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Medienpartner THE FUTURE OF RETAIL Eine Sonderveröffentlichung von Management Forum OKTOBER 2019 | WWW.HANDELSBLATT-JOURNAL.DE CONNECTED RETAIL Online & Offline – zusammen besser? CUSTOMER CENTRICITY Ist der Kunde wirklich König? RETAIL INNOVATION Sind digitale Marktplätze die Zukunft?

THE FUTURE OF RETAIL - Handelsblatt · 2019. 10. 25. · 2 INHALT | IMPRESSUM Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal Herausgeber

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Medienpartner

T H E F U T U R E O F R E TA I L

Eine Sonderveröffentlichung von Management Forum OKTOBER 2019 | WWW.HANDELSBLATT-JOURNAL.DE

CONNECTED RETAIL

Online & Offline – zusammen besser?

CUSTOMER CENTRICITY

Ist der Kunde wirklich König?

RETAIL INNOVATION

Sind digitale Marktplätze die Zukunft?

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INHALT | IMPRESSUM2

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

HerausgeberManagement Forum der HANDELSBLATT MEDIA GROUP GmbHToulouser Allee 27, 40211 DüsseldorfTel.: +49 211 887-28210Fax: +49 211 [email protected]

Projektleitung (V.i.S.d.P.)Annette Walz Management Forum der HANDELSBLATT MEDIA GROUP GmbH

Art Direction & LayoutEINRAUMBUERO, Köln [email protected]

DruckSüddeutscher Verlag Zeitungsdruck GmbH, München

Grafik TitelLucky Creative/shutterstock.com

Medienpartner

IMPRESSUM

Die Themen dieser Ausgabe

GRUSSWORT

Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Handels schaffen 3

CONNECTED RETAIL

Intelligent digitalisieren: Handelskonzepte für die Welt von morgen 4

Retail Utopia. Online und Offline – zusammen besser 6

Chancen für den Handel: Wie neue Technologien Kunden auch offline überzeugen 8

Neue Technologien richtig einsetzen 10

RETAIL INNOVATION

Die Zukunft des Shoppens wird Wirklichkeit (Adv.) 7

Chancengleichheit im Onlinehandel (Adv.) 11

Keine Angst vor Amazon! 18

Wie gewinnt man auf Online-Marktplätzen? 22

11

22

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CUSTOMER CENTRICITY

New Retail ist keine Einbahnstraße 12

Kundenloyalität: Vom Handel ignoriert? (Adv.) 21

INNOVATION & DIGITALISIERUNG

Business by Design: Der Schlüssel zur digitalen Transformation des Handels (Adv.) 14

#thenewretail: Digitale Disruption im Einzelhandel 16

CYBEREVERSICHERUNG

Schadenprävention kommt häufig zu kurz (Adv.) 15

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GRUSSWORT 3

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Handels schaffenvon Josef Sanktjohanser

Seit Jahren ist der Online-Handel der Wachs-tumstreiber des Einzelhandels in Deutsch-land. Und immer mehr bisher rein sta-tionäre Händler profitieren mit eigenen Online-Shops oder dem Verkauf ihrer

Waren über Online-Marktplätze und Plattformen davon. Doch immer noch nutzen zwei Drittel der sta-tionären Unternehmen das Internet als Vertriebsweg nicht. Woher kommt das?

Ein Grund ist sicher, dass es gerade für mittelstän-dische Händler schwierig ist, die notwendigen Inves-titionen zu stemmen. Hier ist die Politik gefordert: Denn beispielsweise bei der Finanzierung der Ener-giewende sind die Handelsunternehmen überpropor-tional belastet. Hohe Preise für Strom und Energie verhindern Investitionen in Digitalisierung. Deshalb muss die Politik ein neues und faireres Finanzie-rungssystem aufsetzen. Neben einer Entlastung geht es aber auch um unbürokratischere, auf den Handel zugeschnittene Förderprogramme.

Eine weitere Ursache für den hohen Anteil der Off-liner im Handel ist, dass der Staat mit komplizier-ten Regelungen und Vorgaben die Digitalisierung der Unternehmen erschwert. Das schreckt viele davon ab, im Internet aktiv zu werden. Nationale Gesetze sind dabei angesichts des grenzenlosen, globalisier-ten Online-Handels weitgehend wirkungslos – hier ist mindestens die europäische Ebene gefordert. Mit dem Start einer neuen EU-Kommission ist jetzt ein guter Moment, um die Stellschrauben richtig zu stel-

gültige Vorschriften zu verfassen – gerade im Hinblick auf eine mögliche weitere Plattformregulierung. Und dann muss natürlich auch die Umsetzung sicherge-stellt sein. Für Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, aber in der EU tätig sind, müssen im Hinblick auf die Regeln und Pflichten dieselben Maß-stäbe angewendet werden, wie für Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten. Insbesondere im Bereich Daten-schutz, Verbraucherschutz und Produktsicherheit bestehen derzeit Standortnachteile für europäische Unternehmen. Während die in der EU ansässigen Händler hohe Investitionen in die Produktsicherheit und die Umsetzung der verbraucherschützenden Vor-schriften tätigen müssen, sparen sich Händler außer-halb der EU das Geld oft einfach. Das darf nicht tole-riert werden – wer hierzulande verkauft, muss sich auch an unsere Regeln halten.

Bevor aber der klassische EU-Binnenmarkt nicht vollendet ist, kann auch der digitale Binnenmarkt nicht funktionieren. Für die neue EU-Kommission muss die wirkliche Vollendung des europäischen Binnenmark-tes eine Top-Priorität sein. Im Zentrum eines funktio-nierenden Binnenmarktes steht die Vertragsfreiheit als entscheidende Voraussetzung für den freien Wett-bewerb. Bei Internet-Zahlungssystemen ist ein ange-messener Wettbewerb zwischen möglichst vielen Anbietern wünschenswert. Nur so kann die Marktdo-minanz einzelner vermieden und für den Verbraucher eine Vielfalt von kostengünstigen und komfortablen Zahlungsmöglichkeiten sichergestellt werden.

Josef Sanktjohanser, Präsident Handelsverband Deutschland

„ Zu passenden Rahmenbedingungen

gehört zwingend ein fairer Wett-

bewerb. Es müssen gleiche Regeln für

alle Vertriebskanäle gelten.“

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len und die Digitalisierung des Handels in Europa einen großen Schritt voranzubringen.

Was ist konkret zu tun? Die Datenschutzvor gaben dürfen nicht weiter verkompliziert werden. Mit der ePrivacy-Verordnung der EU droht die Kluft zwischen europäischen und US-Unternehmen noch größer zu werden. Denn die strengen Vorgaben zur Kundenein-willigung bevorzugen die globalen Internet-Giganten, die sich die Zustimmung ihrer Nutzer pauschal bereits mit den Geschäftsbedingungen einholen. Gerade Mit-telständler hätten mit diesen Vorgaben schlechte Kar-ten, sich erfolgreich zu digitalisieren. Außerdem muss die EU-Kommission aufpassen, Innovationen nicht durch Überregulierung abzuwürgen. Das droht bei-spielsweise bei der Überprüfung von Algorithmen. Diese ermöglichen eine Anpassung des Produktan-gebots an die Wünsche der Kunden oder optimie-ren Absatzprognosen. Eine immer wieder diskutierte behördliche Überprüfung oder gar ein Zwang zur Offenlegung von Algorithmen würde einen übermä-ßig starken Eingriff in die Geschäftsstrategie bedeuten.

Zu passenden Rahmenbedingungen für die Digi-talisierung des Handels gehört aber zwingend auch ein fairer Wettbewerb. Es müssen gleiche Regeln für alle Vertriebskanäle gelten – egal ob stationär, online, Multichannel oder Online-Plattformen. Gesetze müs-sen deshalb technologieoffen formuliert sein und gesetzliche Pflichten sollten ausgewogen zwischen den diversen Akteuren oder Vertriebsformen verteilt werden. Die Herausforderung liegt darin, allgemein-

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CONNECTED RETAIL4

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Intelligent digitalisieren

Handelskonzepte für die Welt von morgen

von Dr. Marcus Ackermann

Wer über den Handel der Zukunft spricht, dem muss eines klar sein: Der Kunde setzt diese Zukunft längst voraus. Für ihn ist sie heute schon Gegenwart. Während die Bran-

che immer noch zwischen Stationär- und Onlinehan-del unterscheidet, über die Vorteile von Omnichan-nel oder Pure Playern diskutiert, ist der Konsument längst einen Schritt weiter: Er informiert sich, kauft situativ und über Unternehmensgrenzen ein – wann und wo er will – und handelt nach der Maxime „Shop-ping jederzeit und überall“. Die Verschmelzung der On- und Offlinewelten ist für den Verbraucher längst Realität.

Es gilt also für Händler, neben einer wettbewerbs-fähigen Preisgestaltung, ganz entscheidend darum, das Einkaufen so bequem wie möglich zu gestalten. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in einer Studie wider, die wir jüngst gemeinsam mit dem ECC Köln publiziert haben und die ergeben hat, dass Shopping-Convenience für den Kunden eine der wichtigsten Voraussetzungen im Einkaufsprozess darstellt. Ein Ergebnis, das wiederum zeigt, dass die viel bemühte Customer Centricity, also die unbedingte Ausrich-tung an den Wünschen des Verbrauchers, auch in

Zukunft die entscheidende Komponente bei der Kon-zeption nachhaltig erfolgreicher Handelsmodelle sein wird.

Diese unbedingte Ausrichtung an den Wünschen des Kunden birgt für Händler zum einen große Chan-cen, zum anderen ist sie jedoch mit enormen Her-ausforderungen verbunden. Denn für ein optimales Shoppingerlebnis gilt es heute – in Zeiten der unbe-dingten Digitalisierung in allen Lebensbereichen -, eine innovative, vor allem aber individuell ausgesteu-erte Customer Journey anzubieten – idealtypisch also nicht mehr für eine Zielgruppe, sondern für jeden einzelnen potenziellen Käufer. Ein Fashion-Unterneh-men, dem diese Personalisierung bereits hervorra-gend gelingt, ist About You.

Eine individuelle Ansprache des Kunden ist jedoch überhaupt nur auf Basis einer optimalen Datenerhe-bung und -nutzung möglich. Beides wiederum setzt voraus, dass die Potenziale der Digitalisierung – an dieser Stelle seien die Stichworte Big Data und Künst-liche Intelligenz genannt – konsequent gehoben wer-den. Es geht also um den zweckgebundenen und ziel-orientierten Einsatz neuer Technologien – im Sinne des Kunden, nicht um der Technologie Willen.

Jene Händler, die dies nicht beherzigen und eben gerade nicht konsequent auf eine kundenorientierte Digitalisierung setzen, werden in der Wettbewerbs-arena mittelfristig keine Rolle mehr spielen. So helfen neue digitale Technologien zum Beispiel dabei, das Touchpoint-Management und Services zu optimieren sowie klassische Pain Points des Kunden beim Einkauf auszumerzen.

Konsequente Digitalisierung zum Erreichen der genannten Ziele heißt aber nicht nur, die eigenen Businessmodelle einer umfassenden und ständigen Überprüfung zu unterziehen, sondern gleichzeitig neue Shoppingangebote aufzusetzen. So vermissen Kunden beim Onlinekauf oft die Information dazu, ob das gewünschte Produkt beim jeweiligen Händ-ler auch im nahegelegenen Stationärgeschäft vorhan-den ist – Stichwort „Connected Commerce“. Genau hier setzt die neue Kooperation zwischen OTTO und der ECE, europäische Marktführerin im Bereich Shop-ping-Center, an, für die wir das Joint Venture Stocks-quare gegründet haben.

Damit schaffen die ECE und OTTO eine einzig-artige, kanalübergreifende Verbindung zwischen Statio när- und Onlinehandel. Lokale Sortimente von Handels unternehmen und Markenartiklern können

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CONNECTED RETAIL 5

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

dabei online auf otto.de eingebunden werden. Ziel dieses Connected-Commerce-Konzeptes ist es, den Stationärhandel in den ECE-Centern und darüber hin-aus durch zusätzliche Reichweite zu stärken und das Online-Angebot von OTTO um lokale Bezugsquellen zu erweitern.

Die neuen Services stehen zunächst für die kom-pletten Filialnetze von Händlern zur Verfügung, die Shops in einem der rund 90 ECE-Center in Deutsch-land betreiben. Mittelfristig werden wir Stocksquare aber auch für weitere Stationärhändler öffnen. Aus-gewählte Handelspartner zum Start sind unter ande-rem Marc O’Polo, RENO, Brax und Ulla Popken. Zusätzliche Services wie bundesweites Same Day Deli-very sind in Planung. Ein großer Vorteil für angebun-dene Stationärhändler: Diese erhöhen nicht nur ihre eigene Reichweite, sondern gleichzeitig auch ihre Sichtbarkeit – gerade für Markenhersteller von enor-mer Bedeutung.

Mit Stocksquare nutzen wir nicht nur konsequent die Möglichkeiten der Digitalisierung; vor allem tun wir dies im Sinne des Verbrauchers, der – wie bereits erwähnt – längst nicht mehr zwischen On- und Offline-welt unterscheidet. Wir bieten nicht nur neue Shop-pingservices, sondern adressieren sehr gezielt einige der genannten klassischen Pain Points in der Custo-mer Journey.

Wir reagieren also sehr konkret auf Kundenbedürf-nisse – und zwar über alle Konzernunternehmen hin-weg. So hat unser Modeanbieter bonprix Anfang des Jahres mit „fashion connect“ einen Pilot Store in der Hamburger Innenstadt eröffnet, in dem Schwachstel-len des Stationärhandels wie durchwühlte Ladenre-gale, enge und schlecht ausgeleuchtete Kabinen oder lange Schlangen an Kassen mit Hilfe technischer Inno-vationen behoben wurden. Stattdessen bietet das radikal neue, App-basierte Retailkonzept einen naht-losen, von A-Z digital assistierten Einkaufsprozess und echte Mehrwerte beim Shoppen.

Mit der App checkt die Kundin in den Laden ein, scannt die Artikel und wählt die Größen aus, die sie

anprobieren möchte. Die ausgewählten Kleidungs-stücke werden in der virtuellen Shopping Bag der App abgelegt und direkt im Fitting Room bereitge-stellt. Außerdem unterstützen Fashion Assistants vor Ort beim Einsatz der App und beraten in Modefra-gen. Jedes Kleidungsstück und jedes Accessoire wer-den im Store jeweils nur einmal in inspirierenden Themenwelten präsentiert. Diese sogenannte „One-Item-Presentation” verleiht einen übersichtlichen und großzügigen Showroom-Charakter, durch den die Mode ansprechend in Szene gesetzt wird und die Kundin entspannt nach ihrem neuen Lieblingsteil stöbern kann.

Lange Wartezeiten an den Kassen entfallen bei „Fashion Connect“. Stattdessen verlässt die Kundin den Fitting Room einfach mit ihren Wunschartikeln und die Shopping Bag der App aktualisiert sich dank modernster RFID-Technologie automatisch. Zahlen kann die Kundin per PayPal direkt in der App, per EC- oder Kreditkarte am Self-Check-Out oder auf Wunsch bei einem Mitarbeiter an der Barkasse. Eine zusätzli-che Entsicherung der Ware ist nicht nötig. Der kon-sequente Einsatz neuer digitaler Technologien zielt dabei weniger darauf ab, zu demonstrieren, wie inno-vativ modernes Einkaufen gestaltet werden kann. Viel wichtiger ist der zweite Aspekt: Das Shopping wird für die Kundin angenehmer und bequemer, ein Zugewinn an Convenience also.

Zur Überprüfung bestehender und Etablierung solcher neuer, nachhaltig erfolgreicher Businessmo-delle gehört es also zwingend, die Wünsche des Ver-brauchers und dessen sich im Rahmen der fortschrei-tenden Digitalisierung veränderndes Verhalten in die jeweiligen Überlegungen mit einfließen zu las-sen, ohne operative Exzellenz dabei hintanzustellen. Wie dies gelingen kann, zeigt beispielsweise die Witt-Gruppe aus Weiden in vorbildlicher Art und Weise. Als eines der führenden textilen Omnichannel-Unter-nehmen für die Zielgruppe der Frauen ab 50 ist die Gruppe mit acht Marken in elf Ländern erfolgreich und hat sehr frühzeitig auf die wachsende Online-

Affinität seiner Kunden reagiert. Schon jetzt liegt der Anteil an Onlinekäufen bei über 25 Prozent, Tendenz schnell steigend.

Um diesem Trend gerecht zu werden, setzt die Witt-Gruppe auf neueste Technologien. So ist die Witt-Gruppe zum Beispiel erster Kunde der About You Cloud, einer E-Commerce Infrastruktur, die von About You, von der Otto Group gegründet und erstes Einhorn aus Hamburg (Start-Up mit Milliardenbewer-tung), als Lizenzprodukt für wachstumsstarke Online-händler gelauncht wurde. Auch der Einkauf per App ist bei Witt längst Realität. Diese bietet für die Ziel-gruppe passgenaue Funktionen wie die Artikelsuche über Spracheingabe oder Informationen zum Ver-sandstatus der gekauften Ware.

Um genau zu ergründen, ob diese und andere Digi-talangebote den Bedürfnissen der Kundinnen ent-sprechen, betreibt die Witt-Gruppe seit über einem Jahr ein hauseigenes Uselab. In sogenannten Sessions erhalten die eingeladenen Teilnehmerinnen Aufga-ben, die sie im Online-Shop lösen. Auf den Prüfstand gestellt wird nicht die Kundin, sondern die Qualität des Shoppingerlebnisses. Auch Geräte wie Smartpho-nes oder Tablets, Apps, Software oder Prototypen zukünftiger Shops und Anwendungen werden hier am Verbraucher getestet. Damit können Nutzerprobleme unmittelbar identifiziert und die eigenen digitalen Services optimiert werden. Ergebnis: Ein verbesser-tes Kundenerlebnis, eine Stärkung der Kundenbin-dung und höhere Conversion Rates.

Fakt ist: Wer als Händler die Kunden richtig anspricht, verkauft mehr. Richtig heißt im Handel der Zukunft: persönlich, individuell, über alle vorhande-nen Kanäle hinweg, die Möglichkeiten der Digitalisie-rung optimal einsetzend und gleichzeitig natürlich mit der nötigen Emotionalität. Der Weg hin zu sol-cher Exzellenz, zu einem optimalen Shoppingerleb-nis, ist lang und steinig, die Herausforderungen groß. Eine alternative Route gibt es aus meiner Sicht jedoch nicht.

„ Wer als Händler die Kunden

richtig anspricht, verkauft mehr.

Richtig heißt im Handel der Zukunft:

persönlich, individuell, über alle

vorhandenen Kanäle hinweg.“

Dr. Marcus Ackermann, Konzernvorstand Multichannel Distanzhandel, Otto Group

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Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Retail Utopia. Online und O¢ine – zusammen besser

von Carsten Keller

In China ist Retail Utopia Rea-lität. Hundertausende statio-näre Händler sind über Platt-formen wie Alibaba, JD.com und Pinduoduo mit Milliar-

den von Konsumenten verbunden. So wird in China der Offline Sektor zum Wachstumstreiber Nummer eins der Plattformen.

Gleichzeitig integrieren die sta-tionären Händler viele Vorteile des Online Handels: Kunden der Supermarkt-Kette Hema finden hier immer die frischesten Pro-dukte. Warum? Weil jedes Produkt sowohl offline als auch online ver-fügbar ist und so die Lagerdrehung enorm zunimmt. Der Schlüssel zum Erfolg: Integration der Offline-Bestände in Online-Plattformen.

In Europa hingegen ist die Rea-lität Realität. Seit mehr als zwan-zig Jahren werden landauf landab Omnichannel-Konzepte diskutiert. Ohne greifbaren Erfolg. Beispiel? Waren, die in einem Kanal gekauft werden, können bei den wenigsten Händlern in einem anderen Kanal retourniert werden. ‘Seamless’ ist das in den wenigsten Fällen.

Dafür gibt es gute Gründe. Der Betrieb eines eigenen Online-Geschäftes ist für die meisten sta-tionären Händler nicht bezahlbar. Online ist teuer: App-Entwicklung. Produktdatenpflege. Customer Care. Marketing. Backend-Tech-nologie. Und vieles mehr. Wenn sich die hohen Fixkosten nicht auf sehr viele Transaktionen verteilen, dann ist Online defizitär. Und die Marge im Stationären zu klein, um die Verluste daraus zu schlucken.

Kunden sind schon lange Omnichannel – der Handel nicht. Auch in Europa. Nur 3% der Mil-lennial Shopper (aka 21-34 Jäh-rige aka „die Zukunft“) besitzt kein Smartphone. Für mehr als zwei Drittel dieser Kunden ist das Smart-phone der wichtigste Online-Kanal, den sie mehr als 3.5 Stunden nutzen – jeden Tag. Gleichzeitig werden noch immer 85% der Bekleidungsumsätze in Europa offline erwirtschaftet.

In den Köpfen der Menschen wachsen so die posi-tiven Aspekte beider Kanäle zu neuen Erwartungen zusammen: Online hat Produktauswahl und Sorti-

mentstiefe – jederzeit und überall erreichbar. Offline bietet sofortige Verfügbarkeit und Beratungskompe-tenz vor Ort. Der Handel – online und offline – muss endlich Wege finden, diese neuen Erwartungen zu erfüllen und Kunden häufiger positiv zu überraschen.

Der Schlüssel heisst Plattformen. Sie geben dem einzelnen Händler Zugriff auf Technologien, Fähig-keiten und Prozesse, die er allein nicht profitabel betreiben könnte. Über diese Infrastruktur kann der

einzelne Händler sein Offline-Sor-timent Millionen von Online-Kun-den anbieten. Die Zahlen sprechen für sich: Während der stationäre Handel seit 2013 weltweit um 2.4% und der Online-Handel um 12.5% gewachsen ist, hat das Plattform-Geschäft um sagenhafte 30.4% zugenommen.

Zalando hat sich zur führen-den Fashion-Plattform in Europa entwickelt. Heute kaufen mehr als 28 Millionen Kunden bei uns ein und wählen aus einem Sortiment von mehr 400.000 Produkten aus. Plattform heisst für uns, dass unsere Kunden heute sowohl von Zalando selbst als auch von ange-schlossenen Partnern direkt belie-fert werden. Plattform heisst bei Zalando auch, dass unsere Partner Zugriff auf unsere Technologie, Fähigkeiten und Prozesse haben.

Mit dem 2018 gestarteten Con-nected Retail Programm ver-binden wir nun auch stationäre Händler mit unserer Plattform. Mittlerweile sind mehr als 1.300 stationäre Geschäfte an die Platt-form angeschlossen – Tendenz: stark wachsend. Um an dem Pro-gramm teilzunehmen verbinden die Händler ihre Bestände mit der Plattform. Damit wirklich jeder Händler mit relevantem Sortiment teilnehmen kann, haben wir die Anbindung denkbar einfach und kostengünstig gestaltet.

Einmal angebunden, erhält der Händler heute Bestellungen von unseren Kunden direkt in sei-nen Laden, verschickt die Ware und bucht – falls der Kunde nicht retourniert – den Umsatz. Für die teilnehmenden Geschäfte ist das signifikant: Die teilnehmenden Händler haben über die Connec-

ted Retail Anbindung bis zu 60% Mehrumsatz pro Monat generiert.

Bei der Auswahl der Partner sind wir offen für alle. Neben den stationären Geschäften verschiedener Herstellern (z.B. Tommy Hilfiger, Drykorn) und Fran-chisern verschicken bereits große Warenhäuser wie Karstadt genauso wie Einzelhändler (z.B. Intersport Schrey) im Connected Retail Programm an Zalando Kunden.

Carsten Keller, Vice President for Direct-to-Consumer, Zalando SE

„ Lokal is king. Über das Connected

Retail Programm verbinden wir

stationäre Händler mit unserer Plattform.

So schaffen wir ein Win-Win-Win für

Kunden, Händler und Zalando.“

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RETAIL INNOVATION 7

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019

ADVERTORIAL

Die Zukunft des Shoppens wird Wirklichkeit

Stellen Sie sich einen Spiegel vor, der selbst-ständig Ihre Kunden berät, ergänzende Pro-dukte empfiehlt, Zahlungen abwickelt und Versandoptionen anbietet. All diese belieb-ten Funktionen im Onlinehandel ermög-

licht der „Smart Mirror“ nun auch am POS. Zudem gibt er Ihrem Kassenpersonal mehr Zeit für Service-tätigkeiten und Ihnen wertvollen Einblick in das Kun-den- und Kaufverhalten. Sobald sich ein Kunde dem Spiegel nähert, erkennt dieser die ausgewählte Ware und zeigt Produktinformationen, alternative Farben und Größen sowie dazu passende Produkte an. Der Kunde muss sich mit der Ware nicht an der Kasse anstellen, sondern tippt auf dem Spiegel einfach auf „Bezahlen“ und scannt den QR-Code, fertig! Die Ware kann er direkt mitnehmen oder nach Hause liefern lassen.

Der Spiegel ist interessant für Modehändler, bie-tet aber auch in anderen Geschäften ein einzigartiges Einkaufserlebnis: Händler können den Smart Mirror individuell anpassen und beispielsweise Umfragen, Rabatte oder das Teilen von Fotos in Social Media integrieren. Die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass man sie am besten „live“ erlebt: einfach den QR-Code scannen und das Video zum „Smart Mirror“ ansehen.

Eine weitere Retail-Innovation ist der „Grab & Go Store“ – ein vollautomatisierter Verkaufsraum ohne Personal und Kasse. Die Zugangsberechtigung zum Store erfolgt über eine App, als Voucher per E-Mail oder anderweitig. Im Store nimmt der Besucher zum Kauf das Produkt aus dem Regal und verlässt den Store einfach über das Drücken einer Taste. Das Sys-tem aktualisiert den Warenbestand und sendet die Kaufquittung per E-Mail an den Kunden.

Der „Grab & Go Store“ ist vielfach einsetzbar: als „begehbare Verkaufsvitrine“ für hochpreisige Pro-dukte, die sonst nur verschlossen verkauft werden, oder für den Verkauf von altersbeschränkten Produk-ten wie Zigaretten oder Alkohol. Aber auch als 24/7-Store an Tankstellen, an Flughäfen, in Fitnessstudios oder Hotels eröffnet er ganz neue Umsatzchancen.

Mit den Erkenntnissen aus einem Jahr Con-nected Retail sind wir überzeugt, gemeinsam mit dem stationären Handel eine Win-Win-Win Situa-tion herstellen zu können. Zufriedenere Kunden, profitabel wachsende Händler und eine relevan-tere Plattform. Aktuell tun wir dies im Ship-from-Store Modell. In Zukunft planen wir das Modell auch für Click & Collect freizuschalten. So kön-nen unsere Kunden ihre Ware zukünftig auch im Laden ums Eck abholen. Für den Händler bedeu-tet das zusätzliche Frequenz und somit zusätzliche Umsatzchancen.

Für den Händler ergibt sich allerdings über einen indirekten Effekt ein noch größeres Poten-zial: Weil die Online-Umsätze des Händlers den Lagerumschlag signifikant erhöhen, kann er sein Sortiment während der Saison mehrmals erneu-ern. Das Ergebnis: Frischere Sortimente. Und so haben die Kunden wieder häufiger einen Grund, reinzukommen. In Zeiten der Vertikalisierung des Handels ein hohes Gut für den Einzelhandel.

Lokal is king. Neben der Produktverfügbar-keit hat die Kombination aus Plattform und Sta-tionär noch einen entscheidenden Vorteil: Nähe zum Kunden. Wir sehen aktuell, dass die Anzahl der Suchanfragen bei Google zu Produkten “in der Nähe” um den Faktor 4.5 und zu „Lieferung am selben Tag“ in einem Jahr um mehr als 200% gestiegen sind. Connected Retail pilotiert hierzu im ersten Quartal 2020 mit stationären Händ-lern in Berlin Same Day Deliveries für Bestellun-gen von Berliner Zalando Kunden. So erhöht sich die Anzahl Orders für die teilnehmenden Händ-ler noch einmal deutlich und Kunden können die Ware bei Retouren auch im Geschäft umtauschen – falls etwa der Schuh nicht passt.

Durch die Integration der stationären Bestände entsteht zudem ein anderer Zugang der Kunden zum Produkt. Kunden können perspektivisch in ihrem Wohnzimmer sitzen, in ihrer Zalando App nach einem Produkt suchen und angezeigt bekom-men, wo dieses gerade verfügbar ist. Durch die Sichtbarkeit der Bestände kann der Kunden nicht nur den einfachsten Weg, sondern auch den nach-haltigsten Zugang zum Produkt auswählen. Statt das Produkt geliefert zu bekommen, reserviert er es alternativ im Store um die Ecke und geht es abholen.

Big data for everybody. Als einzelner Einzel-händler hat man in einer Welt der Big Data Algo-rithmen zwei Probleme: Weder hat man viele Daten noch hat man die technischen Möglichkei-ten diese zu analysieren. Über die Zalando Platt-form können wir dem Händler zukünftig helfen die Saisonplanung datenbasiert zu verbessern, Nachbestellungen früh genug einzuspielen, Kun-denwünsche besser zu antizipieren und die Bera-tung im Geschäft datenbasiert auf Wunsch des Kunden zu verbessern.

Retail Utopia in Europa – jetzt. China hat uns gezeigt, wie Plattformen die Grenzen von Online und Offline auflösen und der stationäre Handel zum Wachstumstreiber werden kann. Wir glau-ben, dass sich gerade für den europäischen Han-del durch Plattformen große Chancen eröffnen. Dies sind aber keine Chancen, die jahrzehntelan-ger Diskussionen bedürfen. Mit Connected Retail erleben wir, dass diese Chancen direkt vor uns lie-gen. Wir sollten sie gemeinsam ergreifen. Jetzt.

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CONNECTED RETAIL8

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Chancen für den Handel:

Wie neue Technologien Kunden auch offline überzeugenDigitale Lösungen als Treiber des stationären Einkaufserlebnisses am PoS

von Florian Gietl

Schon längst befindet sich der gesamte Han-del nicht nur in einer Transformation, sondern in einem disruptiven Umbruch. Treiber dieses Prozesses sind, wenig über-raschend, die Digitalisierung und mit ihr

die Konsumenten und ihre sich ändernden Bedürf-nisse, Ansprüche und Gewohnheiten. Damit gehen weitgehende Veränderungen im Markt einher, ins-besondere durch den Eintritt neuer Player, die meist als reine Onlinehändler agieren, sowie Marktplätze, die Onlineangebote aggregieren. Ich bin davon über-zeugt: Behaupten werden sich auch in diesem Umfeld am Ende die Händler, die es am schnellsten und bes-ten schaffen, die Kundenbedürfnisse vollumfänglich zu erfüllen. Und hier gibt es keinen Zieleinlauf – der Prozess der Veränderung wird nachhaltig sein. Inno-vationen und die weiteren technologischen Entwick-lungen werden den Handel zukünftig permanent vor immer neue Herausforderungen stellen.

Kunden schätzen die Beratung im Markt, bestellen ihren neuen TV dann aber doch online und holen sich vor Ort wieder Hilfe bei der Integration in das Heim-netzwerk. Andere suchen sich ihr Smartphone online aus, nutzen aber im Falle eines Schadens die Sofortre-paratur im Markt. So vielfältig die Kombinationsmög-lichkeiten sind – eines haben sie gemeinsam: Sie sind allesamt Optionen, die ein reiner Onlinehändler so nicht bieten kann.

Das alles zeigt: Die Rolle des stationären Handels und damit auch die Anforderungen an ihn verändern sich elementar. Um dennoch seine Attraktivität als physischer Touchpoint für den Kunden zu behalten, muss er heute vor allem die emotionalen Bedürfnisse der Kunden bedienen. Wer den Gang in ein Geschäft dem bequemen Einkauf per Smartphone oder Maus-klick vorzieht, erwartet vollkommen zu Recht auch einen entsprechenden Mehrwert: Man will einen exzellenten Kundenservice, man will eine individu-

Florian Gietl, CEO MediaMarktSaturn Deutschland

Schon heute kauft ein Großteil der Konsumen-ten ganz selbstverständlich über viele verschiedene Kanäle hinweg ein. Deshalb ist der digitale Handel, wie wir ihn bei MediaMarktSaturn verstehen, weit mehr als ein reiner Onlinehandel. Wir betreiben in Deutschland mit mediamarkt.de und saturn.de zwei der erfolgreichsten Onlineshops. Knapp die Hälfte unserer Kunden entscheidet sich dort für den klassi-schen Web-Einkauf: auswählen, bestellen und nach Hause liefern lassen. Doch mit unserem Multichannel-Konzept, mit dem wir alle unsere Vertriebskanäle eng miteinander verzahnen, bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, sich jederzeit flexibel über alle Ver-triebskanäle hinweg zu bewegen und diese beliebig miteinander zu kombinieren. Und gerade Click & Coll-ect kommt dabei sehr gut an: Mehr als jeder zweite Kunde lässt sich hierzulande seine Online bestellung in den Markt vor Ort liefern, Tendenz steigend. Doch die Verzahnung ist noch sehr viel weitreichender: Einige

„ Viele der Innovationen […] können

wir uns heute noch gar nicht vor-

stellen. Deshalb ist die permanente

Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit

der Händler die Grundlage und einzige

Chance für ihren zukünftigen Erfolg.“

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CONNECTED RETAIL 9

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

elle Beratung und man will die Produkte ausprobie-ren und erleben können.

Wird der stationäre Handel künftig also zur reinen attraktionsgetriebenen Arena? Nicht ganz. Aber sehr wohl zu einem „Showroom“, der den Kunden neben persönlicher Beratung auch zunehmend neuartige Erlebniswelten bietet. Für uns bedeutet das, dass sowohl eine bestmögliche Kundenorientierung unse-rer Mitarbeiter vor Ort wie auch innovative Technolo-gien am Point of Sale (PoS) wichtiger denn je werden – als überzeugender Service für den Kunden und als direkte Verbindung zwischen E-Commerce und stati-onärem Handel.

MediaMarktSaturn hat sich in den vergangenen Jahren zum Vorreiter in der Digitalisierung des Han-dels entwickelt. Als Europas führender Händler für Consumer Electronics sehen wir die Digitalisierung als große Chance und nutzen sie konsequent. So sind elektronische Preisschilder, die virtuelle Regalverlän-gerung oder auch Instore-TV-Lösungen in unseren Fachmärkten heute längst Standard. Und ein schnel-les und extrem leistungsstarkes WiFi über Glasfaser-leitungen, mit denen wir in Deutschland mittlerweile alle unsere Märkte versorgen lassen, sind nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern die Vorausset-zung dafür, dass unsere Kunden in unseren Märkten smarte Endgeräte mit allen ihren Vorzügen erleben und sich erklären lassen können.

Auch in vielen anderen Bereichen treiben wir die Digitalisierung in den Stores voran: So testen wir unter anderem in den Bereichen Robotik, digitales Payment und Instore-Navigation gleich mehrere digitale, span-

nende Konzepte, die den realen Verkaufsraum um zusätzliche Dimensionen erweitern – und unsere Kun-den mit neuen Erfahrungen am PoS inspirieren.

Roboter helfen beim ShoppingWie diese Erfahrungen aussehen können, zeigt

Paul. Seit Herbst 2016 ist der digitale Kundenbera-ter bei Saturn als gemeinsame Entwicklung mit dem Fraunhofer Institut IPA im Einsatz. Er begrüßt unsere Kunden im Markt und gibt ihnen konkrete Hilfestel-lung beim Einkauf. Ansatzpunkt sind die Wünsche der Kunden – deren häufigste Fragen gelten der Ver-fügbarkeit und dem Standort eines Produktes. Bei der Beantwortung dieser Fragen hilft Paul. Spricht man ihn an, begleitet er den Kunden zum Produkt. Sollten noch Fragen offen bleiben, ruft Paul einen realen Ver-kaufsberater hinzu. Allein im ersten Jahr legte er im Saturn in Ingolstadt 520 Kilometer Wegstrecke zurück und interagierte 100.000-mal mit Kunden. Seitdem ist er auch in den Saturn-Märkten in Hamburg und Ber-lin sowie in einem MediaMarkt in Zürich im Einsatz.

Digitale Preisschilder kommunizieren mit dem Smartphone

Doch nicht nur mit Robotern wollen wir das Ein-kaufserlebnis mit digitalen Innovationen kontinuier-lich weiterentwickeln und die Customer Journey für unsere Kunden noch attraktiver gestalten. Wir pro-bieren auch einiges mit digitalen Preisschildern aus, denn diese bieten weit mehr als die reine Preisinfor-mation. Über Near Field Communication (NFC) kann das Smartphone der Kunden direkt mit dem jewei-

ligen Preisschild in Verbindung treten. Die Kunden erhalten auf ihren Smartphones damit beispielsweise weitere Informationen wie einen Vergleich unter-schiedlicher Produkte. Auf diese Weise helfen die digi-talen Preisschilder, Online- und Offline-Shopping aus-gerichtet an den Bedürfnissen des Kunden noch enger zu verzahnen.

Kassenlos am Regal bezahlenNie wieder Schlange stehen! Bei Saturn setzen wir

unsere äußerst erfolgreichen Pilotprojekte in Sachen kassenloses Bezahlen seit diesem Sommer mit „Saturn Smartpay 2.0“ als unseren vierten Test in Berlin fort. Genauso wie zuvor in Innsbruck, München und Ham-burg können Saturn-Kunden im Saturn-Markt Berlin-Steglitz ihre Ware direkt am Regal per App bezahlen. Einfach mit „Saturn Smartpay“ den Barcode fotogra-fieren oder das Smartphone an das NFC-fähige Preis-schild des Produkts halten, Artikel in den Warenkorb legen und am Ende den Einkauf in der App per Kredit-kartenzahlung, PayPal, Google Pay oder Apple Pay bezahlen.

Per Navi durch den StoreWas im täglichen Leben bestens funktioniert, kann

auch für den Handel nicht schlecht sein: die mobile Navigation per Smartphone. Im MediaMarkt im hessi-schen Gründau-Lieblos navigiert derzeit ein digitaler „Store Guide“ Kunden durch den Markt gezielt zum gesuchten Produkt. Die Bedienung ist einfach: Man gibt in der „Store Guide“-App über die Suchfunktion eine Abteilung oder ein bestimmtes Produkt ein. Der Marktplan der App zeigt sowohl den eigenen Stand-ort sowie den des gesuchten Artikels an. Gleichzei-tig unterstützt die App die Mitarbeiter bei der Inven-tur und dem Bearbeiten von Pickinglisten für Click & Collect-Bestellungen aus dem Onlineshop. Damit die Navigation zum gewünschten Produkt zentimeterge-nau funktioniert, verknüpfen wir gleich eine ganze Reihe innovativer Technologien: Zentrales Element ist die „Visible Light Communication“(VLC)-Techno-logie unseres Projektpartners Signify. Zudem werden ein Inventurroboter für das autonome Mapping und Scanning in Verbindung mit einer speziellen Software sowie unsere digitalen Preisschilder eingebunden.

Innovationskultur als Motor der VeränderungSo unterschiedlich die verschiedenen neuen Tech-

nologien auch sind, sie geben eine erste Ahnung davon, wie weitreichend die Veränderungen im Han-del sein werden. Ich bin mir sicher: Viele der Innova-tionen der kommenden Jahre können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Deshalb ist die permanente Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der Händler die Grundlage und einzige Chance für ihren zukünfti-gen Erfolg. Das bedeutet für uns, dass wir die ganze Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, durch neue Strukturen und Prozesse viel agiler als bisher neu aufgesetzt haben. Als Gründungsmitglied des Handels-Accelerators Retailtech Hub steht Media-MarktSaturn regelmäßig im Austausch mit Startups, die neue Lösungen für den Handel entwickeln. Vor allem aber: Wir trauen uns, vielversprechende Ent-wicklungen in unser Geschäft zu integrieren und sie zu testen. Denn wir sind überzeugt: Nur, wer seine Kunden frühzeitig in Pilotprojekte einbezieht, kann die ersten Erfahrungen aus der Praxis direkt in die weitere Entwicklung einfließen lassen und wird sich als First Mover im Handel erfolgreich behaupten.

Um die Wartezeiten für die Kunden zu verkürzen, testet MediaMarktSaturn Angebote zum Mobile Self-Checkout

wie beispielsweise Saturn Smartpay

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CONNECTED RETAIL10

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Unternehmen können vom Einzelhandel profitieren

Neue Technologien richtig einsetzenvon Dr. Rahmyn Kress

Der Onlinehandel ist dem Einzelhandel überlegen – diese Überzeugung hält sich hartnäckig, obwohl sie alles andere als wahr ist. Denn wenn man genauer hin-sieht, steht der stationäre Einzelhandel

dem Onlinehandel hinsichtlich seiner Potenziale in nichts nach – im Gegenteil: Mit dem Einsatz von digi-talen Technologien bietet er sogar einzigartige Mög-lichkeiten, das Shoppingerlebnis zu optimieren. Vor allem aber steckt in ihm die Kraft, das Online-Geschäft erheblich anzutreiben. Um ein Beispiel zu nennen: Ende letzten Jahres führte die britische Kaufhauskette Harvey Nichols die App AskHN ein, mit der Kundin-nen und Kunden des Online-Shops Fragen an echte Verkäufer stellen können. Dafür wurden rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an verschiedenen Standorten geschult. Das Ergebnis: Die Gesprächs-raten für AskHN-Userinnen und -User sind mehr als zehnmal so hoch wie der Durchschnitt der Website und der durchschnittliche Bestellwert ist 63 Prozent höher.

Damit wird deutlich, welche verkaufsfördernden Synergien die sinnvolle Verschränkung von Online- und Offlinehandel entfaltet. Eine Schlüsselrolle über-nehmen dabei ganz eindeutig intelligente Techniken,

die meist online, jedoch bisher viel zu selten offline eingesetzt werden. Sie sind das Bindeglied zwischen den beiden Vertriebswegen; die Brücke, die nicht nur eine individuelle Konsumentenansprache, sondern auch eine personalisierte, auf die jeweiligen Kun-denwünsche ausgerichtete Beratung am Point of Sale ermöglicht. An solchen, auf den neuesten Techno-logien basierenden Offline-Services arbeiten wir bei Henkel mit Nachdruck. Henkel Beauty Care hat zum Beispiel Choicify entwickelt, eine mobile Colorations-beratung für den Drogeriemarkt, die den Kundinnen und Kunden im Dschungel des Colorations-Angebots Orientierung bietet. Ziel war es, eine einfache und leicht zu bedienende mobile Anwendung zu liefern, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei hilft, die richtige Marke oder den richtigen Farbton direkt am Point of Sale zu finden, ohne extra eine App herunterladen zu müssen. Das Besondere: Nicht nur Henkel-Colorationen werden dabei berücksichtigt, sondern auch Marken anderer Hersteller. Die Colo-rations-Käuferinnen und -Käufer können diese web-basierte Beratung direkt am Regal abrufen, um sich helfen zu lassen. Per Smartphone können sie entwe-der über den QR-Code oder den NFC-Chip leicht die mobile Webseite aufrufen. Über wenige Klicks, die

Dr. Rahmyn Kress, HenkelX Ventures

& Founder HenkelX

Choicify von Henkel Beauty Care: Colorationsberatung mit neuester NFC-Technologie am Verkaufsregal

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Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019

ADVERTORIAL

ihre Ausgangshaarfarbe und Wunschhaarfarbe erfragen, kommen sie dann zu einer persönlichen Auswahl.

Selbstverständlich profitieren nicht nur die Kundinnen und Kunden von solchen digitalen Serviceangeboten und -tools. Auch Unterneh-men können ihren Vorteil daraus ziehen, denn durch die Erkenntnisse am Point of Sale lassen sich datengetriebene Innovations- und Marketing-prozesse maßgeblich beschleunigen. Ein wich-tiger Punkt, schließlich wird unser zukünftiger Erfolg durch einen ganz wesentlichen Wettbe-werbsfaktor bestimmt: Geschwindigkeit. Je bes-ser Markenhersteller und ihre Handelspartner die Bedürfnisse der Konsumenten und die damit ver-bundenen Trends verstehen, desto schneller kön-nen sie sich an die Customer Journey ihrer Ziel-gruppen anpassen, das Produkt entwickeln und erlebbar machen. Dabei bieten insbesondere transformative Technologien zukunftsorientierten Unternehmen viele Möglichkeiten, um die Kaufer-fahrung am Point of Sale völlig neu zu gestalten.

Um dieses technologische Potenzial zu nut-zen und die digitale Transformation zu beschleu-nigen, habe ich im Februar 2018 gemeinsam mit Marius Swart HenkelX gegründet. Als Open-Inno-vation-Plattform bringt HenkelX Industriepart-ner wie zum Beispiel die Porsche AG, APX oder Axel Springer, Venture Capitalists, Forschung, Ent-repreneure sowie Start-ups zusammen, um mit ihnen gemeinsam an den digitalen Geschäftsmo-dellen und Verbraucherservices der Zukunft zu arbeiten, von denen alle – auch andere Branchen und Industrien – profitieren. Durch die im Sep-tember gefallene Entscheidung, Henkels Venture Capital der HenkelX-Plattform zu überantworten und daraus HenkelX Ventures zu machen, wer-den wir ab sofort in der Lage sein, die Digitalisie-rung der Industrie noch schneller voranzutreiben und in vielversprechende Unternehmen und Start-ups zu investieren. Denn durch diese Kooperatio-nen sind wir nah an den neuesten Trends und Ent-wicklungen dran. Welche Innovationen wirklich disruptiv sind und in welche es sich lohnt, weiter zu investieren, finden wir relativ schnell in unse-rem agilen POC‘s (proof pf concept)-Verfahren her-aus. Die größte Herausforderung liegt bei all dem jedoch nicht so sehr in der Entwicklung der Tech-nik selbst, sondern vielmehr darin, wie wir die damit einhergehenden Möglichkeiten nutzen, um verschiedene Kundenservices, Business-Modelle und Geschäftsbereiche zu optimieren und weiter-zuentwickeln – das gilt auch und vor allem für den Retail-Sektor.

Alles in allem wird die digitale Transforma-tion auch analoge Bereiche wie den Einzelhandel erobern und dazu führen, dass er zukünftig sehr viel flexibler, lebendiger und reaktionsschnel-ler wird. John Hoke, Chief Design Officer von Nike, hat für diese Entwicklungen ein sehr tref-fendes Bild gefunden: Als „Website in Echtzeit“ beschreibt er den Einzelhandel der Zukunft. Nicht nur der Handel, sondern auch Unternehmen kön-nen vom Investment in neue Technologien und deren Integration in den Einzelhandel profitieren. Dafür müssen Hersteller und Retail-Partner noch intensiver zusammenarbeiten. In dieser Verknüp-fung liegt ein großes Potenzial – wir müssen es nur nutzen.

RETAIL INNOVATION

Chancengleichheit im Onlinehandel

von Roman Maria Koidl

Der europäische Binnenmarkt hat Grenzen und Zölle verschwinden las-sen. Eine große

bürokratische Hürde im B2C-Handel besteht aber bis heute: die Umsatzsteuer. Sie muss in dem Land abgeführt werden, in das geliefert wird. Händler ste-hen vor der Herausforderung, sich in allen Lieferländern steu-erlich registrieren zu müssen. Die Steuersätze unterschei-den sich nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Arti-kel zu Artikel. Hinzu kommen regio nale und produktspezifi-sche Ausnahmen. EU-weit sum-mieren sich die Sonderregelun-gen auf mehr als 7.000! Dabei ist es unzulässig, den Kunden quasi „aus Gründen der Vereinfachung“ immer den Regelsatz zu berechnen.

Was für Plattformen und multinationale Konzerne noch beherrschbar sein mag, ist für kleine und mit-telständige Händler eine echte bürokratische Hürde und damit ein Nachteil im Wettbewerb um 500 Milli-onen potenzielle Kunden in der EU. Unterdessen ver-schärfen die Finanzbehörden ihren Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug. Damit steigen vor allem die Haf-tungs- und Betriebsprüfungsrisiken.

Das Fin-Tech Start-up ClearVAT adressiert dieses Problem und hat eine Full Service Clearing-Lösung für den grenzüberschreitenden Onlinehandel entwi-ckelt. Kern des Angebots ist die „Mehrwertsteuerma-

schine“, eine cloud-basierte Software, in der sämtliche euro-päischen Umsatzsteuersätze und Ausnahmen enthalten sind. Die Software funktioniert über ein einfaches Plug-in für alle gängigen Onlineshop-Systeme, läuft auf SAP-Modulen und kann direkt mit Finanzbuch-haltungs- und ERP-Systemen verbunden werden. Händler müssen keine Registrierung im Ausland vornehmen und sind sofort in allen EU-Staaten freige-schaltet. ClearVAT übernimmt das Audit-Risiko, die Haftung und vor allem die Abfuhr der geschuldeten Umsatzsteuer im EU-Ausland. Um Qualität und Sicherheit seines Ange-bots zu gewährleisten, koope-riert ClearVAT in allen EU-Mit-

gliedsstaaten mit den Steuerexperten von Deloitte.Vertrag unterzeichnen, Plug-In installieren und

sofort in ganz Europa liefern. Das ist das Verspre-chen der ClearVAT: Online-Händler von bürokrati-schen Lasten zu befreien, damit sie sich auf ihr Kern-geschäft konzentrieren können: grenzenlos liefern und wachsen.

www.clearvat.com

Roman Maria Koidl, Gründer und CEO, ClearVAT

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CUSTOMER CENTRICITY12

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Mit Mut und Radikalität zur Customer Happiness

New Retail ist keine Einbahnstraße

von Daniel Füchtenschnieder

Die Innenstädte laufen Gefahr zu verwai-sen; der klassische Einzelhandel ist eine bedrohte Spezies, die viel zu lang auf eine Rettungskapsel gewartet hat. Wäh-renddessen haben Digitalisierung und

Convenience den Verbraucher im Zeitraffer erobert und ihn übermächtig, ja scheinbar unberechenbar gemacht. Doch das Klammern an Schuldzuweisun-gen und Reglementierungen erweist sich als ebenso schlechter Rettungsanker wie unüberlegte technolo-gische Schnellschüsse, die niemand handhaben kann.

Was klingt wie die Dramaturgie eines Science-Fic-tion-Films, ist harte Realität in einem Großteil der deutschen Retaillandschaft geworden: Umsätze und Besucherzahlen sinken, während Ladenschließungen und Leerstände steigen. Es ist nicht zu leugnen, dass die beispiellose Erfolgsgeschichte des Smartphones eine neue Art von Konsumenten hervorgebracht hat, die losgelöst von Ort, Zeit oder Kanal nicht nur ein-kaufen, sondern sich informieren, beraten und allem voran assistieren lassen möchte. Google bezeichnet sie treffenderweise als „super-empowered consumer“ im „age of assistance“. Doch auch in einem Zeitalter, in dem digitale Assistenz immer mehr an Bedeutung gewinnt, gibt es Hoffnung für den Handel – begleitet von der Erkenntnis, dass etwas ungeheuer Wichtiges allzu lang in den Hintergrund geraten ist: die Freude am Einkaufen selbst und das Erlebnis, das der Einzel-handel seinen Kunden bieten kann.

Nicht umsonst entdecken immer mehr ehemalige Online Pure Player wie mymuesli oder Mister Spex die Vorzüge des Ladengeschäfts. Denn Fakt ist auch, dass trotz aller rasanten Umbrüche, die Innenstädte ihren relevanten Stellenwert behalten werden. Menschen sind soziale Wesen, die den persönlichen Austausch, das gemeinsame Erleben, die haptische Inspiration suchen und brauchen. Allein im Fashion-Bereich wer-den drei Viertel aller Umsätze nach wie vor im Sta-tionärhandel gemacht. Wir als Händler tragen damit nicht nur eine große Verantwortung für die Zukunft unseres eigenen Unternehmens, sondern auch für die Mitgestaltung des innerstädtischen Retails.

Der Wegweiser auf dieser Reise zum „New Retail“ ist der Kunde selbst – mit all seinen Bedürfnissen und Wünschen, seinen Bedenken und Sorgen. Der Leit-spruch „Der Kunde ist König“ mag etwas angestaubt sein, hat aber bis heute seine Gültigkeit behalten. Nichts anderes drückt der aktuelle Begriff der „Custo-mer Centricity“ aus, der den Kunden zum Mittelpunkt aller unternehmerischen Aktivitäten macht. Aber was Fo

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CUSTOMER CENTRICITY 13

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

interdisziplinären Ansatz haben wir gemeinsam mit der Otto Group und Experten aus unterschiedlichsten Fachrichtungen weit über den eigenen Tellerrand hin-ausgeschaut und unser Konzept in zahlreichen Durch-läufen zunächst in einer Art Lab und später in einem Test Store immer wieder auf den Prüfstand gestellt und angepasst. Nachdem wir die Schwachpunkte des klassischen Retails und die Wünsche unserer Kundin-nen anhand von Befragungen, Usertests und umfas-senden Marktanalysen identifiziert hatten, stellte sich die Frage nach der technischen Umsetzbarkeit – und zwar auf eine Weise, die intuitiv und komfortabel und tatsächlich im Sinne des Wortes assistierend ist.

Dazu haben wir zum einen unsere Erfahrungen aus dem Online-Geschäft wie bspw. dem UX-Design auf unser Retailkonzept übertragen. Zum anderen haben wir uns nach Anregungen außerhalb unserer Branche umgeschaut und Positivbeispiele in puncto Service, Kuratierung, Wartezeiten und Saisonalität aus Hotel- und Gastgewerbe, Gesundheitswesen, Lebensmittel-einzelhandel und der Automobilbranche einbezogen. Für uns war es wichtig, radikal umzudenken. Aber nicht, indem wir die Kundin mit technischen Neue-rungen überfordern, sondern sie mit einem Wohlfühl-Wow-Erlebnis abholen, das sie im Retail schon lange vermisst hat und ihr zeigt, dass wir zugehört und sie verstanden haben.

Mit der Eröffnung unseres Pilot Stores in der Ham-burger Innenstadt sind wir aber längst nicht am Ende unserer Reise angelangt. Vielmehr haben wir nun die Möglichkeit, diese neue Art des digital assistier-ten Shoppings unter realen Voraussetzungen konti-nuierlich weiterzuentwickeln und in einen täglichen Dialog mit unseren Kundinnen zu treten. Wir befin-den uns inmitten eines agilen Lernprozesses, in dem wir das Feedback zu unserem Store jeden Tag aktiv abfragen, sammeln und bewerten. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen gemeinsam mit für uns relevan-ten Markt- und Technologietrends in die stetige Evolu-tion des fashion connect Konzeptes ein.

Wir behaupten keinesfalls, DIE Lösung für die Zukunft des Einzelhandels gefunden zu haben, aber wir bieten eine, für unser Unternehmen passfähige Antwort auf aktuelle Herausforderungen. Inspirie-rend ist für uns dabei auch das enorm positive Echo

von Mitbewerbern, Medien und Branchenkennern. Das bestätigt uns einmal mehr darin, wie wichtig Mut und wie befruchtend ein transparenter Austausch ist – gerade jetzt, wo wir alle unseren Teil zur Wieder-belebung von Innenstadt und Retail beitragen möch-ten und uns vor allem eines wünschen: glückliche Kunden.

Vor dieser Prämisse sollten wir uns also wieder mehr und schneller zutrauen, neue Konzepte auf die Straße zu bringen, andere Dinge auszuprobieren, die den Kunden überzeugen und vor allem überra-schen. Wie damals beispielsweise, als Abercrombie & Fitch die Nachtclubatmosphäre in den Retail holte oder Ikea erstmals komplett eingerichtete Wohnwel-ten präsentierte. Das waren für den Kunden Wow-Momente im Retail, die wir unbedingt auch in der heutigen Zeit brauchen – ebenso wie all die prakti-schen Neuerungen, die andernorts schon seit gerau-mer Zeit zum digital assistierten Alltag gehören. So ist z. B. das mobile Bezahlen in New York unlängst Standard; schon vor zehn Jahren konnte man dort im Apple Store seine Ware direkt beim Kundenberater per Kreditkarte zahlen, ohne eine Kasse aufzusuchen, und die Rechnung gab es per E-Mail.

Nie waren die Möglichkeiten größer und nie wur-den neue Entwicklungen vor allem in den Großstäd-ten rasanter assimiliert als heutzutage. Ein gutes Bei-spiel dafür ist die neue Mobilität mit Car Sharing & Co., die das Stadtbild auch in einer so kritischen Nation wie Deutschland innerhalb von kürzester Zeit geprägt und verändert hat. Diese Entwicklungen wer-den nicht im Labor gezüchtet und gelauncht, sondern sind auf Augenhöhe mit dem Kunden entstanden, der die Rahmenbedingungen vorgibt. Worauf also noch warten? Der Kunde hat uns schon längst aufgezeigt, was er möchte und was nicht. Und wir können ihn auf dieser Reise begleiten und assistieren, indem wir dem Erlebniswert pro Quadratmeter einen mindes-tens genauso hohen Stellenwert einräumen wie rei-nen Umsatz- oder Absatzbetrachtungen. Oder, um es mit den Worten des Trendforschers Oliver Leisse zu sagen: „Eliminiert die Pain Points, konzentriert Euch auf die Gain Points! Das ist die nächste große Aufgabe für den Handel.“

Daniel Füchtenschnieder, Geschäftsführer bonprix Retail GmbH

möchte er wirklich? Was stört ihn, was macht ihn glücklich? Das herauszufinden und zu validieren, ist mit Sicherheit komplex, aber angesichts vorhandener kanalübergreifender Trackingtools und Methoden der Marktforschung kein Hexenwerk. Viel herausfor-dernder ist es, die Ergebnisse in all ihrer Konsequenz und Radikalität so umzusetzen, dass sie nicht nur den Kunden adressieren und aktuelle Markttrends bedienen, sondern auch zum eigenen Unternehmen passen.

Das erfordert großen Mut und die Bereitschaft, neue Wege abseits der lange vorherrschenden sepa-raten Kanal- und Wettbewerbsdenke zu beschreiten. Es ist ein Prozess, den wir immer wieder neu hinter-fragen und anpassen müssen – gerade, weil sich Welt, Technologie und Konsumentenansprüche so rasant verändern. Für Stillstand oder eine allzu theoretische Konzeptentwicklung hinter verschlossenen Türen bleibt keine Zeit. Vor allem dürfen wir nicht die Men-schen ausschließen, die es betrifft oder die durch ihre Expertise wesentlich zum Erfolg beitragen könnten.

Was passiert also, wenn wir mutig und offen sind und die Kunden tatsächlich an erste Stelle setzen? Wenn wir ihre Wünsche und Sorgen ernst nehmen, im ständigen Austausch mit ihnen stehen, uns gemein-sam mit ihnen weiterentwickeln und ihnen so nicht nur die Freude am Einkaufen zurückbringen, son-dern auch uns selbst für eine vollkommen neue und ganzheitliche Sicht- und Herangehensweise öffnen? Wenn technologischer Fortschritt und intuitive Bedie-nung, persönliche und digitale Assistenz, On- und Off-line keine Gegensätze mehr darstellen, sondern wir das Beste aus allen Branchen und Bereichen zu einer neuen Shoppingwelt vereinen? Dann sind auch Retail-konzepte nicht länger starre Konstrukte auf einer Ein-bahnstraße, sondern ein wichtiger Touchpoint in der gesamten Customer Journey einer Marke.

Wie ein solch radikal Kundinnen-orientierter, digi-tal assistierter und lernfähiger Ansatz aussehen kann, testen wir mit unserem Anfang 2019 eröffneten bon-prix „fashion connect“ Pilot Store in der Hamburger Mönckebergstraße im Live-Betrieb. Unserer Vision, ein neues begeisterndes Retailerlebnis für die Kun-din ganz ohne Pain Points zu kreieren, folgte ein rund 2,5-jähriger Entwicklungsprozess. In einem stark

„ Der Wegweiser auf dieser Reise

zum „New Retail“ ist der Kunde

selbst – mit all seinen Bedürfnissen

und Wünschen, seinen Bedenken

und Sorgen.“

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INNOVATION & DIGITALISIERUNG14

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019

ADVERTORIAL

Business by DesignDer Schlüssel zur digitalen Transformation des Handels

von Maria Gomez

Die digitale Transformation ist im Handel allgegenwärtig. Zumindest als Schlag-wort. Blicken wir dagegen auf die Umset-zung entsprechender Ideen und Strate-gien in der Praxis, wird klar, dass hier

noch ein weiter Weg vor der Branche liegt. Zugege-ben, die Kernfragen sind durchaus knifflig: Wie kön-nen neue Denk- und Arbeitsweisen etabliert wer-den? Was bedeutet Kundenzentrierung? Wie gelingt es, innovative Technologien in die Lieferkette, Intra-logistik sowie an den POS zu bringen? Oder: In wel-chen Methoden steckt Potenzial, um neue Geschäfts-modelle oder Wege der Kundenansprache erfolgreich voranzubringen?

Design als Mindset, Methode und ProzessGeht es um die Zukunft des Handels, dreht sich

zunächst viel um den Einsatz neuer Technologien – von KI und Big Data über VR/AR bis zu Blockchain, IoT und vielen mehr. Hier wird immer stärker nach Partnern gesucht, die Innovationskultur und Techno-logiekompetenz vereinen und End-to-End Lösungen sowohl designen als auch verproben, skalieren und global ausrollen können.

Erfolgreiche digitale Transformation ist jedoch weit mehr als die Aneinanderreihung von Webshop, digi-talem Verkaufsassistenten im Geschäft oder auf dem Smartphone und der neuen Self-Checkout-Lösung. Es geht darum, Geschäftsmodelle neu zu denken und Veränderungsprozesse zu gestalten. Dafür müssen unternehmerische und gestalterische Kompetenzen zusammengebracht werden – hier setzt IBM iX an. Mit

dem Credo „Business by Design“ arbeiten die Teams der IBM Tochter weltweit nach einem konsequent benutzerorientierten sowie kollaborativen Modell, das den Kunden von Beginn an in den Prozess einbe-zieht. Design geht dabei über das bloße Erscheinungs-bild eines Produkts oder einer Dienstleistung hinaus hin zu neuem Denken, und neuen Vorgehensmodel-len, die Innovationen hervorbringen.

Fressnapf als Vorreiter der kundenzentrierten Digitalisierung

Die Zusammenarbeit von IBM mit Fressnapf ist ein passendes Beispiel für diesen gemeinsamen Weg. Das Unternehmen ist ein Vorreiter für die kun-denzentrierte Digitalisierung und möchte zukünftig der Ansprechpartner Nr. 1 für alle Themen rund um das Tier sein. Um diese Ziele zu erreichen und u.a. eine durchgängige Kundenzentrierung innerhalb des Fressnapf Ökosystems zu schaffen, stand neben dem Aufbau einer agilen Organisation auch der Aufbau einer digitalen Plattform im Vordergrund. Mit einem agilen Vorgehensmodell wurden dabei die Grundprin-zipien Nutzerfokus, Kollaboration und Schnelligkeit in mehreren Design-Sprints umgesetzt.

www.ibm.com/industries/de-de/retail/solutions.html

Maria Gomez, Direktor Handel- und Konsumgüterindustrie

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CYBERVERSICHERUNG 15

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019

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Schadenprävention kommt häufig zu kurzBetriebe sind immer auch Risiken ausgesetzt, von denen nicht wenige durchaus existenzgefährdend sein können: von Cyberangri�en über Einbrüche bis hin zu Naturgefahren. Ein Gespräch mit Christoph Lockemann, Zielgruppendirektor der SIGNAL IDUNA.

Herr Lockemann, warum sollten Betriebe über eine Cyberversicherung nachdenken?

Die Gefahr, Opfer einer Cyber-Attacke zu werden ist sehr konkret geworden: 2017 zum Beispiel hatte fast jedes zweite kleine und mittlere Unternehmen einen Cyber-Angriff erlebt. Wird man Opfer einer solchen Attacke, geht dies rasch in den fünfstelligen Bereich und darüber hinaus. Der klassische Hacker-Angriff ist mit einem Anteil von rund 12 Prozent der Schäden übrigens eher selten.

Was sollte Ihrer Meinung nach eine gute Cyberversiche-rung abdecken?

Eine gute Cyberversicherung macht beispielsweise aus, dass sie unter anderem Eigenschäden, damit ver-bundene Betriebsunterbrechungen und verursachte Schäden bei Dritten, etwa durch virenverseuchte Mails, absichert. Darüber hinaus müssen die Kos-

ten für Fachleute versichert sein, die einen Betrieb wieder ins Laufen bringen oder sich mit Forderun-gen Dritter befassen müssen: Dazu gehören etwa IT-Forensiker und Anwälte.

Die Cyberversicherung muss in der Regulierung anderen Versicherungen vorangehen, um Zeitverluste durch unnötige Klärungen von Zuständigkeiten zu verhindern. Klar vereinbarte Versicherungssummen – zum Beispiel ohne die Unterscheidung von direk-ten und indirekten Cyber-Attacken – sind ein weiteres Cyber-Essential.

Ihr „Digitaler Schutzschild“ umfasst aber nicht nur die eigentliche Cyberversicherung. Sie kooperieren dafür mit dem Start-up Perseus …

Beim „Digitalen Schutzschild“ ist’s ein wenig wie beim Autofahren: Haftpflicht, Kasko und Schutzbrief laufen über die Versicherung. Für das Fahrsicher-

heitstraining, den Beleuchtungscheck und die Pan-nenhilfe gibt es den Automobilclub. Daraus entstand die Idee des „Cyber Security Club“, bei dem wir mit Perseus kooperieren. Mit Perseus zusammen haben wir den „Digitalen Schutzschild“ auch entwickelt. Per-seus bietet neben der Schadenhilfe Firmeninhabern und Mitarbeitern Unterstützung und Fortbildung, um selbst zur Cybersicherheit beitragen zu können. Auf-merksame, geschulte Mitarbeiter sind wichtig: Sie können Cyberangriffe häufig verhindern. Oder, wenn es doch geschieht, durch gezielte Erstmaßnahmen die Schäden minimieren.

Welchen Stellenwert messen Sie der Prävention bei?Prävention ist die wichtigste Maßnahme im Kampf

gegen Cyberkriminalität. Jedes Unternehmen kann bereits selbst viel dazu beitragen, sich gegen Cyberkri-minalität zu schützen. Ein aktueller Virenschutz und regelmäßige Sicherheitsupdates der Systeme sind ein Muss für jedes Unternehmen, um Cyber-Angriffe zu erschweren. Mit einer wöchentlichen Datensicherung und physisch getrennt aufbewahrten Sicherungsko-pien können Unternehmen sich vor Datenverlusten schützen. Die Mitarbeiterschulungen von Perseus in Sachen Cyber-Kriminalität helfen zusätzlich so gut es geht, einem Cyber-Angriff entgegenzuwirken.

Doch Betriebe sind ja auch in der analogen Welt nach wie vor Risiken ausgesetzt, die existenziell werden kön-nen.

Da sprechen wir beispielsweise von Naturgefahren wie Hochwasser und Starkregen, die generell zuneh-men. Aber auch Einbrüche, nicht selten einherge-hend mit Vandalismus, sind ein Problem mit steigen-den Fallzahlen.

Wie sind Sie als Versicherer hier gefordert?Auf der einen Seite ist es natürlich an uns, passen-

den Versicherungsschutz zu entwickeln. Hier sind wir als berufsständischer Versicherer mit unseren Pro-dukten schon recht gut unterwegs. Darüber hinaus sehen wir uns als Partner von Handwerk und Han-del. Als ein solcher bieten wir beispielsweise durch Kooperationen Services und Lösungen an, bei denen Versicherungsschutz nur eine Komponente darstellt.

Können Sie ein Beispiel nennen?Nehmen Sie den Einbruchschutz: Wie auch bei

Cyber ist Prävention unabdingbar. Hier kooperieren wir mit der Aalener TELENOT ELECTRONIC GmbH, einem der führenden deutschen Anbieter für Sicher-heitstechnik. Wir organisieren für Betriebe eine kos-tenfreie Sicherheitsüberprüfung vor Ort; TELENOT erarbeitet ein individuelles Sicherheitskonzept und installiert über ein fachlich verbrieftes Sicherheits-netzwerk die Technik. Betriebe, die so Einbrüchen vorbeugen, erhalten Beitragsnachlässe auf die ent-sprechenden Versicherungsbausteine.

Weitere Informationen zur Kooperation zwischen SIGNAL IDUNA

und TELENOT finden Sie unter www.beste-versicherheit.de

und alles zur SIGNAL IDUNA Cyberversicherung unter

www.signal-iduna.de/cyber-sicherheit

Christoph Lockemann

„ Prävention ist die

wichtigste Maßnahme

im Kampf gegen Cyber-

kriminalität.“

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INNOVATION & DIGITALISIERUNG16

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

#thenewretail

Digitale Disruption im Einzelhandel

von Tina Müller

Hand aufs Herz: Wann waren Sie zuletzt in der Stadt, um ein neues Parfüm, eine Gesichtspflege oder ein Geschenk zu kau-fen? Oder bestellen Sie Ihre Beautypro-dukte nicht auch schon längst online? Die

Digitalisierung bietet ungeahnte Möglichkeiten: Late-Night-Shopping im Onlineshop weit nach Mitternacht oder unkomplizierte Erledigungen per Smartphone, immer dann und wann es einem gerade einfällt. Damit verändert die Digitalisierung eine ganze Bran-che: Der Beauty-Markt hat sich in den letzten fünf Jah-ren schneller verändert als in den gesamten fünfzehn Jahren davor. Heute bestimmen Influencer, welche Produkte wir kaufen. Heute informiert uns das Smart-phone über Inhaltsstoffe. Heute beeinflussen digitale Innovationen, wie und wo wir einkaufen. Diese Ent-wicklungen schrecken den Einzelhandel mächtig auf. Das Schreckgespenst, die Digitalisierung: Sie beschert Innenstädten und Ladeninhabern einen Frequenz-verlust und sinkende Umsätze. 2018 erreichte der Online-Handel in Deutschland erstmals mehr als 10 Prozent Marktanteil. Konkret sind das über 50 Milliar-den Euro Umsatz, für den Kunden nicht in den Innen-städten, sondern online sorgten. Insbesondere der Mobile Commerce, also der Einkauf über das Smart-phone, boomt. Die Anzahl mobiler Einkäufe haben sich in den letzten drei Jahren in Deutschland mehr als verdoppelt.

Doch bei all dem Wandel hat sich eines nicht ver-ändert: Kunden erwarten auch online und mobil die Vorzüge und Services individueller Beratung, die das Einkaufserlebnis so einzigartig machen. Das erfor-dert neue Denkansätze im Einzelhandel. Ein Spagat, der Mut kostet, blicken doch die meisten Retailer auf eine gewachsene Filialtradition. Bis vor einigen Jahren spielte der Onlinehandel dabei eine untergeordnete Rolle, zumeist als simple Verlängerung des Laden-regals. Die erste Douglas Filiale eröffnete vor über 100 Jahren in Hamburg und galt schon damals als erste Adresse für Schönheit. Bereits im Jahr 2000 haben wir als einer der Pioniere im E-Commerce unseren Online-Shop eröffnet. Das war kurz nach dem Start von Amazon und Google – und lange vor YouTube, Facebook und Instagram. Heute besteht unsere Her-ausforderung darin, diese gewachsene Tradition unserer Marke modern zu denken, digital erlebbar zu machen und mit Innovationen zu stärken.

Das geht nur, indem man online und offline nicht als Konkurrenz sieht, sondern als starke Einheit begreift. „Omnichannel“ ist das Buzzword für die-ses Geschäftsmodell, das sich am Kunden ausrich-

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INNOVATION & DIGITALISIERUNG 17

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

tet. Damit ist Douglas für Kunden nicht nur in unse-ren 2.400 Stores, sondern auch auf unseren digitalen Kanälen zu erleben. Ebenso sind unsere Produkte und Services in der App und im Onlineshop rund um die Uhr verfügbar.

Unsere umsatzstärkste FilialeHerzstück dieser 360-Grad-Erreichbarkeit ist die

Douglas App als unser wichtigster und profitabels-ter Store. Dabei ist die App weitaus mehr als ein wei-terer Vertriebskanal. Als Point of Experience schafft sie einen Mehrwert für unsere Kunden: Digitaltrends wie Augmented Reality Erlebnisse sind längst in der Beauty-Branche angekommen – und in unserer App in Form des neuen Douglas Beauty Mirror zu finden. Vor wenigen Monaten gelauncht, macht es der Beauty Mirror durch Augmented Reality möglich, neue Make-up-Trends und Looks virtuell und unterwegs auszu-probieren, zu kaufen und entweder nach Hause oder in die Filiale liefern zu lassen. Dass diese Bemühun-gen den Nerv unserer Kunden treffen, zeigt sich deut-lich: Mittlerweile erwirtschaften wir über 60 Prozent unseres E-Commerce Umsatzes über mobile Endge-räte. Dabei steuert unsere Douglas App bereits auf 20 Prozent des Online Umsatzes zu. Damit ist sie unsere umsatzstärkste „Filiale“. Zudem kaufen Kunden, die sie heruntergeladen haben, im Durchschnitt häufiger und für einen höheren Bon.

The next big thing: PersonalisierungEin weiterer Trend, insbesondere im Beauty-

Bereich: Personalisierung und Individualisierung. Kundenkarte und Onlineprofil ermöglichen schon heute individuelle Produktempfehlungen und Ange-bote. Es ist dieser individuelle Service, der Kunden bindet. Dem tragen wir Rechnung, auch in unse-rer Douglas App: von der persönlichen Begrüßung, über individualisierte Kaufempfehlungen und Pro-dukthighlights, bis hin zur Nachfüllfunktion, die dem Nutzer auf der Startseite durch die Anzeige bereits gekaufter Produkte ermöglicht, diese mit nur einem Klick nachzubestellen. Noch vor dem Weihnachtsge-schäft führen wir zudem personalisierte Push-Nach-richten ein, die auf besondere Angebote aufmerksam machen – abgestimmt auf die individuellen Bedürf-nisse unserer Kunden. Und auch stationär kommen wir diesen Wünschen nach: Im Trend liegen individu-alisierte Produkte, wie die im Store live produzierte, individuelle Gesichtspflege, der mit eigenem Namen gravierte Lippenstift oder der personalisierte Duft-flakon. Dank der Digitalisierung sind unsere Teams schon jetzt in der Lage, unseren Kunden ein besseres Angebot, eine bessere Beratung und damit auch ein besseres Kundenerlebnis zu bescheren. Es sind diese neuen Denkansätze, die den Einzelhandel zukunfts-fähig machen und die den Spagat schaffen zwischen Tradition und Disruption.

Douglas wird zur PlattformMit der Digitalisierung entwickeln wir uns konti-

nuierlich weiter: Gestern wie heute ist E-Commerce ein wichtiges Zukunftsfeld, das wir schon früh für uns genutzt haben und weiter vorantreiben.

Damit haben wir eine hervorragende Ausgangs-position für den nächsten Schritt geschaffen: Doug-las wird zur ersten Beauty-Plattform Europas, auf der unsere Kunden mit nur wenigen Klicks bequem alles aus einer Hand erhalten. Inspirationen und Inhalte zu den neusten Trends in Kombination mit einem per-

sonalisierten Shopping-Erlebnis bietet unser Content Hub, der Inhalte unseres Online-Shops, unserer App und Social Media bündelt. Über unsere neue Online-Buchungsplattform können unsere Kunden rund um die Uhr Beauty-Services und Behandlungen in ausge-wählten Douglas Filialen sowie Beauty- und Friseur-salons buchen. Seit dem Start von Douglas Beauty Booking kommen fast täglich neue Partner-Salons hinzu. Über unseren Marktplatz können Kunden bald auch Produkte von Partnern bestellen. Dafür spre-chen wir vor allem mit Partnern für Beauty-Produkte, aber auch anderen Branchen wie Fashion. So bie-ten wir unseren Kunden ein noch größeres Angebot. Unsere Partner wiederum nutzen unsere bestehende Infrastruktur. Wir bieten ihnen direkten Zugang zu rund 42 Millionen Douglas Beauty Card Kunden, die Douglas seit Jahren ihr Vertrauen schenken.

Mit diesen Schritten haben wir einen Kulturwan-del angestoßen, der uns mutiger und schneller macht. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Plattform neues Wachstumspotenzial eröffnet. Getreu unserem Motto #doitforyou möchten wir in Zukunft all das bie-ten, womit sich unsere Kunden etwas Gutes tun und sich wohl fühlen – genau abgestimmt auf ihre individu-ellen Wünsche und Bedürfnisse. Ob Beauty-Produkte, Schönheitsanwendungen, Wellness oder Gesundheit – unsere Optionen sind schon heute vielfältiger denn je. Wir können gespannt sein, wie der Beauty-Markt in fünf Jahren aussehen wird. Klar ist: Die Digitalisierung wird den gesamten Einzelhandel weiter aufmischen – und dabei ungeahnte Möglichkeiten bieten.

Tina Müller, CEO Douglas Group

„ Bei all dem Wandel

hat sich eines nicht

verändert: Kunden

erwarten auch

online und mobil

die Vorzüge und

Services individueller

Beratung, die das

Einkaufserlebnis so

einzigartig machen.“

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RETAIL INNOVATIONEN18

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Keine Angst vor Amazon!Wenn über die größte Herausforderung für den traditionellen Handel gesprochen wird, fällt meistens nur ein Wort: Amazon. Doch diese Antwort greift zu kurz. Nicht ein einzelnes Unternehmen macht den etablierten Händlern zu scha�en, sondern das Thema Innovation insgesamt. Wer auch in Zukunft erfolgreich sein will, braucht Kooperation!

von Johannes Brenninkmeyer

Der Handel ist in Zeiten des Internets einem fundamentalen Wandel unter-worfen, keine Frage. Der Markt wird von einem lokalen zu einem globalen Markt. Ein Markt, in dem der Kunde nicht mehr

das kauft, was vorrätig ist – sondern im Zweifel das, was er sich wirklich wünscht. Schließlich ist online immer alles vorrätig und zum besten Preis erhältlich.

Wenn Händler und Beobachter über diese Entwick-lung klagen, nennen sie vor allem einen „Schuldigen“ dafür: Amazon. Und der einstige Buchhändler aus Seattle hat tatsächlich einen beachtlichen Aufstieg hin-gelegt. Er steht in Deutschland Schätzungen zufolge mittlerweile für rund 40 Prozent aller Online-Umsätze.

Ich bin dennoch der Meinung, dass Amazon nicht die Ursache einer Entwicklung ist – sondern die Kon-sequenz. Die Ursache ist meines Erachtens Kunden-bedürfnisse. Und die sind nicht mal neu: Die besten Argumente für einen Händler waren schon immer Verfügbarkeit und Preis. Und diese beiden Aspekte hat Amazon perfektioniert – indem das Unternehmen kein Ladenlokal in der Innenstadt, sondern den Inter-netbrowser auf dem PC der Kunden nutzte. Der Auf-stieg von Amazon ist, wenn man so will, der Sieg des heimischen PCs gegen die Fußgängerzone.

Die gute Nachricht für den Handel lautet, dass die technologische Entwicklung voranschreitet. Heute gibt es „jemanden“, der gegen den heimischen PC antritt – nämlich das Smartphone in der Tasche des Kunden. Mit ihm ist die Verfügbarkeit und Preistrans-parenz überall gegeben, nicht nur daheim. Wer die Zeichen der Zeit angesichts des rasant steigenden Umsatzes im mobilen Internet, und die Tatsache, dass die Customer Journey inzwischen zu 90% mobil beginnt, nutzt, hat erhebliche Chancen. Ebenso der, der sich jetzt schon mit Sprachassistenten auseinan-dersetzt, und eine Antwort auf die Frage hat, welche Rolle er spielt, wenn man Nachbestellungen und mar-genstarke Impulskäufe per Sprache tätigt.

In Zukunft werden neue Technologien wiederum dem Smartphone als Shopping-Medium zu schaffen machen. Was, wenn künstliche Intelligenz autonom entscheidet, welches Waschmittel wir wo kaufen – so wie Google Maps schon heute allein die Wegstrecke von München zur Nordsee wählt – egal, was der Ver-kehrsfunk im Radio uns sagen will.

Mit jeder technologischen Entwicklung werden die Karten im Handel neu gemischt – jedes Mal haben wieder andere die Chance, als Gewinner vom Platz zu gehen. Die schlechte Nachricht für etablierte Händ-ler ist dabei, dass es im Regelfall Startups sind, die technologische Innovationen am besten nutzen. Das zeigen auch Spotify, Zalando und Booking.com. Eta-blierten Unternehmen wird häufig ihre Erfahrung – eigentlich eine Stärke – zum Hindernis. Startups hingegen haben keine Erfahrung – aber den Willen, kompromisslos neu zu denken. Dabei scheitern von denen, die keine externe Unterstützung haben, 80%. Aber die anderen 20% sind die „Perlen“.

Wenn ich als etabliertes Unternehmen in einem sol-chen Umfeld dennoch erfolgreich sein möchte, lautet die Lösung: Kooperation. Wenn ich weiß, dass viele zukunftsträchtige Ideen für den Handel von morgen von Startups kommen, warum arbeite ich dann nicht mit ihnen zusammen? Wenn ich weiß, dass alle etab-lierten Unternehmen das gleiche Problem mit Innova-tion haben? Wieso kooperiert man dann nicht?

Johannes Brenninkmeyer, Director des Plug and Play Retailtech Hub, der Innovationsplattform

für Unternehmen und Startups aus dem Handelsumfeld

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RETAIL INNOVATIONEN 19

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Wie sowas funktionieren kann, zeigt wie so häu-fig das Silicon Valley. Dort arbeiten große Unterneh-men wie die Supermarktkette 7-Eleven, Mars, Coca Cola, Procter & Gamble und Walmart in Programmen von Plug and Play mit Startups zusammen und hel-fen Gründern zu wachsen. Unter diesen Gründern unter anderem die Vermittlungsplattform Rappi, die Endkunden über ein Netzwerk an Lieferdiensten die Möglichkeit gibt bei Restaurants und Einzelhändlern zu bestellen und der Aggregator von Online-Gutschei-nen, Honey. Beide haben bereits einen massiven Ein-fluss darauf, wie die Menschen einkaufen und sind heute so genannte Unicorns, also nicht börsennotierte Startups im Wert von über einer Milliarde Dollar.

Ein ähnliches Programm startete Ende 2017 mit dem Plug and Play Retailtech Hub in München. Dort arbeiten die innovativen Player des Handels-Ökosys-tems: Einzelhändler, Marken, Real Estate Eigentümer und Payment-Technologieanbieter wie Lidl, Kaufland, MediaMarkt, Saturn, s.Oliver, Aachener Grundvermö-gen, Wirecard und Visa gemeinsam mit Startups an der Zukunft des Handels. Diese Gruppe trifft im Plug and Play Retailtech Hub zusammen, um die Technolo-gietrends im Retail für die Zukunft nicht nur zu kenn-nen und die Agenda zu definieren, sondern binnen 3-6 Monaten umzusetzen.

Die Themen sind dabei vielfältig: Das Startup Packator organisiert schnelle Lieferungen auf der letzten Meile besser. Dazu vereint die App unter-schiedliche Lieferdienste in einer Stadt – der Laden kann denjenigen lokalen Lieferanten auswählen, der das Produkt am schnellsten zum Kunden bringen kann. Brickspaces bietet die Möglichkeit an, sehr ein-fach temporäre Flächen im Handel zu mieten – wenn etwa ein neuer Energy Drink im Umfeld von Mode-boutiquen präsentiert werden soll, kann man ent-sprechende Flächen für Pop-Up Stores mitten in der Innenstadt mieten. Bislang mussten diese sehr auf-wendig über Einzelanfragen gebucht werden. Dar-über hinaus bietet Brickspaces mit „_blaenk“ ein Ladenkonzept, das eher Ausstellungsfläche als Ver-kaufsraum ist. Hersteller und insbesondere Online-Marken können Produkte ausstellen, die dann auspro-biert und nach Hause bestellt werden können.

Mehrere Startups aus dem Retailtech Hub arbei-ten an Verfahren, um in Läden zu bezahlen, ohne in der Kassenschlange warten zu müssen. Dabei gibt es diverse Technologien für die Umsetzung: Mishipay beispielsweise nutzt einen QR-Code auf einem Sticker, der per Handy gescannt wird. Rapitag bietet drei elek-tronisch entsperrbare Sicherungstypen, von der so genannten Alarmspinne bis zur Flaschensicherung, mit der hochwertige Ware im Handel geschützt wird. BuyBuddy hat ein eigenes „Tag“ enwickelt, das an die Produkte geheftet wird. Wenn solche Lösungen von Startups angeboten werden, ist es kein Problem, diese parallel in mehreren Läden zu testen. Jedes Startup wird alles geben, um die eigene Lösung zum Erfolg zu bringen. Als In-house-Innovation würde vermut-lich so lang über das richtige Verfahren diskutiert, das man am Ende gar nichts umsetzt.

Das Startup ParcelLab aus München holt die Ver-sandkommunikation mit dem Kunden zurück zum Händler. Der Kunde wird also nicht nach dem Kauf dem Logistiker „überlassen“, sondern erhält alle Benachrichtigungen von dem, bei dem er kauft. Das Pilotprojekt mit einem Händler zeigte, das die Kun-den zufriedener sind – und dass erhebliche Zusatzum-sätze generiert werden konnten, wenn beispielsweise

in der Versandbenachrichtigung für ein Abendkleid auf die passende Handtasche hingewiesen wird. Das Startup verblüffte einen Partner des Retailtech Hub, indem es die gesetzten Projektziele um das Sieben-fache übertraf. Da die Partner die Ergebnisse teilen, ist so ein Erfolg für das Startup eine Chance, in kür-zester Zeit den Markt zu durchdringen.

Am Retailtech Hub nehmen pro Accelerator-Runde, die etwa drei Monate dauert, circa 15 Startups teil. Die führenden Startups für die spezifischen Fragestellun-gen des Handels sind dabei oft nicht in Deutschland zu finden, sondern nur im internationalen Startup Ökosystem: dreiviertel der Startups im Retailtech Hub stammen aus dem Ausland. Und alle haben am Ende dieser Runde ein Pilotprojekt mit einem der Händler umgesetzt. Anschließend werden die Ergebnisse dann mit allen Partnern geteilt. So können vor allem Her-ausforderungen, die alle Partner gemeinsam betref-fen, gemeinsam gelöst werden. Und ein System, was funktioniert, sich aber für einen bestimmten Handels-zweig als nicht zweckmäßig erweist, kann in einem anderen eingesetzt werden. Plug and Play greift dabei auf Erfahrungen mit 325 Konzernen in anderen Bran-chen und Regionen zurück – wenn eine Lösung für die innovativsten Logistikunternehmen der USA Einspa-rungen ermöglicht, warum sollte es nicht auch füh-renden Einzelhändler in Deutschland gelingen, dieses System gewinnbringend einzusetzen?

Ich glaube, dass es solche Systeme der grenzüber-schreitenden Kooperation sind, die Handelsunterneh-men fit für die nächsten technologischen Entwicklun-gen machen können. Nicht jeder allein kann Amazon schlagen, aber gemeinsam gelingt es, dem Giganten technologisch die Stirn zu bieten. Und die Ergebnisse dieser Programme bestätigen das.

„ Nicht jeder allein

kann Amazon

schlagen, aber

gemeinsam gelingt

es, dem Giganten

technologisch die

Stirn zu bieten.“

Am Standort München in der Balanstraße arbeiten Plug and Play, Startups

und etablierte Unternehmen gemeinsam an der Zukunft des Einzelhandels.

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Die Grenzen zwischen offline und online verschwimmen und online verschwimmen

Der Einzelhändler Ernsting’s family nutzt seine Onlineaktivitäten geschickt dazu, auch das Filialgeschäft zu stärken. Und setzt dabei die gesamte Klaviatur des Onlinemarketings ein.

DIE ZEITEN, IN DENEN KUNDEN PRODUKTE nur im Aus-nahmefall online bestellten oder sich allein auf Aussagen eines Filialmitarbeiters verließen, sind vorbei: Bei Beklei-dung etwa beträgt der Onlineanteil der verkauften Ware mittlerweile gut 60 Prozent. Zudem recherchieren auch Filialkunden immer häufiger online zu Artikeln, die sie kaufen wollen. Einzelhändler mit starkem Filialgeschäft müssen sich deshalb der Herausforderung stellen, starke Onlinemarken aufzubauen, die Ladengeschäfte ge-schickt mit Onlineaktivitäten zu verknüpfen und gleich-zeitig immer ausreichend „Laufkundschaft“ in die Filialen zu bekommen.

Diese Herausforderung beschäftigt auch die Verantwort-lichen beim deutschen Textileinzelhändler Ernsting’s family. Das Familienunternehmen betreibt in Deutsch-land und Österreich 1.865 Filialen. Gleichzeitig ist Ernsting’s family einer der größten Crosschannel-Händ-ler in Deutschland, generiert einen guten Teil seines Um-satzes im Onlineshop und versucht, zwischen Online-shopping und Filialen möglichst große Schnittmengen zu schaffen.

Die Kunden kaufen vermehrt online, viele schätzen dennoch die Filiale

Viele Kunden schätzen neben einem guten Onlineshop nach wie vor die Einkaufserfahrung im Geschäft. Des-halb setzt Ernsting’s family neben dem Webshop konse-quent auf den sogenannten Multichannel-Vertrieb: Kun-den können beispielsweise Artikel online bestellen und diese dann in einer beliebigen Filiale abholen. Auch ohne Artikel zu bestellen, informieren sich viele Kunden online

und gehen dann in die Filiale vor Ort. Ernsting’s family versucht deshalb ganz bewusst, die Kunden mit entspre-chenden digitalen und mobilen Werbeanzeigen zu einem Besuch des nächstgelegenen Ladengeschäfts zu ani-mieren.

Mit Onlinemarketing Menschen in die Geschäfte bringen

Mithilfe von verschiedenen Google-Produkten spricht der Händler auch Menschen an, die sich noch in der Ins-pirationsphase befinden, also noch nicht genau wissen, was sie kaufen wollen. Dazu schaltet Ernsting’s family auf YouTube sowohl längere Videos als auch kurze, pro-duktbezogene Bumper-Anzeigen, die zum Besuch einer Filiale auffordern. Auch standortbasierte Displayanzei-gen – das sind Anzeigen auf anderen Websites oder zum Beispiel in Gmail – spielen zunehmend eine Rolle. Bei Ernsting’s family etwa besuchen 4,5 Prozent der Nut-zer, die eine solche Anzeige gesehen haben, danach eine Filiale. Innerhalb eines Testzeitraums von sechs Mona-ten haben Google-Werbeanzeigen mehr als 900.000 Fili-albesuche ausgelöst. Mobile Interaktionen werden da-bei zunehmend zum entscheidenden Faktor. Denn 70 Prozent dieser Filialbesuche gehen auf eine Werbeinter-aktion auf mobilen Geräten zurück.

Ernsting’s family nutzt standortbasierte Anzeigen

Die mit 15 Prozent höchste Store Visit Rate erreicht Ernsting’s family mit dem auf mobile Reichweite ausge-legten Werbeformat „Anzeigen mit lokalen Artikeln und

Angeboten“, das es seit 2018 gibt. Diese funktionieren ähnlich wie lokal verteilte Prospekte oder Anzeigen in regionalen Zeitungen. Kunden erhalten über diese Anzei-gen zum Beispiel Informationen zu Preisen und Adres-sen lokaler Filialen. Auch in der Google-Suche schaltet Ernsting’s family Anzeigen, um mehr Menschen in die Geschäfte zu bringen. Dabei setzt der Händler zuneh-mend auf spezielle Werbeformate, die die Verfügbarkeit eines Produkts in der nächstgelegenen Filiale direkt an-zeigen.

Ernsting’s family nutzt zudem die Möglichkeit, mit loka-len Kampagnen einzelne Filialen zu bewerben. Sowohl die Auswahl der Ladengeschäfte als auch die Ausspie-lung der Kampagneninhalte erfolgt vollautomatisch und wird per Machine Learning permanent optimiert. „Diese Kampagnen pushen zu 100 Prozent unser Filialge-schäft“, sagt Wölfel. In einer Shopping-Welt, in der online und offline keine strikt getrennten Sphären mehr sind und die Grenzen zunehmend verschwimmen, können Unternehmen wie Ernsting’s family mit solchen fortge-schrittenen Lösungen einen steten Kundenstrom für ihre Filialen erzeugen – und damit auch die Innenstädte langfristig attraktiv halten.

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Entscheidende Trends für den Handel unter g.co/think/zukunfthandel

„Wir wollen die Synergien zwischen Offline- und Onlinegeschäft noch weiter ausbauen“, sagt Stephanie Wölfel, Head of Digital Business bei Ernsting‘s family. Kunden können beispielsweise online bestellen und die Artikel dann in einer beliebigen Filiale abholen.

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Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019

ADVERTORIAL

Kunden- loyalität: Vom Handel ignoriert?

von Max H. Brüggemann & Dr. Kai-Michael Schaper

Was ist Kundenloyalität? Fragt man Verantwortliche in deutschen Unter nehmen, geht es dabei meist um klassische Kundenbindungspro-gramme, d.h. im Kern um Punkte

und Prämien. Dieses eingeschränkte Verständnis von Kundenloyalität ist aufgrund stetig steigender Kun-denerwartungen und sinkender Wechselbarrieren im FMCG-Umfeld häufig zu kurz gedacht. Ob in B2B oder B2C: Unternehmen müssen Kundenloyalität breiter definieren, wenn sie ihre Kunden sowie insbeson-dere die an Relevanz zunehmende attraktive Kunden-gruppe der Generation Z nicht verlieren möchten.

Zur Entwicklung nachhaltiger Kundenloyalität bedarf es mehr als einer rein transaktionalen Aus-richtung, und zwar einer emotionalen Aufwertung der Kundenbeziehung. Dafür ist es unabdingbar, das Thema Kundenbindung als eigenständiges, überge-ordnetes strategisches Ziel zu verankern und sich von der Perspektive einer isolierten Marketingaktivi-tät zu verabschieden. Voraussetzung dafür ist, neben einem exzellenten Produkt oder Service, eine heraus-ragende, kanalübergreifende Customer Experience. Dieses Grundverständnis von Kundenloyalität prokla-mieren zwar einige Unternehmen bereits heute für sich, doch nur wenige haben es erfolgreich umgesetzt:

Dr. Kai-Michael Schaper,

Head of Consumer Products,

Retail & Distribution,

Capgemini Invent

Max H. Brüggemann,

Head of Loyalty &

Customer Engagement,

Capgemini Invent

gpo

ints

tudi

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rsto

ck.c

om

CUSTOMER CENTRICITY

So gelingt es dem kanadischen Sportbekleidungs-hersteller Lululemon, eine globale markentreue Com-munity aufzubauen, indem stationäre Geschäfte wie in Berlin oder Düsseldorf nicht mehr als klassische Verkaufsfläche, sondern als Ort gemeinsamer Erleb-nisse dienen. Kostenlose Yoga- und Fitnessklassen sowie Lauftreffs sind nur einige Beispiele dafür, wie Lululemon emotionale Kundenbeziehungen aufbaut und stärkt. Auch der innovative adidas Creators Club setzt auf emotionale Kundenbindung, z.B. durch Vor-kaufsrechte für Limited Editions anstelle rein mone-tärer Anreize.

Viele Händler beklagen sich, dass ihnen klassi-sche Kundenbindungsprogramme keinen nennens-werten Mehrwert liefern, respektive das „süße Gift“ seine Wirkung im Zeitverlauf verliert – zu Recht. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Thema an Relevanz verliert. Im Gegenteil: Ohne eine exzellente Customer Experience und die strategische Steuerung von Loya-lität werden Kunden in stetig transparenteren Märk-ten zu aktiveren Wettbewerbern und agilen Start-Ups abwandern. Dies zu verhindern, muss daher Verant-wortung und Kernaufgabe auf CxO-Level sein. Kriti-sche Erfolgsfaktoren sind neben dem kontinuierlichen Hinterfragen der übergeordneten Loyalitätsstrategie, eine flexible Programmsteuerung, die Automatisie-rung von Marketingmaßnahmen sowie die systemati-sche Erfolgsmessung.

www.capgemini.com/de-de/invent

„ Ob in B2B oder

B2C: Unternehmen

müssen Kunden-

loyalität breiter

definieren.“

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RETAIL INNOVATION22

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

Wie gewinnt man auf Online-Marktplätzen?

von Jan Bechler

Egal, ob Suche nach einem Job, einer Reise oder einem Zeitungsartikel – noch vor eini-gen Jahren war der Startpunkt für eigent-lich alles, was im Internet stattfand, die Suchmaschine Google. „Google is every

brand’s homepage“ lautete daher die Devise im Mar-keting – Google sei die Homepage jeder Marke bzw. eigentlich von allem, was im Internet verfügbar war. In den letzten Jahren hat sich dies verändert – es ist Vielfalt entstanden: Nutzer rufen direkt Facebook und Instagram auf, wenn sie Inhalte sehen wollen, die von Freunden oder Promis erstellt oder ausgewählt wurden. Und die Suche nach Produkten startet direkt bei Amazon.

Rund 55% aller Produktsuchen beginnen weltweit mittlerweile direkt beim ehemaligen Buchhändler aus Seattle – eine beeindruckende Zahl. Einer der ent-scheidenden Gründe hierfür ist sicherlich das Sorti-ment. 261 Millionen Artikel, so die aktuellste vorlie-gende Zahl, bot Amazon Deutschland im Jahr 2016 an, Tendenz steigend. Möglich wird diese Menge allein dadurch, dass nicht nur Amazon selbst Pro-dukte auf seiner Plattform anbietet, sondern auch die Marktplatzhändler.

Um Amazon zu kontern, ergänzen zahlreiche andere Händler – etwa die Otto-Gruppe, Douglas oder die Supermarktkette Real – ihr bestehendes Ange-bot ebenfalls um Marktplätze. Und die Chancen die-ser Plattformen stehen gar nicht schlecht. Denn ein großer Teil des Online-Handels findet heute auf dem Smartphone statt – und dort werden sich vermutlich neben den sozialen Netzwerken auch einige wenige Shopping-Apps, eben die relevanten Marktplätze, als Einstiegspunkte etablieren.

Händler und Marken sollten diese Entwicklung in ihren Planungen berücksichtigen und die daraus resultierenden Chancen nutzen. Wie das geht, hat der Händler „KW Commerce“ aus Berlin gezeigt. KW Commerce verkauft seit 2012 über Marktplätze Elek-tronikzubehör. Das Unternehmen ist außerhalb von Amazon und eBay im Grunde kaum präsent, klassi-

Online-Marktplätze werden eine immer relevantere Form des Online-handels. Auf der Plattform von Marktführer Amazon verkauften Händler im vergangenen Jahr Produkte im Wert von 160 Milliarden Dollar – und damit mehr als Amazon selbst. Doch viele Unternehmen zögern noch, dort aktiv zu werden. Wer clever ist, sollte diese Skepsis ablegen und seine Chancen aktiv ergreifen.

Immer wichtiger für Marken: eine gut optimiert Präsenz auf Marktplätzen

wie hier am Beispiel des Amazon Brand Store von Bosch Smart Home.

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RETAIL INNOVATION 23

Sonderveröffentlichung zum Thema „THE FUTURE OF RETAIL“ | Oktober 2019 HandelsblattJournal

sche Werbung spielt im Marketing-Mix keine Rolle. Und dennoch kann KW Commerce eine beachtli-che Bilanz vorweisen: Rund fünf Millionen Kun-den werden pro Jahr von den 250 Mitarbeitern mit Produkten versorgt, so die Unternehmensweb-seite. Anker Technologies ist ein weiteres Erfolgs-beispiel. Der Elektronikhersteller zeigt, wie man selbst Marken über Marktplätze aufbauen kann. Das Unternehmen hat sich von Hongkong aus mit Powerbanks und Ersatzakkus einen Namen gemacht. Der Vertrieb lief dabei aber zunächst ausschließlich über Amazon. Heute fragen Kunden auch bei anderen Händlern aktiv nach Anker Pro-dukten – wer diese nicht anbietet, hat eine Lücke im Sortiment. Eine starke Marke ist entstanden, fast ausschließlich via Amazon.

Wenn Unternehmen den Beispielen von Anker und KW Commerce folgen wollen, sollten sie plan-voll vorgehen. Im Grunde kann dies in fünf Schrit-ten erfolgen.

Die Entscheidung „Vendor“ oder „Seller“Im ersten Schritt gilt zu entscheiden, ob man

auf dem Marktplatz selbst Händler („Seller“) wer-den möchte, oder doch Lieferant („Vendor“). Ven-doren verkaufen ‚an‘ eine Plattform, wie Amazon, und die Plattform an den Kunden). Seller verkau-fen ‚über‘ den Marktplatz. Das Vertragsverhält-nis kommt zwischen dem Endkunden und einem selbst zustande.

Vendor können nur große, etablierte Marken werden, die vom Marktplatzbetreiber eingeladen wurden. Die Möglichkeit Seller zu werden, steht zumindest bei Amazon jedem Unternehmen offen. Neben dem Unterschied im Geschäftsmodell (Ver-kauf an Marktplatz vs. Verkauf an Endkunden), unterscheiden sich die Modelle darin, dass man als Seller die Preishoheit behält. Zudem gibt es unter anderem Unterschiede in den Marketing-Mög-lichkeiten sowie den Daten, die einem zur Steue-rung des Geschäfts zur Verfügung gestellt werden. Einige Marken sind aus strategischen Gründen gleichzeitig als Vendor und Seller aktiv.

Optimierung des ContentWurde die Entscheidung „Vendor, Seller oder

Hybrid“ getroffen, gilt es die Präsentation des Pro-dukts, Online-Marketer nennen das „Content“, zu optimieren. Im Grunde kann man sich das vorstel-len wie im Kaufhaus: Damit dort ein Produkt erfolg-reich sein kann, muss es auffindbar sein, toll in Szene gesetzt werden und man muss alle Informationen lie-fern, damit der Kunde ohne weitere Vergleiche kau-fen kann. Im Kontext der Online-Marktplätze läuft dies natürlich digital, sprich: Man platziert die poten-ziellen Suchbegriffe im Produkttitel, erstellt eine gut auffindbare und gleichzeitig überzeugende Produkt-beschreibung, wählt ansprechende Bilder und hat die Bewertungen und Rezensionen durch Kunden im Blick. Zufriedene Kunden sollten ermuntert werden, solche abzugeben – auf unzufriedene Bewertungen sollte man antworten.

Werbung in der PlattformNoch vor zwei Jahren wäre mit diesen Schritten die

Arbeit erledigt gewesen. Doch der Erfolg, vor allem von Amazon, sorgt dafür, dass man sich auch dort mittlerweile gegen viele Händler durchsetzen muss – aktive Werbung wird erforderlich. Amazon bietet – ähnlich wie Google und Facebook – zahlreiche Mög-lichkeiten an, zu werben. De facto entwickelt sich Amazon gerade neben den Beiden zum dritten gro-ßen Werbe-Ökosystem im Internet. Während man bei Google Kunden anhand ihrer Intentionen, also dem wonach sie suchen, ansprechen kann, geht es bei Facebook um persönliche Interessen und Kontakte. Amazon – das macht die Plattform für Werbetreibende interessant – kann Nutzer aber anhand ihrer gezielten Käufe und Kaufabsicht ansprechen – man bietet dem einen Ersatzakku an, der auch die dazugehörige Foto-kamera besitzt. Amazon ermöglicht Werbung inner-halb und außerhalb der Amazon-Plattform. Wer sie intelligent nutzt, kann gezielt bestehende Kunden der eigenen Produkte, interessierte Sucher und Sucher von verwandten Artikeln erreichen. Ziel kann sowohl Absatz als auch Markenaufbau sein.

Laufende OptimierungEin entscheidender Unterschied dazwischen, Lie-

ferant in einem klassischen Onlineshop zu sein oder bei einem Marktplatz, ist der Aufwand für die lau-fende Betreuung, das so genannte Account Manage-ment. Wird man aktiv, sollte man laufend wissen, wie-viel man im Vergleich zum Wettbewerb verkauft, wie gut man aus Interessenten Käufer macht, wie sich die Preise der Wettbewerber entwickeln, wie es um den Nachschub steht und wie zufrieden die Kunden sind. Nachlässigkeiten wirken hier gleich doppelt nega-tiv. Eine schlechte Bewertung macht nicht nur End-kunden unsicher, sondern lässt einen auch in den Suchergebnissen nach unten rutschen. Die falsche Preisgestaltung kann Wettbewerber oder andere Ver-käufer des gleichen Produkts vor das eigene Angebot befördern.

Umfassende DatenoptimierungIm letzten Schritt empfiehlt es sich, die Aktivitäten

auf Marktplätzen ganzheitlich anzugehen und platt-formübergreifend auf Basis von Daten zu steuern. Es ist weder sinnvoll, bezüglich vertrieblicher und Mar-keting-Aktivitäten in Silos zu denken noch in Bezug auf die einzelne Plattform. Die Lehren, die man bei Amazon macht, sollten in die Planungen für andere Marktplätze einfließen und umgekehrt. Absolut essenziell ist dazu eine gemeinsame Datenbasis, die alle vorhandenen Informationen aller Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf allen Kanälen zusammen-führt. Es könnte ja sein, dass nicht die Qualität des Contents oder Werbung auf dem Marktplatz Kunden auf meine Produktseite bei otto.de gebracht haben, sondern eine TV-Werbung oder ein Zeitungsartikel.

Arbeitet man nach diesen Punkten am Erfolg auf Marktplätzen, kann dies sowohl dem Absatz als auch der Marke deutlich an Schub verleihen. Jede Suche auf Amazon, bei Otto, Douglas oder Real wird dann zu einer Geschäftschance für das eigene Geschäft. Eine Chance, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Jan Bechler, Gründer, Agentur Finc3 Commerce

„ Rund 55% aller Produkt-

suchen beginnen weltweit

mittlerweile direkt beim

ehemaligen Buchhändler

aus Seattle.“

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2019

DAS SPITZENTREFFEN FÜR DEN DEUTSCHEN EINZELHANDEL UND SEINE PARTNER

20./21. NOVEMBER 2019MARITIM HOTEL BERLIN

www.handelskongress.de

JOSEF SANKTJOHANSERPräsidentHandelsverband Deutschland (HDE)

DR. ANGELA MERKELBundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

DR. MARCUS ACKERMANNKonzern-Vorstand Multichannel Distanzhandel Otto Group

DR. DIRK SCHNEIDERCDOs.Oliver Bernd FreierGmbH & Co. KG

CARSTEN KELLERVice President Direct-to-Consumer Zalando SE

DUNJA HAYALIJournalistin & Moderatorin

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DANIEL FÜCHTENSCHNIEDERGeschäftsführer bonprix Retail GmbH

BENJAMIN BEINROTHSenior Vice President IT & Processes / Member of the Extended Management Board, Fressnapf Group

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EXCELLENCE DAYS

Eine gemeinsame Veranstaltung von

KARL WEHNERGeschäftsführer Deutschland, Österreich, Schweiz Alibaba Group

SONJA MOOSBURGERChief Operating Offi cerMediaMarktSaturn N3XT GmbH

DR. RAHMYN KRESSFounder Henkel X, Henkel X Ventures

ANDERS INDSETWirtschaftsphilosoph

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