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Freitag, 17. Oktober 2014 Thurgau lokal 33 www.thurgauerzeitung.ch Schaffner AG Schweizer Qualität aus Müllheim Die Schaffner AG stellt seit 60 Jahren hochwertige Garten- möbel her. Die Stühle und Tische werden fast ausschliess- lich in Müllheim produziert. Das Unternehmen hat um die 30 Mitarbeiter. Die Spaghetti- Stühle mit ihrem Geflecht aus Plastikschnüren werden noch immer von Hand bespannt. Ein erfahrener Bespanner schafft etwa 20 Stühle an einem Tag. Auch die Stahlrohre für die Tische werden in Handarbeit zusammengeschweisst. Schaff- ner gibt auf seine Möbel eine Garantie von fünf Jahren. «Sie halten aber jahrzehntelang», sagt Geschäftsleiter Martin Schaffner. Als besonderen Ser- vice repariert und bespannt die Firma alte Stühle. (san) Bild: pd Münchner Primarschüler suchen eine Antwort auf die Frage: Was versteckt der Kürbis in seinem Inneren? Münchner SBW-Schule Wie es dazu kam und was geplant ist Drei erfolgreiche Kinderkrip- pen-Inhaber aus München woll- ten vor drei Jahren plötzlich mehr, als die Kinder nur in der Krippe optimal zu betreuen. Daraufhin fragten sie das Thur- gauer SBW-Team an, ob dieses zusammen mit ihnen eine SBW- Schule in München aufbauen wolle. Vor zwei Jahren begann dann das Projekt mit zwei Klas- sen in der Primarschule. In- zwischen sei die Nachfrage in München sehr gross. «Es gibt mehr Anfragen als Plätze an der Privatschule», sagt Reto Ammann, Verwaltungsratspräsi- dent der SBW Haus des Ler- nens. Eltern, deren Kinder eben erst geboren sind, würden be- reits Plätze reservieren. Deshalb plant die SBW ein Gymnasium nach demselben Konzept. Denn in Deutschland fängt das Gym- nasium bereits mit der fünften Klasse an. (aye) Den Bayern die Neugier beibringen «Neugierologie» heisst ein patentiertes Schulfach des SBW Haus des Lernens, welches die Neugier und den Wissensdurst von Kindern unterstützt. Und wer hat’s erfunden? Die Schweizer. Und wer genau? Die Thurgauer. Unterrichtet wird es aber erst in München. Die Nachfrage in Bayern ist gross. AYLIN EROL ROMANSHORN. «Mama, warum ist der Himmel blau?» «Warum fär- ben sich die Blätter im Herbst rot?» Das sind typische Fragen, die Kinder ihren Eltern stellen. Warum? Warum? Warum? Alles wollen die Kleinen wissen und fragen den lieben langen Tag. Die kindliche Neugier ist uner- sättlich. «Dieses Interesse geht aber leider schnell verloren, wenn sie in die Schule kommen und an- statt Fragen zu stellen, vor allem richtige Antworten geben müs- sen», sagt Reto Ammann, Ver- waltungsratspräsident SBW Haus des Lernens. Um die Neu- gier der Kinder möglichst lange zu behalten, gründete der Thur- gauer zusammen mit Christoph Bornhauser, Mitglied des SBW Leitungsteams, und dem dama- ligen GL-Mitglied Stefan Schnei- der das Fach «Neugierologie» in ihrem Münchner Ableger. Die Idee aus dem Thurgau 1980 wurde die erste SBW- Schule in Romanshorn gegrün- det. Seit etwa sechs Jahren spielt der Begriff «Neugierologie» eine wichtige Rolle an den SBW- Privatschulen. «Neugierologie» wurde bisher aber nie als offiziel- les Schulfach unterrichtet, son- dern sei insbesondere als Prinzip gelebt worden. Dies änderte sich, als Reto Ammann eine SBW-Schule in München grün- den wollte. «In Deutschland ist es Gesetz, dass jede Privatschule ein einzigartiges Fach oder spe- zielle Förderung anbieten muss», sagt Bornhauser. Da kam der Ge- schäftsleitung die Idee, «Neugie- rologie» als Fach zu unterrich- ten. Der Begriff wurde deshalb auch als Marke patentiert. Ein attraktives Konzept «Neurgierologie» ist vor allem eine Haltung», sagt Bornhauser. Vor einem Jahr wurde «Neugie- rologie in München zum offiziel- len Schulfach und gleichzeitig zu einem Markenzeichen der Münchner Schule. «Das Fach sei sehr beliebt», meint Bornhauser. «Kinder interessieren sich für Fragen, die oft leider nicht wäh- rend des Schulunterrichts beant- wortet werden können», sagt Verwaltungsratspräsident Reto Ammann. Ein Lehrplan würde genau vorgeschrieben, was bis zu wel- chem Zeitpunkt gelehrt und er- lernt werden sollte. Die Neugier schwinde bald und zurück bleibe einzig und allein der Schulstoff. Das Konzept soll auch in die Schweiz und als erstes in den Thurgau kommen, wo «Neugie- rologie» bereits ein Thema ist. Die Ergebnisse des Münchner Pilotversuchs müssen aber vor- her ausgewertet werden. Individuelle Interessen «Die Schüler verlieren schnell aus den Augen, was sie wirklich interessiert oder sogar begeis- tert», meint Ammann. Um das zu verhindern, bietet der Münch- ner Ableger der SBW drei Lektio- nen «Neugierologie» in der Wo- che an. Während dieser drei Lek- tionen gehen die Lehrer keinem Lehrplan nach, sondern thema- tisieren durch Experimente die Fragestellungen der Kinder. Eine Kerze wird beispielswei- se durch den Nebel des Trocken- eises gelöscht. Jedes Kind könne nun selbst entscheiden, welchen Aspekt des Experiments es ver- tiefen möchte. «Während das eine Kind die wissenschaftliche Begründung wissen will, möchte ein anderes herausfinden, wie sich der Nebel bewegt», sagt Ammann. Das Lernen sei auf diese Weise viel effektiver, findet der Verwaltungspräsident. Fragen ohne Antworten Die Kreativität der Schüler soll so weit wie möglich gefördert werden. Ziel des Schulfachs sei, gute Fragen zu stellen, auch wenn man keine Antwort darauf finde. Manchmal würden die Fragen der Schüler gerade wegen verschiedener Wertvorstellun- gen oder Religionen unter- schiedlich beantwortet werden. Dies fördere die Toleranz. Auch einfache Fragen könnten sich als knifflig herausstellen. «Das Beste ist, eine Frage zu stellen, auf die es keine Antwort gibt», sagt Bornhauser. Unter- richtet könne das interdiszipli- näre Fach von jedem werden, der selbst neugierig ist und gerne Zeit mit Kindern verbringt. «Für dieses Fach muss man nicht stu- diert haben, aber eine Passion entwickeln können. Es lässt sich auch nicht im Detail planen», meint Bornhauser. Bild: Reto Martin Der Klassiker «Säntis» als Latten- und als Spaghetti-Stuhl: Samuel Schaffner und sein Onkel, Geschäftsleiter Martin Schaffner. Der Stuhl fürs Leben Er heisst «Säntis» und kommt aus Müllheim. Der Klassiker unter den Gartenstühlen ist etwa 60 Jahre alt. Die Firma Schaffner hat ihn jetzt neu aufgelegt. Die Spaghetti-Bespannung wird auch heute noch von Hand gewickelt. IDA SANDL MÜLLHEIM. So ganz frisch sieht er nicht mehr aus: Die Füsse sind angekratzt und das Holz auf den Armlehnen hat Risse. Ist auch kein Wunder. Dieser Gartenstuhl dürfte um die 50 Jahre alt sein. Doch sein Besitzer liebt ihn so sehr, dass er ihn neu bespannen lässt. Jetzt steht das gute Stück neben seinen nigelnagelneuen Kollegen in der grossen Werk- halle der Firma Schaffner in Müllheim. «Säntis», der Klassi- ker unter den Gartenstühlen. Stahlrohrgestell bespannt mit roten Plastikschnüren oder mit rot lackierten Holzlatten. Längst ein Stück Schweiz. Er gehört zu den Bergrestaurants wie die Schweizer Fahne oder das Znü- ni-Plättli. Bomben aus dem See geholt Und er kommt aus dem Thur- gau. Martin Schaffner, der heute die Firma führt, schmunzelt. «Er- funden haben wir ihn nicht.» Das sei vor 60 Jahren das gängige Design gewesen. Jeder Dorf- Schlosser habe Stühle in dieser Art gebaut. Annemarie und Peter Schaffner stellten zuerst Stahl- rohrhocker mit Polstersitzen her, später kamen Gartenstühle dazu. Das war 1954. Peter Schaffner hatte zuerst seinem Bruder geholfen, Bom- ber aus dem Zweiten Weltkrieg aus Schweizer Seen zu bergen. Am Greifensee lernte er seine Frau Annemarie kennen, am Un- tersee blieb er. Die ersten Jahre waren hart. Seine Eltern hätten richtig chrampfen müssen, sagt Martin Schaffner. Anfangs liessen sie die Stahl- rohre in Triberg im Schwarzwald bearbeiten. Dann schweisste sie der Vater in der Waschküche sel- ber zusammen. Bald interessier- ten sich Möbel Pfister und Glo- bus für die Schaffnerschen Gar- tenmöbel. Es ging aufwärts, nicht nur wegen Gartenstuhl «Säntis», aber auch dank ihm. Haus und Garage wurden zu klein für die Produktion, der Be- trieb zog um nach Müllheim. Annemarie Schaffner lebt heute in Steckborn, ihr Mann Peter ist vor zwölf Jahren gestorben. Die Söhne Martin und Theo Schaff- ner und mittlerweile auch Enkel Samuel arbeiten in der Firma. Durch und durch Schweiz «Säntis», der Klassiker, wird immer noch produziert. Und zwar fast gleich wie vor 60 Jah- ren. Gefertigt werden die Gar- tenmöbel in Müllheim, fast alle Bestandteile stammen aus der Schweiz. Die Schaffner AG hat der Versuchung widerstanden, die Fertigung nach Asien oder Polen auszulagern. «Damit hät- ten wir viel mehr Geld verdienen können», sagt Martin Schaffner. Es sei ein bewusster Entscheid für die Schweiz gewesen, der sich lange nicht ausgezahlt habe. Erst in den letzten Jahren würde die Swissness honoriert. Mit der Retro-Welle ist der «Säntis» trendig geworden. Seit ein paar Jahren sei die Serie wie- der gefragt. Das hat die Firma er- mutigt, eine hochwertige Vari- ante zu entwickeln. «Rigi» ist «Säntis» reloaded. Die Stühle sind etwas breiter als das Origi- nal. Für die Latten wird Eschen- holz verwendet, die Stahlrohre sind feuerverzinkt. Soweit mög- lich, stammen alle Materialen aus der Umgebung. «Im Umkreis von zehn bis fünfzehn Kilome- tern», sagt Schaffner. Manufactum verkauft «Säntis» Der «Säntis» hat nicht nur Schweizer Bergrestaurants und Skibeizen erobert. In einem Caf´ e in San Francisco habe er einen «Säntis»-Stuhl entdeckt, erzählt Martin Schaffner. «Das hat mich sehr gefreut.» Sogar Lifestyle- Marken wie «Manufactum» oder das amerikanische «Design with- in reach» führen den Klassiker im Sortiment. Ganz schön viel Ehre für einen bescheidenen kleinen Thurgauer.

Thurgauer Zeitung 17.10.2014

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Ein Stuhl fürs Leben

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Page 1: Thurgauer Zeitung 17.10.2014

Freitag, 17. Oktober 2014

Thurgau lokal 33

www.thurgauerzeitung.ch

Schaffner AG SchweizerQualität aus MüllheimDie Schaffner AG stellt seit60 Jahren hochwertige Garten-möbel her. Die Stühle undTische werden fast ausschliess-lich in Müllheim produziert. DasUnternehmen hat um die30 Mitarbeiter. Die Spaghetti-Stühle mit ihrem Geflecht ausPlastikschnüren werden nochimmer von Hand bespannt. Einerfahrener Bespanner schafft

etwa 20 Stühle an einem Tag.Auch die Stahlrohre für dieTische werden in Handarbeitzusammengeschweisst. Schaff-ner gibt auf seine Möbel eineGarantie von fünf Jahren. «Siehalten aber jahrzehntelang»,sagt Geschäftsleiter MartinSchaffner. Als besonderen Ser-vice repariert und bespannt dieFirma alte Stühle. (san)

Bild: pd

Münchner Primarschüler suchen eine Antwort auf die Frage: Was versteckt der Kürbis in seinem Inneren?

Münchner SBW-Schule Wie esdazu kam und was geplant istDrei erfolgreiche Kinderkrip-pen-Inhaber aus München woll-ten vor drei Jahren plötzlichmehr, als die Kinder nur in derKrippe optimal zu betreuen.Daraufhin fragten sie das Thur-gauer SBW-Team an, ob dieseszusammen mit ihnen eine SBW-Schule in München aufbauenwolle. Vor zwei Jahren beganndann das Projekt mit zwei Klas-sen in der Primarschule. In-zwischen sei die Nachfrage in

München sehr gross. «Es gibtmehr Anfragen als Plätze ander Privatschule», sagt RetoAmmann, Verwaltungsratspräsi-dent der SBW Haus des Ler-nens. Eltern, deren Kinder ebenerst geboren sind, würden be-reits Plätze reservieren. Deshalbplant die SBW ein Gymnasiumnach demselben Konzept. Dennin Deutschland fängt das Gym-nasium bereits mit der fünftenKlasse an. (aye)

Den Bayern die Neugier beibringen«Neugierologie» heisst ein patentiertes Schulfach des SBW Haus des Lernens, welches die Neugier und den Wissensdurst von Kindern unterstützt.Und wer hat’s erfunden? Die Schweizer. Und wer genau? Die Thurgauer. Unterrichtet wird es aber erst in München. Die Nachfrage in Bayern ist gross.

AYLIN EROL

ROMANSHORN. «Mama, warum istder Himmel blau?» «Warum fär-ben sich die Blätter im Herbstrot?» Das sind typische Fragen,die Kinder ihren Eltern stellen.Warum? Warum? Warum? Alleswollen die Kleinen wissen undfragen den lieben langen Tag.Die kindliche Neugier ist uner-sättlich.

«Dieses Interesse geht aberleider schnell verloren, wenn siein die Schule kommen und an-statt Fragen zu stellen, vor allemrichtige Antworten geben müs-sen», sagt Reto Ammann, Ver-waltungsratspräsident SBWHaus des Lernens. Um die Neu-gier der Kinder möglichst langezu behalten, gründete der Thur-gauer zusammen mit ChristophBornhauser, Mitglied des SBWLeitungsteams, und dem dama-ligen GL-Mitglied Stefan Schnei-der das Fach «Neugierologie» inihrem Münchner Ableger.

Die Idee aus dem Thurgau

1980 wurde die erste SBW-Schule in Romanshorn gegrün-det. Seit etwa sechs Jahren spieltder Begriff «Neugierologie» einewichtige Rolle an den SBW-Privatschulen. «Neugierologie»wurde bisher aber nie als offiziel-les Schulfach unterrichtet, son-dern sei insbesondere als Prinzip

gelebt worden. Dies ändertesich, als Reto Ammann eineSBW-Schule in München grün-den wollte. «In Deutschland istes Gesetz, dass jede Privatschuleein einzigartiges Fach oder spe-zielle Förderung anbieten muss»,sagt Bornhauser. Da kam der Ge-schäftsleitung die Idee, «Neugie-rologie» als Fach zu unterrich-ten. Der Begriff wurde deshalbauch als Marke patentiert.

Ein attraktives Konzept

«Neurgierologie» ist vor allemeine Haltung», sagt Bornhauser.Vor einem Jahr wurde «Neugie-rologie in München zum offiziel-len Schulfach und gleichzeitig

zu einem Markenzeichen derMünchner Schule. «Das Fach seisehr beliebt», meint Bornhauser.«Kinder interessieren sich fürFragen, die oft leider nicht wäh-rend des Schulunterrichts beant-wortet werden können», sagtVerwaltungsratspräsident RetoAmmann.

Ein Lehrplan würde genauvorgeschrieben, was bis zu wel-chem Zeitpunkt gelehrt und er-lernt werden sollte. Die Neugierschwinde bald und zurück bleibeeinzig und allein der Schulstoff.

Das Konzept soll auch in dieSchweiz und als erstes in denThurgau kommen, wo «Neugie-rologie» bereits ein Thema ist.

Die Ergebnisse des MünchnerPilotversuchs müssen aber vor-her ausgewertet werden.

Individuelle Interessen

«Die Schüler verlieren schnellaus den Augen, was sie wirklichinteressiert oder sogar begeis-tert», meint Ammann. Um das zuverhindern, bietet der Münch-ner Ableger der SBW drei Lektio-nen «Neugierologie» in der Wo-che an. Während dieser drei Lek-tionen gehen die Lehrer keinemLehrplan nach, sondern thema-tisieren durch Experimente dieFragestellungen der Kinder.

Eine Kerze wird beispielswei-se durch den Nebel des Trocken-

eises gelöscht. Jedes Kind könnenun selbst entscheiden, welchenAspekt des Experiments es ver-tiefen möchte. «Während daseine Kind die wissenschaftlicheBegründung wissen will, möchteein anderes herausfinden, wiesich der Nebel bewegt», sagtAmmann. Das Lernen sei aufdiese Weise viel effektiver, findetder Verwaltungspräsident.

Fragen ohne Antworten

Die Kreativität der Schüler sollso weit wie möglich gefördertwerden. Ziel des Schulfachs sei,gute Fragen zu stellen, auchwenn man keine Antwort darauffinde. Manchmal würden die

Fragen der Schüler gerade wegenverschiedener Wertvorstellun-gen oder Religionen unter-schiedlich beantwortet werden.Dies fördere die Toleranz. Aucheinfache Fragen könnten sich alsknifflig herausstellen.

«Das Beste ist, eine Frage zustellen, auf die es keine Antwortgibt», sagt Bornhauser. Unter-richtet könne das interdiszipli-näre Fach von jedem werden, derselbst neugierig ist und gerneZeit mit Kindern verbringt. «Fürdieses Fach muss man nicht stu-diert haben, aber eine Passionentwickeln können. Es lässt sichauch nicht im Detail planen»,meint Bornhauser.

Bild: Reto Martin

Der Klassiker «Säntis» als Latten- und als Spaghetti-Stuhl: Samuel Schaffner und sein Onkel, Geschäftsleiter Martin Schaffner.

Der Stuhl fürs LebenEr heisst «Säntis» und kommt aus Müllheim. Der Klassiker unter den Gartenstühlen ist etwa 60 Jahre alt.Die Firma Schaffner hat ihn jetzt neu aufgelegt. Die Spaghetti-Bespannung wird auch heute noch von Hand gewickelt.

IDA SANDL

MÜLLHEIM. So ganz frisch sieht ernicht mehr aus: Die Füsse sindangekratzt und das Holz auf denArmlehnen hat Risse. Ist auchkein Wunder. Dieser Gartenstuhldürfte um die 50 Jahre alt sein.Doch sein Besitzer liebt ihn sosehr, dass er ihn neu bespannen

lässt. Jetzt steht das gute Stückneben seinen nigelnagelneuenKollegen in der grossen Werk-halle der Firma Schaffner inMüllheim. «Säntis», der Klassi-ker unter den Gartenstühlen.Stahlrohrgestell bespannt mitroten Plastikschnüren oder mitrot lackierten Holzlatten. Längstein Stück Schweiz. Er gehört zuden Bergrestaurants wie dieSchweizer Fahne oder das Znü-ni-Plättli.

Bomben aus dem See geholt

Und er kommt aus dem Thur-gau. Martin Schaffner, der heutedie Firma führt, schmunzelt. «Er-funden haben wir ihn nicht.»Das sei vor 60 Jahren das gängigeDesign gewesen. Jeder Dorf-Schlosser habe Stühle in dieserArt gebaut. Annemarie und PeterSchaffner stellten zuerst Stahl-rohrhocker mit Polstersitzen her,später kamen Gartenstühledazu. Das war 1954.

Peter Schaffner hatte zuerstseinem Bruder geholfen, Bom-ber aus dem Zweiten Weltkriegaus Schweizer Seen zu bergen.Am Greifensee lernte er seineFrau Annemarie kennen, am Un-tersee blieb er. Die ersten Jahrewaren hart. Seine Eltern hättenrichtig chrampfen müssen, sagtMartin Schaffner.

Anfangs liessen sie die Stahl-rohre in Triberg im Schwarzwaldbearbeiten. Dann schweisste sieder Vater in der Waschküche sel-ber zusammen. Bald interessier-ten sich Möbel Pfister und Glo-bus für die Schaffnerschen Gar-

tenmöbel. Es ging aufwärts,nicht nur wegen Gartenstuhl«Säntis», aber auch dank ihm.Haus und Garage wurden zuklein für die Produktion, der Be-trieb zog um nach Müllheim.Annemarie Schaffner lebt heutein Steckborn, ihr Mann Peter istvor zwölf Jahren gestorben. DieSöhne Martin und Theo Schaff-ner und mittlerweile auch EnkelSamuel arbeiten in der Firma.

Durch und durch Schweiz

«Säntis», der Klassiker, wirdimmer noch produziert. Undzwar fast gleich wie vor 60 Jah-

ren. Gefertigt werden die Gar-tenmöbel in Müllheim, fast alleBestandteile stammen aus derSchweiz. Die Schaffner AG hatder Versuchung widerstanden,die Fertigung nach Asien oderPolen auszulagern. «Damit hät-ten wir viel mehr Geld verdienenkönnen», sagt Martin Schaffner.Es sei ein bewusster Entscheidfür die Schweiz gewesen, dersich lange nicht ausgezahlt habe.Erst in den letzten Jahren würdedie Swissness honoriert.

Mit der Retro-Welle ist der«Säntis» trendig geworden. Seitein paar Jahren sei die Serie wie-der gefragt. Das hat die Firma er-mutigt, eine hochwertige Vari-ante zu entwickeln. «Rigi» ist«Säntis» reloaded. Die Stühlesind etwas breiter als das Origi-nal. Für die Latten wird Eschen-holz verwendet, die Stahlrohresind feuerverzinkt. Soweit mög-lich, stammen alle Materialenaus der Umgebung. «Im Umkreisvon zehn bis fünfzehn Kilome-tern», sagt Schaffner.

Manufactum verkauft «Säntis»

Der «Säntis» hat nicht nurSchweizer Bergrestaurants undSkibeizen erobert. In einem Cafein San Francisco habe er einen«Säntis»-Stuhl entdeckt, erzähltMartin Schaffner. «Das hat michsehr gefreut.» Sogar Lifestyle-Marken wie «Manufactum» oderdas amerikanische «Design with-in reach» führen den Klassikerim Sortiment. Ganz schön vielEhre für einen bescheidenenkleinen Thurgauer.