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WISSEN DONNERSTAG, 3. OKTOBER 2013, SEITE 26 FORSCHUNG AUS DER STEIERMARK und Joanneum Research. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Redaktion der Kleinen Zeitung. In Zusammenarbeit mit den steirischen Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen Megastudie verdichtet PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULEN. Her- bert Schwetz (Pädagogische Hochschule Steiermark) und Birgit Swoboda (Kirchliche Pä- dagogische Hochschule) haben die wichtigsten Ergebnisse der bedeutenden Hattie-Bildungs- studie in einem leicht verdauli- chen Buch zusammengefasst. Der neuseeländische Forscher John Hattie hat 2009 die Meta- Studie „Visible Learning“ ver- fasst, die zum Teil zu überra- schenden Ergebnissen kommt. Wichtigste Aussage: Der Lehrer als Person und Vorbild ist we- sentlich wichtiger als jede schu- lische Organisationsform oder Lernformen. Hattie plädiert auch für eine Pädagogik, die sich auf empirisch überprüfba- re Fakten stützt. Hattie – der Weg zum Erfolg? Facul- tas-Verlag, 145 Seiten, 15 Euro. Leichter, dünner und – stärker Mix an Materialien wird im Autobau immer größer. MONTANUNI LEOBEN. Das Scho- nen von Ressourcen sei auch im Automobilbau Gebot der Stun- de, so Professor Bruno Buch- mayr, Leiter des Lehrstuhls für Umformtechnik an der Mon- tanuniversität Leoben. „Neben dem Einsatz leichter Werkstoffe erfordert das FE-optimierte Geo- metrien und spezielle umformtechnische Lö- sungen, die wirtschaft- lichen Anforderungen gerecht werden.“ Erhöhte Materialeffi- zienz werde durch lo- kale Konzepte für Ver- stärkungen angestrebt: Etwa durch Wölbun- gen oder variable Verläufe von Wanddicken. „Durch den Ein- satz höherfesterer Stahlbleche können diese dünner ausgelegt werden“, so Buchmayr. An sei- nem Lehrstuhl wurden Prüf- möglichkeiten entwickelt, um das Stabilitätsverhalten zu be- schreiben. Erkenntnisse wer- den zur Optimierung der Bau- teilgeometrie genützt. „Der zunehmende Ma- terialmix aus Stahl, Aluminium und Kunst- stoffen wird durch die Entwicklung mechani- scher Fügetechnolo- gien betrachtet.“ Opti- mierung erfolge auch über numerische Simu- lationsrechnungen: bei Massivumformung, wo hochfeste Hohlwellen für Antriebe in Radikalschmie- deprozessen hergestellt wer- den. ANDREAS SCHÖBERL Bruno Buchmayr, Montanuni SCHÖB. JULIA SCHAFFERHOFER V om Küchenherd kennt man das Prinzip: Induktion. Also Energie, die in Form eines elektromagnetischen Wechsel- feldes auf den Boden eines Koch- topfes übertragen sowie in Wär- me umgewandelt wird. Auch Backöfen funktionieren mittler- weile nach dem Prinzip. Im Forschungslabor des Insti- tuts für Werkzeugtech- nik und Spanlose Pro- duktion der TU Graz (Mitglied des Frank Stro- nach Institutes FSI) steht ein Prototyp eines In- duktionsofens für die Autoindustrie. Statt Bra- ten wird dort zu wissen- schaftlichen Zwecken anders als bisher Blech erwärmt und im zweiten Schritt für Autokarosse- rien umgeformt. Das dreijährige FFG-Projekt erläutert der Institutsvorstand Ralf Kolleck folgendermaßen: „Durch dieses Projekt wurden die Grundlagen für die indus- trielle Nutzung der induktiven Erwärmung im Presshärten ge- schaffen. Dadurch können drasti- sche Energieeinsparungen im Be- reich des automobilen Karosse- riebaus erreicht werden.“ Die Vorteile Zielgerichteter, schneller, platz- sparender und energie- schonender. Was die In- duktionstechnik in Zah- len bringt? Im Vergleich zu den bis dato größten- teils verwendeten Roll- herdöfen beziehungs- weise Hubbalkenöfen komme man bei Indukti- onsöfen mit 20 Prozent des Platzes aus, spare die Hälfte an Investitions- kosten und kann mit hö- herer Energieeffizienz Bleche er- wärmen. „Es verbessert zudem die CO2-Bilanz in Presswerken.“ Das Verfahren des Presshär- tens existiert seit 1977, von der In- dustrie stärker angenommen wurde es Ende der 1990er. Beim neuen VW Golf VII seien laut Stahl-Informations-Zentrum be- reits 25 Prozent der Bauteile pressgehärtet. Bis 2015 werden allerdings zwi- schen 450 und 600 Millionen Bauteile erwartet. „Warmumfor- mung ist vorzugsweise dazu da, um komplexe, hochfeste Strukturbauteile für die Fahrzeugkarosserie her- zustellen“, erklärt Chris- tian Koroschetz. Das Prinzip des direk- ten Presshärtens: „Ein beschnittenes, ebenes Blech aus Bor-Mangan- Stahl wird auf Austeniti- sierungstemperatur bei bis zu 950 Grad Celsius erhitzt und anschließend in einem gekühlten Werkzeug umgeformt sowie abgeschreckt“, betont er. Warmumformte oder pressge- härtete Bauteile sind aus der Au- toindustrie nicht mehr wegzu- denken. Sie überzeugen durch er- reichbare Zugfestigkeitswerte bis zu 1800 MPa (Megapascal) bei gleichzeitig reduziertem Ge- wicht. Bauteile mit „ultrahöchst- festen Eigenschaften“ – zum Bei- spiel in B-Säulen, Seitenaufprall- trägern, Stoßfängern oder Fahr- zeugtunnel – erhöhen in der Pra- xis bei Crash-Situatio- nen die Insassensicher- heit. Sicherheitsdenken In puncto Sicherheit und Energieeffizienz tüfteln die Forscher laut Koro- schetz außerdem an der Erweiterung der Pro- zessgrenzen durch den Einsatz von Werkstoffen wie zum Beispiel nicht rostendem Edelstahl. Dadurch sei es möglich, noch bessere Ei- genschaften zu erzielen. Blech aus dem Backofen Am Institut für Werkzeugtechnik und Spanlose Produktion der TU Graz hat man einen Prototyp eines Induktionsofens entwickelt – für die effizientere Form des Presshärtens. Institutsvorstand Ralf Kolleck KK 70 JAHRE OBSERVATIORIUM Feier. Am kommenden Mittwoch findet im Observatorium Kanzel- höhe in Kärnten die 70-Jahr-Feier dieses Sonnenobservatoriums statt. Es ist die einzige derartige Station in Österreich. Die wissen- schaftliche Leitung hat die Universität Graz. SWOBODA Eltern und Kinder FH JOANNEUM. Gemeinsam mit dem Sozial- und Heilpädagogischen Förderungsinstitut und den Ta- gesmüttern Steiermark veran- staltet der Bereich Sozialmana- gement der FH Joanneum am 4. und 5. Oktober einen internatio- nalen Fachkongress zum Thema „Starke Eltern – starke Kinder. Starke AssistentInnen – Starke Menschen mit besonderen Be- dürfnissen“. Lange Nacht UNI GRAZ. Star-Karikaturist Petar Pismestrovic (Kleine Zeitung) gibt bei der „Lan- gen Nacht der Museen“ am kommenden Samstag ab 20 Uhr Einblicke in seine Kunst. Das ist nur einer der vielen Höhepunkte an der Karl-Franzens-Universität Graz im Rahmen dieses Abends. Genaue Infos unter langenacht.orf.at. Presshärten im gekühlten Werkzeug nach Erhitzen im Kammerofen TU/LUNGHAMMER Christian Koro- schetz, TU Graz KK

TU /LUNGHAMMER Megastudie verdichtet Blech … SEN DONNERS TAG, 3. OKTOBER 2 013, SEITE 26 FORS CHUNG AUS DER STEIERMARK In Z us ammenarbeit mit den st eirischen U ni v er sit t en,

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WISSENDONNERSTAG, 3. OKTOBER 2013, SEITE 26

FORSCHUNG AUS DER STEIERMARK

und Joanneum Research. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Redaktion der Kleinen Zeitung.In Zusammenarbeit mit den steirischen Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen

Megastudie verdichtetPÄDAGOGISCHE HOCHSCHULEN. Her-bert Schwetz (PädagogischeHochschule Steiermark) undBirgit Swoboda (Kirchliche Pä-dagogische Hochschule) habendie wichtigsten Ergebnisse derbedeutenden Hattie-Bildungs-studie in einem leicht verdauli-chen Buch zusammengefasst.Der neuseeländische ForscherJohn Hattie hat 2009 die Meta-Studie „Visible Learning“ ver-

fasst, die zum Teil zu überra-schenden Ergebnissen kommt.Wichtigste Aussage: Der Lehrerals Person und Vorbild ist we-sentlich wichtiger als jede schu-lische Organisationsform oderLernformen. Hattie plädiertauch für eine Pädagogik, diesich auf empirisch überprüfba-re Fakten stützt.

Hattie – der Weg zum Erfolg? Facul-tas-Verlag, 145 Seiten, 15 Euro.

Leichter, dünner und – stärkerMix an Materialien wird im Autobau immer größer.

MONTANUNI LEOBEN. Das Scho-nen von Ressourcen sei auch imAutomobilbau Gebot der Stun-de, so Professor Bruno Buch-mayr, Leiter des Lehrstuhls fürUmformtechnik an der Mon-tanuniversität Leoben. „Nebendem Einsatz leichterWerkstoffe erfordertdas FE-optimierte Geo-metrien und spezielleumformtechnische Lö-sungen, die wirtschaft-lichen Anforderungengerecht werden.“

Erhöhte Materialeffi-zienz werde durch lo-kale Konzepte für Ver-stärkungen angestrebt:Etwa durch Wölbun-gen oder variable Verläufe vonWanddicken. „Durch den Ein-satz höherfesterer Stahlbleche

können diese dünner ausgelegtwerden“, so Buchmayr. An sei-nem Lehrstuhl wurden Prüf-möglichkeiten entwickelt, umdas Stabilitätsverhalten zu be-schreiben. Erkenntnisse wer-den zur Optimierung der Bau-

teilgeometrie genützt.„Der zunehmende Ma-terialmix aus Stahl,Aluminium und Kunst-stoffen wird durch dieEntwicklung mechani-scher Fügetechnolo-gien betrachtet.“ Opti-mierung erfolge auchüber numerische Simu-lationsrechnungen: beiMassivumformung, wohochfeste Hohlwellen

für Antriebe in Radikalschmie-deprozessen hergestellt wer-den. ANDREAS SCHÖBERL

Bruno Buchmayr,Montanuni SCHÖB.

JULIA SCHAFFERHOFER

Vom Küchenherd kennt mandas Prinzip: Induktion. AlsoEnergie, die in Form eines

elektromagnetischen Wechsel-feldes auf den Boden eines Koch-topfes übertragen sowie in Wär-me umgewandelt wird. AuchBacköfen funktionieren mittler-weile nach dem Prinzip.

Im Forschungslabor des Insti-tuts für Werkzeugtech-nik und Spanlose Pro-duktion der TU Graz(Mitglied des Frank Stro-nach Institutes FSI) stehtein Prototyp eines In-duktionsofens für dieAutoindustrie. Statt Bra-ten wird dort zu wissen-schaftlichen Zweckenanders als bisher Blecherwärmt und im zweitenSchritt für Autokarosse-rien umgeformt.

Das dreijährige FFG-Projekterläutert der Institutsvorstand

Ralf Kolleck folgendermaßen:„Durch dieses Projekt wurdendie Grundlagen für die indus-trielle Nutzung der induktivenErwärmung im Presshärten ge-schaffen. Dadurch können drasti-sche Energieeinsparungen im Be-reich des automobilen Karosse-riebaus erreicht werden.“

Die VorteileZielgerichteter, schneller, platz-

sparender und energie-schonender. Was die In-duktionstechnik in Zah-len bringt? Im Vergleichzu den bis dato größten-teils verwendeten Roll-herdöfen beziehungs-weise Hubbalkenöfenkomme man bei Indukti-onsöfen mit 20 Prozentdes Platzes aus, spare dieHälfte an Investitions-kosten und kann mit hö-

herer Energieeffizienz Bleche er-wärmen. „Es verbessert zudemdie CO2-Bilanz in Presswerken.“

Das Verfahren des Presshär-tens existiert seit 1977, von der In-dustrie stärker angenommenwurde es Ende der 1990er. Beimneuen VW Golf VII seien lautStahl-Informations-Zentrum be-reits 25 Prozent der Bauteilepressgehärtet.

Bis 2015 werden allerdings zwi-schen 450 und 600 MillionenBauteile erwartet. „Warmumfor-mung ist vorzugsweise dazu da,um komplexe, hochfesteStrukturbauteile für dieFahrzeugkarosserie her-zustellen“, erklärt Chris-tian Koroschetz.

Das Prinzip des direk-ten Presshärtens: „Einbeschnittenes, ebenesBlech aus Bor-Mangan-Stahl wird auf Austeniti-sierungstemperatur beibis zu 950 Grad Celsiuserhitzt und anschließendin einem gekühlten Werkzeugumgeformt sowie abgeschreckt“,betont er.

Warmumformte oder pressge-härtete Bauteile sind aus der Au-toindustrie nicht mehr wegzu-denken. Sie überzeugen durch er-reichbare Zugfestigkeitswerte biszu 1800 MPa (Megapascal) beigleichzeitig reduziertem Ge-wicht. Bauteile mit „ultrahöchst-festen Eigenschaften“ – zum Bei-spiel in B-Säulen, Seitenaufprall-trägern, Stoßfängern oder Fahr-zeugtunnel – erhöhen in der Pra-

xis bei Crash-Situatio-nen die Insassensicher-heit.

SicherheitsdenkenIn puncto Sicherheit undEnergieeffizienz tüftelndie Forscher laut Koro-schetz außerdem an derErweiterung der Pro-zessgrenzen durch denEinsatz von Werkstoffenwie zum Beispiel nicht

rostendem Edelstahl. Dadurchsei es möglich, noch bessere Ei-genschaften zu erzielen.

Blechaus demBackofenAm Institut für Werkzeugtechnikund Spanlose Produktion der TU Grazhat man einen Prototyp einesInduktionsofens entwickelt – für dieeffizientere Form des Presshärtens.

InstitutsvorstandRalf Kolleck KK

70 JAHRE OBSERVATIORIUM

Feier. Am kommenden Mittwoch findet im Observatorium Kanzel-höhe in Kärnten die 70-Jahr-Feier dieses Sonnenobservatoriumsstatt. Es ist die einzige derartige Station in Österreich. Die wissen-schaftliche Leitung hat die Universität Graz. SWOBODA

Eltern und KinderFH JOANNEUM. Gemeinsam mit demSozial- und HeilpädagogischenFörderungsinstitut und den Ta-gesmüttern Steiermark veran-staltet der Bereich Sozialmana-gement der FH Joanneum am 4.und 5. Oktober einen internatio-nalen Fachkongress zum Thema„Starke Eltern – starke Kinder.Starke AssistentInnen – StarkeMenschen mit besonderen Be-dürfnissen“.

Lange NachtUNI GRAZ. Star-KarikaturistPetar Pismestrovic (KleineZeitung) gibt bei der „Lan-gen Nacht der Museen“ amkommenden Samstag ab 20Uhr Einblicke in seineKunst. Das ist nur einer dervielen Höhepunkte an derKarl-Franzens-UniversitätGraz im Rahmen diesesAbends. Genaue Infos unterlangenacht.orf.at.

Presshärten im gekühltenWerkzeug nach Erhitzenim KammerofenTU/LUNGHAMMER

Christian Koro-schetz, TU Graz KK