological systems after exposure to a negative or stressful event“ (Davidson, 2000, S.

1198). Diese Charakteristik resilienter Personen korreliert exakt mit dem Ziel der

Achtsamkeitspraxis und ging mit ein in die Hypothesen 2 und 3 (siehe Abschnitt 2.6).

Weiterhin argumentiert Gross (1998a) dafür, dass ER Einfluss nimmt auf die

Assoziation der einzelnen Emotionskomponenten: „Emotion regulation also involves

changes in how response components are interrelated as the emotion unfolds“ (Gross,

1998a, S. 275). Ein weiterer Hinweis, der die aufgrund der Hypothesen 1 und 3 mit

steigender Achtsamkeitspraxis erwartete Komponenten-Dissoziation unterstützt.

Bereits in den oben referierten Theorien zur Emotionsverarbeitung ist deutlich

geworden, dass es schwierig ist, Emotionsgeneration und Emotionsregulation zu

trennen (Davidson, Jackson & Kalin, 2000; Gross, 1999). Auch dort wurden bereits

Gehirnregionen vorgestellt, deren Aufgabe die Evaluation und Regulation darstellt. In

dem Sinne lässt sich mit Gross (1999) fragen. „Is emotion ever not regulated?“ (S.

565). Er rät zur Annahme eines Kontinuums der Regulationsintensität, hält es jedoch

ebenfalls für schwierig, zu beurteilen, ob es völlig unregulierte Emotionen (da dies auch

unbewusst geschehen kann) gibt (Gross, 1999). Die nachfolgende Grafik (Abbildung

16) bietet einen Rahmen um die möglichen Regulierungsprozesse zu klassifizieren:

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Abbildung 16: Differenzierung möglicher Emotionsregulierungs-Strategien [Abb. aus Gross, 2002].

Die grobe Einteilung verläuft über die Kategorien „antecedent-focused“ und „response-

focused“ ER-Strategien, wobei die „antecedent-focused“ Strategien bereits einsetzen,

bevor, bzw. während sich eine emotionaler Prozess entwickelt (Gross, 1998b), die

„response-focused“ ER-Strategien dementsprechend versuchen, die schon be-

stehende Emotion zu regulieren.

Die frühen (antecedent) Regulationsprozesse – hier werden nach Gross

unterschieden:

• situation selection

• situation modification

• attentional deployment

• cognitive change

Zu situation selection: Diese Regulationsstrategie wird als frühe Einflussnahme im

zeitlichen Kontinuum der Emotionsverarbeitung verstanden, da durch systematisches

Vermeiden oder Aufsuchen von Situationen oder Personen Emotionen generiert,

reguliert oder verhindert werden können. Die Beurteilung dieser Strategie ist nicht

einfach, da sie immer im jeweiligen Kontext betrachtet werden muss. Wird z.B. von

fettsüchtigen Patienten gezielt die Begegnung mit Süßigkeiten vermieden, um nicht in

Versuchung zu kommen, so mag dies durchaus sinnvoll sein. Generell wird ein

Vermeidungsverhalten von angsteinflößenden Situationen, das kurzfristig Erleichterung

verspricht, jedoch skeptisch beurteilt, da es überaus unerwünschte langfristige Konse-

quenzen haben kann, wie in diesem Fall z.B. Isolation oder gesteigerte Angst vor der

Situation (Gross, 2002). Wichtig ist somit immer die Abwägung der Effekte.

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Theoretische Grundlagen

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Zu situation modification: Im nächsten zeitlichen Schritt ist es nun schon nicht

mehr möglich, die Situation zu selektieren, man befindet sich bereits in ihr. In diesem

Fall wäre die nächste Strategie die Modifikation: in der Coping-Literatur auch als

„problem-focused coping“ bezeichnet, meint diese Strategie eine unternommene

Anstrengung, die direkt auf die (potentiell) emotionsauslösende Situation einwirkt, um

deren emotionalen Gehalt zu beeinflussen bzw. zu verändern. Ein einfaches Beispiel

ist das Schließen des Fensters, wenn man bemerkt, dass sich in Folge des

zunehmenden Straßenlärms Ärger einstellt. Gross (2002) weist auf die wichtige

Tatsache hin, dass diese Situationsmodifikation auch im willentlichen Darbieten von

emotionalem Ausdruck bestehen kann. Stellt im Streit einer der beiden Partner einen

traurigen Gesichtsausdruck beim anderen fest, dann ändert sich gewöhnlich sein kon-

frontatives Verhalten rapide.

Zu attentional deployment: Darunter fällt vor allem die Ablenkung der

Aufmerksamkeit auf entweder einen nicht-emotionalen Aspekt des Reizes, oder auf

etwas ganz anderes. Ist man dem emotionalen Reiz ausgeliefert oder unterliegt dieser

nicht der eigenen Einflussnahme, bietet sich immer noch jene Art der Regulation an.

Auch innere Bilder, Gedanken, Erinnerungen, auf die die Aufmerksamkeit gelenkt wird,

und die inkompatibel mit dem anwesenden, unerwünschten emotionalen Zustand sind,

können diese Funktion erfüllen (Gross, 2002; siehe auch Pessoa, Kastner &

Ungerleider, 2002).

Zu cognitive change: Diese Strategie ist nun der Anknüpfungspunkt für die

möglichen Einflüsse der Achtsamkeitspraxis. Unter „cognitive change“ als ER-

Mechanismus versteht man nach Gross (2002) die Modifizierung der Bedeutung der

nun erlebten Aspekte des emotionalen Stimulus. Hier gilt es, sich die Komponenten-

theorie der Emotionsverarbeitung in Erinnerung zu rufen, die mit den darin ange-

nommenen „appraisals“ (Bewertungen), die automatisch oder bewusst ablaufen

können, einen entscheidenden Einfluss der kognitiven Bedeutungszuschreibung auf

den Verlauf der emotionalen Reaktion postuliert (Scherer, 2000). Hier verbindet sich

damit die kognitive Komponententheorie mit den Modellannahmen der ER: Die

Zuschreibung von gewissen Eigenschaften und Bedeutungen, von Bewältigungs-

möglichkeiten und ähnliche Evaluationen ändert den emotionalen Verlauf (Gross,

1998a). Die Achtsamkeitspraxis sollte an dieser Stelle während der formellen Praxis

ihre Effekte zeigen. Der Einstellungswandel, die Akzeptanz, die Erfahrung des

Wandels und die Desidentifiktation, sowie die dadurch als erhöht erlebte Bewältigungs-

fähigkeit (siehe 2.2.6 und 2.3.3) sind Haltungen, die im Hinblick auf das mentale Er-

leben in diesem Sinne als „cognitive change“ zu verstehen sind, der sich mit

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fortwährender formeller Praxis immer tiefer verankert (Brown & Ryan, 2003). Zur

Abgrenzung zum gleich folgenden Mechanismus des „reappraisals“ ist es wichtig, sich

bewusst zu machen, was bei der Achtsamkeit nun exakt Ziel bzw. Objekt des

„cognitive change“ ist: Umbewertet wird nämlich nicht der Stimulus, so dass er danach

möglichst nicht mehr als aversiv erlebt werde. Sondern umbewertet oder uminter-

pretiert wird im Falle der Achtsamkeitspraxis (nicht im Einzelfall, sondern als generelle

Haltung, die allen mentalen Ereignissen entgegengebracht wird) die Bedeutung und

Konsequenz der Tatsache des Erlebens von aversiven Emotionen überhaupt: Dies

wird nicht mehr länger als bedrohlich verstanden, und daher mit weniger Be- und

Entwertung, Aversion und Reaktivität quittiert (siehe 2.1 und 2.2). Eine der am besten

untersuchtesten Formen des „cognitive change“ ist nun das so genannte „reappraisal“,

das „Neu- oder Wiederbewerten“ der Bedeutung des emotionalen Stimulus (Gross,

2002, 2003). „This involves cognitively transforming the situation so as to alter its

emotional impact” (Gross, 1998, S. 284). Dabei werden zwei Varianten des

„reappraisals” unterschieden (Kalisch et al., 2005; Ochsner, Ray, Cooper et al., 2004):

In der ersten Form, genannt „situation-focused“ (Ochsner et al. 2004), wird die

Bedeutung eines Stimulus uminterpretiert, so dass er nicht mehr länger negativ getönt

ist. Z.B. die Träne auf dem Bild einer jungen Frau (eigentlich unangenehm, traurig) wird

durch einen bewussten Akt als Ausdruck ihrer Freude ob einer von ihr beobachteten

hypothetischen Hochzeit verstanden. Die zweite Klasse von „reappraisals“ nennen

Ochsner et al. (2004) „self-focused“: damit kommt zum Ausdruck, dass die emotionale

Situation, der Stimulus in seiner Natur akzeptiert, seine Relevanz für die eigene Person

jedoch geleugnet wird (Kalisch et al., 2005; Beauregard, Levesque & Bourgouin, 2001).

Diese Variante wird auch bezeichnet als „detachment“, „disengagement“, „dissociation“

oder „isolation“. Beide Varianten des „reappraisals“ haben also zum Ziel, den Stimulus

als nicht mehr emotional bedeutsam zu klassifizieren und damit die emotionale

Reaktion zu beenden bzw. zu verhindern (Ochsner et al., 2004). Aus den Ausführun-

gen zur Achtsamkeitspraxis in Abschnitt 2.1 und 2.2 sollte ersichtlich werden, dass sie

mit diesen beiden Herangehensweisen nichts gemeinsam hat. Es wird die Meinung

vertreten, dass die Haltung der Achtsamkeitspraxis also nicht in der ER-Strategie des

„reappraisals“ aufgeht, für das alle möglichen dämpfenden Einflüsse auf die emotionale

Reaktion nachgewiesen sind, wie später referiert wird. Eine achtsame Haltung besteht

eben gerade darin (Kabat-Zinn, 2005), die im Bewusstsein entstehenden Inhalte nicht

zu bewerten, nicht zu interpretieren, auch nicht um-zuinterpretieren, und schon gar

nicht in der Form, wie dies beim „reappraisal“ geschieht, bzw. in Experimenten

instruiert wird, nämlich: „Participants were asked to interpret photos so that they no

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longer felt negative in response to them“ (Ochsner, Bunge, Gross & Gabrieli, 2002, S.

1216). Oder bei Gross (1998b): „please try to think about what you are seeing in such a

way that you don't feel anything at all“ (S. 227). Auch hier sind die kurzfristig durchaus

zu erreichenden Erleichterungen durch Minimierung subjektiver aversiver Gefühle

immer in Bezug zu setzen zu den langfristigen Effekten dieser Strategie (Gross,

1998b): „(…) inflexible or unrealistic reappraisals might lead one to deny important

features of one’s environment, such as hazards at work or abusive tendencies in a

partner. In such cases, the short-term benefits of relief from negative emotion would

almost certainly be outweighed by the long-term costs of stifling the adaptive

behavioral tendencies (…) associated with negative emotions” (Gross, 1998b, S. 232).

Die späten (response) Regulationsprozesse: diese Prozesse greifen zu einem

Zeitpunkt in die emotionale Reaktion ein, zu dem die Reaktionen auf allen

Komponenten-Ebenen bereits initiiert sind (Gross, 1998a, 1998b). In einem weiteren

Sinne ist das traditionell der Anwendungsbereich der Psychopharmaka, die dazu

eingesetzt werden, um z.B. die physiologische Erregung wie z.B. die sympathische

Hyperreaktivität (Beta-Blocker) oder die Muskelspannung (Anti-Anxiolytika) zu

regulieren. Aber auch Entspannungstechniken (z.B. Progressive-Muskel-Entspannung

nach Jacobson; siehe Vaitl & Petermann, 2004) oder Biofeedback werden dazu

benutzt, die physiologischen- und subjektiven Komponenten der emotionalen Reak-

tionen zu regulieren. In der Realität wird dazu oft auch auf Alkohol und Drogen

zurückgegriffen, ebenso auf Tabak und sogar Essen (Gross, 1998a). Die gebräuch-

lichste Methode der „response-focused“ ER im engeren Sinne ist jedoch das

Unterdrücken (suppression) des emotionalen Ausdrucks, so dass es für andere nicht

ersichtlich ist, dass bzw. welche emotionale Reaktion durchlebt wird (Gross & John,

2003). Nach Einschätzung der Autoren, die diese ER-Strategie näher beleuchtet

haben, ist davon eher abzuraten (Gross & John, 2003; John & Gross, 2004; Richards,

2004): „(…) as noted above, one important function of emotions is to signal to others

one's wishes and needs. If these signals are systematically concealed, others may not

know one's wishes. This would make it less likely that one's interactions would be

accommodating and more likely that one would have intense and frequent negative-

emotion-laden interactions” (Gross, 1998b, S. 233). Außerdem nimmt Richards (2004)

an, dass der Vorgang des Unterdrückens ein energieaufwendiger Prozess des

permanenten Selbst-Überwachens und Selbst-Regulierens ist, der einen Grossteil der

verfügbaren Ressourcen von allen anderen zur selben Zeit ausgeführten Handlungen

abzieht, welche daher schlechter vonstattengehen.

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Die experimentelle Forschung war bisher vornehmlich an den Mechanismen

und Effekten von „reappraisals“ und „suppression“ interessiert (Gross, 2003, 2006).

Eine ganze Reihe von Ergebnissen bestätigt dabei folgendes Bild:

Suppression: Die Unterdrückung von emotionalem Ausdruck ist energieraubend

(Gross, 2003; Richards, 2004) und vermindert die Intensität der aversiven emotionalen

Gefühlswahrnehmung nicht (Gross, 1998b, 1999, 2002; Richards, 2004), diese kann

bei chronischer Anwendung eines unterdrückenden ER-Stiles sogar zunehmen (Gross

& John, 2003). Dabei treten unerwünschte Nebenwirkungen auf: „suppression“ scheint

zu Gedächtnisdefiziten für emotionale und soziale, sowie selbstbezogene Inhalte zu

führen (Gross, 2002; Richards & Gross, 2000) und in zwischenmenschlichen Situation

den Stress zu erhöhen (Gross & John, 2003), da der Unterdrücker nicht in Fühlung mit

dem Fluss der Interaktion ist. Als sekundäre Belastung für den Unterdrücker kommt

das schlechte Gefühl hinzu, sich unauthentisch darstellen zu müssen (Gross & John,

2003). Des Weiteren führt eine ausgeprägte Anwendung von suppressiven ER-

Mechanismen zu den verschiedensten Problemen im sozialen Zusammenspiel und

Funktionieren: Angst vor Nähe nimmt zu, es werden weniger Emotionen geteilt, und sie

erhalten weniger soziale Unterstützung. Sie berichten außerdem von geringerem

Wohlbefinden, mehr depressiven Symptomen, geringerem Selbstbewusstsein und

weniger Optimismus (Gross & John, 2003). Die Auswirkungen der Ausdrucks-

unterdrückung auf die Physiologie ist ebenso bemerkenswert: Scheinbar aufgrund der

zusätzlich aufgewendeten Anstrengungen steigt das sympathische Erregungslevel bei

Unterdrückung im Vergleich zur Kontrollbedingung an – die Unterdrückung hat also

aversive, verstärkende Auswirkungen auf die physiologischen Komponenten der

emotionalen Reaktion (Gross, 2002; Ohira, Nomura, Ichikawa et al., 2006). Dies zeigt

sich z.B. im Anstieg der kardiovaskulären und elektrodermalen Aktivität. Trotz all dieser

kritischen Auswirkungen von „expressive suppression“ kann es in Einzelfällen das

einzige Werkzeug sein, auf das man zurückgreifen kann, wenn es angezeigt ist, eine

negative Emotion zu regulieren. Manchmal ist es vielleicht sogar angebrachter, die

evaluierte Bedeutung der Situation nicht durch Reappraisal zu verändern, da sie

angemessen erscheint. Ein Einsatz von vorübergehender Unterdrückung des emo-

tionalen Ausdrucks ist hier dann u.U. das einzige verbleibende und auch probate Mittel

(Gross, 2002).

Reappraisal: Die Anwendung von Neubewertungsstrategien zeigt empirisch ein

ganz anderes Bild, wobei sich im Bereich der erlebten Gefühle und des emotionalen

Ausdrucks deutliche Einflüsse zeigen ließen (Gross & John, 2003; John & Gross,

2004). Beide Komponenten ließen sich effektiv von reappraisal reduzieren im Falle von

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negativen Emotionen, aber auch erhöhen im Falle von Positiven (Beauregard,

Levesque & Bourgouin, 2001). Es konnte ein dämpfender Einfluss auf bei negativen

Emotionen ausgelöste elektrokortikale Potentiale nachgewiesen werden (Hajcak,

Moser & Simons, 2006), ebenso zeigte sich, dass reappraisal dazu in der Lage ist, das

sympathische Erregungsniveau abzusenken (Gross, 1998b, 2006; Ochsner & Gross,

2004, 2005). Die oben im Falle von suppression berichteten ungünstigen Einwirkungen

auf soziale Interaktionen treten bei der Anwendung von reappraisal nicht auf (Gross,

2002; Gross & John, 2003; Mauss, Evers, Wilhelm & Gross, 2006). Gross und John

(2003) berichten von überzeugenden Ergebnissen: die Bevorzugung von appraisal

Strategien gegenüber der Ausdrucks-Unterdrückung scheint sich auf das Wohlbefinden

der Probanden insgesamt positiv auszuwirken: „Moreover, reappraisal was correlated

positively with every indicator of positive functioning. Thus, reappraisers were more

satisfied with their lives, more optimistic, and had better self-esteem” (Gross & John,

2003, S. 359). Diese beachtlichen Vorzüge des kognitiven Neubewertens gegenüber

der Ausrucksunterdrückung liegen wohl vor allem in der Möglichkeit der Nutzung von

top-down Prozessen begründet: über die top-down Regulationsmechanismen der

höheren, kortikalen Gehirnstrukturen, vor allem des präfrontalen Kortex, vermag das

reappraisal die durch subkortikale automatische Prozesse, vor allem der Amygdala,

angestoßenen emotionalen Bewertungen der Stimuli bzw. der Situationen zu

modulieren (Ochsner, Bunge, Gross & Gabrieli, 2002): „By down-regulating multiple

types of evaluation prozesses, reappraisal may shift from an emotional to an

unemotional mode of stimulus analysis“ (S. 1223). „This result would support the

hypothesis that the amygdala is sensitive to conscious emotion regulation“ (Schaefer,

Jackson, Davidson, Aguirre, Kimberg & Thompson-Schill, 2002, S. 914). Dabei zeigt

sich ein über die meisten bisherigen fMRI-Studien relativ homogenes Bild (Phan et al.,

2002, 2004, 2005): In dem Maße, in dem infolge des appraisals die Aktivierung in

präfrontalen Kortexbereichen steigt, sinkt sie in der Amygdala (Keightley, Winocur,

Graham, Mayberg, Hevenor & Grady, 2003; Phan et al., 2005; Urry, van Reekum,

Johnstone et al., 2006). Die beobachtbare Aktivierung des dorsalen ACC und des

präfrontalen Kortex wird mit der dort durchgeführten Auswahl und Anwendung von

geeigneten reappraisal-Strategien (siehe 2.3.4) erklärt, die Absenkung der Aktivierung

in den Bewertungssystemen wie Amygdala oder Insula mit der erfolgten Re-Evaluation

des Stimulus als weniger bis nicht mehr emotional relevant (Ochsner & Gross, 2005).

„In general, studies of cognitive change have shown consistently that emotional

appraisal systems can be modulated by PFC, OFC and cingulate control systems

activated either (i) by high-level expectations for beliefs about, and interpretations of,

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stimuli, or (ii) by learning to associate new emotional responses with stimuli” (Ochsner

& Gross, 2005, S. 245). Bei einer genaueren Analyse lassen sich zwei Arten von

Kontroll-Prozessen differenzieren. Der erste Typ funktioniert über direkte, reziproke

Bahnen und erreicht eine unmittelbare Beeinflussung der Amygdala-Aktivierung:

Areale des ventralen PFC und OFC evaluieren die Kontext-Angemessenheit der

emotionalen Bewertung und wählen auf der Basis dieses Vorgangs Strategien aus

(Ochsner und Gross, 2005; siehe auch Abschnitt 2.3.4). Ein zweiter Typ beinhaltet

dorsale PFC Areale, welche wenig bis gar keine direkten Verbindungen zur Amygdala

aufweisen. Diese Gebiete werden benutzt, „to explicitly reason about, and describe,

how associations between stimuli and emotional responses can be changed.

Maintaining representations of these descriptions might provide a task context that

indirectly affects emotional associations by biasing processing either in the ventral

control system or in perceptual and associative memory systems that represent

alternative interpretations of events, which in turn send inputs to appraisal systems (=

Amygdala, Anm. d. Verfassers)” (Ochsner & Gross, 2005, S. 246). Für weitere Details

zu den neuronalen Aktivierungsmustern bei reappraisal wird auf Ochsner et al. (2004)

und Ochsner und Gross (2004, 2005) verwiesen.

Nach der Vorstellung der Befunde zu bisher erforschten ER-Strategien wird nun

eine Einordnung der Achtsamkeitspraxis in diese Matrix versucht. Vorab soll in einem

längeren Zitat das Bild verdeutlicht werden, welches die wissenschaftliche ER-

Forschung über einen optimalen Umgang mit Emotionen entworfen hat:

„This perspective suggests that wellbeing may be most likely when we (a)

regulate emotion antecedents so that we are emotionally engaged by those pursuits

that have enduring value, (b) attend to and experience our emotions in a richly

differentiated fashion so that we notice subtle changes in response tendencies, and (c)

cultivate the capacity to modulate emotional response components in a variety of ways

with a full appreciation of the immediate and longer term consequences (Frijda, 1988).

This opens a middle course between silencing the emotions and listening to them and

to them alone. Cooperation between reason and emotion brings our actions into line

with our enduring concerns, motivating and sustaining action directed toward longer-

term projects in the face of temporary setbacks, helping us decide which battles are

worth taking up and which to avoid” (Gross, 1998, S. 287). Dieses in seiner Prägnanz

beeindruckende Zitat, in dem wesentliche Konzepte der Achtsamkeitspraxis anklingen,

darf als passende Brücke zum nächsten Kapitel gelten, und mit diesem auch das

Gewicht von Gross´ abschließendem Resümee nehmen: „(…) the detail of how such

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an integration of reason and emotion might be achieved remain obscure“ (Gross, 1998,

S. 288).

2.4.1 Achtsamkeit und Emotionsregulierung

„It is likely that when traitlike regulatory strategies occur over a long duration of time,

plastic changes in the central circuitry of emotion are produced” (Davidson, Jackson &

Kalin, 2000, S. 904).

Zusammenfassend sollen nun die möglichen emotionsregulierenden Effekte der

Achtsamkeitspraxis im Kontext des Modells von Gross (1998a, 2002; siehe Abbildung

16) betrachtet werden. Achtsamkeit a priori als ER-Strategie zu bezeichnen, hat seine

Nachteile: eine achtsame Haltung beinhaltet die Verpflichtung, nichts regulieren und

ändern zu wollen, sondern die geistigen Inhalte so zu sehen, wie sie sind (Kabat Zinn,

2005). Dass nun solch eine Haltung paradoxerweise emotionsregulierende „Neben-

wirkungen“ aufweist, wäre in dieser Betrachtung eher ein Kollateraleffekt der Praxis.

Ochsner und Gross (2005) weisen auf eine hilfreiche Einteilungsmöglichkeit von ER-

Strategien hin, mithilfe derer eine Charakteristik der achtsamen Emotionsverarbeitung

deutlich wird: „(…) strategies might differ in (…) whether emotion change is their

implicit goal (‚I want to feel better!’), or occurs as a by-product of pursuing some other

learning or judgment-related goal (e.g. ‚I want to learn which judgment is correct’)” (S.

243). In diesem Sinne wären die regulierenden Effekte also eher ein „by-product“ der

Praxis, ein Resultat der Einsicht, die an erster Stelle steht.

Dem Modell in Abbildung 16 folgend, greift Achtsamkeit während der formellen

Praxis vermutlich an folgenden („antecedent focused“) Punkten an:

• Situation selection: Eine bewusste oder unbewusste Auswahl von Situationen,

um die erlebten Emotionen zu beeinflussen, erfolgt naturgemäß nicht. Der

Meditierende ist allen aufsteigenden Emotionen zugewandt. In einem gewissen

Sinne könnte man jedoch sagen, der Praktizierende wählt gezielt die Situation

des meditativen Sitzens, um aufsteigende Emotionen zu bearbeiten.

• Situation modification: Die aufsteigenden Emotionen werden nicht durch einen

Eingriff in die Situation verändert. Der einzige „Eingriff“ des Praktizierenen wäre

das Verharren in der meditativen Sitzhaltung und der Nichtbeurteilung unge-

achtet des aufkommenden, evtl. aversiven Materials.

• Attention deployment: Hier ist der erste Angriffspunkt während der Praxis,

wobei die Aufmerksamkeit den Wandel aller bewussten mentalen und körper-

lichen Ereignisse umfasst, und besonders die Körperempfindungen mitein-

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schließt. Dies allein kann bereits einen regulierenden Effekt auf die

automatischen appraisals der Amygdala ausüben: „some studies have shown

that amygdala activation decreases when participants attend to (…) emotional

features” (Ochsner & Gross, 2005, S. 244). Auch die Technik des Benennens

(Hart, 1996), vermag neueren experimentellen Befunden zufolge bereits einen

Einfluss auf weitere Vorgänge zu nehmen: „These results provide evidence for

a network in which higher regions attenuate emotional responses at the most

fundamental levels in the brain and suggest a neural basis for modulating

emotional experience through labeling“ (Hariri, Bookheimer & Mazziotta, 2000,

S. 43).

• Cognitive change: Die veränderte Einstellung und Haltung aversiven und

attraktiven Gefühlen gegenüber setzt hier als Hauptmerkmal der Praxis an. Wie

oben ausgeführt, besteht die „Strategie“ nicht darin, den Reizen, wenn sie als

aversiv erlebt werden, schnell eine andere Bedeutung zuzuschreiben, damit

sich ein neutraleres Gefühl einstellt. Es geht im Gegenteil darum, den erlebten

aversiven Gefühlen weniger Ablehnung und Vermeidung, den attraktiven

Gefühlen weniger Gier und Anhaftung entgegen zu bringen. Der cognitive

change besteht also darin, das Erleben aversiver Gefühle weniger schlimm zu

finden, und am Erleben angenehmer Gefühle weniger zu klammern. Ein

weiterer, emotional regulierend wirkender Mechanismus während der

Achtsamkeitspraxis wird in dem weiter oben (2.2.6) beschriebenem Ziel, die

konditionierten Reaktionen auf entstehende Emotionen hin zu verlernen bzw.

zu löschen, gesehen. Durch die beschriebene Einstellungsänderung ist es dem

Praktizierenden immer mehr möglich, auf entstehende negative oder positive

Emotionen hin nicht sofort zu handeln, sondern sie nur zu beobachten, wodurch

die konditionierten Reaktionsmuster nach und nach aufgelöst werden. „The

orbitofrontal sector of the PFC implements rapid stimulus-reinforcer

associations learning and the corrections of these associations when the

contingencies of reinforcement change” (Davidson, Jackson & Kalin, 2000, S.

895). Ochsner und Gross (2005) (siehe auch Critchley, Mathias & Dolan, 2002)

beschreiben diese Vorgänge als analog zu den neuronalen Aktivationsmustern

während der reappraisal-Prozesse: „(…) extinction of classically conditioned

fear responses and reversal of stimulus-reward associations have been shown

to depend upon interactions between similar cognitive control and emotional

appraisal systems (S. 245). Die anspringenden emotionalen Motivationsysteme

„approach“ und „withdrawal“ (siehe 2.3) laufen also immer öfter „ins Leere” und

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werden durch Nicht-Handeln nicht weiter verstärkt: „The findings are consistent

with models that posit that prefrontal cortical activity modulates subcortical

motivation circuits (Ruiz-Padial, Sollers, & Thayer, 2003, S. 206).

• „Response focused“: Ein Effekt oder eine Verwendung von Strategien im

Bereich der späten Emotionsregulation wird nicht angenommen. Eine

Unterdrückung oder sonstige Verfremdung der Ergebnisse der Emotions-

verarbeitung liefe einer achtsamen Haltung gänzlich zuwider.

Eine regelmäßige formelle Praxis, in der sich diese Vorgänge immer und immer

wieder abspielen und sich dadurch immer tiefer verankern, sollte auf die Emotions-

verarbeitung im Alltag nun ebenfalls Auswirkungen haben: „Automatic and voluntary

emotion regulation may share a similar relationship, with voluntary emotion regulation

strategies becoming automatic over time (…), and with automatic regulatory processes

taking precedence over voluntary regulatory processes when the individual

experiences an extremely intense emotional response“ (Jackson, Mueller, Dolski et al.,

2003, S. 614). Ob in einer automatisierten, zeitlich nachgeordneten top-down Beein-

flussung der (womöglich unbeeinflussbar) ablaufenden bottom-up Prozesse der un-

kontrollierten Emotionsverarbeitung (Amygdala etc.), oder in einer langsamen Modu-

lation sogar der initialen bottom-up Prozesse, ist fraglich. Vermutungen bekannter

Emotionsforscher gehen in Richtung eines möglichen transformatorischen Einflusses

regelmäßig auftretender ER-Vorgänge auf die automatischen Prozesse, allerdings eher

auf diejenigen der höheren Kortexgebiete: „(…) greater left PFC electrical activity at

rest predicted dampened physiological reactivity to aversive stimuli, which might reflect

automatic regulatory processes” (Ochsner & Gross, 2005, S. 243). Auch die weiter

oben angeführten Befunde (Lazar et al., 2005) zu den neuroplastischen Einflüssen der

Achtsamkeitspraxis auf die Areale der Emotionsverarbeitung (siehe 2.2.6 und 2.3.4)

sprechen für solche Annahmen. Andere Autoren befürworten ebenso die Annahme

einer top-down Regulation der Amygdala durch den linken PFC bei kontrollierten und

automatischen ER-Prozessen: „Inhibition of the amygdala by left PFC may be one of

the neural mechanisms underlying both automatic and voluntary emotion regulation.

Such inhibition likely occurs both tonically and phasically“ (Jackson et al., 2003, S.

616). Somit scheinen die initialen automatischen Appraisal-Prozesse vor allem der

Amygdala wenig beeinflussbar, die weiteren Zentren auch der automatischen

Emotionsverarbeitung (vor allem der PFC) jedoch durchaus.

Grundlegend zur Untersuchung dieser Fragen waren die Arbeiten von Richard

Davidson, der sich ausführlich mit der Rolle des präfrontalen Kortex befasst hat

(Davidson, 2004b; siehe auch Coan & Allen, 2003). Davidson konnte zeigen, dass der

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Theoretische Grundlagen

116

für die Emotionsverarbeitung so wichtige präfrontale Kortex eine Lateralisierung seiner

funktionellen Eigenschaften aufweist. Läsionsstudien z.B. stellten erstmalig die

Bedeutung der linken Seite des PFC für Generierung positiver Affekte heraus.

Neurologische Patienten mit Verletzungen in diesem Bereich präsentierten daraufhin

einen übernormalen Zuwachs an depressiven Symptomen (Davidson, Jackson & Kalin,

2000). Weitere Studien (z.B. Urry, Nitschke, Dolski et al., 2004) erbrachten den

Nachweis, dass die Baseline-EEG-Aktivität der linken Seite des PFC mit dem

allgemeinen, selbstberichteten Wohlbefinden der Probanden zusammenhing. In

experimentell induzierten affektiven Zuständen maß Davidson (2004a, 2004b) eine

relativ größere Zunahme der linksseitigen PFC-Aktivierung bei positiven Affekten sowie

der rechtsseitigen bei negativen Affekten. Er schloss daraus, „that individual

differences in baseline levels of asymmetric activation in these brain regions predict

differences in dispositional affective style” (Davidson, Jackson & Kalin, 2000, S. 894).

Weitere gefundene Korrelate größerer linksseitiger Aktivierung waren den Autoren

zufolge: positivere dispositionale Stimmung, geringere selbstberichtete Verhaltens-

hemmung und gesteigerte Verhaltensaktivierung, weniger Abwehrmechanismen (siehe

2.4), geringere physiologische Reaktivität auf negative Stimuli hin, stabileres

Immunsystem und dessen geringere Reaktivität auf emotionale Herausforderungen

hin, schnellere affektive Erholung nach einem aversiven Erlebnis. „These findings imply

that individual differences in prefrontal activation asymmetry may play a role in

regulating the time course of emotional responding and that those individuals with more

left-sided prefrontal activation may recover more quickly from negative affect or stress

than their right-activated counterparts” (Davidson, Jackson & Kalin, 2000, S. 898). Dies

wurde weiter fundiert durch Untersuchungen, in denen der Einfluss der Aktivierungs-

asymmetrie auf den Zeitverlauf der emotionalen Reaktion experimentell mit dem in

dieser Diplomarbeit verwendeten Design über den Einsatz des Schreckreflex-

paradigmas („Startle“, siehe 2.5.1) untersucht wurde. Nachdem bereits klar geworden

war, dass die Art der Emotionsverarbeitung, insbesondere der Einsatz einer

willentlichen ER-Strategie, den Startle-Reflex verändert (Dillon & LaBar, 2005;

Jackson, Malmstadt, Larson & Davidson, 2000), bestätigte sich, dass bei Personen mit

größerer linksseitiger Aktivierung die physiologische Reaktivität nach dem Ende der

Stimulusdarbietung (emotionale Bilder) schneller wieder absank und geringer war, als

bei Personen mit größerer rechtsseitiger Aktivierung (Jackson, Burghy, Hanna, Larson

& Davidson, 2000; Jackson et al., 2003; Larson, 2000; Larson & Davidson, 2001;

Larson, Sutton & Davidson, 1998; siehe dazu auch Fullana, Caseras, Riba, Barbanoj &

Torrubia, 2006). Dabei ist der Tatsache besondere Beachtung zu schenken, dass die

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Theoretische Grundlagen

117

Probanden in diesen Studien keine expliziten Instruktionen betreffs Emotionsregulation

erhielten, man somit also ihre normalen (automatischen) Emotionsverarbeitungs-

vorgänge wie sie im Alltag ablaufen, erfassen konnte: „This relation between resting

frontal activation and recovery following an aversive event supports the idea of a

frontally mediated mechanism involved in one form of automatic emotion regulation“

(Jackson et al., 2003, S. 612).

Gemeinsam mit den neuroplastischen Befunden (Lazar et al., 2005), die von

einer durch Achtsamkeitspraxis vermittelten Steigerung der PFC-Dicke berichten, und

dem bereits erwähnten Experiment von Richard Davidson und Kabat-Zinn (Davidson et

al., 2003), das nach einer 8-wöchigen MBSR-Intervention eine Erhöhung der links-

seitigen PFC-Aktivität belegte, lässt sich nunmehr die Wirkungsweise der Achtsam-

keitspraxis auf die Emotionsverarbeitung ableiten: Anzunehmen ist ein funktioneller

und struktureller Wandel in vor allem den linksseitigen Arealen des PFC, wobei diese

Transformation eine Modifizierung der automatischen Emotions-verarbeitung vermittelt.

Die damit einhergehenden Effekte sollten die physiologische und motivationale

Reaktivität verringern sowie deren schnelleres Absinken nach der emotionalen Heraus-

forderung ermöglichen (siehe Hypothesen 2 und 3). Aufgrund dieser ermutigenden

Befunde und dem Ergebnis der Arbeitsgruppe um Ruiz-Padial (Ruiz-Padial, Sollers,

Vila & Thayer, 2003), die den regulierenden Einfluss des PFC auf die emotionalen

Motivationssysteme belegen konnte, war die Wahl der Methode dieser Diplomarbeit

auf das Startle-Paradigma gefallen, das zur Erfassung all dieser von Achtsamkeit

gebahnter Veränderungen geeignet erscheint: „The findings are consistent with models

that posit that prefrontal cortical activity modulates subcortical motivation circuits.

These results have important implications for the use of startle probe methodology (…)

in the study of emotional regulation and dysregulation” (Ruiz-Padial, Sollers, Vila &

Thayer, 2003, S. 306).

2.5 Eingesetzte Emotionsmaße

Ziel dieser Diplomarbeit war es, theoretisch postulierte Effekte der Achtsamkeitspraxis

auf die normale Emotionsverarbeitung zu untersuchen, und dies in einem experi-

mentellen Rahmen, wie er in der Emotionsforschung den neuesten Standards

entspricht. Das hierfür gewählte Design einer Emotionsinduktion via emotionalen Bild-

materials (ausführlicher im Methodenteil in Kapitel 3) hat sich in dieser Form bereits an

einer Vielzahl unterschiedlicher Probandenstichproben bewährt (Bradley & Lang, 2000;

Bradley, Codispoti, Cuthbert & Lang, 2001; Lang, 1995; Lang, Bradley & Cuthbert,

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Theoretische Grundlagen

118

1990, 1998b; Lang, Reenwald, Bradley & Hamm, 1996; Sutton, Davidson, Donzella,

Irwin & Dottl, 1997), und wurde ausgiebig diskutiert (Bradley, Codispoti & Lang, 2006).

Die Wahl der eingesetzten Methoden zur Emotionsmessung fiel im Lichte der

oben berichteten Forschung nicht schwer, da das in der ER-Forschung immer häufiger

eingesetzte Startle-Paradigma eine elegante Möglichkeit bietet, die Aktivität der

„emotionalen Motivationssysteme” (siehe 2.3: auch „Steuerungssystem“, „motivationale

Komponente“) „approach” (Annäherung, Greifen) und „avoidance” (Vermeidung,

Aversion) auszulesen, wie nachfolgend dargelegt werden wird (2.5.1). In diesem

Bereich der empirischen Emotionsforschung lässt sich nun eine interessante Brücke

zur Achtsamkeitspraxis schlagen – ist doch deren erklärtes Ziel, der Abbau der kon-

ditionierten Anhaftung und Aversion auf die emotionalen Empfindungen hin (siehe 2.1

und 2.2).

Des Weiteren schien es relevant, durch ein Selbsteinschätzungsverfahren die

durch das experimentelle Paradigma ausgelösten subjektiven Gefühle zu erfassen, da

von der Achtsamkeitspraxis deren zunehmende Klarheit und Intensität postuliert wurde

(siehe 2.1, 2.2 und 2.2.6). Das zur Erfassung der Gefühlskomponente eingesetzte so

genannte computerisierte „SAM”-Verfahren (SAM = „Self Assessment Manikin”) und

das dem Versuch folgende Interview werden in Abschnitt 3.3.1 besprochen.

Zusätzlich zur motivationalen Komponente war es aufgrund der in Kapitel 2.2.6

zusammengestellten vermuteten Wirkmechanismen der Achtsamkeitspraxis von Inter-

esse, die Einflüsse der Praxis auf die peripherphysiologische Komponente mit zu er-

fassen, da hier eine verringerte Reaktivität zu erwarten ist. Die in der Emotions-

forschung häufig eingesetzte (Boucsein, 1995; Schandry, 1998, 2006) Messung der

elektrodermalen Aktivität (EDA) wurde hierfür als Indikator gewählt (siehe 2.5.2).

Das Defense- und Appetitive-Motivationssystem:

Wie in Abschnitt 2.3.3 erwähnt, findet die Emotionsmessung mit den oben eingeführten

Methoden basierend auf dem mehrdimensionalen Emotionsmodell nach Bradley und

Lang (1998) oder auch Davidson und Irwin (1999) statt. Emotion wird darin als

evolutionär nützliche Handlungsdisposition verstanden, die sich auf den Dimensionen

Valenz und Intensität (Erregung) abbildet und eines der beiden konträren emotionalen

Motivationssysteme „approach” (= appetitive Motivation) oder „avoidance” (= defensive

Motivation) aktiviert.

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Theoretische Grundlagen

119

Abbildung 17: Das emotionale „Defense”-Motivationssystem [Abb, aus Lang, Bradley & Cuthbert, 1998].

Defense-Motivation: In Abbildung 17 sind für beide in dieser Diplomarbeit

erfassten, physiologisch messbaren Emotionskomponenten die Wege der auto-

matischen, amygdala-basierten Emotionsverarbeitung aufgeführt. Entscheidend an

dieser detaillierten Darstellung ist, dass bei Aufnahme aversiver, bedrohlicher Reize

über die Sinnesorgane zum sensorischen Thalamus hin, eine direkte Verbindung zur

Amygdala besteht, die den Grad der Bedrohung der Reize fortwährend autonom

evaluiert (2.3.4). Über ihren lateralen Nucleus sendet die Amygdala nun Befehle an

den Nucleus Reticularis Pontis Caudalis, dessen Feuern u.a. zur Modulation, im Falle

von aversiven Stimuli zur Potenzierung, des Startle-Reflexes führt (siehe auch Davis,

1997). Über die laterale Region des Hypothalamus wiederum steuert die Amygdala

nach entsprechender Bewertung die Aktivierung des autonomen Nervensystems, dem

die EDA-Reaktion untersteht. Wie in Abbildung 18 weiterhin zu sehen ist, erfahren EDA

und Startle-Reflex nach der Begegnung mit dem Stimulus, den die Amygdala als

hinreichend bedrohlich zur Aktivierung des Defensiv-Motivationssystem eingestuft hat,

einen mit dessen steigender Aktivierung zunehmenden Anstieg im weiteren Zeitverlauf.

Festzuhalten ist also hier die positive Korrelation des Grades der Defensiv-

Motivationssystem-Aktiviertheit und des Anstiegs der beiden Maße (Bradley et al.,

2001).

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Abbildung 18: Zeitlicher Verlauf einzelner Komponenten während der „Defensiv -Kaskade“ [Abb. aus Bradley & Lang, 2001].

Für die Startle-Reaktion lässt sich reliabel eine initiale Inhibition auf die Reizdarbietung

feststellen, die durch die anfängliche Hinwendung, sensorische Erfassung und

Verarbeitung sowie die erhöhte Aufmerksamkeitszuwendung erklärt wurde (Bradley et

al., 2001). Damit ist das defensive Motivationssystem charakterisiert durch zwei

mögliche Stufen: Bei einer geringen bis moderaten Aktivierung, fließen die verfügbaren

Ressourcen des Organismus aufgrund der Aufmerksamkeitszuwendung zum

emotional valenten Reiz in die Stimulusverarbeitung, die motorischen Reaktionen sind

gehemmt (daher auch der inhibierte Startle, die so genannte „prepuls-inhibition”; siehe

Bradley, Codispoti & Lang, 2006). Das Geschehen wird zu gleichen Anteilen von

Parasympathikus und Sympathikus bestimmt (Bradley et al., 2001). In diesem Stadium

der emotionalen Reaktion findet sich auch eine eher moderate EDA, die den Autoren

zufolge ebenfalls Indikator für eine Orientierungsreaktion und Aufmerksamkeits-

zuwendung darstellt (Bradley et al., 2001). Die zweite Stufe des defensiven

Motivationssystems, die gewöhnlich dann angestoßen wird, wenn die weitere

Stimulusevaluation sehr aversiv und bedrohlich ausfällt (Lang, Bradley & Cuthbert,

1998b), führt nun zu dem Knick in der Startle-Reaktion, und der Zunahme der EDA.

Bradley et al. (2001) erläutern dazu: „With more pronounced defense system

acitivation, however, oriented attention starts to give way to metabolic mobilization for

active defense and sympathetic reflex innervation dominates. This is signaled initially

by greater electromdermal activity and a change in the startle response. Significantly,

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the startle response is now potentiated. This change from inhibition to potentation

mirrors the switch from orientation to defense (…)” (S. 279). Der nächste logische

Schritt wäre dann das dergestalt angebahnte, tatsächliche Verhalten, das in der so

genannten Fight-Flight Reaktion gipfelt, der Organismus also je nach Einschätzung

entweder versucht, die aversive Reizquelle zu zerstören, oder flieht (Bradley, Cuthbert

& Lang, 1999). Im Normalfall ist das subjektive Erleben von aversiven Emotionen stark

mit einer Aktivation des defensiven Motivationssystems korreliert (Bradley et al., 2001).

Zum einen, weil im Falle des Wahrnehmens bedrohlicher Reize das Anstoßen dieses

Systems durch automatische Verarbeitungsvorgänge initiiert wird (siehe 2.3.4), zum

anderen, da auf das Erleben aversiver Emotionen gewöhnlich zusätzlich mit starker

Vermeidung oder Ablehnung reagiert wird (siehe 2.1 und 2.2.6).

Appetitive-Motivation: Die neuronalen Grundlagen des appetitiven Motivations-

systems wurden bereits in Abschnitt 2.3.4 erörtert. Es handelt sich vor allem um den

Nucleus Accumbens und das mesolimbische Dopaminsystem, welches auch als

Belohnungssystem bezeichnet wurde (Schandry, 2006). Das appetitive Motivations-

system hat im Anschluss an ähnliche Orientierungsreaktionen wie beim Defense-

System die Aufgabe, den Organismus zur als begehrenswert klassifizierten Reizquelle

hinzuführen, ihn danach greifen zu lassen, und die Aneignung zu motivieren (Bradley

et al., 2001). Dieses Verhaltensmuster tritt wohl am stärksten bei sexuellen Reizen auf,

die aufgrund der Zuverlässigkeit, mit der sie selbst im Labor das appetetive

Motivationsystem auslösen, oft bei Emotionsexperimenten eingesetzt wurden (Bradley

& Lang, 2000; Bradley et al., 2001; Lang, Bradley & Cuthbert, 1998b). Die Aus-

wirkungen der Aktivierung des appetitiven Motivationssystems werden von Bradley et

al. (2001) geschildert: „When pleasant pictures engage the appetitive system, it is

presumed that this state inhibits noncongruent defensive reflexes (e.g. the startle

reflex). Thus, the greatest startle inhibition (…) is expected during the viewing of erotic

stimuli. Because an increase in the intensity of appetitive motivation, like increased

defensive motivation, is associated with greater sympathetic activity, we expect that the

largest skin conductance changes should occur for the most arousing pleasent

contents, that is, erotica“ (Bradley et al., 2001, S. 280). Wiederum hat die Forschung

eine generelle Korrelation der Aktivitiätshöhe des Motivationssystems und der

subjektiven Einschätzung positiv valenter Emotionen als begehrenswert erbracht

(Bradley et al., 2001). Auch hier findet sich als Erklärung die initial automatisch

angestoßenen Bewertungsmechanismen der unkontrollierten Emotionsverarbeitung.

Darüber hinaus jedoch ebenso die gewöhnliche Reaktion auf das Erleben von

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Theoretische Grundlagen

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angenehmen, lustvollen Emotionen: es erfolgt ein Anhaften, ein Greifen, oder ein

Festhalten der Situation, der Emotion, da sie als so lustvoll erlebt wird.

Im Hinblick auf die in 2.2.6 beschriebene generelle Zunahme der

Parasympathikus- auf Kosten der Sympathikusaktivität im Laufe der Meditationspraxis

ist das Zwei-Phasenmodell der Motivationssystem-Aktivierung besonders interessant:

in der ersten Phase ereignet sich die oben dargestellte Orientierungsreaktion, deren

moderater EDA-Anstieg nach Bradley et al. (2001) teils vom Parasysmpathikus

vermittelt wird. Falls daraufhin Phase zwei des Motivationssystems angestoßen wird,

verschiebt sich die Balance des autonomen Nervensystems, und der Sympathikus

gewinnt die Oberhand, der auch die starken EDA-Anstiege und den Wechsel hin zur

Startle-Potenzierung moderiert. Die mit zunehmender Achtsamkeitspraxis erwartete

Abschwächung der Motivationssystemaktivierung in Hypothese 3.2 (siehe Abschnitt

2.6) ist also zum Teil über Einflüsse dieser Sympathikus-Parasympathikus Verschie-

bung denkbar. Als weiterer Mechanismus kommt der durch die neuroplastischen

Effekte der Meditationspraxis veränderte Einfluss des PFC auf die Amygdala in Frage,

die im Kapitel 2.4.1 aufgeführt wurden: „The defense circuitry ist plastic; it learns“

(Bradley & Lang, 2000). Wie in 2.4.1 beschrieben, nimmt der linke PFC über diesen

Weg Einfluss auf das defensive Motivationssystem.

„Startle reflex measurement ist not a direct measure of emotion´s

psychophysiology“ (Bradley, Cuthbert & Lang, 1999, S. 158). Eine bedeutende

Schlussfolgerung aus den Befunden über die emotionalen Motivationssysteme besteht

darin, dass man präzise trennen muss zwischen dem subjektiv erlebten Gefühl

einerseits, und der EDA und dem Schreckreflex andererseits. Letztere sind also keine

Maße, die etwa der Intensität oder Valenz des erlebten Gefühls gleichzusetzen wären

oder sie direkt abbilden, sondern die Höhe von EDA und Startle ist „determined by the

level of engagement of the emotional motivation system, that is, the extent to which

passive attention or defensive / appetitive action (tendencies) dominates“ (Bradley et

al., 2001, S. 293). „The startle reflex can be used to index the mobilization of these

appetetive and aversive systems, and to mark the threshold at which orienting to a

stimulus shifts to approach or defense“ (Bradley, Cuthbert & Lang, 1999, 176). Dies

wird für die nachfolgende Interpretation der Startle- und EDA-Ergebnisse entscheidend

sein.

2.5.1 Startle-Reflex

„A powerful tool for studying the time course of affective responding (Davidson, 1998)

is electromyographic (EMG) measurement of emotion-modulated startle (…). Using

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such measures, it is possible to probe both during and after an affective challenge to

determine both initial emotional reactivity and duration of emotional response. By

inserting startle probes at different points during and after an emotional stimulus, we

hoped to capture a feature of affective style that may be characteristic of relatively

automatic emotion regulation” (Jackson et al., 2003, S. 613). Der Startle-Reflex ist wie

oben (2.5) ausgeführt speziell für die Erfassung der motivationalen Komponente ideal:

„The picture/probe paradigm, because it induces a posture of motivated attention, is

excellent for assessing activation of the appetitive and aversive motivational system in

humans by measuring affective modulation of the startle reflex“ (Bradley, Cuthbert &

Lang, 1999, S. 183).

Besonders reizvoll ist das Startle-Paradigma im Kontext der Meditations-

forschung spätestens, seit Paul Ekman und Robert Levenson (aufgezeichnet in

Goleman, 2005) in einer (unpublizierten) Einzellfalluntersuchung bei einem erfahrenen

buddhistischen Mönch keine Lidschlussreaktion nach Darbietung eines Schreckreizes

fanden (die gewöhnlich nicht willentlich verhinderbar ist). „Ekman berichtete, Ösers (=

der Mönch, Anm. d. Verfassers) Physiologie habe zwar geringfügige Veränderungen

gezeigt, doch in seinem Gesicht habe sich kein Muskel geregt, was Öser damit

erklärte, dass sein Geist von dem Knall nicht erschüttert wurde“ (S. 46).

Der Lidschlagreflex als Teil der Schreckreflex-Kaskade ist ein primitiver (bei den

meisten Wirbeltieren vorkommender) Abwehr-Reflex (Anthony, 1985), der durch abrupt

auf den Organismus einwirkende sensorische Ereignisse ausgelöst wird (Davis, 1997).

Die Kaskade beinhaltet eine Reihe von Flexorbewegungen, die entlang der neuronalen

Achse von oben nach unten ausgelöst werden. Größtenteils dienen diese Reflexe dem

Schutz des Körpers, indem sie z.B. wie beim Lidschlag Organschäden vorbeugen

(Lang, Bradley & Cuthbert, 1999), gleichzeitig aber auch als eine Verhaltens-

unterbrechung fungieren, um die eventuelle, herannahende Bedrohung optimal

erfassen zu können (Lang, 1995). Der Lidschlag ist in dieser Reflex-Sequenz die

schnellste und stabilste Komponente, er reagiert bereits 25-40 ms nach Einsetzen des

Schreckreizes (Lang, 1995). Er ist es auch, der gewöhnlich in Studien, die sich des

Startle-Paradigmas bedienen, gemessen wird. Zu seiner Evozierung bedient man sich

meist eines akustischen Schreckreizes. Am besten gelingt dies mit abrupt einsetzen-

dem, so genanntem „weißen Rauschen” in einer Lautstärke zwischen 80 und 110 dB

(Bradley, Codispoti & Lang, 2006). Die Stärke der so ausgelösten Lidschlagreaktion

wird über elektromyographische Messung der Aktivität des musculus orbicularis oculi

mit Elektroden abgeleitet (Blumenthal, Cuthbert, Filion, Hackley, Lipp & Van Boxtel,

2005; siehe auch weiter unten Abschnitt 3.4).

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Theoretische Grundlagen

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Als erste regten Anthony (1985) und vor allem Vrana (1995) und Vrana, Spence

und Lang (1988) Überlegungen an, inwiefern der Schreckreflex in der Emotions-

forschung von Nutzen sein könnte. Vor allem die Arbeitsgruppe um Lang und Bradley

legten daraufhin eine ganze Reihe von Arbeiten zum Startle-Reflex vor (z.B. Lang,

Bradley & Cuthbert, 1990), in denen sie eine mögliche Startle-Reflex Modulation durch

emotionales Priming („to prime“ = anbahnen, vorbereiten) postulierten, und so das

Startle-Paradigma als Maß für die motivationale Komponente der Emotions-

verarbeitung einführten (Bradley et al., 2001). Das Startle-Paradigma hat daraufhin in

den verschiedensten Bereichen der Emotionsforschung immer mehr an Beliebtheit

gewonnen (Details bei Filion, Dawson & Schell, 1998; und Gaussmann, 2003).

Emotionales Priming: Eine früher von der Arbeitsgruppe um Graham (Anthony

& Graham, 1985) vertretene Erklärung der Befunde der ersten Starte-Studien, die

einen verstärkten Lidschlag beim Betrachten aversiver, sowie einen abgeschwächten

beim Betrachten angenehmer Bilder fanden, sah so aus: Sie argumentierten mit einer

Umverteilung der Aufmerksamkeit bzw. des Interesses aufgrund des visuellen Stimulus

Materials, was wegen der unterschiedlichen sensorischen Modalitäten (Bild – visuell;

Startle – auditiv) zu einer Modulierung der Reaktion führe. Bei angenehmen Bildern

wird mehr Aufmerksamkeit auf die Verarbeitung des visuellen Materials verwendet,

was die insgesamt zur Verfügung stehenden Ressourcen mindert, und somit den

Startle abschwäche. Entsprechend führe eine Abneigung den Bildern gegenüber zu

einer Blockierung des visuellen Kanals, womit dann für die akustische Verarbeitung

mehr Ressourcen zur Verfügung stünden, der Startle damit also besser prozessiert

werden, und dadurch potenziere. Lang, Bradley und Cuthbert (1990) konnten diese

Theorie falsifizieren, indem sie den Probanden sowohl akustische, als auch optische

Schreckreize (Lichtblitze) darboten, die Potenzierung bei aversivem und die

Inhibierung bei appetitivem Material jedoch bestehen blieb. Bradley, Lang und Cuthbert

(1993), Cuthbert, Bradley und Lang (1996) sowie Lang (1995) entwickelten die

konkurrierende Theorie der Startle-Modulation via emotionalem Priming, die sich

mittlerweile allgemein durchgesetzt hat und in vielen Versuchen bestätigt wurde

(Bradley, Codispoti & Lang, 2006; Larson, Ruffalo, Nietert & Davidson, 2005). Die

Theorie des emotionalen Primings besagt nach Bradley, Codispoti und Lang (2006),

dass während des Zeitraumes, in dem einer der beiden emotionalen Motivations-

systeme (siehe 2.5) aktiviert ist, dieses einen modulierenden Einfluss auf die Informa-

tionsverarbeitung des gesamten Gehirns ausübt. Insbesondere die Assoziationen,

Repräsentationen und Handlungsabläufe, die mit dem aktiven Motivationssystem

verbunden oder vereinbar sind, werden dabei gebahnt. Dies bedeutet für diese eine

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größere Zugriffswahrscheinlichkeit und Ausführungsstärke als für andere Informa-

tionen. Entsprechend resultiert daraus für mentale Vorgänge, die mit dem nicht-

aktivierten emotionalen Motivationssystem verbunden sind, eine geringere Zugriffs-

wahrscheinlichkeit und Ausführungsstärke. „According to the motivational priming

hypthesis, the defensive startle reflex should be of significantly greater amplitude (and

faster) when the aversive motivational system is active“ (Bradley & Lang, 2000).

„Conversly, when appetitive motivation is dominant, as when people view pleasant,

arousing pictures, the defensive startle reflex is inhibited“ (Bradley, Codispoti & Lang,

2006). Diese Startle-Modulation ist dabei nicht von der Neuheit des Stimulus abhängig:

„That is, while there is an overall diminuation of the startle reflex over blocks of trials,

affective potentation and inhibition remain even when the same pictures are repeatedly

presented (Bradley & Lang, 2000; siehe auch Bradley, Cuthbert & Lang, 1996; Bradley,

Gianaros & Lang, 1995; und Larson, Ruffalo, Nietert & Davidson, 2005). Weiterhin

bleibt nach Codispoti, Bradley und Lang (2001) dieser modulierende Effekt auch

bestehen, wenn die Bilder nur für eine kurze Zeit gezeigt werden: „These results are

intriguing and suggest that reflex modulation by affective valence does not require the

actual presence of a perceptual stimulus, but instead is an index of the mental

processes associated with perception“ (Bradley, Cuthbert & Lang, 1999. S. 173). Hier

zeigt sich eine Möglichkeit, die weiter oben (2.5) referierten Einflüsse der

Achtsamkeitspraxis via PFC einzuordnen: Wird die durch den Stimulus ausgelöste

Emotion nicht weiter als bedrohlich und schlimm bewertet, so sollte sich durch

geringere Aktivation des defensiven Motivationssystems auch weniger Startle-

Potenzierung zeigen. „It explains, for example, why differences might be found

between threatening events and those that are nonthreatening (…), even when they

are described as equally unpleasent“ (Bradley, Cuthbert & Lang, 1999, S. 183). Dieses

Zitat fasst die erwarteten Ergebnisse der Meditierenden treffend zusammen: Sie sollten

die erlebten Emotionen zwar als genauso unangenehm einstufen, dieses

Unangenehm-Sein aber als weniger schlimm und bedrohlich erleben, und daher

weniger Aversion zeigen. Vielmehr sollte bei ihnen aufgrund der trainierten

Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, durch die ihnen ein bewussterer und hilfreicherer

Umgang mit emotionalen Ereignissen ermöglicht wird, lediglich die erste Phase der

motivationalen Systeme anspringen: „At lower levels of defensive or appetitive

activation, however, the primary adjustment is an increase in attentional resource

allocation and sensory intake, which presumably increases the probability that an

appropriate, life-saving (or sustaining) action will be selected“ (Bradley, Codispoti &

Lang, 2006, S. 487). Der unter dem Einfluss der Meditation veränderte PFC ist Cook,

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Theoretische Grundlagen

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Hawk, Davis und Stevenson (1991) zufolge dazu in der Lage, auf den Teil des Startle-

Schaltkreises Einfluss zu nehmen, der die Stärke des Reflexes determiniert: „(…)

startle magnitude appears to be sensitive to processes mediated at higher levels of the

nervous system, such as attention“ (S. 12).

Um optimale Bedingungen für eine motivationale Modulation des Lidschlag-

reflexes zu gewährleisten, wurden nur diejenigen Versuchsdurchgänge in die

Auswertung miteinbezogen, die Bilder mit IPAS-Arousal-Normratings von � 6

aufwiesen: „The importance of emotional intensity in the affective modulation of the

startle reflex is now clear, with a number of studies reporting that the most arousing

picture contents (e.g., erotica, threat) prompt the greatest modulation of the blink reflex

(…)” (Bradley, Cuthbert & Lang, 2006, S. 487; siehe dazu auch Bernat, Patrick,

Benning & Tellegen, 2006). Diese von der IAPS-Normstichprobe als hoch-erregend

eingestuften Bilder führen also gewöhnlich dazu, dass die jeweiligen emotionalen

Motivationssysteme maximal angestoßen werden (soweit das bei statischen

Bilddarstellungen der Reize möglich ist).

Abbildung 19 zeigt einen mithilfe dieses Paradigmas gewonnenen, typischen

Verlauf der Schreckreaktion über mehrere Startle-Zeitpunkte, wobei jeweils emotionale

Bilder als Hintergrundstimuli präsentiert wurden, was die deutlich ablesbare Modulation

verursacht hat. Abbildung 20 löst das Zeitfenster unmittelbar nach Bilddarbietung noch

etwas feiner auf, wodurch u.a. die oben beschriebenen Effekte der „Prepulse-Inhibiton“

sichtbar werden. Vom ersten bis zum letzten der hier jeweils verwendeten Startle-

Zeitpunkte zeigen sich unterschiedliche Kräfte, die teilweise integriert auf die

letztendlich sichtbare Startle-Stärke Einfluss nehmen, deren Einflüsse also verwoben

sind, und die aus diesem Grund kurz differenziert werden sollen.

Nach Bradley, Codispoti und Lang (2006) findet sich (a) ein sehr früher (bei

einem Startle-Zeitpunkt � 50 ms nach Bildbeginn), steigernder Effekt, auch

„intersensory integration” genannt; (b) ein früher (100 - 250 ms) inhibierender Effekt,

auch als „sensory prepulse inhibition” bezeichnet; (c) ein inhibierender Effekt

(„attentional prepulse inhibiton“) der um 300 ms seine maximale Inhibition erreicht, und

der vom affektiven Gehalt der Stimuli moduliert wird; (d) die Modulation durch

emotional-motivationales Priming, die um 500 ms beginnt, und gewöhnlich mindestens

6 Sekunden aufrechterhalten bleibt, nach 6 Sekunden zumindest deutlich schwächer

wird. Die Effekte (a) und (b) wurden mit dem in dieser Diplomarbeit verwendeten

Design nicht erfasst, und daher nur skizziert:

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Theoretische Grundlagen

127

Abbildung 19: Normaler Modulationsverlauf des Lidschlagreflexes [Abb. aus Lang, Bradley & Cuthbert, 1998].

Abbildung 20: Feinere Auflösung der Prepulse-Inhibition des Startle-Reflexes [Abb. aus Bradley, Codispoti & Lang, 2006].

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Theoretische Grundlagen

128

(a) Nach Bradley, Codispoti und Lang (2006) kann man diesen, eher selten

untersuchten Effekt wohl auf die Summation zweier gleichzeitig auf den

sensorischen Apparat treffenden Reize zurückführen: „(...) reflex facilitation

reflects summation that occurs when activation from different sensory

sources reaches a common neural location“ (S. 492).

(b) Die darauf folgenden inhibierenden Effekte führen die Autoren zurück auf

„an obligatory inhibition of reflex magnitude that occurs whenever another

stimulus precedes the startle probe by a brief delay and which is often

interpreted as due to sensory gating (…), suggesting that a change in the

sensory array is a primary variable underlying these starle effects“ (S. 492).

(c) „Attentinal prepulse inhibition“ Effekte beginnen um 300 ms nach

Bildbeginn, und verglichen mit Schreckreflexen, die ohne Hintergrund-

stimulation mit Bildern erzeugt wurden, bleibt diese vergleichbare, generelle

Inhibition bis nach Ausblenden des Bildes erhalten (Bradley, Codispoti &

Lang, 2006): „These general inhibitory effects – long-lasting and affected by

stimulus content – are hypothesized here to reflect reflex inhibition by

attention, in which resource allocation to affectively engaging foregrounds

decreases the number of resources available for processing the acoustic

startle probe” (S. 495). Wenn aber nun, wie in diesem Zitat gezeigt,

Aufmerksamkeitszuwendung hemmende Effekte bewirkt, stellt sich die

Frage, wie lange diese Effekte einen relevanten Anteil zur Netto-Höhe des

Startle-Reflexes beisteuern. Die früher vertretene Auffassung, lediglich die

durch die Aktivität des motivationalen Systems vermittelten Priming-Effekte

würden im weiteren Verlauf die Startle-Höhe modulieren, stellte sich nun

diesbezüglich als unzureichend heraus. Bradley, Codispoti und Lang (2006)

konnten mithilfe der P3 Komponente der ERPs (event-related-potential) im

EEG (für Details siehe Schandry, 2006) der Probanden belegen, dass die

Aufmerksamkeitszuwendung bei affektiven Bildern längerfristig erhöht

bleibt: „On the other hand, the pronounced attenuation of the P3 response

for affectively engaging pictures, compared to neutral or blank pictures

throughout the viewing interval, suggests a sustained difference in attention

allocation that presumably contributes an inhibitory component to the startle

blink response at all probe delays“ (S. 495). Im Hinblick auf die antrainierte

achtsame Aufmerksamkeitszuwendung der Meditierenden, die möglichst

ohne Bewertung die mentalen und emotionalen Ereignisse wahrzunehmen

versuchen (weniger erwartete Aktivität emotionaler Motivationssysteme), ist

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Theoretische Grundlagen

129

dies eine wichtiger Befund für die anschließende Diskussion der

gefundenen Startle-Verläufe der Probanden. „Taken together, the data are

consistent with theory suggesting that heightened attention can reduce the

magnitude of blink potentation to highly arousing, unpleasent contexts”

(Bradley et al., 2001, S. 294). „It appears that attentional processing has

sustained inhibitory effects on the startle blink reflex (…)“ (Bradley,

Codispoti & Lang, 2006, S. 294).

(d) „The strength of defensive or appetetive activation is important for hedonic

modulation of the startle reflex“ (Bradley, Codispoti & Lang, 2006, S. 295).

Abbildung 19 zeigt in der dort so bezeichneten “affect region” gut den

glockenförmigen Verlauf der Startle-Modualtion, der nun den Netto-Effekt

der beiden einwirkenden Faktoren attention allocation (Inhibition) und

defensive activation (Potenzierung) bzw. appetitive motivation (Inhibition)

darstellt. Zu Beginn der affektiven Modulation des Startle ist das defensive

Motivationssystem noch in Phase eins (Orientierung), somit dominiert

Aufmerksamkeitszuwendung, also weiterhin relative Hemmung. Diese

jedoch wird mit zunehmender Motivationssystemaktivität überlagert (sie

bleibt jedoch bestehen, siehe c) von den zusätzlichen potenzierenden bzw.

Inhibierenden Effekten des emotional motivationalen Primings der Phase

zwei. Wiederum konnten Bradley, Codispoti und Lang (2006) unter

Zuhilfenahme der dabei erhobenen P3 Amplitude der ERPs belegen, dass

die Spitze im Startle-Verlauf nicht auf mangelnde Aufmerksamkeits-

zuwendung zurückführbar ist, sondern nur durch defensives Priming erklärt

werden kann. Die wieder abfallende Höhe des Reflexes im weiteren Verlauf

mag sich aus der sinkenden Motivationssystemaktiviertheit erklären, zu der

abschließend auch noch die Effekte der nachlassenden Aufmerksamkeits-

zuwendung hinzustoßen, die im Anstieg zum letzten Startle-Zeitpunkt hin

ihren Niederschlag findet. Ebenso denkbar wäre innerhalb eines derartigen

experimentellen Settings jedoch eine Erwartungsangst in der Art „der Startle

steht nun unmittelbar bevor, da er solange ausblieb”. Ochsner und Gross

(2005) beschreiben, wie die Antizipierung von aversiven Ereignissen

(Schreck, Schock) die Aktivität in Cingulum, Insula und Amygdala erhöhen.

Wie man in Abbildung 21 sehen kann, verliert sich der durch emotionales

Priming bedingte, klare Modulationseffekt nach Ende der Bilddarbietungs-

zeit zunehmend.

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Theoretische Grundlagen

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Abbildung 21: Startle Modulation vor, während und nach der Bilddarbietung [Abb. aus Dichter, Tomarken & Baucom, 2002)

Zusammenfassend kann man somit Bradley, Codispoti und Lang (2006)

zitieren: „Whether attentional inhibition or defensive priming will dominate in modulating

the startle reflex during the stages of unpleasant picture viewing will depend upon the

threat intensity of the aversive material“ (S. 295) – oder aber der Meditationserfahrung,

die eben die „threat intensity of the aversive material“ transformiert, wie die Hypothese

3.2 in Abschnitt 2.6 behauptet. „Research suggests that emotional responses often

persist beyond the offset of the eliciting stimulus, and individuals may differ in the

duration of this persistence. Importantly, research has also suggested that this

individual variability may be meaningfully related to motivational system sensitivity“

(German Gard, 2004, S. 13).

Aufgrund der Vielschichtigkeit der einflussnehmenden Effekte ist es ratsam, bei

der Interpretation der gefunden Startle-Daten behutsam vorzugehen. „Taken together,

the data suggest that the startle reflex is a complex index of defensive and appetitive

motivation, reflecting initial sensory engagement, sustained attentional processing, and

the organism’s disposition to action when confronted by an emotionally arousing cue“

(Bradley, Codispoti & Lang, 2006, S. 296).

2.5.2 Elektrodermale Aktivität

„Die elektrodermale Aktivität ist in besonderer Weise geeignet, negativ erlebte

Zustände zu indizieren, die nicht aktiv bewältigt werden können“ (Boucsein, 1995, S.

152). Die EDA gilt seit langem als sensibler Indikator der Erregung des Organismus,

speziell der durch emotionale Ereignisse provozierten Erregung (Schandry, 1998).

Aufgrund ihrer Bekanntheit und der ausführlichen Diskussion, die sie bereits erfahren

hat (z.B. Boucsein, 1995; Schandry, 1998, 2006; Tranel, 2000; Walschburger, 1975),

sollen hier nur die für diese Untersuchung wichtigen Aspekte der EDA skizziert werden.

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Gewöhnlich ist es nicht möglich, die Valenz der erlebten Emotion anhand des

EDA-Verlaufes zu differenzieren, da die EDA unabhängig von ihr mit zunehmender

Intensität steigt, wobei sehr erregende, positive Bilder (z.B. Erotika) gewöhnlich eine

etwas höhere EDA bedingen, als entsprechend erregende negative Bilder (Lang,

Reenwald, Bradley & Hamm, 1996; Sabatinelli, Bradley & Lang, 2001).

Ausgelöst wird die EDA, die in engem Zusammenhang mit der Aktivität der

Schweißdrüsen steht, durch sympathisch beeinflusste Steuerungszentren des auto-

nomen Nervensystems (ANS). Wie in 2.3 bereits dargestellt, wird die EDA als Teil des

Versorgungssystems des Organismus gesehen, das im Zuge der Aktivierung

angesichts emotional bedrohlicher oder handlungsfordernder Stimuli den Organismus

auf eine Kampf-/Fluchtreaktion vorbereitet. Das emotionale Schwitzen unterscheidet

sich damit vom normalen thermoregulatorischen Schwitzen, welches unter der

Kontrolle des Hypothalamus steht. Beim emotional ausgelösten Schwitzen finden sich

überwiegend kortikale Kontrollmechanismen, wie Boucsein (1995) ausführt. Vor allem

über die Basalganglien sowie den so genannten Papez-Kreis des limbischen Systems

werden die emotionalen Einflüsse auf die EDA vermittelt (Schandry, 1998, 2006).

Diese Vorgänge wiederum stehen nun bemerkenswerterweise unter dem

exzitatorischen Einfluss der Amygdala sowie den inhibitorischen Effekten des

Hippocampus sowie großer Gebiete des frontalen Kortex (Boucsein, 1995; für Details

siehe Critchley et al., 2000, 2002; Anders et al., 2004; Tranel, 2000). Speziell der

mediale orbitofrontale Kortex scheint an der Regulation der EDA beteiligt zu sein

(Ohira et al., 2006). Hier lassen sich mit den in Abschnitt 2.2.5 und 2.4.1 aufgeführten

Befunden zu von Achtsamkeitspraxis bedingten neuroplastischen und funktionellen

Veränderungen in diesen Bereichen die Einflussmöglichkeiten der Meditationspraxis

auf die neurophysiologischen Komponenten, speziell die EDA vermuten. Entscheidend

für das in dieser Diplomarbeit durchgeführte Experiment und die erwarteten EDA-

Befunde (siehe Hypothese 3.1 in Abschnitt 2.6) ist, die klassische Interpretation anstei-

gender EDA zu relativieren: Im Normalfall spiegelt eine steigende EDA eine zu-

nehmende subjektive Gefühlsintensität wider (Lang et al., 1996). Diese Korrelation ist

nun aber gerade aus dem Grunde beobachtbar, da die EDA als eine Komponente der

emotionalen Motivationssysteme genau dann rapide ansteigt, wenn der Organismus

durch Bewertungsprozesse die Stimuli bzw. Emotionen als bedrohlich und zu

vermeiden, bzw. als nicht mehr bewältigbar evaluiert hat (siehe 2.5 und 2.5.1). Da dies

im Normalfall beim Anstieg der subjektiven Gefühlsintensität automatisch passiert,

entsteht diese hohe Korrelation zwischen den beiden Emotionskomponenten. Für

Meditationserfahrene wird vermutet, dass deren abnehmende Aversion bzw. Anhaftung

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Theoretische Grundlagen

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auf (auch intensive) Erfahrungen hin, zu einer geringeren Aktivierung der defensiven

bzw. appetitiven Motivationssysteme führt, und daher die steigende Intensität der

Gefühlskomponente von der Intensität der peripherphysiologischen Komponente

dissoziiert, da keine Kampf-/Flucht Reaktion vorbereitet werden muss.

(Auf die SAM-Skala, die zur Erfassung des subjektiven Gefühlserlebens einge-

setzt wurde, geht Abschnitt 3.3.1 näher ein.)

2.6 Fragestellungen und Hypothesen

An dieser Stelle werden die Fragestellungen sowie die Hypothesen im Einzelnen

aufgeführt. Die zugrunde liegende Theorie ist eingehend in den Teilen 2.1 bis 2.5

erarbeitet worden, auf die diesbezüglich verwiesen wird.

Fragestellung 1:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf die subjektiv erlebte Gefühlskomponente

der emotionalen Reaktion?

Hypothese 1:

Mit zunehmender Achtsamkeitspraxis steigt die Intensität der subjektiv erlebten

Gefühle, sie werden zunehmend intensiver erlebt und deutlicher wahrge-

nommen. Es wird daher erwartet, dass…

• 1a) …die Mittelwerte der SAM-Intensitätsratings auf emotional valente Bilder

hin von Gruppe 0 (Nichtmeditierende) über Gruppe 1 (Kurzzeitmeditierende) zu

Gruppe 2 (Langzeitmeditierende) hin signifikant zunehmen. Da der Grund für

den Anstieg in der Achtsamkeitspraxis vermutet wird, wird angenommen, dass

die SAM-Intensitätsratings signifikant positiv mit der Achtsamkeitspraxis in

Stunden korrelieren.

• 1b) …über die Gruppen 1 nach 2 der prozentuale Anteil an meditierenden

Probanden zunimmt, der im Nachinterview Angaben macht, die auf eine

Erhöhung der Gefühlsintensität im Laufe der Meditationspraxis hindeuten, im

Vergleich zum prozentualen Anteil derjenigen, die Angaben machen, die auf

eine Verringerung hindeuten.

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Theoretische Grundlagen

133

Fragestellung 2:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf den zeitlichen Verlauf der emotionalen

Reaktion?

Hypothese 2:

Mit zunehmender Achtsamkeitspraxis setzt bei emotional valenten Stimuli die

emotionale Reaktion schneller ein, erreicht schneller ihren Höhepunkt und fällt

anschließend auch schneller wieder auf Baseline-Niveau ab. Es wird daher

erwartet, dass…

• 2a) …bei emotional valenten Bildern die Mittelwerte der EDA-Latenz, der EDA-

Anstiegszeit und der EDA-Halbwertszeit von Gruppe 0 nach 2 hin signifikant

abnehmen. Da der Grund der Abnahme in der Achtsamkeitspraxis vermutet

wird, sollten diese drei EDA-Indices mit der Achtsamkeitspraxis in Stunden

signifikant negativ korreliert sein.

• 2b) … bei emotional valenten Bildern sowohl die Potenzierung als auch die

Inhibition der Startle-Response von Gruppe 0 zu 2 hin zunehmend schneller

einsetzt, ihren jeweiligen Höhepunkt erreicht und auch wieder abnimmt. Da der

Grund dieser Beschleunigung in der Achtsamkeitspraxis vermutet wird, sollte

für beide Modulationsindices die Differenz „Index während minus Index nach

Bilddarbietung“ mit der Achtsamkeitspraxis in Stunden signifikant positiv

korreliert sein.

Fragestellung 3:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf die Intensität der neurophysiologischen

und motivationalen Komponente der emotionalen Reaktion?

Hypothese 3.1:

Mit zunehmender Achtsamkeitspraxis nimmt die Intensität der neuro-

physiologischen Komponente der emotionalen Reaktion auf emotional valente

Stimuli hin ab, hier erfasst über das Maximum der ersten EDA-Reaktion pro Trial

und die aufsummierte Stärke aller EDA-Reaktionen pro Trial. Es wird daher

erwartet, dass…

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Theoretische Grundlagen

134

• …die Mittelwerte dieser beiden EDA-Indices von Gruppe 0 zu 2 signifikant

absinken. Da der Grund der Abnahme in der Achtsamkeitspraxis vermutet wird,

sollten beide EDA-Indices mit der Achtsamkeitspraxis in Stunden signifikant

negativ korreliert sein.

Hypothese 3.2:

Mit zunehmender Achtsamkeitskompetenz nimmt die Intensität der Aktivierung

des „approach“ Motivationssystems beim Erleben positiv valenter Emotionen

und die Intensität der Aktivierung des „avoidance“ Motivationssystems beim

Erleben negativ valenter Emotionen ab. Es wird daher erwartet, dass…

• 3.2a) …das Mittel der Startle-Höhe von Gruppe 0 zu 2 hin signifikant abnimmt.

Da der Grund hierfür in der Achtsamkeitspraxis gesehen wird, sollte die Startle-

Höhe signifikant negativ mit der Achtsamkeitspraxis korrelieren.

• 3.2b) …die Höhe des Potenzierungs- und Inhibitions-Index zu den Startle-

Zeitpunkten, die eine Modulation vermitteln, von Gruppe 0 nach 2 signifikant

abnimmt. Da der Grund der Abnahme in der Achtsamkeitspraxis gesehen wird,

sollten die beiden Modulationsindices mit ihr signifikant negativ korreliert sein.

Fragestellung 4:

Welchen Einfluss hat die Achtsamkeitspraxis auf die Affekttoleranz?

Hypothese 4:

Mit zunehmender Achtsamkeitskompetenz nimmt die Affekttoleranz zu, es

werden also weniger Vermeidungsstrategien angewendet und unter emotional

herausfordernden Erlebnissen leidet das subjektive Wohlbefinden zunehmend

weniger. Es wird daher erwartet, dass…

• 4a) …von Gruppe 0 nach 2 der Anteil der Probanden signifikant steigt, die im

Nachinterview die Angabe machen, im Versuch keine Vermeidungsstrategien

benötigt und angewendet zu haben.

• 4b) …der Versuch von Gruppe 0 nach 2 zunehmend weniger negativen

Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden der Probanden nimmt, die Differenz

der nach und vor dem Versuch abgegebenen Befindlichkeitsratings von Gruppe

0 zu 2 signifikant abnimmt und negativ mit der Achtsamkeitspraxis korreliert.

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Methodisches Vorgehen

135

3. Methodisches Vorgehen

3.1 Versuchsplan und unabhängige Variable (UV)

Ziel der Untersuchung war, Einfluss und Auswirkungen der Achtsamkeitspraxis auf die

Emotionsverarbeitung und Emotionsregulation zu erkunden, wobei sowohl die

subjektive Gefühlskomponente als auch peripherphysiologische Komponenten der

emotionalen Reaktivität erfasst werden sollten. Dieses Anliegen wäre am idealsten

innerhalb einer Prae-Post-Test Kontrollgruppen Studie zu realisieren gewesen. Diese

wäre das Design der Wahl, um gefundene Effekte eindeutig kausal interpretieren zu

können. Aus zeitlichen und logistischen Gründen war es jedoch nicht möglich, im

Rahmen dieser Diplomarbeit ein derartiges Design zu verwirklichen. Somit fiel die Wahl

zu Beginn auf einen quasiexperimentellen Mehr-Gruppen-Plan mit gerichteten,

unspezifischen Unterschiedshypothesen. Verglichen werden sollten nach Davidson et

al. (1976) vier Gruppen: Nichtmeditierende, Anfänger (bis 1 Monat Praxis), Kurzzeit-

meditierende (bis 24 Monate Praxis) und Langzeitmeditierende (ab 24 Monate Praxis).

Bei dieser Art von Untersuchung stellt sich jedoch wegen fehlender Randomisierung

immer das Problem der internen Validität (Bortz & Döring, 2002). Dies betrifft vor allem

die Kontrolle personenbezogener Störvariablen. Alle untersuchten Gruppen sollten sich

bestenfalls nur auf der Dimension Meditationserfahrung unterscheiden (Bortz, 1999),

auf allen sonstigen relevanten Dimensionen hingegen wie Geschlecht, Alter, Bildung,

Neurotizismus, Drogen- und Medikamenteneinnahme, etc. sollten die Gruppen im

Mittel vergleichbar gehalten werden.

Auch sind Selbst-Selektionseffekte unter den Meditierenden denkbar, und

fordern damit zusätzlich den quasiexperimentellen Ansatz heraus. Möglich wäre

durchaus, dass eher Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeitskonfiguration oder

Emotionsverarbeitung länger bei der Meditationspraxis bleiben, und damit die Gruppe

der Langzeitmeditierenden bilden würden (Davidson, Goleman & Schwartz, 1976;

Shapiro, Walsh & Britton, 2003). Die Untersuchungsergebnisse würden also gegebe-

nenfalls nicht die Effekte der Meditation abbilden, sondern bereits vorher bestehende

Personenvariablen, die eher der Grund für die Aufnahme der Praxis waren.

Zusätzlich zeigt sich, dass die Meditationserfahrung nicht komplett durch die

Meditationszeit in Jahren abgebildet wird (Walach et al., 2003). Meditationserfahrung

(und deren Auswirkungen) ist infolgedessen keine diskontinuierliche Variable, die

zwischen Gruppen mithilfe der Meditationszeit in Jahren aufgeteilt werden kann, ohne

statistische Power zu verlieren. Aus diesem Grund wurde versucht, die Unterschiede

zwischen den Probanden feiner aufzulösen, indem aus Praxisdauer in Jahren,

Frequenz der Meditation pro Woche und Tag, Dauer einer Sitzung, sowie Anzahl

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Methodisches Vorgehen

136

absolvierter Retreats die tatsächlichen Praxisstunden errechnet wurden. Dies

gewährleistet auch die Vergleichbarkeit mit dem Gros der aktuellen Publikationen in

diesem Bereich (z.B. Lazar et al., 2005; Lutz et al., 2004).

Besagte Argumente, und die Erfahrung, dass es sich bereits im Vorfeld des

Experimentes als schwierig herausstellte, ein gutes Matching (Bortz, 2002) zwischen

den vier Gruppen zu gewährleisten, führten dazu, die Studie letztlich korrelativ-

regressionsanalytisch zu konzipieren. Der Mehr-Gruppenplan wurde zur varianzana-

lytischen Hypothesentestung beibehalten, strukturell jedoch leicht modifiziert, da sich

nicht genügend Meditationsanfänger zum Zeitpunkt der Untersuchung finden ließen.

Es verblieben drei Gruppen: Nichtmeditierende, Kurzzeitmeditierende (bis 15 Jahre

Praxis) und Langzeitmeditierende (ab 15 Jahre Praxis). Zusätzlich wurden die oben

beschriebene Variable „Achtsamkeitspraxis in Stunden“ sowie weitere relevante

Variablen wie Alter, Geschlecht etc. in die korrelative Auswertung miteingebracht. Da

die Variable „Achtsamkeitspraxis in Stunden“ nicht normalverteilt war, wurden für die

Regressionsrechnungen die Prozentränge der Achtsamkeitspraxis ermittelt. Um hier

eine kontinuierliche Abstufung über alle Probanden zu erreichen, wurde als Basis die

Metavariable „Achtsamkeitspraxis in Stunden + Score im Freiburger Fragebogen zur

Achtsamkeit (FFA, siehe weiter unten)“ zugrunde gelegt. Somit ließen sich auch die

Nichtmeditierenden (die den Fragebogen ebenfalls ausgefüllt hatten) in ihrer Achtsam-

keit differenzieren, und es konnte ein insgesamt kontinuierlicher Verlauf der

Prozentränge über alle Probanden erreicht werden. Ziel dieser zusätzlichen Auswer-

tungen war es, herauszurechnen, in wie weit ein mögliches Zutreffen der Hypothesen

auf die Achtsamkeitspraxis zurückführbar ist bzw. welche weiteren Personenvariablen

zum Ergebnis beitrugen. Für den korrelativen Ansatz war günstig, dass bei den

gefundenen meditationserfahrenen Probanden die Meditationszeit letztendlich vielfältig

abgestuft war.

Die eigentliche UV ist somit das Ausmaß der Achtsamkeitspraxis. Für die

Hypothesentestung wurde sie auf die Gruppenzugehörigkeit heruntergebrochen

(Nichtmeditierende, Gruppe 0; Kurzzeitmeditierende, Gruppe 1; Langzeitmeditierende,

Gruppe 2).

3.2. Stimulus Materialien und experimentelles Design

3.2.1 Visuelles Stimulusmaterial

In der aktuellen Emotionsforschung wird überwiegend mit Emotionsinduktion mittels

visuellen Materials gearbeitet (Bradley & Lang, 2000). Dabei kommen sowohl

emotional aufgeladene Filmclips (z.B. Ochsner & Gross, 2005; oder Gross &

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Methodisches Vorgehen

137

Levenson, 1995) als auch emotionale Bilder in Form von Fotomaterial erfolgreich zur

Anwendung (Lang, Reenwald, Bradley & Hamm, 1996). „Research has demonstrated

that these photographic images evoke a broad range of emotional reactions, varying in

intensity and involving both pleasant and unpleasent affect“ (Lang, Bradley & Cuthbert,

1998b, S. 394). Auf Bilder als Stimuli wurde auch in der hier berichteten Studie

zurückgegriffen, da sie mittlerweile das gängigste Paradigma darstellen und zudem mit

einigen für die experimentelle Forschung wichtigen Vorteilen verbunden sind: Zum

einen ist der Proband bei der Bilderbetrachtung passiv, d.h. er produziert nur sehr

wenig motorische Interferenz. Man kann daher die Aktivierungen, die man in

elektrophysiologischen Messungen beobachtet, sicherer auf das Stimulusmaterial

zurückführen. Ferner können Eigenschaften der Stimuli wie Darbietungszeit,

Intensität4, Valenz etc. leicht kontrolliert werden. Ein Grund für die Fruchtbarkeit dieses

Paradigmas und der darauf basierenden, zahlreichen Veröffentlichungen ist sicherlich

auch die einfache Replizierbarkeit der experimentellen Designs und der gewonnenen

Daten (Lang, Bradley & Cuthbert, 1997).

1988 begannen Lang und Greenwald mit der Entwicklung eines umfassenden

Sets von Bildern, die als geeichte emotionale Reize für Experimente international

einsetzbar sein sollten. So entstand die erste Version des „International Affective

Picture System“ („IAPS“; Lang, Bradley & Cuthbert, 1998a; Lang, Öhman & Vaitl,

1988). Die Standardisierung dieser IAPS-Bilder wurde damals von einer großen

Gruppe von Versuchspersonen vorgenommen. Sie bewerteten ihre emotionale

Erfahrung auf jedes der vorgelegten Bilder. Diese Bewertungen wurde mit Hilfe des

Self-Assessment-Manikin („SAM“, Bradley & Lang, 1994), einer Selbsteinschätzungs-

skala, für die Valenz- und Erregungsdimension durchgeführt. Abbildung 22 zeigt die

Verteilung der emotionalen Ratings der IAPS-Bilder im zweidimensionalen Raum

„Valenz“ (hier „Pleasure“) x „Intensität“. Die sich abzeichnenden „Bumerang-Arme“

reflektieren die beiden in Kapitel 2.5 beschriebenen hypothetischen Systeme der

Motivation „approach“ und „avoidance“, die auf der Intensitätsdimension variieren und

der affektiven Beurteilung zugrunde liegen. Die Bumerangform hat sich bisher als sehr

stabil erwiesen – es wurden bislang keine hoch erregenden und gleichzeitig neutralen

Reize gefunden.

Leider traf die beim Vertreiber des IAPS georderte, neueste Version der

Datenbank (Lang, Bradley & Cuthbert, 2005) erst einen Monat nach Untersuchungs-

beginn ein, sodass die ältere Version mit der Nr. 14 für das hier referierte Experiment

4 „Intensität“ und „Erregung“ wird im Text synonym verwendet. Im Englischen wird im IAPS-Paradigma das Wort „arousal“ eingesetzt. Da im Deutschen dessen direkte Übersetzung „Erregung“ zumindest leicht negativ konnotiert ist, wurde im Probandenkontakt immer von „Intensität“ gesprochen.

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Methodisches Vorgehen

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zum Einsatz kommen musste. Aus dieser IAPS-Batterie wurden 120 Bilder anhand

ihrer Valenz- und Intensitäts-Normratings ausgewählt.

Abbildung 22: Mittlere Valenz- und Erregungswerte der IAPS-Bilder [Abb. aus Bradley & Lang, 2000].

Es wurden je 1/3 positive, negative und neutrale Bilder verwendet. Da die

positiven Bilder auch Erotika enthielten, wurde je ein Set von 40 positiven Bildern für

Männer und für Frauen erstellt, sodass die mittleren Normratings von beiden Sets

vergleichbar waren. Auch bei den negativen Bildern weichen die normativen Ratings

der Frauen von denen der Männer teilweise ab. Daher wurden auch hier zwei Bilder-

sets zusammengestellt (die sich dennoch in großen Teilen ähneln, 8 Bilder wurden

ausgetauscht), in denen sich die durchschnittlichen normativen Ratings von Männern

und Frauen anglichen. Die Auswahl der neutralen Bilder war für beide Geschlechter

identisch.

Für die Zusammenstellung der Kategorien der positiven und negativen Bilder

flossen Überlegungen und Ergebnisse von Bradley, Cuthbert und Lang (1999) in die

Auswahl mit ein: Sie berichten, dass eine Startle-Potenzierung und -Inhibition erst bei

Bildern ab Arousal-Normratings von 6 ausgeprägt sichtbar würde, da der Bildinhalt

erregend und signifikant genug sein müsse, um eines der beiden emotionalen

Motivationssysteme (approach / avoidance) anzustoßen. Andererseits rät Jennings

(2003) jedoch davon ab, ausschließlich hoch-erregende Bilder als Stimuli zu ver-

wenden, da sich so die Erregung über die Versuchsdurchgänge hinweg aufschaukeln

könnte, und die erfassten emotionalen Reaktionen somit immer schwieriger auf einen

bestimmten Stimulus zurückführbar wären. Auch sei die Compliance (Kooperations-

willigkeit) der Probanden, das komplette Experiment durchzuhalten, mit zunehmend

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Methodisches Vorgehen

139

intensiven und ekelerregenden Stimuli immer weniger gegeben. Unter diesen

Bedingungen wurde für die vorliegende Arbeit folgende Strategie gewählt: In den

beiden emotionalen Bildkategorien wurden 3/5 der Bilder aus dem Segment „hoch-

erregend“ (Arousal-Normrating über 6) gewählt und entsprechend 2/5 der Bilder mit

Arousal-Normratings darunter (hier: „mäßig-erregend“). In der Kategorie der hoch-

erregenden positiven Bilder fanden sich vor allem erotische Szenen, aber auch

Abenteuer-Szenen wie Fallschirmsprünge, Motorradfahrer, Achterbahnfahrten etc. Die

mäßig erregenden positiven Bilder beinhalteten z.B. lachende Babies und Kinder,

niedliche Tiere, glücklich wirkende Menschen und Familienszenen sowie malerische

Naturaufnahmen. Die neutrale Bedingung umfasste z.B. Bilder von Mustern, Gegen-

ständen und neutralen sozialen Situationen. Die Gruppe der hoch-erregenden nega-

tiven Bilder enthielt unter anderem Fotos von Attacken auf Personen, direkte Bedroh-

ungen, wie z.B. auf den Betrachter gerichtete Waffen, kranke und verstümmelte

Menschen, Leichen(teile), sowie ekelerregende Szenen. Ausgewählt wurden diese

Bilder aus der IAPS-Datenbank anhand folgender Kriterien für die Normratings („1“

bildet hierbei das Minimum und „9“ das Maximum):

Tabelle 3: Kennzeichen der eingesetzten IAPS-Bilder

1/3 positive Bilder (n=40),

7/8 (n=35) davon mit Startle (jeder Zeitpunkt je 5x).

1/3 negative Bilder (n=40), 7/8 (n=35) davon mit Startle (jeder

Zeitpunkt je 5x).

N = 120 Bilder

davon 2/5

mäßig erregend (n=16),

wiederum 7/8 davon mit

Startle (n=14)

davon 3/5 stark

erregend (n=24),

wiederum 7/8 davon mit Startle

(n=21)

davon 2/5 mäßig

erregend (n=16),

wiederum 7/8 davon mit

Startle (n=14)

davon 3/5 stark

erregend (n=24),

wiederum 7/8 davon mit

Startle (n=21)

1/3 neutrale Bilder (n=40),

7/8 (n=35) davon mit Startle (jeder Zeitpunkt

je 5x).

Valenz- Normrating:

größer 6 größer 6 kleiner 4 kleiner 4 kleiner 6

& größer 3

Arousal- Normrating:

kleiner 6 &

größer 4 größer 6

kleiner 6 &

größer 4 größer 6 kleiner 3

Die Grundlage für diese Strategie bei der Auswahl des Stimulusmaterials war dabei die

Dissertation von Jennings (2003), die ein ähnliches Design anhand einer eingehenden

Sichtung der bis dahin publizierten Startle- / IAPS-Literatur einsetzte, um die Emotions-

regulation bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung zu untersuchen.

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Methodisches Vorgehen

140

3.2.2 Akustischer Schreckreiz

Zur Auslösung der Lidschluss-Schreckreaktion wurde ein akustischer Schreckreiz zu

unterschiedlichen Zeitpunkten an je verschiedenen Versuchsdurchgängen nach Bild-

beginn über Kopfhörer dargeboten. Der Schreckreiz wurde entsprechend den Startle-

Guidelines nach Blumenthal et al. (2005) erstellt. Zum Einsatz kam dazu die Software

CoolEdit®. Der akustische Schreckreiz (Soundformat: 22050 Hz, 16bit, Stereo) bestand

aus einem weißen Rauschen, das für die Dauer von 50 ms mit der Stärke 98 dB (A)

und unmittelbarem Anstieg binaural über Kopfhörer präsentiert wurde.

3.2.3 Experimentelles Design

Das Experiment beginnt mit einer zweiminütigen Baselinemessung (siehe

Anhang B2.1), während der die Probanden mit offenen Augen, den Blick auf ein

Fixationskreuz gerichtet, stillsitzen, um sich an die Apparaturen zu gewöhnen, und um

evtl. relevante Baseline-Parameter zu erheben. Im Anschluss erscheint die

Versuchsinstruktion (siehe Anhang B2.2), die alle wichtigen Anweisungen für die

Probanden noch einmal zusammenfasst. Ihr folgen zwei Probedurchgänge, um die

Teilnehmer mit dem Startle-Geräusch vertraut zu machen (German Gard, 2004), und

ihnen die Benutzung der selbsterstellten, computerisierten 9-stufigen Version der SAM-

Ratingskala für Gefühlsintensität und -valenz (siehe Anhang B2.3 und B2.4) zu

erklären. Diese wird in zeitlichem Abstand nach der Bilddarbietung auf dem Bildschirm

präsentiert und ist mit der Maus leicht zu bedienen (siehe Abbildung 23). Sind danach

keine Fragen mehr offen, beginnt die erste Hälfte der insgesamt 120 Versuchs-Trials.

Nach 60 Trials wird für drei Minuten pausiert. Anschließend folgen die zweiten 60

Trials. Jeder der Trials startet mit Einblendung eines weißen Fixationskreuzes auf

schwarzem Grund für je eine Sekunde. Darauf folgt ein IAPS-Bild für die Dauer von

sechs Sekunden (diese Darbietungszeit hat sich als Standard in der Literatur

niedergeschlagen, siehe z.B. Lang, Bradley und Cuthbert, 2005). Nach dessen

Ausblenden erscheint erneut das Fixationskreuz für eine Dauer von 10, 12, oder 14

Sekunden, welche sich nach dem Startle-Zeitpunkt des Trials richtet (nähere

Erläuterungen dazu weiter unten). Nach diesem Erholungszeitraum wird die SAM-

Ratingskala für die Gefühlsintensität dargeboten. Sobald der Proband durch einen

Mausklick gewählt hat, folgt die Skala für die Valenzeinschätzung. Unmittelbar danach

beginnt der nächste Trial wie oben beschrieben mit Darbietung des Fixationskreuzes

für eine Sekunde (siehe auch Abbildung 24).

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Methodisches Vorgehen

141

Baseline (2 min)Baseline (2 min) Instruktion VersuchInstruktion Versuch Erstes Probebild (6s) Erstes Probebild (6s)

SAMSAM--Rating IntensitätRating Intensität

Fixationskreuz (1s)Fixationskreuz (1s)

SAMSAM--Rating ValenzRating Valenz

Instruktion BaselineInstruktion Baseline

Fixationskreuz (10s)Fixationskreuz (10s)

Fixationskreuz (10s)Fixationskreuz (10s)

Zweites Probebild (6s) Zweites Probebild (6s) Fixationskreuz (1s)Fixationskreuz (1s)

SAMSAM--Rating IntensitätRating Intensität SAMSAM--Rating ValenzRating Valenz VersuchsbeginnVersuchsbeginn

PräsentationsPräsentations--Vorlauf bis zum Versuchsbeginn:Vorlauf bis zum Versuchsbeginn:

StartleStartle

StartleStartle

Abbildung 23: Ablauf der Präsentation bis zum Versuchsbeginn

IAPSIAPS--Bild (6s)Bild (6s)Fixationskreuz (10,12, od. Fixationskreuz (10,12, od.

14s)14s) SAMSAM--Rating ValenzRating ValenzSAMSAM--Rating IntensitätRating IntensitätFixationskreuz (1s)Fixationskreuz (1s)

Pause (3min)Pause (3min) Beginn 2. HälfteBeginn 2. Hälfte Ende des VersuchsEnde des Versuchs

Ablauf ab Versuchsbeginn:Ablauf ab Versuchsbeginn:

ein Trial

59 weitere Trials59 weitere Trials 60 weitere Trials60 weitere Trials

Bild für 6 s

Zeit (Sek.) ����0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Fixationskreuz für 10, 12 od. 14 s, je nach Startle-Zeit

mögliche Startle-Zeitpunkte: 1,5 4,5 6,5 7,5 8,5 13 15

Abbildung 24: Ablauf der Präsentation ab Versuchsbeginn

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Methodisches Vorgehen

142

Um den zeitlichen Verlauf der affektiven Reaktion mit dem Startle-Paradigma

optimal erfassen zu können, wurden 7 unterschiedliche Zeitpunkte nach Bildbeginn für

die Darbietung des Schreckreizes festgesetzt. Die ersten beiden Zeitpunkte liegen 1,5

Sek. bzw. 4,5 Sek. nach Bildbeginn, also noch während der 6 Sekunden dauernden

Bilddarbietung. Jennings (2003) führt diese, Bradley, Lang und Cuthbert (1993)

folgend, als robusteste Zeitpunkte an, zu denen eine emotionsmodulierte Schreck-

reaktion erfassbar ist. Die restlichen fünf Startle-Zeitpunkte (6,5 Sek., 7,5 Sek., 8,5

Sek., 13 Sek., 15 Sek.), die jeweils nach der Bilddarbietung angesiedelt sind, dienen

zur Erfassung der „affective chronometry“ (Davidson, 1998), also des zeitlichen

Verlaufs der emotionalen Reaktion. Diese Zeitpunkte sind nach Davidson (2000)

nützlich, um zu messen, wie schnell sich eine Person von einer emotionalen Reaktion

erholt (siehe auch Larson et al., 1998 sowie Larson & Davidson, 2001). Jennings

(2003) rät in der Diskussion ihrer Ergebnisse, ein ausreichend langes Zeitfenster zu

betrachten, um auch den Abfall der emotionalen Reaktion beobachten zu können. Sie

gibt zu bedenken, dass die vier von ihr zusätzlich eingesetzten Startle-Zeitpunkte nach

Bilddarbietung (6,5 Sek., 7,5 Sek., 8,5 Sek. und 13 Sek.) unter Umständen nicht aus-

reichten, um den gesamten emotionalen Verlauf abzubilden. Unterstützung für die

Wahl eines solch ausgedehnten Zeitfensters kommt von einer IAPS-fMRI-Studie, die

von einem durchschnittlich 80-prozentigen Abbau der ausgelösten emotionalen

Reaktion nach 16 s berichtet (Garrett & Maddock, 2000). Der letzte Zeitpunkt 15 Sek.

nach Bildbeginn wurde aus diesen Gründen zusätzlich mit in das experimentelle

Design der hier vorgestellten Studie aufgenommen. Für Trials mit einem der beiden

spätesten Startle-Zeitpunkte (13 bzw. 15 Sek. nach Bildbeginn) wird die Darbietungs-

dauer des Fixationskreuzes auf 12 bzw. 14 Sek. ausgedehnt, um auch für diese Trials

eine angemessene Erholungszeit vor dem SAM-Rating zu gewährleisten. Auch für eine

evtl. spätere Auswertung der EDA-Reaktion auf den Startle war hier ein längeres

Zeitfenster nötig.

Pro Trial wird immer nur an einem der möglichen Startle-Zeitpunkte ein

Schreckreiz dargeboten. Innerhalb jeder Valenzkategorie sind 35 der gezeigten Bilder

mit einem Schreckreiz assoziiert, 5 davon frei von akustischer Stimulation. Das

entspricht einem Verhältnis von 7/8 Trials mit Startle Darbietung zu 1/8 ohne. Jeder

Startle-Zeitpunkt wird so 5 x in jeder Valenzkategorie dargeboten. Innerhalb der

positiven und negativen Valenzkategorien befinden sich, wie weiter oben (Tabelle 3)

beschrieben, n = 16 „mäßig-erregende“ und n = 24 „hoch-erregende“ Bilder. Auch

innerhalb dieser Untergruppen findet sich wieder ein Verhältnis von 7/8 „Trials mit

Startle“ / „Trials ohne Startle“. Also enthalten von den 24 „hoch-erregenden“ Trials 21

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Methodisches Vorgehen

143

Trials einen Schreckreiz (jeder Zeitpunkt je 3 x) und von den 16 „mäßig-erregenden“

Trials 14 einen Schreckreiz (jeder Zeitpunkt je 2 x). Nach Implementierung dieser

Strategie auf die Bild / Startle Konfiguration wurden die erzeugten Trials randomisiert,

und anschließend wurde auf die Einhaltung der folgenden, bei German Gard (2004)

erwähnten Kriterien hin kontrolliert: Nicht mehr als zwei Bilder derselben Valenz

hintereinander und nicht mehr als drei Bilder mit demselben Startle-Zeitpunkt (incl. dem

Startle-Zeitpunkt „kein Startle“) nacheinander.

3.3. Messinstrumente und abhängige Variablen (AV)

Im Folgenden werden die abhängigen Variablen als Indikatoren für die Emotions-

verarbeitung sowie deren Messinstrumente eingeführt.

3.3.1 AV „subjektives Gefühlserleben“

Das im Versuch induzierte subjektive Gefühlserleben der Probanden wurde über das

„Self-Assessment-Manikin“ (SAM; Bradley & Lang, 1994) mit den beiden Dimensionen

Intensität und Valenz erhoben. Im Anschluss an die Darbietung eines jeden IAPS-

Bildes inclusive des darauf folgenden Fixationskreuzes wurde eine computerisierte

Version der SAM-Skala präsentiert.

Abbildung 25: Teile der verwendeten SAM-Version (links Valenz, rechts Intensität)

Diese Form der Erhebung des emotionalen Erlebens ermöglicht die Zuordnung

subjektiver Ratings zu den physiologischen Aktivitätsmustern einzelner Versuchstrials.

Mit dem SAM erhält man eine nonverbale Bewertung des Emotionserlebens in

Anlehnung an das Circumplex-Modell von Russell und Pratt (1980) auf zwei jeweils

neunstufigen Skalen, die über menschliche Piktogramme (Manikin = Männlein) ver-

mittelt werden (vgl. auch Anhang B2.3 / B2.4).

Zur weiteren Exploration wurde die subjektive Gefühlskomponente darüber

hinaus in einem halb-strukturierten Interview im Anschluss an den Versuch thematisiert

(Leitfaden siehe Anhang A1.8). Die Frage, wie sich das Emotionserleben im Laufe der

Praxis verändert, konnte dort ausgiebig und differenziert besprochen werden.

Insbesondere etwaige Modulationen von Intensität und Qualität des Gefühlserlebens

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Methodisches Vorgehen

144

mit zunehmender Praxisdauer wurde mit den Probanden thematisiert. Die Antworten

wurden notiert und anschließend qualitativ ausgewertet (Lamnek, 2005). Es wurden

inhaltlich gleiche Antworten in Cluster überführt und bei jeder Versuchsperson codiert,

ob sie im Laufe des Interviews diesen Cluster ansprach. Somit konnte für jeden

Aussagencluster errechnet werden, wie viel Prozent aller Gruppenmitglieder diese

Aussage (von sich aus) erwähnten.

3.3.2 AV „Affekttoleranz“

Das Ausmaß der Bereitschaft, alle Affekte anzunehmen und diese zu tolerieren, wurde

über das Nachinterview (siehe Anhang A1.8) erhoben. Hier wurden die Probanden

nach ihrem Umgang mit während des Versuchs entstehenden Emotionen gefragt, um

eventuelles Vermeidungsverhalten zu erfassen. Das Ausmaß der subjektiven

Belastung durch den Versuch wurde ebenso thematisiert. Zusätzlich wurde den

Probanden vor und nach dem Versuch eine Ratingskala vorgelegt, auf der sie ihr

allgemeines subjektives Wohlbefinden einstufen sollten (in Schulnoten mit 1 = sehr gut,

6 = sehr schlecht), wobei auch halbe Schritte möglich waren.

3.3.3 AV „Intensität & Verlauf der emotionalen Reaktionen“

Der zeitliche Verlauf der Emotionsverarbeitung und die Intensität der Reaktion wurden

über peripher-physiologische Maße operationalisiert. Das wichtigste Instrument war

hier das Startle-Paradigma (zu dessen Bedeutung siehe 2.5.1). Mit Hilfe von EMG-

Messungen wurde die Lidschlagkomponente des Schreckreflexes während des

Versuchs erfasst. Die Startle-Zeitpunkte während der Bilddarbietung dienten der

Erfassung der initialen Reaktion, die Zeitpunkte nach Bilddarbietung der Erfassung des

Verlaufs und der Erholung. Zusätzlich wurde die elektrodermale Aktivität (EDA)

gemessen (zu deren Bedeutung siehe 2.5.2), die mit ihren Aspekten Latenz, Anstiegs-

zeit, Maximum, Summe und Halbwertszeit ebenso zur Aufklärung des Zeitverlaufs und

der Intensität der Reaktion beiträgt (Boucsein, 1995; Schandry, 1998, 2006).

3.3.4 Explorativ erhobene Daten

Neben den Messinstrumenten zur Erfassung der abhängigen Variablen wurden einige

Fragebögen gegeben, ohne spezifische Hypothesen zu formulieren. Auch ging es

darum, zu entscheiden, ob möglicherweise gefundene Gruppenunterschiede in den

AVs von evtl. signifikant unterschiedlichen Ladungen auf den Fragebogen-Scores mit

beeinflusst sein könnten:

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Methodisches Vorgehen

145

- die deutsche Version des Fragebogen „PANAS“ („Positive and Negative Affect

Scale“) nach Krohne et al. (1996), Orginalversion von Watson et al. (1988), zur

Erfassung der „Trait“ Affekte, d.h. der allgemeinen, überdauernden emotionalen

Verfassung der Versuchsteilnehmer. Er ordnet seine Items den Dimensionen

„positive Affect“ (PA) und „negative Affect“ (NA) zu.

- die deutsche Version des Persönlichkeits-Fragebogens „NEO-FFI“ nach

Borkenau und Ostendorf (1994), Orginalversion von Costa und McCrae (1992),

zur Erfassung der sogenannten „big five“ Persönlichkeitsfaktoren (Allport,

1937): Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus sowie

Offenheit für Erfahrungen.

- die „Skalen zum Erleben von Emotionen“ (SEE) von Behr und Becker (2004).

Gemessen werden hier Aspekte des Emotionserlebens: 1. Akzeptanz eigener

Emotionen, 2. Erleben von Emotionsüberflutung, 3. Erleben von Emotions-

mangel, 4. Körperbezogene Symbolisierung von Emotionen, 5. Imaginative

Symbolisierung von Emotionen, 6. Erleben von Emotionsregulation, 7. Erleben

von Selbstkontrolle. Die Skalen messen, wie Personen eigene Gefühle

wahrnehmen, bewerten und damit umgehen.

3.4 Untersuchungsablauf

3.4.1 Gewinnung geeigneter Probanden

Am Anfang des Versuchs stand die Kontaktaufnahme zur „Buddhistischen Akademie

Berlin“ und zum „Buddhismus in Berlin und Brandenburg e.V.“, den beiden regionalen

Dachorganisationen für Buddhistische Zentren und Gruppen in Berlin. Beide gelten als

traditionsübergreifende, wissenschaftlich orientierte Netzwerke für alle, die

Buddhismus im europäisch-westlichen Kulturraum üben und weitergeben. In

Kooperation mit Frau Renate Seifarth, Kuratoriumsmitglied der Akademie und

Vipassana-Lehrerin, über diverse Email-Verteiler, Newsletter und Web-Anzeigen bei

verschiedenen online-Netzwerken, über Aushänge in relevanten Buchläden, sowie

durch Besuche aller bekannter Theravada- und Vipassana-Zentren in Berlin (gefunden

u.a. über Grübel & Rademacher, 2003) wurde um Versuchsteilnehmer mit formeller

Meditationserfahrung geworben. Es wurde ein Flyer erstellt, der über die Zusammen-

arbeit der Uni Gießen, der TU Berlin, der „Society for Meditation and Meditation

Research“ und der „Buddhistischen Akademie Berlin“ das Interesse der Prakti-

zierenden wecken sollte (siehe Anhang A1.1). Als Motiv wurde dort angegeben, die

heilsamen Auswirkungen der Vipassana-Meditation untersuchen zu wollen. Als

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Methodisches Vorgehen

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Einschlusskriterium wurde eine regelmäßige Meditationspraxis („mindestens 3 - 5 x

Praxis / Woche“) angegeben.

Die Gewinnung geeigneter, vor allem vom Altersdurchschnitt her ähnlicher

Kontrollprobanden gestaltete sich schwieriger, da im universitären Umfeld größtenteils

20 - 30 Jährige auf den Aushang ansprachen. Daher wurden Aushänge, die sich

explizit auf die Altersklasse der 35 - 65 Jährigen bezogen, im öffentlichen Raum um die

Universität verteilt, sowie im Bekannten- und Verwandtenkreis, und unter den

Angestellten der Universität Personen angesprochen. Der Aushang warb für die

Teilnahme an einem als „Experiment zur visuellen Wahrnehmung“ bezeichneten

Versuch. Die Teilnahme mit einer Dauer von ca. zwei Stunden wurde den Kontroll-

probanden mit einer Aufwandsentschädigung von 20 € vergütet. Die Finanzierung

dieser Entschädigungszahlungen wurde komplett von der „Society for Meditation and

Meditation Research“ (www.smmr.de) übernommen.

Um den eigentlichen Versuch zeitlich zu begrenzen, wurden allen interessierten

Praktizierenden per E-Mail bzw. Post vorab folgende Fragebögen zugesandt:

„Meditationstiefefragebogen“ (MTF; Piron, 2000) und „Freiburger Fragebogen zur Acht-

samkeit“ Kurzversion mit 14 Items (FFA; Walach et al., 2003) zur Erfassung des

Ausmaßes von selbsterlebter Achtsamkeit im Alltag; Fragebogen „Meditations-

erfahrung“, erstellt in Anlehnung an Ott (2000) zur detaillierten Erfassung der

Meditationspraxis (siehe Anhang A1.2). Fragebogen „Angaben zur Person“ (selbster-

stellt, siehe Anhang A1.3) zur Erfassung demographischer Daten; Kontrollprobanden

erhielten entsprechend die Fragebögen „MTF“ und „Meditationserfahrung“ nicht. Nach

Terminabsprache und Rücklauf der Fragebögen erhielten die Teilnehmer eine weitere

E-Mail bzw. ein Anschreiben mit Einladung und Wegbeschreibung (Anhang A1.4).

3.4.2 Versuchsdurchführung

Die Probanden wurden am Eingang empfangen und in den Versuchsraum geleitet.

Dort wurde Ihnen ein bequemer Stuhl, Tee und Gebäck angeboten, Dank für Ihre

Teilnahme ausgesprochen und anschließend die Einverständniserklärung (Anhang

A1.5) vorgelegt. Während der Versuchsleiter das Anlegen der physiologischen Mess-

aufnehmer vorbereitete, wurden die Probanden gebeten, folgende Fragebögen in eben

dieser Reihenfolge auszufüllen: „Fragebogen zur Erfassung der Ausgangslage“ (selbst-

erstellt, siehe Anhang A1.7) zur Erfassung von evtl. für die physiologische Messung

relevanten Bedingungen. Anschließend die deutsche Version des Fragebogen

„PANAS“ („Positive and Negative Affect Scale“) nach Krohne, Egloff, Kohlmann und

Tausch (1996), Orginalversion von Watson, Clark und Tellegen (1988), zur Erfassung

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Methodisches Vorgehen

147

der „trait“ Affekte, d.h. der allgemeinen, überdauernden emotionalen Verfassung der

Versuchsteilnehmer. Die deutsche Version des gebräuchlichen Persönlichkeits-

Fragebogens „NEO-FFI“ nach Borkenau und Ostendorf (1994), Orginalversion von

Costa und McCrae (1992), bildete den Abschluss des Fragebogenteils vor der

physiologischen Messung. Die Probanden wurden sodann gebeten, falls nötig, die

Toilette aufzusuchen, um Unterbrechungen zu vermeiden. Um ein Aufquellen der Haut

zu vermeiden, sollten sie davon absehen, die linke Hand mit Seife zu waschen, da dort

die EDA-Elektroden angebracht werden sollten. Zur Datenerfassung wurde ein

portabler Biosignal Recorder der Firma Becker Meditec mit der Bezeichnung

„Varioport-B“ verwendet.

Abbildung 26: Biosignal Recorder „Varioport-B“

Als erstes wurden die EKG-Messaufnehmer angelegt, es handelte sich dabei

um handelsübliche Einmal-Klebeelektroden. Die Position der drei Elektroden entsprach

der „Brustwandableitung“ nach F. Wilson (siehe Schandry, 1998). Vor dem Anbringen

wurde die Haut mit Äthylalkohol gereinigt. Weibliche Versuchsteilnehmer brachten die

Elektroden nach Anweisung alleine an. Die Aufzeichnung erfolgte mit einer Abtastrate

von 512 Hz und einer Speicherrate von 256 Hz. Mit Hilfe einer Routine des Varioport

wurde auch die Herzrate aus dem EKG online herausgerechnet und mit einer

Abtastrate von 256 Hz und einer Speicherrate von 2 Hz gesichert.

Die beiden EDA-Elektroden wurden anschließend auf die nicht-dominante

Handinnenfläche geklebt. Verwendet wurden zwei Ag/AgCl-beschichtete Napfelektro-

den mit einem Innendurchmesser von 6 mm, mit isotonischer NaCl-Paste gefüllt und

Walschburger (1975) folgend, auf Thanar und Hypothenar angebracht, nachdem diese

mit Alkoholpads gereinigt worden waren. Über den EDA-Koppler wurde das Konstant-

Spannungsverfahren mit 0,5 Volt implementiert (Schandry, 1998). Hier betrug die

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Methodisches Vorgehen

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Abtastrate 256 Hz und die Speicherrate 16 Hz. Zur EDA-Artefaktkontrolle wurde

zusätzlich ein Atemgurt angelegt. Die Abtastrate lag für die Atemfrequenz bei 256 Hz

und wurde mit 8 Hz gespeichert.

Abschließend wurden noch die Elektroden zur Erfassung des Lidschlag-

Reflexes mit Hilfe des Elektromyogramms (EMG) des Musculus Orbicularis Oculi

geklebt. Hierbei wurde in Anlehnung an die „Startle-Guidelines“ von Blumenthal et al.

(2005) verfahren. Die Elektrodenpositionen wurden zuerst mit einer Sandfeile leicht

aufgeraut, um alte Hautschüppchen zu entfernen. Danach wurde die Haut mit

Äthylalkohol von evtl. Schminke und Hautfett befreit. Zwei EMG-Miniaturelektroden,

Innendurchmesser 4 mm, Ag/AgCl-beschichtet und mit hochleitender Elektrodenpaste

gefüllt, wurden sodann wie in Abbildung 27 zu sehen ist angebracht:

Abbildung 27: Ableitungsort des Lidschlag-Reflexes [Abb. nach Blumenthal et al., 2005].

Aus Gründen der Bewegungsfreiheit unter den örtlichen Gegebenheiten wurden die

Elektroden bei allen Probanden am linken Auge angebracht. Dies entspricht laut

Blumenthal et al. (2005) zudem dem Verfahren der Mehrzahl aller publizierten

Versuche. Auch sind bei binauraler Präsentation der Startle Reize wie in diesem

Versuch keine signifikanten Lateralisierungseffekte zu erwarten.

Nach Platzierung der Elektroden wurde bei EKG und EMG ein Impedanzcheck

durchgeführt. Impedanzen über 5000 � führten zu einer erneuten Hautreinigung und

dem Neukleben der betroffenen Elektrode. Die Elektrodenkabel wurden mit Hansaplast

zugentlastet und die Probanden gebeten, Schmuck und Ketten abzulegen, sowie ihr

Handy auszuschalten.

Nun bekamen die Teilnehmer eine Einweisung in die computergestützte 9-

stufige Version des „SAM“ Rating-Systems (Bradley & Lang, 1994), das sie später

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Methodisches Vorgehen

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benutzen sollten, um Ihre Gefühle einzustufen. Dazu erhielten sie ein selbsterstelltes

Manual (Anhang A1.6) zu lesen. Durch den Versuchsleiter wurden die Probanden wie

folgt mündlich instruiert: „Sie werden jetzt eine Reihe Bilder sehen, wobei einige sehr

erotisch, andere wiederum sehr schrecklich sein können. Bitte sehen Sie sich jedes

Bild die ganze Darbietungsdauer hindurch an. Nach jedem Bild werden Sie nach einer

Pause gebeten, auf der eben erläuterten SAM Skala anzugeben, wie intensiv, und

danach, wie angenehm Ihre durch das Bild ausgelösten Gefühle waren. Bitte bewerten

Sie Ihr eigenes Gefühl, und nicht, was Sie denken, wie man sich fühlen sollte, oder wie

andere sich fühlen würden. Es ist ganz normal, wenn Sie auch einmal nichts

empfinden. Bitte geben Sie einfach an, wie Sie persönlich sich gefühlt haben. Nach der

Hälfte der Bilder (ca. 20 Min.) wird es eine kurze Pause für 3 Min. geben. Ich öffne

dann die Türe, sie können dann auch etwas trinken.“ Zusätzlich wurde noch einmal

mündlich erwähnt, dass die Teilnehmer das Experiment jederzeit abbrechen könnten.

Daraufhin nahmen sie in einer im Labor befindlichen Schallschutzkammer auf einem

bequemen Drehstuhl Platz.

Abbildung 28: Schallschutzkammer, in der der Versuch stattfand

Die Schallschutzkammer wurde für das Experiment gewählt, um die Abschirmung der

Probanden von allen Umgebungsreizen sicher zu stellen. Die Kammer wurde

permanent belüftet, und von zwei gegen die Decke gerichteten Lampen schwach

erleuchtet. Um das Wohlbefinden der Probanden während des Versuchs zu gewähr-

leisten, wurde die Schallkammer kontinuierlich audio- und videoüberwacht.

Vor Beginn des Experiments wurde online der Datenfluss geprüft, um

sicherzustellen, dass alle Elektroden richtig arbeiteten. Die Probanden wurden

gebeten, tief aus und ein zu atmen, um die EDA- und Atemgurt-Response zu prüfen.

Zur EMG Kontrolle blinzelten die Probanden willkürlich. Nachdem sichergestellt war,

dass alle Messwerte korrekt erfasst wurden, wurden die Probanden instruiert, sich in

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Methodisches Vorgehen

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eine bequeme und gerade Sitzposition vor den Monitor zu bringen, die sie 20 Minuten

ohne große Bewegungen aufrecht erhalten könnten.

Abbildung 29: Audio- und Videoüberwachung der Versuchspersonen

Ihre linke Hand mit den EDA-Elektroden legten die Probanden auf eine weiche

Wollmütze. Im Falle sich anbahnender Verspannungen od. eines evtl. Bedürfnis sich

zu kratzen od. umzusetzen, sollten sie jedoch dafür sorgen, dass sie eine angenehme

und entspannte Position fänden, sich also besser kurz bewegen, als kontinuierlich

Verspannung aufzubauen.

Abbildung 30: Versuchsrechner

Vor dem eigentlichen Versuch folgte nun eine Baselinemessung (Anhang B2.1)

für zwei Minuten, in der die Probanden einfach ruhig sitzen sollten, die Augen auf ein

Fixationskreuz gerichtet. Anschließend wurden die Probanden angewiesen, die

Kopfhörer der Marke Philipps ABC HP 800 anzulegen, und erhielten erneut eine

Instruktion vom Versuchsrechner (siehe Anhang B2.2). Nun folgten die beiden Probe-

durchgänge. Wenn es keine abschließenden Fragen mehr gab, verließ und verschloss

der Versuchsleiter nun die Kammer und der eigentliche Versuch startete.

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Methodisches Vorgehen

151

Das Versuchssteuerprogramm „Presentation“ arbeitete auf einem unter

Windows 2000 Professional laufenden Pentium IV Computer. Dargestellt wurden die

Bilder auf einem 19´´ ViewSonic VX922 Monitor in der Auflösung 800x600, da somit

eine Anpassung der IAPS-Bilder an die gesamte Bildschirmgröße erreicht wurde.

Miniaturversionen der verwendeten Bilder sowie deren IAPS-Nr. finden sich in Anhang

B1.1 bis B1.3. Für Männer und Frauen wurden aufgrund der erotischen Inhalte unter-

schiedliche Bildfolgen verwendet (für Details siehe 3.2.3). Nachdem die Hälfte der

Bilder gezeigt wurde, stoppte das Experiment automatisch für drei Minuten, die

Versuchsteilnehmer machten sich akustisch bemerkbar, und der Versuchsleiter öffnete

die Tür der Schallschutzkammer. Die Probanden durften etwas trinken und sich

strecken. Gesprochen wurde nicht. Als das Ende der Pause vom Versuchssteuer-

programm angezeigt wurde, wurde die Tür wieder verschlossen und die Probanden

setzten sich wieder vor den Rechner.

Als die Bilderfolge komplett durchlaufen war, wurden die Teilnehmer vom

Varioport getrennt, aus der Kammer geleitet und von den Elektroden befreit.

Unmittelbar danach wurde ihnen der Fragebogen SEE („Skalen zum Erleben von

Emotionen“) von Behr und Becker (2004) vorgelegt. Nach dessen Bearbeitung folgte

ein halbstrukturiertes Nachinterview (Anhang A1.8), in dem den Probanden Fragen

zum Versuch (siehe dazu Tsai, Chentsova-Dutton, Freire-Bebeau & Przymus, 2002)

und zu Ihrer evtl. Meditationspraxis gestellt wurden. Der Fokus lag darauf, zu

erkunden, wie und ob die Meditationspraxis in den Augen der Probanden ihr

Emotionserleben über die Zeit hinweg verändert hatte. Diese Exploration sollte die

quantitativen Daten ergänzen und erhellen. Die Probanden wurden abschließend mit

dem Hinweis auf die Zusendung der Untersuchungsergebnisse (falls gewünscht) und

erneutem Dank für Ihre Teilnahme verabschiedet.

3.5 Datenaufbereitung und Auswertung

3.5.1 Aufbereitung der physiologische Daten

Die physiologischen Daten wurden mit der Software „Variograf“ des Varioport

Messaufnehmers erfasst und gespeichert. Anschließend wurden sie per Augenschein

auf grobe Artefakte hin kontrolliert. Die Datenaufbereitung und Reduktion erfolgte

offline. Die Daten wurden zuerst mit der Software „Labview“ in das ASCII-Format

umgewandelt.

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Methodisches Vorgehen

152

• EDA-Daten

Die EDA-Daten wurden nach der ASCII-Transfomierung mit dem Programm

“EDR_PARA.EXE” (© 1997 by Florian Schaefer) parametrisiert. Nachdem die

Onsets der Bilder mithilfe eines AWK-Programms aus den Marker-Daten errechnet

waren, wurden nach Prokasy und Kumpfer (1973) die „First-Intervall-Responses“,

das heißt Reaktionen, die 0,9 s bis 4 s nach Stimulusonset auftraten, in Mikro-

Siemens (�S) erfasst. Dies bedeutet, dass der Fuß- und Gipfelpunkt in dieses

Zeitfenster fallen musste, um nicht als Spontanfluktuation betrachtet zu werden.

Des Weiteren wurden mit dem Programm die Latenz der ersten Response, die

Anstiegszeit der ersten Response, die Halbwertszeit der ersten Response sowie

die aggregierte Summe aller Haulteitwertsreaktionen je Trial berechnet. Diese

Daten standen somit pro Proband und Versuchstrial zur Verfügung und wurden in

eine SPSS-Maske überführt. Eine Logarithmierung oder z-Transformation erfolgte

wegen des expliziten Interesses an den individuellen Unterschieden nicht. Es

ließen sich unter den eingeschlossenen Probanden keine EDA-Nonresponder

identifizieren. Alle Probanden zeigten zu Beginn des Versuchs bei der Datenfluss-

kontrolle ausgeprägte EDA-Responses auf entweder instruierte tiefe Atemzüge

oder unerwartetes Fingerschnipsen des Versuchsleiters.

• Startle-Daten

Die Aufbereitung der Startle-Daten erfolgte mit dem Programm Labview bzw.

VPDANA. Zuerst wurde ein 60 Hz Netzfilter angelegt, sowie ein Tiefpass von 500

Hz und ein Hochpass von 30 Hz (Jennings, 2003). Reaktionen, deren Fußpunkt

zwischen 20 ms und 100 ms nach Darbietung des Schreckreizes lag, und deren

Maximum sich innerhalb des Zeitfensters bis zu 150 ms nach Schreckreiz-

darbietung befand, gingen in die Analyse ein (Gausmann, 2003). Mit Hilfe einer

Routine des Programms VPDANA wurde die Größe aller so eingeschlossenen

Reaktionen aus der Höhe der Differenz Fuß-/ Gipfelpunkt in Mikro-Volt (�V)

berechnet. Die sonst übliche Erstellung von z- und T-Werten erfolgte auch hier

aufgrund des Interesses an den individuellen Differenzen der Reaktivität nicht

(siehe Jennings, 2003). Es stand somit pro Proband und Trial ein Wert mit der

Höhe der Startle-Reaktion in �V zur Verfügung, der ebenfalls in die SPSS-Maske

überführt wurde. Dort stellte sich nach Einsicht der Histogramme der Schreck-

reaktionen das Problem der Reduktion des spontanen, unwillkürlichen Augen-

zwinkerns. In den Histogrammen zeigte sich ein Sprung am oberen Ende der

Reaktionsintensitäten, die sonst kontinuierlich zunehmend verlaufen. Diese mit

deutlichem Abstand zu den vorherigen Werten und daher in teils deutlich höherer

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Methodisches Vorgehen

153

Intensität vorliegenden Werte wurden als unwillkürliches, spontanes Blinzeln

klassifiziert und aus der SPSS-Maske entfernt (< 10 % aller Werte).

3.5.2 Auswertung

Alle Auswertungen wurden mit der Statistiksoftware “SPSS“ in der Version 12

durchgeführt. Als generelles Signifikanzniveau wurde p � ,05 festgelegt, und generell

zunächst untersucht, ob jeweils die statistischen Vorraussetzungen zur Durchführung

der Tests gegeben waren (z.B. Normalverteilung oder Varianzhomogenität).

• SAM-Ratings

Zur Auswertung der während des Versuchs abgegebenen SAM-Ratings, die das

Programm „Presentation“ aufgezeichnet und in eine Textdatei ausgegeben hatte,

gingen die erfassten Rohwerte in eine MANOVA ein. Bei der Valenzdimension

bedeutete „1“ -> „sehr unangenehm“ und „9“ -> „sehr angenehm“. Die Skala war,

wie auch die Intensitätsskala, 9-fach abgestuft. Die Intensitätsskala vergab für

„wenig intensiv“ die „1“ und für „sehr intensiv“ die „9“.

Bei der Auswertung wurden zunächst die beiden Bildkategorien „mäßig

erregend negativ“ und „stark erregend negativ“ in der Domäne „negative Bilder“ zu

einer Kategorie „negativ“ zusammengefasst, ebenso wurde mit den beiden

Kategorien „mäßig erregend positiv“ und „stark erregend positiv“ in der Domäne der

positiven Bilder verfahren, sie wurden in die Kategorie „positiv“ überführt. Es gingen

somit alle verwendeten Bilder in die Auswertung der SAM-Ratings mit ein. Nun

wurden für jede Versuchsperson die Werte der SAM-Ratings je Valenzkategorie

über alle 120 Trials aggregiert. Pro Proband wurden somit je drei Intensitäts- und

Valenzmittelwerte in die MANOVA überführt.

Nach dem Allgemeinen Linearen Modell wurde dann eine MANOVA mit

„aggregierte SAM-Valenzratings“ und „aggregierte SAM-Intensitätsratings“ als

abhängige Variablen, „Gruppe“ (3; Nichtmeditierende, Kurzzeitmeditierende, Lang-

zeitmeditierende) und Bildvalenz (3; negativ, neutral, positiv) als festen Faktoren

gerechnet. „Alter“ und „Geschlecht“ wurden als Kovariaten mit aufgenommen. Von

SPSS wurden automatisch univariate ANOVAs und, falls sich signifikante Effekte

zeigten, Post-Hoc-Tests (mit Bonferroni-Korrektur) mitgerechnet. Zusätzlich wurden

nonparametrische Spearman-Roh Korrelationen (die Variable „Achtsamkeitspraxis

in Stunden“ war nicht normalverteilt) berechnet, um den Zusammenhang zwischen

den SAM-Ratings und der Achtsamkeitspraxis zu erhellen. Abschließend wurde

mittels der Prozentränge der Achtsamkeitspraxis versucht, eine signifikante

Regression auf die SAM-Ratings zu erstellen.

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Methodisches Vorgehen

154

• EDA-Daten

Bei der Auswertung der EDA-Daten wurden wie bei den SAM-Daten die beiden

Bildkategorien „mäßig erregend negativ“ und „stark erregend negativ“ in der

Domäne „negative Bilder“ zu einer Kategorie „negativ“ zusammengefasst, ebenso

wurde mit den beiden Kategorien „mäßig erregend positiv“ und „stark erregend

positiv“ in der Domäne der positiven Bilder verfahren, sie wurden in die Kategorie

„positiv“ überführt. Es gingen somit auch hier alle gezeigten Bilder in die

Auswertung mit ein, lediglich diejenigen Trials, bei denen der Schreckreiz bereits

1,5 s nach Bildbeginn erklang, wurden aus der Auswertung ausgeschlossen. Es

lagen folgende EDA-Variablen zur Auswertung als separate SPSS-Variablen vor:

„EDA-Latenz bis zum ersten Anstieg“, „EDA-Anstiegszeit bis zum Erreichen des

ersten Reaktionsmaximums“, „Höhe des ersten EDA-Reaktionsmaximums“, „EDA-

Halbwertszeit“, also die Dauer, bis die Hälfte des ersten Reaktionsmaximums

wieder abgefallen war. Zur Vorbereitung wurden pro Proband die Werte der

jeweiligen EDA-Variablen über alle Trials getrennt für jede Valenzkategorie

aggregiert. Die EDA-Latenz, -Anstiegszeit und -Halbwertszeit wurden gemeinsam

ausgewertet, um den Zeitverlauf der Reaktion zu untersuchen. EDA-Maximum und

-Summe, um die Intensität zu bestimmen.

Zur Auswertung des Zeitverlaufs wurde eine MANOVA mit den drei

aggregierten Variablen „EDA-Latenz“, „-Anstiegszeit“ und „-Halbwertszeit“ als

abhängige Variablen, „Gruppe“ (3; Nichtmeditierende, Kurzzeitmeditierende, Lang-

zeitmeditierende) und Bildvalenz (3; negativ, neutral, positiv) als festen Faktoren,

und „Alter“ und „Geschlecht“ als Kovariaten gerechnet. Weiterhin wurden univariate

ANOVAs und, falls sich signifikante Effekte zeigten, Post-Hoc-Tests (mit Bon-

ferroni-Korrektur) gerechnet. Zusätzlich wurden nonparametrische Spearman-Roh

Korrelationen berechnet, um den Zusammenhang zwischen den EDA-Variablen

und der Achtsamkeitspraxis zu erhellen. Abschließend wurde mittels der Prozen-

tränge der Achtsamkeitspraxis versucht, eine signifikante Regression auf die EDA-

Variablen zu erstellen. Gleichermaßen wurde zur Auswertung der Reaktions-

intensität mit den EDA-Variablen „EDA-Maximum“ und „-Summe“ verfahren.

• Startle-Daten

Bei den Startle-Daten wurden nur die Bilder aus der Kategorie „stark erregend“ für

die Auswertung herangezogen, da nur diese, Bradley, Cuthbert und Lang (1999)

folgend, in der Lage sind, eine ausreichend starke Startle-Potenzierung und

-Inhibition hervorzurufen. Somit wurden alle Bilder der Kategorie „mäßig erregend“

aus der Analyse ausgeschlossen, dies waren 32 Bilder (siehe Tabelle 3). Es

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Methodisches Vorgehen

155

verblieben demnach 88 Bilder in der Auswertung. Zunächst wurde eine ANOVA

zum Vergleich der overall Startle-Response gerechnet. Dazu wurde für jeden

Probanden über alle Startle-Responses ein Mittelwert gebildet und als abhängige

Variable behandelt, unabhängige Variable war „Gruppe“ (3; Nichtmeditierende,

Kurzzeitmeditierende, Langzeitmeditierende), „Alter“ und „Geschlecht“ wurde als

Kovariaten behandelt. Die Post-Hoc-Tests wurden mit Tamhane-Korrektur ge-

rechnet, da die Startle-Responses inhomogene Varianzen zwischen den Gruppen

aufwiesen. Aus diesem Grund wurde auch jeweils zur Absicherung der nicht-

parametrische Kruskal-Wallis-Test durchgeführt. Spearman-Roh Korrelationen mit

der Achtsamkeitspraxis in Stunden und eine Regressionsanalyse mit den Prozent-

rängen der Achtsamkeitspraxis schlossen die overall Startle-Auswertung ab.

Zur Vorbereitung der Auswertung der Startle-Modulation wurden pro

Proband die Startle-Werte über alle 88 Trials je Valenzkategorie und Startle-

Zeitpunkt getrennt aggregiert. Es wurde ein Index errechnet für Startle-Inhibition

und -Potenzierung (Details siehe 4.3.2). Anschließend wurde eine MANOVA mit

„Startle-Inhibition“ und „-Potenzierung“ als abhängigen Variablen und „Gruppe“ (3;

Nichtmeditierende, Kurzzeitmeditierende, Langzeitmeditierende) als festem Faktor

gerechnet, „Geschlecht“ und „Alter“ gingen auch hier als Kovariaten ein. Zusätzlich

zu oben beschriebenem Prozedere wurden anschließend univariate ANOVAs

gerechnet. Ansonsten kamen ebenfalls Post-Hoc-Tests mit Tamhane-Korrektur, der

Kruskal-Wallis-Test, die Spearman-Roh Korrelationen und die Regressionsanalyse

zum Einsatz, um die gefundenen Unterschiede näher zu beleuchten.

Für den Startle-Zeitverlauf (siehe 4.2.2) wurden zunächst für alle Startle

Zeitpunkte einzeln jeweils Potenzierungs- und Inhibitionsindices erzeugt. Alle

Zeitpunkte während sowie alle nach Bilddarbietung wurden jeweils gemittelt, und

anschließend wurden für Nicht-, Kurz-, und Langzeitmeditierende die während-

nachher Differenzen gebildet. Diese Werte gingen in eine MANOVA ein.

• Fragebogen-Daten

Für die Fragebogenscores des „FFA”, „PANAS”, „NEO-FFI” und „SEE” wurden

ANOVAS mit „Fragebogenscore“ als abhängige Variable und „Gruppe“ (3;

Nichtmeditierende, Kurzzeitmeditierende, Langzeitmeditierende) als festem Faktor,

sowie „Alter“ und „Geschlecht“ als Kovariaten gerechnet (Der „MTF“ wurde aus

theoretischen Erwägungen aus der Auswertung ausgeschlossen, da er für die

untersuchte Meditationstechnik wenig Differenzierungsvermögen besaß. Die

Mehrzahl der meditierenden Probanden gab an, sich in den Fragebogenitems nicht

wieder zu finden).

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Methodisches Vorgehen

156

• Nachinterview

Das Nachinterview wurde als halb-strukturiertes Interview geführt (Lamnek, 2005).

Die Antworten der Probanden wurden wörtlich mitgeschrieben und im Anschluss an

die Erhebung in Cluster überführt. Immer wenn eine inhaltlich neue Antwort auf

eine Frage in der sukzessiven Auswertung der Interviewbögen auftauchte, wurde

ein neuer Antwortcluster eröffnet, der durch die Antwort des Probanden damit

einen Punktwert von +1 erhielt. Auf alle Fragen des Interviews hin wurden aufgrund

der gegebenen, thematisch unterschiedlichen Antworten 83 Cluster eröffnet. Die

Auswertung erfolgte mithilfe der erfassten Punktwerte, die durch die Anzahl der

Gruppengröße dividiert den Anteil der Probanden je Gruppe ergab, der diese

Antwort auf die Frage hin gegeben hatte. Dieser Wert wurde dann abschließend in

einen Prozentwert überführt.

3.6 Stichprobenbeschreibung

• N und Ausschlüsse

Getestet wurden insgesamt 53 Versuchsteilnehmer: 17 Kontrollprobanden und 36 Pro-

banden mit Achtsamkeitspraxis. Von den Kontrollprobanden wurden vier nach dem

Versuch von der Auswertung ausgeschlossen: Ein Proband wies darauf hin, dass er

aufgrund seiner Homosexualität die Bilder wohl anders erlebt hätte, als beabsichtigt.

Ein weiterer gab im Nachinterview an, bezüglich der Bilder völlig abgestumpft zu sein,

da er als Chirurg in der Notaufnahme arbeite. Einer besaß Meditationspraxis und der

letzte konsumierte Drogen. Bei den Meditierenden mussten sechs Teilnehmer ausge-

schlossen werden: Drei Probanden praktizierten keine Achtsamkeitsmeditation,

sondern eine andere Technik, was sich erst im Nachinterview herausstellte. Ein

Proband nahm Drogen, und zwei weitere waren ebenfalls homosexuell. Somit blieben

43 Versuchsteilnehmer für die Auswertung: 13 Probanden in der Kontrollgruppe, 30 mit

Meditationspraxis. Von diesen 30 wurden 22 der Gruppe der Kurzzeit-, und 8 der

Gruppe der Langzeitmeditierenden, da sie seit über 15 Jahren praktizierten.

Bei einem weiteren Probanden aus der Gruppe der Kurzzeitmeditierenden

gingen durch einen Speicherfehler die Daten der SAM-Ratings verloren, und ebenfalls

in der selben Gruppe war ein Verlust bei den Daten des Ratings zum Wohlbefinden zu

beklagen, so dass bei diesen beiden Maßen insgesamt 42 Probanden in die

Auswertung eingingen.

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Methodisches Vorgehen

157

Tabelle 4: Häufigkeiten für Versuchsteilnehmer pro Gruppe

HÄUFIGKEITEN für Teilnehmer pro Gruppe

13 30,2 30,2 30,2

22 51,2 51,2 81,4

8 18,6 18,6 100,0

43 100,0 100,0

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Gültig

Häufigkeit ProzentGültige

ProzenteKumulierteProzente

• Geschlecht

Über alle Gruppen betrachtet nahmen etwas weniger Frauen als Männer teil (siehe

Tabelle 5).

Tabelle 5: Häufigkeiten für Geschlecht über alle Gruppen

HÄUFIGKEITEN für Geschlecht

20 46,5 46,5 46,5

23 53,5 53,5 100,0

43 100,0 100,0

fem

mask

Gesamt

Gültig

Häufigkeit ProzentGültige

ProzenteKumulierteProzente

Tabelle 6: Häufigkeiten für Geschlecht pro Gruppe

HÄUFIGKEITEN für Geschlecht pro Gruppe

7 53,8 53,8 53,8

6 46,2 46,2 100,0

13 100,0 100,0

10 45,5 45,5 45,5

12 54,5 54,5 100,0

22 100,0 100,0

3 37,5 37,5 37,5

5 62,5 62,5 100,0

8 100,0 100,0

fem

mask

Total

fem

mask

Total

fem

mask

Total

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit ProzentGültige

ProzenteKumulativeProzente

Dieser Trend ist in der Gruppe der Langzeitmeditierenden am stärksten (Tabelle 6).

• Alter

Da das Lebensalter naturgemäß mit zunehmender Praxis ansteigen muss, war in der

Hinsicht keine andere Zusammensetzung der Gruppe der Langzeitmeditierenden

möglich, so dass sich hier ein signifikanter Unterschied der Gruppenmittelwerte ergab

(F(2)= 1675,818; p < ,001; siehe dazu Tabelle 7 und Tabelle 8).

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Methodisches Vorgehen

158

Tabelle 7: Deskriptive Statistik für Alter

DESKRIPTIVE Statistik für Alter

Alter

13 37,15 9,133 23 63

22 42,73 9,301 25 59

8 58,00 7,232 44 65

43 43,88 11,430 23 65

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

N MittelwertStandardabweichung Minimum Maximum

Tabelle 8: ANOVA für Alter

ONEWAY ANOVA für Alter

Alter

265483,5 2 132741,76 1675,818 ,000

408486,7 5157 79,210

673970,2 5159

Zwischen den Gruppen

Innerhalb der Gruppen

Gesamt

Quadratsumme df

Mittel derQuadrate F Signifikanz

• Praxisdauer

Die Praxisdauer ist heterogen abgestuft. Bis zu einer Praxisdauer von 12 Jahren ist

nahezu jedes Jahr in der Stichprobe enthalten. Bei 12 Jahren ereignet sich der erste

große Sprung von 5 Jahren Differenz auf 17 Jahre Praxiserfahrung. Daher wurde an

dieser Stelle der Cutoff für die beiden Gruppen „Kurzzeitmeditierende“ und

„Langzeitmeditierende“ gesetzt (Tabelle 9). Das Mittel der Praxisdauer differenziert

somit beide Gruppen deutlich, wie Tabelle 10 zeigt. Abbildung 31 zeigt die Praxisdauer

in Jahren und Stunden in Form von Boxplots: Deutlich zu erkennen ist der Ausreißer

bei 58240 Stunden, wobei es sich um den teilnehmenden Theravada-Mönch handelt.

Abbildung 31: Boxplots für Praxisdauer in Jahren und Stunden je Gruppe

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Methodisches Vorgehen

159

Tabelle 9: Häufigkeiten für Praxisdauer in Jahren

HÄUFIGKEITEN für Praxisdauer

1 4,5

1 4,5

2 9,1

1 4,5

4 18,2

4 18,2

1 4,5

3 13,6

1 4,5

2 9,1

1 4,5

1 4,5

22 100,0

2 25,0

1 12,5

2 25,0

1 12,5

1 12,5

1 12,5

8 100,0

,5

2,0

3,0

3,5

4,0

5,0

7,0

8,0

9,0

10,0

11,0

12,0

Gesamt

17,0

21,0

25,0

30,0

31,0

40,0

Gesamt

Praxisdauer in Jahren

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

In Tabelle 10 finden sich weitere deskriptive Statistiken für die Indices

„Achtsamkeitspraxis in Stunden“, „Achtsamkeitspraxis in Stunden + FFA-Score“,

„Prozentrang Achtsamkeitspraxis“ und FFA-Score getrennt für jede Gruppe.

Tabelle 10: Deskriptive Statistik für Indices der Achtsamkeitspraxis

Deskriptive Statistik für Indices der Achtsamkeitspraxis

13 24,0 2,0 26,0 15,4 8,5

13 13,0 32,0 45,0 39,8 4,3

22 11,5 ,5 12,0 6,0 3,1

22 6563,0 133,0 6696,0 2646,7 1759,1

22 6563,0 171,0 6734,0 2687,1 1757,6

22 51,0 33,0 84,0 57,1 15,2

22 35,0 21,0 56,0 40,5 6,5

8 23,0 17,0 40,0 25,8 7,8

8 52090,0 6150,0 58240,0 19435,0 16991,2

8 52094,0 6198,0 58292,0 19481,3 16993,2

8 19,0 81,0 100,0 91,5 6,3

8 14,0 38,0 52,0 46,3 5,4

ProzentrangAchtsamkeitspraxis

FFAScore

Praxisdauer in Jahren

Achtsamkeitspraxis inStunden

Achtsamkeitspraxis inStunden + FFAScore

ProzentrangAchtsamkeitspraxis

FFAScore

Praxisdauer in Jahren

Achtsamkeitspraxis inStunden

Achtsamkeitspraxis inStunden + FFAScore

ProzentrangAchtsamkeitspraxis

FFAScore

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

N Spannweite Minimum Maximum MittelwertStandardabweichung

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Methodisches Vorgehen

160

Diese Indices korrelieren bis auf den FFA-Score, der nur sehr wenig Trennschärfe für

die Gruppen zeigt (siehe Abbildung 32), untereinander hoch signifikant (Tabelle 11):

Tabelle 11: Korrelationen für Indices der Achtsamkeitspraxis

Korrelationen für Indices der Achtsamkeitspraxis

1,000

.

43

,926**

,000

43

,923**

,000

43

,910**

,000

43

,910**

,000

43

,312*

,021

43

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Korrelationskoeffizient

Sig. (1-seitig)

N

Gruppe

Praxisdauer in Jahren

Achtsamkeitspraxis in Stunden

Achtsamkeitspraxis in Stunden +FFAScore

Prozentrang Achtsamkeitspraxis

FFAScore

Spearman-Rho

Gruppe

Die Korrelation ist auf dem 0,01 Niveau signifikant (einseitig).**.

Die Korrelation ist auf dem 0,05 Niveau signifikant (einseitig).*.

Abbildung 32: Boxplots für Prozentrang Achtsamkeitspraxis und FFA-Score je Gruppe

Ebenso ersichtlich in Abbildung 32 sind die Gruppenboxplots der den Probanden

zugewiesenen Prozentränge der Achtsamkeitspraxis (deren Basis wird in Abschnitt 3.1

beschrieben).

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161

• Dauer einer Meditationssitzung

Die Meditierenden investierten durchschnittlich 47 Minuten für jede Meditationssitzung.

Der Gruppenunterschied ist hier marginal (siehe Tabelle 12, Abbildung 33).

Tabelle 12: Deskriptive Statistik für Dauer einer Sitzung

DESKRIPTIVE Statistik für Dauer einer Sitzung

Dauer einer Meditationssitzung

22 46,40 18,252 20 90

8 48,50 25,511 30 120

30 47,00 20,608 20 120

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

N MittelwertStandardabweichung Minimum Maximum

Abbildung 33: Dauer einer Sitzung bei Kurz- und Langzeitmeditierenden

• Frequenz der Meditationssitzungen

Deutlich zu sehen ist die mit zunehmender Praxisdauer steigende Frequenz der

Meditationssitzungen (Abbildung 34) bei allen Meditierenden war die letzte Sitzung vor

dem Versuch höchstens einen Tag her):

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162

Abbildung 34: Frequenz der Sitzungen bei Kurz- und Langzeitmeditierenden

• Retreaterfahrung

Je länger die Praxisdauer bei den Meditierenden wird, desto öfter haben sie auch an

so genannten „Retreats“ teilgenommen (siehe Abbildung 35). Retreats sind

Meditationsseminare, die sich oft in Abgeschiedenheit und Schweigen über mehrere

Tage intensiv, meist ganztags der Ausübung der Meditation widmen:

Abbildung 35: Anzahl der Retreats bei Kurz- und Langzeitmeditierenden

• Meditationsobjekt

Die hier gefundenen Unterschiede (Abbildung 36) könnten mit dem Stufenweg der

Vipassana-Lehre erklärbar sein: Mit zunehmender Erfahrung ist der Rückgriff auf die

Körper- oder Atemachtsamkeit immer seltener nötig und ein völliges Gewahrsein aller

mentalen Ereignisse möglich, wie es das letztendliche Ziel der Vipassana-Praxis (siehe

dazu Brown & Englier, 1980; Gruber, 1999; Nyanaponika, 1969) vorsieht.

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Methodisches Vorgehen

163

Abbildung 36: Meditationsobjekt bei Kurz- und Langzeitmeditierenden

• Bedeutung der philosophischen Hintergründe der Praxis

Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied, indem sich die Langzeitmeditierenden mit

zunehmender Meditationserfahrung näher an die buddhistische Philosophie ange-

bunden fühlen, sie ihnen zunehmend wichtiger wird (Abbildung 37):

Abbildung 37: Bedeutung buddhistischer Philosophie bei Kurz- und Langzeit-

meditierenden

• Motive für die Praxis

Im „Fragebogen zur Meditationserfahrung“ (Anhang A1.2) wurden verschiedene

Beweggründe für die Praxis angeboten, mit der Bitte, jeden einzelnen zu gewichten:

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Methodisches Vorgehen

164

- Körperliche Gesundheit: hierauf legen die Kurzzeitmeditierenden mehr Wert

(Abbildung 38):

Abbildung 38: Körperliche Gesundheit als Motiv für die Praxis

- Stressbewältigung und Erholung: auch dies ist Kurzzeitmeditierenden wichtiger

(Abbildung 39):

Abbildung 39: Stressbewältigung und Erholung als Motiv für die Praxis

- Innere Ruhe und Gelassenheit: dies hat in beiden Gruppen eine ähnliche

Bedeutung (Abbildung 40):

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Methodisches Vorgehen

165

Abbildung 40: Innere Ruhe und Gelassenheit als Motiv für die Praxis

- Zusammensein mit Gleichgesinnten: dies ist für Langzeitmeditierende von

größerer Wichtigkeit (Abbildung 41):

Abbildung 41: Zusammensein mit Gleichgesinnten als Motiv für die Praxis

- Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung: dies bekommt in beiden

Gruppen einen annähernd gleichen Wert zugewiesen (Abbildung 42):

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Methodisches Vorgehen

166

Abbildung 42: Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung als Motiv für die Praxis

- Religiöse oder spirituelle Motive: die Langzeitmeditierenden legen hierauf ein

weitaus höheres Gewicht als Motivation für ihre Praxis (Abbildung 43), eine

Replikation der Ergebnisse von Shapiro (1992) und Shapiro et al. (2006).

Abbildung 43: Religiöse oder spirituelle Motive für die Praxis

- Therapeutische Motive: Diese sind etwas weniger bedeutend bei den

Langzeitmeditierenden (Abbildung 44):

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167

Abbildung 44: Therapeutische Motive für die Praxis

• Bildung

Das Bildungsniveau unterscheidet sich nicht wesentlich zwischen den drei Gruppen

(Tabelle 13 und Tabelle 14):

Tabelle 13: Häufigkeiten für Berufsausbildung

HÄUFIGKEITEN für Berufsausbildung 0=Lehre 1=Fachschule2=Fachoberschule 3=Hochschule 4=keine Berufsausbildung 5=noch in

Berufsausbildung

1 7,7

2 15,4

7 53,8

1 7,7

2 15,4

13 100,0

2 10,0

1 5,0

15 75,0

1 5,0

1 5,0

20 100,0

2 25,0

5 62,5

1 12,5

8 100,0

0

1

3

4

5

Gesamt

0

1

3

4

2

Gesamt

0

3

2

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

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168

Tabelle 14: Häufigkeiten für Schulabschluss

HÄUFIGKEITEN für Schulabschluss 0=kein Hauptschulabschluss1=Hauptschulabschluss 2=mittlere Reife 3=Abitur

1 7,7

12 92,3

13 100,0

18 90,0

2 10,0

20 100,0

6 75,0

2 25,0

8 100,0

2

3

Gesamt

3

0

Gesamt

3

1

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

• Familienstand

Auch beim Familienstand finden sich keine nennenswerten Gruppenunterschiede

(siehe Tabelle 15):

Tabelle 15: Häufigkeiten für Familienstand

HÄUFIGKEITEN für Familienstand:

8 61,5

4 30,8

1 7,7

13 100,0

12 54,5

5 22,7

3 13,6

2 9,1

22 100,0

5 62,5

2 25,0

1 12,5

8 100,0

ledig

verheiratet

getrennt lebend

Gesamt

ledig

verheiratet

getrennt lebend

geschieden

Gesamt

ledig

verheiratet

geschieden

Gesamt

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

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169

• Konfession

Bei den Langzeitmeditierenden ist der Anteil bekennender Buddhisten sichtlich erhöht

(Tabelle 16):

Tabelle 16: Häufigkeiten für Konfession

HÄUFIGKEITEN für Konfession: 0=katholisch 1=evangelisch2=buddhistisch 3=hinduistisch 4=islamisch 5=sonstige 6=keine

3 23,1

4 30,8

6 46,2

13 100,0

1 5,0

3 15,0

10 50,0

5 25,0

1 5,0

20 100,0

2 25,0

1 12,5

5 62,5

8 100,0

0

1

6

Gesamt

0

1

6

2

5

Gesamt

1

6

2

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

• Sonstiges

Es wurde sichergestellt, dass keiner der Probanden von nicht korrigierter Seh- oder

Hörschwäche beeinträchtigt war. Alle eingeschlossenen Probanden waren Rechts-

händer. Alle Probanden waren frei von den Versuch beeinflussenden Erkrankungen

und nahmen keine relevanten Medikamente ein. Probanden, die Tabak konsumierten,

taten dies mindestens 60 Minuten vor dem Start der physiologischen Messungen das

letzte Mal. Keiner der Probanden hatte am Vorabend mehr als ein Glas Alkohol zu sich

genommen. Der vor dem Versuch gegebene „Fragebogen zur Erfassung der

Ausgangslage“ (Anhang A1.7) förderte keine für den Versuch relevanten Informationen

zu Tage. Fast alle Probanden (99 %) antworteten auf die im Nachinterview (Anhang

A1.8) gestellte Frage, welche Hypothesen sie über die vermutete Fragestellung des

Versuchs generiert hätten, damit, dass sie eine Überprüfung der Kohärenz von

Physiologie und SAM-Rating als Versuchsziel annahmen. Das richtige Verhalten, um

ein „guter Proband“ zu sein, sahen ebenso viele in ehrlichem Antwortverhalten. Durch

diese gewissermaßen vermutete „Lügendetektorfunktion“ des experimentellen Designs

ist davon auszugehen, dass soziale Erwünschtheit oder sonstige Manipulationen im

Sinne der Fragestellung eine zu vernachlässigende Rolle spielten.

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Ergebnisse

170

4. Ergebnisse

Die Abfolge der Ergebnispräsentation entspricht der Reihenfolge der Hypothesen.

4.1 Subjektives Gefühlserleben

Als erstes werden hierzu die SAM-Ratings berichtet, anschließend folgen die

Ergebnisse des Nachinterviews.

Im Vorfeld der Auswertung wurde bei den SAM-Ratings eine Überprüfung auf

Normalverteilung und Varianzhomogenität durchgeführt, beides statistische Vorraus-

setzungen zur Anwendung der ANOVA mittels des „Allgemeinen Linearen Modells“.

Wie in Anhang C1 (Tabelle 29) einsehbar, wurde keiner der dazu gerechneten

Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstests signifikant, was auf annähernd normalverteilte

SAM-Werte schließen lässt. Auch eine ausreichende Varianzhomogenität zwischen

den untersuchten drei Gruppen konnte mit den durchgeführten Levene-Tests gezeigt

werden, die für alle SAM-Ratings ein p > ,20 erbrachten (Anhang C1, Tabelle 30).

4.1.1 SAM-Ratings

• Intensität des während der Bilddarbietung erlebten Gefühls:

Zunächst werden die SAM-Intensitätsratings präsentiert, da sie die Grundlage

für die Überprüfung der Hypothese (1a) bilden:

Abbildung 45: SAM-Intensitätsratings nach Gruppen und Bildvalenzen

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Ergebnisse

171

Tabelle 17: Deskriptive Statistiken für SAM-Intensitätsratings

DESKRIPTIVE Statistiken für SAM - Intensitätsratings

13 6,64 1,01

21 5,81 1,56

8 5,75 1,80

42 6,05 1,48

13 2,99 1,28

21 3,37 1,54

8 3,60 1,62

42 3,30 1,46

13 5,70 1,23

21 5,27 1,51

8 5,26 1,54

42 5,40 1,41

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

bei negativen Bildern

bei neutralen Bildern

bei positiven Bildern

N MittelwertStandardab-

weichung

Durchgeführte uni- und multivariate ANOVAs (siehe Anhang C1.1, Tabelle 32 bzw.

Tabelle 33) ergaben keine signifikanten Gruppenunterschiede für die SAM-

Intensitätsratings bei den negativen (F(2) = 2,496; p = ,096), neutralen (F(2) = ,166; p =

,848) oder positiven Bildvalenzen (F(2) = 1,384; p = ,263). Alter und Geschlecht der

Probanden hatten ebenfalls keinen signifikanten Effekt. Korrelationsberechnungen

mittels Spearman-Rho (einige der korrelierten Variablen wie z.B. die Achtsamkeits-

praxis in Stunden waren nicht normalverteilt) führten sogar zu einer signifikant

negativen Korrelation (r = -,296; p = ,029) zwischen den SAM-Intensitätsratings bei

negativ valenten Bildern und der Achtsamkeitspraxis in Stunden (Anhang C1.1, Tabelle

34). Die übrigen Bildvalenzen wurden hier nicht signifikant. Berechnungen linearer

Regression mittels der Prozentränge der Achtsamkeitspraxis (die hier eingesetzt

wurden, da die Achtsamkeitspraxis in Stunden nicht normalverteilt war, siehe Anhang

C1.1, Tabelle 31) wurden bei keiner der Bildvalenzen signifikant und werden daher hier

nicht weiter berichtet.

Dem Augenschein nach (siehe Abbildung 45) sinken die Intensitätsratings bei

emotionalen Bildern, konträr der Hypothese 1a, mit zunehmender Achtsamkeitspraxis

etwas ab, und steigen bei neutralen Bildern etwas an. Zur genaueren Exploration

eignen sich in diesem Zusammenhang die dazu erstellten Boxplots in Abbildung 46.

Sie zeigen jeweils den Median (schwarzer Querbalken), die Ausreißer (Werte, die

zwischen 1,5 und 3 Boxenlängen von einem der beiden Enden der Box entfernt sind,

hier dargstellt als Kreise) und Extremwerte (Werte, die mehr als 3 Boxenlängen von

einem der beiden Enden der Box entfernt sind, hier dargestellt als Sterne), sowie

mittels der Längsbalken das obere und untere Quartil.

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Ergebnisse

172

Abbildung 46: Boxplots für SAM-Intensitätsratings nach Gruppen und Bildvalenzen

Für die Langzeitmeditierenden findet sich ein Ausreißer in Richtung extrem geringe

SAM-Ratings bei den negativen Bildern und ein Extremwert in dieselbe Richtung bei

den positiven Bildern. Dies könnte die Mittelwerte zwar ungünstig verzerrt haben, in

Anbetracht der Mediane, die einen den Mittelwerten ähnlichen Verlauf von Gruppe 0 zu

2 darstellen, scheint dies aber nicht übermäßig ins Gewicht zu fallen.

Auf dieser Datenbasis muss die Hypothese 1a zurückgewiesen werden. Länger

meditierende Probanden stuften nicht wie erwartet ihre während des Experiments

erlebten Gefühle auf emotionale Stimuli als intensiver ein.

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Ergebnisse

173

• Valenz des während der Bilddarbietung erlebten Gefühls:

Obwohl hierzu keine expliziten Hypothesen formuliert wurden, werden die

erhobenen Valenzratings ebenso berichtet.

Abbildung 47: SAM-Valenzratings nach Gruppen und Bildvalenzen

Tabelle 18: Deskriptive Statistiken für SAM-Valenzratings

DESKRIPTIVE Statistiken für SAM - Valenzratings

13 2,66 ,50

21 3,26 ,76

8 3,49 ,81

42 3,12 ,75

13 5,13 ,38

21 5,34 ,42

8 5,41 ,24

42 5,29 ,38

13 6,60 ,52

21 6,44 ,71

8 6,19 ,78

42 6,44 ,67

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

bei negativen Bildern

bei neutralen Bildern

bei positiven Bildern

N MittelwertStandardabweichung

Die hier gerechnete multivariate ANOVA (siehe Anhang C1.2, Tabelle 35) zeigte einen

signifikanten Alterseffekt (F(3) = 4,076; p = ,014) in allen vier Prüfmaßen. Das

Geschlecht wurde nicht signifikant. Für Gruppe ergab sich lediglich mit dem Test

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Ergebnisse

174

„Größte charakteristische Wurzel nach Roy“ ein signifikanter Effekt (F(3) = 3,141; p =

,037). Da dieser Test die geringste Teststärke aller von SPSS gerechneten multivari-

aten Prüfmaße aufweist, wurde zur Kontrolle eine univariate ANOVA durchgeführt

(siehe Anhang C1.2, Tabelle 36). Hier konkretisierte sich der Alterseffekt auf die

neutralen Bilder (F(1) = 12,482; p = ,001). Das Geschlecht war auch hier nicht signi-

fikant. Für Gruppe fand sich ein signifikanter Effekt bei den negativen Bildern (F(2) =

3,936; p = ,028). Dieser konnte durch anschließend durchgeführte Post-Hoc-Tests mit

Bonferroni-Korrektur (siehe Anhang C1.2, Tabelle 37) auf einen signifikanten Unter-

schied zwischen Nicht- und Langzeitmeditierenden heruntergebrochen werden (p =

,035). Korrelationen nach Spearman-Rho (siehe Anhang C1.2, Tabelle 38) fanden für

Alter eine signifikante Korrelation mit der Höhe der SAM-Valenzratings bei neutralen

Bildern (r = ,507; p < ,001). Die Achtsamkeitspraxis in Stunden korrelierte signifikant

positiv mit den SAM-Valenzbewertungen für negative Bilder (r = ,400; p = ,004) und

signifikant negativ mit den SAM-Valenzbewertungen für positive Bilder (r = -,277; p =

,038). Berechnungen linearer Regression mittels der Prozentränge der Achtsamkeits-

praxis wurden bei keiner der Bildvalenzen signifikant und werden daher nicht berichtet.

Abbildung 48: Boxplots für SAM-Valenzratings nach Gruppen und Bildvalenzen

An den Boxplots der SAM-Valenzratings in Abbildung 48 lassen sich die gefundenen

Ergebnisse gut erkennen: bei negativen Bildern bewerten die Probanden mit zuneh-

mender Meditationspraxis ihre ausgelösten Gefühle als immer weniger unangenehm,

hier wurde sowohl ANOVA als auch Korrelationsrechnung signifikant. Bei den

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Ergebnisse

175

neutralen Bildern findet sich interessanterweise ein Alterseffekt in dem Sinne, dass mit

zunehmendem Alter die Gefühle auf neutrale Bilder hin als immer angenehmer

bewertet werden. Bei positiven Bildern wurde nur die Korrelationsrechnung signifikant,

und deutet auf eine mit zunehmender Meditationspraxis abnehmende SAM-Valenz-

bewertung hin.

Insgesamt erscheint das Bewertungsverhalten bei den SAM-Valenzratings

homogener als bei den SAM-Intensitätsratings, wie die jeweiligen Boxplots deutlich

machen.

4.1.2 Nachinterview

Der Wortlaut des Interviews ist in Anhang A1.8 einzusehen. Ein Ziel des Interviews war

es, zu explorieren, ob die Meditierenden selbst im Laufe der Praxis eine Veränderung

ihres Gefühlserlebens feststellten, und falls ja, von welcher Art. Die Antworten auf die

Frage „Hat sich Ihr Emotionserleben im Laufe Ihrer Meditationspraxis verändert?“

wurden im Anschluss an das Interview einer der folgenden Kategorien zugeordnet: „-2

= Intensität hat stark abgenommen“; „-1 = Intensität hat etwas abgenommen“; „0 =

Intensität hat sich nicht verändert“; „1 = Intensität hat zugenommen“; „2 = Intensität hat

stark zugenommen“. Keiner der Interviewten fiel in die Kategorien „-2“ bzw. „-1“. Es

ergab sich folgendes Bild:

Abbildung 49: Wandel der erlebten Gefühlsintensität durch die Meditationspraxis

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Ergebnisse

176

Die durchgeführten Testverfahren Chi-Quadrat (Chi = 1,023; p = ,282) und

Mann-Whitney (Z = -,994; p = ,420) zur Überprüfung der gefundenen Gruppen-

verteilungen wurden beide nicht signifikant. Vermutlich ist der Grund hierfür in der

geringen Gruppengröße (n = 8) bei den Langzeitmeditierenden zu suchen. (Siehe

Anhang C1.3, Tabelle 39 und Tabelle 40). Hypothese 1b prognostiziert, dass von

Gruppe 1 (Kurzzeitmeditierende) zu Gruppe 2 (Langzeitmeditierende) prozentual mehr

Probanden Aussagen machen, die auf eine Intensivierung des Gefühlserlebens

schließen lassen, als Aussagen, die auf eine Verringerung des Gefühlslebens

schließen lassen. Da sich in keiner Gruppe Probanden fanden, die eine Verringerung

der Intensität angaben, wie in Abbildung 49 und Tabelle 19 zu sehen ist, und der Anteil

der von einer starken Zunahme berichtete, von Gruppe 1 nach 2 anstieg, konnte die

Hypothese tendenziell bestätigt werden.

Tabelle 19: Durch die Meditationspraxis bedingter Wandel der Gefühlsintensität

Die Gefühlsintensität hat sich durch die Praxis...

10 45,5

12 54,5

22 100,0

2 25,0

6 75,0

8 100,0

etwas erhöht

stark erhöht

Gesamt

Gültig

etwas erhöht

stark erhöht

Gesamt

Gültig

Gruppe

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Häufigkeit Prozent

4.2 Zeitverlauf der emotionalen Reaktion

Erhoben wurde der Zeitverlauf der peripherphysiologischen Emotionskomponente, hier

mittels der EDA, sowie der motivationalen Komponente durch die Erfassung der

Startle-Response an mehreren Zeitpunkten nach Bilddarbietung.

4.2.1 EDA-Zeitverläufe

Bei der EDA wurden die allgemein gebräuchlichen Indices „Latenz“, „Anstiegszeit“ und

„Halbwertszeit“ zur Beschreibung des Zeitverlaufes herangezogen. Tabelle 20 zeigt die

entsprechenden Mittelwerte je Gruppe und Bildvalenz. Gut sichtbar sind die jeweils von

Gruppe 0 nach Gruppe 2 hin abfallenden Mittelwerte (siehe Abbildung 50, Abbildung

51 und Abbildung 52). Auch hier wurde die Normalverteilung der Daten und

Varianzhomogenität zwischen den Gruppen sichergestellt (siehe Anhang C2, Tabelle

41 und Tabelle 42). Multivariate ANOVAs förderten einen signifikanten Effekt für

Gruppe, Geschlecht und Bildvalenz zu Tage (siehe Anhang C2, Tabelle 43). Berichtet

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Ergebnisse

177

werden hier die ebenfalls durchgeführten univariaten ANOVAs, da diese genauer

zwischen den Bedingungen unterschieden (siehe Anhang C2, Tabelle 44): Für Gruppe

ergaben sich signifikante Effekte bei der EDA-Latenz (F = 7,195; df = 2; p = ,001), der

EDA-Anstiegszeit (F = 8,316; df = 2; p < ,000) und bei der EDA-Halbwertszeit (F =

5,918; df = 2; p = ,004). Bei den anschließend gerechneten Post-Hoc-Test mit

Bonferroni-Korrektur (siehe Anhang C2, Tabelle 45) fand sich über alle Bildvalenzen

betrachtet bei der EDA-Latenz nur ein signifikanter Gruppenunterschied zwischen den

Nichtmeditierenden und den Langzeitmeditierenden (p = ,004), der Unterschied

zwischen Nicht- und Kurzzeitmeditierenden wurde knapp nicht mehr signifikant (p =

,058), zwischen Kurz- und Langzeitmeditierenden ebenfalls nicht (p = ,372). Bei der

EDA-Anstiegszeit wurde der Gruppenvergleich zwischen Nicht- und Kurz- sowie

Langzeitmeditierenden signifikant (p = ,020) bzw. (p = 0,01). Kurz- und Langzeit-

meditierende wurden wiederum nicht signifikant (p = ,336). Die EDA-Halbwertszeit

zeigt ein ähnliches Bild, wobei hier die Unterschiede zwischen den Nicht- und Kurzzeit-

sowie Langzeitmeditierenden signifikant wurden (p = ,025) bzw. (p = 0,04). Zwischen

den Kurzzeit- und Langzeitmeditierenden reichten die gefundenen Gruppenunter-

schiede wiederum nicht für ein signifikantes Ergebnis aus (p = ,617). Dies mag vor

allem an der großen Streuung der Werte und an der geringen Gruppengröße der

Langzeitmeditierenden (n = 8) liegen.

Den in Tabelle 20 ersichtlichen Trend der von Gruppe 0 zu Gruppe 2 hin abneh-

menden Mittelwerte bestätigten die durchgeführten Spearman-Roh Korrelationen: Die

Achtsamkeitspraxis in Stunden korrelierte auch ohne künstliche Gruppenaufteilung

signifikant negativ mit der Latenz (r = -,244; p = ,003), mit der Anstiegszeit (r = -,235; p

= ,004) und mit der Halbwertszeit (r = -,231; p = ,004). Bemerkenswert ist hier noch die

signifikant positive Korrelation des Geschlechts mit allen EDA-Zeitparametern (Latenz:

r = -,270; p = ,001; Anstiegszeit: r = -,220; p = ,006; Halbwertszeit: r = -,279; p = ,001).

Männer zeigten hier also eine höhere Latenz, Anstiegszeit und Halbwertszeit in der

EDA als Frauen. Da der prozentuale Anteil an Männern von Gruppe 0 zu Gruppe 2 hin

ansteigt (siehe Abschnitt 3.6.2), die Werte der EDA-Zeitverläufe jedoch in die selbe

Richtung hin abnehmen, stärkt dieser Befund zusätzlich das Argument für den Einfluss

der Meditationspraxis auf die gefundenen Gruppenunterschiede. Abschließend ge-

rechnete Regressionsanalysen bestätigten dieses Bild: Der Prozentrang der Achtsam-

keitspraxis bot jeweils für die Latenz (� = -,297; t = -3,502; R2 = 0,88; p = ,001; siehe

Tabelle 47), die Anstiegszeit (� = -,306; t = -3,628; R2 = ,094; p < ,001; siehe Tabelle

48) und die Halbwertszeit (� = -,296; t = -3,486; R2 = ,087; p = ,001; siehe Tabelle 49)

ein signifikantes Modell zur Vorhersage der jeweiligen EDA-Werte.

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Ergebnisse

178

Hypothese 2a konnte somit bestätigt werden. Mit zunehmender Achtsam-

keitspraxis verringert sich fortschreitend sowohl die EDA-Latenz, die EDA-Anstiegszeit

als auch die EDA-Halbwertszeit.

Tabelle 20: Deskriptive Statistiken für EDA-Zeitverlauf

DESKRIPTIVE Statistiken für EDA - Zeitverlauf

,7736 ,53907 13

,6830 ,48254 22

,4023 ,30759 8

,6397 ,50651 13

,3854 ,32224 22

,2506 ,32839 8

,9209 ,50244 13

,6259 ,43023 22

,5472 ,40461 8

,7387 ,62345 13

,5811 ,44708 22

,3287 ,26235 8

,5507 ,46875 13

,3065 ,26592 22

,1715 ,21662 8

,8672 ,50047 13

,5572 ,38774 22

,4586 ,32477 8

,4028 ,36004 13

,2979 ,34659 22

,1682 ,18400 8

,2893 ,25992 13

,1535 ,17627 22

,0867 ,13671 8

,4258 ,33384 13

,2208 ,27517 22

,1675 ,19008 8

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Bildvalenz

negativ

neutral

positiv

negativ

neutral

positiv

negativ

neutral

positiv

Latenz

Anstiegszeit

Halbwertszeit

MittelwertStandardabweichung N

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Ergebnisse

179

• Latenz bis zum Einsetzen der ersten EDRs („electrodermal response“) nach Bildbeginn:

Abbildung 50: Latenz der initialen EDRs nach Bildbeginn je Bildvalenz und Gruppe

• Anstiegszeit der ersten EDRs bis zum Maximum:

Abbildung 51: Anstiegszeit der initialen EDRs bis zum Maximum je Bildvalenz und

Gruppe

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Ergebnisse

180

• Halbwertszeit der ersten EDRs:

Abbildung 52: Halbwertszeit der initialen EDRs je Bildvalenz und Gruppe

4.2.2 Zeitverlauf der Startle-Response

Um durch die Betrachtung der einzelnen Startle-Zeitpunkte ein Verlaufskriterium zu

erhalten, wurden in den meisten derartigen Studien die gemittelten Potenzierungs- und

Inhibitionswerte bei den Startle-Zeitpunkten während der Bilddarbietung mit denjenigen

bei den Startle-Zeitpunkten nach Bilddarbietung in Beziehung gesetzt und die unter-

suchten Gruppen darüber verglichen (z.B. Jackson et al., 2003; Larson & Davidson,

2001). Hier wird ebenso verfahren, wobei die Ergebnisse zusätzlich auch noch über die

einzelnen Startle-Zeitpunkte deskriptiv aufgeschlüsselt werden. Aufgrund der Vielzahl

der Startle-Zeitpunkte und der in 2.5.1 dargestellten multiplen Einflüsse auf die je-

weiligen Netto-Startle-Responses, war es problematisch, eine einzige, umfassende

Auswertestrategie zu entwerfen. Das von Gruppe 0 zu Gruppe 2 hin abnehmende

Baseline-Startle-Niveau (siehe dazu 4.3.2) verkomplizierte die Auswertung zusätzlich,

ebenso wie die fehlende Startle-Modulation bei der Gruppe der Langzeitmeditierenden

(ebenfalls besprochen in Abschnitt 4.3.2), die einen statistischen Vergleich des Zeit-

verlaufes der Startle-Modulation über alle drei Gruppen erschwerte.

Der Zeitverlauf der Startle-Response ist in Abbildung 53, aufgeteilt nach

Bildvalenz und Gruppe, gut zu erkennen. Über alle Valenzen gemittelt zeigt sich

deutlich ein Maximum der Response zum Startle-Zeitpunkt 6,5 s, welches durch die

dort gipfelnde Startle-Potenzierung bei negativen Bildern bedingt ist (nicht bei den

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Ergebnisse

181

Langzeitmeditierenden). Die Nicht- und Kurzzeitmeditierenden haben zum Zeitpunkt

8,5 s dieses Niveau jeweils wieder abgebaut, bei den Langzeitmeditierenden lässt sich

aufgrund der unerkennbaren Potenzierung schwer von einem Zeitverlauf sprechen.

Zum letzten Startle-Zeitpunkt hin steigt (vor allem nach dem Betrachten negativer

Bilder) die Startle-Response bei den Nicht- und Kurzzeitmeditierenden abermals leicht

an (evtl. aufgrund von Erwartungsangst oder abnehmender Aufmerksamkeit; siehe

Kapitel 2.5.1 und 5.2). Die Nicht- und Kurzzeitmeditierenden zeigen bei den positiven

Bildern eine Startle-Inhibition bei den Zeitpunkten 1,5 s und 4,5 s, die sich bei beiden

Gruppen bis zum Zeitpunkt 6,5 s wieder zurückgebildet hat. Bei den Langzeit-

meditierenden ist hier wiederum keine Differenzierung möglich (zur Darstellung der

Startle-Modulation siehe auch Abbildung 62 in Kapitel 4.3.2).

Abbildung 53: Zeitverlauf der Startle-Response je Valenz und Gruppe

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Ergebnisse

182

In Abbildung 54 wurde zusätzlich die Response zu Zeitpunkten während der

Bilddarbietung getrennt von derjenigen zu Zeitpunkten nach Bilddarbietung abgetragen

(siehe auch Tabelle 21): Hier ist festzustellen, dass die vorher-nachher Differenzen von

Gruppe 0 zu 2 hin abnehmen. Dies kann jedoch keinesfalls als Indiz für Erholungs-

fähigkeit oder Emotionsregulation betrachtet werden, da, wie in Abbildung 53 ersicht-

lich, diese größere Differenz auf einen je größeren Ausgangswert zu beziehen ist. Es

ist also eher das Gegenteil der Fall: Die Nichtmeditierenden bauen quantitativ mehr ab,

da sie wesentlich mehr aufgebaut hatten. Dieses Maß soll also hier nicht als

Zeitverlaufs-Index herangezogen werden (die Gruppenunterschiede erreichen hier

keine Signifikanz, siehe Anhang C2.2, Tabelle 50, Tabelle 51 und Tabelle 52).

Tabelle 21: Deskriptive Statistiken für Differenz der Startle-Response während - nach Bilddarbietung

Deskriptive Statistiken für Differenz der Startle-Response während - nachBilddarbietung

5,5230 9,42355 13

2,2919 9,37831 22

-1,0551 9,04648 8

2,6460 9,39283 43

10,2105 19,04924 13

6,0396 12,65056 22

-1,5903 7,41783 8

5,8811 14,46771 43

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

bei negativen Bildern

bei positiven Bildern

MittelwertStandardabweichung N

Abbildung 54: Differenz Startle-Response während - nach Bilddarbietung bei negativen

und positiven Bildern je Gruppe

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Ergebnisse

183

Wie oben einführend erwähnt, findet in der einschlägigen Literatur eine

Untersuchung der Zeitverläufe meist über einen während-nachher Vergleich bei den

Startle-Modulations-Indices statt, die über alle Zeitpunkte während bzw. nach Bild-

darbietung gemittelt werden. Der Index für die Potenzierung wird erstellt mittels der

Differenz der Response bei negativen Bildern minus der Response bei neutralen

Bildern. Analog wird der Inhibitions-Index errechnet über die Differenz der Response

bei neutralen Bildern minus der Response bei positiven. Tabelle 22 ermöglicht den

Vergleich der Gruppen bezüglich der Differenz dieser Modulationsindices:

Tabelle 22: Deskriptive Statistiken für Differenz während - nach Bilddarbietung bei der

Startle-Potenzierung und -Inhibition je Gruppe

Deskriptive Statistiken für Differenz während - nachher bei Startle-Potenzierungund -Inhibition

,1895 11,84679 13

,9004 10,94720 22

-2,5924 9,16679 8

,0357 10,75821 43

15,5440 17,85766 13

7,4311 12,24720 22

-,0530 6,56630 8

8,4914 14,25435 43

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

DifferenzPotenzierung

DifferenzInhibition

MittelwertStandardabweichung N

Für die Potenzierung werden diese Unterschiede in Abbildung 55 (für die deskriptiven

Statistiken je Zeitpunkt siehe Anhang C2.2, Tabelle 54) graphisch dargestellt, und zu-

sätzlich über alle Startle-Zeitpunkte aufgelöst, wobei deutlich wird, dass die Poten-

zierung vor allem an den Zeitpunkten 6,5 s und 7,5 s zum Tragen kommt:

Abbildung 55: Potenzierung zu einzelnen Zeitpunkten und Differenz während - nach

Bilddarbietung je Gruppe

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Ergebnisse

184

Die Langzeitmeditierenden bieten auch hier aufgrund ihrer mangelnden Modulation

(Abbildung 62) und des geringen Baseline-Startle-Niveaus (Abbildung 53) uninterpre-

tierbare Daten, da bei ihnen geringste Veränderungen der Startle-Response (bei

welchen es sich aller Voraussicht nach um Messartefakte handelt) in Bezug auf den

Ausgangswert bereits eine scheinbar prozentual hohe Variabilität erzeugen. Tabelle 23

zeigt demgemäß auch die wesentlich geringere Varianz der Messwerte über alle

Startle-Zeitpunkte in der Gruppe der Langzeitmeditierenden.

Tabelle 23: Deskriptive Statistiken für Startle-Response über alle Zeitpunkte je Valenz und Gruppe

Deskriptive Statistik für Startle-Response über alle Zeitpunkte je Valenz und Gruppe

91 107,47 15,41 122,87 5175,68 56,8756 28,59222 817,515

91 130,44 15,70 146,14 4953,16 54,4303 29,11044 847,418

91 141,06 12,32 153,38 4917,39 54,0373 32,63303 1064,9

154 89,23 10,32 99,55 5228,81 33,9533 17,13739 293,690

154 75,05 10,22 85,27 5090,02 33,0521 16,52093 272,941

154 105,48 9,04 114,52 5305,77 34,4531 18,17234 330,234

56 45,32 4,64 49,96 1190,30 21,2553 11,12367 123,736

56 37,68 4,93 42,60 1110,18 19,8246 9,00233 81,042

56 51,71 4,74 56,45 1205,09 21,5195 11,60769 134,738

negative Bilder

neutrale Bilder

positive Bilder

negative Bilder

neutrale Bilder

positive Bilder

negative Bilder

neutrale Bilder

positive Bilder

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

N x 7Zeitpunkte Spannweite Minimum Maximum Summe Mittelwert Standardabw. Varianz

Die Gruppenunterschiede zur Inhibition sind in Abbildung 56 zu finden, ebenfalls

gerechnet als vorher-nachher Differenzen und aufgelöst über alle Startle-Zeitpunkte:

bei den Langzeitmeditierenden fehlt die Inhibition gänzlich, bei den restlichen Gruppen

tritt sie nur während der Bilddarbietung auf (für die deskriptiven Statistiken je Zeitpunkt

siehe Anhang C2.2, Tabelle 54):

Abbildung 56: Inhibierung zu einzelnen Zeitpunkten und Differenz während - nach

Bilddarbietung je Gruppe

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Ergebnisse

185

Es zeigt sich beim Potenzierungsmaß ein deutlicher Unterschied zwischen den Nicht-

und Kurzzeitmeditierenden: letztere bauen trotz initial geringerem Response-Niveau

einen größeren Teil (11,51 %) davon bis zum letzten Startle-Zeitpunkt hin ab, als die

Nichtmeditierenden (2,42 %; siehe Abbildung 55). Abbildung 56 belegt die Abwesen-

heit von Startle-Inhibition nach Bilddarbietung, was eine Zeitverlaufsrechnung wenig

interpretierbar erscheinen lässt. Es lässt sich hier lediglich die im Vergleich zu den

Nichtmeditierenden (42,96 %) wesentlich geringere Inhibition während der Bild-

darbietung bei den Kurzzeitmeditierenden (15,3 %) ablesen.

Nachdem ausreichende Homogenität der Fehlervarianzen und Normalver-

teilung abgeklärt worden war (siehe Anhang C2.2, Tabelle 53) wurde eine MANOVA

gerechnet, die ergab, dass sowohl die Unterschiede in der Potenzierungsdifferenz als

auch in der Inhibitionsdifferenz zwischen den Gruppen statistisch nicht signifikant

waren (Anhang C2.2, Tabelle 55 und Tabelle 56). Eine Ursache hierfür ist sicher, dass

die uninterpretierbaren Daten der Langzeitmeditierenden in die Rechnung jeweils mit

eingingen. Bei der Inhibition kommt noch der Umstand dazu, dass diese bei allen

Gruppen nach Bildende nicht mehr auftritt, die Gruppen also diesbezüglich nicht zu

vergleichen sind, und die errechneten Differenzen aufgrund dieser „negativ“-Inhibition

nach Bildende künstlich verzerrt wurden (siehe Abbildung 56). Zu bedenken ist auch,

dass das Ausmaß der Differenz hierbei nicht ins Verhältnis gesetzt werden konnte zur

Höhe des Ausgangswertes (des Wertes, von dem aus die Reaktion absinkt). Da

jedoch, wenn das Ausgangsniveau bereits sehr niedrig ist, ein Abfall gezwungen-

ermaßen nicht mehr so üppig ausfallen wird (siehe Jennings, 2003, S. 45), ist aufgrund

der hier vorgefundenen unterschiedlichen initialen Reaktionen die Aussagekraft des

Vergleichs der Differenzen ebenfalls nicht überzustrapazieren. Unter diesen

Umständen wurden hierzu auch keine weiteren Korrelationen oder Regressions-

rechnungen durchgeführt, da davon auszugehen ist, dass aufgrund der fehlenden

Modulation bei den Langezeitmeditierenden der abnehmende Trend von Gruppe 0 zu 1

nicht über alle drei Gruppen statistisch erfassbar ist, da die Langzeitmeditierenden,

aufgrund des geringen Response-Niveaus und der Artefakte, auf deskriptiver Ebene

teilweise Daten zeigen, die dem Trend von Gruppe 0 nach 1 gegenläufig sind.

Bei der Exploration der einzelnen Startle-Zeitpunkte ist erwähnenswert, dass

die Kurzzeitmeditierenden sowohl bei der Potenzierung als auch bei der Inhibition

jeweils einen Startle-Zeitpunkt später als die Nichtmeditierenden ihren (wesentlich

geringeren) Reaktionspeak erreichen. Dieses Reaktionsmaximum haben beide

Gruppen jedoch im darauf folgenden Zeitpunkt bereits wieder komplett abgebaut (siehe

Abbildung 55 und Abbildung 56).

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186

Damit kann Hypothese 2b nicht bestätigt werden: Mit zunehmender Achtsam-

keitspraxis setzt weder Potenzierung noch Inhibition schneller ein, erreicht nicht

schneller den Höhepunkt und fällt auch nicht schneller wieder ab.

4.3 Reaktionsintensität

Berichtet wird hier die Intensität der emotionalen Reaktion in der neurophysiologischen

Komponente, abgebildet über die EDA, sowie die Reaktionsintensität der motivatio-

nalen Komponente, die mittels Startle-Paradigma erhoben wurde.

4.3.1 Reaktionsintensität der neurophysiologischen Komponente

Die Stärke der EDA als Index zur Bestimmung der Intensität der neurophysiologischen

Komponente wurde hier in „Summe aller EDRs (jeweils pro Trial)“ und „Maximum aller

EDRs (jeweils pro Trial)“ differenziert. Wie Tabelle 57 und Tabelle 58 (jeweils Anhang

C3.1) zeigen, finden sich auch bei diesen beiden Maßen ausreichend normalverteilte

Werte, sowie Varianzhomogenität zwischen den drei Gruppen. Lediglich beim

„Maximum der EDRs“ bei negativen und normalen Bildvalenzen weichen die erhalte-

nen Werte signifikant von einer Normalverteilung ab. In Tabelle 24 erkennt man auch

hier wieder die von Gruppe 0 zu Gruppe 2 hin abfallende Mittelwerte bei EDA-Summe

und EDA-Maximum. Abbildung 57 und Abbildung 58 zeigen allerdings deutlich, dass im

Fall des EDA-Maximums bei negativen Bildern eine Ausnahme anzutreffen ist: Hier

gab es also auch bei den Kurzzeitmeditierenden Probanden, die mit einer großen

Reaktion auf die Bilddarbietung antworteten, jedoch anschließend im weiteren Verlauf

der entsprechenden Trials weniger (oder weniger starke) EDRs zeigten, wie Abbildung

57 nahe legt.

Außer dem Faktor Gruppe (F(4) = 3,452; p = ,009) wurde in den multivariaten

ANOVAs (berichtet wird hier das stärkste Prüfmaß „Pillai-Spur“) keine Kovariate

signifikant (siehe Anhang C3.1, Tabelle 60). Lediglich mit dem schwächsten Prüfmaß

„größte charakteristische Wurzel nach Roy“ konnte ein signifikanter Einfluss der

Bildvalenz erhalten werden (F(2) = 3,607; p = ,030). Die univariaten ANOVAs (siehe

Anhang C3.1, Tabelle 59) zeigten, dass der Faktor Gruppe sowohl im Hinblick auf

EDA-Summe (F(2) = 5,258; p = ,006) als auch EDA-Maximum (F(2) = 3,996; p = ,021)

signifikant wurde. Durchgeführte Post-Hoc-Tests mit Bonferroni-Korrektur (siehe

Anhang C3.1, Tabelle 61) ergaben, dass dort jeweils nur die Unterschiede zwischen

den Nicht- und Langzeitmeditierenden signifikant wurden (EDA-Summe: p = ,030;

EDA-Maximum: p = ,024), was wohl auch hier an der geringen Gruppenstärke (n = 8)

der Langzeitmeditierenden liegt. Unabhängig von der künstlichen Gruppenaufteilung

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Ergebnisse

187

bestätigten auch hier die Spearman-Rho Korrelationen den von Gruppe 0 zu Gruppe 2

abnehmenden Trend (siehe Anhang C3.1, Tabelle 62): die Achtsamkeitspraxis in

Stunden korrelierte signifikant negativ mit der EDA-Summe (r = -,206; p = ,010) und

dem EDA-Maximum (r = -,203; p = ,011). Wie bei den EDA-Zeitverläufen zeigte sich

auch hier in den Korrelationen ein Einfluss des Geschlechts (r = ,244; p = ,003), wobei

Männer mit höheren Werten bei EDA-Maximum und EDA-Summe assoziiert waren. Da

der prozentuale Anteil an Männern von Gruppe 0 zu Gruppe 2 hin ansteigt (siehe

Abschnitt 3.6.2), die Werte der EDA-Intensität jedoch in die gleiche Richtung hin

abnehmen, stärkt auch hier dieser Befund das Argument für den Einfluss der Medi-

tationspraxis auf die gefundenen Gruppenunterschiede. Die gerechneten Regressions-

analysen rundeten dieses Bild ab: Der Prozentrang der Achtsamkeitspraxis bot jeweils

für EDA-Summe (� = -,266; t = -3,104; R2 = ,071; p = ,002; siehe Anhang C3.1, Tabelle

63) und EDA-Maximum (� = -,249; t = -2,892; R2 = ,062; p = ,005; siehe Anhang C3.1,)

ein signifikantes Modell zur Vorhersage der jeweiligen EDA-Werte.

Hypothese 3.1 konnte infolgedessen bestätigt werden. Mit zunehmender Acht-

samkeitspraxis verringert sich fortschreitend sowohl die Summe aller auf eine Bild-

darbietung hin generierten EDRs, als auch das jeweils daraufhin entstehende EDR-

Maximum.

Tabelle 24: Deskriptive Statistiken für EDA-Intensität

DESKRIPTIVE Statistiken für EDA - Intensität

,3047 ,27426 13

,2070 ,25136 22

,1184 ,11068 8

,2318 ,20240 13

,1499 ,16402 22

,1062 ,12743 8

,3130 ,23108 13

,2222 ,20750 22

,1957 ,20116 8

,1401 ,12140 13

,1344 ,18071 22

,0592 ,04707 8

,1044 ,09565 13

,0611 ,07036 22

,0332 ,03408 8

,1738 ,13130 13

,1198 ,11519 22

,0821 ,07465 8

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Bildvalenz

negativ

neutral

positiv

negativ

neutral

positiv

Summe

Maximum

MittelwertStandardabweichung N

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188

• Summe der EDRs:

Abbildung 57: Summe der EDRs je Bildvalenz und Gruppe

• Maximum der EDRs:

Abbildung 58: Maximum der EDRs je Bildvalenz und Gruppe

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189

4.3.2 Reaktionsintensität der motivationalen Komponente

Die motivationale Komponente wurde erfasst über das Startle-Paradigma. Wie im

Theorieteil ausführlich erläutert, kann die Aktivität der beiden emotionalen Motivations-

systeme „approach“ und „avoidance“ über die Stärke der Startle-Inhibition bei positiven

bzw. -Potenzierung bei negativen Bildern (immer im Hinblick auf das Startle-Reaktions-

muster bei neutralen Hintergrundstimuli) gemessen werden. Die zuerst berichtete

Aktivitätsstärke des „approach“ Motivationssystems wurde berechnet, indem die

Differenz „Startle-Response bei neutralen Bilddarbietungen minus Startle-Response

bei positiven Bilddarbietungen“ an den Startle-Zeitpunkten gerechnet wurde, welche

Inhibition vermitteln, nämlich die Zeitpunkte 1,5 s und 4,5 s nach Bildbeginn (siehe

Abbildung 62). Zur Berechnung der Aktivitätsstärke des „avoidance“ Motivations-

systems wurde entsprechend die Differenz „Startle-Response bei negativen Bildern

minus Startle-Response bei neutralen Bildern“ ermittelt. Hier boten sich die Startle-

Zeitpunkte 6,5 s und 7,5 s an, da an diesen eine Potenzierung vermittelt wurde (siehe

Abbildung 62). Dort ist auch die in Hypothese 3.2 vorhergesagte Abnahme der Motiva-

tionssystemaktivierung gut zu erkennen, ersichtlich an der mit steigender

Achtsamkeitspraxis sinkenden Differenzierung der Kurven für die drei Bildvalenzen.

Für die Startle-Responses und die errechneten Modulationsparameter für Inhibition

und Potenzierung konnte innerhalb der drei Gruppen eine ausreichende Normal-

verteilung der Werte belegt werden (siehe Anhang C3.2, Tabelle 65). Die Varianzen

jedoch stellten sich in den Levene-Tests nicht als homogen dar (siehe Anhang C3.2,

Tabelle 68). Dies ist zwar laut Bortz (1999) bei quasi-experimentellen Designs oft

anzutreffen; da die Stichprobengröße der Gruppen jedoch ebenfalls unterschiedlich

war, wurde jeweils zusätzlich zu den ANOVAs auch das nicht-parametrische Verfahren

„Kruskal-Wallis“ angewandt, um die in den ANOVAs gefundenen Ergebnisse abzu-

sichern. Das Niveau der Startle-Reaktivität (siehe Tabelle 25 und Abbildung 59), auf

dem sich die jeweilige Modulation abspielte, war zwischen den Gruppen signifikant

unterschiedlich, und nahm von Gruppe 0 zu 2 hin ab: Eine ANOVA über die 43

Mittelwerte aller Probanden erbrachte einen signifikanten Effekt für Gruppe: F(2) =

11,713; p < ,001 (siehe Anhang C3.2, Tabelle 66). Die Post-Hoc-Tests, durchgeführt

mit Tamhane-Korrektur bei inhomogenen Varianzen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 69)

bestätigten einen signifikanten Unterschied zwischen allen Gruppen (Nicht-

meditierende – Kurzzeitmeditierende: p = ,036; Kurzzeitmeditierende – Langzeit-

meditierende: p = ,015). Auch der Kruskal-Wallis-Test (siehe Anhang C3.2, Tabelle 67)

wurde für den Faktor Gruppe signifikant: Chi(2) = 16,948; p < ,001. Korrelations-

rechnungen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 70) zeigten einen signifikant negativen

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190

Zusammenhang zwischen der overall Startle-Response und der Achtsamkeitspraxis in

Stunden (r = -,614; p < ,001). Alter (r = -,505; p < ,001) und Geschlecht (r = -,372; p =

,007) wurden ebenfalls signifikant. Für Nichtmeditierende und Meditierende getrennt

gerechnete Korrelationen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 71) erbrachten, dass dieser

signifikante Effekt nur bei Probanden mit Achtsamkeitspraxis auftrat (Nicht-

meditierende: r = -,061; p = ,422; Meditierende: r = -,540; p < ,001). Da unvermeidbar

bei den Meditierenden das Lebensalter und die Achtsamkeitspraxis stark korrelieren (r

= ,458; p = ,005; siehe Anhang C3.2, Tabelle 78), ist davon auszugehen, dass die

gefunden Alterseffekte jeweils nicht Einflüsse des Alters an sich darstellen, sondern

durch fortschreitende Achtsamkeitspraxis vermittelte Effekte. In der Gruppe der

Meditierenden sind Achtsamkeitspraxis und Alter somit statistisch eng verwoben, und

auch mit z.B. Partialkorrelationen schlecht zu entkoppeln. Die Regressionsrechnung

(siehe Anhang C3.2, Tabelle 72) mittels der Prozentränge der Achtsamkeitspraxis

wurde ebenfalls signifikant (� = -,554; t = -4,260; R2 = ,307; p < ,001).

Abbildung 59: Startle-Response je Gruppe und Bildvalenz über alle Zeitpunkte

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191

Tabelle 25: Statistiken für Startle-Response je Gruppe über alle Valenzen und Zeitpunkte

Statistiken für Startle-Response je Gruppe über alle Valenzen und Zeitpunkte

StartleResponse

273

0

55,1144

30,08057

904,841

12,32

153,38

462

0

33,9389

17,26358

298,031

9,04

114,52

168

0

20,8665

10,60068

112,374

4,64

56,45

Gültig

Fehlend

Startle Means (n x 3 Valenzen x 7Zeitpunkte)

Mittelwert

Standardabweichung

Varianz

Minimum

Maximum

Gültig

Fehlend

Startle Means (n x 3 Valenzen x 7Zeitpunkte)

Mittelwert

Standardabweichung

Varianz

Minimum

Maximum

Gültig

Fehlend

Startle Means (n x 3 Valenzen x 7Zeitpunkte)

Mittelwert

Standardabweichung

Varianz

Minimum

Maximum

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Hypothese 3.2a konnte somit bestätigt werden. Das mittlere Startle-Response-Niveau

sinkt mit zunehmender Achtsamkeitspraxis fortlaufend ab.

• Startle-Inhibition:

Abbildung 60: Startle-Response zu Zeitpunkten, die Inhibition vermitteln

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192

Tabelle 26: Deskriptive Statistiken für Startle-Inhibition

Deskriptive Statistiken für Inhibition

Abhängige Variable: Inhibition

16,1490 15,75095 26

4,5159 11,85226 44

-,9936 6,30296 16

7,0079 13,85168 86

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

MittelwertStandardabweichung N

Abbildung 61: Startle-Inhibition nach Gruppen

Aufgeteilt nach Gruppen und Bildvalenzen vermittelt Abbildung 60 einen Eindruck der

jeweiligen Startle-Response an den Zeitpunkten, zu denen Inhibition im Mittel fest-

stellbar war. In Tabelle 26 und Abbildung 61 wird die in Hypothese 3.2b postulierte Ab-

nahme der Inhibitionsstärke an Hand der Gruppenmittelwerte deutlich. Hier erbrachte

eine ANOVA einen signifikanten Effekte für Gruppe (F(2) = 5,800; p = ,004), ansonsten

wurde kein Faktor signifikant (siehe Anhang C3.2, Tabelle 73). Post-Hoc-Tests mit

Tamhane-Korrektur bei inhomogenen Varianzen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 74)

konnten einen signifikanten Effekt zwischen den Nichtmeditierenden und Kurz- bzw.

Langzeitmeditierenden finden (p = ,007; bzw. p < ,001). Der Mittelwertsunterschied

zwischen den Kurz- und Langzeitmeditierenden wurde nicht signifikant (p = ,073).

Diese Befunde stützte auch der Kruskal-Wallis-Test (siehe Anhang C3.2, Tabelle 76),

bei dem die Gruppenunterschiede ebenfalls signifikant wurden (Chi (2) = 17,253; p <

,001). Die Korrelationsberechnungen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 77) ergaben

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Ergebnisse

193

folgendes Bild: die Achtsamkeitspraxis in Stunden korrelierte mit der Startle-Inhibition

signifikant negativ (r = -,415; p < ,001). Ebenso wurde hier jedoch auch hier das Alter

signifikant (r = -,367; p < ,001). Für Nichtmeditierende und Meditierende getrennt

gerechnete Alter-Inhibition Korrelationen (siehe Anhang C3.2, Tabelle 75) erbrachten,

dass dieser signifikante Effekt nur bei Probanden mit Achtsamkeitspraxis auftrat

(Nichtmeditierende: r = -,106; p = ,303; Meditierende: r = -,289; p = ,013). Die bereits

oben geführte Argumentation bezüglich dieser Befunde gilt also auch hier. Eine

abschließend gerechnete Regressionsanalyse (siehe Anhang C3.2, Tabelle 79)

bestätigte den Zusammenhang zwischen abnehmender Startle-Inhibition und

zunehmender Achtsamkeitspraxis: Es konnte ein signifikantes Modell zur Vorhersage

der Inhibitionswerte mittels der Achtsamkeitsprozentränge gebildet werden (� = -,422; t

= -4,262; R2 = ,178; p < ,001).

Abbildung 62: Startle-Modulation je Gruppe und Bildvalenz

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Ergebnisse

194

• Startle-Potenzierung:

Tabelle 27: Deskriptive Statistiken für Startle-Potenzierung

Deskriptive Statistiken

Abhängige Variable: Potenzierung

13,6226 19,69196 26

2,1959 13,47301 44

,1646 4,95621 16

5,2726 15,53553 86

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Gesamt

MittelwertStandardabweichung N

Abbildung 63: Startle-Response zu Zeitpunkten, die Potenzierung vermitteln

Auch die Stärke der Startle-Potenzierung nimmt, der Hypothese 3.2b entsprechend, im

Mittel von Gruppe 0 nach Gruppe 2 hin ab, wie Tabelle 27 und Abbildung 63 bzw.

Abbildung 64 ersichtlich machen. Auch bei der Potenzierung erbrachte die ANOVA nur

für den Faktor Gruppe einen signifikanten Effekt (F(2) = 3,830; p = ,026; siehe Anhang

C3.2, Tabelle 81). Post-Hoc-Tests (siehe Anhang C3.2, Tabelle 82) konnten diesen

signifikanten Effekt zwischen den Nichtmeditierenden und Kurz- bzw. Langzeit-

meditierenden verorten (p = ,037; bzw. p = ,007). Der Mittelwertsunterschied zwischen

den Kurz- und Langzeitmeditierenden wurde nicht signifikant (p = ,780). Der Kruskal-

Wallis-Test (siehe Anhang C3.2, Tabelle 80) bestätigte die mit der ANOVA gefundenen

Gruppenunterschiede (Chi (2) = 9,432; p = ,009). Ebenso wie mit der Inhibition

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Ergebnisse

195

korrelierte die Achtsamkeitspraxis in Stunden auch mit der Potenzierung signifikant

negativ (r = -,335; p < ,001; siehe Anhang C3.2, Tabelle 85).

Abbildung 64: Startle-Potenzierung nach Gruppen

Aufgrund der oben erläuterten Verwobenheit von Alter und Achtsamkeitspraxis fand

sich auch hier eine signifikante, im Vergleich zur Achtsamkeitspraxis jedoch wiederum

geringere Alterskorrelation (r = -,282; p = ,004). Ihre Signifikanz behielt sie nach Auf-

teilung in Nichtmeditierende und Meditierende jedoch wieder nur in der Gruppe der

Meditierenden, bei den Nichtmeditierenden drehte sich sogar die Richtung der

Korrelation (Nichtmeditierende: r = ,101; p = ,312; Meditierende: r = -,308; p = ,008;

siehe Anhang C3.2, Tabelle 84). Diese Ergebnisse befanden sich in einer Linie mit der

Regressionsrechnung (siehe Anhang C3.2, Tabelle 83) mittels der Prozentränge der

Achtsamkeitspraxis (� = -,350; t = -3,426; R2 = ,123; p = ,001).

Die Befunde zur Inhibition der Startle-Response bei positiven Bildern und

Potenzierung bei negativen Bildern zeigen das in Hypothese 3.2 erwartete Muster der

abfallenden Motivationssystemaktivierung mit zunehmender Achtsamkeitspraxis. Die

Hypothese 3.2 konnte damit bestätigt werden.

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Ergebnisse

196

4.4 Affekttoleranz

Hierzu wurde die Anwendung von Vermeidungsstrategien während des Versuchs

erfasst, sowie der durch den Versuch bedingte Abfall des allgemeinen Wohlbefindens.

4.4.1 Verwendung von Vermeidungsstrategien

Im Nachinterview (siehe Anhang A1.8) gaben die Probanden an, ob sie während des

Experiments irgendwelche Versuche unternommen hatten, die durch die Bilder

ausgelösten Emotionen zu beeinflussen („Welche Haltung haben Sie den Bildern bzw.

Ihren Gefühlen daraufhin entgegengebracht? Haben Sie irgendeine Strategien ange-

wendet?“). Wie in Abbildung 65 und Abbildung 66 gut zu erkennen, verringert sich mit

zunehmender Achtsamkeitspraxis der Einsatz von Strategien zur Emotionsvermeidung:

nur 15 % der Nichtmeditierenden gaben an, keine derartigen Strategien eingesetzt zu

haben. Bei den Kurzzeitmeditierenden waren es 57 %, und bei den Langzeitmedi-

tierenden 88 %, die keine Vermeidungsstrategien benötigten.

Abbildung 65: Einsatz von Vermeidungsstrategien

Diese Gruppenunterschiede wurden mit einem Chi-Quadrat-Test überprüft (siehe

Anhang C4.1, Tabelle 86) und als signifikant bestätigt (Chi(2) = 10,895; p = ,004)

Abbildung 66 zeigt zusätzlich, welche Strategien zur Emotionsvermeidung eingesetzt

wurden:

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Ergebnisse

197

Abbildung 66: Art der Vermeidungsstrategien (Mehrfachnennung möglich)

Diese Befunde bestätigen damit Hypothese 4a, die davon ausgeht, dass mit steigender

Meditationspraxis das Vermeidungsverhalten abnimmt.

4.4.2 Wohlbefinden vor und nach dem Versuch

Ein weiterer Bestandteil der Untersuchung war eine vor und nach dem Experiment

abgegebene Bewertung des aktuellen Befindens. Dies geschah durch das Vergeben

einer Schulnote zwischen „1 = sehr gut“ und „6 = sehr schlecht“, wobei auch halbe

Schritte (z.B. „1,5“) erlaubt waren. Hier in Tabelle 28 bzw. Abbildung 67 sind die Werte

„vorher“ und „nachher“ bzw. die Differenzen „Befinden nach dem Versuch minus

Befinden vor dem Versuch“ für die drei Gruppen getrennt dargestellt. Je größer die

Differenz, desto stärker beeinträchtigte der Versuch also die Probanden jeweils in

ihrem Wohlbefinden:

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Ergebnisse

198

Tabelle 28: Deskriptive Statistiken für Wohlbefinden

Selbsteinschätzung des subjektiven Wohlbefindens in Schulnoten

2,25 3,33 1,08

12,00 12,00 12,00

,75 ,75 ,97

2,05 2,36 ,32

22,00 22,00 22,00

,79 ,73 1,09

2,00 2,19 ,19

8,00 8,00 8,00

,93 ,65 ,53

2,10 2,61 ,51

42,00 42,00 42,00

,79 ,84 1,02

Mean

N

Std. Deviation

Mean

N

Std. Deviation

Mean

N

Std. Deviation

Mean

N

Std. Deviation

Gruppe

Nichtmeditierende

Kurzzeitmeditierende

Langzeitmeditierende

Total

vorher nachher Differenz

Dabei ergab sich folgendes Bild: Die Nichtmeditierenden bewerteten ihr Wohlbefinden

vor dem Experiment mit der Note 2,30; die Kurzzeitmeditierenden mit 2,05; die

Langzeitmeditierenden mit 2,00; diese Unterschiede wurden in einer ANOVA nicht

signifikant (siehe Anhang C4.2, Tabelle 87). Die Bewertungen nach dem Experiment

lauten bei den Nichtmeditierenden: 3,33; bei den Kurzzeitmeditierenden: 2,40; bei den

Langzeitmeditierenden: 2,19; Diese Unterschiede wurden signifikant (F(2) = 8,717; p <

,001), die drei Gruppen unterschieden sich also signifikant in ihrem Wohlbefinden nach

dem Experiment.

Abbildung 67: Differenz Wohlbefinden nachher – vorher

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Ergebnisse

199

Die Differenzwerte, die, weil bezugnehmend auf den Ausgangswert, die größte

Aussagekraft besitzen, wurden in der ANOVA zwischen den Gruppen nicht signifikant.

Aus diesem Grund gerechnete t-Tests erbrachten einen signifikanten

Mittelwertsunterschied (t(32) = 2,033; p = ,050) zwischen den Nicht- und Kurzzeit-

meditierenden (Anhang C4.2, Tabelle 88). Dieser Unterschied nahm in Richtung zu

den Langzeitmeditierenden zwar noch einmal zu, wurde aber nicht mehr signifikant.

Diese Abnahme des Wohlbefindens korreliert signifikant negativ mit der Länge der

Achtsamkeitspraxis (r = -,378; p = ,007; siehe Anhang C4.2, Tabelle 89). Auch

Hypothese 4b kann somit als belegt gelten.

4.5 Fragebögen

Levene-Tests (Anhang C4.3, Tabelle 90) belegten die ausreichende Homogenität der

Fehlervarianzen zwischen den Gruppen. Die Gruppenmittelwerte sind in Anhang C4.3

(Tabelle 93) einzusehen. Bei keinem der Fragebögen fanden sich mit der gerechneten

MANOVA statistisch signifikante Mittelwertsunterschiede zwischen den Gruppen, auch

die univariate ANOVA bestätigte diesen Befund (siehe Anhang C4.3, Tabelle 91 bzw.

Tabelle 92).

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Diskussion und Ausblick

200

5. Diskussion und Ausblick

Die vorliegende Diplomarbeit strebte an, ein besseres Verständnis der Einflüsse von

regelmäßiger Achtsamkeitspraxis auf die Emotionsverarbeitung zu erlangen. Aus-

gehend von den Implikationen buddhistischer und wissenschaftlicher Arbeiten zur

Achtsamkeit wurden vor allem in der Gefühls-, der neurophysiologischen und der moti-

vationalen Komponente mit zunehmender Praxis Veränderungen erwartet. Obgleich

das hierfür zur Anwendung gekommene IAPS-Paradigma der Emotionsinduktion nur

statische Bildreize darbietet, legt die dazu reichlich vorhandene Forschung durchaus

die Schlussfolgerung nahe, einen Transfer der Ergebnisse auf die Emotions-

verarbeitung im Alltag vornehmen zu können (Bradley, Codispoti, Cuthbert & Lang,

2001). Erfasst wurden die Emotionskomponenten mittels SAM-Rating (Gefühls-

komponente), EDA (neurophysiologische Komponente) und dem Startle-Paradigma

(motivationale Komponente). In Abschnitt 2.6 wurden die vier Fragestellungen und die

daraufhin entwickelten Hypothesen vorgestellt, die nun die abschließende Diskussion

der Ergebnisse strukturieren sollen. Ein Ausblick auf mögliche Nachfolgestudien

schließt die Arbeit ab.

5.1 Gefühlskomponente

Fragestellung 1:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf die subjektiv erlebte Gefühlskomponente

der emotionalen Reaktion?

Hypothese 1a sagte eine mit steigender Achtsamkeitspraxis zunehmende Gefühls-

intensität auf emotionale Stimuli hin voraus, die sich in signifikant ansteigenden SAM-

Intensitätsratings äußern sollte. Tatsächlich zeigten die Analysen der abgegebenen

SAM-Ratings einen gegensätzlichen Trend: Die Meditierenden bewerteten sowohl bei

positiven als auch bei negativen Stimuli ihre durch die Bilder ausgelösten Gefühle als

weniger intensiv als die Nichtmeditierenden, wobei diese deskriptiv ersichtliche

Abnahme zwischen den Gruppen nicht statistisch signifikant wurde. Zwischen den

Kurz- und Langzeitmeditierenden fand sich kein nennenswerter Unterschied. Über alle

Probanden betrachtet stellte sich dagegen ein signifikant negativer Zusammenhang

zwischen der Länge der Achtsamkeitspraxis in Stunden und der Höhe der SAM-

Intensitätsratings bei negativen Bildern heraus, so dass die Ergebnisse eher eine

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Diskussion und Ausblick

201

gegenteilige Hypothese stützen: Mit zunehmender Achtsamkeitspraxis nimmt die

selbstberichtete Intensität der erlebten Gefühle auf emotionale, vor allem auf aversive

Stimuli hin ab. Lediglich bei den neutralen Bildern erlebten die meditierenden

Probanden den SAM-Ratings nach zu urteilen zunehmend intensivere Gefühle, wobei

hier weder die Gruppenunterschiede noch die Korrelationsrechnungen signifikant

wurden.

Obwohl der Einfluss des Alters in der ANOVA statistisch nicht erkennbar war,

sind aufgrund der Altersunterschiede (das Alter nimmt von Gruppe 0 nach 2 signifikant

zu) der Gruppen Überlegungen zu möglichen Alterseffekten hinsichtlich dieser Ergeb-

nisse durchaus sinnvoll: Ein Blick in die Literatur zeigt jedoch, dass dieser wiederum

entgegengesetzt hätte ausfallen müssen. Smith, Hillman und Duley (2005) berichten

von ebenfalls mit IAPS-Bildern erzeugten Ergebnissen, die eindeutig für eine generelle

Erhöhung der Intensitätsratings mit zunehmendem Alter sprechen: „Age also

modulated SAM arousal ratings (…) such that older adults reported greater overall

ratings of arousal than younger adults“ (S. 52). Damit ist davon auszugehen, dass der

ersichtliche Abwärtstrend der SAM-Ratings bei den Meditierenden kein altersbedingtes

„Überschreiben“ eines evtl. achtsamkeitsmodulierten Aufwärtstrends darstellen sollte.

Die signifikant negative Korrelation bei den negativen Bildern legt indes einen

dämpfenden Effekt der Meditationspraxis nahe.

Lane, Fink, Chau und Dolan (1997) sowie Lange, Williams, Young et al. (2003)

argumentieren zwar, dass Selbstbeurteilungsskalen wie das SAM-Rating durch die

instruierte künstliche Aufmerksamkeitszuwendung grundsätzlich einen verfälschenden

Effekt auf die Gefühle an sich haben, Hutcherson, Goldin, Ochsner et al. (2005)

relativierten diese Befunde jedoch in jüngster Zeit. Solche Argumente sind, da sie alle

Probanden gleichermaßen betreffen, für diesen Fall ohnehin von geringer Relevanz.

Die Betrachtung des hier verwendeten experimentellen Designs wirft jedoch die Frage

auf, ob der lange Zeitraum zwischen Bilddarbietung und SAM-Rating am Zustande-

kommen der Ergebnisse beteiligt gewesen sein könnte: Die Probanden könnten intuitiv

im Moment des SAM-Ratings eher die dann noch vorhandenen Gefühle bewerten,

anstatt sich aktiv und ressourcenfordernd 10 - 14 Sekunden zurück zu erinnern, bzw.

nicht im Stande sein, diese Erinnerung zu leisten, und daher einen auf dem gegen-

wärtigen Restgefühl basierenden Schätzwert abgeben. Sollte dies zutreffen, würde im

Falle eines schnelleren Gefühlsabfalls bei den Meditierenden das gefundene Ergebnis

erklärbar sein: „However, because subtle shifts in feeling may be very brief and

memory for them short-lived, retrospective reports may be misleading“ (Nielsen &

Kaszniak, 2006). Diese Aussage treffen die Autoren vor dem Hintergrund eines

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Diskussion und Ausblick

202

4-sekündigen Abstandes zwischen Bild und SAM-Rating. Des Weiteren trug die

graphische Ausgestaltung der SAM-Intensitäts-Piktogramme möglicherweise in einer

verzerrenden Weise zum Zustandekommen der Ergebnisse bei: Wie in Abbildung 25

zu erkennen ist, erscheinen die Piktogramme mit zunehmender Intensität immer mehr

einen Tobsüchtigen zu symbolisieren. Die Meditierenden, deren Praxis solche Reak-

tionsweisen auf Gefühle hin durchweg negativ bewertet, mögen davon unterschwellig

in dem Sinne beeinflusst worden sein, dass sie, um interne (Selbstbild-) Dissonanzen

zu minimieren, die hohen Ausprägungen eher mieden, obgleich sie intensive innere

Empfindungen erlebten – das SAM-Rating aber eher als Abbild der Reaktion auf die

Empfindungen verstanden. Die Probanden wurden zwar ausdrücklich darauf hinge-

wiesen, dass die Piktogramme unglücklich gewählt seien, um die „Intensität“ eines

Gefühls darzustellen, und dass sie damit nichts Negatives konnotieren sollten.

Gänzlich auszuschließen ist ein derartiger Einfluss jedoch wahrscheinlich nicht.

Im Zuge der Diskussion der Ergebnisse zu Hypothese 1b wird für die gefun-

denen SAM-Intensitätsratings jedoch eine alternative Erklärung angeboten, die nach

Meinung des Verfassers alle Befunde zur Gefühlskomponente am besten integriert.

Hypothese 1b sagte für das Nachinterview voraus, dass sich hier von Gruppe 1 zu 2

mehr Probanden finden sollten, die angeben, dass sich im Laufe der Meditationspraxis

die Gefühle intensiviert hätten, als Probanden, die von einer Abschwächung der

Intensität berichten. Hier bestätigte sich die Vermutung insofern, als dass zum einen

kein Proband von einer Abschwächung berichtete, und zum anderen der Anteil an

Gruppenteilnehmern, die von einer „starken Erhöhung“ (vs. „hat sich etwas erhöht“)

sprachen, von Gruppe 1 nach 2 zunahm. Das Ergebnis des Nachinterviews steht nun

aber damit in völligem Gegensatz zu den Daten der SAM-Intensitätsratings.

Es besteht, nach der Sichtung der kürzlich publizierten Arbeit von Nielsen und

Kaszniak (2006), der Verdacht, dass die Ergebnisse vor allem durch einen wider-

sprüchlichen und fehlerhaften Gebrauch der Begrifflichkeiten von Seiten des Ver-

fassers bedingt wurden: Nielsen und Kaszniak (2006) stellen heraus, dass es strikt zu

trennen gilt zwischen den Konstrukten „Intensität des Gefühls“, „Absorption durch das

Gefühl“ und „emotionales Gewahrsein (awareness) bzw. Klarheit (clarity) des Gefühls-

erlebens“. Die Fragestellung ist also explizit auf eines dieser Konstrukte auszurichten,

da ansonsten eine Verwirrung und Vermengung von Aussagen entsteht, die

widersprüchlichen Inhalts sein werden: Die Form, in der die Frage den Meditierenden

konkret gestellt wurde, mag ihnen jedoch zuviel Interpretationsspielraum offen

gelassen haben, so dass sie sich selbst (intuitiv) für eines der oben genannten

Konstrukte entscheiden mussten: Aussagen wie „die Intensität meines Gefühlserlebens

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Diskussion und Ausblick

203

hat sich stark gesteigert, ich nehme meine Gefühle viel deutlicher wahr, sie sind

facettenreicher, klarer und lebendiger geworden (…)“, wie sie größtenteils von den

Probanden getroffen wurden, gingen in die Auswertung der Ergebnisse ein als

„Gefühlsintensität hat sich stark erhöht“. Damit liegt nahe, dass der Befragende ein

anderes Konstrukt operationalisieren wollte, als die Befragten dekodierten: Abgefragt

werden sollte „die Intensität der Gefühle“, geantwortet wurde jedoch mit Aussagen über

das „emotionale Gewahrsein und die Klarheit der Gefühle“ (siehe Nielsen & Kaszniak,

2006). Bei der nachträglichen Betrachtung der Hypothese 1a fiel dem Verfasser auf,

dass ihm bei deren Erstellung diese Differenzierungen selbst nicht gänzlich präsent

waren. Es ist somit wahrscheinlich, dass die gefundenen SAM-Intensitätsratings darauf

zurück zu führen sind, dass die Achtsamkeitspraxis die Intensität der Gefühls-

reaktionen bei emotional valenten Stimuli eher leicht absinken lässt, dass durch

zunehmende Klarheit der Gefühlswahrnehmung und steigendes Gewahrsein diese

Gefühle jedoch intensiver, bewusster, klarer und facettenreicher erlebt werden. Ob es

bei diesem vermuteten Ineinandergreifen von Einflüssen sinnvoll oder möglich ist, die

erlebte „Netto-Gefühlsintensität“ zwischen den Gruppen zu hinterfragen, sei

dahingestellt.

Nielsen und Kaszniak (2006) untermauern diesen Erklärungsversuch, indem sie

schreiben: „Meditators rated themselves higher than controls in emotional clarity – the

ability to accurately discriminate among and label one’s feeling states – and length of

meditation practice was positively correlated with clarity score” (S. 402). Diese

steigende emotionale Klarheit schien auch in deren Studie entkoppelt zu sein von der

Stärke der über SAM-Skalen selbstberichteten emotionalen Intensität („arousal”): „In

summary, lower physiological and experienced arousal was associated with higher

clarity in meditators in both the masked and nonmasked conditions” (S. 403). Eine

längere Interview-Passage von Rolf Fischer, einem Versuchsteilnehmer und

erfahrenen Vipassana-Lehrer, liefert dazu einige hilfreiche Überlegungen: „Der Grund

für unangemessene, also relativ überzogene Reaktionen auf Ereignisse in unserem

Leben ist, dass Altes, Vergessenes aber in jedem Fall Unverarbeitetes in das aktuelle

Erleben miteinbezogen wird. Vipassana bringt nun mit sich, dass altes Erleben

während der Meditation ins Bewusstsein steigt, und, weil der Meditierende geübt ist,

Beobachter zu bleiben, verarbeitet wird. All die verarbeiteten Gefühle werden nun, bei

neuen Erlebnissen, nicht mehr mitaktiviert. Das Erleben ist intensiv – die emotionale

Reaktion aber nur noch eine dem aktuellen Ereignis angemessene“ (siehe dazu auch

Hart, 1996). Die Ergebnisse scheinen im übertragenen Sinn darauf hin zu deuten, dass

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Diskussion und Ausblick

204

die Meditierenden mit zunehmender Praxisdauer sozusagen „die Musik immer leiser

stellen, da ihr Gehör immer schärfer wird“.

Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die SAM-Intensitätsratings

bei neutralen Bildern von Gruppe 0 zu 2 hin tendenziell (jedoch nicht signifikant)

zunehmen. Dazu wurden im Vorfeld der Studie keine Vorhersagen getroffen –

Aussagen der Probanden deuten jedoch darauf hin, dass sie mit zunehmender

Meditationspraxis in ehemals neutralen Reizen etwas Ästhetisches, Schönes,

Besonderes bzw. Bemerkenswertes wahrnehmen, was u.U. auch mit der steigenden

Gefühlsklarheit erklärt werden könnte, die selbst kleinste Nuancen erfasst.

Die ebenfalls miterhobenen SAM-Valenzratings erbrachten drei Befunde: Zum

einen werden mit zunehmender Achtsamkeitspraxis die auf negative Stimuli hin

erlebten Gefühle als zunehmend weniger unangenehm beurteilt. Dies mag zum einen

daran liegen, dass sie „objektiv“ weniger unangenehm sind (da, wie oben im Zitat aus-

geführt, jeweils zunehmend weniger unverarbeitete Gefühle das aktuelle Geschehen

„mit anheizen“). Zum anderen spielt hier evtl. auch der in 2.1 beschriebene Effekt mit

hinein, dass (selbst unangenehme) erlebte Gefühle aufgrund der Einsicht in deren

wahre Natur als weniger bedrohlich erlebt und eingestuft werden (Shapiro et al.,

2006). Auch hier spielt also möglicherweise eine multikausale Verursachung eine

Rolle. Die Alterskorrelation bei der Bewertung neutraler Bilder, die mit steigendem Alter

zunehmend angenehmer eingestuft werden, mag wohl vor allem darin begründet sein,

dass die Belastung durch den Versuch die Probanden mit zunehmendem Alter stärker

beeinträchtigte, und sie daher die neutralen Versuchstrials als Erholung erlebten,

während jüngere Probanden teilweise berichteten, von den langen Wartezeiten und

neutralen Bildern „genervt zu sein“ (siehe dazu auch Smith, Hillman und Duley, 2005).

Der dritte Befund betrifft die erhaltene negative Korrelation von zunehmender

Achtsamkeitspraxis und abnehmender Valenz-Bewertung der Gefühle bei positiven

Bildern, die darauf schließen lässt, dass mit fortschreitender Meditationspraxis die

während des Versuchs erlebten Gefühle auf positive Bilder als zunehmend weniger

angenehm beurteilt werden. Es lassen sich hierfür mindestens zwei mögliche Gründe

vermuten: Entweder die Achtsamkeitspraxis führt im Zuge der abnehmenden An-

haftung und Gier tatsächlich zu als weniger angenehm erlebten Gefühlen bei positiven

Reizen, oder die Meditierenden nehmen die in diese Kategorie eingeordneten Reize

(größtenteils provozierende erotische Aufnahmen des anderen Geschlechts) nicht

mehr so sehr als positiv wahr, was zu entsprechend weniger angenehmen Gefühlen

führen würde. Dafür gäbe es wiederum die Erklärung, dass die Meditierenden ihr

aufgrund der unvermuteten Häufung von erotischen Darstellungen erwecktes sexuelles

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Diskussion und Ausblick

205

Verlangen (aus deren Sicht evtl. als unheilsame Begierde bzw. Anhaftung klassifiziert)

als unangenehm beurteilten, da sie solche Geisteszustände als geistige Hemmnisse

(siehe 3.2.1) einstuften. Da es sich hierbei jedoch um Spekulationen handelt, muss

diese Frage im Moment leider unbeantwortet bleiben.

Diese Ausführungen überblickend, bleibt als Fazit die Einsicht in die ungenaue

Fundierung und Formulierung der Hypothese 1, für die es auch in der unter 2.1 und 2.2

analysierten Literatur in ihrer ursprünglichen Form keinen Anhaltspunkt gibt: Achtsam-

keitspraxis erhöht wohl nicht die Intensität der Gefühlsreaktion, sondern senkt sie im

Laufe der Praxis eher etwas ab, was möglicherweise zu einem großen Teil an der oben

beschriebenen Dekonditionierung liegt, die dazu führt, dass immer weniger alte und

unverarbeitete Anteile in der aktuellen emotionalen Episode mitschwingen. Erhöht wird

vielmehr die Sensibilität, die Wahrnehmungsschärfe und -intensität, so dass die

generierten Gefühle zunehmend deutlicher, bewusster, klarer, differenzierter und un-

mittelbarer erlebt werden. Somit mag im Laufe der Praxis das Gefühlsleben als

zunehmend intensiver, reichhaltiger und facettenreicher beschrieben werden, obwohl

die Intensität der Gefühlsreaktion aufgrund der Gelassenheit eher leicht abnimmt – was

vermutlich bedeutet, dass sie sich auf ihre ursprünglich angemessene Intensität

einpendelt.

5.2 Zeitverlauf der emotionalen Reaktion

Fragestellung 2:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf den zeitlichen Verlauf der emotionalen

Reaktion?

Hypothese 2a bezog sich auf die neurophysiologische Komponente der Emotions-

verarbeitung und postulierte ein mit zunehmender Achtsamkeitspraxis beschleunigtes

Einsetzen, Ansteigen und Abfallen der Reaktion auf emotional valente Reize hin. Das

schnellere Einsetzen und Ansteigen wird begründet mit der zunehmenden Offenheit,

Wachheit und Verarbeitungsintensität und -tiefe, die durch das Üben von Achtsamkeit

kultiviert wird (Bishop et al., 2004; siehe 2.2.6). Da die Meditierenden die aufgenomme-

nen Informationen schneller, tiefer, umfassender und realitätskonformer verarbeiten

(Bishop et al., 2004), und durch ihre geschärfte Wahrnehmungsfähigkeit vor allem

auch die subtilen Veränderungen der interozeptiven Prozesse besser und schneller

erfassen sollten (Cayoun, 2005; Nielsen & Kaszniak, 2006; siehe 2.2.6 und 2.4.3) wird

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Diskussion und Ausblick

206

eine darauf basierende emotionale Reaktion schneller einsetzen, als bei Menschen,

die weniger bewusst bzw. aufmerksam sind, und mehr Aspekte der Realität vermeiden

bzw. abwehren müssen.

Die Begründungen für den erwarteten schnelleren Abfall der ausgelösten

Reaktion (siehe z.B. Hayes & Feldman, 2004) wurde unter 2.1 und 2.2.6 ausführlich

diskutiert. Goleman (2005) berichtet über eine der „Mind and Life“ Konferenzen dem

gemäß: „Das heißt aber nicht, meinte Paul (Ekman, Anm. d. Verfassers), dass der

Dalai Lama nicht auch Trauer und damit verwandte Gefühle empfindet. Er scheint

sogar ausgesprochen empfänglich für das Leid anderer zu sein, und die Qual, die ihr

Schmerz ihm bereitet, zeigt sich, jedenfalls einen Moment lang, unverhüllt in seinem

Gesicht. Paul fiel aber auch auf, wie rasch er sich von bedrückenden Emotionen

erholte (...)“ (S. 200). Die Messergebnisse der EDA als Teil der neurophysiologischen

Reaktionskomponente, die im Zuge sympathischer Aktivierung vor allem als Vorbe-

reitung auf eine Kampf- oder Fluchtreaktion aufgebaut wird, bestätigen durchgehend

die aufgestellten Vermutungen. Sowohl über die Gruppenaufteilung als auch korrelativ-

regressionsanalytisch gerechnet zeigt sich mit zunehmender Achtsamkeitspraxis eine

Beschleunigung in allen drei Aspekten (geringere Latenz, Anstiegszeit und Halbwerts-

zeit) des Reaktionsverlaufes. Die Achtsamkeitspraxis nimmt folglich mit fortschreiten-

der Übungsdauer Einfluss auf autonome Anteile der emotionalen Reaktion, wie in 2.2.6

und 2.4.3 expliziert wurde.

Hypothese 2b sagte für die motivationale Komponente, gemessen über das

Startle-Paradigma, ebenfalls einen beschleunigenden Einfluss der Achtsamkeitspraxis

voraus. Es wird mit oben (zu Hypothese 2a) geführter Argumentation angenommen,

dass mit fortschreitender Achtsamkeitspraxis die jeweilige Motivationssystem-

Aktivierung schneller eintritt (d.h. zu einem früheren Startle-Zeitpunkt eine Poten-

zierung bzw. Inhibition erkennbar wird), schneller das Modulationsmaximum erreicht

wird, und diese motivationsbedingte Startle-Modulation auch schneller (also an einem

früheren Startle-Zeitpunkt) wieder abgeklungen ist. Die Befunde von Jackson et al.

(2003) und Larson und Davidson (2001) sowie von Davidson et al. (2003) legen, wie in

2.2.6 und 2.2.7 gezeigt wurde, nahe, dass Achtsamkeitspraxis über die Verschiebung

der frontal-kortikalen Aktivierungsasymmetrie, insbesondere bei aversiven Reizen,

bezogen auf Kontrollpersonen einen größeren und schnelleren Abfall der Startle-

Potenzierung nach Ende der Reizdarbietung vermittelt.

Aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren, welche die jeweilige Startle-

Response zu den einzelnen Zeitpunkten moderieren (siehe Bradley, Codispoti & Lang,

2006; und 2.5.1) wird zunächst versucht, das Zustandekommen der Ergebnisse mithilfe

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Diskussion und Ausblick

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der neuesten Veröffentlichung der oben genannten Autoren zu deuten, worauf an-

schließend die Diskussion der statistischen Auswertung folgt: Eine Betrachtung der

Zeitverläufe der Startle-Response bei den unterschiedlichen Bildvalenzen (Abbildung

53 in Kapitel 4.2.2 und Abbildung 62 in Kapitel 4.3.2) bestätigt für die Kontroll-

probanden viele Befunde der bisherigen Startle-Forschung (Bradley, Codispoti & Lang,

2006):

Zum Zeitpunkt 1,5 s zeigt sich bei den emotional valenten im Vergleich zu den

neutralen Bildern die unter 2.5.1 beschriebene Inhibition der Response (Startle-Effekt

vom „Typ c“) aufgrund der durch den emotionalen Gehalt motivierten erhöhten Auf-

merksamkeitszuwendung. Bereits diese Effekte fallen bei den Meditierenden uner-

kennbar aus, was dahingehend interpretiert werden kann, dass sie initial sowohl

neutralen als auch emotionalen Reizen ein ähnliches Maß an Aufmerksamkeit

entgegenbringen (ein Ziel der Achtsamkeitspraxis, siehe 2.1 und 2.2.6). Bei den

Nichtmeditierenden ist jedoch anzunehmen, dass bei den positiven Bildern aufgrund

der abnehmenden Inhibition zum nächsten Zeitpunkt (4,5 s) bereits beim ersten

Zeitpunkt Effekte der Motivationssystemaktivierung mit in den Netto-Wert der Startle-

Response eingegangen waren (Startle-Effekte vom „Typ d“, die bereits ab 500 ms zum

Tragen kommen können, siehe 2.5.1). Würden sie, wie das bei den Kurzzeit-

meditierenden der Fall ist, erst zum Zeitpunkt 4,5 s zu der anfänglichen aufmerksam-

keitsvermittelten Inhibition dazu stoßen, müsste sich bei 4,5 s die Netto-Startle-

Response vermindern, was bei den Nichtmeditierenden aber nicht der Fall ist. Der

erste Befund ist also ein schnelleres Einsetzen der Inhibition bei der Kontrollgruppe,

was den Vorhersagen der Hypothese 2b widerspricht. Bei den Kurzzeitmeditierenden

sieht man dagegen deutlich, dass zum Zeitpunkt 4,5 s die Netto-Startle-Höhe abnimmt,

was durch eben diesen zusätzlichen Motivations-Effekt erklärbar wird, der damit bei

ihnen später einsetzt. Ein Blick auf Abbildung 56 in Abschnitt 4.2.2 zeigt zwar, dass

auch bei den Kurzzeitmeditierenden die Inhibition bereits bei 1,5 s einsetzt; da in

Abbildung 62 jedoch einsehbar wird, dass diese Inhibition dort (nicht wie bei den

Kontrollprobanden) für alle Valenzen nahezu gleichermaßen eintritt und bei 4,5 s

zunimmt, ist sie nach Ansicht des Verfassers eher nicht als motivationsbedingt einzu-

stufen. Abbildung 56 spiegelt gut wider, dass die Nichtmeditierenden schneller ihr

Maximum erreichen (1,5 s), die Kurzzeitmeditierenden erst bei 4,5 s, dass aber beide

Gruppen die Inhibition bis zum nächsten Zeitpunkt (6,5 s) wieder abgebaut haben,

wobei die Nichtmeditierenden hier einen größeren Abbau leisteten als die

Kurzzeitmeditierenden, da sie bei 6,5 s bereits im negativen Bereich des Inhibitions-

maßes angelangt sind, während sich bei den Kurzzeitmeditierenden noch eine geringe

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Diskussion und Ausblick

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(vernachlässigbare) Rest-Inhibition zeigt. Die Langzeitmeditierenden zeigten keine

messbare Inhibition.

Zum Zeitpunkt 4,5 s bewirkt nun bei negativen Bildern die zunehmende Motiva-

tionssystemaktivierung erstmalig eine ersichtliche Potenzierung der Startle-Response,

indem sie die weiter bestehende aufmerksamkeitsbedingte Inhibition an Stärke

übertrifft (siehe Abbildung 55 in Kapitel 4.2.2). Diese Potenzierung sollte bei den

Nichtmeditierenden indes bereits bei 1,5 s angesprungen sein, da dort die aufmerk-

samkeitsbedingte Inhibition bei negativen Bildern geringer ausfiel als bei den positiven,

und nicht davon auszugehen ist, dass negative Bilder weniger Aufmerksam-

keitszuwendung evozieren, dies also an der dazukommenden Motivationsmodulation

liegen wird. Die Potenzierung erreicht bei den Nichtmeditierenden bereits zum

Zeitpunkt 6,5 s ihren Höhepunkt, während dies bei den Kurzzeitmeditierenden erst bei

7,5 s der Fall ist. Zum Zeitpunkt 8,5 s haben beide Gruppen die Potenzierung komplett

abgebaut. Es zeigt sich nur noch zu den späten Zeitpunkten (13 s bzw. 15 s) marginale

Potenzierung, welche entweder die absinkende Aufmerksamkeitszuwendung zum

visuellen Sinneskanal und / oder die steigende Aufmerksamkeitszuwendung zum

auditiven Sinneskanal, da der Schreckreiz immer noch erwartet wird, und / oder die

Erwartungsangst, dass der Schreckreiz unmittelbar bevorstehe, und die dadurch

erneut angehobene Aktivierung des Defensiv-Motivationssystems, widerspiegelt. Nach

Ochsner und Gross (2005) kann die Antizipation von aversiven (Schreck, Schock) Er-

eignissen die Aktivität in Cingulum, Insula und Amygdala erhöhen, Areale, die einen

potenzierenden Einfluss auf die Startle-Response vermitteln. Bei den Langzeit-

meditierenden sind aufgrund der minimalen Höhe der Startle-Response die metrischen

Unterschiede zwischen den Valenzbedingungen nicht im Sinne eine Modulation

interpretierbar. Deskriptiv setzt also entgegen der Hypothese 2b die Modulation bei den

Nichtmeditierenden am schnellsten ein, erreicht am schnellsten ihren Höhepunkt, und

wird mindestens ebenso schnell wie bei den Kurzzeitmeditierenden abgebaut.

Die statistische Auswertung verglich, dem in der Literatur üblichen Vorgehen

(siehe 4.2.2) folgend, die gemittelten Inhibitions- und Potenzierungswerte aller

Responses während der Bilddarbietung mit denen aller Responses nach Bild-

darbietung. Bei der Potenzierung wurde der Gruppenunterschied (die Kurzzeit-

meditierenden wiesen eine Differenz während-nachher von 11,51 %, die Nicht-

meditierenden von 2,42 % auf) dieser Differenzwerte nicht signifikant. Der Gruppen-

unterschied der Inhibition war gänzlich uninterpretierbar, da sich bei keiner Gruppe

nach Bilddarbietung noch Inhibition zeigte. Die Differenz bei der Potenzierung ist bei

genauer Betrachtung ebenfalls ein schlechter Indikator für den Abbau über die Zeit, da

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Diskussion und Ausblick

209

bei den Nichtmeditierenden die massiv negative Potenzierung zum Zeitpunkt 1,5 s in

den Wert des Potenzierungsindex „während Bilddarbietung“ dämpfend miteingeht, und

dadurch den während-nachher Unterschied verwischt. Auch zeigt, wie bereits erwähnt,

eine Betrachtung des Potenzierungsverlaufes, dass bei Nicht- und Kurzzeit-

meditierenden die Potenzierung bereits bei 8,5 s komplett abgebaut ist, sich über einen

naturgemäß grob auflösenden während-nachher Index diese Tatsache nicht erfassen

lässt – und dass evtl. gefundene Gruppenunterschiede daher im Grunde nicht

belastbar als Indiz für einen verzögerten oder beschleunigten Abbau der Motivations-

systemaktivität angeführt werden können.

Diese Vielzahl von Befunden und Überlegungen lassen sich zusammenfassend

nur so interpretieren, dass sowohl varianzanalytisch als auch deskriptiv die Hypothese

2b zurückgewiesen werden muss. Tatsächlich legen die Daten eher nahe, dass bei

den Nichtmeditierenden die Aktivierung der jeweiligen emotionalen Motivationssysteme

(tendenziell) schneller einsetzt, (tendenziell) schneller ihren Höhepunkt erreicht, und

mindestens ebenso schnell wieder abfällt, wie bei den Kurzzeitmeditierenden, wobei

die Langzeitmeditierenden aufgrund ihrer fehlenden Modulation dem Vergleich ent-

zogen waren.

Es ist zu vermuten, dass aufgrund der bereits in der Forschungsliteratur

berichteten, im Vergleich zu während der Bilddarbietung fehlenden bzw. abnehmenden

Startle-Modulation nach Bildende (Dichter, Tomarken, Baucom, 2002), die Intensität

der visuellen Stimuli nicht ausreicht, um (vor allem bei den Meditierenden) eine

Modulation zu erzeugen, die für eine Analyse des Zeitverlaufs über mehr als 6-7

Sekunden notwendig ist. Die Startle-Modulation scheint sich für eine Analyse des

Zeitverlaufes der emotionalen Reaktion aufgrund dessen weniger gut zu eignen.

Zumindest bietet ein Vorgehen mit dergestalt vielen Startle-Zeitpunkten, wie es in

dieser Diplomarbeit gewählt wurde, keinen entscheidenden Vorteil bei der Auswertung

der Modulation gegenüber den Studien, die lediglich zu je einem Zeitpunkt während

und nach Bilddarbietung maßen (Jackson et al., 2003). Eher interpretierbar erscheint

daher das Baseline-Startle-Niveau, sowie diejenigen Prozesse, die durch

Aufmerksamkeitszuwendung moduliert werden, als auch ein Gruppenvergleich der

motivationssystembasierten Modulation während bzw. unmittelbar nach der Bilddar-

bietung, wo die Modulation eindeutig nachweisbar ist (siehe 4.3.2). Ebenfalls nachteilig

ist die grobe zeitliche Auflösung des Paradigmas, weswegen hier keine endgültige

Aussage über den genauen Verlauf der Motivationssystemaktivierung möglich

erscheint.

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Diskussion und Ausblick

210

Erklärungsbedürftig bleibt die gefundene, hypothesenkonträre Verlangsamung

des Zeitverlaufs des motivationalen Reflex-Primings durch Achtsamkeit, zumal sie den

Ergebnissen der elektrodermalen Aktivität zu widersprechen scheint.

5.3 Reaktionsintensität

Fragestellung 3:

Welchen Einfluss hat Achtsamkeitspraxis auf die Intensität der neurophysiologischen

und motivationalen Komponente der emotionalen Reaktion?

Hypothese 3.1 geht davon aus, dass mit zunehmender Achtsamkeitspraxis die

gemessene Reaktionsintensität der (neurophysiologischen) Versorgungskomponente

der emotionalen Reaktion abnimmt. Die Stärke dieser Komponente ist (wie die Startle-

Response ebenfalls) mit der Höhe der jeweiligen Motivationssystemsaktivität verwoben

(siehe 2.5 und 2.5.2), und die durch Achtsamkeitspraxis geförderte Umwandlung von

sympathisch vermittelter Kampf- / oder Fluchtreaktivität bzw. Defensiv- / Appetitiv-

Motivation in eher parasympathisch bedingte Orientierungsreaktionen sollte die

Intensität der elektrodermalen Aktivität als neurophysiologischen Indikator zunehmend

auf ein moderates Niveau absenken (siehe 2.2.6 , 2.3.4 und 2.4.1 ). Dabei bietet die

EDA mit dem Maximum der ersten Reaktion und der Summe aller Reaktionen pro Trial

zwei Intensitätsindices, die es ermöglichen, sowohl die initiale Reaktionsintensität als

auch das gesamte Ausmaß elektrodermaler Aktivität, das sich an die initiale Reaktion

anschließt, und die Reaktivität im Sinne eines (evtl. durch negative appraisals ver-

mittelten) Aufschaukelungsprozesses anschwellen lassen kann, zu erfassen.

Die Ergebnisse in Abschnitt 4.3.1 bestätigten die Annahmen der Hypothese 3.1,

zeigen dabei aber, dass bei Kurzzeitmeditierenden die initiale Reaktion der neuro-

physiologischen Komponente auf negative Reize im Mittel nahezu ebenso intensiv

ausfällt, wie bei den Nichtmeditierenden, wohingegen sie bei den Langzeitmeditieren-

den im Vergleich deutlich abgefallen ist. Bei der Summe der EDA-Aktivität findet sich

diese Nähe zwischen Nicht- und Kurzzeitmeditierenden nicht mehr, was im Zu-

sammenhang mit aversiven Stimuli darauf hindeutet, dass die Effekte der Meditations-

praxis hier zunächst über einen Abbau von nachgeschalteter Reaktivität wirken. Eine

solche, der initialen Response folgende Reaktivität, wird z.B. bewirkt durch Vermei-

dungsverhalten, Aversion, Katastrophisieren oder eskalierende appraisals (siehe

2.3.3), Prozesse die sämtlich durch Achtsamkeitspraxis reduziert werden sollten

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Diskussion und Ausblick

211

(2.2.6). Offensichtlich greifen Im Laufe der Praxis die Effekte dann auch auf die

Intensität der initialen Reaktion über. Dies geschieht vermutlich unter dem Einfluss von

Dekonditionierungsprozessen, wie sie in Kapitel 5.1 im Hinblick auf den Abbau der Mit-

Aktivierung früherer, unverarbeiteter Affekte, erläutert wurden, und führt hier zu einem

Abfall der initialen EDA-Intensität.

Diese Befunde replizieren damit die Ergebnisse von Nielsen und Kaszniak

(2006), die ebenfalls unter Verwendung eines IAPS-Designs einen signifikanten

Zusammenhang zwischen Praxisdauer, selbstberichteter Klarheit des Gefühlserlebens

und Abfall der elektrodermalen Aktivität auf maskierte und nicht-maskierte Bilddar-

bietungen hin fanden.

Im Hinblick auf die nicht signifikant gewordenen Gruppenunterschiede bei der

Intensität der Gefühlskomponente liegt hier also tatsächlich ein Fall von Komponenten-

Dissoziation vor.

Hypothese 3.2 behandelte die neben dem Zeitverlauf der Startle-Response

verbleibenden Aspekte der generellen Höhe des Startle-Niveaus und der Intensität der

der Modulation. Zur Erfassung dieser Intensität wurden hier nur die Zeitpunkte

betrachtet (und deren Modulationswerte aggregiert), die auch wirklich ersichtliche

Modulation vermittelten, um die Effekte nicht durch gegenläufige Werte an den übrigen

Zeitpunkten herauszumitteln. Das Baseline-Niveau der Startle-Response wurde von

einigen Forschern in Zusammenhang gebracht mit dem Niveau der generellen

Schreckhaftigkeit bzw. Reaktivität auf aversive Stimuli, so dass zunehmende Startle-

Amplituden hier für eine Hyper-Reaktivität sprechen (Cook et al., 1991; Jennings,

2003). Die Befunde zeigen, dass das Ausmaß verschiedener negativer Grundzustände

(sowohl im Sinne von eher überdauernden Persönlichkeitseigenschaften als auch

zeitweiser Zustände), vor allem Ängstlichkeit aber auch Gereiztheit bzw. Wut, positiv

mit der Höhe der Response auf den Schreckreiz an sich (also bereits ohne parallele

Darbietung emotionaler Stimuli) korreliert. Jennings (2003) dazu: „Highly fearful or

apprehensive individuals as well those diagnosed with various anxiety disorders may

be particularly vigilant and reactive when presented with novel or unusual situations

that trigger fear or anxiety” (S. 17). Diese Personen zeigen also bereits auf den

aversiven Schreckreiz selbst erhöhte Reaktivität im Vergleich zu eher gesunden bzw.

weniger ängstlichen und ausgeglichenen Menschen. Bradley, Codispoti und Lang

(2006) stellten daneben die über alle Startle-Zeitpunkte durchgängig dämpfende Eigen-

schaft von erhöhter Aufmerksamkeitszuwendung heraus, die das Startle-Niveau eben-

falls absenken kann. Hypothese 3.2a erwartete daher ein mit zunehmender Achtsam-

keitspraxis sinkendes Startle-Niveau.

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Diskussion und Ausblick

212

Die Bedeutung der Intensität der Startle-Modulation während emotional valenter

Stimuli wurde in Kapitel 2.5.1 ausführlich besprochen. Es wurde in Hypothese 3.2b

eine mit zunehmender Achtsamkeitspraxis sinkende Intensität der Startle-Modulation

vorhergesagt, da angenommen wurde, dass die Meditierenden im Laufe ihrer Praxis

immer mehr erlernen, auf ihr emotionales Erleben nicht mit Anhaftung oder Aversion zu

reagieren. Die durch die Modulationshöhe abgebildete Aktivierung der emotionalen

Motivationssysteme „approach“ und „avoidance“ sollte daher abnehmen.

Die Ergebnisse (4.3.2) bestätigten durchgängig die Vermutungen der Hypo-

these 3.2. Mit zunehmender Praxis sinkt sowohl das generelle Startle-Niveau, als auch

die Intensität der Modulationsparameter ab, die Langzeitmeditierenden präsentieren

hier eine beeindruckende Abwesenheit von jeglicher Modulation und ein auffallend

niedriges Reaktionsniveau. Die bei diesen Auswertungen gefundenen Alterseffekte

wurden bereits in Kapitel 4.3.2 bewertet: Da bei den untersuchten (meditations-

erfahrenen) Probanden das Alter und die Praxisdauer stark korrelieren, ist eine Ver-

mengung der Effekte dieser beiden Parameter in diesem Fall nicht zu vermeiden. Die

gefundene signifikante Alterskorrelation wurde jedoch, wie berichtet, für die Gruppe der

Nichtmeditierenden alleine gerechnet nicht mehr signifikant, bzw. drehte sich um. Es

kann daher angenommen werden, dass dieser Effekt durch die Anbindung des Alters

an die Meditationspraxis zustande gekommen ist. Der erwartete Alterseffekt auf die

Intensität der Startle-Response ist der Forschungsliteratur zufolge ohnehin ein der

Meditationspraxis gegenläufiger, so dass das von Gruppe 0 nach 2 zunehmende Alter

die achtsamkeitsvermittelten Effekte eher hätte abschwächen müssen: Smith, Hillman

und Duley (2005) berichten von einer Zunahme der Intensität der Startle-Response mit

ansteigendem Alter. „The startle-blink reflex revealed that older adults exhibited

increased startle-blink magnitude compared with younger adults“ (S. 49).

Abbildung 68: Gruppenunterschiede der Startle-Response nach Alter

Abbildung 68, die alle drei Gruppen jeweils über den Median in junge und alte

Teilnehmer aufsplittet, bildet eben diesen Effekt in der untersuchten Stichprobe von

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Diskussion und Ausblick

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Nichtmeditierenden ab (links im Bild). Bei den Kurz- und Langzeitmeditierenden zeigen

sich entgegengesetzte Platzierungen der beiden Altergruppen, die über die Effekte der

Achtsamkeitspraxis erklärt werden.

Zusammenfassend zeigten sich somit deutlich die erwarteten Effekte der

Achtsamkeitspraxis auf die Aktivierung der „approach“ und „avoidance“ Motivations-

systeme. Achtsamkeitspraxis ist damit in der Lage, die Funktionsweise der evolutionär

entstandenen emotionalen Motivationssysteme systematisch zu verändern. Die Rich-

tung dieser Veränderung entspricht dem Ziel der Abnahme von Anhaftung bzw.

Aversion auf die erlebten Erfahrungen hin, wie es von buddhistischer Seite in Kapitel

2.1 und von wissenschaftlicher Seite in Kapitel 2.2.6 postuliert wird.

Bei der Betrachtung der Gruppenunterschiede der Modulationsintensitäten ist

es interessant, zu sehen, dass das Ausmaß der Potenzierung schneller durch die

Meditationspraxis abgesenkt wird, als das der Inhibition (siehe Abbildung 60 bzw.

Abbildung 61 und Abbildung 63 bzw. Abbildung 64 in Kapitel 4.3.2). Die Motivations-

systemaktivierung ist also im Hinblick auf die evolutionär entstandene massive

Relevanz erotischer Reize durch Achtsamkeitspraxis anscheinend schwerer zu

beeinflussen, als dies bei aversiven Stimuli möglich ist. Dies stellt nach Meinung des

Verfassers eine Unterstützung der Argumentation in Kapitel 5.1 dar, die vermutete,

dass die Kurzzeitmeditierenden auf die positiven (größtenteils erotischen) Stimuli hin

ihre Gefühle unter Umständen deswegen als etwas weniger angenehm einstuften, weil

sie die damit einhergehende (wenn auch geringere) Aktivierung des Approach-

Motivationssystems als weniger angenehm erlebten als die Nichtmeditierenden. Wenn

darin der einzige Effekt gesehen werden würde, müsste allerdings bei den

Langzeitmeditierenden, da diese laut Startle-Daten keine Motivationssystemaktivierung

mehr erleben, das SAM-Valenzrating wieder zunehmen. Da dies jedoch nicht der Fall

ist, und sie ähnlich niedrige Ratings abgaben, muss es noch einen weiteren

Einflussfaktor für das leichte Absinken der Valenzratings bei den Meditierenden geben.

5.4 Affekttoleranz

Fragestellung 4:

Welchen Einfluss hat die Achtsamkeitspraxis auf die Affekttoleranz?

Hypothese 4a operationalisierte die Bereitschaft, die ganze Bandbreite an Affekten zu

tolerieren, also anzunehmen und damit umgehen zu können, über das Ausmaß der

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Diskussion und Ausblick

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Anwendung von Vermeidungsstrategien. Auch eine versuchsbedingte Abnahme des

allgemeinen Wohlbefindens sollte bei besserer Affekttoleranz geringer ausfallen, wie

es Hypothese 4b formulierte. Es wurde vermutet, dass mit zunehmender Achtsam-

keitspraxis die Affekttoleranz steigen sollte, was sich anhand der Ergebnisse zeigen

ließ. Die in 5.1 bis 5.3 besprochenen Einflüsse der Achtsamkeitspraxis bewirken damit

einen messbar besseren Umgang mit emotional belastenden Ereignissen. Dabei ist ein

wichtiger Aspekt der, dass die Meditierenden durch die verringerte Notwendigkeit,

Vermeidungsstrategien zum Schutz vor aversiven Stimuli und den dadurch aus-

gelösten Emotionen einzusetzen, Zugriff auf mehr Informationen gewinnen. Das Aus-

blenden einer Vielzahl aversiv valenter Reizkonstellationen entfällt, und die dadurch

gewonnenen, evtl. für die Person frühzeitig relevanten Informationen können in die

Verhaltensplanung mit einbezogen werden.

5.5 Fragebögen

Da sich bei den explorativ gegebenen Fragebögen kein signifikanter Unterschied

zwischen den Gruppen zeigte, ist davon auszugehen, dass sich die in 5.1 bis 5.4

diskutierten Befunde nicht auf Unterschiede der Probanden bezüglich dieser Persön-

lichkeitsdimensionen zurückführen lassen können. Das Selbstselektionsproblem ist

damit entschärft, lässt sich jedoch nur mit einer randomisierten Kontrollgruppenstudie

ausschalten.

5.6 Zusammenfassung und Ausblick

„Bevor man mit einer buddhistischen Übung beginnt, wird man im

Allgemeinen den Zweck und die Vorteile betrachten. Das ist ein

ganz praktischer Schritt, den man nicht überspringen sollte.”

Dalai Lama XIV in Goleman (2005, S. 405)

Die Achtsamkeitspraxis nimmt den gefundenen Ergebnissen folgend im Laufe ihrer

Vertiefung vielfältige Einflüsse auf die Emotionsverarbeitung des Übenden. Die

Befunde decken sich mit den in den theoretischen Werken vorhergesagten Effekten:

Die Probanden berichteten von einer subjektiven Zunahme der Klarheit, des Facetten-

reichtums und der Intensität ihrer Emotionswahrnehmung. Die SAM-Ratings ergaben

darüber hinaus einen Trend hin zu etwas geringeren Gefühls-Intensität auf aversive

Stimuli hin. Auf der neurophysiologischen Seite der Emotionsverarbeitung führt die

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Praxis zu einer sinkenden Intensität und einem verkürzten Zeitverlauf der elektro-

dermalen Aktivität, was auf eine geringere Kampf- / Fluchtbereitschaft schließen lässt.

Damit einhergehend zeigt sich ein zunehmender Abbau von emotionaler Motivations-

systemaktivierung, die für gewöhnlich auf emotionale Reize hin im Sinne eines

„approach“ / „avoidance“ Antagonismus den Organismus aktiviert. Die Auswirkungen

dieses Wandels lassen sich an einer erhöhten Affekttoleranz ablesen: Meditierende

sind besser in der Lage mit Emotionen umzugehen und erleben diese nicht mehr so

bedrohlich und belastend wie die Nichtmeditierenden.

Diese Resultate fügen der bisherigen Achtsamkeitsforschung die Aufklärung

weiterer nützlicher Mechanismen der Meditationspraxis hinzu. Die Ergebnisse der

Untersuchung sind aufgrund der methodischen Einschränkungen, die eine quasi-

experimentelle bzw. korrelativ-regressionsanalytische Vorgehensweise mit sich bringt,

jedoch nicht durch eindeutig-kausale Interpretationen belastbar. Sie zeigen dessen

ungeachtet Zusammenhänge auf, die aufgrund der fehlenden bzw. nicht signifikanten

Korrelation aller übrigen erhobenen Variablen als gewichtiger Hinweis auf eine

Verursachung durch die Meditationspraxis verstanden werden können. Da eine

fehlende Startle-Modulation bei gesunden Normalprobanden noch nicht in der Literatur

berichtet wurde, ist es unwahrscheinlich, dass die Ergebnisse durch Selbstselektions-

effekte erklärbar sind – also dass sich Menschen ohne Startle-Modulation eher zur

Meditationspraxis hingezogen fühlen bzw. länger bei ihr bleiben. Zum einen ist bisher

keine Population von gesunden Personen bekannt, bei denen keine Modulation

beobachtet wurde (Filion, Michael, Dawson & Schell, 1998). Zum anderen würde das

vorkommen einer Subgruppe gesunder Personen ohne Startle-Modulation bedeuten,

dass diese ihre Emotionen mit einer extrem geringen Motivationssystem-Aktivierung

(wenig Anhaftung bzw. Aversion) erleben, da eine starke Modulation mit einer hohen

Aktivierung (mehr Anhaftung bzw. Aversion) verbunden ist, wie die Arbeit gezeigt hat.

In diesem Fall wiederum wäre es unverständlich, warum ausgerechnet diese Gruppe

sich zu Praktiken hingezogen fühlen sollte, die eine Reduktion von Anhaftung und

Aversion zum Ziel haben. Dieser Logik folgend antwortete auch ein Großteil der

meditierenden Probanden im Nachinterview auf die Frage, wie sie sich in Punkto

Emotionalität vor Beginn der Meditationspraxis beschreiben würden, sie seien „reaktiv,

ängstlich vor Aversivem, vermeidend und eher verschlossen“ gewesen, Ein-

schätzungen, die Cook et al. (1991) und Jennings (2003) zufolge eher mit hohen

Schreckreflex-Amplituden und erhöhter Startle-Modulation assoziiert sind (siehe zu

diesem Argumentationsstrang auch Lazar et al., 2005).

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216

Ebenso zeigen die SAM-Intensitätsratings, deren Gruppenunterschiede nicht

signifikant wurden, und die Aussagen im Nachinterview, dass sich die Intensität der

Gefühlswahrnehmung im Laufe der Praxis erhöhe, dass es unwahrscheinlich ist, dass

die Abnahme der EDA- und Startle-Werte durch ein mangelndes Gefühlserleben

bedingt ist, dass sich also nur Personen, die wenig empfinden, in die Gruppe der

Meditierenden selektieren, und damit die Ergebnisse verursachen. Auch die Kohärenz

der Befunde mit den theoretischen Vorhersagen und fehlende alternative Erklärungen

(vor allem für die Startle-Daten) sprechen für spezifische Meditationseffekte. Die wahr-

scheinlichste Erklärung der Befunde ist demzufolge eine kausale Rolle der Achtsam-

keitspraxis, da sie derartige Effekte und Veränderungen prognostiziert.

Um die Frage der kausalen Wirkung abschließend zu klären, wäre eine Längs-

schnittstudie das Mittel der Wahl. Die bereits vielfach durchgeführten Evaluationen im

Bereich der MBSR-Forschung legen hier eine Prae-Post-Test Kontrollgruppen Studie

nahe, welche die über den Zeitraum des 8-wöchigen MBSR-Programms entstandenen

Veränderungen auf den erhobenen Variablen erfassen könnte. Alternativ wäre auch

möglich, die Effekte über Imaging-Verfahren zu verifizieren: Eine direkte Erfassung der

veränderten Aktivierung in den entsprechenden Gehirnarealen (siehe 2.4.1 und 2.3.4)

mittels fMRI wäre der neurophysiologischen Herangehensweise in Punkto zeitlicher

(verglichen mit dem Startle-Paradigma) und räumlicher Auflösung der Messergebnisse

sicherlich überlegen.

Die Achtsamkeitspraxis kann somit bei sinngemäßer Ausübung als probates

Mittel zur heilsamen Veränderung der Emotionsverabeitung und Emotionsregulation

begriffen werden, das nachweisbar die theoretisch vorhergesagten Effekte in den

untersuchten Komponenten der Emotionsverarbeitung bewirkt.

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