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Wolf. Einze lwirkungen bei Ionenstiipen mit Resonanzverstimmung 737 Uber d4e Etbwelwirkungen be4 Ionenat6fleln mit Resonanxverstimmung (€I+, a,+, He+ --t He, Ne, AT) Porn Trams Wolf (Mit 5 Figuren) Inhalt: I. Qualitative Versuche: 1. Streuung; 2. Ionisation; 3. Um- ladung. - II. Quantitative Versuche uber die Umladung: 1. Bemerkungen zur MeBmethode; 2. MeBergebnisse; 3. Diskussion der Ergebnisse: a) Umladungs- querschnitt und Wirkungsquerschnitt ; b) Zum Verlauf der Umladungskurven ; c) Zur Frage der Dissoziation. - Zusammenfassung. I n meiner letzten Veroffentlichung l) konnte ich Messungen des gesamten Wirkungsquerschnitts yon Edelgasen gegeniiber ver- schiedenen Ionen mitteilen fur einige Falle, in denen Resonanz- verstimmung vorliegt, d. h. bei denen Ionisierungsenergie der be- schossenen Gasmolekiile und Neutralisationsenergie der Strahlionen voneinander verschieden sind. Der Verlauf des U;irkungsquerschnitts uber der lonengeschwindigkeit zeigt hierbei stets denselben Cha- rakter, ein Minimum bei mittlerer Geschwindigkeit, schwachen Anstieg gegen groBe und steileren Anstieg gegen die kleinsten Geschwindigkeiten hin. Dieses Verhalten laBt sich im Einklang mit einigen anderen experimentellen Erfahrungen sowie auch mit der theoretischen Erwartung dadurch erklaren, daB gegen kleinste Ge- schwindigkeiten die elastische Streuung sich in wachsendem Ma6 geltend macht, wahrend mit zunehmender Strahlgeschwindigkeit die Umladung den Hauptanteil an der Gesamtwirkung zu iibernehmen beginnt. Die vorliegende Arbeit versucht, die verschiedenen Anteile am gesamten Wirkungsquerschnitt bei derartigen IonenstGBen mit Reso- nanzverstimmung einzeln zu verfolgen. In erster Linie handelt es sich dabei um ein genaueres Studium der Umladungsvorgange. Ich habe bereits friiher2) die Methodik angegeben, die es mir ermog- 1) Ann. d. Phys. [5] 24. S. 527. 1936; im folgenden kurz als ,,WQ-Arbeit" 2) Ann. d. Phys. [5] 23. S. 627. 1935; im folgenden kurz als ,,Ann. 11" bezeichnet. bezeichnet. Annalen der Physik. 6. Folge. 25. 48

Über die Einzelwirkungen bei Ionenstößen mit Resonanzverstimmung (H+, H2+, He+ → He, Ne, Ar)

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Wolf. Einze lwirkungen bei Ionenstiipen mit Resonanzverstimmung 737

Uber d4e Etbwelwirkungen be4 Ionenat6fleln mit Resonanxverstimmung (€I+, a,+, He+ --t He, Ne, AT)

Porn Trams Wolf (Mit 5 Figuren)

Inhalt: I. Qualitative Versuche: 1. Streuung; 2. Ionisation; 3. Um- ladung. - II. Quantitative Versuche uber die Umladung: 1. Bemerkungen zur MeBmethode; 2. MeBergebnisse; 3. Diskussion der Ergebnisse: a) Umladungs- querschnitt und Wirkungsquerschnitt ; b) Zum Verlauf der Umladungskurven ; c) Zur Frage der Dissoziation. - Zusammenfassung.

I n meiner letzten Veroffentlichung l) konnte ich Messungen des gesamten Wirkungsquerschnitts yon Edelgasen gegeniiber ver- schiedenen Ionen mitteilen fur einige Falle, in denen Resonanz- verstimmung vorliegt, d. h. bei denen Ionisierungsenergie der be- schossenen Gasmolekiile und Neutralisationsenergie der Strahlionen voneinander verschieden sind. Der Verlauf des U;irkungsquerschnitts uber der lonengeschwindigkeit zeigt hierbei stets denselben Cha- rakter, ein Minimum bei mittlerer Geschwindigkeit, schwachen Anstieg gegen groBe und steileren Anstieg gegen die kleinsten Geschwindigkeiten hin. Dieses Verhalten laBt sich im Einklang mit einigen anderen experimentellen Erfahrungen sowie auch mit der theoretischen Erwartung dadurch erklaren, daB gegen kleinste Ge- schwindigkeiten die elastische Streuung sich in wachsendem Ma6 geltend macht, wahrend mit zunehmender Strahlgeschwindigkeit die Umladung den Hauptanteil an der Gesamtwirkung zu iibernehmen beginnt.

Die vorliegende Arbeit versucht, die verschiedenen Anteile am gesamten Wirkungsquerschnitt bei derartigen IonenstGBen mit Reso- nanzverstimmung einzeln zu verfolgen. In erster Linie handelt es sich dabei um ein genaueres Studium der Umladungsvorgange. Ich habe bereits friiher2) die Methodik angegeben, die es mir ermog-

1) Ann. d. Phys. [5] 24. S. 527. 1936; im folgenden kurz als ,,WQ-Arbeit"

2) Ann. d. Phys. [5] 23. S. 627. 1935; im folgenden kurz als ,,Ann. 11" bezeichnet.

bezeichnet. Annalen der Physik. 6. Folge. 25. 48

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licht, neben dem Wirkungsquerschnitt in derselben Versuchsanord- nung nach einigen Anderungen auch den Umladungsquerschnitt zu untersuchen. Dieses Verfahren wurde auch jetzt wieder angewandt. Doch lie8 sich durch eine kleine Verbesserung des AufPangers seine friiher ndr geringere Zuverlassigkeit wesentlich erhohen, so daB die Ergebnisse jetzt im ganzen untersuchten Geschwindigkeitsbereich gut brauchbar sind.

Neben diesen eigentlichen Umladungsmessungen habe ich noch einige mehr qualitative Proben auf Umladung sowie auf Streuung und Ionisation gemacht, die zum Teil schon in der letzten Ver- offentlichung erwahnt wurden. Die Besprechung dieser Versuche sol1 der genaueren Behandlung der Umladung vorangehen.

I. Qualitative Versuche

1. Streuung

Uber die prinzipiellen Eigenschaften der Streuung liegen bereits so viele Erfahrungen vor, daB wenig Zweifel besteht, was neue Ver- suche bringen werden. Zur Begrundung sei kurz an die bisherigen Kenntnisse von diesen Vorgangen erinnert. Schon klassische Rech- nungen I) zeigen, daB Streuung von Ionen durch Gasmolekule haupt- sachlich unter sehr kleinen Winkeln gegen die Strahlrichtung statt- findet, und dal3 sich der Vorgang auf um so kleinere Winkel zusammenzieht, zu je gr68eren Strahlgeschwindigkeiten man iibergeht. Da man praktisch stets auf die Verwendung von Strahlbundeln endlicher Dicke angewiesen is t, lafJt sich ein gesamter Streuquer- schnitt experimentell iiberhaupt nicht ermitteln, sondern man erfal3t stets nur einen Bruchteil unter gro8eren Winkeln gestreuter Par- tikel, dessen Betrag von den jeweiligen Versuchsbedingungen ab- hangt. Nur mittels dieser mel3baren Streumenge sind die Streu- erscheinungen uberhaupt nachweisbar. Sie mu8 wachsen, wenn man entweder bei gegebener Versuchsanordnung die Strahlgeschwindigkeit fortgesetzt vermindert, oder aber wenn man bei fester Geschwindig- keit den direkten Strahl enger und enger eingrenzt. Beide Er- scheinungen sind in gro8em Umfang nachgewiesen. Die erste driickt sich in allen bisher gemessenen Kurven von Wirkungsquerschnitten gegenuber Ionen4 deutlich aus. Nan findet stets gegen kleine Ge- schwindigkeiten hin einen ziemlich steilen Anstieg der Gesamt-

1) H. S. W. Massey u. R.A. Smith, Pr0c.Roy.Soc.A. 145. S. 142. 1933; N. F. Mott u. H. S. W. Massey, ,,The Theorie of Atomic Collisions", Cla- rendon Press, Oxford 1933.

2) Wegen diesbeziiglicher Literatur vgl. I. B. die WQ-Arbeit.

WoZj. Einxelwirkungen bei IonenstCiPen mit Resonanxverstimmung 739

wirkung, der zweifellos der Zunahme des erfaI3ten Streuanteils zu verdanken ist. Um ganz sicher zu gehen, haben R a m s a u e r , K o l l a t h und L i l i en tha l l ) fur den Sto8 von Protonen gegen ver- schiedene Gase auch mittels der zweiten Abhangigkeit, durch Ver- Bnderung der Spaltweiten ihrer Wirkungsquerschnittsanordnung das Vorhandensein von Streuvorgangen unmittelbar nachgewiesen. Ferner konnte Ro s t agni,) in einer speziell hierauf gerichteten Unter- suchung bei den Stohorgangen He+ --f He, Ne' --f Ne, Ar' -+ Ar durch Anwendung verschieden enger 0 ffnungen Streuanteile fest- stellen und die erwartete Abhangigkeit von Blendenoffnung und Geschwindigkeit deutlich nachweisen.

Nachdem die experimentelle Untersuchung zahlreicher Einzel- falle , teils mit Resonanzverstimmung, teils mit strenger Resonanz, stets zu den gleichen Ergebnissen iiber das Auftreten und das Verhalten der Streuung fuhrte, in guter nbereinstimmung gleich- zeitig mit der theoretischen Erwartung, darf wohl als sicher gelten, da8 man es mit einer ganz allgemeinen Erscheinung zu tun hat. Sicher beruhen demnach die Anstiege der neuen Wirkungsquer- schnittskurven meiner WQ-Arbeit bei kleinen Geschwindigkeiten ebenfalls auf dem Hervortreten der Streuung. Hierfur spricht auch schon der dort durchgefuhrte Vergleich einzelner Kurven mit solchen, die J o r d a n s ) niit engeren Blenden gemessen hat, wenn diese auch leider nicht zu kleineren Geschwindigkeiten als 200 Volt hinab- reichten.

Trotz dieser Hinweise habe ich mich - mehr im Sinne einer Kontrolle - wenigstens in einem der in der WQ-Arbeit nnter- suchten Faille durch unmittelbare Versuche vom Verhalten der Streuung uberzeugt. Es handelt sich um den StoBvorgang H,' --f Ar, der im folgenden besonders interessiert. DaB hierbei nicht eine Dissoziation des H,+-Ions zu Storungen Anla5 gibt, wird sich spater herausstellen (11. 3. c.). Zur Untersuchung der Streuung wurde der Wirkungsquerschnitt des Ar in Abhangigkeit von der Geschwindig- keit der H,+-Ionen erstens gemessen mittels meiner fruher be- schriebenen Versuchsanordnung 3, bei der die Auffangekafige mit rechteckigen offnungen von 14 x 6 mm2 versehen waren. Bei einer zweiten, analogen MeBreihe ersetzte ich die hintere Austrittsblende

1) C. Ramsaue r , R. Ko l l a th u. D. L i l i e n t h a l , Ann. d. Phys. [5]. 8.

2) A. Ros tagn i , Atti Acc. Sc. di Torino 70. S. 472. 1935. 3) E. B. J o r d a n , Phys. Rev. 47. S. 467. 1935. 4) Ann. d. Phys. [5] 23. S. 285. 1935; im folgenden kurz als ,,Ann. I"

S. 709. 1931.

bezeichnet. 48 *

740 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 25. 1936

des vorderen Kafigs durch eine engere, kreisrunde 6ffnung von nur 4,5 mm Durchmesser. Bei dem weiten rechteckigen Spalt konnen Streuvorgange selbst in dem giinstigsten Fall, daB sie in einer senkrecht auf der Spaltrichtung stehenden Ebene erfolgen, nur dann bemerkt werden, wenn sie unter Winkeln groBer als etwa 5 O gegen die Strahlrichtung stattfinden. Die enge Kreisblende scheidet aber alle diejenigen gestreuten Ionen aus, die um etwa 3,5O und mehr aus ihrer friiheren Richtung abgelenkt sind. Die hiermit ge- messenen Wirkungsquerschnitte miissen also, wenn Streuvorgange mitspielen, groBer ausfallen als die vorigen, und zwar immer deut- licher, zu je kleineren Gescbwindigkeiten man iibergeht.

Die Fig. 1 zeigt das Ergebnis dieser Versuche. Die aus- gezogene Kurve stellt den Verlauf des Wirkungsquerschnitts dar,

den die normale Anordnung mit weiten Blenden liefert, und der bereits in der WQ-Arbeit ver- offentlicht ist. Die Punkte der

40 --__ - gestrichelten Kurve sind Mittel- werte von Wirkungscluerschnitts- messungen, die mittels der engen

% M 20 30m Blende erhalten wurden. Tat- Fig. 1. Streuung bei Ht+ -f Ar sachlich erhebt sich die zweite

Kurve hoch iiber die erste, bei kleinsten Geschwindigkeiten fast bis zum doppelten Wert, und zeigt damit an, daB wirklich auch hier Streuung in der erwarteten Weise eine Rolle spielt. - Die gestrichelte Kurve liegt iibrigens im ganzen Bereich systematisch etwas zu tief, weil der Ionenstrahl die sehr enge Kreisblende nahe dem Rand des Feldes infolge der dort verringerten magnetischen Feldstarke nicht mehr zentral trifft. Man erkennt dies auch in der Abbildung an der zu niedrigen Lage des MeBpunktes bei 27 m. Wurde man die game Kurve ent- sprechend nach oben riicken, so kame der EinfluB der Streuung noch starker zum Ausdruck.

~~- ~

2. Ionisat ion

Die Frage, wie weit bei den hier behandelten StoBvorgangen Ionisation des Gases durch die Strahlionen an der Gesamtwirkung beteiligt ist, habe ich ebenfalls fur den Fall H,+ --f Ar unter- sucht. Die MeBmethode war dieselbe, mittels deren ich in Ann.11 den ionisierenden Querschnitt des He gegeniiber He+-Ionen be- stimmte. Wahrend in jenem Fall strenger Resonanz eine zwar kleine , aber mit wachsender Strahlgeschwindigkeit deutlich zuneh-

Wolj. Einzelwirkungen bei Imensto@en mit Resonanzverstimmung 741

mende Ionisation quantitativ feststellbar war, zeigten sich bei dem jetzt untersuchten StoBvorgang mit Resonanzverstimmung uberhaupt keine meBbaren Mengen freier Elektronen. Es tritt keinerlei merk- liche Ionisierung des Ar-Gases auf, und zwar gilt dies sowohl fur die verhaltnismaflig kleine Geschwindigkeit von 180 Volt als auch besonders fur die extrem groBe von 1035 Volt. Mit Riicksicht auf die nicht sehr groBe Empfindlichkeit des Verfahrens mochte ich danach vorsichtig annehmen , daB der ionisierende Querschnitt des Ar gegenuber H,+-Ionen im ganzen Geschwindigkeitsgebiet von 0 bis etwas uber 1000 Volt mindestons nicht groBer ist als 0,2 cma/cm3. Er spielt demnach sicher als Anteil des gesamten Wirkungsquer- schnitts, der sich in der GroBenordnung von 50 cm2/cms bewegt, eine vollig untergeordnete Rolle.

Man kann diese Feststellung ubrigens dazu verwenden, um sich auch fur die anderen in der WQ-Arbeit behandelten StoBvorgange wenigstens ein grobes Bild von der Beteiligung der Ionisation zu machen. Die Rechnungen von Massey und S m i t h (a. a. O.), die sich in rohester Annaherung zu bewahren acheinen, liefern die Unterlagen dazu. Danach laBt sich erstens abschatzen, daB das Einsatzpotential der Ionisation fur alle anderen genannten StoB- vorgange grofler sein muB als gerade das fur €I,+ --f Ar, haupt- sachlich wegen der grijBeren Ionisierungsspannungen von He und Ne. Zweitens sollte bei allen fraglichen Prozessen die Ionisierungsaus- beute oberhalb des Einsatzpotentials roh dieselbe GroBe haben. Da nun f a r H,+ --f Ar die Ausbeute in dem oben betrachteten Geschwindigkeitsbereich jedenfalls verschwindend klein ist und man sogar vermuten mochte, da6 das Einsatzpotential unterhalb 1000 Volt uberhaupt noch nicht erreicht wird, ist anzunehmen, dafl auch in den anderen Fallen die Ionisation bei den untersuchten Geschwindig- keiten vollig bedeutungslos bleibt. Ihr Anteil am Wirkungsquer- schnitt wird wahrscheinlich auch hier vernachlassigbar klein sein.

3. Urnladung

Qualitative Versuche iiber die Beteiligung der Umladung an den gesamten Wechselwirkungen habe ich anlaBlich der ersten Probemessungen der WQ-Arbeit f ur den StoBvorgang H2+ He ausgefuhrt. Hierzu dienten Wirkungsquerschnittsmessungen mittels der gewohnlichen Methode von Ann. I, die jedoch ahnlich dem Vor- gehen von Ramsaue r , K o l l a t h und L i l i e n t h a l (a. a.'O.) unter zweierlei Bedingungen angewandt wurde. Die Auffangekafige der Anordnung, von denen der vordere die durch das Gas beeinfluBten, der hintere - gleichzeitig an einem zweiten Elektrometer ablesbar

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- die unbeeinfluBt gebliebenen Strahlteilchen auffangt , waren bei einer ersten MeBreihe stets beide auf demselben Potential gehalten. Bei einer zweiten Reihe blieb der hintere Kafig standig um 10Volt positiv gegen den vorderen. Wenn nun der Strahl auf seiner Bahn im Gas durch Umladung langsame positive Ladungen erzeugt, so verbleiben diese im ersten Fall jeweils in dem Kafig, in dem sie entstanden sind. Eine einwandfreie Wirkungsquerschnittsmessung kommt zustande. Im zweiten Fall aber werden infolge Felddurch- griffs aus dem hinteren Kafig, wenigstens nahe seiner Eingangs- offnung, langsame positive Ladungen abgesaugt und in den vorderen Kifig getrieben, der dadurch eine zu groBe Menge scheinbar beein- fluBter Strahlteilchen anzeigt. Die falsche Mitwirkung der durch Umladung entstandenen langsamen Ladungen hat also in diesem zweiten Fall eine VergroBerung des Wirkungsquerschnitts zur Folge.

Dieser Versuch wurde bei den Strahlgeschwindigkeiten von 120 und 740 Volt durchgefiihrt, wobei die Messungen mit und ohne Feld stets zeitlich unmittelbar aufeinander folgten, so daB sie recht zuverlassig vergleichbar sind. Tab. 1 zeigt die Mittel der jeweils aus mehreren Einzelbestimmungen hervorgehenden Wirkungsquer- schnitte in cm2/cm3. Der kleine Unterschied der mit und ohne Feld

Tabe l l e 1

+ 10 Volt

erhaltenen Querschnitte bei 120 Volt iiberschreitet wohl kaum die Megunsicherheit, der grogere bei 740 Volt dagegen ist sicher reell. Man muB daraus schliefien, daB Umladung bei 120 Volt, wenn iiber- haupt, nur in sehr geringem MaB auftritt. Dagegen mu6 sie bei 740 Volt schon eine recht deutliche Rolle spielen. Dieses An- wachsen der Umladungsausbeute mit der Strahlgeschwindigkeit wird auf Grund der bisherigen Erfahrungen mit Protonen l), sowie nach den theoretischen nberlegungen von Massey und S m i t h gerade erwartet.

Quantitative Aussagen iiber den Umladungsquerschnitt ermog- lichen solche Messungen natiirlich nicht. Ich mochte - wegen der dort gefundenen Unsicherheiten - auch davon absehen, die in

1) C. R a m s a u e r , R. K o l l a t h u. D. L i l i e n t h a l , a. a. 0.; F. G o l d - m a n n , Ann. d. Phys. [5] 10. s. 460. 1931; R. D S p e l , Naturwiss. 19. s. 179. 1931; H. B a r t e l s , Ann. d. Phys. [5j 13. S. 373. 1932.

Wolf. Eimelwwirkungen bei Ionensto/3en mit Resonanzverst~mn6zhng 743

Ann. I1 wiedergegebenen MeBpunkte fur H,' -+ He hierzu heran- zuziehen. Wenn man aber die obigen Zahlenwerte mit ent- sprechenden vergleicht, die Ramsaue r , K o l l a t h und L i l i e n t h a l fur die Umladung von H, und Ar durch Protonen erhielten, - ein solcher Vergleich ist berechtigt , da die Bedingungen einigermaBen ahnlich sind, - so scheint es, daB der Umladungsquerschnitt des He gegeniiber H,+ auch bei 740 Volt doch noch recht klein bleibt. Diese Feststellung wird spater von Interesse sein (11. 3. c.).

Prinzipiell konnte ubrigens eine scheinbare VergriiBerung des Wirkungsquerschnitts bei Anlegen des genannten Feldes auch noch dadurch entstehen, daB umgekehrt langsame freie Elektronen aus dem vorderen Kafig in den hinteren gezogen werden. Da aber nach allen bisherigen Erfahrungen (vgl. auch den vorigen Abschnitt) Ionisationsvorgange in dem betrachteten Geschwindigkeitsbereich, sofern sie iiberhaupt auftreten, gro8enordnungsmaBig seltener sind als die Umladung, und da die benutzte MeBmethodik an sich recht unempfindlich auf die fraglichen Vorgange reagiert, so halte ich die Moglichkeit einer Tauschung durch Elektronen, selbst wenn man dereu grogere Beweglichkeit beachtet, fur ausgeschlossen l). Ferner ware denkbar, daB die langsamen positiven Teilchen nicht durch Urnladung, sondern dadurch entstehen, daB H,+-Ionen bei Zu- sammenstoden mit He in ihre Bestandteile dissoziieren, wobei sto- rende Protonen gebildet werden. Wenn die Moglichkeit der Disso- ziation auch durchaus besteht, so zeigen doch spatere oberlegungen (11. 3. c.), daB die beim ZusammenstoB entstehenden Protonen fast mit unveranderter Geschwindigkeit weiterlaufen. Sie konnen daher im zweiten Fall der angegebenen MeBmethodik durch das nur kleine Bremsfeld zwischen den Kafigen nicht merklich beeinfluat werden. Eine Xnderung des Wirkungsquerschnitts bei Anlegen des Feldes ist also auf diesem Wege nicht moglich.

11. Quantiktive Versuche uber die Urnladung 1. Bemerkungen zur MeBmethode

Die Messung von wirklichen Umladungsquerschnitten geschah wieder mittels der in Ann. I1 beschriebenen Versuchsanordnung, die die im Gasraum entstehenden langsamen Ladungen mittels einer kleinen Potentialdifferenz auf einen Schutzringkondensator hinaus- zieht. Die MeBelektrode dieses Kondensators ist ein abseits vom

1) Eine unmittelbare experimentelle Entscheidung wie bei Ramsaner, K o l l a t h und L i l i e n t h a l , ob auch Elektronen auftreten, ist mit meiner An- ordnung nicht moglich, da die Eingannge zum vorderen und hinteren Kafig vollkommen gleich ausgestaltet sind.

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Strahl angeordneter, diesem parallel laufender dunner Draht , der ,,MeBdraht", dessen wirksame Lange dadurch bestimmt wird, daB nach dem Schutzringprinzip weitere, auf gleichem Potential befind- liche Drahtstiicke, die ,,Schutzdrahte", ihn iiber seine Enden hinaus nach beiden Seiten fortsetzen. Diese in mancher Beziehung unvoll- kommene Anordnung war fruher gewahlt worden, um trotz Mangels an Raum in der fur Wirkungsquerschnittsmessungen gebauten Appa- ratur gleichzeitig auch ein einigermaBen zuverlassiges Bild von den Umladungsvorgangen erhalten zu konnen, was fiir den StoB He' --t He auch gelang. Allerdings zeigte die Anordnung - ohne Schaden fur die damals daraus gezogenen Schliisse - den Mangel, daB die erhaltenen Umladungsquerschnitte quantitativ offensichtlich zu groB ausfielen, besonders bei kleinsten Strahlgeschwindigkeiten, wo zur Vermeidung von Storungen durch den direkten Strahl das Arbeiten mit unvollstandiger SBttigung am Schutzringkondensator notig war.

Der Hauptgrund fur diesen Mangel schien mir damals in der Unmijglichkeit zu liegen, die Lange der MeBstrecke, deren Kenntnis fur die Auswertung maBgebend ist, im Kafiginnern wirklich genau zu bestimmen. R o s t a g n i l) vermutet auBerdem beim Vergleich seiner Messungen mit den meinigen, daB die Anordnung meiner Elektroden zu einer Feldverzerrung im Schutzringkondensator in dem Sinne fiihrt, dab trotz der Schutzdrahte die wirksame Strecke gegeniiber der theoretisch zu erwartenden vergroBert wird. Nach sorgf altiger nber- priifung der MaBverhBltnisse des Kondensators scheint mir aber ein solcher EintluB, wenn iiberhaupt, so nur eine sehr untergeordnete Rolle zu spielen. R o s t a g n i betont ferner, daB die aus dem Gas- raum herausgezogenen langsamen Ionen beim Auftreffen auf den MeBdraht Elektronen auslosen konnten, was ebenfalls einen zu grogen Umladungsquerschnitt vortauschen wurde. Obwohl diese Erscheinung nach R o s t a g n i s eigenen Erfahrungen 2, an blanken Messing- und Kupferoberflachen tatsachlich eine erhebliche Rolle spielen muf3, diirfte auch ihr EinfluB im vorliegenden Fall nicht zur Erklarung der gefundenen Abweichungen ausreichen, da alle Teile des Auf- fangers beruBt sind. Auch Ro s t a g n i kommt schlieBlich zu dieser Ansicht.

Ein anderer Punkt hat .sich inzwischen als entscheidend wichtig fiir ein zuverlassiges Arbeiten des Schutzringkondensators heraus- gestellt. Wie schon in Ann. 11. erwahnt wurde, machen die gedrungene Anordnung und die vollig geschlossene Form des gesamten auffangen-

1) A. Rostagni , Ricerca scientifica VI. 2. Nr. 5 - 6 ; Ann. d. Phjs.[5]34.

2) A. Rostagni , Ztschr. f. Phys. 88. S. 55. 1934. S. 543. 1935.

Wolf. Einzelwirkungen bei Ionenstiipen mit Resonanzverstimmung 745

den Systems es sehr schwierig, bei dessen Zusammenbau die vor- schriftsmafiige Stellung des Mefidrahts und der ihn verlangernden Schutzdrahte in dem berugten und gekriimmten Auffangekafig mit Sicherheit zu treffen bzw. ihre gegenseitige Lage zuverlassig zu kontrollieren. Um Storungen aus dieser Richtung moglichst aus- zuschliefien, habe ich mit aller Sorgfalt eine neue Justierung vor- genommen rnit dem Erfolg, daB die nberhohung der MeBwerte be- trachtlich zuriickging. Wahrend nach den Bemerkungen des vorigen Abschnitts bei exakter Elektrodenanordnung die wahre MeBstrecke der geometrisch erwarteten sehr nahe gleichkommen diirfte, muB die Ursache fur die unerwartete Gr6Be der friiheren Umladungswerte nach den letzten Erfahmngen hauptsachlich darin gesehen werden, daB damals infolge kleiner, kaum erkennbarer seitlicher Versetzungen der drei Auffangdrahte gegeneinander das auffangende Feld zu weit ausgriff.

Die Besserung wirkt sich hauptsachlich auf diejenigen MeBwerte aus, die - bei kleiner Strahlgeschwindigkeit - mit unvollstandiger Sattigung gewonnen werden miissen. Wahrend die Kurve des Um- ladungsquerschnitts fur He+-+ He an der Stelle, wo die Messungen rnit voller und unvollstandiger Sattigung aneinanderstoBen, einen Sprung von etwa 15 cma/cms machte, zeigt sich bei den im folgen- den wiedergegebenen neuen Versuchen nichts mehr dergleichen. Ich habe aber den EinfluB des Arbeitens mit unvollstandiger Sattigung auf die Zuverlassigkeit uberdies auch experimentell gepriift am Fall des He,+-+ Ar bei der Geschwindigkeit von 600 Volt, die ausreicht, um derartige Messungen mit solchen bei voller Sattigung unmittel- bar zu vergleichen. Man findet das Ergebnis dieses Versuchs in die Fig. 2 bei 24,5 I/m eingetragen. Die einfachen Ringe bedeuten Messungen rnit voller, die Ringe mit Punkt solche mit unvollstandiger Sattigung. Der Mittelwert der ersteren Wertegruppe liegt bei 48,l cm2/cm3, der der zweiten bei 50,9 cm2/cm3. Das Arbeiten rnit unvollstandiger Sattigung bedingt jetzt also nur noch um knapp 3 cm2/cm3 zu groBe Werte, was fur spater zum Zweck quantitativer Beurteilung festgehalten sei. - Weniger deutlich hat sich die Neu- justierung auf die Umladungsmessungen mit voller Sattigung aus- gewirkt. Wie sich im folgenden durch Vergleich mit den Ergeb- nissen der WQ- Arbeiten und anderer Autoren zeigen wird, fallen sie noch immer etwas groBer aus als die gesamten Wirkungsquer- schnitte, denen sie als deren Anteile naturgemafi hijchstens gleich werden durften. Die eingangs erwahnten Grunde mogen hier doch noch storend mitspielen. Wenn man diese Eigentiimlichkeit aber fiir das folgende im Gedachtnis behalt, so bedeutet sie mehr eine

746 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 25. 1936

Unschonheit, sie kann jedoch die interessanten Schlusse nicht stiiren, die sich aus dieser mit einfachen Mitteln aus einer Wirkungsquer- schnittsapparatur umgeformten Anordnung iiber die Umladungs- vorgange ziehen lassen.

2. MeB erge b n i s s e

Der Umladungsquerschnitt wurde in Abhangigkeit von der Ionen- geschwindigkeit zwischen etwa 30 und 1030 Volt fur folgende StoB- vorgange gemessen;

1. Ha+ -+ Ar 2. He+-+ Ar 3. H+ -tAr 4. H,+-tNe.

Fur den StoB Hi -+ Ar, der in der WQ-Arbeit nicht behandelt ist, kamen, mehr im Sinn einer Kontrolle, nur drei Geschwindigkeiten

Fig. 2. Umladungsquerschnitt bei H,+ 3 Ar

zur Untersuchung. In den Figg. 2 bis 5 sind die Ergebnisse in cma/cm3 bei 1 mm Druck und O o C des beschossenen Gases uber der Ionengeschwindigkeit (lmt) aufgetragen. Der Grad der bei den verschiedenen Geschwindigkeiten angewandten Siittigung ist durch verschiedenartige Pnnkte gekennzeichnet. Jeder Einzelpunkt wurde wie friiher nur aus zwei unmittelbax aufeinanderfolgenden Messungen bei verschiedenen Gasdrucken gewonnen. Die Punkte geben so einen Einblick in die Genauigkeit der Einzelbestimmung. Zum Zweck einer Kontrolle der Reproduzierbarkeit erfolgten die Messungen auch nicht in der regelmiifiigen Reihenfolge der Abszissen, sondern die verschiedenen Geschwindigkeiten kamen wieder durcheinander zur Untersuchung. Die Abszisse, die jeder Punktgruppe gemeinsam ist,

Wolf. Einzelwirkungen bei Ionensto@en mit Resonanxverstimmurtg 747

wird durch kleine senkrechte Striche angegeben. Um den Vergleich der verschiedenen Kurven zu erleichtern, sind die Abszissen- wie die OrdinatenmaBstabe in allen vier Bildern gleich gewahlt.

Streng genommen geben die nach der Methodik von Ann. II. gewonnenen Kurven der Abbildungen gar nicht den reinen Um-

Fig. 3. Umladungsquerschnitt bei He+ C, Ar

ladungsvorgang selbst an, sondern sie bedeuten die Summe aus urnladendem und ionisierendem Querschnitt. Man miiBte also erst noch die Ionisationswirkung von den Kurvenordinaten abziehen, um die wahren Umladungsquerschnitte zu erhalten. Der vorangehende Abschnitt I, 2 hatte aber gezeigt, daJ3 der ionisierende Querschnitt

Fig. 4. Umladungsquerschnitt bei H' 3 Ar

fur die in der WQ-Arbeit behandelten StoBvorgSinge im fraglichen Geschwindigkeitsgebiet verschwindend klein bleibt. AuBerdem ist fur den jetzt ferner untersuchten StoB H+-*Ar von Goldmann (a. a. 0.) nachgewiesen, daB selbst bis hinauf zu der Protonen- geschwindigkeit von 4000 Volt keinerlei Ionisation beobachtet wird. Man d a d daher in den hier behandelten Fallen die Kurvenordinaten unbedenklich auch als wahre Umladungsquerschnitte ansprechen.

748 Annabrt der Physik. 5. B’olge. Band 25. 1936

Die gestrichelten Linien in den Abbildungen bedeuten die ge- samten Wirkungsquerschnitte fur die betreffenden Vorgainge. Fur die Figg. 2, 3 und 5 sind sie meiner WQ-Arbeit entnommen. Die uber den ganzen Bereich der Fig. 4 verlaufende Wirkungsquerschnitts- kurve entstammt den Messungen von R a m s a u e r , K o l l a t h und L i l i e n t h a l , wahrend das fein gestrichelte Kurvenstuck bei grogen Geschwindigkeiten fur denselben Vorgang von J o r d a n (a. a. 0.) ge- messen ist. Ein Vergleich von Wirkungsquerschnitt und Umladungs- querschnitt bei grogen Geschwindigkeiten zur Kontrolle der Zu-

Fig. 5. Umladungsquerschnitt bei H,+ -+ Ne

verlassigkeit der Umladungsmessungen zeigt im Fall der Figg. 2 und 3, daB die bei Sattigung gewonnenen Umladungsquerschnitte, wie schon im vorigen Abschnitt angekiindigt wurde, tatsachlich f alschlich noch etwas gr68er ausfallen als meine gesamten Wirkungs- querschnitte. Etwa im selben MaBe iiegen die Umladungspunkte fur H+-t Ar in Fig. 4 bei grogen Geschwindigkeiten oberhalb der Wirkungsquerschnittskurve von R a m s a u e r , Kol l a t h und L i l i en - t h a l , wahrend sich J o r d a n s Kurve weder mit ihren Wirkungs- querschnittsmessungen noch mit den meinigen fur die Umladung einigermaoen zur Ueckung bringen lafit. Gleichzeitig sei hier be- merkt, daB auch die von Go ldmann zwischen 1500 und 4000 Volt gemessene Umladungskurve f iir H+-t Ar schlecht mit der meinigen wie mit der Wirkungsquerschnittskurve von Ram s a u e r , Ez olla t h und Lili e n t h a l zusammenpabt. Sie verlauft ziemlich vie1 tiefer als die Verlangerung unserer Kurven. - Bei H,+-t Ne in Fig. 5 endlich, wo im Gegensatz zu oben der Umladungsquerschnitt uber- raschend weit unterhalb des gesamten Wirkungsquerschnitts liegt, mu6 eine Besonderheit vorliegen, auf die spater noch ausfuhrlich einzugehen sein wird.

3. Diskussion der Ergebnisse a) Un~ladzmgequerechnitt wndf Wirkungsquerschnitt

Zunachst ist festzuhalten, daB, wenn man von der Ausnahme des StoBes H,+ --f Ne vorlaufig absieht , bei grogen Geschwindigkeiten Umladungsquerschnitt und Wirkungsquerschnitt nahezu zusammen-

Wolf. Einzelwirkungen bei Ionenstoflen rnit Resonanxverstimmung 749

fallen. Die Abweichung ist etwa dieselbe wie bei dem in Ann. 11. untersuchten Vorgang He+ --f He. Deshalb scheint auch hier die Annahme berechtigt, daB in dem Geschwindigkeitsgebiet, in dem die Wirkungsquerschnittsmessung keinen merklichen Streuanteil mehr verzeichnet, die gesamte beobachtete Wechselwirkung praktisch aus Umladungsvorgangen besteht.

Diese Feststellung deckt sich durchaus mit den theoretischen Erwartungen, und es war berechtigt, in der WQ-Arbeit die Wir- kungsquerschnitte bei grof3en Geschwindigkeiten einfach als Um- ladungsquerschnitte aufzufassen und unter dem Gesichtspunkt des Kal lmann-Rosenschen Resonanzprinzips zu diskutieren. Tatsach- lich wird bei dem StoB H,+ --t Ar (Fig. 2), dessen Resonanzverstim- mung sich mit 0,34 Volt extrem klein ergabl), der groBe Wirkungs- querschnitt ganz im Sinn dieses Prinzips durch auBerordentlich starke Umladung hervorgerufen. Und wenn an der Wirkungsquer- schnittskurve fiir He+ -* Ar gegeniiber den Erwartungen reichlich groBe Ordinaten festgestellt waren, so kann man jetzt wirklich be- haupten, die Umladung ist in diesem Fall unerwartet groB (Fig. 3). Andererseits bedeutet auch gerade die jetzt gefundene Abweichung zwischen Gesamtwirkung und Umladung bei H,+-t Ne (Fig. 5) nur eine Bekraftigung der Feststellung der WQ-Arbeit, daB, sobald Neon beteiligt ist, vie1 kleinere Ausbeuten gefunden werden, als man nach der Resonanzvorstellung erwarten mijchte.

Mit der genauen Kenntnis der Umladung konnten nun auch die im Abschnitt 11, 3. der WQ-Arbeit gezogenen Schliisse iiber die Streuung bei kleinen Geschwindigkeiten, fur die damals genaue Unterlagen fehlten, verbessert werden. Dies wiirde zwar die Zahlen- werte der Tabellen andern. Die dort gefundenen Abhangigkeiten von den Massen der StoBpartner aber wiirden erhalten bleiben.

b) a m Verlazcf der Umladzcngakurven Uber die zu erwartende Abhangigkeit des Umladungsquerschnitts

von der Strahlgeschwindigkeit geben die Rechnungen von Mass e y und S m i t h Auskunft. Danach existiert im Fall der vorliegenden StoB- vorgange mit Resonanzverstimmung f iir die Umladung ein Einsatz- potential bei endlicher Strahlenergie. Von ihm ab sol1 der Quer- schnitt mit wachsender Geschwindigkeit langsam bis zu einem Optimum ansteigen, um dann wieder abzufallen. Dieses Maximum ist aller- dings nach den bisherigen Erfahrungen bei groBeren als den hier

Dabei ist En die vom Strahlion bei der Neutralisation abgegebene, Xi die vom ge- getroffenen Gasatom bei der Ionisation aufgenommene Energie.

1) Die Resonaneverstimmung war definiert durch A = E,, - Er.

750 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 25. 1936

untersuchten Geschwindigkeiten zu erwarten. Messungen bei diesen groflen Geschwindigkeiten sind geplant.

Die gemessenen Kurven zeigen beim ersten nberblick durchaus keinen einheitlichen Charakter, sie scheinen zum Teil mit der Voraus- sage vollig im Widerspruch zu stehen. Dies gilt vor allem fur den StoB H,'-+Ar (Fig. 2), den ich als ersten von den behandelten Vorgangen untersuchte. Der Umladungsquerschnitt folgt hier im ganzen Bereich ungefahr dem Wirkungsquerschnitt. Von einem Ab- sinken gegen kleine Geschwindigkeiten hin kann keine Rede sein, vielmehr steigt die Kurve nach Durchlaufen eines fiachen Minimums gerade bei kleinsten Strahlgeschwindigkeiten wieder deutlich an. - Dieses Ergebnis war so uberraschend, daB ich seinen Grund zunachst wieder in einer Unzuverlassigkeit des MeBverfahrens suchte. Die angestellten Proben hahen mich aber iiberzeugt, daB die Erscheinung doch wohl reell sein mufl. Ich priifte namlich die Brauchbarkeit der Apparatur erstens dadurch, daB ich, wie schon im Abschnitt 11, 1 angegeben wurde, gerade zu diesem Zweck die Werte, die sie bei Anwendung voller und unvollstandiger Sattigung liefert, bei ein und derselben Geschwhdigkeit von 600 Volt (24,5 fm in Fig. 2) mit- einander verglich. Der Unterschied betrug kaum 3 cmz/cm3. Da nach allem Bisherigen auch die mit voller Sattigung gewonnenen Werte etwas zu groB sind, so ware demnach die Kurve der Fig. 2 bei den grogeren Geschwindigkeiten um einen kleinen Betrag, viel- leicht um 4 cm2/cm3, bei den kleinen, unterhalb 15 ?'m, aber um etwa 3 + 4 cm2/cm3 zu senken. Diese Korrektur wiirde den Charakter der Kurve nicht andern.

Zweitens uberzeugte ich mich vom einwandfreien Arbeiten der Anordnung dadurch, daB ich unmittelbar nachher auch andere StoBvorgange untersuchte, die dann durchaus keine Besonderheiten sondern wirklich das erwartete Verhalten lieferten. So sinkt die Iiurve fiir He +-t Ar (Fig. 3) mit abnehmender Geschwindigkeit vijllig regelmaBig ab und scheint bei kleiner Strahlenenergie tatsach- lich ein Einsatzpotential der Umladung anzuzeigen. Wenn man be- achtet, daB auch hier die Ordinaten in ahnlicher Weise zu senken waren wie oben, mag dieser Einsatz - roh geschatzt - in der Gegend von 30 Volt liegen. - Ebenso entspricht bei H+-- tAr (Fig. 4) das Verhalten der Umladung durchaus der Erwartung. Ein steiler Abfall gegen kleinere Geschwindigkeiten hin, den man schon aus der Wirkungsquerschnittskurve voraussagen mochte, ist tatsach- lich vorhanden. Natiirlich wird der genaue Kurvenverlauf durch die wenigen Messungen, die ich fur diesen Fall durchfuhrte, nicht streng festgelegt. Aber der Charakter ist zweifellos dey gezeichnete.

Wotf. ~ ~ n ~ ~ ~ u i r ~ ~ n ~ e n bei Ionens&$en, md R e ~ o n u n z ~ e r ~ ~ m m u ~ g 751

Unter Beriicksichtigung der wieder vorzunehmenden Senkung der Ordinaten deuten die Messungen auf ein oberhalb 100 Volt liegendes Einsatzpotential. Allerdings schlossen R a m s a u e r und Ko l l a th l) auch unterhalb von 100 Volt noch auf einen endlichen, wenii auch kleinen Urnladungsquerschnitt. Es 1aBt sich einstweilen nicht entscheiden, welche Feststellung das Richtige trifft. Denn einerseits ist mein Verfahren zur Prufung solcher Feinheiten zu ungenau, andererseits sind auch die Ergebnisse yon R a m s a u e r und K o l l a t h nur auf sehr indirektem Wege aus Streuungsmessungen gewonnen.

Vollig uberraschend verhalt sich die Urnladung wieder bei H," --t Ne (Fig. 5). Wahrend die Gesamtwirkung im ganzen Bereich nirgends kleiner wird als 10 cm2/cm3, bleibt der Umladungsquerschnitt durchweg aufierordentlich klein. DaB die Kurve bei geringen Ge- schwindigkeiten etwas hoher liegt, riihrt wohl wieder von den zu groBen Werten bei Messung mit unvollstandiger Sattigung her. Ich glaube nicht, daB dort wirklich etwa ein finches Maximum zu suchen ware. - Auch dieses Ergebnis weckte wieder Bedenken gegen die MeBanordnung. Doch muB es zu Recht bestehen. Denn ich habe un- mittelbar nach diesen Messungen ohne die geringste Anderung an der in Betrieb befindlichen Apparatur zur Kontrolle auch Neonionen in den MeBraum geschickt und den Umladungsquerschnitt fur Ne++ Ne bei mehreren Geschwindigkeiten bestimmt. Ganz groBe Werte kamen heraus, die nach Vergleich mit Ros tagn i s Ergebnissen2) sowie mit den meinigen fiir He+-*He durchaus fiir richtig gehalten werden miissen. Danach kann an der Realitat der ohigen Kurve fiir H , + L Ne nicht gezweifelt werden.

Sucht man die MeBergebnisse nun auch quantitativ mit der Theorie zu vergleichen, so fallt das Ergebnis sehr unbefriedigend aus. Massey und Smi th geben eine - hauptsachlich fur Protonen gedachte - rohe Abschatzung der GroBe des Einsatzpotentials an, wonach dies proportional dem Produkt M A 2 r 2 sein sollte. M be- deutet die reduzierte Masse , A die Resonanzverstimmung und r einen Mindestabstand der Kerne beim StoB, der in erster An- naherung gleich dem gaskinetischen Kernabstand gesetzt werden darf. Rechnet man nach dieser Vorschrift, so erhalt man Ver- haltniszahlen fur die Einsatzpotentiale, die nicht einmal die Reihen- folge der beobachteten einhalten und sich in dieser verkehrten Reihenfolge um mehrere Zehnerpotenzen voneinander unterscheiden. Das einzige Interessante ist, daB fur H,+-+Ar wegen der sehr

1) C. Ramsauer u. R. Kollath, Ann. d. Phys. 17. S. 755. 1933. 2) A.Rostagni , Nuovo Cim. 12. S. 134. 1935.

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kleinen Resonanzverstimmung auch ein extrem niedriges Einsatz- potential vorausgesagt wird. Es ware hiernach denkbar, daB die Umladungskurve der Fig. 2 doch in dem nicht mehr untersuchten Bereich plotzlich steil abfallt und die Achse noch bei einer von Null verschiedenen Geschwindigkeit trifft. Aus den MeBergebnissen laBt sich nicht entscheiden, 0) dies zutrifft, oder ob die Kurve wegen der sehr kleinen Resonanzverstimmung gar schon einem endlichen Umladungsquerschnitt bei der Geschwindigkeit Null zustrebt, wie man dies fur den Fall der strengen Resonanz kennt. Die aufier- ordentlich groBen Ordinaten und die Richtung der Kurve bei den kleinsten untersuchten Geschwindigkeiten mochten fast das letztere vermuten lassen.

c) Zwr Frage der Dissoziation

Einen schwerwiegenden Einwand kann man gegen die bis- herigen uberlegungen noch erheben, namlich den, daB die be- treffenden Umladungsmessungen moglicherweise durch 'Dissoziation der H,+-Ionen in H und H+ gestort werden. In der Tat zeigen Versuche von Dempster ' ) , daB eine solche Dissoziation des %+ bei Zusammenstofi mit He-Atomen wirklich statthat. Wenn dies auch in Ar-Gas der Fall ist, RO ware denkbar, daB die dabei ent- stehenden freien Protonen den seitlichen MeBdraht des Umladungs- auffangers tregen und so einen groBeren Umladungsquerschnitt vor- fauschen, als man ihn allein aus den durch wirkliche Umladung entstandenen langsamen Ar+ - Ionen bestimmen wurde. Vielleicht konnten auf diese Weise die unerwartet groBen Ordinaten der Um- ladungskurve fur H, -F --t Ar bei kleinen Geschwindigkeiten erklart werden.

Um uber solche Moglichkeiten klar zu sehen, braucht man vor allem die Dissoziationsarbeit fur H,+. Sie ist mittels einer Kreis- prozeBbetrachtung berechenbar als der Unterschied zwischen Disso- ziationsarbeit des H, in 2 H (4,4 Volt) plus Ionisierungsarbeit eines H zu H+ (13,54 Volt) und der Ionisierungsarbeit des H, zuH,+ (15,34 Volt) 3. Man erhalt so als notwendigen Arbeitsaufwand zur Trennung von H,+ in H und H+ 2,6 Volt. Dieser recht kleine Betrag konnte tatsachlich immer leicht aus der kinetischen Energie der H,+-Ionen entnommen werden. Dies gilt auch, wenn man be- achtet, dafi nach klassischen Vorstellungen nur ein Bruchteil der gesamten kinetischen Energie beim Stofi in innere Arbeit der

1) A. J. Dempster , Phil. Mag. 3. S. 115. 1927. 2) Zahlenwerte nach W. de Groot u. F. M. Penning in Hdb. d. Phys.

23. 1.

Wolf . Einxelwirkungen bei lonensto/3en nzit Resonanzverstimrnung 753

Partner umgewandelt werden kann. Diese Bruchteile betragen, um sie gleich fur den StoB von H,+ gegen alle drei leichteren Edel- gase anzugeben, im Fall des

H,+ --f He 0,66 , -+ Ne 0,91, --t Ar 0,95,

reichen also bei Strahlenergien oberhalb von 30 Volt Iangst aus, urn die Dissoziation zu ermoglichen.

Trotzdem scheint mir die Umladungskurve bei H,+ -+ Ar nicht durch das Mitwirken von Dissoziationsprodukten bei der Ladungs- bestimmung am MeBdraht gef alscht zu sein aus folgenden Grunden: Erstens mu8 man annehmen, daB auch die Ausbeute an disso- ziierenden StoBen genau wie diejenige fiir die Umladung mit wachsender Strahlenenergie zunimmt. Das bezweifelte Kurvenstuck bei H 2 + - t Ar steigt aber gerade mit abnehmender Strahl- energie an. Zweitens bedeutet das geringe Dissoziationspotential von 2,6 Volt, da8 die Bruchstiicke auch nach dem StoB noch einen groBen Teil ihrer gesamten kinetischen Energie mit sich fuhren. Das geringe Ansaugepotential des Schutzringkondensators ist daher nicht imstande, sie auf den MeBdraht zu lenken, es sei denn, daf3 die Teilchen schon durch den StoB selbst zufallig gerade in die Richtung auf ihn zu geschleudert wurden. Gegen diesen letzten Vorgang sprechen aber wieder die Erfahrungen von D emp s t e r (a. a. 0.) fur H,+ --f He, sowie auch diejenigen von Holzer l ) fur H,+ --f H, , aus denen jeweils hervorgeht, daB die Bruchstiicke nnch dem dissoziierenden Stof3 ohne wesentliche Richtungsanderung weiteriliegen. Drittens konnte man schlieBlich, falls Dissoziation die Umladungsmessung bei H,' -+ Ar storen sollte, auch erwarten, daB dasselbe bei dem Stohorgang H,+ -+ Ne eintritt. Die Kurven muBten dann Bhnlichen Charakter zeigen. In Wirklichkeit sind sie aber grundverschieden voneinander. - Nach diesen fjberlegungen scheint mir sicher, dab die groBen Ordinaten der Kurve von Fig. 2 fiir H,+-+Ar allein durch Umladung und nicht durch etwaige Dissoziationsvorgange bedingt sind. fjber solche kann sie offenbar iiberhaupt nichts aussagen.

Nun mu8 man aber weiter beachten, daB im Gegensatz zur Zimladungsmessung das MeBverfahren fur den gesamten Wirkungs- querschnitt jeden Dissoziationsvorgang unbedingt verzeichnen wird. Denn wenn auch die geladenen Bruchstiicke nach dem StoD ohne wesentliche Xnderung von Geschwindigkeit und Richtung weiter-

1) R. E. Holzer , Phys. Rev. 36. S. 1204. 1930. Annalen der Physik. 5 . Folge. 25. 49

754 dnnalen der Physik. 5. Folge. Band 25. 1936

fliegen mogen, so fuhrt doch die eingetretene Nassenanderung sofort zu einer Bahn mit verandertem Kreisradius im Magnetfeld. Die Teilchen miissen im vorderen Kafig der Mebanordnung hangen bleiben und verraten so die eingetretene Dissoziation. Hierdurcli ergibt sich die Moglichkeit, Aussagen uber Dissoziationsvorgange zu machen, indem man jeweils die Umladungskurve mit der der Gesamtwirkung vergleicht. Fur den StoBvorgang H,+ --f Ar war festgestellt, da6 Vmladungsquerschnitt und Wirkungsquerschnitt im wesentlichen miteinander identisch sind. Daraus folgt jetzt, dat3 bei H,+-t Ar keine erhebliche Dissoziation des H,+ stattfinden kann. Dagegen unterscheiden sich die entsprechenden Kurven f iir den Vorgang H,' --t Ne (Fig. 5 ) auBerodentlich stark voneinander. Man darf daher annehmen, daB hier neben ganz geringer Umladung vor allem starke Dissoziation des H,+ auftritt. Die Fig. 5 scheint sogar den zu erwartenden Anstieg der Dissoziationsausbeute mit wachsender Strahlgeschwindigkeit richtig zu enthalten. Man mu8 sich nur daran erinnern, da8 der im Wirkungsquerschnitt gleich- zeitig enthaltene Streuanteil mit zunehmender Geschwindigkeit bis auf Null absinkt. - Die gbersicht wird schlieBlich durch die Erfahrung von D e m p s t e r vervollstandigt, daB auch der StoB H, +-t He unter Dissoziation des H,+ verlauft. Hiermit im Einklang steht der aus qualitativen Versuchen im Teil I, 3 der vorliegenden Ar- beit gezogene SchluB, dab die Urnladung bei diesem Vorgang gering bleibt. Offenlnar besteht auch hier der Wirkungsquerschnitt zum grofie- ren Teil aus Dissoziation und nur zum geringeren aus Umladung.

Diese ganzen Yeststellungen scheinen ubrigens auch durchaus einleuchtend, wenn man sich die Energieverhaltnisse fur die ver- schiedenen MSglichkeiten vergegenwartigt. Die Tab. 2 zeigt die Resonanzverstimmung A in Volt fur die betreeenden Umladungs- vorgange (vgl. die WQ-Arbeit). Das Minuszeichen zeigt an, daB in jedem Fall die bei der Neutralisation des Strahlions freiwerdende Energie nicht hinreicht, um das getroffene Gasatom zu ionisieren, sondern es mu6 noch jeweils der Betrag A aus der kinetischen Energie hinzugeliefert werden, damit uberhaupt Umladung zustande kommt. Fur die Dissoziation des Strahlions in H und H+ miifiten nach oben 2,6 Volt aus der kinetischen Energie aufgebracht werden.

Tabe l l e 2

- 6,13 - $13

Wolf. Einzeiwirkungen bei Ionensto@en mit Resonanzverstinzmung '7%

Nun gehen im Einklang mit dem Ka l lmann-Rosen schen Resonanz- prinzip offenbar immer nur diejenigen St6Be mit erheblicher Aus- heute vor sich, die von gar keiner oder doch nur von einer mog- lichst geringen Aufnahme oder auch Abgabe kinetischer Energie be- gleitet sind. Daher ist fur H,' --f Ar viel eher Umladung unter dnfwendung von nur 0,34 Volt als Dissoziation unter Verbrauch von 2,6 Volt zu erwarten. Die StoBe H,' --f Ne und H,+ --f He dagegen werden viel leichter unter Verbrauch von nur 2,6 Volt zur Dissoziation des H,' fuhren, als daB zur Umladung 6,13 bzw. 9,13 Volt aus der kinetischen Energie aufgenommen werden. Dies ist aber genau dasselbe Verhalten, das die Versuche oben ergeben hatten. - Bus den gleichen fjberlegungen geht iibrigens auch noch hervor, was bisher ganz auBer Betracht gelassen war, daB namlich eine Dissoziation in zwei neutrale H-Atome unter gleichzeitiger Ioni- sation des getroffenen Gasatoms, also eine Dissoziation unter Um- ladung in jedem der drei Falle unwahrscheinlicher ist als die reine Umladung. Denn hierzu miiBte jedesmal noch auBer dem Energie- betrag A die Dissoziationsarbeit aus der kinetischen Energie ent- nommen werden.

Zusammenfaseung I. Qualitative Versuche zur allgemeinen Orientierung iiber die

Einzelanteile am Wirkungsquerschnitt bei IonenstoBen mit Resonanz- verstimmung liefern folgende Ergebnisse:

1. Durch Blendenanderung zeigt sich, daB der von der Wir- kungsquerschnittsanordnung erfaBte Anteil der Streuung auch fur H,' --t Ar mit wachsender Strahlgeschwindigkeit so abfallt, wie man es auf Grund bisheriger Erfahrungen erwartet. Das prin- zipielle Verhalten der Streuung scheint bei allen IonenstoBvorgangen dasselbe zu sein. (I, 1.)

2. Bei dem StoB H,+ --f Ar 1aBt sich bis hinauf zu Geschwin- digkeiten oberhalb 1000 Volt keinerlei merkliche Ionisation des Ar durch die Strahlionen nachweisen. Es wird wahrscheinlich gemacht, daR dasselbe auch fur andere hier in Frage gezogene StoBe gilt. (I, 2.)

3. Fur den StoB H,' --t He wird mittels ddr Wirkungsquer- schnittsanordnung der Nachweis erbracht , daB bei kleinen Ge- schwindigkeiten nur geringe, bei groBen aber merkliche Umladung stattfindet, was mit der Erwartung im Einklang steht. (I, 3.)

II. Mittels meiner schon fruher fur Umladungsuntersuchungen be- nuteten Anordnung werden nach einer kleinen Verbesserung (IT, 1) die Umladungsquerschnitte fur die StoBvorgange Hef, H,' , H' -> Ar und H,+ -+ Ne in Abhangigkeit von der Strahlgeschwindigkeit zwischen etwa 30 und 1030 Volt gemessen (11, 2) mit folgenden Ergebnissen:

49 *

756 AnnaEen der Physik. 5. Folge. Band 25. 1936

1. Der Vergleich dieser Kurven mit den in meiner vorigen hrbeit veroffentlichten Wirkungsquerschnittskurven bekraftigt all- gemeine Schliisse, die dort mehr versuchsweise aus den Wirkungs- querschnitten uber die Rolle der Rtreuung und der Umladung ge- zogen waren. (11, 3a.)

3. Im einzelnen zeigen die gemessenen Umladungskurven sehr verschiedenen Charakter. Nur die StoBe He' -+ Ar und H'-t Ar liefern den theoretisch erwarteten Kurvenverlauf, d. h. erst bei endlicher Strahlgeschwindigkeit einsetzende Umladung, deren Aus- beute von da ab mit der Geschwindigkeit monoton anwachst. (II,3b.)

3. Der Umladungsquerschnitt fur H,' --f Ar bleibt im ganzen untersuchten Bereich sehr groB und etwa gleich dem U'irkungs- yuerschnitt. Er wachst mit diesem gegen kleinste Geschwindig- keiten hin sogar noch an. Es laBt sich nicht entscheiden, ob die Kurve entsprechend der sehr kleinen Resonanzverstimmung von nur 0,31 Volt noch bei allerkleinsten Geschwindigkeiten plotzlich steil zu einem endlichen Einsatzpotential abfallt oder ob sie, n.as der gemeasene Verlauf eher anzudeuten scheint, wie in den Fallen strenger Resonanz auch schon einem endlichen Umladungsquerschnitt bei der Geschwindigkeit Null zustrebt. (11, 3 b.)

4. Bei dem StoB H,' --t Ne bleibt der Umladungsquerschnitt im ganzen untersuchten Geschwindigkeitsbereich aufierordentlich klein. (11, 3b.)

5. Durch Vergleich der Umladungsquerschnitte mit den Wir- kungsquerschnitten ergibt sich, daB im Fall H,' --t Ar keine Disso- ziation auftritt. Dagegen mu6 der StoB H,' --f Ne unter starker Dissoziation der H,+-Ionen ablaufen. Das letztere gilt nach Ei- fahrungen von D em p s t e r , sowie nach meinen qualitativen Ver- snchen im Teil I, 3 auch fur H,+ --f He. (11, 3c.)

6. Diese Verschiedenheit im Auftreten der Umladung und der Dissoziation laBt sich aus den jeweiligen Energieverhiiltnissen Ter- stehen. Immer derjenige Vorgang spielt sich mit erheblicher Aus- Feute ab, der die geringste ITmsetzung kinetischer Energie in innere Srbeit erfordert. (11. 3c.)

Wieder danke ich aufs beste der Helmholtz-Gesellschaft fur vielfache Unterstutzung , sowie der Linde-A.-G. fur die bereitwillige Ychenkung der benutzten Edelgase.

Dan zig-L angfuhr , Physikalisches Institut der Technisclien Hochschule.

(Eingegangen 17. Januar 1936)